Arndt, Friedrich - 46. Andachten zum 1. Korintherbrief

Arndt, Friedrich - 46. Andachten zum 1. Korintherbrief

1. Korinther 1.

Hätten die Korinther sich recht an den Herrn gehalten, so hätten sie sich nicht um Menschen willen zerspalten. Lerne du denn, meine Seele, wozu dir dein Heiland Jesus Christus gemacht ist! Er ist dir gemacht zur Weisheit, und es ist darunter die höchste Weisheit gemeint, die Weisheit zur Seligkeit. Die Weltweisheit macht Niemanden selig und verläßt vielmehr uns, wo wir am meisten Trost nöthig haben, im Sterben. Christus aber ist die Weisheit und gibt sie uns in seinem Worte. Laß dich denn von Ihm erleuchten und folge Ihm, als deinem wahrhaftigen Propheten. – er ist dir ferner gemacht zur Gerechtigkeit. Nicht, was du aus dir selbst bis und werden kannst; nicht, was du aus dir selbst thut und thun kannst; auch nicht, was andere Menschen mögen aus dir machen, kann deine Gerechtigkeit vor Gott sein; denn das Alles ist unrein, mangelhaft, ungenügend und dürftig. Christi Blut allein ist deine Gerechtigkeit: nimm sie denn an, laß dich durch Ihn entsündigen und mache Ihn zu deinem alleinigen und ewigen Hohenpriester. – Er ist dir weiter gemacht zur Heiligung. Heiligt Er dich nicht durch seinen heiligen Geist und befreit dich nicht von deinem angeborenen Ungehorsam und von allen Befleckungen des Fleisches und des Geistes, so daß du sie ernstlich meidest, sie ablegst, ihnen abstirbst in immer größerer Durchdringung der Kräfte des ewigen Lebens, so bleibst du unheilig durch und durch, und kannst niemals Gott schauen. Mache Ihn denn zu deinem regierenden König. – Er ist dir endlich gemacht zur Erlösung vom Tode und der Hölle, und versetzt dich, wenn du Ihm treu verbleibst, in den Himmel. So ist Er dir ein treuer Heiland bis zur letzten Lebensstation. O mache Ihn zu deiner Auferstehung und zum Leben. – Herr Jesu, die Welt weiß nicht, was sie mit Dir machen soll; aber ich weiß wohl, wozu Du mir von Gott gemacht worden. Ich will Dich zur Krone meiner Seele, zum Bräutigam meines Herzens, zum Ziel meines Lebens, zur Weide meiner Gedanken, zum Brunnquell meiner Freude machen; Du sollst mein Paradies, mein Himmel, mein Ein und Alles sein, daß nichts Geistliches und Ewiges sei, wozu ich Dich nicht gebrauche. Amen.

1. Korinther 2.

Dreierlei lerne ich aus diesem Kapitel: 1) daß der natürliche Mensch, wie Bewundernswürdiges er auch leiste auf dem Gebiete der natürlichen Dinge, auf dem Gebiete der geistlichen Dinge voll Blindheit und Thorheit ist. Kein Wunder, daß ihm die meisten Wahrheiten und Begebenheiten der heiligen Schrift als unbegreiflich und unsinnig erscheinen, oder als Thorheit und Aergerniß, und wie die Lehre Christi ihm thöricht ist, auch das geistliche Leben ihm als solches erscheint, welches verborgen ist mit Christo in Gott. 2) daß der Christ und der christliche Prediger nichts wissen darf als Jesum Christum, den Gekreuzigten, durch welchen allein die Seelen zur ewigen Seligkeit erbauet werden; denn es ist in keinem andern Namen Heil als in dem seinigen, die Engel selbst gelüstet, in das Geheimniß des Kreuzes Christi hineinzuschauen, und Betrübte und Angefochtene, Leidende und Sterbende können mit nichts wirksamer getröstet werden, als mit dem Blut und Verdienste unseres Heilandes. 3) daß diese Botschaft nicht erst menschlicher Weisheit und Beredtsamkeit bedarf, um wirksam zu sein, sondern durch ihren großen und ewigen Inhalt allein schon im Stande ist, Seelen zu erwecken und zu bekehren. Das Wort des Herrn braucht nicht erst bewiesen zu werden, es beweist sich selbst; es ist eine Kraft Gottes, selig zu machen alle, die daran glauben; es ist an sich ewige Wahrheit und wird jeden Tag von neuem als solche durch das Zeugniß des heiligen Geistes in den Herzen lebendig. Heil dem Worte, dem, wenn es verkündigt wird, das eigne Herz des Predigers und das Herz der Zuhörer Amen zuruft! Dazu mache auch mir Dein göttliches Wort, o Herr; es sei mein Licht, das meine Finsterniß verscheuche; es sei mein Heil, das mich von der Sünden Gewalt erlöse; es sei mein Trost, der mich im Leiden aufrichte; es sei der Anker meiner Hoffnung im Augenblick des Scheidens. Dann ist die Verheißung mein: „Ich will Israel wie ein Thau sein, daß er soll blühen wie eine Rose; und seine Wurzeln sollen ausschlagen wie Libanon; und seine Zweige sich ausbreiten, daß er sei so schön als ein Oelbaum; und soll so guten Geruch geben wie Libanon. (Hosea 14,6.7.) Amen.

