Spurgeon, Charles Haddon - Ein Brunnen lebendigen Wassers - Das Wort ein Schwert.

Spurgeon, Charles Haddon - Ein Brunnen lebendigen Wassers - Das Wort ein Schwert.

Gehalten am Donnerstagabend den 17. Mai 1887.

Denn das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer denn kein zweischneidiges Schwert, und dringet durch, bis dass es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens.
Hebr. 4, 12.

Diejenigen, welche ein Labyrinth der Auslegung lieben, werden ein äußerst verworrenes finden, wenn sie über diesen Spruch die verschiedenen Erklärer und Ausleger lesen wollen. Die Frage ist diese: Sollen wir hier unter dem Worte Gottes das fleischgewordene Wort, den göttlichen Logos, der im Anfang bei Gott war, verstehen, oder bezieht sich die Stelle auf dieses von Gott eingegebene Buch und auf das Evangelium, welches der Kern desselben ist, wie es in der Predigt der Wahrheit in der Kraft des Heiligen Geistes verkündet wird? Ihr findet Dr. Owen mit einer sehr großen Anzahl ausgezeichneter Diener Gottes die erste Annahme verteidigen, dass hier ohne Zweifel von dem Sohne Gottes die Rede sei, und ich bekenne, dass sie mir dies mit Gründen zu verteidigen scheinen, die ich nicht bestreiten möchte. Es lässt sich viel mehr auf dieser Seite der Frage sagen, als ich euch hier vorlegen kann. Auf der andern Seite finden wir Johann Calvin mit einer ebenso großen Schar von Theologen, die alle erklären, dass es das Buch sein müsse, das gemeint sei, das Evangelium, die Offenbarung Gottes in dem Buche. Ihre Auslegung der Stelle ist nicht bei Seite zu setzen, und ich fühle mich überzeugt, dass sie alle ebenso gute Gründe für ihre Auslegung vorbringen, wie die, welche zu dem anderen Schlusse gelangen. Wo solche Doktoren verschiedener Meinung sind, da bin ich nicht geneigt, eine eigene Erklärung darzubieten, die sich den ihrigen entgegenstellte, obwohl ich wagen mag, eine vorzuschlagen, welche sie alle einbegreift und so mit keiner in Konflikt kommt. Es fügt sich glücklich, wenn wir einen Weg sehen können, mit allen denen übereinzustimmen, die unter sich nicht übereinstimmten. Aber die bloße Tatsache, dass es schwierig ist zu erkennen, ob der Heilige Geist in dieser Stelle von dem Christ Gottes oder dem Buch Gottes spricht, ist mir sehr lehrreich gewesen. Dies zeigt uns eine große Wahrheit, die wir sonst vielleicht nicht so klar erkannt hätten. Wie vieles, das von dem Herrn Jesu gesagt werden kann, lässt sich auch von dem geoffenbarten Buch sagen. Wie genau sind diese beiden verbunden! Wie sicherlich verwerfen die, welche das Eine verachten, das Andere! Wie nahe ist das fleischgewordene Wort und das von inspirierten Männern gesprochene Wort miteinander verbunden!

Es mag am richtigsten sein, diese Stelle auf beides, das fleischgewordene Wort Gottes und das inspirierte Wort Gottes zu beziehen. Webt die beiden in einen Gedanken, denn Gott hat sie zusammengefügt, und ihr werdet frisches Licht und neue Bedeutungen in dem Texte sehen. Das Wort Gottes, nämlich die Offenbarung seiner selbst in der Heiligen Schrift ist all das hier Beschriebene, weil Jesus, das fleischgewordene Wort Gottes, darin ist. Er wird, so zu sagen, selber als die göttliche Wahrheit Fleisch in dieser sichtbaren und deutlichen Offenbarung; und so wird sie lebendig und kräftig und scheidend und richtend. Wie Christus Gott offenbart, so offenbart dieses Buch Christum, und hat deshalb als das Wort Gottes Teil an allen Eigenschaften des fleischgewordenen Wortes; und wir können in vielen Dingen dasselbe von dem geschriebenen Wort sagen wie von dem verkörperten; in der Tat, sie sind jetzt so miteinander verbunden, dass es unmöglich sein würde sie zu scheiden. Hieran denke ich gerne, weil es heutzutage manche gibt, die jede Lehre der Offenbarung leugnen, und die doch, fürwahr! Christum loben. Von dem Lehrer wird in der schmeichelhaftesten Weise gesprochen, und dann wird seine Lehre, soweit sie nicht gerade mit der Philosophie des Augenblickes zusammentrifft, verworfen. Sie reden. viel von Jesu, während sie das, was der wirkliche Jesus ist, nämlich sein Evangelium und sein geoffenbartes Wort, wegwerfen. Ich glaube, ich beschreibe sie richtig, wenn ich sage, dass sie wie Judas den Menschensohn mit einem Kuss verraten. Sie gehen sogar so weit, die Namen der Lehren laut zu rühmen, obwohl sie dieselben in einem andern Sinne gebrauchen, um zu täuschen.

Sie reden von Treue gegen Christum und Ehrfurcht vor der Bergpredigt; aber sie brauchen „vergebliche Worte“. Man klagt mich an, dass ich Argwohn aussäe. Ich säe ihn und ich wünsche ihn zu säen. Zu viele christliche Leute sind mit allem zufrieden, was sie hören, so lange es nur von einem bedeutenden Manne und in fesselnder Weise gesagt wird. Ich möchte, sie prüften die Geister, ob sie von Gott sind, denn es sind viele falsche Propheten ausgegangen in die Welt. Was Gott zusammengefügt hat, das scheiden diese neueren Denker eigenwillig und trennen den Offenbarer von seiner eigenen Offenbarung. Ich glaube, der Heiland hält ihre Huldigung für beschimpfender als ihr Hohn sein würde. Wohl mag er es, denn sie beugen sich vor ihm und sprechen: „Gegrüßt seist du, Rabbi!“, während ihr Fuß auf das Blut seines Bundes tritt und ihre Seelen die Lehre von seinem stellvertretenden Opfer verabscheuen. Sie kreuzigen den Herrn wiederum und halten ihn für Spott, indem sie den Herrn leugnen, der sie erkauft, und es wagen, sein Erkaufen seines Volkes als einen merkantilen Vergleich zu verlachen und ich weiß nicht, wie sonst noch zu lästern.

