Blumhardt, Christoph - 3. Die rechte Frömmigkeit. (5. Trin.).

Blumhardt, Christoph - 3. Die rechte Frömmigkeit. (5. Trin.).

Matth. 6, 1-18.

Der Herr hatte von der Gerechtigkeit gesprochen, wie sie eine bessere sein müßte, als die damals herrschend gewordene; und nun will Er weiter darlegen, welches die rechte Frömmigkeit sei, mit der Seine Jünger, die geistlich Armen, denen nichts in dieser Wett wirklichen Werth hat, Gott zu dienen haben.

Da war es dreierlei, was die Juden als zur Frömmigkeit gehörig nahmen, nämlich das Almosengeben, das Beten und das Fasten. Wer in diesen drei Punkten sich wacker finden ließ, auf dessen Frömmigkeit hielt man große Stücke. Der Heiland will auch viel auf sie gehalten wissen, weswegen er bei jedem Punkte ausdrücklich sagt, daß, was darin recht geübt werde, einmal würde öffentlich vergolten werden. Aber diese drei Punkte sind es auch, welcher sich die Heuchelei vornehmlich bemächtigt. Denn mit ihnen kann man fromm scheinen, ohne es zu sein, indem man es nur äußerlich und gesetzlich damit nimmt, und so, daß man meint, mit ihnen allein schon vor Gott bestehen zu können, ob man es schon in dem, was sonst zur lauteren Gottesfurcht gehört, viel fehlen lasse. Das Schlimmste war einst das, daß solche Heuchler Alles recht geflissentlich vor den Menschen zur Schau trugen. Anfangs mochten Viele glauben, das thun zu müssen, damit Andere ein Beispiel daran nehmen möchten. Aber bald machten sie einen Selbstruhm daraus, und wollten nur in den Ruf besonderer Heiligkeit kommen und allerwärts als hoch Fromm hochgepriesen werden. Gegen diese Heuchelei spricht nun hauptsächlich der Herr, indem er darlegt, wie die, welche so heucheln, einst am jüngsten Tage nicht das Mindeste würden voraushaben, wenn sie auch noch so viel gegeben, gebetet oder gefastet hätten. Dienten sie damit doch nicht Gott, sondern sich selbst; und der Lohn, den sie wünschten, nämlich das Lob der Menschen, ist ihnen ja auf Erden geworden.

Erstlich spricht der Herr vom Almosengeben. Solches galt als eine fromme Uebung, und vertrat auch die Stelle eines Opfers, wie wir noch es ein Opfer nennen, das man Gott darbringe. „Wohlzuthun und mitzutheilen, vergesset nicht,“ sagt auch der Apostel (Hebr. 13, 16), „denn solche Opfer gefallen Gott wohl.“ Wenn nun der Herr sagt, daß diese Almosen würden, wenn mit dem rechten Sinn gegeben, dort öffentlich vergolten werden, so nimm's, lieber Christ, nicht gleichgültig mit ihnen, daß du sie, etwa scheel auf die sehend, die sie öffentlich geben, wie das vorkommt, gar unterlassest, oder nur spärlich gebest. Sonst aber sagt nun der Heiland, haben Almosen, die im Verborgenen geschehen, vorzüglichen Werth vor Gott; und deswegen soll die rechte Hand die linke nicht wissen lassen, was sie thue. Der sie gibt, will das heißen, soll nicht einmal bei sich selbst, geschweige denn vor Andern, ein Wesen daraus machen, soll sich bei sich selbst nicht darüber fühlen, und soll es nicht selbstgefällig gleichsam ein Glied dem andern sagen lassen, was er gebe. Er soll schon, wie man es auch nehmen kann, seine nächsten Angehörigen, die ja gleichsam seine Glieder sind, es gar nicht wissen lassen, und namentlich im Selbstgespräch mit sich es nicht verhandeln, weil es gar keine Wichtigkeit für ihn habe. So kommts bei ihm selbst ganz in Vergessenheit, bis es ihm einst öffentlich wird wieder in Erinnerung gebracht werden.

