Wünsche, Ernst Levin - Bibelstunden – 5 - 10. Die Schöpfung.
Die bisherigen vier einleitenden Betrachtungen über die Heilige Schrift waren notwendig, um von vorneherein alles das zu beseitigen, was bei der Auslegung und Anwendung der Bibel so leicht im Wege liegt. Nach diesen Einleitungen können die Zuhörer ungefähr wissen, was sie zu erwarten haben. Jesus Christus und Sein Werk ist uns Mittelpunkt der ganzen Bibel. Überall finden wir Wegweiser zu Ihm und Seinem Werke. Es wird daher Zweck dieser Bibelstunden sein, nicht sowohl schnell vorwärts zu kommen, als vielmehr das Wenige, was jedes Mal durchgegangen wird, gründlich zu erklären und in obiger Weise zu betrachten; auch nicht etwa eigene Ideen und Ansichten geltend zu machen, sondern vielmehr immer die Wahrheit zu finden, welche der Geist Gottes selbst hineingelegt, und welche Er uns durch den Zusammenhang des Einzelnen mit dem Ganzen zeigt. Denn das ist immer festzuhalten: Es gibt in der Heiligen Schrift nichts Einzelstehendes für sich, sondern Alles hängt zusammen und hat Bezug auf das Ganze, auf den Einen großen Mittelpunkt, Jesum Christum. Es ist gegen allen Sinn und Verstand, Einzelnes aus dem Zusammenhang herauszureißen. Von der Heiligen Schrift gilt auch, dass alle einzelnen Teile Handreichung tun zum Ausbau des Ganzen, zur Erklärung und Verständigung des Ganzen. Nur so kann uns die Schrift ein heiliger Tempel sein, in welchem kein Stein umsonst ist, dessen Hallen mit ihren verschiedenen Lichtern von der Einen Quelle des Lichts beleuchtet werden und uns hinführen zu derselben. Betreten wir diesen Tempel mit Ehrfurcht und Andacht. In ihm lernen wir die ewige, göttliche Weisheit in ihren Tiefen.
Gott ist von Ewigkeit her, also für uns an Zeit und Raum gebundene Geschöpfe unerforschlich. Mit dem Beweis des Daseins Gottes befasst sich daher die Schrift gar nicht; sie offenbart uns diesen Gott nach Seinem Wesen und Wirken, und wir, als Geschöpfe, haben dies zu glauben. Sie sagt uns noch mehr. Sie lässt uns schauen in die Ewigkeit, und was Gott in derselben tut. Niemand hat Gott je gesehen; Niemand kann Ihn sehen. Aber der in der Fülle der Zeit menschgewordene Sohn Gottes, der in des Vaters Schoß ist, der weiß, wer der Vater ist, und Er offenbart es uns. Von Ihm lernen wir, dass Er beim Vater ist, ehe die Welt ist, dass der Vater Ihn liebt, ehe denn die Welt gegründet wird. Durch Seinen Geist lehren uns Seine Apostel, dass der Vater die Gläubigen in und durch Jesum Christum erwählet hat, ehe der Welt Grund gelegt war, dass Er sie berufen und selig gemacht hat nach Seiner Gnade in Christo Jesu, vor der Zeit der Welt. Was tut also Gott in der Ewigkeit, ehe Zeit und Raum da ist? Er liebt Seinen Sohn, und in Ihm alle die, welche an Ihn glauben. In dieser Liebe fasst Vater, Sohn und Geist den Entschluss zur Gründung eines Gottesreiches, welches in der Zeit und in dem Raume, also in der Sichtbarkeit, Schauplatz Seiner Liebe werden, und durch diese Liebe der Unsichtbarkeit, der Ewigkeit entgegengeführt werden soll. Die Entstehung dieses Schauplatzes, die Schöpfung der Erde, ist also das Erste, was uns die Heilige Schrift mitteilt. Erst müssen wir diesen Schauplatz kennen lernen, ehe wir die Entwicklung des Gottesreiches, auf demselben verstehen können. Hier erkennen wir sogleich, dass die Schöpfungsgeschichte ganz unzertrennlich von der Erlösungsgeschichte, dass die Geschichte des Erdreichs ganz unzertrennlich von der Geschichte des Himmelreichs ist. Ja, die Schöpfung ist der Anfang der Offenbarung des göttlichen Ratschlusses. Gott muss die Erde schaffen; Seine Liebe zwingt Ihn dazu. In der Schöpfung waltet dasselbe Muss der göttlichen Liebe, wie in der Erlösung.
Wir haben die älteste Schöpfungsgeschichte vor uns, wie es alle gelehrten Forschungen immer mehr beweisen. Sie ist vom Geiste Gottes dem Moses offenbart, und darum so einfach, so kindlich, so wahr und klar, mit kurzen Umrissen das große Werk der Schöpfung in seiner ganzen Herrlichkeit vor unsern Augen entfaltend, durchweht von dem heiligenden, Friede und Freude bringenden Atem Gottes. Hören wir sie mit gläubigen, andächtigen Herzen.
1 Mose 1, 1. Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.
Der Rat der heiligen Wächter schreitet zur Ausführung Seines Entschlusses. Die Zeit tritt in die Ewigkeit, der Raum in die Unendlichkeit. Zeit und Raum nehmen ihren Anfang. Gott schafft Himmel und Erde. Er, der dreieinige Gott Vater, Sohn und Geist, der Ewige und Unendliche, offenbart Sein unsichtbares Wesen, Seine ewige Kraft und Gottheit. Der Vater spricht das Wort, durch welches Alles gemacht ist, was gemacht ist. Sein Geist bringt Leben in das Nichts, denn Alles, was man sieht, ist aus Nichts geworden. Das aber merkt freilich nur der Glaube, dass Gott das Tote lebendig macht, dass Er dem ruft, das nicht ist, dass es sei. Gott schafft Himmel und Erde. Das sind zwei verschiedene Dinge. Himmel ist die Höhe. Erde ist das Niedere. Der Himmel in seiner Reinheit und Herrlichkeit erinnert uns an die unsichtbare, geistige, himmlische Welt, lässt uns ahnen das Reich der Vollkommenheit, des ewigen Friedens, der ungetrübten Klarheit und Wahrheit. Die Erde in ihrer Sichtbarkeit und Vergänglichkeit mahnt uns an die Entwicklung des natürlichen, irdischen, unvollkommenen Lebens auf das geistige, himmlische, vollkommene Leben zu. Himmel und Erde sind verschieden, voneinander getrennt, und zugleich stehen sie in naher Beziehung zu einander, denn wie das sichtbare Himmelsgewölbe ganz natürlich durch die Luft sich bildet und in die Unendlichkeit sich ausdehnt, daher die Bibel schon redet von aller Himmel Himmel, so strebt alles Geschaffene nach Oben hin, auf den Himmel zu, in die Unendlichkeit, und drückt eben dadurch seine Sehnsucht aus nach der vollkommenen Reinheit, Klarheit und Wahrheit. Und die Bibel ist uns für diese Erde gegeben, um uns den Grund dieser Sehnsucht, das Ziel derselben, die Stillung derselben zu zeigen. - Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde! Dies die Eingangsworte, welche kurz und bündig alle anderen, von Menschen ersonnenen Schöpfungsgeschichten zu Boden schlagen. Die Heiden, welche Gottes Wort nicht haben, verwandeln Gottes unsichtbares Wesen und ewige Kraft in Bilder. Sie machen sich Götter, die in der Natur stehen, selbst einer geheimnisvollen Kraft, dem Schicksal, dem Fatum unterworfen sind. Diese Götter bilden die formlose Masse, oder sie selbst gehen mit der Natur hervor aus dem großen Weltei. Bei ihnen ist Gott und Natur Eins. Sie und mit ihnen alle Gottesleugner, alle Bibelleugner, setzen das Geschöpf als Schöpfer hin, machen sich selbst zu Gott. Mit der Bibel in der Hand wird uns die Torheit, der Unverstand, der Widerspruch, der Unsinn aller solcher Lehren klar. Nein! wir haben einen Gott, der von Ewigkeit zu Ewigkeit lebt, der als Vater durch den Sohn Alles schafft und erhält und erlöst und durch den Geist Alles erleuchtet und belebt.
1 Mose 1, 2: Und die Erde war wüste und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser.
Zur Erde wendet sich die heilige Geschichte. Von der Schöpfung des Himmels mit seinem Heer und all seinen Bewohnern sagt uns die Heilige Schrift nichts Näheres. Davon redet sie nur, insoweit der Himmel und die Engel Bezug haben auf die Erde. Die Himmel erzählen der Erde die Ehre Gottes! Die Himmel verkündigen der Erde Seine Gerechtigkeit! Darum ruft der Gläubige aus: „Wenn ich die Himmel sehe, Deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die Du bereitest, was ist der Mensch, dass Du seiner gedenkst, und das Menschenkind, dass Du Dich seiner annimmst!“ Sie alle sind von seligen Geistern bewohnt, deren ganzes Leben ein Lieben, Loben und Danken Gottes ist. Und die Engel, die in Gottes Nähe Tag und Nacht stehen, sind Seine Boten, die mit Windesschnelligkeit und Feuersunwiderstehlichkeit im Dienst der Seligkeitserben stehen. Sie Alle, jene seligen Geister, diese Engelscharen, sind Zeugen der Erdenschöpfung. Hiob lesen wir: Als der Herr die Erde gründete, lobten Ihn die Morgensterne mit Einander und alle Kinder Gottes jauchzten, eben weil Gott einen Schauplatz Seiner Liebe schafft, wie noch Keiner da war. Was uns also in Heiliger Schrift von Sonne, Mond und Sternen und Engeln gesagt wird, ist uns nur vom Standpunkt der Erde aus verständlich. Die Bibel ist nur für die Erde geschrieben. Sie ist eine Entäußerung, eine Erniedrigung, eine Menschwerdung des Heiligen Geistes, der sich menschlicher Rede, menschlicher Begriffe, des menschlichen Standpunkts bedient, um uns Gottes Wesen und Willen zu offenbaren. Darum braucht sie uns auch Nichts vom Himmel, von seinem Heer, von seinen Bewohnern zu sagen. Darum wendet sie sich auch schon im zweiten Vers zur Erde. Die Erde war wüste, leer, finster auf der Tiefe, das heißt: Sie war ohne Gestalt, ohne Festigkeit, ohne Licht, ohne Leben, eine finstere, unförmige Masse. Wie kann aber aus Gottes heiliger Hand etwas Wüstes, Leeres, Finsteres hervorgehen? Diese Frage ist zweifach beantwortet worden. Wir vereinigen beide Antworten, denn Beide lassen sich in Heiliger Schrift begründen, ohne ihrer Wahrheit oder dem seligmachenden Glauben an Jesum Christum Abbruch zu tun. Die Erde geht rein und vollkommen aus der Hand des Schöpfers hervor, aber alsbald scharen sich die Engel, die von Gott abgefallen sind und ihre Fürstentümer verloren haben, zusammen und machen die Erde, die ein Schauplatz der göttlichen Liebe werden soll, zum Schauplatz ihrer Taten und eben dadurch wüste, leer, finster. Sie vereiteln also den Plan Gottes. Sie zerstören Seine erste Schöpfung. Gott wird nun genötigt, die Schöpfung der Erde sich allmählich entwickeln zu lassen, indem Er auf jeder Stufe der Entwicklung gegen diese finstern Mächte zu kämpfen und sie zu besiegen hat. Man stoße sich nicht daran, dass Gottes Plan vereitelt, aufgehalten, dass Gott selbst genötigt werden kann. Es ist Beides ganz biblisch. Beides beweist die Geschichte des Gottesreichs. Beides beweist die eigne Erfahrung. Der erste Adam vereitelt Gottes Plan durch seinen Sündenfall und nötigt Gott dadurch zu einem andern Plan im zweiten Adam. Die erstgeborenen Söhne der Patriarchen werden verworfen und Gott muss die Zweiten erwählen. Die ersten Tafeln des Gesetzes werden zerbrochen, die Zweiten bleiben. Die erste Ankunft Christi im Fleisch wird von Wenigen geglaubt. Erst bei Seiner zweiten Ankunft werden sich Ihm alle Knie beugen.
