Arndt, Friedrich - 27. Andachten zu Daniel

Arndt, Friedrich - 27. Andachten zu Daniel

Daniel 9,4-19.

So seufzte Daniel im Namen des Volks. Ach, mein Gott, bei jetzt angebrochenem Abend erinnere ich mich auch meiner Sünden. Ich schäme mich meine Augen aufzuheben vor Dir; denn meine Missethat ist über mein Haupt gewachsen und meine Schuld ist groß bis in den Himmel. Ich gestehe, ich habe gesündigt wider den Herrn. Wo will ich mit meiner Schande nun hin? Menschenhülfe ist hier kein nütze. Wohl, mein Herz, so fliehe zu Gott. Dieser nimmt die Sünder an. Du mußt aber kommen in Demuth, mit Reue und Leid deiner Sünden. Freundlicher Jesu, hier komme ich in dieser Abendstunde. Ich bin ein verirrtes und verlornes Schaf, Du Hirt meiner Seele, suche mich. Laß mich nicht, und thue nicht von mir die Hand ab, Gott mein Heil. Ich bin krank: mein Arzt, heile mich. Ist denn keine Salbe in Gilead, kein Trost auf Erden? Nein, aber im Himmel. Thut’s aber Jesus nicht, so wird mich sonst weder Kraft noch Pflaster heilen. Heile mich, Herr, denn meine Gebeine sind erschrocken, und meine Seele ist sehr erschrocken. Ich bekenne, daß ich des höllischen Feuers schuldig bin; darum ist mein Geist in mir geängstet und in meinem Leibe verzehrt. Ich winsele wie ein Kranich und girre wie eine Taube. Um Trost ist mir sehr bange, nimm Dich doch meiner Seele herzlich an. Du wirst ja nicht ewiglich Zorn halten! Du hast ja geschworen, keinen Gefallen zu haben am Tode des Gottlosen, sondern daß er sich kehre von seinem Wesen und lebe. Wirf denn, o treuer Heiland, alle meine heutigen und früheren Sünden hinter Dich zurück, tilge sie wie den Nebel, laß mich hören Freude und Wonne, daß die Gebeine fröhlich werden, die Du zerschlagen hast. Sprich nur ein Wort, so werde ich gesund. Rufe mir jetzt zu: Sei getrost, deine Sünden sind dir vergeben.

Ich suche, laß Dich finden, Und zähl’ mich los von Sünden. Amen.

Daniel 9,20-27.

Derselbe Engel Gabriel, welcher der Maria die freudenvolle Botschaft brachte, daß sie einen Sohn gebären sollte, der groß und ein Sohn des Höchsten sollte genannt werden (Luc. 1,26), brachte diese Verheißung dem Propheten Daniel auf sein bußfertiges Gebet, und zwar um die Zeit des Abendopfers, wo Christus ein Opfer für unsere Sünden geworden ist. Er verkündigt ihm insbesondere die Zeit, wann Christus kommen und durch Leiden und Sterben die Sünde der Welt versöhnen solle. Gott hatte nämlich befohlen, daß die Kinder Israel sechs Jahre ihr Land bearbeiten sollten, aber am siebenten sollte es ruhen. Aber sie hielten es nicht, und der Prophet Jeremias hatte ihnen angekündigt, daß zur Strafe dafür nun 10 mal 7, d.h. 70 Jahre das Land wüste liegen sollte, wie denn auch geschehen, da die Kinder Israel in das babylonische Gefängniß geführt wurden. Nun aber hatte Gott durch Mosen auch 7 mal 7 Sabbathjahre, d.i. 49 Jahre bestimmt, daß nach denselbigen das große Erlaßjahr eintreten, da jedermann wieder zu dem Seinigen kommen, alle Schulden getilgt und alle leibeigenen Knechte wieder frei werden sollten (3. Mose 25,11 etc.). Dieses ist aber von den heiligen Propheten allezeit als ein Vorbild der Gnadenzeit angesehen worden, da Christus erscheinen sollte, damit Er die jenem Jahre gegebenen Verheißungen erst in die rechte Erfüllung brächte (Jes. 61.). Unter den Wochen versteht der Engel Gabriel nicht gewöhnliche Wochen von 7 Tagen, sondern Jahrwochen zu 7 Jahren, welche 70 mal genommen, 490 Jahre geben. Und wenn ein großes Erlaßjahr nach 49 Jahren eintrat, so sind dies 10 mal solcher Erlaßjahre; wie nun die Strafe der Juden 10 mal 7 Sabbathjahre dauern sollte, so sollte die letzte und herrlichste Erlösung nach 10 mal 7 Erlaßjahren, d.i. nach 490 Jahren kommen. Die 70 Wochen theilt der Engel in drei Zeitläufe, deren erster 7 Wochen oder 49 Jahre, der zweite 62 Wochen oder 434 Jahre, der dritte nur eine Woche oder 7 Jahre begreift, in deren Mitte Jesus sollte ausgerottet werden. Und in der That verflossen vom Wiederaufbau Jerusalems (Dan. 9,25) bis zur Geburt Christi 453, bis zum Antritt seines Lehramts 483 Jahre, und bis zum Tode des Herrn 3 ½ Jahre. Alles ist also richtig so eingetroffen, wie es vorhergesagt worden. Gott ist wahrhaftig und sein Wort nicht minder: darum kann unser Glaube fest und fröhlich sein. Amen.

