Magnus Friedrich Roos - Kreuzschule - Zehntes Kapitel.

Magnus Friedrich Roos - Kreuzschule - Zehntes Kapitel.

Wie ein Christ unter dem Leiden Geduld beweisen soll.

Jacobus schreibt Kap. 1,2.3.4.: „Meine lieben Brüder, achtet es eitel Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtungen fallet, und wisset, daß euer Glaube, so er rechtschaffen ist, Geduld wirket. Die Geduld aber soll fest bleiben bis an's Ende, auf daß ihr seid vollkommen und ganz, und keinen Mangel habt.“ Und Paulus schreibt Hebr. 10,36.: „Geduld ist euch noth, daß ihr den Willen GOttes thut, und die Verheißung empfahet.“ In diesen und vielen andern Stellen wird die Geduld als ein nothwendiges Stück des Christenthums empfohlen, und eben deßwegen sind auch die Anfechtungen und Leiden nöthig, weil die Geduld zur Vollkommenheit des Christenthums nöthig ist, und ohne Leiden keine Geduld statt hätte. Es ist aber die Geduld eine anhaltende Unterwürfigkeit des menschlichen Willens unter den Willen GOttes, welcher etwas zu leiden auflegt. Ein Mensch ist zu allen Zeiten der Allmacht GOttes unterworfen. Er muß leiden, was ihm GOtt auflegt: hierin besteht aber die Geduld nicht, weil sonst auch die Verdammten in der Hölle geduldig wären, als welche bei der Empfindung ihrer Pein der Allmacht GOttes auch nicht widerstreben können. Ein geduldiger Christ sagt nicht nur: ich muß dieses oder jenes leiden, und kann's nicht ändern, sondern leidet gerne, und sein menschlicher Wille ist bei dem Leiden dem Willen GOttes beständig unterworfen. Es hat aber die Geduld ihre verschiedene Stufen. Die erste Stufe ist diese, wenn ein Christ zwar in seinem Leiden den Willen GOttes für gut und heilig hält, doch aber bei dem Leiden noch ein gewaltiges Widerstreben seiner Natur wider denselben empfindet, welches zwar die Oberhand nicht gewinnt, aber doch m viel Klagen und Fragen ausbricht, und einen scharfen Kampf und heftige Traurigkeit erweckt. Auf dieser Stufe sind Hiob und Assaph eine Zeit lang gestanden. Die andere Stufe ist, wenn die Seele unter dem Leiden stille oder ruhig wird; wie David Ps. 62,2. sagt: „Meine Seele ist stille zu GOtt, der mir hilft“, und der HErr selbst Ps. 46,11. spricht: „Seid stille, und erkennet, daß ich GOtt bin“, und Ps. 37,7.: „ Sei stille dem HErrn, und warte auf ihn.“ Auf dieser Stufe ist des Kampfes und der Klagen weniger, und die Zufriedenheit größer. Die Seele hat mehr Licht, und erkennet bei demselben, daß der Weg, den GOtt sie führt, für sie heilsam und nöthig sei. Die dritte Stufe ist, wenn ein Christ es für eitel Freude achtet, wenn er in mancherlei Anfechtungen fällt, wie Jacobus Kap. 1,2. schreibt, oder wenn er sich der Trübsalen rühmet, wie Paulus Rom. 5,3. sagt, oder wenn er in den Trübsalen zuweilen überschwänglich in Freude seyn kann, 2 Cor. 7,4. Kap. 8,2. Hiezu ist aber nöthig, daß die. Liebe GOttes gegen uns in dem Herzen durch den heiligen Geist ausgegossen sei (Röm. 5,5.), und der leidende Christ mit Trost erfüllt sei s2 Cor. 7,4.), und aus dem Evangelio deutlich erkenne, daß er mit Christo leide, damit er auch mit ihm zur Herrlichkeit erhoben werden könne, zugleich aber auch den Nutzen des Leidens klar einsehe, und an sich selbst wahrnehme; wie nämlich die Trübsal Geduld, die Geduld Bewährung, die Bewährung aber Hoffnung bringe, und die Hoffnung nicht zu schanden werden lasse (Rom. 5,3.4.5.), oder wie die Trübsal zeitlich und leicht sei, und eine ewige und über alle Maaßen wichtige Herrlichkeit bei denjenigen schaffe, die nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare sehen, 2 Cor. 4,17.18. Zu dieser Stufe der Geduld wolle der heil. Geist als ein treuer Tröster einen jeden leidenden Christen erheben; wie denn im neuen Testament alle dazu berufen sind. Hiezu mögen aber folgende Betrachtungen dienen:

1. ist der HErr gerecht in allen seinen Wegen, und heilig in allen seinen Werken, Ps. 145,17. „Er ist ein Fels: seine Werke sind unsträflich; denn alles, was er thut, das ist recht. Treu ist GOtt, und kein Böses an ihm: gerecht und fromm ist er“, 5 Mos. 32,4. Er liebt die Menschen, und hat solches damit bewiesen, daß er seinen eingebornen Sohn gab, auf daß Alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Er will auch nicht, daß jemand verloren werde, sondern daß sich jedermann zur Buße kehre und lebe. Ja der Apostel Johannes sagt zweimal: GOtt ist Liebe. Wer wollte nun ungeduldig seyn, wenn diese ewige und wesentliche Liebe züchtiget, und etwas zum Leiden auflegt, ja wer sollte eine böse Absicht, oder eine gehässige Ursache darunter suchen? Unterwirf also mein lieber Christ deinen Willen dem guten Willen dieser wesentlichen und unendlichen Liebe, und sage zu deiner Seele wie David zu der seinigen Ps. 42,12.: „Was betrübst du dich meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf GOtt, denn ich werde ihm noch danken, daß er meines Angesichts Hülfe und mein GOtt ist.“

2. Dazu wirst du noch weiter gestärkt werden, wenn du bedenkst und von Herzen glaubst, daß Christus JEsus der Sohn GOttes, dein Heiland und Fürsprecher sei, und er auch dich durch seinen Tod am Kreuz vom Fluch des Gesetzes erlöset und mit GOtt versöhnet habe. Nach dem Gesetz mußt du zwar alle deine Leiden als Strafen deiner Sünden ansehen, ja bekennen, daß du noch viel mehr, nämlich die höllische Pein verdient habest: allein wenn du an JEsum Christum glaubest, so sind dir alle deine Sünden vergeben: wem aber die Sünden vergeben sind, dem ist auch die Strafe erlassen. Wenn also ein gläubiger Christ leidet, so leidet er nicht die Strafe seiner Sünden, sondern er tragt bei der Nachfolge Christi sein Kreuz, welches ihm rühmlich und heilsam ist. Er leidet mit Christo, und trinkt aus seinem Leidenskelch. Er wird väterlich von GOtt gezüchtiget, und GOtt hat ihn dabei als sein Kind lieb, und will ihn in sein himmlisches Reich aufnehmen, Hebr. 12, 5-7.

