Schlachter, Franz Eugen - Samuel und Saul - 6. Samuel wird zum Propheten erweckt.

Schlachter, Franz Eugen - Samuel und Saul - 6. Samuel wird zum Propheten erweckt.

1. Sam. 3.

Samuels Berufung ist ein wunderbares Beispiel davon, wie der HErr Sich Diener erwecken kann in Zeiten, wo die Sünde mächtig geworden ist. Seine Jugend verbrachte Samuel in einer geistesarmen Zeit. Das Wort des HErrn war damals, wo er als Knabe beim Heiligtum diente, teuer in Israel, und göttliche Offenbarungen waren fast ganz unbekannt. Dieses göttliche Schweigen rührte daher, dass der Geist Gottes betrübt worden war. Das Volk war seit dem Tod Josuas immer tiefer versunken in den Götzendienst, und der Altar des HErrn entweiht durch eine gottlose Priesterschaft. Das Volk bekümmerte sich nicht mehr viel um das Wort des HErrn, noch um das Heiligtum. Wie sollte es auch, da der Frevel an heiliger Stätte stand? Die Sünde der Söhne Elis war groß, und infolgedessen lästerten die Leute das Speisopfer des Herrn; nicht nur die unwürdigen Priester verfielen der Verachtung, sondern durch ihre Schuld der ganze Gottesdienst. Wo aber keine Achtung mehr ist vor dem Heiligtum, da wird das Volk zügellos. Je weniger das Wort Gottes verkündigt wurde, desto mehr riss heidnisches Wesen ein in Israel, gerade wie bei uns diejenigen Leute rasch verweltlichen und oft ganz verwildern, denen das Wort gar nicht oder nur sehr selten verkündigt wird, und die nicht kommen unter seinen Schall.

Der HErr konnte es aber nicht zulassen, dass Sein Volk ganz in der Finsternis versank. Die Lampe Gottes war auch wirklich noch nicht ganz ausgelöscht; sie brannte noch als ein glimmendes Docht im Heiligtum, und der HErr, welcher das glimmende Docht nicht auslöscht, sorgte dafür, dass es zur hellen Flamme ward. Dies geschah durch die Erweckung eines jugendlichen Propheten, dem ER Sich offenbarte, und der die empfangenen Offenbarungen dem Volk Israel treu verkündigt hat. Samuel ward ein Prophet durch unmittelbare Offenbarung des HErrn. Auch wenn wir zu keinem Prophetenamt, wie er, berufen sind, ist es doch äußerst lehrreich für uns zu sehen, wie dieser Knabe zum Mann Gottes ward. Wir sollen Menschen Gottes werden, zu allem guten Werk geschickt, wie Samuel es war; wie werden wir nun das? Wir wissen, dass Samuel ein Kind der Gebete seiner Mutter war. Das deutete sie auch mit dem Namen an, den sie diesem Knaben gab, welcher so viel als „von Gott erbeten“ heißt. Und gewiss hat sie nicht nur das Leben dieses Kindes von dem HErrn erfleht, sondern auch dessen Begnadigung zu einem so herrlichen Beruf, und wir dürfen wohl sagen, dass die Offenbarung des HErrn an den Knaben Samuel die Antwort auf die Gebete seiner Mutter war. Wie wunderbar sieht man hier, was das Gebet einer Mutter für ihre Kinder ausrichten kann, auch wenn diese nicht mehr bei der Mutter sind. Die Mutter lebt daheim in Rama, und Samuel versieht seinen Dienst zu Silo am Heiligtum. Aber die Mutter fährt fort zu beten für ihren Sohn und dieser erhält als Antwort darauf einen Ruf vom HErrn. Die Stimme der Mutter vernimmt er nicht mehr, aber er hört dafür, was noch besser ist, die Stimme des HErrn. Mutter, vielleicht verbringt dein Sohn seine Nächte nicht wie Samuel im Heiligtum, sondern leider ganz anderswo. Umso nötiger ist es, dass du für ihn zum HErrn schreien sollst, damit Er ihm rufe: „Samuel, Samuel!“. Ja, wenn ich einen Sohn hätte, wie dieser Samuel einer war, seufzest du vielleicht. Das wäre freilich schön; aber vorerst sollte dein Sohn eine Mutter haben, wie Hanna eine war, wer weiß, dann würde am Ende mit der Zeit auch noch ein Samuel aus ihm! Beten war jedoch nicht alles, was Hanna für Samuel tat, sie weihte ihn auch dem Herrn von seiner frühesten Jugend an. Wir können zwar nicht jedes Kind weihen zum besonderen Dienst am Heiligtum, und es wäre sogar ein Irrtum von einer Mutter, wenn sie glaubte, ihr Sohn sei nur dann dem HErrn geweiht, wenn sie ihn für den geistlichen Stand bestimme. Es handelt sich vielmehr darum, dass man seine Kinder, so wie Hanna den Samuel, dem HErrn anvertraut, dass ER sie bewahre und erziehe, und dass wir sie, soviel an uns liegt, erziehen zu Seinem Dienst. Ihm dienen können sie auch dann, wenn ihr Beruf ein irdischer ist, wenn man sie nur nicht der Welt, dem Mammon und der Eitelkeit in die Arme wirft, sondern sie bringt unter den Einfluss von Gottes Wort und Geist. Anstatt dessen bringen jetzt manche junge Leute ihre Sonntag-Vormittage in technischen Schulen zu, und die Sonntag Nachmittage verbummeln sie dann, kommen also in keinen Gottesdienst, und das wollen die Eltern so! Darum wurde aber Samuel die göttliche Offenbarung zu teil, weil er im Heiligtum Gottes gewurzelt war. Dort war er zu Hause, und da wurde der HErr ihm bekannt.

