Seckendorff-Gutend, Henriette Freiin von - Hausandachten - 23. Andacht.

Seckendorff-Gutend, Henriette Freiin von - Hausandachten - 23. Andacht.

Jesaias 35.

Dieses Kapitel ist wieder eine Hinweisung auf den Messias und den herrlichen Zustand des Volkes Gottes in dieser Zeit. Meine Lieben! das führt uns zur Selbstprüfung, uns, die wir den Messias bereits haben. Wie siehts in unseren Herzen aus? Steht unser Herzensgefilde fröhlich und blühend, wie die Lilien, wie es Jesaias im Geist voraussieht? Ist es nicht eine große Verantwortung für alle, bei denen es noch nicht so im Innern beschaffen ist? Zur Zeit des Propheten Jesaias konnte es unmöglich schon solch eine schöne Zeit sein, wie wir sie haben; da war es noch wüste und öde überall, wie es auch leider jetzt noch in allen denjenigen Herzen aussieht, die keinen lebendigen Heiland haben, die noch im Sündenwust stecken, vom Satan geknechtet sind und nicht den Herrn im Glauben erfassen. Wenn wir auch oft einen Tag fröhlich und freudig sein können, aber am anderen schon wieder in Schwermut und Traurigkeit versinken, den Kopf hängen, seufzen und jammern, das ist nicht der rechte, glückliche Zustand des Christenherzens. Das ist ein Barometerchristentum. Solche Christen schaden der guten Sache viel mehr, als die offenbaren Weltmenschen. Denn durch sie bekommen solche, die sich bekehren möchten, oft einen wahren Widerwillen davor. Es hat kein Mensch mehr Recht, fröhlich und vergnügt zu sein, als ein Kind Gottes. Das ist ein solch' überaus glücklicher und beseligender Stand, dass unser sündiger Mund es unmöglich auszusprechen vermag. Sie haben Vergebung der Sünden, Kindschaft Gottes und ein ewiges Leben, d. h. sie sind Miterben Jesu Christi. Er behütet sie wie Seinen Augapfel, dass ihnen kein Leid widerfahren kann, und sie stehen in Seiner Kraft. Sie können Taten tun, und alles was sie bitten, das wird ihnen gewährt. Sie sind gekleidet in Seinen Schmuck, in Seine Gerechtigkeit und sind ihrer ewigen Berufung gewiss. Ach, meine Lieben! wir wollen uns doch recht prüfen, wie es in unseren Herzen aussieht, und uns versenken in den Abgrund der Liebe und des Erbarmens unsers hochgelobten Heilandes; da werden wir in eine selige Tiefe sinken, in der es uns unaussprechlich wohl ist. Wenn uns die Augen geöffnet werden und wir die ganze Fülle dieses Erbarmens fassen, da kann es nicht anders sein, wir werfen uns bußfertig dem Sünderheiland zu Füßen, lassen uns ganz ausziehen von allem, was noch Sündliches und Verdammungswürdiges in und an uns ist, und bitten Ihn, Er möge uns von all' dem weltlichen und sündlichen Wesen befreien, und uns Seinen heiligen Geist schenken, dass Er uns vollbereite, stärke, kräftige und gründe und in alle Wahrheit leite. Wir müssen unseren eigenen Willen vollständig aufgeben, und uns stille, ganz stille dem Herrn hinlegen, wie es in jenem Vers heißt:

Wie die zarten Blumen
Willig sich entfalten
Und der Sonne stille halten;
Möcht' ich so,
Still und froh,
Deine Strahlen fassen,
Und Dich wirken lassen!„

