Brenz, Johannes - Die dritte Predigt. Auslegung des dritten Gebotes.

Brenz, Johannes - Die dritte Predigt. Auslegung des dritten Gebotes.

Nun habt ihr im zunächst Vorhergehenden gehört, wie ihr das andere Gebot verstehen sollt, darin wir lernen, wie wir uns mit den Worten gegen Gott verhalten sollen. Darum folgt jetzt hernach das dritte Gebot, das also lautet:

Du sollst den Feiertag heiligen.

Dieses Gebot, meine lieben Kinder, lehrt uns, wie wir uns gegen Gott verhalten sollen mit den Werken, nämlich also, daß wenn wir Gott dienen und ihm, als unserem rechten Herrn, den allerbesten Gehorsam erzeigen wollen, so sollen wir weder dies noch das äußerliche Werk vornehmen, sondern einen Feiertag halten und denselbigen heiligen, das ist, zu eitel Heiligen Werken und göttlichen Sachen brauchen.

Das sollt ihr Kinder mit Fleiß merken, daß den Juden im alten Testament geboten gewesen ist, daß sie allewege am siebenten Tag einen Sabbath halten mußten, das ist, einen Feiertag, darum man noch heutiges Tags denselben Tag Sabbathstag oder Samstag nennt. Aber wir Christen im neuen Testament sind solchen Geboten vom Unterschied der Zeit und Speise, und was mehr dergleichen ist, nicht unterworfen, sondern sind frei, mögen feiern, welchen Tag wir wollen, allein daß man den Feiertag recht und wohl brauche. Darum, daß solche christliche Freiheit bezeugt und erhalten werde, feiern wir nicht mehr den Samstag, wie die Juden, sondern nur den Sonntag, und etliche Tage mehr, wie es die Obrigkeit für nützlich und gut ansieht, der man hierin folgen soll.

Auf daß ihr aber das Gebot recht und wohl versteht, so merket mit Fleiß, meine lieben Kinder, wie ein wunderliches Gebot es ist. Denn wenn wir einen Menschen zu einem Herrn haben, und ihm dienen sollen, so verlangt er von uns mancherlei Werke, die wir ihm zu Nutze und zu Gefallen thun sollen. Unser Herr Gott aber thut nicht also; denn er heißt uns weder dies noch das Werk thun, er heißt uns nicht opfern nach jüdischer Weise, nicht wallfahrten geben, noch andere solche heuchlerische Werke und falschen Gottesdienst treiben, wie man uns vor Zeiten beredet und verführt hat; ja er heißt uns gar nichts thun, wenn wir ihm dienen wollen, sondern spricht nur, wir sollen feiern. Ist das nicht ein freundlicher und wunderbarer Herr, der seinen Knechten, die ihm dienen wollen, keine andere Arbeit vorgibt, denn daß sie ihm einen Feiertag halten und denselben heiligen sollen?

Es sind aber wohl viele gute Werke, damit man den Nächsten dienen kann und soll, als regieren, schützen und schirmen, predigen, lehren, Almosen geben, und dergleichen mehr, die alle Gott dem Herrn sehr wohlgefallen, wenn sie dem Nächsten zu Gute aus christlicher Liebe geschehen. Darum sollt ihr, meine lieben Kinder, nicht gedenken, daß man solche gute Werke unterlassen soll, wenn ihr von dem Feiern sagen hört; denn Gott der Herr hat uns solche gute Werke auch geboten, und will sie ernstlich von uns haben. Aber dennoch, wenn wir es gleich thun, dienen wir nur dem Nächsten mit denselben Werken um des Herrn willen; wenn wir aber ihm selbst dienen wollen mit einem solchen guten Werk, das den Nächsten nicht angehe, sondern Gott dem Herrn allein zugehöre, so sollen wir, wie ihr gehört habt, kein äusserliches Werk vornehmen, sondern nur einen Feiertag halten, und denselben heiligen: denn das begehrt er allein von uns in diesem Gebote.