Hier ein Grund der allmählichen Entwicklung des Gottesreiches hier auf Erden und in dem eigenen Herzen. Die Mächte der Finsternis, der Gott dieser Welt, die bösen Geister unter dem Himmel sind überall zu bekämpfen, bei der Schöpfung, bei der Erlösung, bei der Ausbreitung des Evangeliums, bei der Beseligung des eigenen Herzens. Die Verheißung des Erlösers wird erst ganz allgemein hingestellt und gewinnt nach und nach immer festere Gestalt, bis sie nach 4000 Jahren in voller Klarheit erscheint. Das Leben des Gottmenschen fängt in einer Krippe an und endigt mit der Himmelfahrt. Das Reich Gottes ist erst ein Senfkorn, ehe es ein Baum wird zum Nisten für alle Vögel des Himmels. Blicke doch in Dein eignes Herz und Leben. Gott will Dich mit Banden der Liebe zur Buße treiben. Du aber nötigst Gott, Seinen Ernst zu gebrauchen. Alles Bestätigung dessen, was schon in der Einleitung gesagt ist von der Unwandelbarkeit Gottes und der Wandelbarkeit des Menschen, von dem ewigen Ratschluss der freien Gnade Gottes und dem freien Willen des Menschen.
Die Erde ist also durch die gefallenen Engel, durch die Mächte der Finsternis eine wüste, leere, finstere, formlose Masse geworden. Nun hat aber Gott die Erde nicht gemacht, dass sie leer sei, sondern Er hat sie zubereitet, dass man darauf wohnen soll, denn Er ist ein Gott der Lebendigen, Er hat Lust zum Leben. Darum heißt es weiter: Und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser!
Dis das Geschäft des Heiligen Geistes bei der Schöpfung. Wie ein Adler über seinem Nest, wie eine Henne über den Eiern brütet, so schwebt der Geist Gottes auf dem Wasser, über dem licht- und formlosen Chaos, um den Lebenskeim in diese tote Masse zu bringen. Geist, eigentlich Wehen der Luft, Hauch des Mundes, die Seele, das Lebendige im Körper. Dieser Geist Gottes ist also die Seele Gottes, der Lebensatem Gottes, der über das Chaos weht, um Leben in diese Masse zu bringen, dass sie Pflanzen und Tiere hervorbringen kann. So lange dieser Odem Gottes durch die Schöpfung weht, ist und bleibt Leben, Bewegung und Ordnung da, mag auch die Sonne stille stehen und sich verfinstern. Wird dieser Odem hinweggenommen, so hört Leben, Bewegung, Ordnung auf. Dieser Lebensatem Gottes umgibt uns überall. Ja, Er will, Er soll auch in uns wehen. Darum wurde der Sohn Gottes Mensch, um unsern wüsten, leeren, finstern, toten Herzen durch Seinen Geist Licht, Leben, Bewegung, Ordnung zu geben. Wo dieser göttliche Lebensatem nicht weht, da ist kein Licht und Leben, kein Glaube an den Gott, der unser Schöpfer und unser Heiland ist, keine Liebe, die Seinen heiligen Willen tut, keine Hoffnung des ewigen, unvergänglichen Erbes, das uns bereitet ist im Himmel.
6. Der erste und der zweite Tag.
Die Ursache zur Schöpfung der Erde liegt in der Ewigkeit. Gott liebt Seinen Sohn in der Ewigkeit. Darum schafft Er die Erde zum Schauplatz dieser Liebe durch Seinen Sohn. Der Glaube an diesen Schöpfer und Heiland hat weltüberwindende Kraft. Nur dieser Glaube, auf das Wort Gottes gegründet, kann die feindlichen Mächte der Finsternis überwinden, welche, wie sie die erste Schöpfung Gottes verunreinigen, so auch die durch Jesum Christum geschehene Erlösung unnütz machen wollen. Dies ist ein Kampf, der sich von Jahrhundert zu Jahrhundert immer mehr steigert, bis er seinen Endpunkt erreicht, „wenn die Reiche der Welt Gottes und Seines Christus geworden sind und Er regieren wird von Ewigkeit zu Ewigkeit.“ So lehren uns die zwei ersten Verse der Heiligen Schrift den Zusammenhang und das innere Wesen des Reiches der Natur und des Reiches der Gnade, so wie die Ursache des großen Kampfes, den wir in den beiden Reichen fortwährend beobachten können, aus welchem Kampf das Reich der Herrlichkeit hervorgehen wird, da die ganze Natur „frei sein wird vom Dienste des vergänglichen Wesens in die herrliche Freiheit der Kinder Gottes, wenn Alles und in Allen Christus sein wird.“ Noch stehen wir am Anfang dieses Kampfes. Die Erde geht rein aus der Hand des Schöpfers hervor. Die Mächte der Finsternis verwandeln sie in ein wüstes, leeres, finsteres Chaos. Schon aber weht der Geist Gottes darüber hin, um mit Seiner Schöpferkraft diesem Chaos Leben und Ordnung zu geben. Sein Walten können die Mächte der Finsternis nicht hindern.
1 Mos. 1, 3-5: Der erste Tag.
Und Gott sprach:
Zum ersten Mal in Heiliger Schrift begegnen wir hier diesem Ausdruck. Wir wissen schon, sie bedient sich menschlicher Begriffe und menschlicher Ausdrucksweisen. Die Sprache ist die Offenbarung des Gedankens, des Willens. Zum Sprechen ist Kraft und Odem notwendig. Die menschliche Sprache ist ein vergänglicher Schall, der sich nur mit etwas Gegebenen beschäftigen kann. Gottes Sprache dagegen ist Wesen, Tat. Die Kraft, die Er zu dieser Sprache gebraucht, ist der Sohn, „das Wort, durch welches alle Dinge gemacht sind und ohne welches Nichts gemacht ist, was gemacht ist.“ Der Odem, den Er zu dieser Seiner Offenbarung gebraucht, ist der Geist, „denn durch den Geist Seines Mundes hat Er Alles gemacht.“ Gott sprach ist also eine Offenbarung der Dreieinigkeit, denn Vater, Sohn und Geist sind Eins, wie der Mensch Eins ist mit Kraft und Odem seiner Sprache. Die ganze Schöpfung ist ein Wort Gottes, Offenbarung Seines Wesens und Willens, Seiner ewigen Kraft und Gottheit. Dieselbe Offenbarung sehen wir in der Erlösung. Der Vater sendet den Sohn, offenbaret sich durch den Sohn. Der Sohn sendet den Geist, der vom Vater ausgeht, ohne welchen Niemand Jesum einen Herrn nennen kann. Was ist nun die erste Offenbarung des göttlichen Wesens und Willens?
Es werde Licht. Und es ward Licht.
Der Vater des Lichts, dessen Kleid Licht ist, lässt einen Strahl Seines unnahbaren Lichtes in die Finsternis dringen. Licht ist also Seine erste Offenbarung, der erste Ausfluss des göttlichen Lebens. Er schafft ja die Erde zum Leben. Ohne Licht aber gibt es kein Leben, keine Schönheit. Licht durchdringt die ganze Schöpfung. Was ist Licht? Niemand weiß es. Es ist hell, sichtbar, fühlbar, beweglich. Das Zarteste, Edelste, was es gibt. Woher es kommt, wohin es geht, wissen wir nicht ohne das Wort Gottes. Dieses sagt uns, dass es von Gott kommt, zu Gott geht. Wir wissen, dass es in acht Minuten zwanzig Millionen Meilen durchläuft, aber das Wie wissen wir nicht. Das Licht gibt den Pflanzen, den Tieren, den Menschen Leben, Freude. Es zeigt uns alle Schönheiten der Natur. Ohne Licht siehst du Nichts von der herrlichsten Gegend, nichts von dem prächtigsten Zimmer. Darum heißt es weiter:
Und Gott sah, dass das Licht gut war.
Das heißt: Gott hat Wohlgefallen an dem Licht. Mit Liebe sieht Er es an. Der erste Sieg über die Mächte der Finsternis ist errungen. Die Finsternis ist nicht aus Gottes Hand hervorgegangen, denn Er spricht nicht: Es werde finster! Aber sie verschwindet auch nicht ganz, weil Satan mit Seinem Reich noch nicht vernichtet ist. Sondern wir lesen weiter:
Da schied Gott das Licht von der Finsternis.
Gott begrenzt die Finsternis auf eine bestimmte Zeit. Sobald das Licht zu scheinen anfängt, muss die Finsternis weichen, denn Licht und Finsternis können keine Gemeinschaft mit Einander haben.
Und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht.
Er bestimmt das Licht nach seinem Wesen als Tag und die Finsternis als Nacht.
Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag.
Aus Finsternis und Licht. Aus Nacht und Tag. Das Licht geht allmählig aus der Finsternis hervor. Das Licht besiegt aber immer die Finsternis. Gott ist also der Herr des Tages und der Nacht, der Finsternis und des Lichts. Mit diesem ersten Tage tritt die Zeit in den schon geschaffenen Raum. Die Juden, später die Griechen, Germanen und Gallier zählen ihren Tag von Sonnenuntergang an. So tut es auch Moses hier, denn er ist Jude und der Heilige Geist bequemt sich seinen Begriffen an.
Über die Bedeutung eines solchen Schöpfungstages wird viel gestritten. Einige halten ihn für einen gewöhnlichen Tag von 24 Stunden, Andere für einen Zeitraum von tausend oder vielen tausend Jahren.
