Arndt, Johann - Erbauliche Psalter-Erklärung - Psalm 25, Vers 1-7

Arndt, Johann - Erbauliche Psalter-Erklärung - Psalm 25, Vers 1-7

Gesegnet ist der Mann, der sich auf den HErrn verlässt, und der HErr seine Zuversicht ist. Der ist wie ein Baum, am Wasser gepflanzt und am Bach gewurzelt; denn obgleich eine Hitze kommt, fürchtet er sich doch nicht, sondern seine Blätter bleiben grün, und sorgt nicht, wenn ein dürres Jahr kommt, sondern er bringt ohne Aufhören Früchte (Jerem. 17,7-8). Nach diesem Wort des Propheten schadet kein Unglück einem Menschen, der seine Hoffnung auf Gott setzt; Gott erhält ihn, stärkt ihn, schützt ihn, segnet ihn und behütet ihn vor dem Verderben. Eben dieses lehrt uns der 25. Psalm, in welchem beschrieben ist unsere selige Hoffnung mit ihren Eigenschaften; ferner enthält derselbe eine Bitte um Gottes gnädige Regierung, dass uns Gott auf seinen Wegen führen und leiten wolle nach seiner Barmherzigkeit, ein Ruhm der großen Treue Gottes und endlich ein Gebet um Errettung, um Trost in Traurigkeit und um Einfalt des Herzens, die der HErr liebt.

V. 1. Nach dir, HErr, verlangt mich. Ach was ist es doch in der Welt! Wo ich mich hinwende, finde ich nichts denn Eitelkeit, Nichtigkeit, Betrug, Ungerechtigkeit, Lügen und endlich den bitteren Tod. Darum will ich meine Seele von der Welt abwenden und sie zu dir, meinem lieben Gott erheben; du allein bist das Verlangen meines Herzens. Daraus lernen wir, wie wir unsere Seele, welche zu hohen, göttlichen Dingen geschaffen ist, nicht sollen mit dem Unflat dieser Welt beflecken, sondern sie frei lassen von irdischen Dingen; dann kann sie sich frei zu Gott erheben. Denn je mehr sie mit dem Zeitlichen beschwert wird, desto weniger kann sie sich zu Gott erheben, und je mehr die Begierden dieser Welt in deiner Seele zunehmen, desto mehr erlischt in ihr das Verlangen nach Gott.

Eine Seele, die nicht an der Welt hängt, sondern sich recht zu Gott erheben und ihre geistliche Freiheit gebrauchen kann, die kann auch rechtschaffen beten ohne Hindernis. Denn was ist's, was unser Gebet so oft und so sehr hindert, als die irdischen Begierden und weltlichen Leidenschaften? Je mehr derselben im Herzen sind, desto mehr wird das Gebet gehindert, und desto schwächer ist es; und je reiner die Seele von irdischen Begierden, desto mehr kann sie sich erheben, desto reiner und stärker ist das Gebet. Darum spricht St. Johannes (1 Br. 3,3): der diese Hoffnung hat, der reinigt sich, wie er denn auch rein ist.

V. 2. Mein Gott, ich hoffe auf dich, lass mich nicht zu Schanden werden, dass sich meine Feinde nicht freuen über mich. Ich setze mein ganzes Herz und Vertrauen allein auf dich, ich habe mich dir ergeben. Das sind rechte Glaubensworte, die alles Eitle und Irdische ausschließen und uns den rechten Grund, das wahre Fundament unserer Hoffnung zeigen, nämlich Gott selbst. Diese unsere Hoffnung gründet sich auf Gottes Güte und Liebe, auf Gottes Verheißung und Wahrheit; dadurch macht Gott unsere Hoffnung fest und gewiss, dass sie nicht wankt, sondern in großer Geduld und Beständigkeit die Verheißung erwartet. Die Hoffnung aber, welche alles dem gnädigen Willen Gottes befiehlt, lässt nicht zu Schanden werden, denn sie gründet sich auf Gottes Wahrheit und Treue, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, die ewig bleibt. So ist auch in solch ungezweifelter Hoffnung ein gewisser Sieg über die Feinde. Gott wird die Sache nicht verlieren, wenn du sie ihm befohlen hast; denn unsere Stärke besteht im Stillesein und Hoffen. Denn wenn Gott für die streitet, die sich ganz und gar auf ihn verlassen, so folgt gewiss Sieg, und er ist gerade in unserer Schwachheit mächtig und will in unserer Schwachheit stark sein. Daher heißt es: „wer christlich dulden kann, von denen lässt sich sagen, dass er mit Ehren siegt und Andern dringet vor, und wer sich bücken kann, der schwingt sich empor; verlangst du nun den Sieg, so lerne was vertragen.“