1. Korinther 3.

Die Christen zu Korinth hatten einen unverständigen Unterschied zwischen ihren Lehrern gemacht. Der Apostel fragt sie daher: „Wer ist nun Paulus? Wer ist Apollo?“ Diener sind sie, über welche man den Herrn, dem sie dienen, nicht aus den Augen verlieren darf; denn Ihm allein gebührt der Ruhm des Gedeihens, bei jenen aber kommt es nur auf den Fleiß und die Treue an, mit der sie arbeiten. Das Reich Gottes ist nämlich ein fortwährender Bau eines Himmel und Erde umfassenden Gottestempels; der Grundstein dieses Baues ist gelegt durch die Erlösung Jesu Christi für die ganze Welt, und für jeden Einzelne, wenn er den Heiland im Glauben ergreift und sich aneignet, und nicht bloss sagen kann: ich bin sein, sondern auch: Er ist mein! Nun kann aber Jemand auf diesen Grund feuerfeste, unzerstörbare Stoffe bauen, das Gold des lautern Glaubens und derjenigen Gemeinschaft mit dem Herrn, die unter allen Umständen aushält, oder das Silber der hellen, klaren Erkenntniß und der reinen Sittlichkeit, denn Glaube und Einsicht, Glaube und Sittlichkeit müssen zusammengehen, oder die Edelsteine der Festigkeit und Kraft, der Gediegenheit und Unerschütterlichkeit, und kein aufgelegtes Flitter- und Scheingold, keine Sinnentäuschung, kein sandiges Wesen; - oder er kann darauf bauen das abgehauene Holz einer abgestandenen Frömmigkeit, das Heu einer eitlen und vergänglichen Selbstgerechtigkeit und die Stoppeln der Selbstsucht und des Stolzes seines natürlichen Herzens: die Probe für unser Bauwerk ist der Tag des Herrn, welcher aber schon hienieden seine Vortage und Vorspiele hat. Dann werden jene ihren Lohn empfangen, d.h. die ewige Freude an der Rettung ihrer Seele und an der Herrlichkeit des Herrn; diese aber ihre Werke als verbrannten Schutt- und Aschenhaufen erblicken und um ihres Glaubens an Christum willen selbst wohl selig werden, aber so, als durch’s Feuer, d.h. mit genauer Noth und mit großer Gefahr und Verlust. – Wie ist dein Bau beschaffen, liebe Seele? und wird er die Feuerprobe bestehen? Treffen dich die apostolischen Pfeile, dann wende dich an den rechten Helfer. Amen.

1. Korinther 4.

Welch ein Vorbild der Geduld, der Welt und der ihn vielfach betrübenden korinthischen Gemeinde gegenüber, war doch der heilige Apostel Paulus! O mein Gott, mit demüthigem Seufzen flehe ich Deine Gnade an, daß Du auch mir wahre und aufrichtige Geduld verleihen mögest! Mein Fleisch verlangt immer das, was ihm angenehm ist; es weigert sich aber, Widerwärtiges geduldig zu ertragen. Ich bitte Dich, Du wollest diese Leidenschaft des Fleisches in mir mächtig unterdrücken und meine Schwachheit durch die Stärke der Geduld stützen. O Christe Jesu, Lehrer der Geduld und des Gehorsams, unterweise mich innerlich durch den heiligen Geist, daß ich von Dir lerne den Eigenwillen verläugnen, und das Kreuz, das Du mir auferlegt hast, geduldig tragen! Du hast Schwereres für mich gelitten, als Du auflegest; und ich habe härtere Strafen verdient, als Du zu tragen gibst. Eine Dornenkrone und des Kreuzes Last hast Du getragen, Blut hast Du geschwitzt und die Kelter des Zorns um meinetwillen getreten: warum sollte ich mich daher weigern so wenig Leiden und Angst geduldig zu übernehmen? warum weigern, Deinem Trauerbilde in diesem Leben gleichförmig zu werden? Ewige Strafen habe ich mit meinen Sünden verdient; warum sollte ich die väterliche Züchtigung in dieser Welt nicht ertragen? Zur Prüfung, nicht zur Verwerfung geschieht es, daß Du mich durch mannichfache schwere und bittere Erfahrungen übest. So viel Du an Kreuz und Trübsal auferlegst, so viel theilst Du auch an Licht und Trost mit; und nicht sowohl die Züchtigung, als die Vergeltung wird vermehrt. Die Leiden dieses Lebens sind nicht werth jenes himmlischen Trostes, den Du in diesem Leben zugleich einflößest, und jener himmlischen Herrlichkeit, die Du für die Zukunft verheißest. Ich weiß, daß Du bei mir bist in der Noth; warum sollte ich mich daher nicht vielmehr über die Gegenwart Deiner Gnade freuen, als mich über die mir auferlegte Bürde des Kreuzes betrüben? Führe mich, durch welchen Weg Du willst, bester Meister und Herr, ich will Dir durch Dornen und Hecken folgen, ziehe und halte mich nur, daß ich folgen kann! Ich neige mein Haupt, daß Du die Dornenkrone darauf setzest, in der gewissesten Ueberzeugung, daß Du einst die Krone der ewigen Herrlichkeit darauf setzen wirst. Amen.