Sehen wir übrigens an die Verhältnisse hin, wie sie jetzt sind, so können wir auf zweierlei Weise Opfer geben. Einmal geben wir sie wirklich öffentlich, wenn wir uns an Missions-, an Wohlthätigkeits-, an Rettungs- und anderen Anstalten betheiligen, deren es so viele in unserer Zeit gibt. Daß man diese Gaben im Verborgenen geben, oder daß man dabei seinen Namen nothwendig verschweigen müsse, kann der Heiland nicht sagen wollen, zumal meist ein öffentliches Uebereinkommen dabei statt findet. Was ich nämlich da thue, soll Andere anreizen, sich auch finden zu lassen, weil es ja ein Zusammenstehen Vieler zu Einer Sache ist. Ich soll auch ein Bekenntnis ablegen, daß ich mir das Wohl der Menschen und die Förderung des Reiches Gottes angelegen sein lasse, und daß ich gerne da Opfer bringe, auch große Opfer bringe. Daß man darüber gelobt wird, kann man nicht immer vermeiden; aber laß dir das in Einfalt gefallen, wenn nur das Werk Gottes dann auch von Andern gethan wird. Das aber mag bleiben, daß das, was du da öffentlich mit Wissen Anderer und Aller thust, es nicht ist, was deinem Thun einen besonderen Werth vor Gott gibt. Aufgezählt werden dir diese Opfer im Himmel nicht mehr, eben weil sie nicht verborgen geschehen. Bis du hinüberkommst, ist es also mit dem fertig und abgemacht. Du hast dein Lob voraus, und dort lobt man sich nicht mehr darum. Kränkt dich etwa das, daß du darob laß werden wolltest? Nimm dich in Acht; denn Nichtgeben könnte dir andererseits dort zu um so größerer Verantwortung gereichen.

Dann gibt es aber noch andere Opfer, die man bringt, nämlich die eigentlichen Almosen, die man meist im Stillen gibt, und oft nur im Stillen geben kann, daß man darob keinerlei Lob, wenigstens von Dritten, hat, mitunter von Andern eher getadelt werden könnte. Das sind die Almosen, an denen es häufig die, welche öffentlich große Summen geben, als meinten sie damit weitaus genug gethan zu haben, ganz unverantwortlich fehlen lassen. Es sind die kleinen Gaben und Dienste, die aber auch größer sein können, mit welchen man einzelnen Herzen wohlthut, denen man mit Herzensgüte und aufopfernder Liebe hilft aus allerlei Noth. Der Heiland will, daß wir Jedermann unser Herz offen finden lassen zu Liebeswerken jeder Art, nirgends uns widerwillig stellen, zu geben, wenn Elende, Bedürftige, Verkommende, ja Verkommene etwas bedürfen, mit dem man ihnen aufhelfen kann. Da brauchts kein Großthun; denn mit Kleinem kann man da oft wunderbar wohlthun, wenn die Liebe mitgeht. Hieher gehört auch, daß man prompt gegen Arbeiter, Taglöhner, Handwerksleute, arme Trödler, auch Troschkenführer, seine Schuldigkeit mit Theilnahme thut, was oft das größte Almosen ist, das man geben kann, während es, wenn man da geizt, kargt, marktet, abhandelt, Abzüge macht, den betreffenden Personen entsetzlich wehe thut und großes Aergernis verursacht. Da siehst du, wie man zu etwas kommen kann, das, weil verborgen geschehen, dort öffentlich vergolten wird, namentlich wenn's an Solchen geschieht, deren sich Niemand mehr annehmen will, und wenn du's nirgends fehlen lässest, wo dir etwas entgegenkommt, da man es oft auch mit einiger Scheu vor Andern thun muß, also nur um so mehr die rechte Hand allein es wissen darf. Thust du's Jedermann, so ist darunter jedenfalls Vieles, das dir selbst völlig entschwunden sein wird, bis du's erst dort wieder vernehmen darfst. O lieber Christ, denke doch dem nach! Denke auch an den Spruch, den dort die zur Rechten Gestellten hören dürfen, welche gerade mit ihrem stillen Wohlthun an den Geringsten des Herrn ihrem Glauben die Krone aufgesetzt haben (Matth. 25, 40).