Keine dieser Ansichten tritt der Wahrheit der Heiligen Schrift entgegen. Ob man die eine oder die andere Ansicht festhält, kann nicht irre machen an dem Einen, was Not ist. Wir wiederholen: der Heilige Geist bedient sich menschlicher Begriffe zur Offenbarung der göttlichen Allmacht. Vor Gott sind tausend Jahre wie Ein Tag. Ob wir nun das himmlische oder irdische Zeitmaß annehmen, ändert gar Nichts in der Schöpfungsgeschichte, in ihrer allmähligen Entwicklung. Genug der erste Tag und mit demselben der Anfang der Zeit ist ins Dasein getreten. Nehmen wir nun dazu, dass Gott der Herr in sechs Tagen die Erde schafft, dass Er am siebten Tage ruht, so finden wir, dass der erste Tag der Schöpfungswoche ein Sonntag ist, wozu auch sein Name passt, welcher Name aus dem Heidentum zu uns herübergekommen ist als der Tag, der dem Dienst der Sonne bei den Heiden geweiht war. Dieser Dienst lässt sich sehr gut darauf gründen, dass an diesem Tage zuerst das Licht in die Finsternis scheint. Wie wir denn überhaupt später sehen werden, dass sich im Heidentum gar viele Anklänge finden aus den Überlieferungen der Urzeit. Für uns Christen gewinnt der Sonntag dadurch eine besondere Bedeutung. An demselben Tage ist ja Christus aus dem Grabe auferstanden. An demselben Tage ist der Heilige Geist zu Jerusalem ausgegossen worden. So ist also der Sonntag in der Schöpfung und in der Erlösung ein Tag des Lichts. In der Schöpfung wird an diesem Tage zuerst die Finsternis durch das Licht überwunden. In der Erlösung wird an diesem Tage zuerst der Tod durch das Leben überwunden, und dieses Leben als das ewige Leben durch den heiligen Geist besiegelt. Seit diesem ersten Tage kann die natürliche und geistliche Finsternis, der leibliche und geistliche Tod nicht mehr triumphieren. Noch wechseln Nacht und Tag, Lüge und Wahrheit, Tod und Leben, aber die Nacht, die keines Menschen Freund ist, ist geheiligt durch die Gebete des Gottmenschen, die Nacht des Grabes geheiligt durch den Tod des Gottmenschen. Dem Reich der Finsternis steht gegenüber das Reich des Lichts. Für die Genossen dieses Lichtreichs gibt es keine Finsternis mehr mit ihren Schrecken, denn durch den, der das wahrhaftige Licht ist, wird auch die Nacht zum Tag. Bricht auch ihr Auge im Tode, wird auch ihr müder Leib in die Erde gelegt. Sie schlafen jenem Tage entgegen, den keine Nacht mehr beschließt, weil die Herrlichkeit Gottes und das Lamm ihre Leuchte ist. An diesen letzten, ewigen Tag erinnert uns jeder Lichtstrahl, denn er bringt uns Kunde aus jenen Lichtwelten, aus jenem Vaterhaus, in welchem uns Wohnungen bereitet sind von dem, der das Licht und Leben der Menschen ist. Nun ist die Losung des Naturreichs und des Gnadenreichs: Durch Nacht zum Licht! Durch Kampf zum Sieg! Durch Tod zum Leben!
1 Mose 1, 6-8: Der zweite Tag.
Und Gott sprach: Es werde eine Veste zwischen den Wassern, und die sei ein Unterschied zwischen den Wassern. Da machte Gott die Veste und schied das Wasser unter der Veste von dem Wasser über der Veste. Und es geschah also. Und Gott nannte die Veste Himmel. Da ward aus Abend und Morgen der andere Tag.
Wir verstehen jetzt die Ausdrücke: Gott sprach, Gott machte, Gott nannte, es geschah also. Überall wirkt die heilige Dreieinigkeit. Ihre Worte sind Wesen. Ihr Wille ist Tat. So sie spricht, so geschieht's. So sie gebietet, so steht's da. Der Sinn dieser Verse ist also: Am zweiten Tage bildet sich nach Gottes Willen eine Feste, welche das Wasser unter der Feste von dem Wasser über der Feste scheidet. Das Wort Feste heißt Ausdehnung, Wölbung. Zweck derselben ist, das Wasser zu scheiden. Dieses Wasser wird genannt ein Wasser unter der Feste und ein Wasser über der Feste. Das Ganze ist eine sehr natürliche Entwicklung. Gott macht nie etwas Unnatürliches. Die Erde ist wüste, leer, finster, eine Vermischung von festen und flüssigen Teilen. Das Licht scheint auf dieses Chaos. Weil es hell ist, weicht ihm die Finsternis am ersten Tage. Weil es warm ist, hebt sich durch Verdunstung ein Teil des Wassers im Chaos als Wolken empor, ein Teil des Wassers bleibt im Chaos zurück. Das Wasser über der Feste sind also die Wolken; das Wasser unter der Feste ist also das Wasser auf der Erde; zwischen beiden ist die Feste, welche die Wolken und das Wasser voneinander getrennt hält. Diese Feste ist also der Luftraum, die Atmosphäre, welche die Erde umgibt; diese Feste, dieser Luftraum, diese Atmosphäre nennt Gott, bestimmt Gott als Himmel. Himmel heißt die Höhe, das Erhabene; er trägt die Wolken mit ihren Millionen Tonnen Wasser. Das ist göttliche Kraft und göttliche Weisheit. Moses und mit ihm die Psalmisten und Propheten haben tiefere Blicke in den unermesslichen Raum, welcher diese Erde umgibt, als die größten Naturforscher. Was diese erst durch jahrelange Beobachtungen und Berechnungen ausfindig machen, weiß Moses schon lange, und offenbart es uns im Worte Gottes. Die Männer Gottes wissen, dass der Himmel sich nicht bloß auf unsere Atmosphäre beschränkt. Mit Bedacht reden sie von den Vögeln des Himmels, von den Wolken am Himmel, von den Sternen am Himmel; mit Bedacht reden sie von aller Himmel Himmel, und sprechen also damit aus, dass das Himmelsgewölbe über uns sich ausdehnt in unermessliche Fernen, von Sonne zu Sonne, von Stern zu Stern. Überall sehen sie die göttlichen Eigenschaften ausgeprägt und betrachten den Himmel und die Wolken mit heiliger Andacht. Überall sehen sie die göttliche Macht und Liebe, den göttlichen Wilen, göttlichen Reichtum, göttlichen Ratschluss, göttliche Heiligkeit und ihre eigene Sündhaftigkeit, Schwachheit, Ohnmacht. Der Himmel mit seinen Wolken gilt ihnen als Wohnung des Herrn Herrn Zebaoth. Da offenbart Er Seine Herrlichkeit in der Farbenpracht der Wolken, wenn sie im Sonnenglanz wunderbar sich gestalten; da offenbart Er Seinen Ernst, wenn Er mit dunklen Wolken den Himmel verdeckt, als sehe Er nichts und höre Er nichts, wenn Er seine Schleusen öffnet und Sturm, Ungewitter, Hagel und Platzregen herniedersendet; wenn Er sie verschließt, dass der Himmel ehern und die Erde eisern wird; da offenbart Er Seine Liebe, wenn Er kühlende Wolken gegen stechende Sonnenstrahlen heraufsendet, wenn Er Regen und Schnee die Erde befeuchten lässt, wenn Er nach zerstörenden Wettern Seine Sonne wieder scheinen lässt, wenn Er das Gewächs segnet, dass die Wüste zum Garten wird und die Hügel lustig stehen. Weißt du einen Fürsten, der solch ein Schatzhaus hat? Weißt du einen Kriegsmann, der solch ein Zeughaus hat? Ja, lobt Ihn, ihr Himmel allenthalben, und die Wasser, die oben am Himmel sind, die sollen loben den Namen des Herrn, denn Er gebietet, so wird es geschaffen. Er hält sie immer und ewiglich; Er ordnet sie, dass sie nicht anders gehen müssen; Er fährt auf den Wolken, wie auf einem Wagen; Er breitet Seinen Blitz darüber aus und lässt Seinen Donner hören. So in der Schöpfung. So im Reiche der Natur.
Und im Reich der Gnade? In der Erlösung? In der Entwicklung des göttlichen Ratschlusses zu unserer Seligkeit? Siehe, auch da sind die Wolken Werkzeuge zur Ausführung des göttlichen Willens. Israel führt Er in einer Wolkensäule und in einer Feuersäule aus der Wüste; aus einer dicken Wolke, unter Donner und Blitz tut Er auf dem Sinai Seine heiligen zehn Gebote kund; die Stiftshütte, der Tempel füllt sich mit einer Wolke bei Erscheinung der Herrlichkeit des Herrn; und dort auf Tabor überschattet eine lichte Wolke die Jünger, dass sie nicht sehen die Verklärung des Gottmenschen. Eine Wolke trägt den auferstandenen Gottmenschen empor zu der Herrlichkeit beim Vater, und wenn Er wiederkommen wird zum Gericht, wird Er kommen auf den Wolken des Himmels mit großer Macht und Herrlichkeit.
So steht also auch das Werk des zweiten Tages in nahem Zusammenhang mit der Erlösung des sündigen Menschengeschlechts. Jeder Lichtstrahl erinnert dich an das wahrhaftige Licht, auf dass du ein Kind des Lichts werdest, welches nimmer untergeht. Jede Wolke erinnert dich an die Offenbarungen des Königs der Wahrheit und Gerechtigkeit, den aller Himmel Himmel nicht umfassen können, der in der Höhe und im Heiligtum wohnet, der aber ansieht den Elenden und wohnet bei den demütigen und zerbrochenen Herzen; denn Er wurde Mensch, um die Gedemütigten und Zerschlagenen zu erquicken, um deine Missetat zu vertilgen wie eine Wolke, und deine Sünde wie den Nebel. Das Wolkendunkel schreckt nicht mehr, denn seit Er Mensch wurde, ist Seine Hand nicht zu kurz, dass Er nicht helfen könne, sind Seine Ohren nicht dicke, dass er nicht hören könne. Das Gebet des armen Sünders dringt schneller durch die Wolken als ein Lichtstrahl zu Ihm, der da antwortet, ehe wir rufen, der da hört, wenn wir noch reden. Nun träufeln die Himmel von Oben, und die Wolken regnen Gerechtigkeit. Sei du nur keine Wolke ohne Wasser, sondern mag auch dein Leben dahinfahren wie eine Wolke, halte fest an dem Worte der Verheißung, dass Seine Gnade nun und nimmer weicht, dass der Bund Seines Friedens nun und nimmer hinfällt.
7. Der dritte und der vierte Tag.
Unser Gott ist ein Gott der Ordnung! Das haben wir schon aus den zwei ersten Schöpfungstagen gelernt, und werden es aus den folgenden Tagen noch mehr lernen. Aus dem ersten Tag des Lichts entwickelt sich der zweite Tag der Wolken. Es ist kein beliebiges Durcheinander, sondern Eins entsteht aus dem Andern. Der durch den Geist Gottes in das Chaos gelegte Lebenskeim ist die Quelle aller Entwicklung. Alle Naturgesetze haben hier ihren Ursprung. Die einmal gewählte, von Gott gewollte Ordnung ist geblieben bis auf den heutigen Tag, und wird bleiben bis ans Ende der Tage. Wir können sagen: Täglich wiederholt sich der erste und zweite Tag, denn Er, der dreieinige Gott, trägt Alles mit Seinem kräftigem Worte. Nimmt Er dieses Wort, diese Kraft, diesen Willen hinweg, so wird die Erde wieder wüste, leer, finster. Hier ist Warnung und Trost, dass Gott, unser Schöpfer und Heiland, Alles unmittelbar in Seinen Händen hält, dass Er unmittelbar über uns wacht, dass wir Ihm Alles zu danken haben. Je weiter wir vorwärts kommen in der Schöpfungsgeschichte, desto mehr offenbart sich uns göttliche Weisheit und göttliche Liebe.
1 Mose 1, 9-13: Der dritte Tag.
Und Gott sprach: Es sammle sich das Wasser unter dem Himmel an besondere Oerter, dass man das Trockene sehe. Und es geschah also. Und Gott nannte das Trockene Erde, und die Sammlung der Wasser nannte Er Meer. Und Gott sah, dass es gut war.
