Quandt, Carl Wilhelm Emil - Prediger Salomo - Zehntes Kapitel

Quandt, Carl Wilhelm Emil - Prediger Salomo - Zehntes Kapitel

Die Thorheit und die Weisheit, die Gottlosigkeit und die Gottseligkeit, werden in diesem Kapitel geschildert nach ihren auswendigen Erfolgen, nach ihrem inneren Werthe, nach ihrem endlichen Ausgang. Die Thorheit macht sich breit auf Erden, die Weisheit muß sich dem gegenüber in Gelassenheit üben V. 1-4. Die Thorheit kommt in der Welt oft zu hohen Ehren, die Weisheit muß im Staube kriechen, es sieht fast so aus, als sei die Weltordnung aus den Fugen gerathen; allein die Thorheit gräbt sich ihr eignes Grab und unterliegt im Siegen V. 5-9. Die Thorheit verdirbt sich das Leben, die Weisheit schmückt das Leben V. 10-15. Es geht einem Lande wohl, in dem die Weisheit auf dem Throne sitzt, es ist ein Land voll Jammer und Herzeleid, wo die Thorheit das Regiment führt, dennoch soll der leidende Weise die gekrönte Thorheit nicht lästern, sondern still auf das letzte, selige Ende warten. V. 16-20. Dieser letzte Abschnitt ist die praktische Spitze des ganzen Kapitels, das deswegen mit dem achten Kapitel viel Aehnlichkeit und Berührung hat; es kommt dem Prediger hier wie dort vor Allem darauf an, sein unter dem Drucke heidnischer Tyrannei schmachtendes Volk zu trösten und zu belehren. Das ganze Kapitel ist eine Perlenschnur von Sprüchen, die alle in der Mahnung zusammenstimmen: Armes Zion, traure nimmer, über deiner Mauern Trümmer glänzt der Hoffnung goldnes Licht.

V. 1. Also verderben die schädlichen Fliegen gute Salben. Darum ist zuweilen besser Thorheit, denn Weisheit und Ehre.

Nach dem Grundtext: Verderbliche Fliegen machen stinkend das Würzöl des Salbenbereiters; so ist gewichtiger als Weisheit und Ehre ein wenig Thorheit. Die Verunreinigung des Würzöls durch die Maden gewisser Fliegen, der Schmeißfliegen, steht als Bild eines Menschen, der mit wenig Thorheit viel verunreinigt. Die Thorheit nach ihrer gefährlichen und raschen Wirkung wird gekennzeichnet. Während ehrenvolle Weisheit langsam, aber segensreich wirkt, wirkt ein wenig Thorheit rasch, aber zum Verderben. Die Geschichte von Rehabeam, der sich durch die jungen Thoren und nicht durch die alten Weisen rathen ließ, kann zum Beweise dienen. Es kommt dieser Gedanke auf das hinaus, was Paulus 1 Cor. 5, 6. 7 sagt: Euer Ruhm ist nicht fein; wisset ihr nicht, daß ein wenig Sauerteig den ganzen Teig versäuert? Darum feget den, alten Sauerteig aus!

V. 2. Denn des Weisen Herz ist zu seiner Rechten; aber des Narren Herz ist zu seiner Linken.

Die rechte Hand bezeichnet die Kraftfülle, die Ehre, das Glück; die linke Hand versinnbildet die weniger günstige, die böse, unglückliche Seite. Während das Tichten und Trachten des Weisen auf das wahre Glück geht, läuft des Narren Sinnen und Beginnen auf Unheil hinaus. Der Herr wird einst die wahrhaft Weisen als Schafe auch zu seiner Rechten stellen und die Narren als Böcke zu seiner Linken. Wohl dem, der frühe lernt den Unterschied von dem ewigen Rechts und dem ewigen Links, zu vermeiden die Wege, die linksab zum Verderben führen, und zu wandeln auf der rechten Bahn, deren Ende zur Rechten des Sohnes Gottes ist.