1. Korinther 5.

Auch die apostolischen Gemeinden waren nicht ohne Flecken, in Jerusalem treffen wir auf einen heuchlerischen Ananias und eine ihm gleichgesinnte Sapphira, in Korinth hören wir von einem noch greulicheren Aergerniß, von Einem, der sich einen Christen nannte, und seine Stiefmutter geheirathet, Blutschande begangen hatte. Und was dabei nicht weniger verabscheuenswerth war, es war Niemand in der Gemeinde, der dagegen anging, der sich darüber betrübte, der auf Ausschließung dieses Menschen von der Gemeinde drang. So gibt es nichts Reines und Heiliges in der Welt, das Menschen nicht entweiht und besudelt hätten; auch das Christenthum! Welch einen üblen Eindruck mußte das bei den Heiden machen, da nicht einmal bei ihnen dergleichen erhört war, und wie mußten sie in ihrem Vorurtheil bestärkt werden, als ob die Christen ein Volk wären, die da glaubten, Alles sei ihnen erlaubt, die schlimmste Sekte, die je aufgekommen war! Dieses üble Verhalten der Gemeinde betrübte Paulus ungemein, er tadelte sie deswegen scharf, griff ein, gebrauchte seine apostolische Gewalt, und schloß den Sünder aus der Gemeinde aus, that ihn in den Bann. Das hatte, wie aus der zweiten Epistel (Kap. 7.) erhellt, eine sehr gesegnete Wirkung für den Gefallenen selbst, wie für die ganze Gemeinde. Der Apostel schaltet bei der Gelegenheit eine allgemeine Vorschrift und Ermahnung ein, indem er sagt: Eure Prahlerei auf euern Christenstand ist nicht gut; ein wenig Sauerteig versäuert den ganzen Teig; feget darum den alten Sauerteig der Verderbniß mit seinen Wirkungen aus, und laßt euch vom Süßteig der Lauterkeit und Wahrheit durchdringen, die sich hütet, etwas Böses neben dem Guten zu hegen und etwas entschieden Böses als gut anzusehen. Wahre Christen müssen auch den Schein des Bösen, auch den Schein des Mangels an Abscheu gegen irgend ein Laster ernstlich vermeiden. Der Herr fordert von ihnen mehr als von den natürlichen Menschen! Es muß zuletzt jeder Spur des Sauerteigs verschwinden. Amen.

1. Korinther 6.

In diesem Kapitel tadelt Paulus wiederum zweierlei an den Korinthischen Christen, einmal, daß sie ihre Streitsachen zur Entscheidung vor die heidnischen Obrigkeiten brachten, und dadurch dem Christenthum öffentlich Schande machten, sodann, daß Fälle von offenbarer heidnischer Unzucht bei ihnen vorkämen. Er sagt, das eine wie das andere sei ein Rückfall in ihren vorigen, elenden Zustand, eine Schmach für die Gemeinde und ein Bruch mit dem Herrn, der uns zu seinem Eigenthum um den kostbaren Preis des Blutes Christi erkauft hat; Ihn gelte es innerlich wie äußerlich zu verherrlichen. – Herr, laß es mich denn nie vergessen, daß ich theuer erkauft bin, nicht mit vergänglichem Silber oder Gold, sondern mit dem theuern Blute Jesu Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes. Was so theuer erworben ist, muß auch sorgfältig bewahrt werden. Wie sollte ich das theuer erworbene Leben wieder hingeben in der Sünde Tod um den spöttischen Preis der eitlen Weltlust? Der Handel ist geschlossen. Ich bin theuer erkauft: darum gehöre ich weder der Sünde noch mir selbst. Mein Leib und mein Geist sind Gottes. Darum soll mein Leib und mein Geist Gott preisen in heiligem Sinn und heiligem Wandel. Ich will nimmer vergessen, wie viel es Dir gekostet, daß ich erlöset bin, damit ich mich nimmer wieder verkaufe unter die Sünde, und dann empfange der Sünden Sold, welcher ist der Tod. Herr, hilf mir dazu durch deine allmächtige Kraft um Deiner Erbarmung willen. Denn es ist ein großer Unterschied, ein Sünder heißen in der Zeit, und noch ein Sünder heißen in der Ewigkeit. Und es gibt keinen größern Ruhm für den Heiland, als wenn wir die größten Sünder gewesen und es nicht mehr sind. Herr, laß Dein bitter Leiden
Mich reizen für und für,
Mit allem Ernst zu meiden
Die sündliche Begier,
Daß mir’s nie komme aus dem Sinn,
Wie viel es Dich gekostet, daß ich erlöset bin. Amen.

1. Korinther 7.

Dies sind die apostolischen Vorschriften über den Ehestand überhaupt und über die Ehelosigkeit, die in den damaligen Zeiten der Verfolgung um des Reiches Gottes willen vorzuziehen war. Ich nehme mir insbesondere aus dem Kapitel das Wort heraus: „Die da weinten, seien, als weinten sie nicht, und die sich freuen, als freuten sie sich nicht, und die kaufen, als besäßen sie es nicht, und die dieser Welt brauchen, daß sie derselbigen nicht mißbrauchen.“ Haben, thun, leiden, genießen, als hätte, thäte, litte, genösse man nicht; reden, schreiben, schriftstellern, sorgen, hauswirthschaften, als triebe man da nicht; besitzen, ohne besessen zu sein, das ist das neutestamentliche, pilgermäßige Wesen der Kinder Gottes. Leben, als ob jede Minute unsere letzte Minute sei; so Alles, als ob von dem, was wir unser eigen nennen, der Nießbrauch nur, nicht das Eigenthum unser sei; - tägliches Brod heute. Jeder andere Gebrauch der Güter dieser Welt ist Mißbrauch. Jede Beschäftigung mit Dingen dieser Zeit, wenn sie nicht als Parenthese behandelt wird, ist unziemend und nachtheilig für diejenigen, die jeden Augenblick bereit stehen sollen auszugehen aus Aegyptenland. Freilich gehört dies zu den Forderungen des Christenberufs, welche unserer an das Sinnliche gefesselten Natur den schwersten Kampf kosten. Der Herr sieht es, Er säumt nicht, uns zu Hülfe zu kommen, Er hat, um das Herz entweder auf einmal von der Welt loszureißen oder nach und nach zu entwöhnen, tausendfältige Mittel. Gelingt es Ihm, dann wohl uns! Dann kommen wir dahin, daß wir die Worte des Apostels auch umgekehrt lesen können: die nicht besitzen, als besäßen sie! als die Traurigen, aber allezeit fröhlich; als die nichts inne haben, und doch Alles haben! Denn Christus, der ganze Christus, ist ihrer; wo aber der Geber selbst ist, da sind auch seine Gaben. – O daß Dein Geist ruhen möchte auf mir, herabkommen möchte auf mich, Du mein ewiger Hoherpriester und König. Amen.

