Seckendorff-Gutend, Henriette Freiin von - Hausandachten - 2. Andacht.

Seckendorff-Gutend, Henriette Freiin von - Hausandachten - 2. Andacht.

Jesajas 52.

In diesem wunderschönen Kapitel spricht Jesaias von der Erlösung, die in Christo Jesu geschehen ist, von der Kraft des Evangeliums. Was wir davon lesen, ist uns gesagt: wie wunderbar deutlich spricht der Prophet vom Messias, obwohl Er 758 Jahre vor Christo lebte. Er hat einen tiefen Blick in das ganze Erlösungswerk unseres Heilandes bekommen. Ehe Jesus gekommen, bedeckte Dunkel und Finsternis das Erdreich, aber mit Ihm kam Licht, Freude und Friede auf Erden, und in Ihm hatte Gott wieder ein Wohlgefallen an den Menschen. Niemand kann Friede und Freude ins Herz bekommen, wenn er nicht den Heiland im Glauben erfasst. Im alten Bunde müssen die Patriarchen, ein Abraham, Isaak, Jakob, David - alle diese mussten den noch nicht im Fleisch erschienenen Heiland im Glauben, als ihren Erlöser, erkennen, anbeten und erfassen, wenn sie mit Hiob sprechen wollten: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt.“ Wir im neuen Bunde haben es um Vieles leichter; Jesus Christus ist erschienen, das Wort ist Fleisch geworden, und wir haben im Evangelium und durch den Mund der Apostel Zeugnis, welche sagten: „Wir sahen Seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ Der Herr beweist Seine Gnade noch heute an jeder Seele, die sich Ihm durch Seine göttlichen Wahrheiten aufschließen lässt. Hast du nun, meine liebe Seele, diese Wahrheiten auch schon an deinem Herzen erfahren dürfen? Hasi du das Licht der Wahrheit in dein Herz hinein scheinen lassen? O! lasset euch die Sünden aufdecken, bringet alles Ungöttliche ans Licht, lasset euch reinigen und besprengen mit dem Blute Jesu Christi, und bittet den Herrn um Vergebung; dann kehrt der Friede mit Gott in euer Herz ein. Der Herr hat verheißen ihn zu geben, und drückt es keinem auf.

Bitte nur den Herrn im Glauben und kindlichem festen Vertrauen. Der die Väter des alten Bundes geleitet und ins ewige Leben geführt hat, der wird dich auch hindurch bringen, und deine Macht und Stärke sein. Im 1. Vers unseres Kapitels lesen wir: „Mache dich auf Zion, ziehe deine Stärke an, schmücke dich herrlich, du heilige Stadt Jerusalem.“ Wie ermunternd ist diese Stelle für uns! Wenn schon Jesaja so rufen konnte, als die Erlösung noch nicht vollbracht war, in welcher Segensfülle stehen dann wir? Uns ist Er erschienen und hat die völlige Erlösung gebracht. Was klagest und jammerst du noch, liebe Seele? „Mir kann nicht geholfen werden, ich stecke schon zu tief und zu lange in der Sünde, ich habe den Zügen des Geistes und der Stimme des Wortes Gottes schon zu oft widerstrebt!“ Weißt du auch, arme betrogene Seele, dass du mit solchen Worten und Gedanken den Herrn Jesum zum Lügner machst? Er ruft dir zu: Mache dich auf! ziehe deine Stärke an. Meinst du, Er, der also ruft, gebe dir nicht auch die Kraft aufzustehen vom Sündenschlaf? Und welches ist denn deine Stärke, die du anziehen sollst? Ist es deine eigene? O, diese wäre zu klein und ohnmächtig! Der Herr mit Seiner Kraft und Stärke will Alles tun. Es gibt keine Kraft und keine Stärke, welche hinreichend wäre, als allein die Kraft Jesu Christi, die in uns Schwachen mächtig sein will. Diese Kraft ist für dich da, diese Stärke sollst du anziehen und den Umgang mit dem Herrn und durch das Bleiben in Ihm, dem Hochgelobten, so kannst du zum Sieger und Überwinder werden. Es heißt weiter in diesem Vers: „Schmücke dich herrlich!“ Mit was sollen wir uns denn schmücken? Mit nichts anderem, als mit der Gerechtigkeit Jesu, das ist, mit Seinen heiligen Tugenden; diese sind der Schmuck und das Ehrenkleid, mit dem du vor Gott bestehen kannst; wie das schöne Verslein Zinsendorfs lautet:

