Tersteegen, Gerhard – Briefe in Auswahl -Beruhigung bei einer drohenden Gefahr.
Sehr herzlich geliebte Schwester!
Ich betrachte mit vieler Rührung den gegenwärtigen kümmerlichen Zustand Deines Landes und Wohnortes im allgemeinen, so weit es meine lieben Freunde nahe betrübt. O gewiss, der HErr hält sein Auge auf uns; wir stehen in seinem Schutze, und er ist bei uns in der Not und uns eine sichere Zuflucht bei allen Ungewittern. Lass uns also nur ruhig sein in dem kindlichen Vertrauen, dass Er alles geben wird zu der Stunde, wo wir es bedürfen. Die Welt verrichtet ihr Werk, und wir das unsrige. Die Welt mag es so oder anders vorhaben: der HErr aber führt uns nach seinem Rat, und nicht nach dem der Menschen.
Die Menschen beschließen dieses oder jenes, der HErr aber spricht: es soll nicht sein und geschehen; und zu den Seinigen spricht der HErr: Hüte dich und sei still; fürchte dich nicht, und dein Herz sei unverzagt (Jes. 7,4).
Es bleibt dennoch dabei: der HErr regiert und sein Reich kommt; die Aufregungen sind Vorboten dieses Kommens nach den Prophezeiungen unsres Heilandes (Matth. 24 und Mark. 13,7); aber diese Unruhen dürfen unser Herz nicht beunruhigen, denn der HErr will mit, ja in uns sein. Lass darum das Meer wüten und wallen und die Berge einfallen, der Fels des HErrn ist die Feste der Stadt Gottes (Ps. 46). Ich bleibe
Dein Dich liebender Mitgenosse im Leiden.
Mülheim, den 17. Nov. 1747.