Zweitens redet der Herr von dem Beten, der Hauptübung der Frömmigkeit (V. 5 ff.); und damit ists in Vielem ähnlich, wie mit dem Almosengeben. Wie Noth thut's da nicht, auch in unsrer Zeit, vor der Heuchelei zu warnen, wenn man meint, damit Alles zu sein, daß man als ein rechter Beter vor Jedermann erscheine, wie jene Heuchler, von denen der Herr redet, die in allen Versammlungen als Beter sich erhoben und an allen Straßenecken zum Beten sich hinstellten, da Jedermann die Bewegung ihrer murmelnden Lippen sehen und hören konnte. Ein Stolzthun mit seinem Beten kann auch bei uns, wenn auch nicht so grell und unvernünftig, vorkommen. Und doch kann es nichts Ungeschickteres geben, als mit seinem Beten, damit man sich doch zu Gott wendet, zu prahlen, wie jene zwei Kinder, denen einmal jemand im Wald mit großer Rührung heimlich zuhörte, bis er, als sie fertig waren, Eins zum Andern sagen hörte: „Nicht wahr, ich kann schön beten?“ Wie mancher Beter mag das von sich denken, was da das Kind laut sagte. Der Herr befiehlt vornehmlich das Beten im Kämmerlein an, da man allein, ohne vor Menschen sich zu zeigen, mit seinem Gott verkehrt.

Uebrigens ist auch hier ein Unterschied. Man muß oft öffentlich beten, und muß auch im Kämmerlein beten. Oeffentlich kann's nöthig werden in allerlei Versammlungen; öffentlich ist auch das Gebet, das der Hausvater mit den Seinen verrichtet. Je und je beten ihrer zwei oder drei miteinander; und da kann's auch, wie im Kämmerlein, sein, weswegen der Heiland verheißt, in deren Mitte zu sein (Matth. 18, 20), oder desto gewisser zu erhören (Matth 18, 19). Oft sollte aber da das Beten mehr ein erbaulicher Verkehr mit einander sein, als ein Hersagen von Gebetsworten nach gelernten Redensarten. Was du sonst öffentlich und vor Andern betest, namentlich wenn es erwartet wird, mag dir drüben wohl auch nicht wieder aufgezählt werden, so wenig als deine öffentlichen Almosen, hast du doch einfach damit deine Schuldigkeit gethan. Es kann hier seine Bedeutung gehabt haben, daß du betetest, weil ein Anrufen des Herrn auch ein Bekenntnis in sich schließt, wie bei Salomo (1 Kön. 8, 14. 15. 54) und wiederum bei Daniel (6,10). Auch darf eine Erhörung solchen gemeinschaftlichen Betens erwartet werden, wie vorhin angedeutet, und wie es dort war (Apostelg. 4, 31), da die Stätte sich bewegete, als sie beteten, und damals, als sie für Petri Befreiung beteten (Apostelg. 12,5. 11). Aber besonders erwähnt wird dessen nicht mehr werden vom Vater im Himmel, weil's dessen nicht mehr bedarf.

Soll also jenseits deines Betens noch gedacht werden, so muß das nach den Worten des Herrn ein verborgenes sein, weil alles Verborgene des Rechts wegen dort muß offenbar werden. Man kann sagen, wo jemand nicht auch im Verborgenen zu beten versteht, mag es mit seinem sonstigen Beten nicht viel sein; und allem Beten gibt eben das verborgene Beten einen Werth. Dort nun muß es schon denen, für die du im Stillen und Verborgenen mit priesterlichem Geiste gebetet, und die du damit vielleicht aus den Klauen der Finsternis gerissen hast, öffentlich von dir gesagt werden. Wie wird dich da der verborgene Segen deines Gebets freuen! Du siehst aber, wie es allein mit dem verborgenen Beten gemeint sein kann. Deine oft ungeschickten und eigenliebigen Andächteleien, bei denen du nur immer selige Gefühle haben und herbeten willst, mit überaus vielen Worten, die doch der Heiland ausdrücklich verbietet (V. 7), haben keinen Werth vor Gott, daß ihrer im Himmel sollte wieder gedacht werden, ebenso, wenn du so viel unnöthiges Stürmen und Ringen und Kämpfen um Frieden, um Gefühle der Kindschaft und Vergebung der Sünden hast, darunter dir's, wie wenn du am Rande der Verzweiflung stündest, immer düsterer zu Muth wird, je mehr du dich abarbeitest. Denn da betest du mehr im Unglauben, als ob der Heiland unerbittlich wäre, als in dem Glauben, daß der Heiland da sei und erhöre, auch wenn du kein Gefühl davon habest, wie du denn zum Fühlen dir immer selbst im Wege stehst. Wie sollte dergleichen einmal rühmend von dir erwähnt werden können? Sonst bemerke, daß der Herr das heidnisch nennt, wenn man seine Bitten und Anliegen glaubt nur erst mit vielen Worten erlangen zu können (V. 7). Denn Heiden wissen nichts von einem Gott, zu dem sie einen Zugang durch Christum gewonnen haben. „Euer Vater aber, “ sagt der Herr (V. 8), „weiß, was ihr bedürfet, ehe ihr ihn darum bittet.“