Christus und sein Wort müssen zusammengehen. Was von Christo wahr ist, wird hier sowohl von ihm als von seinem Wort ausgesagt. Seht, heute noch hat das ewige Evangelium Christum in sich. Er fährt darin wie in einem Wagen. Er fährt darin, wie vor Zeiten Jehovah „fuhr auf dem Cherub und flog daher und schwebte auf den Fittichen des Windes.“ Nur, weil Jesus nicht tot ist, wird das Wort lebendig und wirksam „und schärfer denn kein zweischneidiges Schwert“; denn wenn ihr Christum daraus weglasst, so habt ihr das Lebendige und die Kraft daraus weggelassen. Wie ich euch gesagt habe, dass wir nicht Christum ohne das Wort haben wollen, so wollen wir auch das Wort nicht ohne Christum haben. Wenn ihr Christum aus der Schrift weglasst, so habt ihr die wesentliche Wahrheit weggelassen, zu deren Verkündigung sie geschrieben ist. Ja, wenn ihr Christum als einen Stellvertreter, Christum in seinem Tode, Christum in seinen mit Blut gefärbten Gewändern aus ihr hinweglasst, so habt ihr alles, was lebendig und kräftig ist, aus ihr hinweggelassen. Wie oft haben wir euch daran erinnert, dass inbetreff des Evangeliums wie inbetreff jedes Menschen „das Leben in seinem Blute ist“; ein blutloses Evangelium ist ein lebloses Evangelium! Ein berühmtes Bild ist kürzlich gemalt, das unseren Herrn vor Pilatus darstellt. Es hat verdienterweise große Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Ein gewisses treffliches Blatt, das zu einem billigen Preise eine Menge Abbildungen bringt, hatte eine Abbildung von diesem Gemälde; da dasselbe aber zu groß war, um es ganz zu geben, gab man nur einen Teil desselben. Es ist interessant zu beachten, dass man uns hier Pilatus und dort Kaiphas gegeben, aber da kein Raum für Jesum auf dem Blatt war, so ist dieser Teil der Zeichnung weggelassen. Als ich das Bild sah, dachte ich, es sei wunderbar charakteristisch für einen großen Teil der neueren Predigt. Seht Pilatus hier, Kaiphas dort und die Juden da drüben - aber das Opfer, das für die menschliche Sünde gebunden und gegeißelt ward, ist ausgelassen. Möglich, dass in jenem Blatte die Figur Christi in der nächsten Nummer erscheinen wird; aber selbst wenn er in der nächsten Rede unserer neutheologischen Prediger erscheinen sollte, so wird es als das sittliche Vorbild sein, und nicht als der Stellvertreter der Schuldigen, nicht als der Sündenträger, durch dessen Tod wir erlöst sind. Wenn wir eine Predigt hören, in der kein Christus ist, so hoffen wir, dass er nächsten Sonntag gebracht werden wird, indes ist die Predigt so weit geschädigt, und die Darstellung des Evangeliums ist völlig verdorben, so lange die Hauptfigur weggelassen ist. O, es ist traurig, in einem Gotteshaus zu stehen, die Predigt anzuhören und dann ausrufen zu müssen: „Sie haben meinen Herrn weggenommen. und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben!“ Seid versichert, dass sie ihn in ein Grab gelegt haben. Dessen könnt ihr ganz gewiss sein. Sie haben ihn als etwas Totes hinweggetan, und für sie ist er so gut wie tot. Wahrer Gläubiger, du magst dein Herz mit dieser Erinnerung trösten, dass er auferstehen wird. Er kann in keinem Sinne von den Banden des Todes gehalten werden; und wenn auch seine eigene Kirche ihn begraben und den ungeheuren Deckel des größten Sarkophags der Ketzerei auf ihn legen sollte, so wird der Erlöser doch wiederum auferstehen und seine Wahrheit mit ihm, und er und sein Wort werden leben und regieren zusammen von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Brüder, ihr werdet verstehen, dass ich davon reden will, dass das Wort Gottes gleich dem Herrn Jesus die Offenbarung Gottes ist. Dieses von Gott eingegebene Buch ist das Evangelium, durch das ihr Leben empfangen habt, falls ihr es nicht vergeblich gehört.

Dies Evangelium ist es, in welchem Jesus ist, durch welches Jesus wirkt, das lebendig und kräftig genannt wird und „schärfer denn kein zweischneidiges Schwert und dringt durch, bis dass es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens.“ Ich werde nur in ganz einfacher Weise mit euch reden. Zuerst über die Eigenschaften des Wortes Gottes, und zweitens über einige praktische Lehren, welche diese Eigenschaften uns an die Hand geben.

I.

Lasst mich zuerst über die Eigenschaften des Wortes Gottes reden. „Es ist lebendig und kräftig und schärfer denn kein zweischneidiges Schwert.“