„Christi Blut und Gerechtigkeit,
Das ist mein Schmuck und Ehrenkleid,
Damit will ich vor Gott bestehn,
Wenn ich im Himmel werd eingehn.“

Und wenn du dir hier diese Gerechtigkeit und diese Tugenden nicht erbittest, so geht es dir einst wie dem Mann, der ohne hochzeitliches Kleid zu Jesu kam, da dann der gerechte Richter befohlen hat: „Bindet ihm Hände und Füße und werfet ihn hinaus in die äußerste Finsternis, da wird sein Heulen und Zähnklappen.“ O! bedenkt es doch bei Zeiten, welche Folgen euer jetziges Leben für die Ewigkeit hat, und lasset es euer herzlichstes und ernstliches Anliegen und Verlangen sein, den Schmuck der Gerechtigkeit Jesu zu erlangen. Tag und Nacht haben wir um dieses Kleinod zu bitten, wie auch um alle die Heilsgüter, die uns der Herr in 33 Jahren erworben hat; bittet auch besonders um die Auferstehungskräfte und um die Kraft des Namens Jesu, diese kostbare ausgeschüttete Salbe. Das sind die Steine, aus denen dein geistlicher Tempel auferbaut werden soll, damit Jesus in diesen deinen Herzenstempel einziehen kann, wie geschrieben steht Epheser 2, 20-22. „Erbauet auf den Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist, auf welchen der ganze Bau in einandergefüget, wächst zu einem heiligen Tempel in dem Herrn, auf welchen auch ihr mit erbauet werdet zu einer Behausung Gottes im Geist.“ Der Herr hat dir alle diese Tugenden erworben, Seine Demut, Seine Sanftmut. Liebe, Reinheit und Keuschheit, damit du sie dir erbitten sollst, sie liegen alle auf dem Gnadentisch bereit, so auch die Todeskräfte Jesu, durch welche alle die Triebe und Neigungen deines bösen Herzens ertötet werden können. So und nicht anders bekommst du ein neues Leben in Christo Jesu und wirst gerecht in Seiner Gerechtigkeit und Heiligkeit.

Denke doch darüber nach, was Er dir von der Krippe bis zur Himmelfahrt erworben hat. Du musst dir diese Bausteine alle erbitten, damit der innere Bau deines Herzens vollendet werden kann; deshalb weise alle herrschenden Sünden oder Verdammungssünden aus deinem Herzen hinaus. Die Wurzel aller Sünde bleibt leider in uns, weshalb wir bis an unser Ende zu wachen und zu beten haben. O, ruhe nicht bis du Alles überwunden hast!

„Mache dich auf!“ ruft uns der Herr zu. Liebe Seelen, werdet lebendig, damit der Geist des Herrn alles Gute in euch wirken kann. Der Herr ruft uns zu: „Es wird hinfort kein Unreiner oder Unbeschnittener in die Stadt Gottes eingehen.“ Du kannst nicht in die heilige Stadt, in das neue Jerusalem, eingehen, wenn du nicht neugeboren bist, denn jede natürliche Tugend ist befleckt und unrein, und hättest du die schönsten Gaben und Talente, wenn sie nicht von Jesu geheiligt und durch Sein Blut gereinigt sind, so taugen sie nicht in das Himmelreich. Lass dein Herz reinigen und heiligen, sonst geht die Zeit dahin, und du kommst mit jedem Tag der Ewigkeit einen Schritt näher, ohne deine Aufgabe hinieden gelöst zu haben. Du musst mit deinem eigenen Wirken und deinen Tugenden bankrott werden, ja wisse, dass du von dir selbst gar nichts hast und kannst; denn auch was du aus natürlichem Trieb Gutes tust, gilt nichts vor dem Herrn, es muss Alles durch Jesu Tugenden geheiligt sein.