V. 3. Auch ob der Narr selbst närrisch ist in seinem Thun, doch hält er Jedermann für Narren.

Wörtlich: Auf welchen Weg der Narr gehe, fehlet's im Herzen; dennoch hält er Jedermann für Narren.„ Der Wege, die linksab führen, sind viele, der Weg des Geizes, der Weg der Wollust, der Weg pharisäischer Gerechtigkeit u. s. w. Es ist daher äußerlich unter den Narren d, i. Gottlosen ein vielfacher Unterschied. Aber so verschieden auch die Wege der Gottlosen sind, darin sind sie sich gleich, daß das Her; auf ihnen nicht zum Frieden kommt - „so Viele gehn umher und suchen mit wildverzerrtem Angesicht; sie heißen immer sich die Klugen und finden unsern Schatz doch nicht.“ Dennoch kann der Narr das Rühmen nicht lassen; mit der Thorheit geht die Einbildung Hand in Hand; der Narr sieht alle Andern für thöricht an, weil sie nicht sind, wie er. Bietet dafür nicht unsre eigne Gegenwart der Belege genug? Die Gott und Jesum Christ verachten und das Leben suchen auf selbstgemachten Wegen, sehn in der Regel hoch herab auf das kleine Häuflein der Gläubigen, die in Jesu Christo Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit haben, als wäre es eine Schaar von bedauernswerthen Thoren. „Paule, du rasest!“ das müssen Leute, die Pauli Glauben und Pauli Frieden haben, wer weiß wie oft von denen hören, die weder Glauben, noch Frieden haben und das, was ihrem Herzen fehlt, vergebens zu ersetzen suchen durch die Dinge dieser vergänglichen Welt.

V. 4. Darum, wenn eines Gewaltigen Trotz wider deinen Willen fortgehet, so laß dich nicht entrüsten; denn Nachlassen stillet groß Unglück.

Wörtlich: Wenn der Zorn eines Gewaltigen sich wider dich erhebet, so weiche nicht von deinem Platz; denn Nachlassen stillet große Sünden. Es ist wohl eine schwere Aufgabe für einen Weisen, der sich aufblähenden und gewaltthätigen Thorheit gegenüber die Seelenruhe zu bewahren; und zumal wenn die herrschende Thorheit und thörichte Herrschaft persönlich wird, zu thätlichen Angriffen übergeht, so ist die Versuchung zur Reizbarkeit drohend. Aber es wäre der Weisheit zur Gottseligkeit sehr unwürdig, dem Zorn mit Zorn, der Leidenschaftlichkeit mit Leidenschaftlichkeit zu begegnen. Es wäre ihr auch sehr schädlich, sie würde die Thorheit nur zu noch größeren Sündenausbrüchen veranlassen und sich selbst die Leiden verdoppeln und verdreifachen. Es gilt darum, auch durch die stärksten Anreizungen thörichter Gewalthaber sich nicht von seinem Platze drängen zu lassen, und dieser Platz ist nichts anderes als die Gemüthsverfassung, da man mit David spricht Psalm 62, 2. 3: „Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft; denn er ist mein Hort, meine Hülfe, mein Schutz, daß mich kein Fall stürzen wird, wie groß er ist.“ Ein noch erhabeneres Vorbild, als David, gewährt der, der Davids Sohn und Davids Herr ist, das Lamm Gottes unschuldig, am Stamm des Kreuzes geschlachtet, allzeit erfunden geduldig, wiewohl er war verachtet. Das Nachlassen ist die fromme Gelassenheit; sie verhütet große Sünden der Thoren und der Weisen, der Thoren, daß sie nicht Frechheit auf Frechheit häufen, der Weisen, daß sie nicht Unrecht mit Unrecht vergelten. Wir merken, es ist nicht eine oberflächliche Frömmigkeit, sondern eine innige, herzliche, überall Gottes Hand sehende und unter Gottes Hand demüthig sich beugende Frömmigkeit, die der Prediger dem leidenden Volke Gottes anpreist und empfiehlt, ein Ideal, nach dessen Verwirklichung die leidenden Frommen aller Zeiten zu ringen haben. Wohl uns, wenn auch wir gerne von dem Prediger des alten Bundes lernen, unsre Seele auch unter den mißlichsten Verhältnissen still in Gottes Herz und Hände zu senken. Der Herr mache uns Allen diesen weisheitsreichen Vers zu einem Wanderstab und Wegweiser unter den Mühseligkeiten dieses Lebens. Die Bildung des Willens ist der eigentliche Mittelpunkt aller Heiligung der Gläubigen; und die Tage unsers Leidens haben ein Ende an dem Tage, wo wir keinen eignen Willen mehr haben.