Das Wort Gottes wird lebendig genannt. Dies ist ein lebendiges Buch. Das ist ein Geheimnis, welches nur lebendige Menschen, die durch den Geist Gottes zum Leben erweckt sind, völlig begreifen. Nehmt irgendein anderes Buch, es mag ein Maß von Kraft darin sein, aber nicht jene unbeschreibliche Lebendigkeit, die in diesem heiligen Buche atmet und spricht und bittet und überwindet. Es ist ein majestätischer Stil in dem Worte Gottes, und mit dieser Majestät eine Lebendigkeit, die nirgendwo anders gefunden wird. Keine andere Schrift hat ein himmlisches Leben in sich, wodurch sie Wunder wirkt und sogar ihrem Leser Leben mitteilt. Es ist ein lebendiger und unvergänglicher Same. Es bewegt, es regt sich, es lebt, es verkehrt mit lebendigen Menschen als ein lebendiges Wort. Salomo sagt davon: „Wenn du gehst, wird es dich leiten; wenn du schläfst, wird es dich bewahren, und wenn du aufwachst, wird es mit dir reden“ (Spr. Sal. 6,22 n. d. engl. Üb.). Habt ihr nie gewusst, was das bedeutet? Nun, das Buch hat mit mir gerungen, das Buch hat mich getroffen, das Buch hat mich getröstet, das Buch hat mich angelächelt, das Buch hat mich finster angeblickt, das Buch hat meine Hand ergriffen, das Buch hat mein Herz erwärmt. Das Buch weint mit mir und singt mit mir, es flüstert mir zu und es predigt mir; es zeichnet mir den Weg vor und hält meine Schritte aufrecht; es war für mich des Jünglings bester Gefährte, und es ist immer noch mein Morgen- und Abend-Kaplan. Es ist ein lebendes Buch, ganz und gar lebendig; von seinem ersten Kapitel bis zu seinem letzten Wort ist es voll von einer seltsamen, geheimnisvollen Lebendigkeit, die ihm für jedes lebendige Kind Gottes den Vorzug vor jeder andern Schrift gibt.

Seht, meine Brüder, unsere Worte, unsere Bücher, unsere gesprochenen oder gedruckten Worte ersterben allmählich. Wie viele Bücher gibt es, die jetzt niemand mehr lesen will, weil sie veraltet sind. Es gibt viele, die ich mit Nutzen lesen konnte, als ich jung war, die mich aber jetzt nichts mehr lehren könnten. Es gibt auch einige religiöse Bücher, die ich während der ersten zehn Jahre meines geistlichen Lebens mit Vergnügen zu lesen vermochte; aber es würde mir nie in den Sinn kommen, sie jetzt zu lesen, so wenig ich daran denken würde, das „a-b ab“ und das „b-a ba“ meiner Kindheit zu lesen. Durch die christliche Erfahrung wachsen wir über die Werke hinaus, welche die Lehrbücher unserer Jugend waren. Wir können über Lehrer und Pastoren hinauswachsen, aber nicht über Apostel und Propheten. Ein menschliches Lehrsystem, das einst kräftig und einflussreich war, mag alt werden und endlich all seine Lebenskraft verlieren; aber das Wort Gott ist immer frisch und neu und voller Kraft. Keine Runzel verunziert seine Stirn, kein Zittern ist in seinem Fuß. Hier in dem Alten und dem Neuen Testament haben wir zur selben Zeit das älteste und das neueste der Bücher. Homer und Hesiod sind Kinder im Vergleich mit den älteren Teilen dieses ehrwürdigen Buches, und dennoch ist das Evangelium, welches es enthält, so wahrhaft neu wie die heutige Morgenzeitung. Wiederum sage ich, dass unsere Worte kommen und gehen: wie die Bäume des Waldes ihre Blätter nur vervielfältigen, um sie als verdorrte wieder abzuwerfen, so sind die Gedanken und Theorien der Menschen nur für eine Zeitlang, dann welken und verfaulen sie und sind nicht mehr. Das Gras verdorrt und die Blume fällt ab, „aber des Herrn Wort bleibt in Ewigkeit.“

Es hat eine Lebendigkeit, die es seinen Lesern mitteilen kann. Daher werdet ihr oft bei der Beschäftigung mit dem offenbarten Wort finden, dass es nichts ausmacht, wenn ihr beim Beginn des Lesens tot seid, denn ihr werdet beim Fortfahren lebendig gemacht werden. Ihr braucht kein Leben zu der Schrift zu bringen, ihr sollt Leben aus der Schrift schöpfen. Oft hat uns ein einzelner Vers aufgeschreckt, wie Lazarus auf den Ruf des Herrn Jesu herauskam. Wenn unsere Seele schwach und dem Tode nahe war, hat ein einziges Wort, das der Geist Gottes unserem Herzen eindrückte, uns aufgerichtet; denn es ist ebenso wohl ein lebendig machendes, als ein lebendiges Wort. Dies macht mich so froh, denn zu Zeiten fühle ich mich ganz tot, aber das Wort Gottes ist nicht tot, und wenn wir zu demselben kommen, sind wir wie der Tote, der, als er in das Grab des Propheten gelegt ward, auf seine Füße trat, sobald er die Gebeine anrührte. Sogar diese Gebeine der Propheten, diese Worte, die sie vor Jahrtausenden gesprochen und geschrieben haben, werden denen Leben einflößen, die mit ihnen in Berührung kommen. Das Wort Gottes fließt von Leben über.