Ich erinnere mich noch recht wohl, dass ich als junges Mädchen besondere Freude am Geben und an dem Besuchen armer Kranken hatte, so dass ich diesem Trieb folgte, und auf die benachbarten Dörfer ging, um ihnen Erfrischungen und Trost zu bringen; später wurde es mir jedoch klar, dass dieses von dem Herrn nicht anerkannt wurde, weil es in meiner eigenen natürlichen Liebe, aber nicht aus Liebe zu Jesu geschah. Darum, ihr Lieben, habt Acht auf euer Almosen, und tut Alles aus Liebe zu dem Herrn, denn wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe, und tät es nicht aus Liebe zu Jesu, so wäre es mir nichts nütze. Dann erst ist dein Leben dem Herrn wohlgefällig, wenn dein Ich immer kleiner und Jesu Liebe immer stärker, kräftiger und mächtiger in dir wird, bis du mit Paulus sagen kannst: „Ich vermag Alles durch Den, Der mich mächtig macht, Christus.“ Phil. 4,13. Der Herr ist jederzeit bereit, die Hungrigen mit den reichen Gütern Seines Hauses zu sättigen, allein du musst als ein armer Sünder zu Ihm kommen. Er ruft uns zu: „Alles ist euer, nehmet umsonst, beides Wein und Milch.“ Wir wollen dem Herrn dafür danken, dass Er alles Gute uns darreichen und alle unsere Sünden vergeben will. Klagt nicht mehr darüber, dass ihr keinen Glauben, keine Liebe zu Jesu habt. Eilet und holet sie doch bei Ihm selbst. Lobet Ihn mit dankbarem Herzen, und danket, dass Er euch Alles so siegreich erworben und auf den Gnadentisch gelegt hat.

Vers 5. „Aber wie tut man mir jetzt allhier? spricht der Herr! Mein Volk wird umsonst verführet, seine Herrscher machen eitel Heulen, spricht der Herr, und mein Name wird immer täglich gelästert.“ Ja das Geheul ist dem Herrn ein Gräuel, Er wird dadurch gelästert; denn so oft wir sagen, mir kann nicht geholfen werden, so oft machen wir den Herrn zum Lügner. Verlangst du noch eine besondere Erlösung für dich, du hochmütige Seele? Jesus hat genug getan für alle Menschen. Er will dich jetzt erretten! Bitte Ihn darum, denn es hilft dich nichts, wenn du nur darüber jammerst und klagst. Werde doch klug, gehe hin und hole bei Jesu Seinen Glauben, den Er dir erworben hat. Lass dich von den Gaben Jesu durchdringen! Auch für euch Nervenleidende unter uns hat Jesus Seine gesunden und kräftigen Nerven gehabt, welche deine durch die Sünde zerrütteten Nerven vollständig erneuern und wieder herstellen können.

Bittet darum und lasset sie auf euch niederfallen. Der Herr hat Seine gesunde und kräftige Natur 33 Jahre lang dir zu gut getragen. Er war Gott und bedurfte ihrer nicht. Dir zu gut hat er Fleisch und Blut angenommen und Alles getan, damit du Alles aus Seiner Gnadenfülle nehmen kannst. Du hast keine Entschuldigung, wenn dir etwas gebricht im Geistlichen oder Leiblichen, denn du darfst ja nur, was dir fehlt, bei dem holen, der Alles für dich erworben hat! Warum konnten die Israeliten so schnell von dem Biss der feurigen Schlangen geheilt werden? weil sie dem Worte Gottes durch Moses gehorchten und im Glauben und Gehorsam zu der ehernen Schlange aufblickten. Ist Jesus der Gottes- und Menschensohn nicht viel mehr als die eherne Schlange? Wir wollen oft aufblicken zu dem Erhöhten und nun zur Rechten der Majestät Gottes sitzenden Herrn und Heiland, damit wir durch Seinen Geist Sieger werden über alles Böse, und fröhlich loben, singen und rühmen können:

„Der Herr hat Alles wohl bedacht,
und Alles Alles recht gemacht,
Gebt unserm Gott die Ehre.“
Das gebe der dreieinige Gott in Gnaden. Amen.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/s/seckendorff/seckendorff-hausandachten/seckendorff_hausandachten_2_andacht.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain