Arndt, Johann - Erbauliche Psalter-Erklärung - Psalm 22, Vers 23-32.

Arndt, Johann - Erbauliche Psalter-Erklärung - Psalm 22, Vers 23-32.

Hebräer 3, 10 ff. lesen wir: es ziemte dem, um des willen alle Dinge sind, und durch den alle Dinge sind, der da viel Kinder hat zur Herrlichkeit geführt, dass er den Herzog ihrer Seligkeit durch Leiden vollkommen machte. Sintemal sie alle von einem kommen, beide, der da heiligt, und die da geheiligt werden. Darum schämt er sich auch nicht, sie Brüder zu heißen, und spricht, ich will deinen Namen verkündigen meinen Brüdern und mitten in der Gemeinde dir lobsingen. Und abermals, siehe da, ich und die Kinder, welche mir Gott gegeben hat. In diesem schönen Spruch zieht der heilige Geist das herrliche Zeugnis an aus dem 22. Psalm, darin uns der HErr Christus seine Brüder nennt, und aus dem Propheten Jesaias (8,18), da uns der heilige Geist des HErrn Christi Kinder heißt. Der HErr nennt uns seine Brüder und seine Kinder, die er sauer erworben und sie durch sein Kreuz, Leiden und Tod mit geboren bat. Denn Christus ist unser Bruder wegen seiner menschlichen Natur und unser Vater wegen der neuen Geburt. Und das ist die Frucht und die Kraft seines heiligen Leidens und Sterbens und fröhlichen Auferstehens. Davon redet dieser dritte Teil unseres Psalms und zählt fünferlei Früchte der Auferstehung des HErrn auf.

Die erste Frucht ist die Brüderschaft Christi und die Versöhnung mit Gott:

V. 23. Ich will deinen Namen predigen meinen Brüdern, ich will dich in der Gemeine rühmen. Dass uns der HErr seine Brüder nennt, ist eine große Ehre und ein großer Trost und ein herrliches Zeugnis seiner Auferstehung. Darum soll er nach seinem Tod predigen, so muss er wieder auferstehen und alsdann sein Lehramt erst recht anfangen als unser ewiger Hohepriester. Das hat auch der HErr alsbald erfüllt, da er zu Maria Magdalena sprach: gehe hin und sage meinen Brüdern, ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott (Joh. 20,17). Wir müssen aber wohl beachten, warum der HErr seine Jünger nach seiner Auferstehung seine Brüder nennt und ihnen diesen Namen gibt; denn wir finden sonst nirgends, dass der HErr zuvor jemals seine Jünger Brüder genannt hätte. Er tut es darum, dass wir glauben und wissen sollen, es sei diese Bruderschaft eine Frucht und Kraft seiner fröhlichen Auferstehung. Er ist nicht allein durch seine Menschwerdung unser Bruder geworden, indem er unser Fleisch und Blut an sich genommen, sondern vielmehr durch seine Auferstehung, weil er seine menschliche Natur aus dem Tod gerissen, und eben den Leib, welcher wahrhaft tot war, wieder lebendig gemacht hat und ewig behält. Er ist nicht allein unser Bruder gewesen in seiner Niedrigkeit, in seinem Kreuz und Elend, sondern er bleibt unser Bruder auch in der Herrlichkeit und schämt sich unser nicht.

Die andere Frucht der fröhlichen Auferstehung des HErrn ist Gottes Lob und Preis und Danksagung der ganzen Christenheit: ich will dich in der Gemeine rühmen.

