Tersteegen, Gerhardt - Zu Weihnacht 1754.
Jesaia 9, 6.
Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, welches Herrschaft ist auf seiner Schulter.
Die Worte, geliebteste Freunde, welche dort der Erzvater Lamech 1. Buch Mos. 5, 29 von seinem erstgeborenen Sohn Noah sprach, können wir mit größerem Recht von der Geburt unsers Heilandes sagen: Dieser wird uns trösten in unserer Mühe und Arbeit auf Erden, die der Herr verflucht hat.
Nach dem Sündenfall ist auf Erden nichts als Mühe und Arbeit, oder Arbeit und Schmerzen, wie es eigentlich heißt. Nicht zu gedenken der Mühe und Arbeit, die ein gefallenes Adamskind in seinen äußeren Berufsgeschäften und Arbeit hat, um sich und die Seinigen durchzubringen, und den elenden Madensack zu versorgen; nicht zu gedenken der Mühe und Arbeit, Plagen, Verdrießlichkeiten und Unglücksfälle, die immer eins aufs andere folgen in diesem mühseligen Leben; nicht zu gedenken alle der Elende, die wir von außen zu erwarten haben, indem wir allem Ungemach der Elemente unterworfen sind, der Kälte, der Hitze, dem Donner, Hagel und allerhand Ungewitter, Krieg und Pestilenz; nicht zu gedenken alle der Mühe, Arbeit und Schmerzen, die ein Mensch an seinem Leibe auszustehen hat durch Kränklichkeiten, durch Widerwärtigkeiten an ihm selbst und an den Seinigen, durch Furcht des Todes, und alles dergleichen, was über ihm kommen könnte; auch nicht zu gedenken alle der Mühe und Arbeit, Schmerzen und Pein, die einem gefallenen Adamskinde seine eigene unordentliche Gemütsbewegungen verursachen, durch Zorn, durch Eigenwillen, durch Eigennutz, durch Hass, durch Neid, und durch sonst tausendfache dergleichen Verdrießlichkeiten; so wollen wir hauptsächlich nur sehen auf den Grund, der durch den Fluch auf uns gekommen ist, nämlich auf das unruhige, auf das unvergnügte Herz, auf den Grund eines bösen Gewissens, das ein jeder Mensch, der nicht mit Gott in Christo wieder versöhnt ist, bei sich trägt.
O welch eine Mühe und Arbeit, welch eine Pein ist das nicht, mit einem unvergnügten Herzen, mit einem unruhigen Gewissen in dieser Welt zu leben, da Einem kein Ding in der Welt recht ist! Greift der Mensch Eines an, bald will er wieder ein Anderes angreifen, und entfällt ihm das Erste wieder; und er fällt so immer von dem Einen auf das Andere, um doch irgendwo seinen Trost, seine Lust und seine Vergnügung zu haben. Ach leider, wenn der Mensch in seinem Naturstand nur einmal wieder zu sich selber, zu seinem Herzen kommt, wenn das unruhige Gewissen nur ein wenig aufwachet, wenn er nur einmal so weit zum Stillstand gekommen ist, dass er an eine lange, unendliche Ewigkeit gedenkt, den Augenblick ist alle seine Freude wieder zu Ende. Seht, liebste Herzen, solche Mühe und Arbeit ist, nach Aussage des Erzvaters Lamech, von dem Fluch, der auf die Sünde gefolgt, hergekommen.
Nun, was kann uns dann nun trösten in dieser Mühe und Arbeit auf Erden? Dieser ist es, sagt Lamech, der soll uns trösten in aller unserer Mühe und Arbeit auf Erden, die der Herr verflucht hat. Ein Weltmensch, wenn er den Verdruss, die Last und Beschwerden an seinem Leibe in aller Mühe und Arbeit, als auch die tausendfachen Lasten, Plagen und Verdrießlichkeiten dieses Lebens erfährt, so sucht er sich auf seine Weise zu trösten. Die Kinder der Welt, in der ersten Zeit vor der Sündflut, da unser Erzvater lebte, die bauten sich Städte, sie lernten Künste, oder, wie unser liebster Heiland Luk. 17, 27 es kürzlich anzeigt, sie aßen, sie tranken, sie freiten und ließen sich freien. Das war ihre Sache, darin suchten sie ihren Trost, dadurch wollten sie sich zerstreuen, damit sie die Not, die Angst, die Unruhe ihres Herzens, ihres nagenden Gewissens, nicht fühlen müssten. Aber, ach leider, es hilft nichts, sondern, wie gesagt, der Mensch fällt von einem auf das andere, und das Herz bleibt unvergnügt. Es ist eben, als wenn man einem Menschen, der eine schmerzhafte Krankheit hätte, einen köstlichen, roten, mit Gold besetzten Mantel umhängen wollte, dass der ihm die Schmerzen nehmen sollte; ach, wie wenig würde es ihm doch helfen! Das Weh, die Not, sind in dem Grunde eines unvergnügten, eines mit Gott unversöhnten und in der Ungnade Gottes stehenden Herzens und Gewissens, dasselbe kann nichts Äußeres trösten, vielweniger ihm helfen.
Was kann denn helfen? Gottes Kinder die machen es so, wie der Erzvater Lamech: „Dieser“, sagt er, „wird uns trösten in aller unserer Mühe und Arbeit auf Erden, die der Herr verflucht hat.“ Gottes Kinder erkennen und glauben von Herzen, dass alle Mühe und Arbeit, die sie in diesem Leben haben, es sei auf diese oder jene Weise, ihren Grund habe in der Sünde, und in dem aus der Sünde entstandenen Fluche. Deswegen beugen sie sich willig unter die gewaltige Hand Gottes; sie sehen die Sache an als einen Weg der Buße, wodurch sie hier sollen gedemütigt, gebeugt und vom Bösen zurück gezogen werden. Aber dieses nicht allein, sondern sie suchen auch, wie gesagt, ihren Trost, mit Lamech, am rechten Orte. Dieser ist es, der uns trösten wird in unserer Mühe und Arbeit auf Erden.
Es ist wohl nicht daran zu zweifeln, es wird dem Erzvater Lamech gegangen sein, wie es unserer ersten Mutter Eva erging, als sie aus dem Paradies vertrieben war, und nun erst in Unruhe und Mühe, die auf die Sünde folgte, fühlte. Da hatte sie sobald nicht ihren ersten Sohn Kain geboren, so sprach sie: Nun hab ich den Mann, den Herrn; nun, der Mann wirds wieder gut machen. Das war zwar an Kain weit gefehlt; indessen ihr Glaube, ihr Glaubensauge, sah doch auf den Mann, auf den Messias, den hatte sie im Auge. Und wenn Lamech von seinem Sohn Noah sagt: Dieser wird uns trösten in unserer Mühe und Arbeit auf Erden, die der Herr verflucht hat; so kann es ja auch wohl sein, dass er von diesem Sohn auch gedacht hat, dass es der Messias sei. Dem sei indessen, wie ihm wolle, sein Glaube sah doch auf den Messias: er sah den an als den Einigen, der trösten könnte; als den Einigen, der das Herz wieder beruhigen und zu Gott bringen könnte; als den Einigen, der das unruhige, beängstete Gewissen wieder stillen und befriedigen könnte.
