Teichmann, Karl Ludwig Eduard - Predigt am Sonntag Kantate
von Stadtdekan Teichmann in Stuttgart.
Ev. Joh. 16, 16-23. (I. Jahrgang.)
Über ein Kleines, so werdet ihr mich nicht sehen, und aber über ein Kleines, so werdet ihr mich sehen; denn ich gehe zum Vater. Da sprachen etliche unter seinen Jüngern untereinander: Was ist das, dass er sagt zu uns: über ein Kleines, so werdet ihr mich nicht sehen, und aber über ein Kleines, so werdet ihr mich sehen, und dass ich zum Vater gehe? Da sprachen sie: Was ist das, dass er sagt: über ein Kleines? Wir wissen nicht, was er redet. Da merkte Jesus, dass sie ihn fragen wollten, und sprach zu ihnen: Davon fraget ihr unter einander, dass ich gesagt habe: über ein Kleines, so werdet ihr mich nicht sehen, und aber über ein Kleines, so werdet ihr mich sehen. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: ihr werdet weinen und heulen, aber die Welt wird sich freuen; ihr aber werdet traurig sein; doch eure Traurigkeit soll in Freude verkehrt werden. Ein Weib, wenn sie gebiert, so hat sie Traurigkeit, denn ihre Stunde ist kommen, wenn sie aber das Kind geboren hat, denket sie nicht mehr an die Angst um der Freude willen, dass der Mensch zur Welt geboren ist. Und ihr habt auch nun Traurigkeit; aber ich will euch wieder sehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen. Und an demselbigen Tage werdet ihr mich nichts fragen.
In dem heutigen Abschnitt der Abschiedsreden verkündet der Herr Jesus seinen Jüngern, dass sie bei ihm, in seiner Nachfolge und in seinem Dienst, denselben Weg geführt werden, den er gegangen ist: Er ging durch Schmach und Leiden zu seiner Herrlichkeit. Freilich mit den Vorstellungen, die sie damals noch über Jesus und über ihre eigene Zukunft sich machten, verstanden sie auch diese Rede ihres Meisters noch nicht nach ihrem vollen und tiefen Sinn; erst nachdem er sein Werk vollendet hatte, erst nachdem der verheißene Geist gekommen war, erinnerte dieser sie an alle seine Worte und leitete sie in alle Wahrheit, auch zum Verständnis ihres eigenen Weges in der Nachfolge des Herrn nach dem Spruch: Es ist je gewisslich wahr: sterben wir mit, so werden wir auch mit leben; leiden wir mit, so werden wir auch mit zur Herrlichkeit erhoben werden, wie seine Verheißung im Evangelium lautet: Eure Traurigkeit soll in Freude verkehrt werden.
„Ach, wann kommt diese Zeit?“ fragt die Seele, wenn sie im Kampf und in der Traurigkeit steht, „wann werde ich hingehen zum Altar meines Gottes und auf der Harfe ihm danken?“ So sind wir Kinder des Augenblicks: In den Stunden des Glücks und der Freude da möchten wir die rasch fliegende Zeit festhalten und möchten Hütten bauen; wenn aber die Trübsal da ist da erscheinen uns die Tage wie eine lange, bange Ewigkeit; da erhebt sich das Klagwort: Ach Herr, wie so lange! Wehe mir, dass ich ein Fremdling bin in Mesech, ich muss wohnen in den Hütten Kedars! Es ist meiner Seele bang, zu wohnen bei denen, die den Frieden hassen! Und was antwortet der Herr in seinem gütigen Wort? „Über ein Kleines“ spricht er zu den Seinen im Evangelium. Es ist noch eine kleine Zeit, so sind wir in der Herrlichkeit. Vor ihm, dem ewigen Gott, steht sein ganzes, großes Werk zur Erlösung seiner Welt vollendet da; er überschaut Anfang, Mittel und Ende in einem Augenblick; wie er vom Kreuze ruft: Es ist vollbracht, so spricht er vom himmlischen Throne her: Es ist geschehen. Siehe ich mache alles neu! So steht vor ihm auch dein Lebensgang im Zusammenhang aller seiner Führungen; und während du noch im finsteren Tale wandelst, sieht sein Auge auf das hohe Ziel mit seinem leuchtenden Kleinod, dem er dich entgegenführt und für das er dich tüchtig macht, zumeist auf deinem Tränenweg. Also sieh nicht bloß auf den Weg, den du jetzt gehst, sondern richte dein Auge auf das Ziel der Ewigkeit: Über ein Kleines wird deine Trauer in Freude verkehrt sein. „Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten. Sie gehen hin und weinen und tragen edlen Samen und kommen mit Freuden und bringen ihre Garben.“ Das wollen wir uns ins Herz schreiben und jetzt vom Herrn uns zeigen lassen
Den Weg zur Freudenernte durch die Tränensaat
I. Die Tränensaat,
II. Den edlen Samen,
III. Die Freudenernte.
Der Weg der Kinder Gottes geht durch die Tränensaat zur Freudenernte.