3. Betrachte ferner die Exempel der Heiligen, von welchen in der heil. Schrift viele Leiden erzählt werden. Wie kümmerlich und mühselig muß es bei unsern ersten Eltern, dem Adam und der Eva, hergegangen seyn, da sie das Paradies verscherzt hatten, und zuerst einsam und allein das Feld, welches der HErr verflucht hatte, bauen und die Werkzeuge dazu erst erfinden und verfertigen mußten, hernach aber das Herzeleid erlebten, daß ihr erstgeborner Sohn Kam seinen frommen Bruder Abel tödtete, und darauf von seinen Eltern, die er unterstützen sollte, wegflohe! Wie schwer muß es dem Noah gefallen seyn, als er den Leuten zu seiner Zeit predigte, und nichts bei ihnen ausrichtete, hernach aber zusehen mußte, wie viele Tausende seiner Verwandten und Bekannten im Wasser jämmerlich umkamen! Welche Gefahr und Mühseligkeit hat die Wallfahrt des Abrahams, Isaaks und Jakobs unter den gottlosen Cananitern in sich gefaßt! Welch ein Herzeleid hat Abraham an seinem Sohn Ismael, Isaak an dem Esau, und Jakob an seinen meisten Söhnen erlebt! Isaak war über 20 Jahr so blind, daß er niemand mehr erkennen konnte, und hatte nicht einmal ein beständiges Haus, worin er wohnen konnte, und Jakob mußte bei dem Laban einen harten Dienst ausstehen, und viele Unbilligkeit ertragen. Moses war ein sehr geplagter Mensch über alle Menschen auf Erden, 4 Mos. 12,3. David ist etliche Jahre von dem König Saul verfolgt worden, hat sich armselig behelfen, und in beständiger Gefahr schweben müssen: und ob er schon hernach König wurde, so hat er doch bis an sein Ende vieles empfindliche Leiden erdulden müssen. Die heiligen Propheten sind zu ihrer Zeit verfolgt, verspottet und zum Theil getödtet worden, und haben sehr trübselige Zeiten erlebt. Von ihnen und andern gerechten Israeliten wird Hebr. 11,36-38. gesagt: „etliche haben Spott und Geißeln erlitten, dazu Bande und Gefängniß. Sie sind gesteiniget, zerhackt, zerstochen, durch's Schwerdt getödtet. Sie sind umher gegangen in Pelzen und Ziegenfellen mit Mangel, mit Trübsal, mit Ungemach (der die Welt nicht werth war), und sind im Elend gegangen in der Wüsten, auf den Bergen, und in den Klüften und Löchern der Erden.“ Wie es den Aposteln ergangen, kann man aus dem Beispiel Pauli abnehmen, der seine Trübsale 2 Cor. 11. u. 12. namhaft macht. Auch kann man aus der Apostelgeschichte lernen, welche Verfolgungen über die ersten Christen ergangen seien. Wenn wir dieses alles bedenken, so müssen wir uns unserer Weichlichkeit und Ungeduld schämen, welche wir bei leichten und geringen Trübsalen zeigen, und GOtt bitten, daß er uns zum Leiden mehr stärke, damit wir gewürdiget werden in die Gesellschaft derjenigen zu gelangen, welche vor uns aus großer Trübsal in den Himmel gekommen sind.

4. Lasset uns ferner aufsehen auf Christum, den Anfänger und Vollender des Glaubens, welcher, ob er wohl hätte mögen Freude haben, erduldete er das Kreuz und achtete der Schande nicht, und ist gesessen zur Rechten auf dem Stuhl GOttes, Hebr. 12, 2. Er hat am Leib und an der Seele unermeßliche Leiden ausgestanden, und dadurch unsere und der ganzen Welt Sünde gebüßt. Nun können wir freilich die große Last der Leiden nicht, ertragen, die er ertragen hat; auch können wir mit unserem Leiden weder unsere noch anderer Leute Sünden büßen: doch müssen wir ihm auch im Leiden ähnlich werden. Wir müssen auch aus seinem Kelch trinken. Wir müssen mit ihm leiden, daß wir auch mit zur Herrlichkeit erhaben werden. Wenn er zu einem jeden unter uns sagt: folge mir nach! so will er, daß ein jeder unter uns nach seinem Beispiel mit Glauben und Geduld durch viel Trübsal ins Reich GOttes eingehe.