Noch ist die Erde wüste und leer. Das Licht scheint. Die Wolken haben sich gebildet. Aber Gott hat die Erde nicht gemacht, dass sie leer sein soll, sondern dass man darauf wohne. Es entstehen also dadurch, dass am zweiten Tag ein Teil des Wassers im Chaos sich als Wolken emporgehoben hat, trockene Orte, oder mit andern Worten: das Land hebt sich aus dem Wasser empor, wie bei Erdbeben ganz ähnliche Erscheinungen stattfinden. Das Trockene nennt Gott Erde. Die Sammlung der Wasser nennt Er Meer. Das Chaos ordnet sich immer mehr, indem die festen und flüssigen Teile von einander geschieden werden. Indem sich das Trockene aus dem Wasser emporhebt, bilden sich Berge und Täler, Höhen und Ebenen; indem sich das Wasser an besondere Orte sammelt, entstehen Quellen, Brunnen, Bäche, Flüsse, Seen. Und alles dies geschieht im Kampf mit den gefallenen Engeln, die Alles aufbieten, diese Ordnung des Chaos zu hindern. Daher immer wieder die Ausdrücke: Gott sprach; es geschah also; Gott sah, dass es gut war. Gott blickt mit Wohlgefallen, mit Siegesfreude auf jeden Schritt vorwärts in der Anordnung der Erde zum Schauplatz Seiner Liebe. Welche Weisheit und Liebe! Die einmalige Wolkenbildung ist nicht genug; Gott sorgt dafür, dass immer neue Wolken sich bilden können. Das Meer, die Sammlung der Wasser, ist die Schatzkammer für die Wolken. Erwärmt durch das Licht, steigen Nebel aus dem Wasser empor und befeuchten die Erde durch Tau. Diese belebende und befruchtende Wärme und Feuchtigkeit zeigt alsbald ihre Wirkung.
Und Gott sprach: Es lasse die Erde aufgehen Gras und Kraut, das sich besame, und fruchtbare Bäume, da ein Jeglicher nach seiner Art Frucht trage und habe seinen eigenen Samen bei sich selbst auf Erden. Und es geschah also. Und die Erde ließ aufgehen Gras und Kraut, das sich besamte, ein Jegliches nach seiner Art, und Bäume, die da Frucht trugen und ihren eigenen Samen bei sich selbst hatten, ein Jeglicher nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war. Da ward aus Abend und Morgen der dritte Tag.
Die Wärme des Lichts, die Feuchtigkeit des Wassers machen die Erde fruchtbar, so dass ihr Lebenskeim durch Gottes Wort Gras, Kraut und Bäume hervorbringt. Die wüste, leere Erde wird geschmückt mit Gras, Blumen, Kräutern und Bäumen. Und nicht bloß Einmal soll die Erde dieses Alles hervorbringen, sondern immer wieder soll frisches Gras, neue Blumen, neue Kräuter, junge Bäume die Schönheit der Erde beleben. Darum wird Jedem sein eigner Same gegeben. Gott legt durch Sein Wort diesen Lebenskeim in die Pflanzenwelt hinein, so dass nun schon sechstausend Jahre lang in fortwährendem Kreislauf diese an sich harte, feste, trockene Erde Gras, Kräuter und Bäume hervorbringt und zwar nicht in einem beliebigen Durcheinander, sondern jedes Gras bringt nur sich, jedes Kraut nur sich, jeder Baum nur sich hervor. Dies der dritte Schöpfungstag: Land und Wasser scheidet sich voneinander. Das Land wird geschmückt mit Gras, Kraut und Bäume. Siehe auch hier die Macht, Weisheit und Liebe unseres Schöpfers und Heilandes. Das Meer, welches zwei Drittel der Erdoberfläche einnimmt, dessen Tiefe noch nicht ergründet ist, obwohl man schon achttausend Fuß mit dem Senkblei gekommen ist, sendet Wolken empor, die ihre Segnungen ausströmen auf das Land durch Quellen, Brunnen, Bäche, Flüsse. Es trägt Tausende von Schiffen, welche Bildung und Wohlstand ausbreiten, die entferntesten Länder miteinander verbinden, und das Reich Gottes schneller ausbreiten als zu Lande. Sind auch seine Gefahren groß, sehr groß. Der Herr macht Weg im Meer und Bahn in starken Wassern. Er hält das Wasser im Meer zusammen, wie in einem Schlauch. Noch Niemand ist auf den Grund des Meeres gekommen und hat in den Fußtapfen der Tiefe gewandelt. Niemand kann fassen die Reichtümer des Meeres, welches immer gibt und sich nimmer erschöpft. Ebenso wenig können wir erforschen und begreifen die Liebe und die Reichtümer Gottes in Christo Jesu. So das Meer. Und blicken wir nun in die Pflanzenwelt. Sie ruft uns zu: „Schmeckt und seht, wie freundlich der Herr ist!“ Jeder Bissen Brot, jeder Schluck Wasser, jede Blume offenbart dir die Freundlichkeit des Herrn, der alle Vögel des Himmels, alle Tiere des Feldes und des Waldes, da sie bei Tausenden gehen, ernährt; der jeden Grashalm, jede Blume schmückt. Steigen wir endlich in das Innere der Erde und sehen alle ihre verborgenen Schätze, die Metalle und Mineralien und Edelsteine, welche Er durch Sein Wort hat werden lassen; wie Er in Wasser und Pflanzen geheime Kräfte gelegt hat zur Heilung und Stärkung von Mensch und Tier, und bedenken wir, dass wir mehr sind als Gras, Kraut, Bäume, so müssen wir alle unsere Sorge auf Ihn werfen, der auf solche Weise für uns sorgt, - so muss aber zugleich auch alles Murren und Meistern aufhören, da wir ja wie das Gras und die Blumen des Feldes sind, die da blühen und verwelken.
Siehe hier ein Bild deines Lebens. Wie im Herbst Gras, Kraut und Bäume hinwelken, um im Frühling zu neuer Schönheit aufzuwachen, so wird auch dein Leib über Kurz oder Lang in die Erde sinken, um dereinst aufzuwachen zur Kraft, zur Unverweslichkeit, zur Herrlichkeit. Wie du gleich der Blume des Feldes wächst, äußerlich und innerlich, so ist auch das Reich Gottes ein Wachsen, bis es der Baum wird, unter dem alle Völker der Erde ruhen. Wie das Gras hinwelkt, unser irdischer Leib begraben wird, so zerbricht auch die irdische Form des Gottesreiches, aber das aus unvergänglichem Samen gezeugte Herz bricht nimmer, das Reich Gottes vergeht nimmer. Überall sehen wir den göttlichen Willen, Weg, Ratschluss auf der Erde ausgeprägt. Für den Christen ist das Buch der Natur wie ein Evangelium, weil die Natur ihn überall erinnert an die Liebe, die stärker ist als der Tod, und also an den, auf den er alle seine Sorgen werfen kann, weil Er für ihn sorgt.
Mos. 1, 14-19.: Der vierte Tag.
Und Gott sprach: Es werden Lichter an der Feste des Himmels, die da scheiden Tag und Nacht und geben Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre, und seien Lichter an der Feste des Himmels, dass sie scheinen auf Erden. Und es geschah also. Und Gott machte zwei große Lichter. Ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere; dazu auch Sterne. Und Gott setzte sie an die Feste des Himmels, dass sie schienen auf die Erde und den Tag und die Nacht regierten und schieden Licht und Finsternis. Und Gott sah, dass es gut war. Da ward aus Abend und Morgen der vierte Tag.
Mit dem dritten Tage schließt die erste Hälfte der Schöpfungsgeschichte. An den drei ersten Tagen treten die unbelebten Dinge ins Dasein: Licht, Wolken, Pflanzen. An den drei letzten Tagen die lebendigen Bewohner derselben. Mit dem vierten Tage fängt also die zweite Hälfte, der zweite Teil der Schöpfungsgeschichte an. Wie am ersten Tag das Licht in die Finsternis scheint, so erscheinen am vierten Tage die Lichtträger. Wir wissen, die Himmelskörper sind schon da. Jetzt aber werden sie genannt, um zu zeigen, was sie für die Erde sind. Bei den Heiden sind sie die Grundlage der Religion, wohl gar die Herren der Welt, denen die Menschen unterworfen sind. Die Namen der Wochentage stammen noch daher. Das Wort Gottes stellt uns diese Himmelskörper anders dar. Was die Wissenschaft erst nach Jahrtausenden ausfindig gemacht hat, weiß Moses schon. Die Himmelskörper werden Lichter genannt, das heißt Leuchten, Lichtträger. Hier wird die große Frage gelöst, ob Sonne, Mond und Sterne ihr eigenes Licht haben oder nicht. Sie sind Lichtträger, haben also kein eigenes Licht, sondern tragen das Licht des ersten Tages auf die Erde. Dieses Licht hatte bisher unmittelbar geschienen. Von nun an sollen diese Himmelskörper dieses Licht auf die Erde bringen. Gott setzt sie an die Feste des Himmels. Er ordnet sie in bestimmter Ordnung, dass sie sich in ihren Bahnen nicht hindern können. Was Feste ist, wissen wir. Diese Kraft trägt also die Himmelskörper in ihren Bahnen, dass sie nicht mit der Erde zusammenstoßen können. In der Wissenschaft wird diese Kraft die Zentripetal- und Zentrifugal-Kraft genannt. Ihr Zweck ist: Auf die Erde zu scheinen. Sie dienen also der Erde, indem sie ihr Licht bringen. Die Erde gilt hier als Mittelpunkt des Weltalls. Alles, was Gott schafft, hat zum Zweck, die Erde bewohnbar zu machen, zu schmücken, zu zieren, denn die Erde soll Schauplatz der göttlichen Liebe werden. Indem sie nun auf die Erde scheinen und zugleich ihre Bahnen durchlaufen, nehmen sie natürlich verschiedene Stellungen ein zur Erde und dadurch scheiden sie Tag und Nacht und geben Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre. Unser Standpunkt ist auf der Erde und von da aus betrachtet ist die Sonne das große Licht, welches den Tag regiert, welches durch seinen Auf- und Untergang den Tag bestimmt. Sie heißt großes Licht, weil sie für unsere Augen das größte Licht ist. Im Vergleich zur Sonne ist der Mond das kleine Licht, welches die Nacht regiert, welches ja von der Sonne sein Licht empfängt. Mit dem Mond erscheinen zugleich am nächtlichen Himmel die Sterne, welche wiederum Sonnen für sich sind mit ihren Planeten. Diese Himmelskörper sind nun gegeben als Zeichen der Zeiten, nämlich der Tage und Jahre. Durch ihre verschiedenen Stellungen zur Erde bewirken sie nach göttlichem Willen die verschiedenen Jahreszeiten, die verschiedenen Monate und Tage. Im alten Bunde wurde auf göttlichen Befehl das Fest des Neumondes gefeiert. Auch wir Christen bestimmen unser Osterfest auf den ersten Sonntag nach dem Vollmond der Tag- und Nachtgleiche.