V. 24. Rühmt den HErrn, die ihr ihn fürchtet; ich werde nicht sterben, sondern leben und des HErrn Werk verkündigen (Ps. 118,17). Da steht Furcht und Lob Gottes bei einander. Es ehre ihn aller Same Jakob, und vor ihm scheue sich aller Same Israel. Der Kinder Gottes Eigenschaft ist Gott fürchten, ehren und loben. Man lobt aber Gott nicht allein mit dem Mund, sondern mit heiligem Leben. Du sollst Gott nicht allein mit der Zunge loben, sondern den Psalter der guten Werke dazu nehmen. Denn in dem Mund des Sünders ist kein sonderliches Lob. Gott sieht mehr auf dein leben, als auf dein Getön. Die Ohren Gottes stehen offen nicht dem Mund, sondern dem Herzen, nicht der Zunge des Lobenden, sondern seinem Leben (Augustinus). Hier werden wir ermahnt, Gott auch recht zu danken für seine höchste Wohltat. Eine große Wohltat ist es, dass uns Gott zu vernünftigen Menschen nach seinem Bild erschaffen hat, noch größer ist die Wohltat der Erlösung, dass Gott seines einigen Sohnes nicht verschont, sondern ihn für uns Alle dahingegeben hat; wie sollte er uns mit ihm nicht Alles schenken? Die größte Wohltat ist, dass er uns um Christi willen alle unsere Sünden täglich vergibt und so große Geduld mit uns hat, lässt uns in keiner Not und Anfechtung stecken, sondern tröstet uns täglich mit dem Leiden Christi. Die allerreichste Wohltat Gottes aber ist, dass er uns in Christo und durch seine Auferstehung am jüngsten Tage auferwecken, in die ewige Freude aufnehmen und aller himmlischen Güter und Herrlichkeit wird teilhaftig machen. Das sind Früchte der Erlösung und Auferstehung Christi, das sollen wir bedenken und in der großen Gemeine Gott dafür danken.

Die dritte Frucht der Auferstehung des HErrn ist Gottes Erbarmung und gnädige Erhörung.

V. 25. Denn er hat nicht verachtet noch verschmäht das Elend des Armen und sein Antlitz nicht vor ihm verborgen, und da er zu ihm schrie, hörte er es. Das ist unser höchster Trost in unserm großen Elend; denn damit will uns der HErr zum Überfluss vorstellen sein Elend, dass er ausgestanden, auf dass wir, wenn wir seinem Bild auch ähnlich werden, im Kreuz nicht verzagen, sondern an Christi Beispiel denken. Denn wie Christus, unser HErr, ob er wohl der Allerverachtetste war unter allen Menschenkindern, dennoch von Gott nicht verachtet wurde, und ob er gleich der Allerelendeste unter allen Menschen war, dennoch Gott sein Elend angesehen hat, und ob er wohl von Jedermann verschmäht war, so dass man das Angesicht vor ihm verbarg, doch Gott es nicht vor ihm verborgen hat, und ob ihn gleich kein Mensch in seinem großen Geschrei erhört hat, ihn doch Gott erhörte - so wirkt das große Elend Christi diese Frucht, dass sich Gott aller Elenden erbarmt. Ja die Auferstehung Christi wirkt, dass unser Gebet erhört wird; denn unser Hohepriester lebt immerdar und bittet für uns.

Die vierte Frucht der Auferstehung des HErrn ist das Brot des Lebens.

V. 26.27. Dich will ich preisen in der großen Gemeine; ich will meine Gelübde bezahlen vor denen, die ihn fürchten. Die Elenden sollen essen, dass sie satt werden; und die nach dem HErrn fragen, werden ihn preisen; euer Herz soll ewiglich leben. Ein Lob- und Dankopfer hat der Messias Gott gelobt und bezahlt. Denn erstlich hat Christus seinem himmlischen Vater dieses Gelübde getan, dass er seinen Namen wolle predigen seinen Brüdern, er wolle die Liebe, Gnade und Barmherzigkeit Gottes durch das Evangelium in der ganzen Welt ausbreiten, auf dass Gott recht erkannt, geehrt und gelobt werde in der ganzen Welt in Ewigkeit. Danach war auch das Christi Gelübde, dass er in sein Leiden und seinen Tod gerne gewilligt und seinem himmlischen Vater zugesagt und gelobt hatte, sich selbst am Kreuz aufzuopfern, und dieses sein Gelübde habe er nun bezahlt williglich. Aus diesem Gelübde des Sohnes Gottes erkennen wir seinen vollkommenen Gehorsam gegen seinen Vater und seine vollkommene Liebe gegen uns, dass er sich williglich für uns dahingegeben, auf dass wir durch ihn leben und selig werden möchten. Darum spricht er: die Elenden sollen essen, dass sie satt werden, euer Herz soll ewiglich leben. Da macht er nun sein heiliges Opfer zu unserer Speise und reicht es uns dar im heiligen Sakrament; und das ist das rechte Himmelsbrot, davon man ewig lebt und nicht stirbt. Darum vergleicht der HErr oft seine hohen Wohltaten einem großen Abendmahl oder einer Hochzeit, dazu er das menschliche Geschlecht geladen hat, und will, dass alle Menschen seine Wohltaten genießen und ihrer teilhaftig werden sollen.