5. Lasset uns ferner zur Stärkung unserer Geduld den herrlichen Nutzen der Leiden betrachten. Es kann ein Mensch wohl bald unter dem Antrieb des heil. Geistes einen guten Vorsatz fassen, GOtt zu dienen, und diesen Vorsatz auch eine Zeit lang in die Ausübung bringen: allein obschon GOtt etwas Gutes in ihm gewirkt hat, so steckt doch auch noch viel Unreinigkeit in seiner Seele, als Eigenliebe, heimlicher Geiz, Neid, Wollust, Eigensinn u. dergl. Er ist wie ein Gold, das aus dem Bergwerk kommt, und noch viele Schlacken mit sich führt. Was ist nun zu thun? das unreine Gold zerschmelzt man durch ein starkes Feuer, damit es lauter und von den Schlacken befreit werde, und den Menschen wirft GOtt ins Feuer der Trübsal, damit er gereinigt und bewährt werde. Wenn ihm eine Schmach wiederfährt, und er sich darüber entrüstet, so kann er daraus schließen, daß eine sündliche Eigenliebe oder ein Stolz in seinem Herzen steckt. Ein Verlust an zeitlichen Gütern kann ihm seinen Geiz und Unglauben aufdecken, ein Unglück neben den glücklichen Umständen eines Andern seinen Neid, ein Leiden am Leib seine Wollust, und eine solche Führung GOttes, wobei es ihm nicht nach seinem Sinn geht, kann ihn, wenn er darüber unzufrieden ist, lehren, was er noch für ein eigensinniger und eigenwilliger Mensch sei. Erkennt aber der Mensch diese und andere sündliche Uneinigkeit: so ist's schon halb gewonnen. Er kann nämlich bald durch das Blut Jesu Christi davon gereinigt werden, wenn er redlich darum bittet. „Denn so wir im Licht wandeln, wie GOtt im Licht ist (folglich uns Christum offenbaren und unsere Sünden aufdecken lassen), so haben wir Gemeinschaft unter einander, und das Blut Jesu Christi des Sohnes GOttes macht uns rein von aller Untugend. So wir sagen, wir haben keine Sünde: so verführen wir uns selbst: und die Wahrheit ist nicht in uns. So wir aber unsere Sünden bekennen, so ist GOtt getreu und gerecht, daß er uns die Sünde vergibt, und reinigt uns von aller Untugend.“ Je mehr man nun so gereinigt ist, desto völliger genießt man die friedsame Frucht der Gerechtigkeit, von welcher Paulus Hebr. 12,11. redet, das ist, man genießt den Frieden GOttes bei der Gerechtigkeit des Glaubens und des Lebens mehr als vorher, und kann mit David sagen Ps. 129,67.: „Ehe ich gedemüthigt ward, irrte ich, nun aber halte ich dein Wort.“

6. Endlich laßt uns auch die kurze Währung unserer Trübsal bedenken, damit wir sie desto geduldiger übernehmen. Zwar steht in einem Lied: „Wie macht das Kreuz so lange Zeit!“ und ein leidender Christ sagt zuweilen wie David: „Ach du HErr, wie so lange!“ Aber in der Vergleichung mit dem ewigen Freudenleben ist die Zeit, worin wir leiden, für nichts zu rechnen. Bist du also unter der Last deiner Leiden, die du meinest schon lange getragen zu haben, müde: so bedenke, daß die unendliche Ewigkeit vor dir sei, in welcher du lange genug wirst ruhen können. So sei denn geduldig, und harre noch eine kleine Zeit. Danke am Abend GOtt, daß ein Leidenstag zurückgelegt sei, und am Morgen, daß eine traurige Nacht vergangen sei, und also die Zeit, die dir zum Leiden bestimmt ist, schon um Einen Tag und Eine Nacht kürzer sei. Auf diese Weise wirst du endlich unvermerkt das Ziel erreichen, und in dein Vaterland kommen, wo kein Leid, Schmerz und Tod ist. Lasset uns also durch Geduld laufen in dem Kampf, der uns verordnet ist. Lasset uns Nachfolger derer seyn, die durch Geduld und Glauben die Verheißungen ererbt, oder die Erfüllung der Verheißungen erlangt haben, Hebr. 6,12. Ein rechtschaffener Glaube, der sich an Christum hält, sein Wort annimmt, und nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare sieht, wirket diese Geduld. Es soll aber diese Geduld bis ans Ende des Leidens und Lebens fest bleiben, so daß die Ungeduld, welche sich etwa regt, immer überwunden werde; und dazu schenkt GOtt den Müden täglich neue Kraft und Stärke genug den Unvermögenden. Wer aber eine bis an's Ende ausharrende Geduld beweist, ist ein ganzer Christ, wie Jacobus Kap. 1,4. sagt, und hat keinen Mangel an irgend einer geistlichen Gabe.

Zugabe.