Aus Reisebeschreibungen wissen wir, welchen Nutzen diese Himmelskörper gewähren. Jeder Tag, jede Nacht verkündet uns denselben laut. Abermals eine Offenbarung der göttlichen Majestät, Weisheit und Liebe! „Hebt eure Augen auf in die Höhe und seht! Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Feste verkündet Seiner Hände Werk. Ein Tag sagt es dem Andern. Eine Nacht tut es kund der Andern. Es ist keine Sprache noch Rede, da man nicht ihre Stimme hört. Ihre Schnur geht aus in alle Lande und ihre Rede an der Welt Ende.“ Überall ist das Himmelsgewölbe über uns. Überall wird die Sprache der Sterne verstanden. „Er hat der Sonne eine Hütte in dem Himmel gemacht und dieselbe geht heraus, wie ein Bräutigam aus seiner Kammer“, um die Erde, seine Braut, durch Licht zu erfreuen. „Wie ein Held läuft sie ihren Weg“, unverzagt und munter. Welch ein Wunderwerk des Höchsten ist sie. Durch sie grünet die Saat, blühen die Bäume. Die Vögel singen. Die Hirsche springen. Die Menschen jauchzen. Und wenn sie zurückkehrt in ihre Hütte, so hat unser himmlischer Vater auch die Nacht geziert, dass sie nicht schrecke den einsamen Schiffer, den müden Wanderer. Eine weite Aue voll goldener Ähren, durchströmt vom lieblichen Milchstrom, erleuchtet von der silbernen Sichel des Mondes, erquickt seine müden Schritte. Ein blauer See voll Goldforellen, durchschnitten vom goldenen Schifflein, tröstet seine Einsamkeit. Du weißt nicht, was es geladen, wohin es segelt, aber den Steuermann kennst du als den Freund deiner Seele, als deinen Bruder. „Siehe, Er zählt die Sterne und nennt sie Alle bei Namen.“ Er führt sie, wie ein Hirte die Schafe, aus des Himmels Tür hervor in Ordnung, Schönheit und Menge. Aber, wer kann sich solcher Herrlichkeit satt sehen? Wer kann würdig preisen die Werke des Herrn? - Und doch, ist auch diese Erde und dieser Himmel aus Liebe zu uns so lieblich und herrlich geschmückt, - wir gehen unwiderruflich verloren, wenn wir nicht Jesum Christum haben, wenn wir nicht an Ihn glauben. Nur in Seinem Lichte sehen wir das Licht. Im Blick auf Ihn erkennen wir erst recht die Herrlichkeit des Himmelsgewölbes. Er ist ja die Sonne der Gerechtigkeit, das wahre Licht der Welt. In Seinen Strahlen kann uns keine Finsternis überfallen. Wohl wird dieses Licht in seinem ganzen, vollen Glanze noch zurückgehalten, denn wir würden seine Fülle nicht ertragen, aber wir wissen ja, dass dieses Sterbliche einst die Unsterblichkeit anziehen wird, wenn die Zeichen oben am Himmel und unten auf Erden geschehen werden, da die Sonne und der Mond ihren Schein verlieren, da die Sterne vom Himmel fallen, da die Erde und alle Werke darinnen verbrennen werden. Dann wird der erste Himmel und die erste Erde vergehen, und das Meer wird nicht mehr sein. Dann wird der neue Himmel und die neue Erde geschaffen, die so herrlich sein wird, dass wir des Jetzigen nicht mehr gedenken werden, noch dieselben zu Herzen nehmen. Und wir, so wir aus dem unvergänglichen Samen gezeugt sind, so wir in Seinem Lichte wandeln, wir werden wandeln am lauteren Strom des lebendigen Wassers, unter den Bäumen des Lebens, beschienen vom Lichte der Ewigkeit.
8. Der fünfte und der sechste Tag.
Ein Christ, der da weiß, dass sein Schöpfer sein Heiland ist, findet überall in der Natur den göttlichen Willen ausgeprägt. Ob er an der Quelle steht oder am Ufer des Meeres, ob er die Zeder des Libanon oder den Ysop an der Mauer ansieht, ob er in die Tiefen der Erde steigt oder die Fernen des gestirnten Himmels durchmisst, überall umgibt ihn göttliche Herrlichkeit, göttliche Weisheit, göttliche Liebe. Darum hebt er sein Haupt so frei empor zum Himmel. Darum ist sein Herz so leicht, sein Geist so froh, denn der Schöpfer und Erhalter und Regierer von diesem Allem ist sein Blutsfreund und Bruder geworden. Er weiß, dass diese Erde mit ihrer Lieblichkeit, dieser Himmel mit seiner Herrlichkeit nur der Vorhof ist der neuen Erde und des neuen Himmels, in welchem Gerechtigkeit wohnet. Darum hängt er nicht sein Herz an diese Sichtbarkeit, sondern sie ist ihm ein Unterpfand der Zeit, wenn es erscheinen wird, was er sein wird, da er nämlich Ihn, seinen Schöpfer und Heiland, sehen wird, wie Er ist, von Angesicht zu Angesicht.
Schon ist die Erde geschmückt mit Licht, mit Sonne, Mond und Sternen, mit Wolken und Wasser, mit Gras, Kräutern und Bäumen. Aber noch ist sie nicht fertig, noch ist sie nicht ausgerüstet mit allem Notwendigen. Noch fehlen die Bewohner des Wassers, der Erde, der Luft.
Mit dem vierten Tage fängt der zweite Teil der Schöpfungsgeschichte an. Wie am ersten Tage das Licht zu scheinen anfängt, so treten am vierten Tage die Lichtträger ins Dasein. Wie am zweiten Tag die Wolken aus dem Wasser des Chaos sich emporheben, so werden am fünften Tage die Bewohner des Wassers und der Luft geschaffen. Die Erschaffung der Tiere nimmt nun ihren Anfang, der Tiere, als Geschöpfe, die mit Seele und Willen begabt, höher stehen als die bewusstlosen Geschöpfe: Gras, Kraut, Bäume. Also das Leben beginnt auf der Erde, und zwar beginnt es mit den niedrigsten Tierarten und schreitet von diesen immer weiter vorwärts bis zum Menschen, als der Spitze der ganzen Schöpfung, in welchem sich gewissermaßen Alles vereinigt.
1 Mose 1, 20-23: Der fünfte Tag.
Und Gott sprach: Es errege sich das Wasser mit webenden und lebendigen Tieren und mit Gevögel, das auf Erden unter der Feste des Himmels fliege. Und Gott schuf große Walfische und allerlei Tier, das da lebt und webt, und vom Wasser erregt ward, ein Jegliches nach seiner Art, und allerlei gefiedertes Gevögel nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war. Und Gott segnete sie und sprach: Seid fruchtbar und mehrt euch und erfüllt das Wasser im Meer, und das Gevögel mehre sich auf Erden. Da ward aus Abend und Morgen der fünfte Tag.
Die Ausdrücke: Gott sprach und Gott schuf, kennen wir. Es errege sich das Wasser, das heißt: Es wimmle das Wasser; mit webenden und lebendigen Tieren, das heißt: mit kleinen, lebendigen Tieren. Auf dieses Wort hin entstehen große Walfische und allerlei Tier, das da lebt und webt und vom Wasser erregt wird, das heißt: Es werden die großen Seetiere und alle lebendigen Wesen, welche kriechen, wovon die Wasser wimmeln. Mit den Wassertieren, mit den Fischen und Amphibien fängt das Leben in der Schöpfung an, als mit den niedrigsten, sozusagen unvollkommensten Tieren. Eine Stufe höher steht das Gevögel, das auf Erden unter der Feste des Himmels fliegt, allerlei gefiedertes Gevögel, wie es auch genannt wird. Es sind dies die Wasser- und Landvögel. Jeder aufmerksame Beobachter wird zugeben, dass zwischen Fischen und Vögeln eine gewisse Ähnlichkeit stattfindet und zugleich, dass die Vögel nach ihren Eigenschaften und Fähigkeiten höher stehen als die Fische. Von Beiden heißt es: Gott schuf sie, ein jegliches nach seiner Art. Wir erinnern wieder daran: Unser Gott ist ein Gott der Ordnung! Gleich von Anfang an werden bestimmte Ordnungen und Klassen festgesetzt. Und Gott sah, dass es gut war. Sein Wohlgefallen, Seine Siegesfreude ruht darauf, denn auch diese Tiere sind zum Nutzen, zum Dienst des Menschen bestimmt. Ihre Schöpfung ist ohne Fehlgriff vor sich gegangen. Aber hier geht Gott weiter. Hier heißt es nicht bloß: Gott sah, dass es gut war, sondern es heißt auch: Gott segnete sie und sprach: Seid fruchtbar und mehrt euch! Es handelt sich hier nicht um bewusstlose Geschöpfe, wie Gras, Kraut und Bäume, die sich bewusstlos fortpflanzen, sondern es handelt sich hier um lebendige Wesen, die also Leben, Seele, Willen, Verstand, bei den Tieren gewöhnlich Instinkt genannt, haben. Ein bewusstloses Fortpflanzen kann also nicht stattfinden. Darum segnet sie Gott, das heißt: Er gibt ihnen durch Sein Wort: Seid fruchtbar und mehrt euch! den Willen und die Kraft, sich fortzupflanzen und dadurch Wasser und Land anzufüllen.
Ehe wir nun hören, was uns die Heilige Schrift von diesen Tieren lehrt, nehmen wir noch einen Teil des sechsten Tages hinzu, um die Schöpfung der ganzen Tierwelt zu übersehen:
1 Mose 1, 24. 25: Der sechste Tag.
Und Gott sprach: Die Erde bringe hervor lebendige Tiere, ein Jegliches nach seiner Art, Vieh, Gewürm und Tiere auf Erden, ein Jegliches nach seiner Art. Und es geschah also. Und Gott machte die Tiere auf Erden, ein Jegliches nach seiner Art, und das Vieh nach seiner Art, und allerlei Gewürm auf Erden nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war.
Der sechste Tag entspricht dem dritten Tage. Am dritten Tage bringt das Trockene Gras, Kraut und Bäume hervor. Am sechsten Tage werden die Bewohner des Trockenen, die Landtiere geschaffen. Drei Klassen von lebendigen Tieren werden genannt. Vieh, das heißt große, vierfüßige Tiere, besonders Haustiere. Gewürm sind die kleineren Tiere. Tiere auf Erden, auch Tiere des Feldes genannt, sind die wilden Tiere. Wieder lesen wir: Ein Jegliches nach seiner Art. Die bestimmten Ordnungen und Klassen werden schon hier festgesetzt. Abermals heißt es: Gott sah, dass es gut war. Und wenn es auch hier nicht erwähnt wird, so gilt natürlich auch hier: Gott segnete sie und sprach: Seid fruchtbar und mehrt euch! Nun ist also die ganze Erde belebt: Die für den Menschen bestimmte Wohnung ist fertig, herrlich geschmückt und versehen mit allem Notwendigen.
Es kann hier nicht der Ort sein, eine Naturgeschichte zu geben. Auch handelt es sich nicht darum, zu untersuchen, aus was diese Tiere gemacht sind, ob die Wassertiere aus dem Wasser, die Landtiere aus der Erde gemacht sind. Wir wissen ja schon, dass dieses Alles mit dem Lebenskeim zusammenhängt, der durch das Schweben des Geistes Gottes über dem Chaos in die schlummernde Masse hineingelegt ist und nur auf das Wort des Herrn wartet, um hervorzubrechen.
