Sengelmann, Heinrich Matthias - Verstehst Du auch, was Du liest - 2. Kor. 3,6.

Sengelmann, Heinrich Matthias - Verstehst Du auch, was Du liest - 2. Kor. 3,6.

Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig.

Dies Wort wendet eine Alles verflüchtigende Auslegungsweise an, um zu beweisen, man brauche nach der eignen Aussage der Schrift nicht so strenge an ihrem Buchstaben festzuhalten, es komme nicht darauf an, dass unser Glaube so genau und im Einzelnen mit der Bibel übereinstimme; dass wir ihren Geist nur festhielten, davon hänge das Leben und die Seligkeit ab. Man könnte sich mit der letzteren Forderung wohl zufrieden geben, wenn nicht der hier gemeinte Geist „der Herren eigener Geist“ wäre. Hält man nämlich den Geist fest, der durch das neue Testament hindurchgeht, so wird man dadurch unwillkürlich zum Festhalten des Allerkleinsten in ihm hingetrieben, weit, nach Christi eignem Wort nicht ein Tüttel desselben verloren gehen soll, bis dass Alles geschehe. Dass dieser Geist aber durchaus nicht gemeint sei, beweist eben die zwischen ihm und dem Buchstaben gemachte Trennung. Das Festhalten an dem Kleinsten der Schriftlehre, meint man, verknöchere den Menschen; dagegen wer dem Geiste - diesem unbestimmten Etwas - nachgehe, erweitere seinen eignen Geist. Gibt man dies zu, so ist natürlich dem göttlichen Worte jeder Gehorsam aufgekündigt; denn was der Geist sei, müsste doch irgendwo in der Schrift selbst ausgedrückt, und dies könnte doch wiederum nur durch das Mittel des Buchstabens geschehen sein. Somit ist sein Auffinden immer und in jedem Fall der Willkür Preis gegeben; wie es auch denjenigen Leuten geht, die nur durch Christi und nicht durch seiner Apostel Worte sich gebunden achten und nicht bedenken, dass die ersteren ohne das Mittel der letzteren uns gar nicht überliefert sind. Wir müssen also bei der Behauptung bleiben, der Geist der Schrift, wie er in dieser Weise gefordert und als Leben gebend gepriesen wird, ist nicht im Geringsten etwas anderes, als der Herren eigener Geist.“ - Wohl! fordre und behaupte man dies immerhin! nur berufe man sich nicht auf die heilige Schrift als auf den Gewährsmann, am allerwenigstens auf das obenstehende Wort. „Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig,“ sagt Paulus mit Beziehung auf den Unterschied des alten Testaments vom neuen. Er handelt in der betreffenden Stelle von der Herrlichkeit des evangelischen Predigtamtes und will dies selbe durch den Gegensatz zu dem alttestamentlichen hervorheben „So das Amt, das durch den Buchstaben tötet und in Steine ist gebildet, Klarheit hatte, also dass die Kinder Israel nicht konnten ansehen das Angesicht Mosis um der Klarheit willen seines Angesichts, die doch aufhört: wie sollte nicht vielmehr das Amt, das den Geist gibt, Klarheit haben (2. Kor. 3,7.8.)!“ Die Beziehung auf Mose, die bei dem Amte, das durch den Buchstaben tötet, genommen wird, deutet klar darauf hin, dass unter demselben das alte Testament zu verstehen sei, so wie das Amt, das den Geist gibt, kurz vorher bestimmt genannt wird das Amt des neuen Testamentes. Weshalb aber drückt Paulus den Gegensatz gerade auf diese Weise aus? Ein Ausleger sagt treffend: „Ohne alle Form erscheint der Geist hienieden nicht; auch der Geist des neuen Testamentes hat sich in der äußeren Kirche und ihren Einrichtungen eine Form geschaffen. Aber im Christentum hat der Geist eine so entschiedene Vorherrschaft, dass es mit demselben Grunde der Geist selbst heißen kann, wie das alte Testament wegen der darin sich aussprechenden Vorherrschaft der Form, der Buchstabe.“ Inwiefern dieser Buchstabe tötet, wird aus Röm. 7,9 ffg. klar. Da nämlich das Gesetz vollkommene Heiligkeit und aller Gebote Erfüllung verlangt, so kann es die Menschen nur verdammen, weil dieser Forderung Keiner nachgekommen ist; darin besteht das Töten. Aus diesem Tode aber findet eine Wiederbelebung, eine Auferstehung, statt durch die Kraft der in Christo dargebotenen Gnade. So ist das alte Testament „ein Zuchtmeister auf Christum,“ eine Vorbereitungsanstalt, und das neue die Erfüllung des alten; jenes belebt dieses, das sonst Nichts als eine tote Form wäre. - So ist's gemeint wenn Paulus sagt: „Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig.“

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