Seht, das soll nun auch unser Werk sein an diesem Christtage. Jetzt wird uns verkündigt das rechte Kind, der rechte Noah, der uns in die Arche nehmen will; und dieser ist es, der da geboren ist zu Bethlehem. Dieser wird uns trösten in aller Mühe und Arbeit, die wir auf Erden haben. Menschenkinder, sucht sonst Trost, wo ihr wollt, ihr werdet keinen finden. Sucht Trost in Ehre und Ansehen dieser Welt: ach, es ist nur eine glänzende Eitelkeit und Phantasie. Sucht Trost in den Gütern dieser Erde, ach, es sind goldene Stricke, welche die Seele verstricken. Sucht Trost in den Wollüsten und vergänglichen Lustbarkeiten dieser Erde, es ist nur ein bezauberndes Gift, wodurch die Seele getötet, und die Unruhe in dem Herzen und Gewissen größer gemacht wird. Wer soll uns denn trösten? Die Antwort ist in unsern Textesworten: Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben, welches Herrschaft ist auf seiner Schulter, und wie die Worte ferner lauten.
Wir haben jetzt, geliebte Freunde, die Christtage. Die Welt feiert die Christtage nach ihrer Art; Christen aber tun es auf eine andere Weise. Die Welt feiert die Christtage mehrenteils nur zum Schein. So lange ein Mensch unbekehrt ist, weiß er nicht viel mehr davon, als dass er einmal seine besten Kleider antut und darin prangt; dass er sonderlich seinem Fleische was zu gute tut in Essen und Trinken, und das leider oft in Überfluss. Ein Freund geht zu dem andern, sie laden einander zu Gast, und sie traktieren sich aufs Beste.
Liebste Freunde, wenn ich nun unsere Textesworte ansehe, dann deucht mich, der liebste Heiland will uns auch einmal eine Christtagsmahlzeit anrichten; wir sollen es auch einmal gut haben, wir sollen auch von diesem Freund traktiert werden: und wird uns in diesen Worten auf den Tisch gesetzt:
1. Eine erquickliche Milchspeise der holdseligsten Menschwerdung und Geburt Christi;
2. wird uns vorgesetzt: Eine nährende Kraftspeise seiner herrlichen Gottheit. Und es wird uns endlich
3. darin vorgesetzt: Das Kron- und Ehrengericht seiner königlichen Oberherrschaft. Kommt denn, ihr meine Geliebten, esst und trinkt, und werdet mit trunken von alle dem Guten, so wir haben in unserm neugeborenen König Jesu Immanuel, geboren zu Bethlehem.
O Jesu, wecke unsere Herzen auf, und sammle den Hunger unsers Herzens, damit wir nicht nur Schall und Worte, sondern Kraft aus den Wahrheiten in unsern Herzen empfangen mögen. Amen.
Erster Teil.
Wir sehen dann zuvörderst in den verlesenen Textesworten an: die holdseligste Menschheit unsers geliebten Heilandes, geboren zu Bethlehem, welche uns angedeutet wird mit diesen kurzen Worten: Ein Kind ist uns geboren.
Deine süße Milchspeise, zur Erquickung und Labung aller hungrigen, aller gebeugten, aller blöden, armen Sünder! Ein Kind reizt uns zu Liebe und Vertrauen. Nichts ist dem Menschen, um selig zu werden, nötiger, als dass er ein gutes Herz zu seinem Gott und Heiland fasse, ihn zu lieben und in seiner Liebe selig zu sein. Von Natur aber haben wir alle nichts weniger als dieses in unsern Herzen. In allen gefallenen und noch unbekehrten Adamskindern herrscht die Furcht und Bangigkeit. Ach wie furchtsam, wie voller Unruhe ist nicht das menschliche Herz, auch wenn man nur an Gott denkt! Ach es ist keine Liebe, kein Vertrauen zu Gott, zu dem gnädigen Gott, im menschlichen Herzen. Die allerfrechsten Menschen, auch die sogenannten starken Geister in der Welt, die sich zu solchen Helden machen wollen, wenn die einmal still stehen auf dem Punkt der Ewigkeit; wenn sie einmal gedenken, nun soll es drauf angehen, du sonst sterben, du sollst in die große Ewigkeit übergehen; ach wie werden sie so verzagt, wie werden sie so bange! Der Mensch sagt zwar wohl mit seinem Munde, er liebe Gott, aber warum wird man denn so bange vor Gott? Können wir wohl Gott lieben und vertrauen? Nein, Gott lieben und vertrauen können wir nicht ohne Christum und seine in unsere Herzen einwirkende Gnade. Gott lässt sich herunter; wenn er das aber nicht täte, und wir sollten mit einem so bangen Herzen, zaghaftem Gemüt und schüchterner Seele vor dem hellen Angesichte Gottes erscheinen, was würde das werden! Welch eine Sache!
Man sah schon die Furcht in dem Menschen, sobald er gefallen war. Denn sobald waren unsre ersten Eltern nicht gefallen, da verbargen sie sich vor der Stimme Gottes im Garten. Als Kain gesündigt hatte, meinte er, ein Jeder wollte ihn fangen. Ja selbst die Frommen, wenn sie nicht im Glauben und in der Gemeinschaft Gottes gegründet stehen, so ist bei ihnen manchmal auch noch Zaghaftigkeit genug. Denn als die heiligen Engel mit himmlischer Klarheit den Hirten erschienen auf dem Felde, so mussten die Engel ihnen Mut einsprechen: Fürchtet euch nicht, ich verkündige euch große Freude. Kann nun eine englische Gestalt, ein englischer Glanz, Jemanden zu Boden werfen, was wird dann nicht der Glanz der Majestät Gottes tun!
Nun, ich sage, Gott lässt sich aufs Allertiefste herunter. Gott kommt zu uns in menschlicher Natur; er kommt als ein Kind zu uns, damit wir Herz und Liebe zu ihm fassen, damit wir nicht schüchtern werden, damit wir durch seine angenommene heilige Menschheit uns heilen und helfen lassen. Gott hätte zu uns kommen können in seiner Klarheit; Gott hätte zu uns kommen können in dem allerhöchsten Glanz seiner Reinheit und Heiligkeit; Gott hätte zu uns kommen können mit dem Schwert und mit der Waagschale seiner Gerechtigkeit: wo wollten wir dann bleiben, und wo würden wir bleiben ohne Christum, liebste Menschen? Nun, Gott kommt als ein armes Kindlein zu uns, Gott ist ein Kind geworden; er kommt ganz unbewaffnet, er kommt bekleidet mit unserer armen schwachen Menschheit; er kommt in der allerholdseligsten unschuldigsten Gestalt, nur damit wir nicht bange werden, nur damit wirs ertragen können, was er uns zu sagen habe, und was er in unserm Herzen zu wirken habe. Denn darum stellt sich der liebe Heiland uns in seiner angenommenen Menschheit an dem Christtage dar als ein Kind, dass er kindlich mit uns umgehen will; kindlich stellt er sich uns dar, dass wir nicht sollen vor ihm laufen gehen; kindlich und erträglich will er alle seine Werke in unserm Herzen machen, damit er uns wieder aushelfe aus allem Jammer und Elend, und damit wir wieder zu seiner Gemeinschaft gebracht werden können.