1. Korinther 8.

Dies Kapitel wird leichter verstanden, wenn man die Zeit- und Ortbeziehungen festhält. Korinth war eine überwiegend heidnische Stadt. Bei den Götterfesten wurden viele Thiere geschlachtet und geopfert. Was vom Götzenopferfleisch übrig blieb, gehörte theils den Priestern, theils Denen, die das Opfer gebracht hatten, und wurde zum Theil auf dem Markt verkauft, zum Theil zu Gastmahlen gebraucht, die sowohl in den Privathäusern als auch in den heidnischen Tempeln gehalten wurden. Die Judenchristen zu Korinth machten sich nun ein Gewissen daraus, von solchem Götzenopferfleisch zu essen; die paulinischen Heidenchristen dagegen trugen zum Aergerniß Jener kein Bedenken, nicht nur in ihren eigenen Häusern und bei Privatgastmahlzeiten solches Fleisch zu essen, sondern auch den öffentlichen Opfermahlzeiten in den heidnischen Tempeln beizuwohnen; wofür sie sich auf ihre christliche Freiheit und besonders auch darauf beriefen, sie wissen als Christen, daß die Götter der Heiden nichts seien, und daß eben darum zwischen Götzenopferfleisch und anderm Fleisch kein Unterschied zu machen sei. Hierauf ertheilt ihnen Paulus nun den nöthigen Bescheid, und sagt, daß die Liebe allein erbaue und das Seelenheil des Nächsten fördere, daß sie besser sei, als das richtige Wissen, daß es Sünde sei, Götzenopfer zum Aergerniß des Bruders zu essen. Wohl bessert die Liebe, und ist das seligste Gefühl auch das heiligste Gefühl. Sie bessert von der Selbstsucht, denn sie erweckt und befähigt zur Selbstverläugnung. Sie bessert von der Sinnlichkeit, von dem beständigen Streben nur nach sinnlichen Freuden, Gütern und Ehren, und erhebt das Herz über sich selbst zu dem Höchsten, das es gibt im Himmel und auf Erden. O möge sie mich auch also bessern! und möge sie immer reiner und fester in mir ihre Wohnung aufschlagen! Ohne sie ist der Mensch arm bei allem Reichthum an Wissen und Besitz; durch sie wird er reich und froh und ein Segen unter den Seinen. Amen.

1. Korinther 9.

Ich bitte Dich, o Herr, laß mich den großen Zweck des gegenwärtigen Lebens niemals aus dem Gesichte verlieren! Laß mich immer daran denken, daß ich mich hienieden zur seligsten Gemeinschaft mit Dir und zum Genuß der himmlischen Güter, die uns Jesus Christus erworben und bereitet hat, unter dem Beistande Deines Geistes geschickt machen soll. Ich soll mich selbst verleugnen, allem Bösen entsagen, meine sündlichen Neigungen und alles, was mich in meinem Christenthum hindert, auf die Seite setzen, verachten und mit Widerwillen ansehen und fliehen. Ich soll, wie Paulus, meine Glieder im Zaum halten, über mein Temperament, über meine Lieblings- und Gewohnheitssünden Herr und Meister werden; ich soll die Sünde nicht herrschen lassen in meinem Leibe, ihren Trieben keinen Gehorsam leisten; ich soll kämpfen, und nicht nachgeben; ich soll in allem Guten fortlaufen und nicht müde werden; ich soll nicht mehr leben, sondern Christus allein soll in mir leben. Ach, Herr, mein Gott, wie werde ich diesen großen Forderungen genügen können, wenn Du nicht selbst in mir wirkst das Wollen und das Vollbringen des Guten? Herr, ich erkenne mich Deiner Gnade höchst unwürdig; aber ich weiß auch, daß die, welche nach Deiner Gerechtigkeit hungert und dürstet, gesättigt werden sollen. Mit freudigem Vertrauen halte ich mich fest an Deiner tröstlichen Verheißung, daß Du allen denen, die Dich darum bitten, den heiligen Geist schenken wollest. Darum bitte ich Dich, laß das Licht Deines Geistes meine ganze Seele erfüllen und seine göttliche Kraft mich zu allem Guten beleben, und laß mich redlich alle seine Antriebe zum Guten befolgen. Ach, ich weiß es wohl, wie viel auch an mir liegt, um den Beistand Deines Geistes zu erhalten und mir recht zu Nutze zu machen: ich muß anhalten im Gebet, allen Gelegenheiten zur Sünde sorgfältig ausweichen, gleichsam mit meinen Augen und Ohren einen Bund machen, sie vor allen Lockungen zu verschließen, und im Kleinen treu sein, wenn Du mir das Wahrhaftige anvertrauen willst! Nun denn, o mein Gott, da ich Deinen Willen weiß, so verleihe mir auch die Gnade, denselben redlich zu thun, und nimm mich bei meiner Schwachheit und Trägheit selbst bei der Hand, daß ich laufe, eile und jage, damit ich das Kleinod des ewigen Lebens ergreife und behalte. Amen.