Lerne für's Kämmerlein vornehmlich am Vaterunser beten (V. 9 ff.). Dieses lehrt sich vor Allem nicht für dich allein vor Gott kommen; denn du sollst ja beten: „Unser Vater,“ nicht: „Mein Vater.“ Du sollst dich immer, wenn du betest, in Gemeinschaft mit Andern, oft bestimmten Personen, überhaupt mit Allen, die erlöst sein wollen, denken und fühlen, also auch mit deinen Feinden, Verfolgern, Beleidigern, Widerwärtigen (5,44), ja mit Sündern, deren Rettung dir am Herzen liegt, dich gleichstellend mit ihnen vor Gott, dem gemeinschaftlichen Vater, der auch für Böse und Gute, Gerechte und Ungerechte sorgt (5, 45). Dabei muß dir Gottes Interesse für uns obenan stehen, daß nämlich Sein Name möchte geheiligt werden, theils von dir, theils von Allen, zu denen du als Bruder und als Mensch gehörst, - daß Sein Reich komme, das nur erst begonnen hat, aber vollendet werden soll, bis Alle werden zu Eines verbunden sein, daß Sein Wille geschehe, also jeder eigenmächtig sich geltend machende Wille von Menschen und andern Wesen aufhöre, mithin auch nicht gerade dein Wille, wenn du betest, geschehe. Dann aber sollst und darfst du beten um Brod und was zum Lebensunterhalt gehört, doch nur für heute; denn morgen ist ja der himmlische Vater wieder da. Wenn Er dir nicht gleich von sich aus auf morgen oder auf lange hinein gibt, wie er doch oft thut (1 Kön. 17, 14; 2 Kön. 4,7), hast du weder Recht noch Veranlassung, gerade um Vorrath zu bitten. Ferner sollst du beten um Vergebung der Sünden, doch nur, wenn du zuerst vergeben hast, weil ja Gott sonst seine Augen von dir abwenden, oder, daß wir so sagen, dir gar aufs Maul schlagen müßte, wenn du mit unversöhntem Herzen beten wolltest, oder weil du also jedenfalls keine Erhörung findest (V. 14.15). Dann denke im Gebet daran, welchen Versuchungen du ausgesetzt bist, gegen welche du Hülfe brauchst und für welche du schon im eigenen Herzen eine böse Wurzel hast, so daß dir jede kommende Versuchung gefährlich werden könnte. Endlich bete um die Erlösung aller Kreatur - von allem Uebel, oder von aller Macht der Finsternis, wie solche Erlösung immer näher rücken sollte, auf die Zeit, da dem Vater Reich und Kraft und Herrlichkeit gleichsam unverkümmert bleiben, er Alles in Allem werden soll (1 Kor. 15, 28).

Da, lieber Christ, gibts Stoff genug zum Beten im Kämmerlein; und je mehr dein Herz brennt für den Herrn und die Mitmenschen, für Elende und Jammernde, für Sünder, für Gebundene des Satans, welchen Allen zu lieb Gaben und Kräfte vom Vater herabzuflehen wären, und eben auch für deine besonderen Feinde (5, 44), desto mehr wirds dir im Himmel öffentlich vergolten werden. Diese Vergeltung ist schon da, wenn du dort nur die Frucht wahrnimmst, die dein verborgenes Gebet getragen hat. Solcherlei Gebete können meist schon gar nicht anders, als in der Stille geschehen, weil ihnen sonst der Nerv genommen wird, wiewohl Manches davon auch öffentlich zu einem Zeugnis und Bekenntnis muß gebetet werden. Aber wo sind diese Beter? Doch vielleicht gibts ihrer Mehrere, als wir wissen oder denken. Sie sind ja verborgen!

