Calvin, Jean - An Charles du Moulin in Tübingen.

Nr. 405 (C. R. – 1990)

Calvin, Jean - An Charles du Moulin in Tübingen.

Der Pariser Jurist de Moulin, wegen scharfer Angriffe auf das päpstliche Steuerwesen aus Frankreich vertrieben, was seit Anfang 1554 Professor der Rechte in Tübingen. An seinen Streitigkeiten mit den dortigen Lutheranern, von denen er Calvin geschrieben, war wohl sein eigenes, eitles, händelsüchtiges Wesen am meisten schuld; er hatte Calvin gebeten, ihm einen Buchdrucker zu senden, den er in seinem Hause beschäftigen wolle. Über Melchior Volmar vgl. 175 und Vergerio 303 und 311. Die Widmung des Kommentars zum Galater-, Kolosser- und Epheserbrief an Herzog Christoph von Württemberg siehe 225.

Warnung vor Heftigkeit.

Du wirst verzeihen, hochgeachteter Mann, dass du von mir noch keinen Brief erhalten hast, seit du nach Tübingen gezogen bist. Denn da ich nichts Schreibenswertes wusste, so denke ich, wirst du den Mangel nicht sehr schwer finden. Schließlich habe ich aber zwei Briefe von dir am selben Tag erhalten, woraus du sehen kannst, dass der erste lange auf der Reise war, ehe er bei mir ankam. Dass du eine Stellung gefunden hast, die deinem Wert entspricht, in der du dich dem Gemeinwohl zu Nutzen betätigen kannst, dazu wünsche ich dir persönlich und den vielen, die davon Genuss haben werden, herzlich Glück. Dass man dir einige Schwierigkeiten machte, bedaure ich zwar geziemend, aber wundern können wir uns darüber nicht. Denn da dort noch viel papistischer Sauerteig übrig geblieben ist, kann es dir an erklärten Feinden nicht fehlen. Es gibt auch gewisse eigensinnige Leute, die, ebenso steckköpfig als händelsüchtig, keinen, der von ihrer Sekte abweicht, lieben oder dulden können. Die müssen wir aber eher mit tapferer Selbstbeherrschung überwinden, als uns im offenen Kampf mit ihnen herumzuschlagen. Darin solltest du, meine ich, dem Beispiel des trefflichen, mit hoher Tugend geschmückten Melchior Volmar folgen, dessen Standhaftigkeit sich nie soweit brechen ließ, dass er ihrer Wut gewichen wäre, und doch hat er nicht so sehr ihre hitzigen Angriffe zurückgewiesen, als vielmehr sie gleichmütig und ruhig aufgenommen. Auch ich zweifle nicht daran, dass am Württembergischen Hofe die Günstlinge mehr vermögen als gut ist. Ich vermute auch, es sei durch sie geschehen, dass der erlauchteste Herzog, als ich ihm den dir bekannten Kommentar widmete, auch nicht mit einem Wörtlein zu bezeugen geruht hat, dass ihm mein Geschenk genehm war. Deshalb, meine ich, musst du dir Mühe geben, sie merken zu lassen, dass sie es in dir mit einem gelassenen, ruhigen, aber doch nicht furchtsamen Manne zu tun haben. Des Buchdruckers wegen wollte ich mir, falls ein tüchtiger zu finden wäre, deinen Auftrag angelegen sein lassen, doch liegt die Sache so: Die, denen es so ziemlich ordentlich hier geht, lassen sich schwer von hier wegbringen; andere hält die Armut hier fest, und wenn nicht gut Ausgebildete kämen, so dürfte ich kaum hoffen, dass es dir von Nutzen wäre. Rechne dazu, dass, wenn die Einrichtung einer Buchdruckerei noch mitgebracht werden müsste, die Sache die Auslagen nicht wert wäre. Lebwohl, hochgeachteter und von Herzen verehrter Mann. Der Herr leite dich weiterhin mit seinem Geiste, behüte dich mit seinem Schutz und Schirm und stärke dich in aller Tugend. Die Hoffnung auf das Kommen deiner Frau ist mir nun wohl ganz entschwunden. Das ist zwar traurig; aber angenehm ist daran, dass die Wolken der Euch drohenden Gefahr, von der das Gerücht ging, zerstreut sind. Wenn Herr Vergerio in Tübingen ist, so grüße ihn bitte höflich von mir.

Genf, 29. Juli 1554.
Dein
Johannes Calvin.

Ich wollte diesen Brief durch einen jungen Friesen senden, da ich aber noch einen an Herrn Melchior beilegen wollte, habe ichs bis heute verschoben.
27. August.

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