Aber freilich, man kann oft lange das Haus Gottes besuchen, ohne dass man doch den HErrn selber kennt. So war es mit Samuel. Er kannte den HErrn noch nicht, als er sogar schon längere Zeit im Dienst am Heiligtum stand. Die wahre Gotteserkenntnis erhält man eben nicht durch menschlichen Unterricht, sie wird uns nur durch göttliche Offenbarung zu teil. Und wie Samuel erst dadurch zum Mann Gottes wurde, so werden auch wir erst dann zu Gottesmenschen gemacht, wenn der HErr Sich uns offenbart. Es ist ein großer Unterschied, ob man den HErrn nur vom Hörensagen, oder ob man Ihn aus Erfahrung kennt. So groß ist der Unterschied, dass es von Samuel vor dieser Offenbarung heißt: „Er kannte den HErrn noch nicht, und das Wort des HErrn war ihm noch nicht geoffenbart.“ Er wusste zwar schon viel von Ihm, hatte auch Gottes Wort schon oft gehört, aber es fehlte Ihm bis dahin noch das innere Organ zur Erkenntnis Gottes, und er verstand die Sprache des HErrn noch nicht. Die persönliche Bekanntschaft mit dem HErrn und das gläubige Verständnis Seines Wortes, das ist es, was uns erst recht zu Gottes Kindern macht.

Wie geht es nun bei einer solchen Gottes-Offenbarung zu? wodurch offenbart Sich uns der HErr? Dadurch, dass er mit uns spricht, also durch Sein Wort. „Der HErr offenbarte Sich dem Samuel zu Silo durch das Wort des HErrn,“ sagt die Schrift, V. 21. Wir lesen nichts davon, dass Samuel Seine Gestalt gesehen hat, er hörte nur die Stimme des HErrn. Und das ist auch vollständig genug; Erscheinungen brauchen wir nicht. Der HErr kann uns alles, was nötig ist, mitteilen durch Sein Wort. Und dieses hat bleibenden Wert, während die Erscheinungen gar bald wieder verschwunden sind. Unser Glaube wird nirgends auf Erscheinungen gestützt, wohl aber auf das unvergängliche Gotteswort. Auch mit uns nun redet der HErr, vielleicht wie mit Samuel in dunkler Nacht oder in stiller Einsamkeit. Es geht oft lange, bis man Seine Stimme vernimmt, und noch länger, bis man sie versteht. Samuel meint, Eli rufe ihn, so sehen auch wir oft die Stimme Gottes nur für Menschenstimme an, und doch redet der HErr mit uns. Darum kostet es den HErrn viel Mühe und Geduld, bis wir Ihn verstehen; ER redet wiederholt mit uns, wie Er dem Knaben Samuel dreimal rufen muss und erst zum vierten Mal von Ihm verstanden wird. Dieser Unverstand ist beschämend für uns, aber Gottes Treue ist wunderbar. Er lässt nicht nach, bis man Ihn versteht und drängt uns doch Seine Offenbarung in keiner Weise auf. Er wartet, bis wir es merken, dass ER es ist, der uns ruft. Aber darum bedarf es eben auch der Aufmerksamkeit, und wir müssen mit Samuel lernen sagen: „HErr, rede, denn Dein Knecht hört!“