Solches bestätigt nun der heilige Geist mit einem schönen Trostspruch:

V. 3. Denn keiner wird zu Schanden, der dein harret; aber zu Schanden müssen sie werden, die losen Verächter, d. i. es ist nie erhört, dass jemand zu Schanden sollte geworden sein, der auf Gott gehofft hat. Aber das weiß man wohl, dass die Verächter Gottes sind zu Schanden geworden. Aus diesen Worten lehrt uns der heilige David einen herrlichen Schluss ziehen: der heilige Geist sagt, Niemand werde zu Schanden, der auf Gott hoffe, von Herzen auf ihn vertraue und seiner harre; ich hoffe und traue auf Gott, ich erwarte seine Hilfe in Geduld, darum wird er mich nicht lassen zu Schanden werden. Dass aber Niemand zu Schanden wird, der auf Gott traut, beweist die Schrift mit allen Beispielen der Heiligen. Ebenso aber hat man's oft erfahren, dass die Verächter Gottes sind zu Schanden geworden. Es kann und mag nicht anders sein als wie es Ps. 16 (V. 4) sagt: die einem Andern nacheilen, werden groß Herzeleid haben; ich will ihres Trankopfers mit dem Blut nicht opfern noch ihren Namen in meinem Munde führen; und Jerem. 17,5.6: verflucht ist der Mann, der sich auf Menschen verlässt und hält Fleisch für seinen Arm, und mit seinem Herzen vom HErrn weicht. Der wird nicht sehen den zukünftigen Trost, sondern wird bleiben in der Dürre, in einem unfruchtbaren Lande, da Niemand innen wohnt.

V. 4-7. HErr, zeige mir deine Wege und lehre mich deine Steige. leite mich in deiner Wahrheit und lehre mich; denn du bist der Gott, der mir hilft; täglich harre ich dein. Gedenke, HErr, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte, die von der Welt her gewesen ist. Gedenke nicht der Sünden meiner Jugend und meiner Übertretung; gedenke aber mein nach deiner Barmherzigkeit um deiner Güte willen; d. h. weil ich von Natur voll Blindheit und Finsternis bin, und weder dich, noch mich recht erkennen kann, so bitte ich dich, du wollest mir die Augen meines Verstandes öffnen, dass ich erkennen möge deine Wege, darauf du zu mir kommst, und deine Steige, darauf ich zu dir komme. Und weil ich mich nicht selbst regieren kann wegen der vielfältigen Betrüglichkeit der Welt und meines Fleisches, so wollest du mich leiten und regieren in deiner Wahrheit, und mich allezeit lehren durch deinen Geist; denn du allein bist der Gott meines Heils. Darum will ich täglich auf dich warten, auf deine Unterweisung und Regierung. Und weil alles an deiner Gnade gelegen, und alles von deiner Barmherzigkeit herrührt, was mir nützlich und gut ist zeitlich und ewiglich, so bitte ich dich, du wollest an deine Barmherzigkeit gedenken und mich in dieselbe miteinschließen, und deine Barmherzigkeit an mir nicht lassen aufhören, wollest mir die Sünden meiner Jugend vergeben, da ich die Erbsünde, böse Lust und Begierde in mir habe herrschen lassen, ehe ich im Geist so stark geworden bin, dass ich nach dem neuen Menschen lebe und mein Fleisch zwingen und kreuzigen lerne; dessen wollest du nicht gedenken, sondern durch deine Barmherzigkeit meine Sünde zudecken.

In diesen Versen ist schön beschrieben, wie sich ein Mensch der göttlichen Regierung und dem gnädigen Willen Gottes überlassen und ergeben soll. Dazu gehören aber folgende Stücke:

Es steht hier: HErr, zeige mir deine Wege, also weiß ich dieselben von mir selbst nicht. Darum gehört hierzu: die Erkenntnis der eigenen Blindheit und der Finsternis des Herzens, dass wir nicht wissen, wie wir es machen sollen, noch auch den Ausgang eines Dinges wissen können. Darum ermahnt auch König Salomo (Sprichw. 3,5.6): liebes Kind, verlass dich auf den HErrn von ganzem Herzen und verlass dich nicht auf deinen Verstand, sondern gedenke an ihn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen.