I.
Von dieser Tränensaat redet der Herr auch im Evangelium; dreimal wiederholt er es hier nacheinander: „Ihr werdet weinen und heulen“; „ihr werdet traurig sein“; „ihr habt nun Traurigkeit“. Er redet so, nicht um ihnen bange zu machen, sondern in herzlichem Mitgefühl, um liebreich sie zu trösten und von der Betrübnis der Gegenwart auf die kommende Freude hinzuweisen. „Über ein Kleines, so werdet ihr mich nicht sehen“ damit nennt er den Grund der Traurigkeit. So war es bei seinen Jüngern, die in den drei Tagen, welche nun für sie kamen, in ein wahres Meer von Schmerzen versenkt waren. Denn dass sie Jesum sahen und hatten, das war bis jetzt das hohe Glück ihres Lebens, wie er selbst über ihnen mit dem ganzen Mitgefühl seiner heiligen Liebe sprach: „Selig sind die Augen, die sehen, was ihr seht.“ Sie sahen nicht bloß seine sichtbare, menschliche Gestalt, wie tausend Andere aus ihrem Volk, wie ihn auch die Pharisäer und Schriftgelehrten sahen; sie sahen wirklich „Jesum“ in ihm, den von Gott verheißenen und nun gekommenen Heiland der Welt! Wie fröhlich klang es gleich in den ersten Tagen, als sie durch Johannes den Täufer sich zu ihm weisen ließen, von ihren Lippen: Wir haben den gefunden, von dem Moses im Gesetz und die Propheten geschrieben haben, wir haben den Messias gefunden! Und welch' eine Fülle von himmlischen Segenskräften floss ihnen zu im Umgang mit ihm! Im hohepriesterlichen Gebet spricht er zum Vater von dieser Zeit: Ich habe ihnen dein Wort gegeben, ich habe ihnen deinen Namen offenbart. Dieses Wort gab er ihnen, als der Sohn aus des Vaters Schoß, der sagen konnte: Wir reden, das wir wissen und zeugen von dem, was wir gesehen haben; er unterwies sie in der Stille und Einsamkeit als ihr Lehrmeister; sie sahen und hörten ihn beten zum Vater im Himmel; sie waren dabei, wie er hin und her in den Schulen das Volk lehrte und an den hohen Festen Israels im Tempel den Tausenden das angenehme Jahr des Herrn predigte; sie sahen ihn als den Seligmacher der Sünder mit seinem Wort der Buße und des Trostes, als den Arzt der Kranken, als den Erwecker der Toten. Es war das Grundgefühl in ihrer Aller Seelen, wenn Petrus sprach: Herr, du hast Worte des ewigen Lebens; wenn Johannes schrieb: Wir sahen seine Herrlichkeit als die Herrlichkeit des Eingeborenen vom Vater voller Gnade und Wahrheit, und aus seiner Fülle haben wir Alle genommen Gnade um Gnade. Diese ganze Fülle von Leben und Lebensglück liegt in dem kurzen Wort: „Sie sahen Jesum“.