Ein Kind ist uns geboren. Ach, wem ist es geboren? Uns, uns ist das Kind geboren. Zwar ja, uns, den Gläubigen, den Begnadigten, wird dieses zuvörderst verkündiget. Den Hirten auf dem Felde ward gesagt: Euch ist der Heiland geboren; den Andern, die zu Jerusalem sicher in ihren Sünden lebten, dem Herodes mit seinem ganzen Hofstaat, den Pharisäern und Schriftgelehrten mit ihrer bloß schriftlichen Erkenntnis, den andern Juden, die auf ihren Tempel und Zeremonienwerk nur bauten, nein, denen ward es zuvörderst nicht verkündigt; ach, die hatten Jesum nicht nötig, die hatten ganz was anders zu tun. Ein Kindlein, das war denen eine gar zu geringe Sache. Den Hirten, den hungrigen Herzen, ward es verkündigt. Doch ward den Hirten ein Wort dabei gesagt, nämlich: Diese Freude wird allem Volk widerfahren. Gott schließt in seiner unparteiischen Menschenliebe Keinen aus, der sich nicht selber durch Unbußfertigkeit und Unglauben ausschließt.
Nun sollten das billig die Sünder beherzigen: Ein Kind ist uns geboren. Sünder, nahe nun zum Kinde, nun kannst du Gnade finden. Gott will nicht mit dir zu Werke gehen als ein Richter, er will nicht mit dir zu Werke gehen als ein heiliger Gott, sondern er will dir Gnade anbieten in seiner unschuldigen, unbewaffneten, armen und niedrigen Kindheit. O kommt doch, alle arme Sünder; nicht nur die ihr solche seid, sondern auch insonderheit, die ihr gebeugte, arme Sünder worden seid, und die wohl kommen wollten, aber noch blöde Kinder sind, und nach ihrer Schüchternheit und Blödigkeit denken, sie dürften nicht kommen.
Seht, liebste Herzen, es ist ein Kind, das euch vorgestellt wird zum Vorwurf eures Glaubens. Naht doch zu dem Kinde! Ihr dürft euch nicht selbst fromm und heilig machen, das Kindlein will es tun. Naht euch zu ihm, wie es sich zu euch naht. Mich deucht, ich sehe das Gottkind in der Krippe liegen mit seinem freundlichen, holden, lächelnden Angesicht, mit seinen weinenden Äuglein, mit seinen holdselig sich bewegenden Lippen, mit seinen ausgestreckten Händlein, mit seinem ganz unschuldigen Kinderwesen, um uns armen Sündern, uns blöden Kindern, die gern wollten und nicht dürfen, zu winken, und uns zu nötigen, dass wir doch kommen sollen: Komm doch, ich will dich annehmen; komm doch und beuge dich vor meiner Krippe, ich will nicht hart mit dir verfahren; ich will dir alles vergeben, du kannst nun kindlich mit mir handeln; du sollst nun Gnade finden, aber nur mit der Bedingung, dass du dich beugst, deine Missetat bekennst, und mich nur allein für dein Ein und Alles annimmst. Ein Kind ist uns geboren! Wir dürfen nicht denken: Ach, meine Sünden halten mich zurück, meine Sünden sind zu groß, ich darf nicht kommen, das Kindlein Jesus geht mich nicht an; es ist doch der Sohn Gottes in dem Kindlein, ich werde das ja nicht wagen dürfen.
Nun, Seele, wiederkäue diese Worte: Ein Kind ist uns geboren, noch etwas besser. Hast du es wohl gehört? Ein Kind ist uns geboren. Dieses Kind ist nicht so vom Himmel gekommen, und hat sich da zu Bethlehem in die Krippe gelegt; nein, das Kind ist wirklich geboren, und Gott hat wirklich unsere Menschheit in diesem Kinde angenommen, das Wort ist Fleisch geworden in diesem Kinde. Gott hat sich auf eine uns unbegreifliche Weise herunter gelassen in unsere armselige Menschheit, er ist in unsere Menschheit eingeboren worden. Durch diese seine Geburt ist er in unsere menschliche Familie gekommen, dass ich so rede; er ist durch seine Geburt unser naher Anverwandter worden, er ist unser Brüderlein geworden. O das ist ein Wort, wobei man wohl ein Sela setzen mag, und wozu man wohl eine ganze Ewigkeit nötig hat, das Wunder aller Wunder anzubeten und zu verehren, dass der einige Sohn Gottes sich durch seine sichtbare Geburt herab gesenkt hat in unsere armselige Menschheit, ist unser Bruder geworden, hat sich unserer Elende ganz und gar angenommen, und bringt in unsere menschliche Familie mit ein alle seine himmlischen Reichtümer, dass nun die allerärmsten Sünder in Christo Jesu Alles finden, haben und genießen können, was ihnen zeitlich und ewig zu ihrer innigen Herzensfreude vonnöten ist.
Christus ist durch seine Geburt unser Bruder worden. Lasst uns dabei uns erinnern des Gesetzes, das Gott gegeben hatte, 3. Mos. 25, wenn nämlich irgendwo einer unter den Juden verarmt war, dass er seine Güter, Haus, Hof, Land und alles, was er hatte, verkaufen müssen, und also ganz arm geworden war, so mussten seine nächsten Anverwandten ihn lösen, und ein solcher Löser ward ein Goël1) genannt, der musste ihn los kaufen von allen seinen Schulden, und machen, dass alle seine Güter bei der Familie blieben. Von einem solchen Mann sagt Hiob in seinem Büchlein, Kap. 19, 25: Ich weiß, dass mein Erlöser lebt, dass mein Goël lebt; und darum, ob ich gleich ein armer Mensch bin, ob ich gleich von schweren Schulden gedrückt werde, ich habe doch einen Löser, der wird mich erlösen.
Nun, siehe, liebe Seele, die du sagst: Meine Sünden sind zu groß! Ja, meine und deine Sünden hatten einen solchen Mann, einen solchen Löser nötig, sonst hätte uns in alle Ewigkeit nicht können geholfen werden. Wenn ein Mensch gekommen wäre, uns zu lösen, was würde es geholfen haben? Kann doch kein Bruder den andern erlösen, noch mit Gott Jemand versöhnen, denn es kostet zu viel, seine Seele zu erlösen, Psalm 49, 8. 9. Wenn auch alle königliche, alle kaiserliche Schätze dargegeben würden, es könnte alles nichts helfen, eine einzige Seele zu erlösen. Ein Kaiser, ein König, ein großer Monarch kann seiner eigenen Seele mit seinem ganzen Reich nicht helfen. Wenn auch ein Engel vom Himmel gekommen wäre, der hätte nicht einmal einen einzigen Menschen lösen noch ihm helfen können, vielweniger dem ganzen menschlichen Geschlecht. Nun aber ist ein Kind eingeboren in unsre Familie, ein Kind, das Gottes Sohn in Wahrheit ist. Kraft seiner Geburt nimmt er nun alle Schulden der Seinigen auf sich; kraft seiner Geburt ist er unser Erlöser, der unser aller Sünden auf sich genommen hat: Von der ersten Minute der Geburt unsers Heilandes an, sehe ich den schon in der Krippe liegen, das Lämmlein Gottes, welches meine, und deine, und aller Welt Sünde auf sich hat. welch ein Goël, o welch ein Brüderlein ist das nicht! liebste Herzen, in ihm können wir alles haben und finden. Wenn wir uns nur im Glauben mit ihm vereinigen und vermählen, so dürfen wir nicht mehr sagen: meine Sünden sind zu groß. Seht, hier ist Rat für unsre Sünden, wenn sie uns nur recht drücken. Wenn wir auch die allerärmsten Bettler wären, so dass wir nicht das allergeringste von Gott und seinen Gütern in unserm Herzen hätten; seht, unser Brüderlein bringt es uns alles mit aus dem Himmel, den Augenblick, da er geboren wird in unsre Menschheit. Drum mag der Glaube recht jubilierend sagen: Ein Kind ist uns geboren! O welch eine Treue ist dieses nicht! Dieser uns geborene Jesus nimmt alle unsre Schulden auf sich; unser Elend nimmt er an; unser verlorenes Erbe will er wieder an uns bringen, tätig und wirklich in unsere Herzen hinein bringen. Er will uns aller seiner göttlichen Reichtümer teilhaftig machen; wenn wir uns nur mit ihm durch Glauben und Liebe herzlich zu vereinigen suchen. O sollten wir nicht das Brüderlein herzlich wieder lieben, das uns also geliebt hat? Sollten wir nicht seine Freund- und Brüderschaft hoch schätzen über alle Güter der Erde? Lieber alle Menschen zu Feinden, als diesen nicht zum Freunde haben. Sollten wir nicht um des willen, der so Vieles für uns getan hat, nun auch Alles wagen und tragen, und diesem unserm Brüderlein uns zum Eigentum schenken und übergeben!