Ja den Worten: zeige mir, HErr! ist aber auch die göttliche Vorsehung über alle Menschen angedeutet. Darum gehört zu einem Leben, welches Gott allein regieren soll, auch die Erkenntnis der wunderbaren göttlichen Vorsehung, dass hier ein Mensch fein lerne, wie alle Dinge nach Gottes Rat und Willen geschehen und nicht nach Menschen Rat und Willen. Solches bezeugt auch Jeremias (10,23): HErr, ich weiß, dass des Menschen Tun steht nicht in seiner Gewalt, und steht in Niemandens Macht, wie er wandle oder seinen Gang richte; und abermals Salomo (Predig. 3,14): ich merke, dass alles, was Gott tut, das besteht immer; man kann nichts davon noch dazu tun; und solches tut Gott, dass man sich vor ihm fürchten soll.

Weil wir nun das wissen, nämlich unsere eigene Blindheit und Finsternis und dass alles nach Gottes Rat und Willen gehen muss, so will uns nichts anderes gebühren, denn dass wir beten, Gott wolle uns in allem unserem Tun seinen Willen und Rat offenbaren. Und das ist ein besonders nützlicher und nötiger Gebrauch des Gebets, dass wir in allem unserem Tun und lassen den gnädigen Willen und Heiligen Rat Gottes erforschen. Wie fleißig haben David und Salomo um solche Offenbarung des göttlichen Willens gebetet!

Zu einer göttlichen Regierung aber uns gehört ferner, dass uns Gott offenbare seine Wege und seine Steige, wie wir zu ihm kommen und er zu uns. Was ist nun der Weg Gottes, darauf er zu uns kommt? Es ist unser HErr JEsus Christus; in ihm und durch ihn ist Gott zu uns gekommen mit all seiner Liebe und Gnade, mit seinem ganzen Reich, seiner Kraft und Herrlichkeit. Und so kommt er noch immer durch sein Wort zu uns und macht Wohnung in uns. Und was ist der Weg, dadurch wir zu Gott kommen? Es ist auch unser HErr Christus, wie er spricht (Joh. 14,6): ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; Niemand kommt zum Vater denn durch mich. Der rechte Weg zum Vater ist der Glaube an unseren HErrn JEsum Christum, und der Steig, darauf wir wandeln sollen, ist die Nachfolge des heiligen Vorbilds Christi.

Weil wir aber weder den Weg des Glaubens, noch den Weg der Gottesfurcht von uns selbst, durch unser eigenes Vermögen wandeln können, wenn wir ihn gleich wissen, so gehört zu einem christlichen Leben Gottes Stärke und Kraft, dadurch wir bewahrt werden zur Seligkeit. Darum spricht hier der heilige David: HErr, leite mich in deiner Wahrheit, d. h. gib mir Geist und Kraft, nach dem neuen Menschen zu leben in Christo; denn Christus ist die Wahrheit, in dem wir leben sollen nach den Glauben und heiligen Wandel. Gott hat uns seine ewige Wahrheit, in welcher wir wandeln sollen, auf zweierlei Weise vorgestellt, in seinem Wort und in dem Beispiel unseres HErrn JEsu Christi; wer andere Wege sucht zur ewigen Weisheit und zur Seligkeit, der geht auf dem Weg der Lügen und in's Verderben. Denn außer Christo und seinem Wort ist keine Wahrheit. Die Lehre und Weisheit aber, die Gott in's Herz gibt durch seinen heiligen Geist, durch innerliches Licht und Eröffnung des Verständnisses, durch Trost und andächtige Bewegung des Herzens, ist so köstlich, dass ihr keine menschliche Weisheit gleichen mag. Darum bittet hier David um die himmlische Weisheit aus dem Mund Gottes, wenn er spricht: HErr, lehre mich.

Zur göttlichen Regierung eines Christenmenschen gehört weiter, dass er Gott alle Ehre gebe, die Ehre seiner Bekehrung, die Ehre seiner Seligkeit, die Ehre all seines Heils und seiner Wohlfahrt an Leib und Seele, Ehr und Gut, und erkenne, dass solches alles von Niemand anders herkomme, als allein von Gott; darum nennt hier der Psalmist Gott den Gott unseres Heils. Denn bei dem HErrn findet man Hilfe und Heil und deinen Segen über dein Volk (Ps. 3,9).