Dr. Luther

In's Kreuz soll ein jeglicher Christ sich also schicken, daß er gewiß sei, daß solches Leiden ihm soll kommen zum Besten, daß auch Christus um seines Wortes willen nicht allein solches Leiden uns will helfen tragen, sondern auch zum Besten kehren wird wenden. Dadurch soll uns nun abermal solch Kreuz lieblicher und leidlicher werden, daß unser lieber GOtt uns so viel Gewürz und Labewasser will in unsere Herzen geben, daß wir alle unsere Anfechtung und Kümmerniß mögen tragen, wie dann der heilige Paulus 1 Cor. 10. sagt: „GOtt ist getreu, und läßt uns nicht versucht werden über unser Vermögen, sondern schafft, daß die Versuchung so ein Ende gewinne, daß wir's können ertragen.“ Dieß ist aber wahr, wenn das Leiden und Anfechtung am heftigsten ist, so drängt und drücket es also, daß sich einer lasset dünken, er könne nicht mehr, er müsse untergehen. Aber kannst du dann an Christum denken, wohlan so wird dir der treue GOtt kommen, und wird dir helfen, wie Er den Seinigen geholfen hat von Anbeginn der Welt; denn es ja eben derselbe GOtt, der allweg gewesen ist. Das ist nun die rechte Kunst, daß wir also im Leiden und Kreuz auf das Wort und die tröstliche Zusagung sehen, und denselben glauben, wie er dann Joh. 16. spricht: „in mir werdet Friede haben, aber in der Welt Angst.“ Als wollte er sagen: Gefahr und Schrecken wird euch gewiß in die Augen schlagen, wenn ihr euch meines Wortes werdet annehmen; aber laß kommen. Solches wird euch begegnen und widerfahren um meinetwillen. So seid nur getrost. Ich will euch nicht lassen. Ich will bei euch seyn, und euch helfen. Es sei nun die Anfechtung so groß als sie immer wolle, so wird sie dir gering und leicht werden, wenn du dir solche Gedanken kannst aus dem Wort GOttes schöpfen. Darum soll sich auch ein jeglicher Christ also rüsten, daß er in der Anfechtung sich schütze und verwahre mit den feinen tröstlichen Zusagungen, die uns Christus unser lieber HErr gelassen hat, wenn wir um seines Wortes willen leiden. Thut man es aber nicht, und läßt die tröstlichen Sprüche fahren, wenn das Kreuz kommt, so wird es uns eben gehen, wie der Eva im Paradies. Die hatte GOttes Gebot. Mit demselben sollte sie des Teufels Eingeben und Anreizung hinter sich geschlagen haben. Aber was that sie? Sie läßt das Wort fahren, und bekümmert sich mit den Gedanken, wie es so ein feiner Apfel sei, es wäre an dem geringen Ding nicht viel gelegen. So gieng sie dahin. Und wenn man das Wort fahren läßt, so kann's nicht anders zugehen. Wenn wir aber bei dem Wort bleiben, und uns an dasselbe halten, so werden wir gewiß erfahren, daß wir fein herauskommen und obliegen werden. Siehe, diese Stücke lehren wir, wenn wir von dem Leiden und Kreuz predigen, und wer uns die Schuld gibt, als lehrten wir gar nichts vom Kreuz, der thut uns unrecht. Das thun wir aber nicht, daß wir unser Leiden verdienstlich gegen GOtt machen. Nein, weit weit hinweg. Dasselbe hat Christus allein gethan, und sonst niemand. Dem soll auch allein die Ehre gebühren.