Weiter: Ein Kind ist uns geboren. Etliche tausend Jahr war dieses Kindlein verheißen. Der Glaube sah das Kind an und erwartete von ihm das Heil, aber ach, man hatte es noch nicht. Viele Heilige und Propheten hatten von dem Heilande geweissagt, aber ach so dunkel, man konnte es kaum verstehen, man wusste nicht wohl, worauf es zielte. Abraham, ein Vater der Gläubigen, der ein Vorrecht vor andern hatte, und den Tag Christi gesehen hat, ja, der sah ihn, aber es war doch noch so weit, es war doch noch so ferne. Nun aber können die Gläubigen im Triumph sagen: Nun ist das Kind geboren, es ist geboren, es ist geboren! Nun ist er da, nun ist er da! Wir können ihn jetzt selber gegenwärtig haben, und wir dürfen auch nichts mehr haben. Gnade, o große Gnade, die so wenig erkannt und so wenig geschätzt wird, dass wir das Evangelium von einem schon wirklich gekommenen und geoffenbarten Heilande haben in unsern Tagen. Ach, die Heiligen im Alten Testament, die freuten sich alle in der Hoffnung, aber sie hatten die Verheißung noch nicht erlangt. Wir können es haben, wir können es erlangen! Das Kind ist uns geboren, der Sohn ist uns gegeben!
O liebste Herzen, sollte uns dieses nicht beschämen, dass wir dennoch so träg sind, und nicht mehr Fleiß anwenden, um dessen wirklich, in der Tat, und kräftig teilhaftig zu werden? Hier sehen wir nun, wie es die Wahrheit sei, was unser liebster Heiland dort sagt von dem Könige, der seinem Sohne die Hochzeit bereitet hatte, und zur Stunde der Hochzeit seine Knechte aussandte, die zu den Geladenen sagen sollten: Kommt, es ist Alles bereit! Siehe, so ist es jetzt auch; diese Worte sind heute alle erfüllt vor unsern Augen; jetzt hat der Herr schon wirklich seinem Sohn die Hochzeit bereitet; man darf nun auf nichts mehr warten; das Kind ist geboren, wir sollen nun alle eingeladen werden. Nun, kommt, es ist alles bereit, der Tisch ist gedeckt, wir werden nun eingeladen. Es ist weiter nichts nötig, als nur kommen, und nehmen was uns in Christo erworben und angetragen wird.
O liebste Herzen, welch eine Schande, dass wir dennoch so träge, dass wir dennoch so lau sind! Ja wir wollen, wir wollen wohl, aber es schickt sich doch noch nicht. Ja wenn mir Gott die Gnade gäbe, sagt die träge Natur, so wollte ich auch wohl kommen. Eben als wenn es an Gott läge. Nein, lieber Mensch, der Tisch ist gedeckt, das Kind ist geboren, du darfst auf nichts mehr warten, es ist Alles gegenwärtig da; jetzt kannst du es haben; wo du dich nur bußfertig zu ihm nahst, und nur mit hungrigem Herzen kommst, so kannst du des Kindleins teilhaftig werden in deinem Inwendigen. Jetzt können wir ihn noch als ein Kindlein in der Gnade und Gunst seiner Leutseligkeit finden, als einen solchen, der uns annehmen will, der uns nichts vorrücken will; er will uns Alle annehmen, er will es Alles verfechten und ausmachen. Warum wollen wir denn jetzt nicht? Wird uns denn in jener Ewigkeit auch noch ein Christfest gegeben werden? Wird uns dann auch noch verkündigt werden von einem Kinde, das geboren ist? Wird Christus an jenem Tage noch als ein Kind erscheinen? Ich meine nein; als ein Richter wird er erscheinen mit der Menge seiner himmlischen Heerscharen. Sünder, Sünder, spare deine Buße nicht! Nahe dich zu ihm als zu einem Kinde, ehe du dich zu ihm nahen musst als zu einem Richter, o da wird es gar zu spät sein.
Es denke aber niemand: ja ich lebe nun nicht in der Zeit, da Christus ist geboren worden; das ist ja schon so viel hundert Jahr; wie kann ich seiner nun noch teilhaftig werden als eines Kindes? Ist es dir ein wahrer Ernst, dessen teilhaftig zu werden, so kannst du seiner so gewiss und so wirklich teilhaftig werden, als die Hirten und andere Gläubige zu der Zeit, die ihn gesehen, gegrüßt und geküsst haben. Christus ist gestern und heute, und eben derselbe bis in Ewigkeit. Jesaias, dessen Worte wir zum Text haben, lebte etwa noch achthundert Jahre vorher, und dennoch sagt er: Ein Kind ist uns geboren; eben, als wenn er's schon wirklich hätte. Siehe, so macht es der Glaube, der sieht alle, sowohl die zukünftigen als auch die vergangenen Sachen, als gegenwärtig an. Viel besser aber können wir's nun sagen. Der Prophet musste das Alles noch wie durch eine dunkle Decke sehen, jetzt ist die Sache wirklich geschehen, wir wissens, dass es geschehen ist, das Kind ist wirklich geboren, es ist in dieser Welt gewesen, ja, was sage ich, gewesen? Es ist noch in dieser Welt. Christus hat seine Kindheit oder seine Menschheit nicht wieder abgelegt. Er ist zwar in seiner verklärten Menschheit zu der Rechten des himmlischen Vaters aufgefahren, aber dergestalt, dass er auch als unser Heiland, als unser Immanuel, Gott mit uns, noch bei uns ist alle Tage bis ans Ende der Welt. Er ist uns jetzt viel näher, wir können ihn nun noch viel eigentlicher finden, da er verklärt ist, als damals, wie er in dem Stande seiner Niedrigkeit im Stalle zu Bethlehem war.
Ja, liebe Herzen, ihr alle, die ihr mit mir der göttlichen Gnade seid teilhaftig worden, wir können ihn jetzt mit unsern Glaubensarmen, mit unsern Liebesarmen, mi unsern Herzensneigungen, so inniglich, so nahe, umfassen, lieben, anbeten und genießen, als wenn wir auch mit den Hirten im Stalle zu Bethlehem wären. Das sei denn nun genug von der erquicklichen Milchspeise seiner Menschheit, seiner holdseligen Menschheit.
Zweiter Teil.
Nun nehmen wir das zweite Stück vor uns, nämlich die nährende Kraftspeise seiner Gottheit, von welcher es in unsern Textesworten heißt: Ein Sohn ist uns gegeben.
