Spurgeon, Charles Haddon - Predigt-Entwürfe - 11. Der treue Ölbaum.

Spurgeon, Charles Haddon - Predigt-Entwürfe - 11. Der treue Ölbaum.

Aber der Ölbaum antwortete ihnen: Soll ich meine Fettigkeit lassen, die beide, Götter und Menschen, an mir preisen, und hingehen, dass ich schwebe über den Bäumen?
Richt. 9,9.

Die Fabel lehrt, dass wir alle den Versuchungen ausgesetzt sind, wie angenehm oder nützlich oder fruchtbar wir auch sein mögen, wie hier der Feigenbaum, der Ölbaum und der Weinstock versucht wurden. Diese Versuchungen mögen die Gestalt dargebotener Ehren annehmen; wenn es auch keine Krone ist, so könnte die Bestechung in irgend einem Vorzug oder in einer erhöhten Stellung liegen. Die Bäume befanden sich unter Gottes Regierung und bedurften keines Königs, aber in dieser Fabel „gingen sie hin“, und gaben so ihren rechtmäßigen Platz auf. Dann suchten sie, den Menschen gleich zu sein, und vergaßen, dass Gott sie nicht gemacht hatte, sich dem gefallenen Geschlecht gleich zu stellen. Sich selber auflehnend, suchten sie auch jene besseren Bäume, die treu geblieben waren, in ihre Auflehnung hinein zu ziehen. - Kein Wunder, dass ihre Wahl auf den so reichen und geehrten Ölbaum fiel; es musste ihrem Reich ein gewisses Ansehen verschaffen, wenn sie einen solchen Monarchen aufweisen konnten; aber der Ölbaum lehnte wohlweislich ab und gab seinen Grund dafür an.

I. Man sollte nicht so begierig nach scheinbaren Beförderungen haschen.

Es ist die Frage aufzuwerfen: „Sollte ich?“ Lasst uns nie tun, was ungeziemend, unpassend, unweise sein würde. 1. Mose 39,9. Der Nachdruck ist auf das „ich“ zu legen. Sollte ich? Wenn Gott mir besondere Gaben oder Gnaden verliehen hat, ziemt es mir, mit diesen Ausrüstungen zu scherzen? Sollte ich sie aufgeben, um Ehren für mich selbst zu erlangen? Neh. 6,11.

Eine höhere Stellung mag wünschenswert erscheinen, aber wäre es recht, sie auf solche Kosten hin zu erringen? Jer. 45,5. Sie schließt Pflichten und Sorgen in sich. Unter den Bäumen auf und nieder zu gehen, schließt in sich Sorge, Aufsicht, Reisen rc. Diese Pflichten sind mir etwas ganz Neues, denn gleich dem Ölbaum stand ich bisher an meinem bestimmten Platz. Sollte ich nach meinem lüsternen Willen in neue Versuchungen, in neue Schwierigkeiten rc. geraten? Kann ich Gottes Segen über so ungewohnte Beschäftigung erwarten? Wirf diese Fragen auf, wo dir Reichtum, Ehre, Macht dargeboten wird. Sollten wir danach haschen auf das Risiko hin, weniger Frieden zu genießen, weniger heilig, weniger nüglich, weniger betend zu sein?

II. Mit tatsächlichen Vorteilen sollte man nicht spielen.

„Soll ich meine Fettigkeit lassen?“ Ich besitze diesen Vorzug, dieses große Geschenk, sollte ich es leichtfertig aufgeben?

Es ist der größte Vorzug im Leben, Gott und Menschen zu nützen, und dieses hohe Vorrecht muss von Herzen geschätzt werden. Es für irgend etwas aufgeben, das die Welt mir bieten kann, wäre ein großer Verlust. Jer. 2,13. Dass wir Fettigkeit haben, sollte uns veranlassen, der Versuchung, König zu werden, zu widerstehen. Wir sind glücklich genug in Christo, in seinem Dienst, mit seinem Volk und in der Aussicht des Lohnes. Wir können uns durch die Veränderung nicht verbessern; lasst uns bleiben, wo wir sind.