G. C. Riegers Leichenpr. Stuttg. 1749. XXV. Pr. S. 522 ff.

Die Prüfung und Läuterung durch's Leiden ist nützlich. Denn ist das nicht ein großer Nutzen, wenn ein Mensch, der von Natur so unbändig, so kreuzflüchtig, so wollüstig und zärtlich, so unwillig ist, dahin gebracht wird, daß er leiden kann; daß er viel leiden kann; alles leiden kann; daß er nicht nur leiden kann, sondern auch leiden will, und da er m Anfang sagte: ich will das nicht leiden, ich kann das nicht leiden, ich wäre nicht gescheid, wenn ich alles litte, er hernach anfängt zu sagen: ich muß das leiden, den, es widerfährt mir von GOtt; und über eine Weile: ich kann das leiden, und wieder über eine Weile: ich will es leiden; und wieder über eine Weile: ich freue mich das zu leiden; und noch über eine Weile: mich verlanget das zu leiden, und es wäre mir leid, wenn ich's nicht zu leiden hätte? Ist das nicht ein großer Nutzen, wenn der Mensch so geduldig wird in allerlei Demüthigungen? Nichts ist dem Menschen empfindlicher, als wenn er an seinem Namen und Ehre angegriffen wird wenn er gleich arm ist, so man ihn nur noch etwas gelten läßt, ist er schon zufrieden. Aber Demüthigungen, Demüthigungen gehen ihm schwer ein, nur immer dahinten stehen, nur immer tiefer hinab, ist ein bitteres Pillelein. Aber das lernet endlich der Mensch, geduldig seyn in allerlei Demüthigungen und Trübsalen. Das Kreuz macht, daß er keine Ehre verlangt; darnach daß er sich keiner Ehre würdig achtet; und endlich, daß er sich nichts als Schmach und Schande werth achtet. Er lernt erkennen, daß es an einer Demüthigung nicht genug sei für das stolze Herz, sondern daß viele und mancherlei Demüthigungen dazu gehören, bis der Mensch GOtt recht unterthan, und unter alle Menschen, ja unter alle Kreaturen gebeugt und in den Staub gelegt wird. Endlich werden die Menschen, welche GOtt gefallen sollen, durch's Feuer der Trübsal bewährt, wie das Gold durch's Feuer. Es ist bekannt, daß Gold und Silber nur darum in das Feuer gesetzt werden, theils damit das Unreine wegbrenne, und das Falsche verrauche, theils damit das Wahre bestehe, zerschmelze und tüchtig werde, daß man es in einen Model gießen oder sonst verarbeiten kann wie man will. Also hat das Gold keinen Schaden von der Läuterung; sondern es wird nur durch das Feuer bewährt, als gut, lauter und köstlich befunden und zum Gebrauch bequemer gemacht. Und nun sie)e! um eben das ist es dem lieben GOtt zu thun. Nicht daß er uns plage; nicht daß er unsern Schaden begehre; ach nein! der Goldschmied hat sein Gold lieb, ob ers gleich in den Ofen legt. Er will solches dadurch nur reiner machen. Der liebe GOtt hat uns lieb: aber er will nur alles falsche, heuchlerische, lügenhafte, sündliche Wesen von uns abthun, das Gute aber bewähren. Darum „alles, was dir wiederfähret, das leide, und sei geduldig in allerlei Trübsal. Denn gleichwie das Gold durch's Feuer: also werden die, so GOtt gefallen, durch's Feuer der Trübsal bewähret“ (Sir. 2, 4. 5.).

Steinmetz, Abt zu Kloster Bergen, erbauliche Betrachtungen über das Evangelium von den zehn Jungfrauen, 5 Betr. S. 465 u. ff. ,

Lieber Mensch! Willst du, daß deine Seele eine Braut des HErrn Jesu, des Königs aller Könige sei: soll er dich zieren, so laß nur deinem eigenen Willen nicht Raum, übergib dich ganz und gar dem Hüter der Seelen. Wer ist denn der? Der heilige Geist. Er wird dich aus einer Gnade in die andere leiten. Er wird dich zuvörderst auf die Erkenntniß deines Elends und deiner Sünden führen. Er wird Geduld und Liebe in dir hervorbringen, und dir den ganzen Schmuck, den du nöthig hast, geben, und ihn dir anziehen. Es ist freilich wahr: es muß sich ein Christ, der sich dem heil. Geist ergibt, zu diesem und jenem Leiden schicken. Aeußerlich wird er von der Welt gehasset und verfolgt, innerlich muß er der Arbeit des heil. Geistes still halten, welcher uns bisweilen hart angreift, um uns in die rechte gottgefällige Verfassung zu setzen. Aber je weiter es kommt im Christenthum, desto lieber und angenehmer einem die Züchtigungen sind. Es ist in dem zweiten Kapitel des Buchs Esther ein schönes Bild, welches ich um der Einfältigen willen anführe, denen solche bildliche Vorstellungen den meisten Eindruck zu machen pflegen. Was daselbst von dem Schmuck der Königin steht, das findet sich auch an einer Seele, die JEsus zu seiner Braut erwählt. Da gibt es Myrrhen, unangenehme Empfindungen, welche der heilige Geist gebrauchen muß; aber Gottlob es ist auch Balsam dabei, Trost bei dem Gefühl und Schrecken über die Sünde. O da lasset der heilige Geist, wenn er sie angreift, schon seinen Balsam fließen in ihr Herz und Mund, daß sie wieder erquickt werden. Und wenn das seine Zeit gedauert hat, welche er am besten weiß, so kommt auch die Zeit, daß wir mit Specerei zubereitet werden, das ist, daß die süßen und seligen Gnadenkräfte in unsere Seele fließen, und wir dadurch unserem himmlischen Seelen-Bräutigam mehr und mehr zubereitet werden.