Nun höret aber auch die Ursache, meine lieben Kinder, warum Gott also thut; denn das ist die Ursache: Er ist ein so reicher, mächtiger Gott, daß er unsere Dienste und Gutthaten für sich selbst nicht bedarf, und ist dazu so freundlich und gnädig, daß er Jedermann selbst gern Gutes thut, auf daß er darum gelobt und gepriesen werde: darum wer ihm dienen will, der feiere, und halte still, und lasse sich von unserem Herrn Gott Gutes thun, und sage ihm Lob und Dank darum: das ist dann der beste und höchste Gottesdienst, den wir in diesem Leben thun können.

Es ist aber nicht genug, daß wir feiern, sondern der Herr spricht: Wir sollen die Feier auch heiligen, das ist, wir sollen am Feiertag mit eitel heiligen, himmlischen und göttlichen Dingen umgehen; wenn wir aber mit solchen heiligen Dingen umgehen, so dienen wir nicht unserm Herrn, Gott, wenn man eigentlich davon reden will, sondern er dient uns. Das will ich euch fein erklären.

Zum Ersten. Wenn wir den Feiertag heiligen, das ist, mit heiligen, göttlichen Sachen zubringen wollen, so können wir nichts Heiligeres thun, denn daß wir zur Predigt gehen, Gottes Wort hören, und lernen, was wir thun und glauben sollen; oder gehen zum heil. Sakrament, empfangen Trost und Stärkung unseres Gewissens und Glaubens; oder beten andächtig, daß uns Gott geben wolle, was wir bedürfen, und von allem Uebel erlösen: so erhört uns Gott.

Nun hoffe ich, lieben Kinder, ihr sollt so klug seyn, daß ihr das wohl versteht, wenn uns unser lieber Herr, Gott, durch seine Diener sein Wort predigen, und die heiligen Sakramente reichen läßt, und unser Gebet erhört, daß er uns dienet, und Gutes thut, und nicht wir ihm. Darum ist die Meinung dieses Gebotes eben so viel, als wenn Gott spräche: Wohlan, meine lieben Kinder, wollt ihr mir dienen und thun, was mir wohlgefällt, so laßt alle Arbeit liegen; denn ich bedarf eurer Arbeit und eurer Werke nicht, und kommt her zu mir: ich will euch lehren, was ihr thun und glauben sollt, ich will euch mit den heiligen Sakramenten trösten, und will euer Gebet erhören; ihr könnt mir keinen grössern Dienst thun, denn daß ihr zu mir kommt, und laßt euch Gutes thun, auf daß ihr erkennet, daß ich euer gnädiger Vater bin, und ihr mir vertrauet, und mich lieb gewinnet, wie die Kinder einen Vater lieb haben sollen. Davon werdet ihr hernach im Glauben mehr hören.

Zum Andern. Das ist auch eine grosse Wohlthat, damit uns Gott dienet, dieweil wir um der Nahrung willen hart arbeiten müssen, daß uns unser Herr Gott dann auch Feiertage gibt, daran wir mögen ruhen, und unsere Knechte und Mägde und Vieh auch ruhen lassen: denn damit zeigt er an, daß er uns, wenn wir schon nicht immerdar so hart arbeiten, dennoch ernähren und genug geben will, wenn wir uns nur seines Willens befleissigen, und nach dem Himmelreich fragen. Darum spricht der Herr Christus im Evangelium Matth. 6,33.: Suchet zum Ersten das Reich Gottes, so wird euch das Andere alles zufallen.