Wir können der Versuchung auch widerstehen durch die Erwägung: dass die uns eröffnete Aussicht uns bange macht. Soll ich meine Fettigkeit lassen? Für einen Ölbaum wäre das unnatürlich, für einen Christen wäre es viel schlechter, ein heiliges Leben zu lassen (Joh. 6,68); dass der Rückblick schrecklich sein würde: „meine Fettigkeit lassen.“ Was muss es sein, die Gnade, die Wahrheit, die Heiligkeit und Christum verlassen zu haben! Gedenke an Judas; dass es ein Verlust wäre, solches auch nur eine Stunde zu lassen; dass alles in Enttäuschung enden würde, denn nichts ist imstande, den Herrn zu ersetzen. Alles andere ist Tod (Jer. 17,13); das fest bleiben und alle Köder verachten uns den Heiligen, den Märtyrern und ihrem Herrn ähnlich macht, während es die Narrheit des Dornbusches ist, irgend welche Ehre der Gnade vorzuziehen.

III. Die Versuchung sollte zum Vorteil gereichen.

Lasst uns tiefere Wurzeln schlagen. Der bloße Vorschlag, unsere Fettigkeit zu lassen, sollte uns veranlassen, dieselbe um so fester zu halten. Lasst uns auf der Hut sein, dass wir unsere Freude, die unsere Festigkeit ist, nicht verlieren. Wenn wir sie nicht lassen möchten, können wir es auch nicht ertragen, dass sie uns lasse.

Lasst uns mehr Fettigkeit bringen und mehr Frucht tragen; wer viel gewinnt, ist um so weiter vom Verlust entfernt. Je mehr wir in der Gnade wachsen, desto weniger ist es wahrscheinlich, dass wir sie lassen. Lasst uns zufriedener sein und freudiger von unserem Gnadenstand sprechen, dass niemand es wage, uns zu verlocken. Wenn Satan uns glücklich und standhaft sieht, hat er um so weniger Hoffnung, uns zu überwinden.

Bemerkungen.

Viele haben, um eine bessere zeitliche Stellung zu erlangen, heilige Gemeinschaft und köstliche Gelegenheiten, das Wort zu hören und in der Gnade zu wachsen, darangegeben. Sie haben ihre Sonntage verloren, seelenerquickende Dienste aufgegeben und sind zu ihrem großen Schaden unter die Weltlinge geraten. Solche Menschen sind so töricht, wie die armen Indianer, welche den Spaniern für armselige Glasperlen kostbares Gold gaben. Erworbene Schätze, unter denen die Seele verarmt, sind stets ein Fluch. Das Geschäft vergrößern, so dass du die Wochengottesdienste nicht mehr besuchen kannst, heißt in Wirklichkeit ärmer werden. Himmlische Vergnügungen daran geben und dafür zeitliche Sorgen eintauschen, ist wirklich ein betrübender Handel.

Edward Coke, der zur Zeit Jakob I. Oberrichter von England war, war ein Mann von edlem Sinn und Geist; er zog sich wegen seines Patriotismus oft das Missfallen des Königs zu. Als bei einer Gelegenheit ein unwürdiger Versuch gemacht wurde, sein Verhalten zu beeinflussen, antwortete er: „Wenn der Fall sich zutragen sollte, dann werde ich handeln, wie sichs für einen Richter zu handeln geziemt.“ O, dass alle Christen in Augenblicken der Prüfung handeln möchten, wie es sich für Nachfolger Christi zu handeln geziemt!

Sage nicht: dieser Beruf und diese Stellung, zu welcher mich Gott bestimmt hat, ist für mich zu klein und zu unbedeutend. Gottes Wille ist der beste Beruf, und in demselben treu sein, ist das würdigste Verhalten. Gott legt oft in kleine Dinge große Segnungen. Wenn dein stolzes Herz durch diese bescheidene Beschäftigung Demut und Ergebung lernt, erhältst du damit nicht hohen Lohn für deine bescheidenen Dienste.

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autoren/s/spurgeon/p/spurgeon-predigtentwuerfe/spurgeon-predigtentwuerfe-11.txt · Zuletzt geändert: von aj
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