Nein! wir haben nur danach zu forschen, was uns unser Schöpfer und Heiland durch diese. Tiere sagen will, denn auch die Tierwelt, wie die Pflanzenwelt, ist eine Offenbarung des dreieinigen Gottes an uns. Auch hier ist die Schrift unser bester Lehrmeister. Blicken wir auf die unzähligen Mengen dieser Tiere, auf ihre wunderbaren Gestalten, auf ihre mannigfachen Farben, auf ihre verschiedenen Eigenschaften, so müssen wir staunen über die Weisheit des Schöpfers. Beobachten wir, wie sich diese Millionen Tiere seit jenem Schöpfungstage in ununterbrochener Reihe fortpflanzen, wie für sie Alle Jahr aus Jahr ein Nahrung genug vorhanden ist, so müssen wir anbeten die Allmacht und Liebe unsers himmlischen Vaters. Welch eine Speisekammer hat Er für diese zahllosen großen und kleinen Tiere. „Aller Augen warten auf Ihn und Er gibt ihnen ihre Speise zu Seiner Zeit. Er tut Seine Hand auf und erfüllt Alles, was lebt, mit Wohlgefallen.“ Wenn sie hungern, brüllen die Löwen, heulen die Füchse, schreien die Raben. Und Er, ihr Schöpfer, hat Seine Freude daran, sie Alle zu sättigen. Er lässt die Brunnen quellen und die Wasser zwischen den Bergen hinfließen, dass alle Tiere auf dem Felde trinken und das Wild seinen Durst lösche. Er lässt das Gras wachsen für das Vieh. Er füllt die Bäume mit Saft und pflanzt die Zedern Libanons, dass die Vögel daselbst nisten können und unter den Zweigen singen, dass die Reiher daselbst wohnen können. Die hohen Berge und Steinklüfte macht Er für eine Zuflucht der Gämsen. Er schafft Finsternis, dass es Nacht wird, da regen sich alle wilden Tiere. Die Löwen brüllen nach dem Raube und suchen ihre Speise von Gott.
Darum weist uns die Schrift hin auf die unvernünftige Tierwelt, um von ihr zu lernen, dem Geber aller guten und aller vollkommenen Gabe zu vertrauen, zu danken, Ihn zu lieben. Im Hiob lesen wir: „Frage doch das Vieh, das wird dich's lehren, und die Vögel unter dem Himmel, die werden dir's sagen. Oder rede mit der Erde, die wird dich's lehren, und die Fische im Meer werden dir's erzählen.“ Und was lehren, was sagen, was erzählen sie uns? Siehe, vom Kleinsten bis zum Größten sind sie unsere Lehrmeister. Lerne Demut und Bescheidenheit von der Biene, die ein kleines Tierlein ist und gibt doch die allersüßeste Frucht. Gehe hin zur Ameise, du Fauler; siehe ihr Wesen an und lerne. Ob sie wohl keinen Fürsten, noch Hauptmann, noch Herrn hat, bereitet sie doch ihr Brot im Sommer und sammelt ihre Speise in der Ernte. Lerne Einfalt von der Taube, Klugheit von der Schlange. Lerne kindliches Gottvertrauen von den Vögeln unter dem Himmel. Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheuern. Und doch schlafen sie ruhig, und wenn sie Nahrung suchen, finden sie dieselbe und singen das Lob Gottes. Und du? Du säst. Du erntest. Du sammelst in die Scheuern. Und doch sorgst du Tag und Nacht, was werde ich essen, was werde ich trinken, womit werde ich mich kleiden? Weißt du denn nicht, dass dein Schöpfer und Heiland, ohne dessen Willen kein Sperling vom Dache fällt, auch deine Haare auf dem Haupte alle gezählt hat? Noch mehr. Er will uns Alle versammeln, wie eine Henne ihre Küchlein versammelt unter ihre Flügel. Er will dich schützen gegen alle Leibes- und Seelennot. Hast du aber dasselbe Vertrauen wie die Küchlein, welche auf das Rufen der Henne herbeieilen und sich unter ihre Flügel verbergen? Gilt es nicht auch von dir, was der Herr durch Jeremias sagt: „Ein Storch unter dem Himmel weiß seine Zeit. Eine Turteltaube, Kranich und Schwalbe merken ihre Zeit, wenn sie wieder kommen sollen, aber mein Volk will das Recht des Herrn nicht wissen.“ Gilt nicht auch von dir, was der Herr durch Jesajas sagt: „Ein Ochse kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Herrn, aber Israel kennt es nicht und mein Volk vernimmt es nicht.“ Das unvernünftige Tier erkennt die Wohltat und dankt dem Wohltäter durch Gehorsam und Fleiß. Aber du, der du täglich überschüttet wirst mit Wohltaten des Leibes und des Geistes, dessen Tisch täglich gedeckt ist, dessen Hunger täglich gesättigt wird, du denkst nicht an den, ohne welchen du nichts von alle dem hättest, du richtest keine Bitte, keinen Dank zu dem, der Seine milde Hand täglich gegen dich auftut. Du denkst: „Lass uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot!“ Und woher dieser Undank? Diese Gefühllosigkeit? Diese Gleichgültigkeit? Weil wir „reich sind und gar satt haben und gar nichts bedürfen.“ Weil wir glauben, es könne uns nicht fehlen mit unserm Fleiß, mit unserer Geschicklichkeit, mit unserer Berufstreue, mit unserer Geschäftstüchtigkeit. O dass wir arm, hungrig und durstig wären und lernten nach dem lebendigen Gott schreien, wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser. Die Kreatur sehnt sich nach der Offenbarung der glorreichen Freiheit der Kinder Gottes. Die Kreatur fühlt die Sklaverei des vergänglichen Wesens, dem sie ohne ihren Willen unterworfen ist. Aber wie wenig denken wir daran! Wie wenig fühlen wir davon! Wie glücklich und selig fühlen wir uns im Dienst der Sünde! O dass Tränen unsere Speise wären Tag und Nacht! O dass wir uns des Tages Seiner Güte freuen könnten und des Nachts Ihm singen! O dass wir an den unvernünftigen Tieren lernten auf den Herrn harren und eben darum nie und nimmer, weder in Leiden, noch in Freuden, zu Schanden würden! Dann würden wir täglich neue Kraft kriegen und auffahren mit Flügeln wie Adler und laufen, ohne matt zu werden, und wandeln, ohne müde zu werden!
9. Der Mensch.
Die in den vier ersten Schöpfungstagen herrlich geordnete, lieblich geschmückte Erde füllt sich am fünften und sechsten Tag auf das Allmachtswort Gottes mit lebendigen Wesen, denen Gott durch Seinen Segen Kraft und Willen gibt, Land, Wasser und Luft anzufüllen. Hier ist göttliche Weisheit in diesen Millionen Tieren. Hier ist göttliche Allmacht und Liebe in der ununterbrochenen Erhaltung dieser zahllosen Tiere. Die Heilige Schrift zeigte uns in voriger Stunde, dass das ganze Tierreich eine lebendige Predigt an uns ist, die uns tatsächlich und unwiderleglich die fürsorgende, nimmer ruhende Liebe unsers himmlischen Vaters kund tut und dadurch uns offen darlegt unsern Kleinglauben, unsern Unglauben, unsere Zweifelsucht, unsere Blindheit, die nicht sehen will die Hand, die uns aus den Wolken herab gute und vollkommene Gaben gibt. Nur ein oberflächlicher Blick auf die Tierwelt zeigt uns, wie schwach es doch eigentlich aussieht mit unserer Klugheit und Weisheit, denn wir können auch nicht den kleinsten Wurm am Leben erhalten, wenn uns unser himmlischer Vater nicht Speise dazu gibt; wie töricht wir doch eigentlich sind, die wir täglich unsern Herrn und Gott meistern wollen, ohne dessen Willen wir keinen Atemzug tun können.
Es war eine Zeit, da wir Menschen noch nicht so schwach, so töricht, so stolz, so vermessen waren, da wir noch reines Herz, heiligen Willen hatten mit erhabener Würde, mit hoher Bestimmung, mit großer Macht, Ehre und Herrlichkeit. Heute können wir einen Blick in diese glückliche, selige Zeit werfen, da es die Lust des Höchsten war, auf dem Erdboden zu spielen und bei den Menschenkindern zu sein. Sein Geist stehe uns dabei zur Seite, leite uns mäßig und beuge uns in den Staub über unsern großen Abfall.
1 Mose 1, 26-31: Die Erschaffung des Menschen.
Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer, und über die Vögel unter dem Himmel, und über das Vieh, und über die ganze Erde, und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und er schuf sie ein Männlein und Fräulein. Und Gott segnete sie, und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehrt euch, und füllt die Erde, und macht sie euch untertan, und herrscht über Fische im Meer, und über Vögel unter dem Himmel, und über alles Tier, das auf Erden kriecht. Und Gott sprach: Seht da, ich habe euch gegeben allerlei Kraut, das sich besamt, auf der ganzen Erde, und allerlei fruchtbare Bäume, und Bäume, die sich besamen, zu eurer Speise; und allem Tier auf Erden, und allen Vögeln unter dem Himmel, und allem Gewürme, das da lebt auf Erden, dass sie allerlei grün Kraut essen. Und es geschah also. Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr gut. Da ward aus Abend und Morgen der sechste Tag.