Deshalb, lasst mich hinzufügen, ist es so lebendig, dass ihr niemals zu fürchten braucht, dass es aussterben wird. Sie träumen. sie träumen, wenn sie uns unter die Altertümer versetzt haben, uns, die wir das alte Evangelium predigen, das unsere Väter liebten! Sie lächeln höhnisch über die Lehren der Apostel und Reformatoren und erklären, diejenigen, welche daran glaubten, seien auf dem Trockenen gelassen, die Überbleibsel einer Zeit, deren Flut schon lange abgelaufen. Ja, so sagen sie! Aber was sie sagen, mag darum doch nicht wahr sein, denn das Evangelium ist ein so lebendiges Evangelium, dass, wenn es in tausend Stücke zerschnitten wäre, jedes Teilchen leben und wachsen würde. Wenn es unter tausend Lawinen des Irrtums begraben wäre, so würde es den Alp abschütteln und aus dem Grabe auferstehen. Wenn es mitten ins Feuer geworfen würde, so würde es durch die Flamme gehen, wie es manches Mal schon getan hat, als ob es in seinem natürlichen Elemente wäre. Die Reformation verdanken wir zum großen Teil einem Exemplar der Schrift, das in der Abgeschlossenheit eines Klosters gelassen war und da verborgen blieb, bis Luther es fand, und sein Herz ein Boden ward, in dem der lebendige Same wachsen konnte. Lasst nur ein einziges Neues Testament in einer römischkatholischen Gegend, und der evangelische Glaube kann zu jeder Zeit hervortreten, selbst wenn kein Prediger desselben je des Weges gekommen ist. Pflanzen, die in einer Gegend unbekannt waren, sind zuweilen plötzlich aus dem Boden entsprungen; der Same ist vom Winde dahin geweht, von den Vögeln getragen oder von den Meereswellen ans Ufer gespült. So lebenskräftig sind die Samenkörner, dass sie leben und wachsen, wo immer sie hingetragen werden, und selbst wenn sie Jahrhunderte lang tief im Boden gelegen und der Spaten sie an die Oberfläche brachte, keimten sie sofort. So ist es mit dem Worte Gottes; es lebt und und bleibt immerdar, und in jedem Boden und unter allen Umständen ist es bereit, sein eigenes Leben durch die Energie zu beweisen, mit der es wächst und zur Ehre Gottes Frucht bringt. Wie vergeblich sowohl als gottlos sind alle Versuche, das Evangelium zu töten. Die, welche das Verbrechen. in irgendeiner Weise versuchen, werden für immer nur beginnen und niemals ihrem Ziele nahe kommen. Sie werden in allen Fällen sich getäuscht sehen, ob sie es durch Verfolgung erschlagen, durch Weltlichkeit ersticken, durch Irrtum zermalmen, durch Vernachlässigung. ausdörren, durch Verdrehung vergiften oder durch Unglauben ertränken wollen. So lange Gott lebt, soll sein Wort leben. Lasst uns Gott dafür loben. Wir haben ein unsterbliches Evangelium, das nicht vernichtet werden kann und das noch leben und scheinen soll, wenn jene Lampe der Sonne ihren kärglichen Vorrat an Öl verzehrt hat.

Das Wort Gottes wird in unserem Texte „kräftig“ oder wirksam genannt. Die Heilige Schrift ist voll Macht und Kraft. O, die Majestät des Wortes Gottes! Sie klagen uns der Bibliolatrie1) an, es ist ein Verbrechen ihrer eigenen Erfindung, dessen wenige schuldig sind. Wenn es so etwas wie Erlassungssünden gibt, so ist sicher ungebührliche Verehrung der Heiligen Schrift eine von ihnen. Für mich ist die Bibel nicht Gott, aber sie ist Gottes Stimme, und ich höre sie nicht ohne Ehrfurcht. Was für eine Ehre, dies Heilige Wort zur Hand zu haben, es zu studieren, zu erklären, zu verkünden! Ich kann nicht umhin, zu fühlen, dass der Mann, der das Wort Gottes predigt, nicht auf einer bloßen Tribüne, sondern auf einem Throne steht. Du magst deine Predigt studieren, mein Bruder, und du magst ein großer Redner sein, und sie wundervoll fließend und kräftig zu halten vermögen; aber die einzige Kraft, die für den höchsten Zweck der Predigt wirksam ist, ist die Kraft, die nicht in deinem Worte liegt, noch in meinem, sondern in dem Worte Gottes. Habt ihr nie bemerkt, dass wenn Personen bekehrt werden, sie das fast immer einem in der Predigt angeführten Bibelspruche zuschreiben? Es ist Gottes Wort, nicht unsere Erklärung des Wortes Gottes, was Seelen errettet. Das Wort Gottes ist kräftig für alle heiligen Zwecke. Wie kräftig ist es, die Menschen von der Sünde zu überführen! Wir haben gesehen, wie die geoffenbarte Wahrheit Gottes den Selbstgerechten ihr Innerstes an den Tag kehrte. Nichts anderes, als das allerforschende Wort Gottes hätte ihnen solch' unangenehme Wahrheit nahe legen und sie zwingen können, sich selber wie in einem klaren Spiegel zu schauen.

Wie kräftig ist es zur Bekehrung! Es kommt an Bord eines Menschen, und ohne um seine Erlaubnis zu bitten, legt es die Hand an das Steuer und dreht ihn herum in die entgegengesetzte Richtung, und der Mensch gibt gerne der unwiderstehlichen Kraft nach, die seinen Verstand beeinflusst und seinen Willen regiert. Das Wort Gottes ist das, wodurch die Sünde getötet und die Gnade in dem Herzen geboren wird. Es ist das Licht, welches Leben mit sich bringt. Wie tätig und energisch ist es, sobald die Seele von der Sünde überführt ist, sie in die evangelische Freiheit hineinzubringen! Wir haben Menschen wie in des Teufels eigenem Kerker eingeschlossen gesehen und haben versucht, sie frei zu machen. Wir haben an den eisernen Gitterstangen gerüttelt, aber wir konnten sie nicht ausreißen und die Gefangenen nicht in Freiheit setzen. Aber das Wort Gottes ist der große Zerbrecher der Riegel und der eisernen Gitter. wirft nicht nur die Festen des Zweifels nieder, sondern es haut den Kopf des Riesen Verzweiflung ab. Keine Zelle und kein Keller im „Schloss des Zweifels“2) kann eine Seele in Banden halten, wenn das Wort Gottes, der Hauptschlüssel, richtig gebraucht wird, um die Riegel der Verzagtheit zurückzuschieben. Es ist lebendig und kräftig zur Ermutigung und Förderung. O Geliebte, was für eine wunderbare Macht hat das Evangelium, uns Trost zu bringen! Es brachte uns zuerst zu Christo, und es führt uns immer noch dahin, auf Christum zu blicken, bis wir ihm gleich werden. Gottes Kinder werden nicht durch gesetzliche, sondern durch gnadenvolle Methoden geheiligt. Das Wort Gottes, das Evangelium Christi, ist außerordentlich mächtig, die Heiligung zu fördern und jene völlige Hingabe hervorzubringen, die beides, unsere Pflicht und unser Vorrecht ist. Möge der Herr geben, dass das Wort seine Kraft in uns beweise, indem es uns fruchtbar zu allen guten Werken, zu tun seinen Willen“ macht! Möchten wir durch das Wasserbad im Wort“ - d. h. das Waschen durch das Wort - täglich gereinigt werden und vor ihm in weißen Kleidern wandeln und die Lehre Gottes, unseres Heilandes, in allen Stücken zieren!