Daniel 9,20-27.

Diese Worte der Weissagung erfüllten sich, als Du Dein sechstes Wort am Kreuze riefest: “Es ist vollbracht!“ Du setzest nicht hinzu, was vollbracht sei, noch wie es vollbracht worden, damit ich desto begieriger nach dieser großen Wahrheit forschen soll. Es ist das große Erlösungswerk, das Du aus reiner Liebe übernommen, das Werk, das keine Kreatur hätte ausführen können. Es ist das Werk, an dem so vieler Millionen Menschen ewiges Wohl und auch meine Seligkeit hängt; das Werk, darum Dich Dein Vater liebet, wie Du selber sagst: „Darum liebt mich mein Vater, daß ich mein Leben lasse für die Menschen;“ das Werk, dafür Du in alle Ewigkeit wirst erhoben, angebetet, geliebt und gelobt werden. Und dieses Werk ist ganz vollbracht, vollkommen so, wie es einem solchen göttlichen vollkommenen Erlöser möglich und rühmlich war. Alle Schrift ist erfüllet, alles Heil erworben, aller Zorn in Gnade verwandelt, alle Feinde sind besiegt, alle Forderungen des Gesetzes befriedigt, die Hölle ist geschlossen, der Himmel eröffnet, alle Handschriften, die wider uns waren, hängen zerrissen am Kreuze. Kurz: alle Menschen sind erlöset. Ein köstliches Wort: Es ist vollbracht! Wie dreist sollte sich mein Glaube darauf lehnen, wie könnte es ihm ein Stecken und Stab sein, der ihn unterstützte und womit er alle überwundene Feinde und Verkläger abwiese! Es sollte ihm ein Paradies sein, darin er weidete. Ja, es sollte die Losung aller wahren Christen sein, daß sie einander zur Stärkung zuriefen: Es ist vollbracht. Was für Geist und Kraft steckt doch in Deinen Worten, Du Meister mit der gelehrten Zunge! Schreibe dieses theure Wort mit Deinem Blute in mein Herz, daß es mir nie aus dem Sinne komme. Gib, daß ich mich in aller Ohnmacht und Schwachheit des Geistes mit kindlichem Glauben auf Dein: „es ist vollbracht“ verlasse; aber auch bei aller Glaubens- und Liebesgeschäftigkeit mein Thun für gar nichts achte, und mich nur auf Dein: „es ist vollbracht“ gründe, ja, selbst im Tode laß es mir einen festen Anker sein, daran ich mich bei allen etwa auf mich stoßenden Stürmen festhalten könnte, und damit glücklich hinüberkomme in den Hafen der seligen Ewigkeit, wo ich Dich für Dein vollbrachtes Werk vollkommen preisen kann. Amen.

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