Wir müssen alle Hoffnung auf eigene Hilfe und Rettung total aufgeben, und recht einsehen lernen, dass wir nichts, gar nichts sind, und dass wir ohne den Heiland in diesem und jenem Leben die unglücklichsten und bedauernswürdigsten Geschöpfe sind; denn die Hilfe und Rettung steht allein bei dem Herrn. Woher kommt das viele Elend Leibes und der Seele? Warum gibt es so unendlich viele leiblich und Geistes-Kranke, so dass die Anstalten zu ihrer Unterbringung gar nicht mehr ausreichen? Die Sünde und der Sündendienst ist allein Schuld daran. Aber es ist nicht nötig, dass wir in dem Elend stecken bleiben, dass wir unsere Krankheiten geduldig weiter schleppen, nein, der Heiland schmachtet nach unseren Seelen, damit Er sie retten könne von dem Verderben, und auch die Leiber will Er gesund machen. Ich will, ich will, heißt es immer im 45. Kap. des Propheten Jesaja, und auch heute lässt Er es uns bestätigen, V. 4.: „Sagt den verzagten Herzen: Seid getrost, fürchtet euch nicht! seht, euer Gott der kommt zur Rache; Gott, der da vergilt, kommt und wird euch helfen.“ Warum wollen denn wir nicht? Meine Lieben! ist das nicht die allergrößte Beleidigung für unseren lieben Heiland, der uns immer und immer Seine Hilfe anbietet, und wir weisen Ihn immer zurück und hören den Liebesruf Jesu nicht? Kann Er uns denn etwas schenken, wenn wir nicht unsere Hand danach ausstrecken, und es annehmen? Wie muss unser Zweifel an Seinen Verheißungen Ihn schmerzen! Das ist schrecklich! Er will zur Rache kommen gegen unsere Feinde, sagt Er. Ist das nicht wieder überaus tröstlich? Wenn wir Ihn um Seinen Beistand bitten, Ihm uns willenlos hingeben, so nimmt Er den Kampf mit unseren Feinden auf und will sich an ihnen rächen, sie für immer unschädlich machen. Es ist also gar keine Ursache da zum verzagen und sich fürchten. Wir dürfen nur zum Heiland eilen, Ihm die Sache befehlen und Ihn allein schalten und walten lassen; nur nicht meinen, wir müssen Ihm helfen, oder gar mit langen, sogenannten brünstigen Gebeten vor Ihn treten, was ihm zuwider ist und die Kranken nur aufregt, angreift und ermüdet. Ein Glaubensblick, ein Seufzer genügt oft; „Ein nach Ihm geschickter Blick, bringt viel tausend Heil zurück.“ Nehmt ein Beispiel an Petro auf dem brausenden Meer. Wenn er auf den Herrn sah, so konnte er sicher gehen, sah er aber auf sich selbst und die Wellen, so schwankte sein Fuß und er begann zu sinken. So dürfen auch wir nicht auf unsere Umstände, unsere Leiden und Schmerzen sehen, sondern nur auf Ihn, den hochgelobten Herrn und Heiland. Wir wollen dem Wort glauben und dem Herrn treu bleiben bis ans Ende. Ganz, in dem Grad, in dem wir Glauben und Treue beweisen, hilft uns der Herr. Merkt euch das wohl! Diese Erfahrung habe ich in meiner eigenen Lebensführung schon oft gemacht. Nicht um meines sündlichen Gebetes, sondern um Seines Wortes willen hilft der Herr. Gewiss! es gäbe nicht so viel Elende, Kranke und Krüppel in der Welt, wenn mehr planmäßig nach dem Worte Gottes gebetet und zweckmäßiger gedacht würde. Der liebe Heiland, der uns die Leiden zuschickt, um uns zur Erkenntnis unserer selbst zu bringen, hat keine Freude daran, uns dieselben zu lassen, nein, es ist ihm vielmehr der größte Schmerz und Er sehnt sich danach, bis die Seele sich Ihm willenlos hingibt, die Vergebung ihrer Sünden glaubt und eins mit Seinem Willen wird. Aber warum müssen Manche Jahrzehnte auf ihrem Krankenlager, in ihren Fesseln und Banden schmachten? Weil sie nicht aufs Wort blicken, nicht in den Glauben und Gehorsam eingehen. Ich hatte noch nicht sehr lange eine liebe, fromme Frau hier, die seit 40 Jahren krank lag und immer gebetet hatte, aber nicht gesund wurde. Nachdem dieselbe 6 Wochen hier gewesen war, konnte ich sie völlig geheilt und ganz gesund entlassen. Sie hatte Hüftgelenkentzündung, ein Fuß war eine Spanne kürzer als der andere und dazu völlig lahm; auch war sie sonst sehr leidend. Aber nicht um meines Gebetes willen heilte sie der Herr, sondern weil sie aufs Wort blickte, dem Herrn sich willenlos zu Füßen legte und ungehindert Seine Gnaden- und Segensströme auf sich fließen ließ. Was wir bitten, das gewährt Er uns, so steht's im Wort und das lügt nicht; aber unsere Herzen müssen zuvor gereinigt, den Einflüssen der finsteren Mächte verschlossen und den Gnadenströmungen des Herrn geöffnet werden. Alsdann segnet der Herr ohne Maß und Ziel, wie Er es in Seinem Wort verheißt, V. 5.: „Alsdann werden der Blinden Augen aufgetan werden, und der Tauben Ohren werden geöffnet werden;“ die Lahmen gehen und die Stummen reden; dann werden wir aller der reichen Verheißungen und Segnungen teilhaftig und dürfen ein unbeschreibliches Wohlsein erfahren; denn bei dem Herrn ist Friede und Freude und ein seliges Leben. Sein Weg ist der richtige und sichere, auf dem unser Fuß ohne Anstoß gehen kann, und auf dem selbst die Toren nicht irren können. Wie herrlich wird es dann erst drüben sein, wenn wir überwunden haben durch des Lammes Blut! Es heißt im letzten Vers des Kapitels: „Da werden die Erlösten des Herrn jauchzend nach Zion kommen; ewige Freude wird über ihrem Haupt sein, Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird weg müssen.“

O seht, meine Lieben, welche Wonne, welche Seligkeit uns erwartet, wenn wir uns vom Sündendienst lossagen, uns durch das Blut Jesu Christi reinigen lassen, uns in Seine Gerechtigkeit kleiden und Ihm immer und ewiglich treu bleiben! Aber das Alles muss schon auf dieser Welt geschehen. Denn, wie der Baum fällt, so liegt er. Lernen wir uns nicht schon hier im Herrn freuen, so werden wir es drüben in der Ewigkeit nicht erst vermögen. Darum wolle uns der barmherzige Heiland in Gnaden leiten und führen, damit wir einst das Ziel des Glaubens, der Seelen Seligkeit erlangen, und uns freuen dürfen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude. Das walte Gott! Amen.

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