Nicht weniger aber ist auch Geduld und Beständigkeit erforderlich, wie hier steht: täglich harre ich dein. Ich will mich nicht allein auf dich verlassen, auf dich warten, auf dich hoffen und trauen, ich will mich auch deiner göttlichen Regierung allein überlassen und befehlen; und wenn ich dich angerufen habe, will ich gewiss hoffen, du werdest mir deinen göttlichen Rat und Willen offenbaren;, was ich tun soll. So müssen wir lernen mit unserem lieben Gott reden, er wird uns dann gewiss auf irgend eine Art antworten. Denn wer Gott zum Freund hat, dem offenbart er sich, wie der HErr spricht (Joh. 14,21): wer mich liebt, dem will ich mich offenbaren.

Zu einem Christenleben, das Gott regieren soll, gehört die tägliche Abbitte der Sünden: gedenke, HErr, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte, die von der Welt her gewesen ist; ad lieber Gott, ich bin's ja nicht wert, dass du mich also erhältst, regierst, leitest und führst; aber ich will dich erinnern an deine Barmherzigkeit, die von der Welt her gewesen ist über alle, die dir vertrauten, ja auch über alle Sünder, die nach deiner Gnade begehrten. Siehe nicht darauf, was ich wert bin, sondern sieh auf deine Barmherzigkeit; es ist dir viel rühmlicher, dass du mir meine Sünde vergibst, denn dass du mich verdammst. Hier haben wir den schönen Trost, dass Gottes Barmherzigkeit viel größer ist als unsere Sünde, so dass Gott aus lauter, ewiger unendlicher Liebe nicht mehr an unsere Sünden gedenken will, denn sie sind ja alle überflüssig durch Christum bezahlt. Hat er uns doch schon in Christo geliebt, ehe denn der Welt Grund gelegt war, und hat allen seinen Kindern von der Welt her solche Barmherzigkeit erzeigt. Wollen wir aber von Herzen Buße tun, so sollen wir unser ganzes Leben von Jugend auf ansehen und unserem lieben Gott bekennen, darüber Leid tragen und Gott abbitten. Denn die Jugend ist gar stolz, aufgeblasen, erkennt ihre verderbte Natur noch nicht recht und kann sie nicht zwingen, weiß auch von keiner Kreuzigung des Fleisches noch von der neuen Geburt. Werden wir nun dieses vergessen, so wird Gott dessen gedenken; gedenken aber wir oft daran vor Gott mit Reue und Leid, so vergisst es Gott und spricht: du hast mir die Sünden deiner Jugend und deines ganzen Lebens so oft abgebeten, so sei nun zufrieden, sie sollen vergeben und vergessen sein.

Gedenke aber meiner nach deiner Barmherzigkeit um deiner Güte willen. Gleichwie wir nur in Christo an Gott gedenken sollen, so sieht auch Gott uns in Christo, seinem lieben Sohn, gedenkt unser nach seiner Barmherzigkeit und nicht nach unseren Sünden, in Gnaden in seinem lieben Sohn, nicht im Zorn außer Christo. Und das tut er um seiner Güte willen, seiner Liebe und Gnade willen; denn das ist seine Natur und Wesen, das kann er nicht ändern gegen alle die, so in Christo Jesu sind durch den Glauben. Denn er hat uns geliebt in dem Geliebten. Amen.

Gebet.

Allmächtiger, ewiger und gerechter Gott, Vater unseres HErrn Jesu Christ, ich bitte dich, du wollest mir um Christi willen alle meine Sünde vergeben, dass ich nicht zu Schanden werde, und dass sich meine Feinde, Teufel, Welt und Tod nicht über mich freuen. Ach HErr, sei mir gnädig; gedenke nicht der Sünden meiner Jugend und meiner Übertretungen, welche groß, schwer und unzählig sind, gedenke aber mein nach deiner großen Barmherzigkeit um deiner Güte willen. Hilf mir von aller Anfechtung, Angst und Traurigkeit, tröste mich mit deinem Wort, erquicke mein Herz mit deinem heiligen Geist. Um deines Namens willen, HErr, sei gnädig meiner Missetat, die da groß ist; du bist ja gut und fromm, barmherzig und gnädig. Darum sei auch mir gnädig, wie du verheißen hast, und siehe an meinen Jammer und mein Elend, und vergib mir alle meine Sünde. Nach dir, HErr, verlangt mich; mein Gott, ich hoffe auf dich; täglich harre ich dein. Ich traue auf dich; zeige mir deine Wege und lehre mich deine Steige, leite mich in deiner Wahrheit, errette mich und führe mich aus allen meinen Nöten und sei eingedenk deiner Barmherzigkeit und deiner Güte, die von der Welt her gewesen ist; so will ich dir in Ewigkeit danken und deine Güte und Wahrheit rühmen, loben und preisen und von dir singen und sagen von nun an bis in alle Ewigkeit. Amen.

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