Das Wort Gottes ist lebendig und kräftig in unserer eigenen persönlichen Erfahrung, und wir werden es so finden, wenn wir es brauchen bei der Arbeit an den Seelen unserer Mitmenschen. Liebe Brüder, wenn ihr Gutes zu tun sucht in dieser traurigen Welt und eine mächtige Waffe dazu braucht, so haltet fest am Evangelium, dem lebendigen Evangelium, dem alten, alten Evangelium. Es ist eine Macht darin, die genügt, der Sünde und dem Tode der menschlichen Natur gegenüberzutreten. Alle Gedanken der Menschen, gebraucht sie so ernstlich ihr wollt, werden nur sein wie das Kitzeln des Leviathans mit einem Strohhalm, nichts kann durch die Schuppen dieses Ungeheuers dringen, denn allein das Wort Gottes. Dies ist eine Waffe, die aus härterem Stoffe als Stahl gemacht ist und Panzer durchbohren wird. Nichts kann ihr widerstehen. „In des Königs Wort ist Gewalt.“ In dem Evangelium, wenn es verkündigt wird durch den Heiligen Geist, vom Himmel gesandt, ist dieselbe Allmacht wie in dem Worte Gottes, als er am Anfang zu der Finsternis sprach: „Es werde Licht“, und es Licht ward. O, wie sollten wir die Offenbarung Gottes schätzen und lieben; nicht nur weil sie voll Leben ist, sondern weil dieses Leben außerordentlich energisch und kräftig ist und auf das Leben und Herz der Menschen einwirkt!

Ferner sagt uns der Apostel, dass dieses Wort „schneidend sei. „Schneidend“ wäre eine ebenso richtige Übersetzung als „schärfer“; es ist „schneidender denn kein zweischneidiges Schwert.“ Ich nehme an, der Apostel meint mit der Bezeichnung „zweischneidig“, dass es ganz Schneide ist. Ein Schwert mit zwei Schneiden hat keine stumpfe Seite; es schneidet sowohl nach dieser als nach jener Richtung. Die Offenbarung Gottes, die uns in der Heiligen Schrift gegeben wird, ist ganz und gar Schneide. Sie ist lebendig in jedem Teil und scharf in jedem Teil, das Gewissen zu schneiden und das Herz zu verwunden. Verlasst euch darauf, es ist kein überflüssiger Vers in der Bibel und kein Kapitel, das nutzlos ist. Die Ärzte sagen von einigen Arzneien, dass sie „iners“ seien - sie haben keine Wirkung auf den Organismus, weder in dieser noch in jener Weise. Nun es gibt keine Stelle in der Schrift, die „iners“ ist, jede Zeile hat ihre Kräfte. Habt ihr nie von dem gehört, der als Lektion für den Sabbattag jenes lange Kapitel der Namen lesen hörte, worin geschrieben steht, dass jeder Patriarch so und so viele hundert Jahre lebte „und starb“? So schließt es die Bemerkung über das lange Leben des Methusalah mit „und starb“. Die Wiederholung der Worte, „und starb“ erweckte den sorglosen Hörer zu einem Gefühl seiner Sterblichkeit und veranlasste ihn, zum Heiland zu kommen. Es sollte mich nicht wundern, wenn dort in den Büchern der Chronika, unter jenen schweren hebräischen Namen Bekehrungen gewirkt wären, die uns noch unbekannt sind. Jedenfalls ist es sehr gefährlich, mit irgendeinem Teilchen der Heiligen Schrift zu spielen, und mancher Mann ist durch die Schrift verwundet worden, wenn er sie müßiger- oder gar profanerweise gelesen hat. Zweifler haben beabsichtigt, das Wort in Stücke zu brechen und es hat sie zerbrochen. Ja, Narren haben Teile ausgesucht und sie studiert, um sie lächerlich zu machen, und sind ernüchtert und überwunden worden durch das, was sie im Scherz wiederholten. Es war einer, der hinging, um Whitefield zu hören ein Mitglied des „Höllenfeuer-Clubs“, ein verzweifelter Mensch. Er stand bei der nächsten Versammlung seiner abscheulichen Gefährten auf und trug Whitefields Predigt mit wunderbarer Genauigkeit vor, ahmte sogar seinen Ton und seine Manier nach. In der Mitte seiner Ermahnungen bekehrte er sich selbst, machte plötzlich eine Pause, saß mit einem zerbrochenen Herzen nieder und bekannte die Macht des Evangeliums. Der Club ward aufgelöst. Dieser merkwürdige Neubekehrte war Torpe von Bristol, den Gott später so sehr zur Errettung anderer gebrauchte. Ich möchte lieber, dass ihr die Bibel lest, um darüber zu spotten, als dass ihr sie gar nicht lest. Ich möchte lieber, dass ihr aus Hass gegen das Wort Gottes kämt, es zu hören, als dass ihr niemals kämt.