Wir fühlen es den Worten ab, dass hier etwas Neues anfängt. Die ganze Erdenschöpfung steht da in Ordnung und Schönheit. Aber noch fehlt das Geschöpf, welches diese Erdenschöpfung sehen, genießen, gebrauchen und dadurch den Schöpfer von diesem Allen erkennen und lieben kann. Gott, der die Liebe ist, muss einen Gegenstand dieser Liebe haben, ein Wesen, welches Seine Liebe erkennt und Ihn darum wieder liebt, nicht unbewusst, nicht gezwungen, sondern freiwillig, in eigner, fester Überzeugung. - Wer mit Aufmerksamkeit die Schöpfungsgeschichte bisher verfolgt hat, wird den Ausdruck verstehen: Nach alle dem, was Gott bisher ins Dasein gerufen hat, muss Er den Menschen schaffen. Darum heißt es auch nicht wie bisher: Es werde der Mensch; es bringe die Erde den Menschen hervor. Es ist kein Befehl an den in der Masse vorhandenen Lebenskeim, sondern Gott, die heilige Dreieinigkeit, geht mit einer gewissen Feierlichkeit mit sich selbst zu Rate. Gott Vater fragt den Sohn und den Geist, wir reden menschlich, über diesen Plan, den Menschen zu schaffen, denn Vater, Sohn und Geist wissen, dass dieser Mensch seiner Bestimmung untreu werden wird, dass der Sohn zur Erneuerung des Menschen wird Mensch werden müssen, wird leiden und sterben müssen; dass der Geist aufs Neue wird hernieder kommen müssen zur Heiligung des Menschen. Gott Vater bedarf der Zustimmung des Sohnes und des Geistes. Diese Zustimmung kann nicht fehlen, denn diese Drei sind Eins. Gott spricht: Lasst uns Menschen machen! Gott selbst gibt diesem Wesen den Namen Mensch, wie wir auch 1 Mos. 5. lesen: „Gott hieß ihren Namen Mensch zur Zeit, da sie geschaffen wurden“. In dem hebräischen Wort Adam: Rot sein, schön sein, irdisch sein, liegt die Hindeutung auf seine Herkunft von der Erde, auf seine Gestalt als die schönste und vollkommenste Kreatur Gottes, denn er soll ja sein: Ein Bild, das Uns gleich sei, in Unserm Bilde, nach Unserm Gleichnis, ein Uns ähnliches Bild; und seine Hauptbestimmung ist: Die da herrschen über Fische, Vögel, Vieh, Gewürm. Der Mensch soll also nicht bloß, wie die andern lebendigen Geschöpfe, sich mehren und die Erde füllen, sondern er soll auch über diese Geschöpfe herrschen; er soll, wie die folgenden Verse näher ausdrücken, die Erde und alles Geschaffene sich untertan machen, die Pflanzenwelt zu seiner Nahrung, die Tierwelt zu seinem Dienst. Der Mensch wird dadurch der Statthalter Gottes auf Erden. Es folgt nun die Ausführung dieses Entschlusses. Und Gott schuf den Menschen Ihm zum Bilde; zum Bilde Gottes schuf Er ihn. Und Er schuf sie ein Männlein und Fräulein. Und wie bei den andern Tieren, so heißt es auch hier: Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde. Hier ist nur eine kurze Andeutung von dem, was das zweite Kapitel ausführlicher erzählt. Der Mensch erscheint hier nur seinem Wesen nach als ein Glied in der übrigen Reihe der Geschöpfe. Es wird uns gesagt, was er mit diesen gemein hat und wodurch er sich von ihnen unterscheidet. Gemeinsam hat er mit ihnen, sich zu vermehren und seine Speise zu nehmen von allerlei Kraut und Bäumen auf der ganzen Erde. Er unterscheidet sich von ihnen dadurch, dass er im Bilde Gottes geschaffen ist und eben dadurch sich die ganze Erde untertan machen soll. Schon hier sehen wir die Begründung der Wahrheit, dass Adam der Stammvater aller Menschen ist. Von ihm lesen wir auch später, dass er Seth zeugte, der seinem Bilde ähnlich war, so wie denn alle Geschlechtsregister in Heiliger Schrift diese Abstammung von Adam beweisen. Es ist also ganz richtig, was Paulus den Philosophen in Athen erklärt: „Gott hat gemacht, dass von Einem Blute aller Menschen Geschlechter auf dem ganzen Erdboden wohnen.“.
Was versteht nun aber die Heilige Schrift unter Ebenbild Gottes? Dies müssen wir verstehen lernen, denn dies ist der Vorzug des Menschen vor den Tieren, wodurch er über die ganze Erdenschöpfung herrschen soll und kann. Für uns, die wir durch unsern Abfall von Gott so ganz in die Sichtbarkeit, in die Materie, in das Fleisch versunken sind, ist es natürlich erstaunlich schwer, diesen ersten Zustand des Menschen, wie er aus Gottes Hand hervorging, zu verstehen. Sein Gemüt war so klar, seine Kindlichkeit so kindlich, seine Reinheit so rein, dass wir mit unserm von der Sünde verdunkelten Geist dieses nicht ganz fassen können. Auch dürfen wir diesen Urzustand des Menschen nicht über Gebühr erheben, denn der Mensch war in Gottes Bilde, Gott ähnlich, aber nicht Gott gleich. Er war immer noch ein Geschöpf, nicht der Schöpfer. Er musste also äußerlich und innerlich wachsen, sich entwickeln bis zur Vollkommenheit hin. Darum folgt auch ein Prüfungsstand, eine Versuchung, deren Bestehen ebenso möglich ist wie deren Nichtbestehen. Nur so kann uns der Fall verständlich sein. Der Mensch war ein Sohn, ein Kind Gottes, aber nicht der Eingeborene. Er war das Ebenbild Gottes, aber nicht das Bild, der Abglanz Seines Wesens. Die Schrift selbst gibt uns einen Wink zum Verständnis. Gott schuf den Menschen Ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf Er ihn. Ein Bild und der Gegenstand, den es darstellt, sind nicht Ein und Dasselbe, sondern sie haben nur Ähnlichkeit und darum Gemeinsames. Nun gibt es aber nach Heiliger Schrift kein Bild von Gott dem Vater. Moses erklärt dem Volk Israel: „Die Stimme des Herrn hörtet ihr, aber kein Gleichnis saht ihr außer der Stimme“. Im Jesajas sagt der Herr: „Wem wollt ihr denn Gott nachbilden? oder was für ein Gleichnis wollt ihr Ihm zurichten?“ Johannes sagt: „Niemand hat Gott gesehen“. Jesus sagt: „Gott ist ein Geist!“ Aber wir lesen auch in derselben Schrift, dass sich Gott der Welt offenbart hat in Seinem Sohne. Dieser ist der Eingeborene des Vaters, der Glanz Seiner Herrlichkeit, das Ebenbild Seines Wesens. Dieser zeugt von sich: „Wer mich sieht, der sieht den Vater“. „Ich und der Vater sind Eins.“ Also nur in Jesu Christo, in Gott dem Sohne, kann Gott Vater gesehen, erkannt und geliebt werden. Das Bild Gottes ist also das Bild des menschgewordenen Sohnes Gottes. Adam wurde nach dem Bilde des von Ewigkeit zur Menschwerdung bestimmten Sohnes Gottes erschaffen. Jesus Christus ist das Urbild des Menschen. Der Mensch ist das Nachbild des Sohnes Gottes, und zwar nicht bloß dem Geiste nach, dann wären ja die Engel vollkommenere Ebenbilder, da sie den Menschen im Geist übertreffen, und doch steht nirgends von ihnen, dass sie im Bilde Gottes geschaffen sind, sondern dass sie dienstbare Geister sind, - sondern der Mensch ist das Nachbild des Sohnes Gottes nach Geist, Seel und Leib. Der ganze Mensch, nicht bloß ein Teil, ist im Bilde Gottes geschaffen. Jesu Person und Leben gibt uns also Aufschluss über den Urzustand des Menschen. Jesus Christus ist Prophet, voll des Heiligen Geistes, sagte, was Ihm der Vater auftrug zu sagen, verkündigte die Herrlichkeit des Vaters, schaute in das Herz des Vaters, erkannte das Wesen aller Dinge. Adam war Prophet, hatte die Gabe des Heiligen Geistes, erkannte den Willen Gottes, drang hinein in das Wesen aller Dinge, daher er sie alle mit den richtigen Namen benennt. Jesus Christus ist Priester, hat Zutritt zu Gott, Umgang mit Gott. So war Adam ein Priester, hörte die Stimme Gottes, redete mit Gott. Jesus Christus ist König, schafft alle Dinge, herrscht über alle Dinge, Alles ist Ihm gehorsam. Adam war König, herrschte über die Erdenschöpfung, ihm gehorchte sie ohne Zwang. Sein Wille war Eins mit Gottes Willen, frei von Selbstsucht, Gewalttätigkeit, Sünde. Seine Gotteserkenntnis war klar, ohne Zweifel und Unglaube. Und er fühlte die ganze Seligkeit dieser Gotteserkenntnis. Wie sich nun in der ganzen Schöpfung die heilige Dreieinigkeit abspiegelt, so auch im Menschen. Gott Vater ist Herr der Welt, unsterblich, allwissend. Adam ist eine unsterbliche Seele, durch Erkenntnis und Vernunft Herrscher über die Erdenschöpfung. Gott Sohn ist die Liebe in der Tat und Wahrheit. Adam hat von Ihm dieses Gefühl empfangen, Liebe, Friede, Freude, Dank. Gott der Heilige Geist ist der wirkende Wille Gottes. Adam hat von Ihm den freien Willen, Gerechtigkeit und Heiligkeit zu erlangen.
Zwei Seiten des göttlichen Ebenbildes bieten sich also dar. Die eine Seite ist die Vernunft, das heißt: Die Fähigkeit Gott zu erkennen und zu lieben, nach Seinem Gesetz sich frei zu bestimmen, und also auch die Verantwortlichkeit der Folgen, wenn er sich nicht nach diesem Gesetz richtet. Diese Seite des göttlichen Ebenbildes, diese Fähigkeit, diese Verantwortlichkeit ist unvertilgbar, selbst die Hölle kann sie nicht vertilgen; sie kann brennen, aber nicht verbrennen; sie kann gepeinigt, aber nicht zerstört werden; denn wenn diese aufhört, so ist der Mensch nicht mehr Mensch; er ist Teufel, für die Teufel aber gibt es keine Erlösung. Die andre Seite des göttlichen Ebenbildes ist die Seligkeit, welche der Mensch in der Gotteserkenntnis und Gottesliebe empfindet, eben darin dass sich Gott ihm offenbart und seinen Willen auf Sein Gesetz gerichtet hat. Diese Seite des göttlichen Ebenbildes, diese Seligkeit, ist verlierbar und ist bereits verloren durch den Abfall von Gott. Adam hatte bei seiner Erschaffung diese zwei Seiten des göttlichen Ebenbildes im vollen, ungestörten Besitz. Nun ist aber sein Leib, wie wir im zweiten Kapitel erfahren werden, irdisch. Er muss also als Geschöpf wachsen, sich entwickeln. Diesen irdischen Leib soll er durch die göttlichen Fähigkeiten, die er hat, durch seine tiefe Erkenntnis des göttlichen Willens, durch die ungestörte Liebe zu seinem himmlischen Vater, durch die Willenseinheit mit Gott, durch die Unsterblichkeit seines Geistes, von Innen heraus immer mehr läutern und heiligen, immer himmlischer machen, bis er, weil keine Sünde, also keine Krankheit, keine Schwäche, kein Tod, kein Grab, kein Moder da ist, zum himmlischen Leben, zur himmlischen Klarheit ohne Todesschmerzen durch den Kuss des Friedens entrückt wird.
Dies ist der Urzustand des Menschen. Er ist gerecht, heilig, selig, Eins mit Gott, mit sich, mit der Schöpfung. Gott regiert in ihm und durch ihn. Die Tiere dienen ihm willig. Der Boden gibt gern seine Früchte. Die harmonische Ordnung der Schöpfung ist durch Nichts gestört. Sein Angesicht leuchtet lieblich, erhaben, herrlich. In ihm ist Himmel und Erde verbunden. Das ist das goldene Zeitalter, von dem die Heiden auch erzählen. Darum drückt auch der Heilige Geist der ganzen Erdenschöpfung das göttliche Siegel auf: Und Gott sah an Alles, was Er gemacht hatte, und siehe da, es war sehr gut.