Nun aber sprach der Herr vom Abschied: „Über ein Kleines so werdet ihr mich nicht sehen,“ dieses Wort traf sie wie ein Donnerschlag, und was die folgenden Stunden in raschem Lauf brachten, das traf und schlug sie tödlich im innersten Grund ihres Wesens. Sie sahen ihn nicht mehr, seit er in Gethsemane aus ihrer Mitte gefangen geführt, ans Kreuz geheftet und ins Grab gelegt war; und sie hatten damit nicht bloß ihr Haupt, ihren Lehrer, ihren Freund und Vater verloren; sondern alles, was in dieser heiligen Person ihnen erschienen und gegeben war, das war mit einem Mal aus ihren Augen weggerückt. Wie wenn über das reiche knospende Frühlingsleben, wie es sich eben jetzt wieder vor uns ausbreitet, eine verheerende Frostnacht kommt und in wenigen Stunden die Hoffnung des Jahres vernichtet, so kam jene Nacht des Ärgernisses über den Frühling ihres Glaubens und ihrer Hoffnung, sie sahen Jesum nicht mehr, sie hatten ihn verloren als den, wie sie ihn geglaubt und erkannt hatten; es war aus mit dem, was sie für sich selbst, für ihr Volk, für die Welt erwartet hatten. Nun hatten sie Traurigkeit. „Sie gehen hin und weinen.“ Geliebte, wer unter uns kennt nicht solche Tage und Zeiten der Tränensaat, wenn der Herr sich verbirgt, wenn es im inneren und äußeren Leben heißt: Ich sehe Jesum nicht mehr! So gestaltet sich oft das äußere Leben, dass die Seele klagt: Ich sitze im Finstern und es scheinet mir nicht; ich werde gestraft täglich und meine Plage ist alle Morgen da. Wie jene Frau zwölf Jahre lang viel von den Ärzten erleidet, jener Kranke am Teich Bethesda achtunddreißig Jahre lang sein schweres Leiden trägt, so sieht es oft in einer Familie aus, so trägt eines oft Jahre lang sein Kreuz und es kommt keine Wendung zum Besseren, da steht der Mensch auch am Grabe aller seiner Hoffnungen: Es ist gar aus mit mir! Und das Schwerste ist nicht die äußere Trübsal, sondern das Gedränge im inneren Leben, die Anfechtung, die aus den Widerwärtigkeiten des äußern Lebens sich erhebt. Da heißt es auch: Ich sehe Jesum nicht mehr, in dem die Liebe Gottes gegen uns erschienen ist; fürwahr, du bist mir ein verborgener Gott. Ach Herr, was trittst du so ferne und verbirgst dein Antlitz vor mir? Ich bin wie ein Mann, der keine Hilfe hat! Der Herr hat vergessen, gnädig zu sein!
Das Heil, mit Not gefunden
Tritt uns auf einmal fern;
Und doch sind solche Stunden
Ein Segen von dem Herrn! 1)
II.
Hört doch, wie es im Wort heißt: Sie gehen hin und weinen und tragen edlen Samen: es soll unter dem bitteren Sterben eine Frucht des Lebens reifen, wie Jesus spricht: Wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es finden.
Der Weg geht durch die Trauer des Sterbens. So war es bei den Jüngern des Herrn. Sie mussten, um zur Freude zu gelangen, durch diese Betrübnis hindurch, wie er auch beim Abschied zu ihnen sprach: Ich will euch das Reich bescheiden, wie mir es mein Vater beschieden hat. Er hat sich selbst geäußert und erniedrigt und ward gehorsam bis zum Tod am Kreuz; darum hat ihn auch Gott erhöht und ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist. So spricht er auch zu den Jüngern: Eure Traurigkeit soll in Freude verkehrt werden. Er sagt nicht bloß leichthin, wie man im wechselnden Menschenleben sprichwörtlich redet: Auf den Regen folgt Sonnenschein, es werden nach den dunkeln Tagen auch wieder helle kommen, sondern ihre Traurigkeit selbst werde in Freude verkehrt, der Grund ihrer Betrübnis werde zum Grund ihrer Freude werden. Im Augenblick verstanden sie seine Rede noch nicht, sie wiederholten sie Wort für Wort und fragten sich untereinander: „Was ist denn das, über ein Kleines werdet ihr mich nicht sehen und aber über ein Kleines werdet ihr mich sehen; denn ich gehe zum Vater? wir wissen nicht, was er redet.“ Das Geheimnis seiner Passion und seines Hingangs zum Vater und zur Herrlichkeit war ihnen noch verborgen. Aber bald mussten sie die Kraft seines Todes an sich selbst erfahren. Da saßen sie mit geängstetem Geist und zerschlagenem Herzen. Ihre eitlen Weltgedanken und ihre irdischen Reichshoffnungen, darüber sich noch in den letzten Stunden ein Zank unter ihnen erhoben hatte, lagen zertrümmert im Staube, sie stiegen aus ihrer Höhe hinunter in die Tiefe der Buße, und ihre Traurigkeit wurde eine Trauer über sich selbst.