V. 28. Es werde gedacht aller Welt Ende, dass sie sich zum HErrn bekehren, und vor ihm anbeten alle Geschlechter der Heiden. Mit diesen Worten erinnert uns der Psalm an den Gnadenbund des allmächtigen Gottes, den er mit den Vätern gemacht, dass in dem Samen Abrahams sollen gesegnet werden alle Völker auf Erden, da Gott sprach: siehe auf gen Himmel und zähle die Sterne; kannst du sie zählen? Also soll dein Same werden (1 Mos. 15,5). An diesen Bund hat Gott gedacht, wie er denn ewiglich an seinen Bund gedenkt, und dadurch gibt uns Gott auch zu bedenken, dass wir es zu Herzen nehmen sollen, wie er uns in seinen ewigen Gnadenbund mit eingeschlossen hat. Denn auch mit den Heiden hat Gott einen Gnadenbund gemacht und befohlen, dass seine Apostel allen Heiden predigen sollen. Denn er spricht (Jes. 49,6): ich habe dich zum Licht der Heiden gesetzt, dass du mein Heil seist bis ans Ende der Welt.

Wenn nun das auf Gottes Seite gewiss ist, dass er an uns gedenkt, was sollen wir denn tun? dass wir uns zu ihm bekehren, und vor ihm anbeten alle Geschlechter der Heiden. Die Bekehrung und Anrufung fordert der HErr von uns; das soll eine Frucht sein des Todes und der Auferstehung des HErrn. Die Bekehrung der Menschen ist ein Werk Gottes, welches er wirkt in unseren Herzen durch das Wort und den heiligen Geist, dadurch der Mensch wahre Reue über die Sünde bekommt und wahren Glauben an die Barmherzigkeit Gottes. Durch die Reue erstirbt das Fleisch und die Welt im Menschen, durch den Glauben lebt Gott und Christus in uns, und der Bekehrung Frucht ist die Anrufung Gottes.

Das Andere aber, was zum Beruf der Heiden gehört, ist Christi Reich und Herrschaft, das liebliche und holdselige Gnadenreich.

V. 29. Denn der HErr hat ein Reich, und er herrscht unter den Heiden. Was der HErr für ein Reich habe, das erklärt er selbst: mein Reich ist nicht von dieser Welt (Joh. 18,36); es ist nicht sichtbar oder äußerlich, sondern das Reich Gottes ist inwendig in euch, es ist Gerechtigkeit, Friede und Freude im heiligen Geist. Er regiert in unseren Herzen, da will er allein König und Herrscher sein. Die Wohltaten seines Reiches sind Gnade, Vergebung der Sünden, Trost des heiligen Geistes, Sieg über Sünde, Tod, Teufel und Hölle, Ruhe des Gewissens, Gerechtigkeit und ewiges Leben. Das kann kein weltliches Reich oder irdischer König geben.

Es gehört weiter zum göttlichen Beruf, dass Gott, der HErr, keinen unter allen Menschen verschmähen will, und werden hier dreierlei Leute genannt:

V. 30. Alle Fetten auf Erden werden essen und anbeten; vor ihm werden Kniee beugen alle, die im Staube liegen, und die, so kümmerlich leben. Alle Fetten auf Erden werden essen und anbeten, d. h. die reichen, herrlichen, gewaltigen und großen Häupter der Welt. Denn großer Reichtum, Ehre, Gewalt und Herrlichkeit helfen nichts zur Seligkeit; es muss ein anderer Reichtum, eine andere Speise sein, so die Seele sättigt. Der Welt- und Geldhunger muss ausgezogen werden, und alle reichen Leute, die da wollen selig werden, müssen erst geistlich arm werden, an allem ihrem Vermögen und Reichtum verzagen und hungrig und durstig werden nach Gottes Gnade. Sonst heißt es: die Hungrigen füllt er mit Gütern und lässt die Reichen leer (Luk. 1,53).