Ein Kind! ein Kind! konnte die Vernunft sagen und denken, ja was macht man doch viel Lärmens davon? Werden nicht täglich Kinder geboren? Ein Kind, ein armes nacktes Kind, soll das mein Heiland sein? Sollte mir das helfen? Ei nein. Ach liebe Vernunft, versieh dich nicht an dem Kinde; in dem Kinde ist mehr als du und alle natürliche Augen sehen können. In diesem Kinde ist wirklich der Sohn Gottes selber; ein Sohn ist uns in dem Kinde auch gegeben. Dieses Kind ist Jesus Christus der Herr vom Himmel selbst; in dieses Kind hat sich hinein gesenkt die ganze Fülle der Gottheit, und die wohnt leibhastig in diesem Kinde. Gottes Herz, Gottes Liebe, ja, was sag' ich? der Sohn Gottes selbst, in welchem der Vater all sein Wohlgefallen hat von Ewigkeit zu Ewigkeit, eben der Sohn ist in diesem Kinde und mit diesem Kinde auf eine uns unbegreifliche Weise vereinigt. Wer dieses Kind, diesen Sohn sieht, der sieht den Vater in dem Sohne. O was sehen diejenigen nicht, die das sehen können! Jener Adler, ich meine den Evangelisten Johannes, der sagt Joh. 1, 14: Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. Das Alles ist in dem Kinde zu finden. Weil dieses Kind vereinigt ist mit der Gottheit, eben deswegen sind die Taten dieses Kindes, bei seiner Menschwerdung und Geburt sowohl, als die, so er hernach getan hat, ich sage, alle Taten, alle Tränen, alle Leiden dieses Kindes, sind alle von unendlichem Wert, von unendlichem Verdienst, für unsre arme unsterbliche Seele. Alle Taten dieses Gottmenschen Jesu Christi, das sind göttliche Taten, weil er vereinigt war mit der ewigen Gottheit, weil es nicht nur ein Kind, sondern auch ein Sohn war; alle Tränen dieses Kindes sind göttliche Tränen, alle Leiden dieses Kindes sind göttliche Leiden. Ein einziges Tröpflein seiner Tränen, ein einziges Tröpflein seines Bluts, das es auch zum ersten Mal vergossen hat, ist mächtig genug, meine und der ganzen Welt Sünde auszutilgen. O selige Herzen dann, welchen der Sohn Gottes gegeben ist!
Ein Sohn ist uns gegeben. Wem ist er denn gegeben? Ich sage frei heraus, allen denen, die ihn herzlich gerne haben wollen, und das kann kein Mensch wollen, oder die Gnade Gottes bewege ihn dazu. Willst du ihn nun herzlich gerne haben, so ist er dir wirklich von dem lieben himmlischen Vater gegeben und geschenkt. In dem Kinde, in dem Sohn Gottes, hast du auch sein unendliches Verdienst, alle Vollkommenheiten und die Erfüllung des Gesetzes. Alles, was er Gutes und Heiliges getan hat, das hat er dir zu gut getan; und Alles, was er gelitten hat, das hat er für dich gelitten; das ist Alles das Deine, wenn du das Kind nur im Glauben kannst umfassen und lieben.
Weiter: Ein Sohn ist uns gegeben. Dieses ist der einzige Grund unserer Kindschaft und des göttlichen Lebens in unsern Herzen. Wir könnten nimmer Kinder oder Söhne Gottes werden, wenn uns dieses Kind, dieser Sohn, nicht wäre gegeben worden. Adam war ein Sohn Gottes, er hatte Gottes Licht und Bildnis in und an sich, allein durch die Sünde starb Adam, ob er gleich noch neun hundert Jahr im Elend leben musste. Er starb. Wie das dann? Gott, und alles göttliche Licht, Leben und Friede, waren von ihm gewichen, das Bild Gottes war in ihm erblichen. Er starb, er war ohne Gott, und ohne Gottes Leben nach dem Sündenfall. Und so werben wir alle geboren, ohne Gott, ohne Gottes Leben, ohne Gottes Bild, ohne Gottes Tugend, und ohne einig Göttliches an uns zu haben. Dem Jammer und Elend konnte auch durch keine andere Wege und Mittel geholfen werden, als dadurch: Gott musste seinen Sohn senden, er musste das Herz seiner Liebe, das wesentliche Liebeleben, wieder einsenken in unsere gefallene Menschheit, doch alles ohne Sünde. Es musste der Sohn Gottes Mensch werden, und uns zum Eigentum geschenkt werden. In dieser Vereinigung der Menschheit des Kindes und des geschenkten Sohnes liegt nun wieder das Unterpfand, auch der Grund unsers einigen Mittels, dass wir wieder der Kindschaft, und also Gott selbst, teilhaftig gemacht werden können, dass wir wieder göttliches Lichts, göttliches Friedens können teilhaftig werden; es ist auch in Ewigkeit kein anderer Weg noch Mittel zu finden. So gewiss nun als Gott seinen Sohn gegeben hat am Christ tage, so gewiss ist nun auch die Möglichkeit, dass uns armen Adamskindern aus unserm Tode wieder geholfen, und wir des göttlichen Lebens teilhaftig gemacht werden können. In dem Kinde ist Alles beschlossen; wir müssen uns nur mit ihm vereinigen im Glauben, so flößt er uns in diesem geschenkten Sohne, und in diesem Kindlein, sein Gottesleben, Licht, Liebe und Frieden in unser armes Herz hinein.
O liebste Herzen, welche Gnade, welche Seligkeit liegt nicht in dieser Schenkung! Das Alles ist uns gegeben. Ein Sohn ist uns gegeben; es ist weiter nichts nötig, als nur, dass wir ihn nehmen. Es muss genommen werden. Ich muss es wirklich annehmen im Glauben, und mich dessen teilhaftig machen in meinem Herzen; ach, was würd' es mir sonst helfen. Nun', es ist gegeben, lieber Mensch; nimm es doch, weil du es haben kannst, sonst bleibst du ja ewig ohne Gottes Licht, ohne Gottes Leben, ohne einige Tüchtigkeit zu einigem Guten. Kein Mensch kann fromm leben, kein Mensch kann gottselig leben, kein Mensch kann wahre gründliche Tugenden ausüben, er habe sie denn von diesem Kinde, er schöpfe sie denn aus diesem Sohne, der uns gegeben worden. O, durch den Glauben müssen wir uns als arme, nackte, unvermögende Kinder, mit diesem Kinde vereinigen, ihn im Glauben annehmen, so können wir selige Menschen werden.
Nehmen sollen wir, gläubige Herzen. Wie sind wir denn so ungläubig, und jammern, als wenn kein Sohn gegeben wäre; als wenn kein Kind geboren wäre. Ist das wahr, dass uns Gott wirklich in dem Sohn gegeben hat sein göttliches Licht und Leben, und alle Gnade, seine Kinder werden zu können, gute Früchte bringen zu können, warum sind denn des Königs Kinder so arm? Warum bleiben denn die Kinder so mager und beim Jammern? Der Tisch ist ja gedeckt, der Vater gibt es ja auf den Tisch. Nun streckt denn die Glaubenshände besser aus; nehmt doch fleißiger, was euch vorgesetzt wird. Der Sohn ist uns gegeben, und alle Gnade, die wir zur Gottseligkeit und zum Leben nötig haben. Da können wir das Gute finden, das uns mangelt, und alle Tugenden erlangen, die wir nicht selbst hervor bringen können. liebste Herzen, lasst uns denn doch nehmen, uns mehr üben, will ich sagen, in dem Gebet, mehr üben in dem Glaubenslicht zu ihm zu nahen, mehr üben in dem unverrückten Ankleben an unserm Immanuel; damit wir je länger je mehr mit ihm im Glauben so mögen vereinigt werden, dass wir, wie saugende Kinder, nehmen mögen Gnade um Gnade, wie sie uns nötig ist, ihm zu gefallen. Ach, er will uns selber bilden nach seinem Herzen. Das in Adam verlorene Ebenbild ist nun ganz wieder dargestellt in diesem Kinde; daraus können wir nun Alle, nach unserm Maße, nehmen, und zu gottgefälligen Kindern Gottes gemacht werden.