In welcher Eigenschaft offenbart Sich der HErr Seinem Knecht Samuel? Als Der, welcher Seine Schafe mit Namen kennt. Der HErr kennt die Seinen, das musste der erste Eindruck sein, den Samuel erhielt, als er merkte, dass der HErr ihn bei seinem Namen rief. Diese Erkenntnis, dass der HErr weiß, wer wir sind, kann zweierlei Wirkung haben auf unser Gemüt. Wie erfreulich ist es, zu wissen, dass unser Name im Himmel angeschrieben ist und seiner vor dem HErrn nicht vergessen ist. Wie erschrecklich ist es aber andererseits, zu merken, dass der HErr in das Verborgene steht und unser ganzes Leben kennt. Das hat die Samariterin ordentlich erregt, als der HErr ihr alles sagte, was sie getan. So merkt denn auch Samuel hier, dass der HErr die Sünden der Menschen kennt und ein strenger Richter darüber ist. Das war ja der Inhalt Seiner ersten Offenbarung an Samuel, dass ER das Strafgericht an Eli und dessen Haus vollziehen wolle. Dieses Strafgericht traf freilich den Samuel selber nicht; aber wer den Ernst Gottes gegen die Sünden seiner Mitmenschen sieht, der weiß, dass derselbe Gott es auch mit ihm genau nehmen wird. Die Offenbarung Gottes an uns enthält denn auch gewöhnlich diese beiden Lehren, dass ER uns liebt, und dass er die Sünde hasst. Diese doppelte Erkenntnis von der Güte und der Strenge Gottes, von Seiner Liebe und von Seiner Heiligkeit, begleite auch uns, wie den Samuel, auf unseren ganzen Lebensweg!

Und nun, was fangen wir mit der empfangenen Offenbarung an? Sind wir, wie Samuel, treu damit? Er fürchtete sich zuerst, das zu bekennen, was der HErr mit ihm geredet hatte in jener Nacht. Ähnlich geht es uns. Man meint, man wolle das verbergen, was man vom HErrn empfangen hat. Ja, es gibt Leute, die es nicht einmal haben wollen, dass ihre Umgebung merke, sie haben Gottes Wort gehört. Wir brauchen nun freilich nicht damit zu prahlen, aber wir sollen uns auch nicht schämen, Hörer und noch viel weniger uns fürchten, Täter des Wortes Gottes zu sein. Eli beschwört den Samuel, er soll ihm nichts von dem verschweigen, was der HErr mit ihm geredet hat. Gottes Wort ist kein Privatbesitz, den man nur für sich behalten darf. Sogar dann, wenn dieses Wort straft und uns die Verkündigung desselben Unannehmlichkeiten bereiten kann, dürfen wir gleichwohl nicht schweigen davon. Es war schwer für den jungen Samuel, dass er dem alten Priester das Urteil Gottes ankündigen musste, aber Eli war weise genug, dass ER es nicht übel nahm. Er nahm es nicht von Samuel an, sondern von dem HErrn, von dem es auch kam. „Es ist der HErr, ER tue, was Ihm wohlgefällt!“ Das ist verständig, wenn man die Predigt des Wortes Gottes, auch die Strafpredigt, so aufnimmt, während es unverständig ist und ungerecht, wenn man über den Prediger schilt, der doch, ob gern oder ungern, die Wahrheit sagen muss, die er von Gott gehört hat. Weil nun Samuel treu war mit der empfangenen Offenbarung, darum wurde ihm bald noch mehr Licht zu teil. Samuel nahm zu, und der HErr war mit ihm und ließ keines von allen seinen Worten auf die Erde fallen. Und der HErr fuhr fort, zu Silo zu erscheinen und offenbarte sich dem Samuel durch Sein Wort. So geht es denen, die treu sind mit dem Empfangenen, dass der HErr ihnen noch mehr anvertrauen kann. Wer das Wort Gottes treu benützt, der nimmt durch diese lautere Milch beständig zu, nicht nur in der Erkenntnis, sondern auch an Kraft. Und das Wort, das im Auftrag des Herrn treu verkündigt wird, das fällt auch nicht wirkungslos zur Erde, sondern es geht auf als ein lebenskräftiges Samenkorn und bringt Frucht. Ja, es findet sogar die treue, furchtlose Verkündigung des Wortes Gottes mehr Anklang als die zaghafte. Samuel wurde bald in den Augen von ganz Israel beglaubigt als ein Prophet des HErrn. Er gehörte zwar nicht zum privilegierten Priesterstand, er hatte nicht das Patent, aber er hatte Gottes Wort, und das machte ihn zum Propheten. Sein Wort bewies sich wohl an dem Gewissen von jedermann als Gottes Wort; es traf und es traf ein. Die Leute fühlten hier eine Gotteskraft. Das verödete Heiligtum zu Silo ward wieder besucht, das Volk scharte sich wieder um Gottes Wort, und es bahnte sich unter Israel eine Bußbewegung an, aus der mit der Zeit eine allgemeine Umkehr des Volkes zu seinem vergessenen Gott entstand.

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