Bucer, Martin - Drittes Testament (Codicill vom J. 1551)
Jesus Christus unser Herr, unser Leben und Ufferständnus, wölle sich als den gnaden stul und Erlöser zum ewigen Leben eröffnen allen denen, so er dises hertzlich von im zu begeren verliehen hat. Amen.
Als ich zu dem Reichstage deutscher Nation, daruff das kaiserlich Edict von der Religion, Interim genannt, verordnet worden, berufen wurde, und das schneller Weise, durch die zween Churfürsten den Pfalzgrafen und Markgrafen von Brandenburgk, (wiewol mit vorwissen des Kaisers und Ferdinandi, doch nit offentlich) hatt ich leicht zu ermessen, dass den lieben Kirchen, die Gottes Wort und Sacrament rein haben, bittere Versuchungen zugerüstet würden. Derhalben ich damals genug weitläufig mein Testament und letsten Willen, von meinem Glauben und Lehre, von den heiligen Sacramenten und Kirchenzucht und folgends auch von haushäbigen Dingen beschrieben und angeben habe. Dis mein Testament hab ich gelassen hinter offenem kaiserlichem Notarien, der damals das Rathschreiberamt verwalten thäte, Un will in demselbigen Testament Alles, so die Religion und den Glauben belangt hiemit befestet und bekräftiget haben, und in was Ordnung ich daselbst meine Bücher, durch mich gemacht, beschrieben, in derselbigen begehre ich, dass sie auch von getreuen Brüdern gelesen werden, und bin mir ganz mit nichten bewusst, dass ich mittlerweil an Lehre darinnen begriffen, Misshellung bekommen hätte.
So viel aber meine Nahrung belanget, achte ich dass mein liebe Hausfrau sich im Witwenstand gern halten und leben werde, das ich doch keineswegs von ihr haben will, wo ihr der Herr einen gottsfürchtigen frommen Gemahl zufügen thäte, der ihr als einer durch viel Arbeit, Gefahr und Mühe ausgemergelten Frauen, behilflich seyn wollte. Doch weiss ich, dass der Mutter1) ganzes Leben an ihr der Tochter hanget. Nun hat aber die Mutter ein Töchterlein, ihres Sohns, meiner Frauen Bruders seligen2), kind, welches wir gleich wie die unsern, aus gemeiner Hab und Gut erzogen und bekleidt haben. Da gefiele mir nun, dass dieses Töchterlein fürhin auch also aus dem gemeinen Gut oder Corpus ernährt und ufferzogen würde. Doch mit dem Ausdingen, dass es, weil es sein eigen väterlich Erbe hat, den grössern Kleiderkasten davon nehme. Ueber dies Töchterlein sind noch mehr Söhne und Töchter von meiner Frauen Bruder selig vorhanden, die aber nunmehr so weit kommen, dass sie sich mit ihrer Arbeit genugsamlich ausbringen und meinen armen Waislein kein Beschwerniss seyn sollen, deren einer, Gemüth und Verstand nach zu achten, ein Kind und dazu blödes Leibs ist, das ander noch ganz jung und unerzogen. Ich hätte nit Mangel an Redlichkeit und Billigkeit meiner Hausfrauen, aber meine Schwieger ist ihren Sohnskindern übergeneigt. Nun sind auch noch im Leben von D. Capiton ein Sohn und zwei Töchter, von D. Oecolampadio ein Tochter, von mir aber ein Sohn und ein Tochter, und jede haben ihre Vögte, deren jeder seinem Vogtskind guts zu thun geneigt ist. Wo nun meine Vertheilung von rechtskundigen, tapfern Herren und Männern, billig und ehrbar seyn, geachtet wird, wäre ich guter Hoffnung, dass sie, die Vertheilung, auch könnte leichtlich zu Strassburg angenommen werden. Bitte derhalben alle diejenigen, so darüber erkennen werden, sie mögen im Herren betrachten, dass mein liebe Hausfrau in ihren angebenden und besten Jahren, der Kirchen zu dienen, fast hart geübet ist, Erstlich bei dem ernsthaften und arbeitsamen Oecolampadio, darnach bei dem für und für blöden und kranken Capiton seligen, Letzlich bei mir, da sie fremden Leuten zu dienen und mit eigenen Krankheiten ist gar sehr bemühet worden. Nun hat der Hochwürdigst Erzbischove zu Candelberg, Herrn Paulus seligen3) Wittfrauen zuwegen bracht, dass ihr das Stipendium oder Dienstbesoldung des folgenden halben Jahrs nachdienet und ist bewilliget worden. Weil dann gewiss ist, dass ich in meiner Reise allher in Engelland, durch das Hiehersenden meiner Bücher und des Hausgeräthes, durch zwei Reisen meiner Frau, die eine hieher, die andre wieder nach Deutschland, nicht weniger dann sechs hundert deutscher Gulden verthan, Für solche christliche Mühe, der englischen Kirchen wohl zu dienen, ist mein Wunsch, Bitt und Begehr, dessen ein freundliches Bedenken zu haben4). Unser Herre Jesus Christus wolle Alles lenken zu seines Namens Ehren an den Meinen und an allen andern Menschen. Amen.
Und dieweil D. Capitons seligen Tochter Agnes, als sie mein schwere Krankheit vernommen, zum ersten sich hat hören lassen, dass sie auch allein, und auf ihren eignen Kosten, allher mir zu dienen reisen wollte und also mit der Mutter herein kommen, und da nachmals die Mutter wieder in Deutschland gereiset, bei mir blieben, so ehrbarlich und mit so hoher Treu mir gedienet hat, weiss ich ihr das nit zu vergelten. Damit ich aber nit unmenschlich gegen ihr und undankbar sey, so schenk und versprich ich ihr, mit dem Sentenz dieses meines letzten Willens, hundert Strassburger Gulden, und sollchs Geld eigne ich ihr zu für die fast treuen und kummerseligen Mühen, die sie mit mir erduldet, so mit übers Meer fahren und feindischer Länder durchreisen, so auch mit gegenwärtigem Warten und Dienen; doch weiss ich, dass sich ihre Gottesfurcht auch an wenigem begnügen, ja beinahe nichts begehren thut. Mein Hausdiener Martin, wo er wieder heim in Deutschland will, soll in unserem Kosten dahin gebracht und dazu mit zwölf englischen Kronen (Goldgulden) begabet werden, er wolle gleich Bücher oder Geld. Gleicher Verehrung soll auch meine Magd Margareth gewärtig seyn. Und demnach mein junge Tochter noch viel bedörfen wird, gib und versprich ich ihr allein das verguldet Trinkgeschirr, damit mich der Durchlauchtigst König allhie in Engelland zum neuen Jahr begabet hat.
Wann aber unser Herre mein Seel empfahen und zu sich nehmen wird, solle über mein Begräbniss5), ringfügige Leichekosten und Bedenken der Armen, mein Hausfrau, nach Gutachtung M. Bradfords und des Pastors bei Allen Heiligen, setzen und ordnen, und also lobe den Herren Alles was Athem bat. Zu Testamentarien berufe ich allhie die fürtrefflichen Herren D. Parker und D. Haddon6), zu Strassburg aber (ohne vorernannte Testamentarien, Vögte und Verwalter) bitte ich im Herren fast sehr die ehrnhaften Herrn Mattheus Pfarrer7), Ammeisterstands, mein fast geliebten Herren, D. Chelium und D. Andernachen8)). Der Herre, ein Witwenschützer und Waisenvater, wolle alles selbst regiren. Zu Cameritz (Cambridge) den 22 Februarii. Anne 1551.