Noch etwas Kostbares ist in diesen Worten: Ein Sohn ist uns gegeben. In diesem Sohne, und in der Schenkung dieses Sohnes, haben wir auch wiederum das Unterpfand, den Grund, und das einzige Mittel zu der Wiedervereinigung mit Gott, und zu der Inwohnung Gottes in unserm Herzen. Die Absicht Gottes bei der Schöpfung war, dass das menschliche Herz die Wohnstatt der anbetungswürdigsten Majestät Gottes, und Gottes Tempel und Thron sein sollte, worin er sich verklären wollte, worin er sich verherrlichen könnte, und worin er im Geist und in der Wahrheit wollte gedient und angebetet sein. Aber, ach leider, durch den Sündenfall ist der Tempel verwüstet und zu einem Götzentempel geworden; er ist nicht mehr ein Bethaus, sondern er ist eine Mördergrube geworden. Ach wie sieht das menschliche Herz aus! Hätten wir Augen, es zu sehen, wir würden erschrecken vor unserer eigenen Gestalt. Nun, der Tempel war so wüste. Der Herr erschien zwar den Erzvätern wohl dann und wann; indessen das war so äußerlich, und so bald er erschienen, war er auch wieder weg. Gott wohnte hernach in dem Tempel zu Jerusalem, da war seine Majestät in dem Allerheiligsten; aber ach, es war für Manchen ein weiter Weg zu gehen, wenn man sollte nach Jerusalem reisen, um Gott zu suchen. Nun ist uns der Sohn gegeben, nun ist der Tempel ausgerichtet. Die ewige Gottheit, die Fülle der Gottheit, wohnt leibhaftig in diesem Kinde; der Sohn ist uns gegeben. Nun hat die göttliche Herrlichkeit, die vormals in dem Tempel zu Jerusalem wohnte, sich gesenkt in dieses Gotteskind, damit sie sich uns durch dieses Kind in unsern Herzen mitteilen könne. Wer nun diesen Sohn hat, der hat auch den Vater. Von diesem Sohne kann man nun sagen: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! nun wohnt Gottes Majestät wiederum in dem Menschen, nicht nur in einer menschlichen Person, sondern Christus hat unsere Menschheit an sich genommen, uns ist der Sohn gegeben; durch Christum können und sollen wir aller dieser Seligkeit teilhaftig werden.
o lasst doch unsern Glauben sich aufmuntern, und gedenken an die hohen Absichten, die Gott nicht nur in der Schöpfung mit uns gehabt, sondern die er auch in der Schenkung seines Sohnes hat. In seinem Sohne will er uns nun wieder zubereiten, dass wir sollen seine Tempel werden, worin er inwendig wohnen und sich verklären könne. Wir sollen Gott nun nicht mehr ferne haben, sondern nahe können wir ihn haben. Wir sollen ihn nicht mehr auswendig suchen; wir können ihn nun ganz nahe in unserm Herzen suchen und finden, haben, anbeten und genießen. Durch Christum ist er uns so nahe so unaussprechlich nahe worden. Ach, liebste Herzen, gewöhnt euch mehr daran, sucht Jesum in eurem Inwendigen. Dies war eben das größte Wunder aller Wunder der Gnade Gottes; er musste dem Menschen durch einen solchen Mittler nahe kommen, sonst hätten wir es nicht ertragen können, dass Gott uns so nahe gekommen wäre. Nun aber können wir seiner göttlichen Inwohnung in unserm Herzen tätig und wesentlich teilhaftig werden. Gott will in unsere armen Herzen kommen, in ihnen wohnen und thronen, und sich verklären nach allen seinen göttlichen Eigenschaften; er will sich uns bekannt machen in unserm Innern. O lasst uns denn diese hohe Gnade wert schätzen. Lasst uns doch suchen auf diese Weise einen wahren Christtag zu halten. So gewiss Christus an dem ersten Christtage ist geboren worden zu Bethlehem, so gewiss sich seine Gottheit in seine von uns angenommene Menschheit gesenkt hat, so gewiss will und muss auch Christus wirklich und in der Tat in unserm Herzen geboren werden; er will sich uns wirklich und tätig mitteilen. Was helfen mir sonst alle Christtage, wenn ich nicht auch Christum sollte in meinem Herzen finden und haben können.
Liebste Herzen, wie so wenig wird dieses betrachtet. Die meisten Menschen dienen Gott nur so äußerlich, sie suchen ihn äußerlich; sie vergnügen sich äußerlich mit ihren Zeremonien und Mittelwerken; das Herz bleibt ferne von Gott, man trägt nichts mit weg von dem Christtage. Ein Sohn ist uns gegeben. Nun, das war das rechte Christtagsgeschenk. Was nehmen wir denn nun mit vom Christtage? Haben wir den Sohn denn auch umarmt? Sind wir seiner auch teilhaftig worden? Wie ist es in unserm Herzen? Wie sieht es da aus? Ist's das Kripplein des Herren Jesu, oder sind auch Tiere darin? Ach, liebste Herzen, lasst doch euer Herz sich jammern eures Zustandes. Wenn wir nicht Christum in unserm Herzen haben, was wird es dann mit dem Herzen werden! Wenn man einmal sterben soll, was wird's dann helfen, ob man Einem allerhand Trostsprüche vorschwätzt, und das Herz ist leer von Christo, von seinem Leben, von seinem Licht, von seiner Liebe, von der innigen Gemeinschaft mit ihm? Nein, nichts wird hasten, nichts wird zureichen, die armen Herzen zu trösten, die ohne Christum sterben. Ach, welcher Jammer und was Herzeleid ist das nicht!
Nun, hört denn doch das Evangelium! Ein Sohn ist uns gegeben. Mensch, bist du auch der allerelendeste Mensch, der in der Welt ist, wohnt schon Sünde, Satan und Tod in deinem Herzen; dir kann geholfen werden, ein Sohn ist dir gegeben. Durch den Sohn wird dir Gottes Licht, Leben und Gnade angeboten. Christus selber will dein Herz reinigen, und darin kommen wohnen. Es sind uns so große Verheißungen getan, sollten wir denn nicht mit den Worten Pauli 2. Kor. 7, 1. den Entschluss fassen: Dieweil wir nun solche Verheißungen haben, dass Gott in uns will kommen wohnen und wandeln, so lasst uns von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes uns reinigen, und unsere Heiligung vollenden in der Furcht Gottes. Ja, Seelen, räumt eure Herzen aus von euren Sünden, von der Welt und von allen ihren Eitelkeiten; denn Christus will kommen und in uns geboren werden. O dass es nicht auch heiße: Er fand keinen Raum in der Herberge! Nehmt ihn denn auf in eure Herzen, dass er darin wohnen möge. Ein Sohn ist uns gegeben; wollt ihr ihn jetzt nicht an und aufnehmen, so wird es euch dereinst ewiglich gereuen.