Gebet.

HErr JEsus Christus, der du mit der allerreinsten Geduld die allerschwersten Leiden an der Seele und an dem Leib ausgestanden, und sie nicht bälder geendigt hast, wie du hast sagen können: es ist vollbracht; ich bekenne dir, daß ich dir noch sehr unähnlich sei, weil sich die Ungeduld oft in mir regt, und nicht nur in großen Leiden, sondern auch in kleinen Beschwerden ausbrechen will. Vergib mir diese große Sünde, und sei auch in diesem Stück meine Gerechtigkeit, daß mir nämlich deine vollkommene Geduld zugerechnet, und meine Ungeduld dadurch bedeckt werde. Gib mir zu erkennen, wie deine Regierung untadelich, und das Leiden, welches du mir zuschickst, nöthig und heilsam und kurz sei. Beuge meinen bösen Willen unter deinen guten Willen, und schaffe, daß die Trübsal auch bei mir Geduld bringe, und ich bei der Geduld bewährt und geläutert werde, aus dieser Läuterung aber bei mir eine Hoffnung der himmlischen Herrlichkeit entstehe, bei welcher ich nicht zu Schanden werden kann. Laß ferner über mich kommen, was du willst: sei du mir nur nicht schrecklich, meine Zuversicht in der Noth. Nahe dich zu mir, wenn ich dich anrufe, und sprich: fürchte dich nicht. O wie werde ich dir noch danken, daß du meines Angesichts Hülfe und mein GOtt bist! O wie werde ich insonderheit in der seligen Ewigkeit alle meine schwermüthige Gedanken und ungeduldige Klagen zurücknehmen und in ein fröhliches Lob deines Namens, und in einen demüthigen Dank für deine Güte und treue Führung verwandeln. Indessen habe Geduld mit meiner Schwachheit, welche sich in deine wunderbaren Wege nicht immer schicken kann, und mache mich durch die Mittheilung deines Geistes nicht nur in kurzen Nöthen geduldig, sondern auch in langwährenden Leiden langmüthig. Lasse deine Kraft in meiner Schwachheit mächtig seyn, und mich weder Trübsal noch Angst von deiner Liebe scheiden. Ja lasse mich in meinen Leiden immer inniger in dir vereinigt, und zur himmlischen Herrlichkeit zubereitet werden. Leite mich nach deinem Rath, und nehme mich mit Ehren an. Amen.

1. Geduld ist noth, wenn wir des Vaters Willen
Als lieb' und fromme Kinder wollen thun;
Wenn wir nicht mit Geduld im Leiden ruh'n,
Und unser Herz in GOtt recht stillen:
So thun wir nimmermehr des Vaters Willen.

2. Wir wandeln stets auf GOttes sichern Wegen,
Wenn unser Fuß des Leidens Bahn betritt,
Der Eigensinn thut hiebei keinen Schritt;
Drum folget uns auch lauter Segen,
Und wandeln wir recht froh auf GOttes Wegen.

3. Je mehr der HErr durch's Leiden uns umschränket,
Je leichter und geschwinder kommt man fort;
Man schweift nicht aus, man eilt nach jenem Port,
Man wird auch nicht so viel gekränket:
Drum wohl uns, wenn der HErr uns eng umschränket!

4. Weicht unser Herz aus diesen sichern Schranken,
Was trifft es da auf beiden Seiten an?
Nur Klett' und Dorn', was ihn beschweren kann:
Drum laufe du nur ohne Wanken,
So gehst du froh und leicht in GOttes Schranken.

5. Die Uhren geh'n nur bei dem Bleigewichte,
Die harte Presse bringet süßen Most,
Der kalte Schnee verwahret vor dem Frost,
Der Winter zielt auf Sommerfrüchte:
So fördert unsern Lauf das Kreuzgewichte.

6. Was dir noch schwer, das eben sollst du lernen;
GOtt gibt nur auf, das was man noch nicht kann;
Er greift nur da, wo wir verwundet, an;
Will man der Schul' und Kur sich fernen,
So wird man nimmer heil, und auch nichts lernen.