Das Wort Gottes ist etwas so Scharfes, so voll schneidender Kraft, dass ihr unter seinen Wunden bluten mögt, ehe ihr noch ernstlich die Möglichkeit von so etwas vermutet habt. Ihr könnt dem Evangelium nicht nahe kommen, ohne dass es einen Grad von Einfluss über euch hat; und mit Gottes Segen mag es eure Sünden niedermähen und töten, wenn ihr gar nicht daran denkt, dass so etwas geschieht. Liebe Freunde, habt ihr nicht das Wort Gottes sehr schneidend gefunden, schneidender als ein zweischneidiges Schwert, so dass euer Herz innerlich geblutet hat und ihr unfähig gewesen seid, dem himmlischen Streiche zu widerstehen? Ich hoffe, ihr und ich werden immer mehr von seiner Schneide kennen lernen, bis es uns völlig getötet hat, soweit das sündliche Leben in Betracht kommt. O, dass wir Gott geopfert würden, und dass sein Wort das Opfermesser wäre! O, dass sein Wort jeder sündlichen Neigung, jeder sündlichen Gewohnheit und jedem sündlichen Gedanken an die Kehle gesetzt würde! Kein Sündentöter gleicht dem Worte Gottes. Wo es kommt, da kommt es als ein Schwert, und gibt dem Bösen den Tod. Zuweilen, wenn wir beten, dass wir die Kraft des Wortes Gottes fühlen möchten, wissen wir kaum, um was wir beten. Ich sah neulich einen ehrwürdigen Bruder, der zu mir sagte: „Ich erinnere mich, dass ich mit Ihnen gesprochen habe, als Sie neunzehn oder zwanzig Jahre alt waren, und ich habe niemals vergessen, was Sie zu mir sagten. Ich hatte mit Ihnen in der Betstunde gebetet, dass Gott uns den heiligen Geist völlig geben möge, und Sie sagten nachher zu mir: „Mein lieber Bruder, wissen Sie, um was Sie Gott gebeten haben?“ Ich antwortete: „Ja!“ Aber Sie sagten mir sehr ernst: „Der Heilige Geist ist der Geist, der richten und ein Feuer anzünden wird (Jes. 4, 4), und wenige sind für den innern Kampf bereit, den diese zwei Worte bedeuten! „Mein guter, alter Freund erzählte mir, dass er damals nicht verstanden, was ich meinte, sondern mich für einen sonderbaren Jüngling gehalten. „ Ach!“ sagte er, „ich sehe es jetzt ein, aber nur durch schmerzliche Erfahrung bin ich zu diesem Verständnis gelangt.“ Ja, wenn Christus kommt, so kommt er nicht, um Frieden auf die Erde zu senden, sondern ein Schwert; und dieses Schwert beginnt bei uns, in unserer eigenen Seele, und tötet, schneidet, hackt, bricht in Stücke. Selig ist der Mann, der das Wort des Herrn in seiner außerordentlichen Schärfe kennt, denn es tötet nichts als das, was getötet werden sollte. Es gibt ein neues Leben allem, was von Gott ist; aber es haut das alte verderbte Leben, was sterben muss in Stücke, wie Samuel den Agag vor dem Herrn tötete. Denn das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer denn kein zweischneidiges Schwert.“

Aber ich möchte euch darauf aufmerksam machen, dass es eine weitere Eigenschaft hat, es ist durchbohrend (n. d. engl. Übs.). Während es eine Schneide gleich einem Schwert hat, hat es auch eine Spitze gleich einem Speer und „durchbohrt, bis dass es scheidet Seele und Geist.“ Die Schwierigkeit bei dem Herzen einiger Menschen ist, an dasselbe zu gelangen. In der Tat, das Herz keines natürlichen Menschen kann geistlich anders durchbohrt werden, als durch dies durchbohrende Instrument, das Wort Gottes. Aber der Speer der Offenbarung kann durch alles dringen. Selbst wenn das Herz „dick wie Schmeer“ ist, wie der Psalmist sagt, so wird dieses Wort es durchbohren. Bis in das Mark des Menschen wird die heilige Wahrheit dringen und ihm Dinge entdecken, die er selber nicht entdecken kann. Wie mit unseren eigenen Herzen, so ist es mit den Herzen anderer. Liebe Freunde, das Evangelium kann seinen Weg überallhin finden. Die Menschen mögen sich in Vorurteil hüllen, aber dieser Speer kann die Fugen ihres Panzers herausfinden; sie mögen beschließen, nicht zu glauben und in ihrer Selbstgerechtigkeit sich zufrieden fühlen, aber diese durchbohrende Waffe wird den Weg finden. Die Pfeile des Wortes Gottes sind scharf in den Herzen der Feinde des Königs, so dass die Völker unter ihm fallen (Ps. 45, 6.). Lasst uns nicht bange sein, dieser Waffe zu vertrauen, wann immer wir berufen werden, den Feinden des Herrn Jesu gegenüberzutreten. Wir können sie damit fassen und durchbohren und ihnen ein Ende machen.

Ferner wird das Wort Gottes ein scheidendes genannt. Es scheidet Seele und Geist. Nichts anderes könnte dies tun, denn die Scheidung ist schwierig. In vielerlei Weise haben Schriftsteller versucht, den Unterschied zwischen Seele und Geist zu beschreiben; aber ich zweifle, ob es ihnen gelungen ist. Ohne Zweifel ist es eine treffliche Definition: „Die Seele ist das Leben des natürlichen Menschen, und der Geist das Leben des wiedergeborenen oder geistlichen Menschen.“ Aber es ist eine Sache, zu definieren und eine ganz andere, zu scheiden.

Wir wollen nicht versuchen, dies metaphysische Problem zu lösen. Gottes Wort kommt hinzu, und es zeigt dem Menschen den Unterschied zwischen dem, was von der Seele und dem, was von dem Geiste ist; zwischen dem, was von dem Menschen und dem, was von Gott ist, dem, was von der Gnade und dem, was von der Natur ist. Das Wort Gottes ist wunderbar entschieden hierin. O, wie vieles ist in unserer Religion, das, um mit einem geistlichen Dichter zu sprechen „Kind der Natur, in schönem Kleid, nicht das lebendige Kind“ ist, es ist von der Seele, nicht vom Geiste! Das Wort Gottes zieht sehr scharfe Linien und trennt das Natürliche und das Geistliche, das Fleischliche und das Göttliche. Ihr könntet zuweilen nach den öffentlichen Gebeten und Predigten der Geistlichen meinen dass wir alle christliche Leute wären; aber die Heilige Schrift bestätigt nicht diese schmeichelhafte Schätzung unseres Zustandes. Wenn wir versammelt sind, so sind die Gebete für uns alle, und die Predigt ist für uns alle, wir alle sind Gottes Kinder - alle als solche geboren oder durch die Taufe dazu gemacht, das steht .gar nicht in Frage! Aber die Art, wie das Wort die Sache nimmt, ist eine ganz andere. Es spricht von den Toten und den Lebendigen, von den Bußfertigen und den Unbußfertigen, von den Gläubigen und den Ungläubigen, von den Blinden und den Sehenden, von denen, die Gott berufen hat, und von denen, die noch in den Armen des Argen liegen. Es spricht mit scharfer Scheidung und trennt die Guten von den Schlechten. Ich glaube, es gibt nichts in der Welt, das die Hörer so teilt, wie sie geteilt werden sollten, als die einfache Predigt des Wortes Gottes. Dies macht unsere Gotteshäuser zu ernsten, feierlichen Orten. Das Wort Gottes scheidet.