Drittens redet der Herr noch vom Fasten, und so, daß Er demselben auch das Wort redet, als einer Gott wohlgefälligen Uebung der Frömmigkeit, welche gleichfalls öffentlich soll vergolten werden. Das Fasten, mit dem man sich das, was zur Erhaltung des Lebens dient, freiwillig auf eine Zeitlang, oder mehr oder weniger auf länger entzieht, stellt bildlich die Bereitwilligkeit vor, sich selbst mit Leib und Leben für das, was man bittet, namentlich in der Buße, dem Herrn zum Opfer zu bringen. Damals nun, da der Herr sprach, verstand man solches Fasten und hatte dasselbe auch seine öffentlich anerkannte und von Jedermann geübte Art. Jetzt versteht man es nicht mehr, so daß es, weil es meist, namentlich bei uns, gar abgekommen ist, steif und gesetzlich, und als etwas Absonderliches, oder das keinen rechten Sinn hat, herauskommt, wenn man's will nach dem gewöhnlichen Begriff in Anwendung bringen; und man wäre damit jedenfalls sehr der Gefahr pharisäischer Heuchelei ausgesetzt. Dennoch hat das Fasten nach andern Seiten hin große Bedeutung, wenn du es nach dem Geist nimmst. Merk dir das, daß du vor Allem dich mäßig haltest, und das zuweilen, wie sich's geben kann, bis ans Fasten hin, um gebetseifrig, pflichtgetreu, besonnen, Andern hilfreich, arbeitstüchtig, auch gefaßt wider Anfechtungen und Versuchungen zu bleiben, ferner daß du's lernest, dir etwas zu versagen, und wenn's zu gutem Zweck dient, deinem Leibe nicht so viel Ehre anzuthun und Genuß zuzuwenden. Es gibt Fälle, da man von selbst darauf geführt wird, wenn man sich nicht dagegen sperren will, Essen und Trinken und Schlafen sich zu versagen, und da es Schaden bringt, eben für die Sache des Herrn, wenn man meint, man müsse nach gewohnter Weise gegessen, getrunken, geschlafen, geruht, wohl auch geraucht haben, man müsse gewisse Bequemlichkeiten und Genüsse haben, die man für unentbehrlich hält (vergl. Röm. 14,21; 1 Kor. 8, 13; 9, 25-27). Wie viel wird doch da oft gefehlt, wenn man sich immer dem entzieht, wo Verleugnungen in Aussicht stehen, und immer nur Posten sucht, auf welchen der Bequemlichkeit nichts abgeht, oder Posten verläßt, auch schöne Gelegenheiten, für den Herrn zu wirken, weich und wehleidig vorübergehen läßt, weil der äußere Mensch dabei zu viel Entsagung, Beschwerlichkeit, Unannehmlichkeit dabei hat. Oft es doch etwas ganz Gewöhnliches, nicht zuerst nach dem zu fragen, wie viel man da und dort dem Herrn dienen könnte, sondern nach dem, wie man's da und dort habe, ob gut oder übel, bequem oder unbequem, fett oder mager. Bedenken wir aber, wie dir's vergolten wird, wenn du nie nach dem äußern Menschen fragst, ob's dem behage oder nicht, sondern nur nach dem, was für den Herrn und Sein Reich gethan werden könnte, oder nach Liebe, Rücksicht und Barmherzigkeit unversäumt bleiben sollte.

Auf vielerlei Art kann also gefastet werden und zwar immer im Stillen und Verborgenen, indem man nicht so viel Aufhebens damit macht, oder groß damit thut und es Jedermann wissen läßt, wie viel man Entsagung und Verleugnung dem Herrn zu lieb sich habe gefallen lassen, da es wieder die Art der Heuchler bekäme, besonders wenn man's absichtlich schon in seinen Mienen zu erkennen gibt, wie die Pharisäer mit Sauersehen, wie verschafft und abgemattet man sei, damit ja die Leute erstaunen und sich verwundern. Was du aber im rechten Sinne, auch ohne für dich selbst darauf zu achten, dir versagst um des Herrn und Anderer willen, das ist das verborgene Fasten, das dir drüben kann öffentlich vergolten werden. Sonst wäre es gar übel, wenn es ginge, wie beim reichen Manne, zu dem man in die Hölle hineinrief: „Du hast dein Gutes empfangen in deinem Leben; nun aber wirst du gepeinigt“ (Luk. 16, 25). Denn der hatte sich nichts versagen können, und hat lieber alle Tage herrlich und in Freuden gelebt, als je um Andere sich kümmern oder gar irgendwie für sie oder den Herrn fasten wollen.

Wunderbar viel sagt uns der Herr, indem er uns auslegt, wie wir die rechte Frömmigkeit üben sollen; und wie Großes liegt doch in dem, was man mit und in dem Herrn im Verborgenen thut! Amen.

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