7. O laß dich doch des Vaters Rüthlein ziehen,
So fühlest du die scharfe Geisel nicht;
Die Ungeduld ist's, die dich nur so sticht:
Willst du ein kleines Kreuzlein fliehen,
So müssen dich wohl zwei, die schwerer, ziehen.

8. Du wirst doch nur durch's Leiden fein gesiebet,
Es fällt doch immer mehr die Spreu hinweg,
GOtt hat im Kreuz nur deinen Nutz zum Zweck.
Wenn Er dich hier hat wohl geübet,
So bist du, als Sein Korn, recht rein gesiebet.

9. Es machen dich nur Seine Liebesschläge
Von deinem eig'nen Götzenbilde frei,
Damit Er dir dein Ein und Alles sei;
Er präget in dich das Gepräge
Von Seinem eig'nen Bild, durch Seine Schläge.

10. GOtt wird sich dir als Vater anerbieten,
Bist du nur still, und schweigest deinen Mund:
Es wird Sein Herz, Sein Friedenswort dir kund,
Der Friede kommt, wenn man gestritten.
GOtt kann sich nur zum Trost im Kreuz erbieten.

11. Je mehr nur hier der bittern Kreuzbeschwerden,
Je tiefer dringt sein süßer Trost herein:
So daß wir nie so froh und ruhig seyn,
Als wenn wir fein geübet werden,
So macht GOtt Lieb und Lust aus Kreuzbeschwerden.

12. Drum laß, o HErr, die Kreuzesfurcht verschwinden,
Ja mache mir das Kreuz im Geiste lieb;
Es wolle mich hiezu Dein Liebestrieb
Aus Gegenliebe stets verbinden,
Damit die Zärtlichkeit und Kreuzflucht schwinden!

13. Wie sollt' ich Dich nicht auch durch's Leiden preisen,
Da Du für mich so viel gelitten hast;
Wie könnt' ich denn bei weggeworf'ner Last,
Die dir verbund'ne Lieb erweisen?
Drum laß mich doch Dich auch durch's Leiden preisen!

14. Wie könnte man Geduld und Hoffnung üben;
Wie trüge man denn Deine Liverei
Zum Zeichen, daß man auch Dein Jünger sei?
Wie könnten wir den Himmel lieben,
Und diese Welt verschmäh'n ohn' Leidensüben?

15. Wer will mit Dir in Einen Himmel kommen,
Der nicht mit Dir hier Einen Weg auch geht?
Es wird nur der auf Zionsberg erhöht,
Der hier im Kreuzthal Sitz genommen;
Das Glied muß wie das Haupt in Himmel kommen.

16. Es bleibt dabei, wir müssen hier auf Erden,
Als in der Wüste durch's Gedränge geh'n,
Wo unser Fuß dort will in Salem steh'n.
Die Welt muß uns verbittert werden;
So sehnen wir uns heim von fremder Erden.

17. Laß uns allhier als gute Streiter leiden,
Ja waffne Du uns selbst mit Deinem Sinn!
Geduld wirft jeden Feind zu Boden hin,
Wenn wir mit stillem Geist uns kleiden;
So streitest Du für uns in allem Leiden.

18. Es muß das Kreuz noch an uns müde werden;
Erreichet es nur an uns Deinen Zweck,
So fällt's gewiß schon von sich selber weg.
HErr, gib Geduld bei Kreuzbeschwerden,
So wird das Kreuz an uns selbst kraftlos werden.

19. Drum laß mich nicht vom Kreuze selber steigen,
O laß mich doch recht fest und männlich steh'n!
Es soll nichts über meine Kräfte geh'n,
Du wirst mir selber Hilf erzeigen,
Wenn ich nicht selber will vom Kreuze steigen!

20. Und ob es gleich sich sollte was verweilen,
Die Hilfe wird nur desto süßer seyn;
Sie stellt sodann sich wohl gedoppelt ein,
Ja Deine Weil' ist lauter Eilen,
Denn Du versäumest nichts durch Dein verweilen!

21. So geh' es nun durch Sturm und grause Wellen,
Es geht nur unverrückt zum Himmel zu;
Es finde stets mein Herz in Dir nur Ruh',
So kann kein Sturm mein Schifflein fällen,
Ich lande sicher dort bei Sturm und Wellen!

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