1. Korinther 10.

Ein herrliches Wort, das Wort des Apostels im 13. Verse: „Gott ist getreu, der euch nicht läßt versuchen über euer Vermögen, sondern macht, daß die Versuchung so ein Ende gewinne, daß ihr’s könnet ertragen.“ Es enthält drei kräftige Trostgründe in aller Kreuz und Anfechtung. Der erste Grund ist die Treue Gottes: „Gott ist getreu.“ Er hat ein treues Herz: Er kann’s nicht böse meinen; Er hat einen treuen Mund: was Er zusagt, das hält er gewiß; Er hat ein treues Ohr: Er hört das Schreien der Verlassenen und verschmähet ihr Gebet nicht; Er hat treue Augen: sie sehen auf die, so Ihn fürchten; Er hat eine treue Hand: die kann Alles ändern; sie errettet in Leibes-, Seelen- und Todesnoth, hilft in sechs Trübsalen hindurch, und in der siebenten können wir getrost ihr die Seele befehlen; da heißt es: Ende gut, Alles gut. Der andere Grund des Trostes ist, daß Gott nicht über Vermögen versucht. Er wägt, wie in einer Goldwaage, genau gegen einander ab das Kreuz und die Kräfte, es zu tragen, und mißt jenes nach diesen ab. Klage aber nie: dein Kreuz sei zu schwer; solche Klage wäre Gotteslästerung. Der dritte Trostgrund ist, daß jedes Leiden einmal ein Ende gewinnt. Mag es noch so lange währen, es währt nicht ewig. Endlich tönt doch einmal die Glocke: zum letzten Mal! Und ob das Leiden lebenslang anhielte, das Leben hat doch auch ein Ende, und mit demselben die Sünde und das Elend. Herr, ich danke Dir für den reichen Trost in aller Noth, den Du in Deinem Worte für uns arme Kreuzträger niedergelegt hast. Drücke ihn recht tief in mein Herz hinein, laß mich ihn im Glauben festhalten und seine Kraft in jeder Anfechtung erfahren.

Gott ist getreu, Er mag’s auch mit mir machen,
So wunderlich und scharf er immer will;
Läßt Er auf mich auch alle Wetter krachen,
Er hat es macht, ich halte willig still.
Ja, will Er mich gleicht tödten, so sag’ ich doch dabei:
Gott hilft aus allen Nöthen, Gott ist getreu.

1. Korinther 11.

Nichts ist gesegneter, und doch scheuen wir nichts mehr als das Selbstgericht. Schwerdt und Wage hat Christus in unsere Hand gegeben, und doch sind wir stündlich in unserer eigenen! Der Mensch hat eine unergründliche Abneigung dagegen, die Wahrheit über sich zu erfahren. Was andere Menschen von uns sagen, ist lange noch nicht die Wahrheit; aber wie scheuet sich ein jeder davor, auch nur zu wissen, was Andere über seine Fehler urtheilen. Diese Furcht vor Selbsterkenntniß und Selbstgericht ist einer der stärksten Beweise für die Tiefe der menschlichen Sündhaftigkeit. Es ist eine große Thorheit darin, denn was hilft’s uns, alles Andere wägen zu können, wenn wir dabei den Blick darauf verlieren, wie leicht wir selbst wiegen? Und der Schaden trifft keinen Andern als uns. Darum laßt uns alle Mittel gebrauchen, um zu erfahren, wie viel wir vor Gott gelten; laßt uns das Gebet gebrauchen: „Erleuchte mich, mein Gott, ich bin mir selbst verborgen,“ laßt uns den Spiegel des göttlichen Wortes täglich in die Hand nehmen, laßt uns uns richten bei jedem neuen Abschnitt unseres Lebens. Es gilt eine lange, immer erneuerte Prüfung. Ach stellen wir sie nicht an, so muß einmal Gott Waagschale und Schwerdt in seine eigne Hand nehmen, und wehe uns dann, es ist schrecklich, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen. Darum will ich mich alle Tage richten und immer von neuem verdammen! Was fürchte ich mich vor dem Todte der Selbstverdammniß, da ich mit Christo leben und mit Christo sterben kann? Ja, wenn ich keinen Heiland hätte, wäre die Selbstverdammniß allerdings eine trostlose Sache; aber Gottlob, auf Ihm liegt die Strafe, damit ich Friede habe. Nun sterbe ich in jedem Selbstgericht mit Christo, in der Gemeinschaft seines verdienstlichen Leidens, und sterbe ich mit, so werde ich mit leben. Darum:

Wäg’, unterlieg’ und sprich mit Ernst das Urtheil dir,
Wer erst sich selbst erstirbt, der lebt Gott für und für. Amen.

1. Korinther 11,23-33.

Herr Jesu, ich kann’s mit meinen Sinnen nicht erreichen, womit doch Dein Erbarmen zu vergleichen. Doch laß mich demselben in Kraft des heiligen Geistes nachsinnen, so viel ich kann. Besonders laß mich in der Abendstunde, da Du Dich mit der Einsetzung Deines heiligen Abendmahls beschäftigt, alles mein Denken und Sinnen darauf richten. Es ist die Stunde, da ich gewöhnlich mein Abendbrod genieße. O daß ich doch da allemal Dich im Glauben genieße! O daß der Hunger und Durst meines Glaubens je größer und heftiger sei, als der leibliche Hunger, und ich stündlich Abendmahl mit Dir halte im Glauben und Du mit mir! Daß ich die Wichtigkeit und Vortrefflichkeit dieses hochwürdigen Nachtmahls recht erkennete, Dein Testament recht hoch und theuer schätzte, und auch die Früchte zeitigte, die diese Himmelskost verlangt! Wirke es in mir, Herr Jesu. Dank, Lob und Anbetung gebührt Dir für Dein reiches Testament.