Die Andern aber, welche auch zum göttlichen Beruf gehören, sind die, so im Staub liegen, das sind die armen, geringen und unansehnlichen Leute, wie solches der 113. Psalm (V. 7) bezeugt, dass Gott den Geringen aufrichtet aus dem Staube und erhöht den Armen aus dem Kot. Das ist nun ein herrlicher Trost für alle armen verachteten Leute, dass Gottes Beruf sie auch angeht, und vor Gott kein Ansehen der Person gilt. Denn es ist hier kein Unterschied, es ist allzumal ein HErr, reich von Barmherzigkeit über alle, die seinen Namen anrufen. Die im Staub liegen, sind aber auch die, so wahre Buße tun in herzlicher Reue und Leid und sich vor Gottes Zorn fürchten und demütigen, auch Gott in Christo vertrauen.

Die dritten sind die, welche kümmerlich leben, das sind die Traurigen, Betrübten, Trostlosen, die immer in Furcht und Bekümmernis sind und ihres Lebens nicht froh werden; die hat Gott auch berufen. Denn selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden; ich sehe an den Elenden und, der zerbrochenen Geistes ist, und der sich fürchtet vor meinem Wort. Der HErr wendet sich zum Gebet der Verlassenen und verschmäht ihr Gebet nicht (Matth. 5,4. Jes. 66,2. Ps. 102,18).

V. 31. Er wird einen Samen haben, der ihm dient; vom HErrn wird man verkündigen zu Kindeskind. Daher wird der HErr Christus ewiger Vater genannt, dass er seine gläubigen Kinder zeugt nach seinem Willen durch das Wort der Wahrheit, auf dass wir würden Erstlinge seiner Kreaturen (Jes. 9,6. Jak. 1,18). Alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt. Und das ist aller frommen Eltern Trost, dass auch auf ihre Nachkommen das Reich Christi soll fortgepflanzt werden. Es beschreibt aber der Prophet den gläubigen Samen als einen solchen, der ihm dient, und ermahnt (Ps. 2,11): dienet ihm mit Furcht und freut euch mit Zittern. Obwohl die Welt voll Bosheit ist, dennoch ist ein heiliger Samen darin, der Gott dient. Und wenn wir den innerlichen Gottesdienst könnten mit leiblichen Augen sehen, würden wir sagen: es ist ein schöner Gottesdienst. Sie werden vom HErrn verkündigen; sie werden den Glauben an Christum bewahren in ihrem Herzen, ihn verkündigen und fortpflanzen bis ans Ende der Welt; das wird Niemand wehren können. Ja

V. 32. Sie werden kommen und seine Gerechtigkeit predigen dem Volk, das geboren wird, dass er's tut. Den neugeborenen Kindern Gottes wird man predigen von Christi Gerechtigkeit. Zum Reiche Gottes hilft keine fleischliche Geburt, sie sei so hoch vor der Welt, als sie wolle. Wollen wir in's Reich Gottes kommen, so müssen wir aus Gott geboren werden durch das Wort, den Glauben und das Sakrament. Sie werden seine Gerechtigkeit predigen, nicht ihre Gerechtigkeit; das bestätigt Jesaja mit den Worten (53,11): durch seine Erkenntnis wird mein Knecht, der Gerechte, viele gerecht machen, denn er trägt ihre Sünden. Das wird man verkündigen, denen, die noch sollen geboren werden, beide leiblich durch die fleischliche und geistlich durch die Wiedergeburt; nämlich das wird verkündigt, dass er's tut, dass der HErr uns gerecht macht. Wer will nun die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hie, der gerecht macht. Wer will verdammen? Christus ist hie, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferwecket ist, welcher ist zur Rechten Gottes und vertritt uns. Amen.

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