Noch mehr: Ein Sohn ist uns gegeben. Dein herrliches Christfest! Ist mir der Sohn gegeben, so habe ich auch ein gewisses Unterpfand, dass mir die ewige himmlische Seligkeit gewiss nicht fehlen kann. Hat mir Gott seinen Sohn gegeben, so wird er mir mit ihm auch Alles schenken. Er wird mir gewiss den Himmel nicht versagen, wenn ich nur Christum in meinem Herzen habe. Davon sagt Paulus Röm. 8., dass alle Herrlichkeit darin bestehe, Christum im Herzen zu haben. Wer Christum in seinem Herzen hat, der hat das Siegel schon in seinem Herzen; ja, was sage ich, er hat den Himmel schon in seinem Herzen. Himmels genug, wer Jesum hat. Wem das Kindlein, wem der Sohn in seinem Herzen von Gott geschenkt ist, der hat den Himmel tätig und wirklich in seinem Inwendigen. Denn die ersten Kirchenlehrer sagen, dass die Christen durch den Glauben und Demut Christum in ihr Herz bekommen; und also können wir noch den Himmel hier auf Erden in unserm Herzen haben.
Wie leben wir doch nun so lau? Warum wollen wir solche geplagte Leute bleiben? Selige Leute können wir werden von nun an, wenn wir nur den Sohn Gottes nehmen, der uns vom Vater geschenkt ist; wenn wir dem nur unsere Herzen einräumen und ganz überlassen. Wo Jesus ist, da ist Freude im Herzen; wo Jesus ist, da ist es ja Licht im Inwendigen; wo Jesus ist, da ist ja Kraft und Leben; wo Jesus ist, da ist ja Alles mit Freude und Seligkeit erfüllt. Und wenn uns auch Kreuz und Leiden bisweilen zudecken, so wird es doch nicht lange währen. Wenn die Decke vor der Ewigkeit in der Stunde des Todes den Gläubigen weggeschoben wird, o so können sie es mit diesem Immanuel, mit diesem Benjamin, dass ich so rede, wagen, vor Joseph zu erscheinen. Haben sie Jesum in ihrem Inwendigen, so können sie mit Simeon sagen: Herr, nun lässt du deinen Diener im Frieden fahren. Ich habe nun den rechten Sohn im Schoß, ich habe nun das Kindlein im Herzen; nun kann ich im Frieden hinfahren in die selige Ewigkeit.
Dritter Teil.
Die Zeit fällt zu kurz, deswegen wollen wir abkürzen und nur noch mit Wenigem etwas sagen von dem Krone und Ehrengericht seiner königlichen Oberherrschaft. Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben, welches Herrschaft ist auf seiner Schulter.
Die Herrschaft ist auf seiner Schulter. Auf wessen Schulter? Auf der Schulter des geborenen Kindes, des gegebenen Sohnes, der schon von den himmlischen Heerscharen mit Nachdruck genannt wird: Christus, der Herr. Ist die Herrschaft auf seiner Schulter, nun, so ist es mit des Teufels Reich zu Ende; nun ist die Sünde ausgestoßen, nun haben alle neben eingedrungene Herren nichts mehr zu sagen.
Hört und nehmt es zu Herzen, Alle, die ihr des Teufels Dienstes müde seid, die ihr der Sünde lang gedient habt: Die Herrschaft ist auf seiner Schulter, auf der Schulter des Kindleins. Ihr dürft keinen einzigen Augenblick solche Leute mehr bleiben; ein Anderer ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben, dessen Herrschaft ist auf seiner Schulter. Dieser ist der Kronprinz, der hat Recht zur Krone, die Andern sind nur falsche, neben eingedrungene Herren, die kein Recht haben, unsere Seele zu besitzen, Jesus hat das Recht allein daran. Nun können wir durch seine königlich regierende Kraft frei werden von allem Dienst der Sünde, frei werden von aller Herrschaft der Sünde, des Teufels und seiner Sklaverei. Ach, was ist doch ein Mensch, so lang er Jesum nicht zum König hat, so lang er den nicht in der Wahrheit für seinen Herrn erkennt in seinem Inwendigen? Ist er nicht ein erbärmlicher Mensch, ein wirklicher Sklave des Satans? Ach, der Mensch denkt es wohl, wenn er so nach seinen eigenen Lüsten lebt, er täte nur so was ihm ins Gemüte käme; aber nein, o Mensch, du bist des Satans Sklave, er hat dich an der Kette, er zieht dich, er treibt dich aus einer Sünde in die andere, und du bist nicht dein eigener Herr und Meister. O, wenn wir es sehen könnten, wer Herr in unserm Herzen wäre, wie würden wir darüber erschrecken! Nun aber ist Einer geboren, der rechte Prinz ist geboren, der hat die Herrschaft auf seiner Schulter; der will sich nun selber der Seelen annehmen, der will es nun nicht länger verstatten, dass sie länger des Satans Willen tun müssen. Nun ist kein einziger Mensch gezwungen, länger des Satans Willen zu tun; kein einziger Mensch, als nur der sich will halten lassen, ist verpflichtet und gezwungen den Sünden länger zu dienen. Wir sind nicht Schuldner der Sünde, sagt Paulus, wir können nun los werden. Christus hat durch seine Menschwerdung, und durch das Verdienst seiner Menschwerdung, uns nun frei gekauft von dem fremden Herrn; wir können und sollen uns dann nun ihm ergeben.
Nun, liebe Herzen, seid ihr's denn müde, so kommt denn auch hier, dieser Herr will nun Leute annehmen. Kommt und ergebt euch nun eurem rechtmäßigen Herrn, nehmt ihn an, schwört unter seiner Fahne, erzeigt ihm eure Ehrerbietigkeit. Ehrt und huldigt doch einmal diesem rechtmäßigen König, der da Recht hat, euch zu besitzen und zu beherrschen.
Wir dürfen nicht erschrecken vor dem Teufel und allen Versuchungen und Schreckungen. Liebste Herzen, macht doch den Teufel nicht allmächtig. Wenn euch böse Gedanken einfallen, wenn Versuchungen und Proben kommen, die manchmal recht teuflisch aussehen, seid doch so bange nicht, wenn ihr nicht mit eurem Willen hinein geht, wenn es euch zu einem Kreuz, zu einem Leiden ist. Gewiss, der Teufel macht nur so was, er will uns nur erschrecken, er will uns bange machen, wie man die kleinen Kinder bange macht. Nein, er hat nun nichts mehr zu sagen; die Herrschaft ist nun auf der Schulter unsers Gottkindes Immanuel. Wenn wir dem mit Leib und Seele ergeben sind, so kann uns der Teufel nichts tun, und wenn er auch mit der ganzen Menge der höllischen Geister auf uns ankäme.
Hütet euch aber auch, meine Lieben, vor der leidigen Menschenfurcht. Hat Christus die Herrschaft auf seiner Schulter, nun, so hat dann doch auch die Welt nichts mehr zu befehlen, so dürfen wir die auch nicht mehr fürchten. Denn mancher fürchtet sich und denkt: Ja wenn du es so und so machst, so möchtest du wohl bei Diesem und Jenem in Feindschaft geraten; Der und Der möchte dich nicht mehr leiden; du möchtest verachtet werden, du möchtest vielleicht in der Welt nicht können zurechtkommen. Ach, liebste Seelen, Christus hat ja die Herrschaft auf seiner Schulter. Er hat ja aller Menschen Herzen in seiner Hand, er lenkt ja Alles, wie es muss gelenkt werden. Traut ihm doch ein Stücklein Brots zu, traut ihm doch zu euer Leben und eure Gesundheit. Was hat man mehr nötig, als dem untertänig zu werden, der Einem so bewahren kann, dass nicht ein Härlein von unserm Haupte fallen kann ohne seinen gnädigen Liebeswillen.