Mein Heiland, das Plätzchen, das Dein Lieblingsjünger Johannes gehabt, stände mir auch an. An Deiner Jesusbrust liegen, da wäre so was Erwünschtes und mir recht Nöthiges. Johannes hatte sich freilich Deiner Liebe nicht so unwürdig gemacht, hatte ein recht treues und aufrichtiges Herz gegen Dich und hielt bis in den Tod bei Dir aus. Ich finde ganz das Gegentheil in und an mir. Aber, mein Heiland, zu den Elendesten lässest Du Dich am tiefsten herunter, die erquickst Du am ersten, weil sie es am nöthigsten haben. Nun, das macht mir Muth, mich auch an Deine treue Brust hinzulegen und Erquickung und süße Gnadenmilch zu meiner Nahrung und Stärkung zu saugen.

Herr Jesu, dem kleinsten Kinde gehört sonst der Mutter Brust vor allen übrigen. Nun, das bin ich, Dein allerkleinstes Kind unter allen Deinen Kindern. Dem schwächsten Kinde thut der Mutter Brust am nöthigsten zu seiner Stärkung; und das bin ich auch, o gewiß, das schwächste unter allen. Das kränkste Kind braucht der Mutter Brust am nothwendigsten, weil in der Muttermilch etwas Heilandes ist; nun, ich bin sehr krank, und ist nichts Gesundes an mir vom Fuße bis zum Scheitel. Dem weinenden Kinde reicht die Mutter die Brust zu seiner Stillung: Herr Jesu, Du weißt, wie manchmal ich Dir etwas vorzuweinen und mit Thränen zu klagen habe, o stille mich an Deiner Brust. Liebster Heiland, so oft ich esse, laß mich Deine Gaben an Deiner Brust genießen, wie Johannes: da kann zugleich meine Seele sich sättigen und erquicken. Wenn ich schlage, so sei mein Kissen Deine aufgeritzte Brust, und wenn ich erwache, so laß mich noch an Deiner Brust liegen. Und wenn ich Abendmahl mit Dir halten will, so laß es an Deiner Jesusbrust geschehen, damit ich fein kindlich thue, kindlich esse und trinke, kindlich Dich annehme, kindlich mich Dir gebe, kindlich Dir Alles sage und klage, Dich kindlich um Alles bitte und auch eben so Alles nehme. O wäre ich ein Johannes! Wäre ich nur erst ein recht unmündiges Kind dem Sinne und Herzen nach! Mache Du mich dazu. Amen.

1. Korinther 12.

Es gibt übernatürliche Gaben des h. Geistes, wie die, fremde Sprachen zu sprechen, die, Kranke zu heilen, die, die Zukunft zu verkünden. Diese außerordentlichen Gaben hatte Gott in der ersten Kirche den Gläubigen auf eine gewisse Zeit und mit Maaß bewilligt. Es gibt aber auch natürliche Gaben, in denen wir keine Unterbrechung der bekannten Gesetze der Natur sehen; diese sind in Beziehung auf das Herz eine triumphierende Freude, ein vor unsern Augen umgewandelter Glaube, eine Art Vorgenuß der Privilegien des Himmels; in Bezug auf den Geist die Gabe zu lehren und zu überzeugen, die hinreißende Beredtsamkeit, das tiefe Verständniß der Schrift, und im Allgemeinen alle Gaben, die zum Dienst der Kirche und des Glaubens verwendet werden können. Nach diesen Gaben folgen endlich noch schwächere Gaben, es ist die Demuth, durch welche der Gläubige sich alle Tage vor Gott vernichtet und die Andern für besser hält als sich selbst; es ist die Treue, welche in den kleinen Dingen eben so wenig unrecht sein will wie in den großen; es ist die Reinheit der Sitten und der Gedanken, welche den Tempel, in welchem der heilige Geist zu wohnen würdigt, unversehrt bewahrt; es ist die Wahrheit, welche für den größten Vortheil ihre Lippen nicht der kleinsten Lüge öffnen würde; es ist die Zufriedenheit des Geistes, welche alle Verluste ohne Murren erträgt, weil der wahre Schatz ihr nicht geraubt werden kann; es ist die Thätigkeit, die sich immer daran erinnert, daß das Reich Gottes nicht in Worten, sondern in Werken besteht; es ist die Menschenliebe, die abwechseln mitempfindet, tröstet, erleuchtet, betet, weder zu lästern noch zu verachten weiß, Alles duldet und Alles entschuldigt, und sich an der Wahrheit erfreuet. Diese Gaben hat selten Einer alle. Gottlob, daß Paulus diese geringeren, wie er sagt, schwächeren Gaben für die nothwendigsten erklärt! Thäte er es nicht, ich wäre völlig vergeblich auf dieser Welt. Nun aber kann ich auch ein Glied am Körper der Kirche sein und etwas nützen. Möchte ich es auch nur recht thun und treu erfunden werden! Amen.