Noch einmal, das Wort Gottes offenbart uns unser Inneres in wunderbarer Weise. Es dringt durch die Gelenke und das Mark, und Mark ist etwas, an das man nicht leicht gelangt. Das Wort Gottes dringt bis in das Mark unseres inneren Menschen; es legt die geheimen Gedanken der Seele bloß. Es ist „ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens.“ Habt ihr nicht oft beim Hören des Wortes euch gewundert, wie der Prediger das entschleiern konnte, was ihr verborgen hattet? Er sagt gerade das auf der Kanzel, was ihr in eurer Schlafkammer geäußert. Ja, das ist eins der Merkzeichen des Wortes Gottes, dass es eines Menschen innerste Geheimnisse bloßlegt; es enthüllt ihm sogar das, was er selbst nicht bemerkt hatte. Der Christus, der in dem Worte ist, sieht alles. Leset den folgenden Vers: „Es ist aber alles bloß und entdeckt vor den Augen dessen, mit dem wir es zu tun haben.“3)

Das Wort lässt euch nicht nur sehen, was eure Gedanken sind, sondern es beurteilt eure Gedanken. Das Wort Gottes sagt von. diesem Gedanken, er ist eitel“, und von jenem, „er ist annehmbar“, von diesem, „er ist selbstsüchtig“, und von jenem, „er ist Christus ähnlich.“ Es ist ein Richter der Gedanken der Menschen. Und das Wort Gottes erkennt so die Gedanken und Sinne des Herzens, dass es, wenn die Menschen sich drehen und winden und irre gehen, sie doch verfolgt. Nichts ist so schwierig zu erreichen als ein Mensch. Ihr könnt einen Dachs jagen und einen Fuchs aus dem Loche treiben, doch ihr könnt einem Menschen nicht beikommen er hat so viele Kreuzsprünge und Verstecke, aber das Wort Gottes wird ihn ausgraben und ihn ergreifen. Wenn der Geist Gottes mit dem Evangelium wirkt, so mag der Mensch Winkelzüge gebrauchen und sich drehen, aber die Predigt dringt an sein Herz und Gewissen, und er ist gezwungen, es zu fühlen und ihrer Kraft nachzugeben. Häufig habt ihr, liebe Brüder, ohne Zweifel Trost in der unterscheidenden Macht des Wortes Gottes gefunden. Unfreundliche Lippen haben euch sehr getadelt; ihr habt versucht, für den Herrn zu tun, was ihr konntet, und ein Feind hat euch verleumdet, und dann ist es köstlich gewesen, daran zu denken, dass der Meister euren Beweggrund kennt. Die Heilige Schrift hat euch dessen gewiss gemacht durch die Art, in der sie euch verstand und lobte. Er unterscheidet die wahre Absicht eures Herzens und missversteht euch nie; und dies hat euch den festen Entschluss eingegeben, treue Diener eines so gerechten Herrn zu sein. Keine Verleumdung wird den Richterstuhl Christi überleben. Wir sollen nicht nach den Meinungen der Menschen, sondern nach dem unparteiischen. Wort des Herrn geprüft werden; und deshalb ruhen wir in Frieden.

II.

Ich bin diese ganze Zeit über bei dem ersten Teil der Rede geblieben. Ich habe nur noch ein paar Minuten, um ein oder zwei Lehren zu zeigen, die wir aus den eben beschriebenen Eigenschaften des Wortes Gottes entnehmen sollten.

Die erste ist diese: Brüder und Schwestern, lasst uns große Ehrfurcht vor dem Worte Gottes haben. Wenn es all' dieses ist, so lasst uns es lesen, es studieren, es schätzen und es zum „Manne unserer Rechten“ (Ps. 80, 18.) machen. Und ihr, die ihr nicht bekehrt seid, ich bitte euch, behandelt die Bibel mit heiliger Liebe und Ehrfurcht und leset sie mit der Absicht Christum und sein Heil darin zu finden. Augustinus pflegte zu sagen, die Schrift sei die Windel des Kindes Christus Jesus; während ihr die Bänder abwickelt, werdet ihr ihn, wie ich hoffe, finden.

Ferner, liebe Freunde, lasst uns, wann immer wir uns tot fühlen und besonders im Gebete, nahe zum Worte kommen, denn das Wort Gottes ist lebendig. Ich finde nicht, dass die Gottesfürchtigen immer gleichmäßig beten. Wer könnte das? Wenn ihr nichts zu Gott zu sagen habt, so lasst ihn etwas zu euch sagen. Die beste einsame Andacht besteht zur Hälfte aus dem Forschen in der Schrift, in welcher Gott zu uns spricht, und zur andern Hälfte aus Gebet und Lob, in dem wir zu Gott sprechen. Wenn du tot bist, so wende dich von deinem Tod zu dem Wort, das immer noch lebt.

Danach, wenn wir uns schwach in unserer Pflichterfüllung fühlen, so lasst uns zum Worte Gottes und zu dem Christus im Wort gehen, um Kraft zu holen. Dies wird die beste Kraft sein. Die Kraft unserer natürlichen Fähigkeiten, die Kraft unserer erworbenen Kenntnisse, die Kraft unserer gesammelten Erfahrung, alles dies mag Eitelkeit sein, aber die Macht, die in dem Worte ist, wird sich als wirksam beweisen. Geh' hinauf von der Zisterne deiner sinkenden Kraft zu der Quelle der Allmacht; denn während die Knaben müde und matt werden und die Jünglinge fallen, sollen die, welche dort trinken, laufen und nicht matt werden, wandeln und nicht müde werden.