So bedenkt nun, meine lieben Kinder, welch eine grosse Sünde es ist, wenn man den Feiertag nicht heiliget, sondern verunheiligt. Der Feiertag aber wird verunheiligt, wenn man unheilige, sündliche Werke daran thut und treibt, wie wenn man nicht zur Predigt geht, nicht betet, sondern schläft lang, geht darnach spazieren, tanzt, spielt, trinkt sich voll, treibt Unzucht, hadert, schilt und schlägt einander. Denn darum zürnt Gott und straft uns, daß es uns nicht wohl geht zu der Nahrung, und die Leute arm werden, Tag und Nacht arbeiten, und dennoch dabei verderben müssen. Und geschieht ihnen recht; denn wenn ihnen Gott einen Feiertag gibt, so heiligen sie ihn nicht, geben nicht zur Predigt, beten nichts, verachten Gott und allen Gottesdienst, treiben eitel Sünde und Laster am Feiertage mit Fressen, Saufen, Tanzen, Spielen, Huren, Hadern, Fluchen und Schlagen; so straft sie dann Gott, daß sie so arm werden, daß sie vor Armuth nicht feiern können; denn sie sind keines Feiertags werth, dieweil sie ihn so übel anlegen. Etliche aber straft Gott nicht in diesem Leben, sondern spart es ihnen, bis sie sterben: so werden sie dann verdammt ewig.

Darum hütet euch vor solchen Lastern, meine lieben Kinder, Heiliget den Feiertag, geht zur Predigt, betet und lobet Gott: so werdet ihr Gott wohlgefallen, und er wird euch Glück und Heil geben, daß es euch wohlgehe, und ihr genug habt, auf daß ihr wohl und recht feiern mögt; denn unser Herr Gott vergönnt uns die Feiertage wohl, wenn wir sie nur heiligen und recht anlegen. Man soll aber nicht allein mit dem Leib feiern, sondern auch mit dem Herzen. Das geschieht, wenn wir unsern eignen Willen und alle bösen Begierden hinlegen, und uns Gottes Willen wohlgefallen lassen, also daß wir von ganzem Herzen sprechen können: „Dein Wille geschehe wie im Himmel, also auch auf Erden.“ Denn also spricht Gott, der Herr, durch den Propheten Jesaias am 58.: „Wenn du nicht thust, was dir gefällt, so wird es ein lustiger Sabbath heissen, den Herrn zu preisen,“ das ist, wenn wir unsern eignen Willen fahren und uns Gottes Willen und alle seine Werke wohlgefallen lassen, so können wir recht feiern, und Gott den Herrn loben und damit preisen. Denn das ist nicht fein gefeiert, wenn der Leib ruht und das Herz dieweil dichtet wie es die Leute betrügen, allerlei Wollust überkommen, und sich an seinen Feinden rächen wolle, oder wenn das Herz sonst unwillig ist, und sich nicht gefallen läßt, wie es Gott macht, sondern meint, es wollte es besser machen. Nun kann je ein solches Herz nicht feiern, noch Gott ernstlich loben und preisen. Darum sollen wir lernen auch von bösen Gedanken feiern. Aber das ist euch Kinder noch zu hoch, und wir haben unser Leben lang genug daran zu lernen.

So merkt nun mit Fleiß, meine lieben Kinder, daß man unserem lieben Herrn nicht mit äusserlichen Werken dient, sondern wenn man mit Leib und Gemüth feiert, und höret Gottes Wort, gebraucht seine heiligen Sakramente, und ruft ihn an, damit er uns lehre, vermahne, tröste, stärke, erhöre und helfe; sagt ihm darnach Lob, Dank und Preiß darum.

Das ist die Meinung und der rechte Verstand dieses dritten Gebots, daß man Gott den Herrn über alle Dinge fürchten und lieben soll, daß wir die Predigt und sein Wort nicht verachten, sondern dasselbige heilig halten, gerne hören und fleißig lernen.

Darum, meine lieben Kinder, merkt es mit Fleiß; und wenn man euch fragt: Wie verstehst du das dritte Gebot? so sollt ihr also antworten: Wir sollen Gott, den Herrn, über alle Dinge fürchten und lieben, daß wir die Predigt und sein Wort nicht verachten, sondern dasselbe heilig halten, gerne hören und fleißig lernen.

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