1. Korinther 13.

Das ist ein Hochgesang, ein Psalm auf die Liebe, wie es keinen zweiten in der Welt gibt. Wer kennte ihn nicht von seiner Jugend an? Wer hätte ihn nicht schon auswendig gelernt? Er verdient, daß ihn alle Kinder in der Schule auswendig lernen, wie denn das auch in guten Schulen geschieht. Paulus beschreibt den Korinthern die Liebe, weil sie, verleitet von Eitelkeit, mit andern Gaben oft lieber prunkten, als daß sie in der Liebe ihr Christenthum bewiesen. Wenn aber Paulus sie so herrlich beschrieb, so konnte er’s, weil er sie selbst in seinem Herzen trug, weil er nur durfte ausströmen lassen, wovon sein Herz voll war, und weil er ein Bild vor sich hatte, von welchem er alle Züge entnahm, das Bild Jesu Christi, dessen Liebe ihm klar vorleuchtete und die er alle Tage von neuem erfuhr an seinem Herzen. Es ist dreierlei, was Paulus von der christlichen Liebe rühmt: 1) ihren Vorzug vor allen andern, auch den höchsten Vorzügen V. 1-3. 2) ihre segensreichen Wirkungen und Offenbarungen V. 4-7. 3) ihre ewige Dauer V. 8-13. Wenn man das so liest, so geht’s Einem wie mit einem herrlichen Bilde, das mit allem Glanze einer himmlischen Schönheit und Wahrheit in die Augen leuchtet und das keines Auslegers weiter bedarf, der seine Vorzüge besonders heraushebt. Es bleibt Einem nur übrig, in tiefster Seele zu verstummen, und frei von aller eitlen Empfindelei an sich die Frage zu halten: „wie? wenn nun einst ich nach dem Maßstabe dieser Liebe gerichtet werde?“; nach der Frage den Wunsch laut werden zu lassen: o daß sie in meinem Herzen wohnte, mich erfüllte, mich ganz in Gottes Bild gestaltete! und den Wunsch in das Gebet zu verwandeln: „Herr, gib mir diese Liebe; vergib mir, was ich bisher gegen sie gesündiget habe; gieße Deinen eignen Liebesgeist über mich aus, damit ich liebe, wie Du uns geliebet hast und in Liebe mit Dir im Reich der Liebe ewig vereint bleibe.“ Amen.

1. Korinther 14.

In der korinthischen Gemeinde hatte sich im Gebrauch der wunderbaren Gaben, welche der heilige Geist der ältesten Kirche verliehen, eine falsche und bedenkliche Richtung entwickelt. zuerst wurde diejenige Gabe, welche am meisten im Dienste einer stürmischen Begeisterung stand, die Gabe, mit Zungen oder in fremden Sprachen zu reden, welche außer dem Redenden keiner verstand, überschätzt, und anderen Gaben unbillig vorgezogen, namentlich dem Weissagen, d.h. dem vernünftigen Reden zur Belehrung und Erbauung der Gemeinde, wozu doch eben so gut, als zu jenem, die Gabe durch außerordentliches Wirken des Geistes auf ihre Bitte ihnen verliehen wurde. Sodann war die Meinung herrschend, man müsse sich selbst und Anderen im Gebrauch dieser Gaben kein Maaß vorschreiben, sondern wen die Begeisterung ergreife, der müsse sich ihr völlig überlassen ohne irgend eine andere Rücksicht. Daraus waren die größten Unordnungen und Mißbräuche in den gottesdienstlichen Versammlungen der Gemeinde entstanden. Diesen Unordnungen sucht nun der Apostel durch die nachdrücklichsten Ermahnungen und weisesten Vorschriften zu steuern, lehrt den Vorzug des Weissagens für die gemeinschaftliche Erbauung und erinnert durch die aufgestellten Grundsätze daran, daß Gott ein Gott der Ordnung sei. Aus Ordnung entsteht Friede und Segen, aus Unordnung Streit und Spaltung. Es ist immer Mangel an Demuth und Selbsterkenntniß, wenn man sich nicht fügen will, auch in äußerlichen Dingen, unter die bestehenden Vorschriften und Gebräuche. Die Wahrheit richtet sich nicht nach uns, wir müssen uns nach ihr richten; nicht sie beherrschen wollen, sondern ihr dienen. Christi Geist ist ein Geist der Liebe und der Zucht. Herr, laß mich nie aus Deiner Zucht fallen, ich bedarf ihrer, so lange ich lebe, und mache die äußere Zucht mir zugleich immer zu einer innern. Amen.

1. Korinther 15,1-34.

Freue dich, meine Seele, dein Jesus lebt, und du sollst auch leben! Wer wollte sich wünschen einen Augenblick zu leben, wenn Jesus nicht lebte, der das Leben unseres Lebens und der Trost unserer Seele ist? Ach, gib doch, mein Heiland, daß ich auch aus dem Grabe der Sünden recht möge herausgehen und die Bande, die mein geistliches Leben hindern, möge zurücklassen, und hervorgehen, in einem neuen Leben zu wandeln. Laß auch meine geistlichen Feinde zu meinen Füßen liegen, und laß mich über sie einen Sieg nach dem andern davon tragen. Lebe Du in mir, Herr Jesu, und erweise Dich kräftig durch Dein Wort und Geist in meinem Herzen, daß das laue und kaltsinnige Wesen, das mir noch anklebt, möge verschwinden. Ach, es betrübt mich, daß ich noch so träge und schläfrig bin in allen meinen heiligen Uebungen: laß doch den Geist des Lebens über die Todtengebeine wachen, daß sie einmal recht aufleben. Mache mich inbrünstiger in meinem Gebet, feuriger in der Liebe, fester und stärker im Glauben, und fröhlicher in der Hoffnung, daß ich durch alle Hindernisse meines Fleisches und Blutes eifriger durchbreche, und sagen könne: „Nun lebe ich, aber nicht mehr ich, Christus lebt in mir,“ und also Dir, meinem Heilande, in meinem ganzen Leben recht lebendig nachfolge; und wenn dann endlich mein Sterbestündlein kommt, so offenbare den Trost Deiner Auferstehung recht kräftig an mein Herz. Wenn ich dann schon wandle im finstern Thal des Todes, so will ich doch kein Unglück fürchten; denn Du, o Fürst des Lebens, bist bei mir, und Dein Hirtenstab tröstet mich, daß Du mich, Dein Schäflein, das Du kennest, das Dir folget, das Deiner Stimme gehorcht, nicht wirst zurücklassen, sondern mir geben das ewige Leben. Das Grab soll mich nun nicht schrecken, weil Du, mein Heiland, auch mein Grab geheiligt und zu meiner Ruhekammer gemacht hast. Ich will nun gern sterben, da Du, mein Jesus, lebst. Da Du, das Haupt, bist auferstanden, wirst Du Deine Glieder nicht im Grabe lassen, sondern mich auferwecken zum ewigen Leben. Hallelujah.