Ferner, wenn ihr als Prediger oder Arbeiter im Reiche Gottes etwas braucht, das euren Hörern ins Herz schneidet, nehmt es aus diesem Buche. Ich sage dies, weil ich Prediger gekannt habe, die versuchten, eigene, sehr schneidende Worte zu gebrauchen. Gott schütze uns davor! Wenn unser Herz warm wird und unsere Worte im Begriff sind, scharf wie ein Messer zu werden, so lasst uns daran denken, dass des Menschen Zorn nicht tut, was vor Gott recht ist. Lasst uns nicht den Versuch machen, Christi Krieg mit den Waffen des Satans zu führen. Es gibt nichts so Schneidendes als das Wort Gottes. Haltet euch daran. Ich glaube auch, dass eine der besten Weisen, die Menschen des Irrtums zu überführen, die ist, wenn man nicht sowohl den Irrtum anklagt, als die Wahrheit klarer verkündigt. Wenn ein Stock sehr krumm ist und ihr das beweisen wollt, so nehmet einen geraden und legt ihn ruhig daneben, dann werden die Leute sicherlich den Unterschied sehen. Das Wort Gottes hat eine sehr scharfe Kante und ihr tut am besten, alle schneidenden Worte, die ihr braucht, von demselben zu borgen.

Und ferner, das Wort Gottes ist sehr durchbohrend. Wenn wir die Leute nicht durch die Wahrheit Gottes erreichen können, so können wir sie überhaupt nicht erreichen. Ich habe von Predigern gehört, die gemeint haben, sich gewissen Leuten ein wenig anbequemen und Teile der Wahrheit, die unangenehm sein könnten, auslassen zu müssen. Brüder, wenn das Wort Gottes nicht durchbohrt, so werden unsere Worte es nicht, darauf könnt ihr euch verlassen. Das Wort Gottes ist wie das Schwert Goliaths, das in dem Heiligtum aufbewahrt ward, und von dem David sprach: „Es ist seines Gleichen nicht, gib mirs“. Warum liebte er es so? Ich denke, er liebte es umso mehr, weil es von den Priestern im Heiligtum verwahrt worden war; das war eine Ursache. Aber ich denke, er liebte es am meisten, weil Blutflecken darauf waren - das Blut Goliaths. Ich liebe mein eigenes Schwert, weil es bis zum Heft mit Blut bedeckt ist; das Blut getöteter Sünden und Irrtümer und Vorurteile hat es wie das Schwert des Don Rodrigo „von dunkler Purpurfarbe“ gemacht. Der Getöteten des Herrn sind viele gewesen durch das alte Evangelium. Wir weisen auf viele hin, die durch diese ächte Jerusalemer Klinge überwunden sind. Man wünscht, dass ich eine neue gebrauche. Ich habe sie nicht versucht. Was habe ich mit einer Waffe zu tun, die keinen Dienst gesehen hat? Ich habe das Schwert des Herrn und Gideons erprobt und meine, es zu behalten. Meine lieben Waffenkameraden, gürtet dieses Schwert um und verschmäht die hölzernen Waffen, womit Feinde euch täuschen wollen! Lasst uns diese stählerne, im Feuer wohl gehärtete Klinge gegen die Hartnäckigsten gebrauchen, denn sie können sich nicht dagegen behaupten. Sie mögen eine Zeitlang widerstehen, aber sie werden sich zu ergeben haben. Sie täten besser, Vorbereitungen zur Übergabe zu machen; denn wenn der Herr mit seinem eigenen Wort ihnen entgegentritt, so werden sie nachgeben und ihn um Gnade anflehen müssen.

Sodann, wenn wir zu irgendeiner Zeit zwischen Seele und Geist und Mark und Bein zu unterscheiden wünschen, so lasst uns zum Worte Gottes als Richter gehen. Wir sollten das Wort Gottes gerade jetzt bei mehreren Gegenständen gebrauchen. Da ist diese Sache der Heiligkeit, worüber der Eine dies sagt und der Andere das. Einerlei, was sie alle vorbringen, geht zu dem Bibelbuch, denn es ist der Schiedsrichter bei allen Fragen. Bei den Streitigkeiten der Gegenwart über tausenderlei Gegenstände haltet euch an dies unfehlbare Buch und es wird euch irrtumslos leiten.

Und zuletzt, da dies Buch zu einem Unterscheider oder Richter der Gedanken und Sinne des Herzens bestimmt ist, so lasst es euch richten. Wenn ihr einen neuen Band aus der Presse habt erscheinen lassen was ihr jeden Tag tut, denn jeder Tag ist eine neue Abhandlung aus der Presse des Lebens bringt ihn vor diesen großen Unterscheider und lasst das Wort Gottes ihn richten. Wenn das Wort Gottes euer Tun billigt, so ist es gebilligt; wenn das Wort Gottes es missbilligt, so ist es missbilligt. Haben die Freunde euch gelobt? Sie mögen eure Feinde sein, indem sie das tun. Haben andere Beobachter euch geschmäht? Sie mögen Unrecht oder Recht haben, lasst das Buch entscheiden. Ein Mann eines Buches wenn das Buch die Bibel ist - ist ein Mann, denn er ist ein Mann Gottes. Hängt fest am lebendigen Wort, und lasst das Evangelium eurer Väter, lasst das Evangelium der Märtyrer, lasst das Evangelium der Reformatoren, lasst das Evangelium der im Blute gewaschenen Menge vor dem Throne Gottes, das Evangelium unseres Herrn Jesu Christi, euer Evangelium sein und kein anderes als dieses, und es wird euch erretten und euch zum Werkzeug der Errettung Anderer machen, zum Preise Gottes.

1)
Ungebührliche, unnatürliche Verehrung der Bibel.
2)
Bunyans „Pilgerreise“. A. d. Üb.
3)
N. d. engl. Übers.
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autoren/s/spurgeon/w/spurgeon-das_wort_ein_schwert.txt · Zuletzt geändert: von aj
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