Da können wir lernen, was im Reich Gottes ein solches Sterben heißt: sich selbst und sein Leben verlieren. Von uns selbst würden wir in dieses Sterben nicht eingehen, denn es tut weh und es sträubt sich die Natur dagegen. Darum kommt Gott, der Vater der Geister, der Schöpfer und Liebhaber des Lebens, zu uns und über uns, diesen Weg zum Leben uns zu führen. Darum verfügt er über uns schwere, dem Herzen wehtuende Verluste, die Eitelkeit des Irdischen uns zu zeigen und uns die Welt zu entleiden. Darum greift er uns an mit innerlichen Züchtigungen, unser starres und stolzes Wesen zu brechen. Und wer unter solchem Gnadenwerk Gottes sein Leben verliert, der trägt schon edlen Samen, bei dem reift eine köstliche Frucht; bei dem ist ein Großes gewonnen; denn mit dem eigenen Ich, mit der Luft, dem Stolz, dem Geiz, ist das eigentliche Hindernis des Lebens aus Gott hinweggeräumt. Aus der göttlichen Traurigkeit wird die Freude und der Genuss des Lebens geboren.
Wer sein Leben verliert, der wird es finden. Das waren auch bei den Jüngern des Herrn die Geburtsschmerzen, von denen er im Evangelium redet. Sie sahen ihn nicht mehr, und mit seiner sichtbaren Gegenwart schwand für sie alles dahin, was sie für das gegenwärtige, sichtbare Leben durch ihn für sich hatten gewinnen wollen; jetzt war er ihnen verklärt; jetzt wiederholte und vollendete sich für ihr inneres Leben, was bei der Verklärung geschrieben steht: Sie sahen Niemand als Jesum allein! Weil sie ihn nicht mehr sahen, darum sahen sie ihn.
So wächst der edle Same des neuen Lebens heraus aus der Tränensaat. Wenn der Herr sich verbirgt, da will er uns nur dazu treiben, dass wir ihn von ganzem Herzen suchen; da zeigt er uns, wie quälend ohne ihn das Leben sei, wie unaussprechlich elend man in der Wüstenei der Welt hier darben müsste, wenn unsere Tränenkost der Heiland nicht versüßte mit wunderbarem Trost. Da lernt man ihn mit der schmerzlichen Erkenntnis des eigenen Schadens als den Heiland der Seele suchen. O, ein edler Same, der in solcher Tränensaat unter der Zucht des Heiligen Geistes wächst. So weint David Tränen der Buße: „Ich schwemme mein Bette die ganze Nacht und netze mit meinen Tränen mein Lager.“ So geht Petrus hinaus aus des Hohepriesters Palast und weint bitterlich; so sinkt die Sünderin zu Jesu Füßen; auf den Trümmern seines geträumten Glückes schlägt der verlorene Sohn in sich und macht sich auf, zu seinem Vater zu gehen; in der Kreuzespein, da spricht der Schächer: Ich bin billig in meiner Verdammnis, Herr, gedenke an mich! In der Trübsal, da gehen die Augen auf für die Hindernisse, die uns bisher von Gott trennten und die Gemeinschaft mit ihm erschwerten; dadurch, dass er eine kleine Zeit sein Angesicht verbarg und uns erschreckte, hat er uns die Augen geschärft, dass wir ihn nun auch im dunklen Tale sehen, durch das er zum Lichte führt. So bewährt sich das Wort voll Gnade und Wahrheit, dass die Züchtigung, wenn sie da ist, uns nicht Freude zu sein. dünkt, sondern Traurigkeit, dass sie aber hernach eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit gibt denen, die dadurch geübt sind.
III.
Es geht durch die Tränensaat zur Freudenernte, vielfach und reichlich schon in der Zeit, völlig aber und zu überschwänglichem Trost erst in der seligen Ewigkeit. Ich will euch wiedersehen, lautet seine erste Freudenverheißung. Was waren das für Stunden im Leben der Jünger, als es nach den Tagen der tiefsten Traurigkeit, nach jenem innerlichen Sterben auf einmal hieß: „Der Herr ist wahrhaftig erstanden“, als er selbst in ihre Mitte trat, als er vierzig Tage unter ihnen wandelte und mit ihnen vom Reich Gottes redete. Und wie viel anders als zuvor sahen sie ihn nun, und wurden durch solchen Umgang vollends zubereitet für die Erfüllung seines Wortes „ich komme zu euch“, für jenes Kommen, da er durch die Sendung des Heiligen Geistes Wohnung bei ihnen machte!