10. Der siebente Tag.
Einen Blick haben wir geworfen in die erhabene Würde, in die hohe Bestimmung, in die große Macht, Ehre und Herrlichkeit, zu welcher der Mensch durch das Ebenbild Gottes berufen ist. Er soll die Erde füllen mit seines Gleichen und dieselbe sich untertan machen. Darum ist er nach Geist, Seele und Leib im Bilde des von Ewigkeit her zur Menschwerdung bestimmten Sohnes Gottes geschaffen. Durch die freie Benutzung dieser göttlichen Fähigkeiten soll er sich und die ganze Erdenschöpfung der himmlischen Vollkommenheit entgegenführen. Der dreieinige Gott hat alle äußeren und inneren Mittel zur Erlangung dieses Zieles gegeben, denn am Schluss des sechsten Tagewerks heißt es: Und Gott sah an Alles, was Er gemacht hatte, und siehe da, es war sehr gut! Darum fährt auch die heilige Geschichte also fort:
1 Mos. 2, 1-3: Der siebente Tag.
Also ward vollendet Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer. Und also vollendete Gott am siebten Tage Seine Werke, die Er machte, und ruhte am siebten Tage von allen Seinen Werken, die Er machte; und segnete den siebten Tag und heiligte ihn, darum dass Er an demselben geruht hatte von allen Seinen Werken, die Gott schuf und machte.
Erst jetzt, da Alles in schönster Harmonie geordnet, ungetrübt und ungestört von den Mächten der Finsternis, als Krone des Ganzen der Mensch, dasteht, erst jetzt kann es heißen: Also ward vollendet Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer. Das Licht mit seinen Trägern, die Wolken mit ihren Schätzen, Land und Wasser mit seinen Pflanzen und Tieren, der Mensch als Herrscher über Alles, dies Alles, so groß an Zahl, so herrlich in Schönheit, so lieblich in Ordnung, so willig in Gehorsam, ist das Heer Himmels und der Erde, daher Gott in Heiliger Schrift Jehova Zebaoth, Herr der Heerscharen, genannt wird. Die Vollendung eines Werkes tritt erst dann ein, wenn es so weit fertig ist, dass man es mit Ruhe ansehen kann, weil man nichts mehr daran zu machen hat. Darum heißt es weiter: Also vollendete Gott am siebten Tage Seine Werke und ruhte am siebten Tage: Vollenden und ruhen gehört zusammen, ist gleichbedeutend. Ruhen ist ein menschlicher Ausdruck. Gott bedarf keiner Ruhe. Er wird nicht müde noch matt. Er schläft noch schlummert nicht. Das Ruhen Gottes hat also im Zusammenhang mit dem Vollenden der Schöpfung den Sinn, dass, weil Alles sehr gut ist, weil die Schöpfung im Menschen ihr Ziel erreicht hat und durch den ihr von Gott verliehenen Lebenskeim von selbst fortlebt, fortwächst, sich fortpflanzt, nun die Erschaffung aufhört, und also die Erhaltung und Regierung Gottes anfängt, die ebenso notwendig wie die Erschaffung ist, denn ohne Sein Wort, ohne Seine Kraft, ohne Seinen Willen hört Alles Leben auf. Zu diesem Vollenden und Ruhen gehört aber noch mehr. 2 Mos. 31, 17 lesen wir: „Er ruhte am siebten Tage und erquickte sich.“ Wenn wir ein Werk vollendet haben, an welchem uns Alles gelegen ist, dann ruhen und erquicken wir uns in und an seiner Vollendung. So ruht und erquickt sich der Dreieinige Gott. Er freuet sich. Er hat Wohlgefallen an Seinen Werken. Er sieht, dass der Mensch durch die rechte Benutzung der ihm gegebenen Fähigkeiten die ganze Erdenschöpfung ihrem Endziel, der himmlischen Vollkommenheit und Klarheit, entgegenführen kann. Damit hängt das folgende zusammen: Und segnete den siebten Tag und heiligte ihn, darum dass Er an demselben geruht hatte. Die Ursache also, warum Gott den siebten Tag segnet und heiligt, ist, dass Er an demselben Seine Erdenschöpfung vollendet, indem Er ruht von allen Seinen Werken, sich ihrer Güte und Herrlichkeit freut. Segnen heißt: Gutes anwünschen, Gutes verheißen nach Seel und Leib. Heiligen heißt: Aussondern von allen Übrigen, zu einem besonderen Zweck bestimmen. Der dreieinige Gott bestimmt also den siebten Tag vor allen andern Tagen zur Mitteilung Seiner Wohltaten. An diesem Tage will Er sich ganz besonders gnädig erweisen. Damit ist nicht gesagt, dass Er an den andern Tagen Seine Liebe nicht offenbart, sondern die Notwendigkeit eines solchen besonderen Tages der Ruhe, der Heiligung, der Segnung ist angedeutet. Denn für wen segnet und heiligt Er diesen siebten Tag? doch nicht für sich, um Seinetwillen, denn Er ist ja der Alleinselige, Alleinheilige, der Immerselige, Immerheilige. Für wen anders als für den Menschen. Wir kennen den Beruf desselben für sich und für die ganze Erdenschöpfung. Sein irdischer Beruf ist, die Erde sich untertan zu machen. Sein himmlischer Beruf ist, sich und die Erde dem Himmel entgegenzuführen. Er ist ein Gott ähnliches Geschöpf mit irdischem Leib. Er muss also nach Geist und Leib wachsen, sich. entwickeln. Er muss wie das Jesuskind zunehmen an Alter, Weisheit und Gnade, immer klarer, immer fester, immer selbständiger werden in Gotteserkenntnis und Gottesliebe. In diesem Wachstum fühlt er natürlich den Unterschied zwischen dem irdischen Leib und dem himmlischen Geist. Die Schwachheit des irdischen Leibes hat Einfluss auf seinen himmlischen Geist, wenn auch dadurch sein Friede, seine Freude, seine Seligkeit nicht gestört wird, denn noch ist er frei von Sünden. Er bedarf also eines besonderen Ruhetages, der geheiligt ist durch besondere göttliche Segnungen, eines Tages, da er durch leibliche Ruhe und Erquickung neue Kräfte sammelt für seinen irdischen Beruf, da er durch ungeteilten Umgang mit Gott einen Schritt vorwärts tut in seinem himmlischen Beruf, also dass sein irdischer Beruf immer himmlischer wird. Die Bestimmung eines solchen siebten Tages ist abermals eine Liebesoffenbarung Gottes, wodurch der Mensch Gottes Mitarbeiter, Gottes Gehilfe wird. Wie Gott schafft der Mensch sechs Tage lang, lebt seinem irdischen Beruf, frei von Augenlust, Fleischeslust, hoffärtigem Leben, dem Willen Gottes gemäß, selig in Seiner Gemeinschaft, wachsend an Gnade und Weisheit durch den Umgang mit Ihm, die ganze Erdenschöpfung mehr und mehr durchdringend und vorbereitend auf die endliche, himmlische Verklärung. Wie Gott ruht und erquickt sich der Mensch am siebten Tage, freut sich seines vollendeten Werkes, sieht entgegen neuen Offenbarungen der göttlichen Weisheit und Liebe, dringt immer tiefer hinein in die Urquelle aller Liebe und alles Lebens, genießt den Vorschmack des Himmels. So teilt der Dreieinige Gott Sein Schaffen und Sein Ruhen mit dem Menschen. Je mehr Herrlichkeit dieser entfaltet, je weiter er und die Erde fortschreitet dem Himmel entgegen, desto größer und lauter wird die Freude der Engel im Himmel, desto liebevoller ruht das Wohlgefallen Gottes auf ihm und auf der Schöpfung. Sein Leib, die ganze Erdenschöpfung wird immer geistiger, immer himmlischer. Sein Geist wird immer klarer, immer göttlicher. So ist dieser gesegnete und geheiligte Ruhetag eine Vorfeier der ewigen Ruhe beim Herrn selbst. Er ist kein lästiger, den irdischen Beruf störender Tag, sondern ein Tag fröhlicher Feier, der den irdischen Beruf segnet und heiligt.
Weil nun dieser siebente Tag zur Schöpfungsgeschichte gehört und weil wir Alle in Adam im göttlichen Bilde geschaffen und zur Erdenherrschaft berufen sind, so gilt auch uns dieser siebente Tag, seit Christi Auferstehung, seit Ausgießung des Heiligen Geistes der erste Tag der Woche. Was über diesen siebten Tag gesagt ist, hat seine volle Geltung für den ersten Tag, unsern Sonntag. Es ist grundfalsch, zu behaupten, diese Segnung und Heiligung des siebten Schöpfungstages sei nur für die Juden berechnet.
Adam wird nicht als Jude geschaffen. Die Geschichte der Juden fängt erst mit. Abraham an. Was von Adam gesagt ist, ist uns Allen gesagt. Wir machen Ansprüche auf Adams Rechte, auf sein göttliches Bild, auf seine Erdenherrschaft, gut, so haben wir auch Adams Pflichten zu erfüllen. Nun sind aber weder seine Rechte, noch seine Pflichten aufgehoben. Also haben wir den Sonntag zu feiern als einen von Gott gesegneten und geheiligten Tag der leiblichen Ruhe. Und in diesem göttlichen Segen, in dieser göttlichen Heiligung liegt eben Alles, was uns zeigt, wie wir die äußere Ruhe anzuwenden haben. Und wenn für Adam vor dem Falle ein solcher Tag notwendig ist, wie viel mehr für uns nach dem Falle. Daher finden wir auch einen solchen Tag in der Religion aller Völker. Ob es nun der erste oder siebente Tag ist, ob es gewisse Zeiten des Jahres sind, das ist hier ganz gleichgültig. Genug, wir als Christen, die das Wort Gottes haben, sind an den Sonntag gebunden. Und wenn wir uns nach den Worten des Apostels nicht Gewissen machen lassen sollen über bestimmte Feiertage, so bezieht sich dieses nur auf das jüdische Buchstabengesetz und darauf, dass wir nicht glauben sollen, durch die strenge Sonntagsfeier eine besondere Seligkeit zu erlangen und das Recht zu haben, die übrigen Tage nach unserm Gutdünken in allen Werken des Fleisches zu leben. Nein! Nein! Wer als Christ den Sonntag entheiligt, wer diese Christenpflicht vernachlässigt, der hat auch keinen Anspruch auf die Christenrechte. Und überall da, wo die Vorgesetzten die Untergebenen von der Sonntagsfeier abhalten, und diese Untergebenen wirklich nicht den Glaubensmut haben, trotz aller äußeren Nachteile die Sonntagsfeier zu verlangen, da werden die Vorgesetzten über kurz oder lang von Gott zur Rechenschaft gezogen werden, und es wird ein strenges, rücksichtsloses Gericht gehalten werden, denn dieser Richter hat Augen wie Feuerflammen; vor Ihm gilt kein Ansehen der Person. Wo dieser Tag entheiligt wird, da versteht es sich ganz von selbst, dass aller göttliche Segen, alles göttliche Wohlgefallen aus Haus und Herz und Familie weicht, dass keine Spur zu sehen ist von dem Frieden, der höher ist als alle Vernunft, von der Freude, die nimmer hinweg genommen werden kann, von der seligen Hoffnung, die nicht zu Schanden werden lässt. - Forscht also im Worte Gottes, lernt aus demselben euch selbst kennen, euern Beruf, eure Bestimmung und ihr werdet kennen lernen auf der einen Seite den Befehl des dreieinigen Gottes zur Feier eines Ihm bestimmten Tages, auf der andern Seite die Notwendigkeit eines solchen Tages für euern Geist, Seel und Leib, der ein Tempel des Heiligen Geistes werden und sein soll, endlich den Segen eines solchen Tages, auf welchem von Anfang der Welt an die herrlichsten Verheißungen ruhen, der vor allen andern Tagen „der Tag des Herrn“ genannt wird.