1. Korinther 15,35-58.

Noch heut zu Tage geht es den Ungläubigen, wie damals den Sadducäern, sie sagen: „es gibt keine Auferstehung der Todten, denn wir können ihre Möglichkeit nicht begreifen, folglich ist sie nicht wahr; wenn noch die Leiche bliebe und unverändert nach Jahrhunderten noch so wäre, wie sie wenige Stunden nach dem Tode ist, dann wäre der Glaube leichter; aber ach nicht einmal eine Leiche bleibt die Leiche, auf den Tod folgt die Verwesung. Wo sind die Leichen der Verstorbenen von Abel an? Man findet ihre Spur nicht, sie sind wie vernichtet.“ Paulus antwortet: du Narr, solch ein Schluß wäre unvernünftig und thöricht, das du säest, wird nicht lebendig, es sterbe denn; was ihr als einen Beweis gegen die Möglichkeit der Auferstehung anführt, ist ja gerade das, ohne welches keine Auferstehung möglich wäre. Tod und Verwesung ist ja auch nicht Vernichtung, sondern der Weg zum Leben und zur Auferstehung. Woher kommt das Leben des Samenkorns? Vom Tode. Woraus entstehen Pflanzen und Blumen und Bäume? Aus der Verwesung. Dem kleinen, geringen Korn nun sollte dieser Weg ein Weg zum Leben sein, dem Menschen aber, dem Könige der Schöpfung, derselbe Weg ein Weg der Vernichtung? Nimmermehr! Das kleine Korn bestätigt die große Verheißung der Auferstehung. Gott hätte aus dem Samenkorn auf andere Weise Pflanzen und Blumen und Bäume hervorbringen können aber Er hat ihm diesen Weg durch Tod und Verwesung zum Leben angewiesen, uns zu gut, damit das Schauerliche und Grauenhafte des Weges durch die Verheißung seines Worts und durch die lieblichen Bilder und Gleichnisse um uns her verdrängt, und selbst das Schrecklichste, die Verwesung, uns tröstlich und erfreulich würde. Für diese herablassende und belehrende Gnade danke ich und preise seinen Namen! Der Gedanke an Tod und Verwesung soll mir nun immer vertrauter und erfreulicher werden. Fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, anhaltend am Gebet will ich meinen Weg fortwandeln. Es ist noch eine Ruhe vorhanden dem Volk Gottes. Amen.

1. Korinther 16.

Jesum nicht lieb haben, hält der größte Theil der Menschen für die kleinste Sünde. Man denkt nicht einmal daran, ob es Sünde sei. Paulus aber spricht: “So Jemand den Herrn Jesum nicht lieb hat, der sei Anathema, das ist, verflucht, verbannt. Dieser Fluch bedeutet nicht nur, daß ein solcher Mensch ein Abscheu in Gottes Augen ist, sondern daß auch aller göttliche Zorn ihn verfolgen soll. Für die eine Sünde, Jesum nicht lieb zu haben, soll der Sünder alle schmerzhaften Empfindungen von Gottes Ungnade, ein angstvolles Gewissen, eine ewige Qual haben. Mit dem Worte Anathema wird ihm alles Anrecht und Genuß der Erlösung, alle Gemeinschaft mit den Heiligen auf Erden und im Himmel, aller Segen seines Wortes, seine Verheißungen und Heilsmittel abgesprochen, so lange er ein Feind Jesu bleibt. – Meine Seele, empfinde ein Schaudern! So lange du keine Buße und göttliche Veränderung an dir erfahren hast, so lange hast du Jesum nicht lieb. Du wirst ohne Liebe zu ihm geboren, und wenn du, nachdem du erkannt hast, wie hoch Er sich um dich verdient gemacht hat, dennoch seine Wohlthaten wenig achtest, den Gedanken von Ihm scheuest, mit keiner Zärtlichkeit für Ihn eingenommen bist, und eines seiner Gebote muthwillig unterlässest, so sind das lauter Zeichen, daß du seinen Fluch verdienst. Anathema ist über dich ausgesprochen, und an jedem Tage deines Lebens, so lange der Heiland dein Herz und deine Sehnsucht nicht besitzt, wirst du im Himmel von allen Engel Gottes unter die gezählt, vor deren Umgang und Gesellschaft sie fliehen. – Arme Seele! Dein Leib trägt vielleicht ein weiches Kleid; die Welt nennt dich mit großen Titeln, und vor Gott hast du nicht Gnade, sondern Fluch; genießest hienieden nichts von den Seligkeiten, die Jesus erworben hat, hast keinen Geschmack daran, fühlest oft geheime Angst, und von der Gemeinschaft der Gläubigen und ihrer Mitgenossen im Himmel weißt du gar nichts. Höre es, Jesus möchte dich gern segnen: verdamme nur die Gleichgültigkeit, die du gegen Ihn hast, da Er dir doch nichts Böses gethan, vielmehr deinen Fluch auf sich genommen und dir den Segen erworben hat. O Jesu, zünde, vermehre die Liebe zu Dir in meinem Herzen. Amen.

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