Selig sind die Augen, die ihn also sehen als den, der uns durch Gott gemacht ist zur Weisheit und Gerechtigkeit, zur Heiligung und zur Erlösung; als den, der zum Vater gegangen ist und nun im Stande der Verklärung als ewiger Prophet, Hohepriester und König über uns waltet. Der Glaube sieht ihn, sein Angesicht, seine Hand im ganzen Gang des eigenen Lebens; er ist bei mir und führt mich auf rechter Straße um seines Namens willen; er fördert das Werk meiner Hände; er züchtigt mich wohl, aber er gibt mich dem Tode nicht; er richtet mich auf, wenn ich darniederliege; wenn ich mitten in der Angst wandle, so erquicket er mich. Ja, noch in der letzten Stunde, wenn das Sichtbare verschwindet, sehe ich ihn, wie er gesagt hat: Ich will kommen und euch zu mir nehmen, auf dass ihr seiet, wo ich bin. Der Glaube sieht ihn im Kommen und Siegesgang seines Reichs, das er im Krieg und Frieden in die Weltreiche der Menschen hineinbaut. Da sehen wir, dass er zum Vater gegangen ist. Sein Reich ist nicht von dieser Erden, doch aller Erden Reiche werden dem, das er gründet, untertan; und auf dem Throne wartet er hinfort, bis ihm alle seine Feinde zum Schemel seiner Füße gelegt werden. Das werden wir sehen: Der Herr ist König, des freue sich das Erdreich und die Inseln, soviel ihrer sind!
„Euer Herz soll sich freuen und eure Freude soll Niemand von euch nehmen.“ Eine solche Freude und Freudigkeit haben die Jünger des Herrn durch ihn gewonnen, dass sie fortan der Grundton ihres Lebens blieb und sie begleitete auf allen Schritten ihres Weges. Es konnte diese Freude Niemand von ihnen nehmen, auch nicht durch Schmach und Leiden von jenem Tage an, wo sie nach der Geißelung fröhlich von des Rates Angesicht hinausgingen, dass sie würdig gewesen waren, um seines Namens willen Schmach zu leiden, bis hinein in die letzte Stunde, wo der Herr kam, sie heim zu holen und hinauf zu nehmen in die Freude seines Angesichts.
Freude, unverlierbare Freude ist die Gabe Gottes an die gläubige Seele, die durch die Wehen der neuen Geburt hindurch das wahre Leben und durch ihn die Gewissheit der Gnade Gottes gefunden hat. Und wie es hier schon heißt „als die Traurigen aber allezeit fröhlich“ durchseufz' ich auch hienieden mit Tränen manche Zeit, mein Jesus und sein Frieden durchsüßet alles Leid! so steht durch Gottes Verheißung vor uns ein Tag, wo die Gefangenen Zions erlöst und sein werden wie die Träumenden; da werden sie gegen Zion kommen mit Jauchzen; Seufzen und Schmerz wird weg müssen, ewige Freude wird über ihrem Haupte sein.
„Und an diesem Tag werdet ihr mich nichts fragen.“ Als das Licht des Ostertags über dem Dunkel des Karfreitags den Jüngern aufgegangen war, und als der Pfingstgeist kam, der Jesum ihnen verklärte, da hieß es freilich nicht mehr wie heute: „Was ist das, das er sagt, wir wissen nicht, was er redet;“ da wurden sie vom Geist in die Wahrheit geleitet und gingen mit sicherem Schritt dem Tag entgegen, wo sie ihn wiedersehen sollten von Angesicht zu Angesicht.
Antwort auf alle Fragen, volles Licht verbreitende, die Seelen selig stillende Antwort sollen auch wir finden. Jetzt schon lässt sich der Glaube bei Gottes verborgenem Tun an seiner Gnade genügen; er hat auch da, wo er nicht weiß, warum der Herr so mit ihm handelt, doch eine Antwort mit jenem Zeugnis: Ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, nämlich Gedanken des Friedens und nicht des Leids, auf dass ich euch gebe das Ende, dessen ihr Aber es wird ein Tag der Antwort kommen zu vollem Aufschluss über Gottes Gedanken, über alle seine Wege mit uns. Da werden wir im Licht erkennen, was wir auf Erden dunkel sah'n; da werden wir mit seliger Verwunderung anbetend sagen: Der Herr hat Großes an uns getan, des sind wir fröhlich! Auf diesen Tag der Offenbarung warten wir in Geduld: Über ein Kleines, so kommen, die mit Tränen säen, mit Freuden und bringen ihre Garben. Richt' hinauf zur Herrlichkeit dein Angesicht!
Kämpfe d'rauf, wie sich's gebührt!
Denke: auch durch Leiden führt die Himmelsbahn! Amen.