Das Gesetz hat auch nicht mehr zu sagen mit allen unsern Sünden. Wenn uns unsere bösen Sünden einfallen, und uns Gottes Gericht vorgestellt wird, so müssen wir uns nicht mehr mit den Schulden zu tun machen, Christus hat ja Alles gut gemacht. Wir haben nichts zu tun, als uns unserm Könige zu unterwerfen, ihm nur zu huldigen, ihm anzuhangen, sodann können wir zu Gott nahen mit einem kindlichen Glauben und Vertrauen, in dem süßen, in dem geliebten Namen Immanuel. Wir dürfen uns vor nichts fürchten, denn die Herrschaft ist auf der Schulter Jesu, und seine Herrschaft ist eine ganz andere, als die Herrschaften hier in der Welt. Zwar die weltliche Herrschaften, so fern sie göttlicher Ordnung, sind sie eine sehr anmutige Darstellung, eine Abschilderung der Herrschaft unsers liebsten Immanuels Jesu. Indessen aber, alle Kaiser, Könige, Monarchen und Große dieser Welt, die erlangen etwas von ihren Untertanen, und wenn sie keine Untertanen haben, dann hat es mit ihrer Herrschaft nicht viel zu bedeuten. Unser liebster Heiland Jesus aber braucht keine Untertanen, der braucht keine Herrlichkeit von andern; er hat alle Herrlichkeiten und alle Majestät in und an sich selber; und er macht noch dazu seine Untertanen mit glückselig, er macht sie alle zu Königen und Priestern, zu Erben und Miterben seines Reichs. Das alles ist uns gegeben, ein Sohn ist uns gegeben.
Kurz zu sagen, die Herrschaft Jesu besteht darin, dass er uns von der Sünde und von der unglückseligen Herrschaft des Satans und der Sünde, durch die Macht seiner Gnade erlöse; dass er uns schütze wider alle unsere Seelenfeinde, Teufel, Sünde, Tod, Welt und alles, was uns anficht. Die Herrschaft Jesu besteht darin, dass er uns wirklich von der noch inwohnenden Sünde erlöst; dass er uns durch seinen Gnadengeist einflößt göttliches Leben, Licht und Tugenden, und dass er uns dadurch zu wahrlich frommen, heiligen, lieben und gottgefälligen Menschen macht, wenn wir nur ihm anhangen, und ihm in unserm Herzen Raum lassen. Zu dem Ende kommt er in unsere Herzen, als in seinem Königreich zu thronen und zu wohnen, zu leben und zu herrschen. Also hat ein Gläubiger nichts zu tun, als dass er in kindlicher Ehrfurcht vor dem Angesicht seines herrschenden Königs wandelt, und sich nur mit Leib und Seele ihm ganz untertänig beweist.
Kommt denn, liebste Herzen, lasst uns gen Bethlehem gehen. Kommt, lasst uns diesen Tag dazu anwenden, dass wir aufs Neue, und auf eine feierliche Weise, unserm Könige huldigen, und ihn küssen in seiner Krippe, und ihm aufs Neue den Eid der Treue schwören. Ja, Herr Jesu, du bist mir geschenkt, dich nehme ich an, dir schenke ich hinwiederum mein Herz und Alles zum ewigen Eigentum. Lasst uns doch nicht mehr unsere Herzen teilen; denn daher kommt's, liebste Herzen, dass wir so wenig von der Herrschaft Jesu Christi in der Seele erfahren. O man teilt das Herz! Man will wohl Jesum haben, man will wohl ihn zum König haben; allein man folgt nur so ein wenig dem Herrn, und ein wenig der Natur und der Welt. Aber auf diese Weise können wir die Seligkeit der inwohnenden Gnade nicht erfahren. Ganz müssen wir uns ihm untertänig machen. Unser Herz muss sein Eigentum werden; unser Wille gebeugt und untertänig unter seinen Willen und Wohlgefallen; unser Leib, unsere Seele, unsere Sinne, unsere Gemütskräfte und Gemütsbewegungen - Jesus muss darin leben und herrschen. Wir müssen nichts mehr gebrauchen nach eigenem Gutdünken, nach dem natürlichen Triebe. Nein, Seelen, die rechten Christtagsseelen sind, die sind ein Eigentum Jesu geworden, die haben ihm gehuldigt und die Treue geschworen.
Nun, liebste Herzen, lasst uns an diesem Tage, wie gesagt, auf eine feierliche Weise unsern Bund, unsere Schenkung erneuern, unserm Ehrenkönige und Kronprinzen uns aufs Neue ergeben und unterwerfen, und den Eid der Treue schwören, durch seinen Gnadenbeistand ihm anzuhängen und zu dienen unser Leben lang.
Kommt doch auch Alle, die ihr bis dahin so elende Kreaturen gewesen seid, und nicht gewollt habt, dass Dieser über euch herrschen sollte; ach nehmt ihn doch an. Jetzt habt ihr noch Christtage, die ihr jetzt noch gebrauchen könnt, weil sie euch noch gewährt sind. Ach beugt euch nun noch, und huldigt doch einem Kinde, das euch gern will zu Gnaden annehmen, das euch als seine Untertanen noch zeitlich und ewig glückselig machen wird. Hernach wird es gar zu hart herrschen, dann werdet ihr nicht mehr mit einem goldenen Gnadenzepter regiert, sondern ihr werdet zerschmettert werden mit dem eisernen Zepter seines Zorns, womit er alle seine Feinde und alle Diejenigen übermannt, die keine Untertanen dieses geborenen Kindleins Jesu, dieses Königs Himmels und der Erden, sein wollen.
Ihr aber, die ihr Untertanen dieses geborenen Kindleins Jesu, dieses Königs Himmels und der Erden, geworden seid, lasst uns vorsichtig wandeln, als vor dem Angesichte Gottes. Lasst uns so wandeln, dass noch viele Andere durch unsern Wandel und Ausführung mögen bewogen werden, mit uns glückselige Leute zu werden.
O, an uns sollten billig die Menschen sehen können, wer in unserm Herzen die Herrschaft und Regierung führe, wer in unserm Herzen wohne, und dass wir es so gut haben bei unserm Immanuel. Ist die Herrschaft auf seiner Schulter, ach, so soll unsers Herzens Wunsch und Verlangen sein, dass auch durch unsern Wandel und Zeugnis noch Viele mögen herbei gebracht werden. Denn so wird es nicht immer in der Welt bleiben, wie es jetzt ist, dass die Ungerechtigkeit und Gottlosigkeit oben schweben.
O nein, dieses Wort: „die Herrschaft ist auf der Schulter Jesu“, wird noch mit vollem Nachdruck erfüllt werden in den letzten Tagen. Jesus wird sich des Regiments noch in dieser Welt über die Herzen völlig annehmen. Es werden noch Tausende bekehrt werden, es werden noch alle Völker und Nationen sich beugen vor unserm Ehrenkönige, wie Psalm 86, 5. geweissagt steht:
Alle Völker hier auf Erden, die du schufst, kommen werden,
Und anbeten dich, o Herr! deinem Namen geben Ehr'.
Es wird noch einmal Himmel und Erde rufen, was Offenb. Johan. 12, 10. gerufen wurde: Nun ist das Heil, und die Kraft, und das Reich, und die Macht unsers Gottes seines Christus worden: der wird nun regieren und herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.