V. 5. Es ist ein Unglück, daß ich sahe unter der Sonne, nämlich Unverstand, der unter den Gewaltigen gemein ist.

Es ist zu übersetzen: Es ist ein Unglück, daß ich sahe unter der Sonne und sieht aus wie ein Fehler, welcher ausgehet von dem Herrscher. Auf Erden steht oft das Unterste zu oberst, und es sieht aus, als ob der himmlische Herrscher Fehler machte in seiner Weltregierung. So sah es vor andern Zeiten in den Zeiten des politischen Elends Israels aus; da war eine Umkehr aller Verhältnisse. Israel, das königliche Volk, lag am Boden, und die eine Königin unter den Heiden sein sollte, mußte dienen. Aber auch von unsrer Zeit zeugt ein Dichter: O diese Zeit hat fürchterliche Zeichen, das Böse schwillt, das Gute senkt sich nieder. Immer aber sieht so etwas nur wie ein Fehler der Vorsehung aus, nämlich für den kurzsichtigen Verstand; der Glaube weiß, daß trotz der widersprechendsten äußeren Erscheinungen doch der Allweise nie fehlen kann; Er sitzt im Regimente und führet Alles wohl.

V. 6. 7. Daß ein Narr sitzet in großer Würde und die Reichen hienieden (danieder) sitzen; ich sahe Knechte auf Kosten und Fürsten zu Fuße gehn, wie Knechte.

Zwei Verse, die die Gräuel der Revolutionen handgreiflich schildern; da werden die Knechte zu Herren und die Herren zu Knechten; weil aber die Knechte wohl Knechtsdienste, aber nicht Herrendienste verstehen und umgekehrt die Herren wohl als Herren, aber nicht als Knechte zu leben gelernt haben, so geht Alles drunter und drüber. Wo sich die Völker selbst befrein, da kann die Wohlfahrt nicht gedeihn. Der nächste Sinn der Verse aber geht nicht auf die Zukunft, sondern auf die Gegenwart des Verfassers. Knechte herrschten über Israel, und war Niemand, der von ihrer Hand errettete. Aber schon waren die Tage der herrschenden Thorheit gezählt; es sollte die Zeit kommen, in welcher auch Israels Dränger heimgesucht wurden: darauf geht das Folgende.

V. 8. Aber wer eine Grube macht, der wird selbst darein fallen; und wer den Zaun zerreißt, den wird eine Schlange stechen.

Der erste Theil unseres Verses wird oft als „deutsches Sprüchwort“ angeführt von denen, die die Bibel seit ihren Kinderjahren nicht mehr gelesen haben. So manches Wort der Bibel ist in die Volkssprache übergegangen, ohne daß diejenigen, die es anwenden, seines biblischen Ursprungs eingedenk sind; auch die ungläubigsten Bibelverächter bedienen sich oft, ohne daß sie es wissen und wollen, biblischer Worte. Der Sinn dieses Verses geht zunächst auf die thörichten d. i. gottlosen Heiden, die damals Israel bedrängten; sie gruben die Grube für Israel und sollten selbst hineinfallen; sie zerstörten den Zaun des Rechtes, aber reizten damit die Schlange der vergeltenden, göttlichen Gerechtigkeit, daß sie von ihr gestochen wurden. Israel soll nicht verzagen, sondern nur gottergeben ausharren, so wird eine große Wendung der Dinge eintreten, die Gottseligkeit wird triumphiren, die Thorheit in ihren eignen Netzen gefangen werden. Das ist dann aber zugleich auch eine allgemeine Wahrheit für alle Seiten. Die Freude und der Trotz der Welt ist nur ein Flackerfeuer, das zwar heftig genug auflodern kann, aber schnell verlischt.

V. 9. Wer Steine wegwälzt, der wird Mühe damit haben (der hat Schmerzen davon), und wer Holz spaltet, der wird davon verletzet werden.

Das Wegräumen der Steine, das Spalten des Holzes ist das Bild eines gewaltsamen und gefährlichen Handwerks. Ein solches Handwerk hatten die heidnischen Dränger, unter deren Druck Israel damals seufzte, nun seit Jahren getrieben; sie konnten und sollten auch den Folgen ihrer thörichten Handlungsweise nicht entgehn. Wo die Gewalt der Herr ist, da ist die Gerechtigkeit Knecht, aber Gewalt wird nicht alt, und böser, Gewinn fährt bald dahin.

V. 10. Wenn ein Eisen stumpf wird und an der Schmiede ungeschliffen bleibet, muß man es mit Macht wieder schärfen; also folget auch Weisheit dem Fleiß.

Wörtlich: Wenn ein Eisen stumpf wird und die Schneide ungeschliffen bleibt, muß man mehr Kräfte anstrengen; und der Vortheil, ein Ding recht zu machen, ist die Weisheit. Die Weisheit faßt den Zeitpunkt wohl in's Auge, wo Besserung noth thut; die Thorheit wirkt in's Gelag hinein. Das Eisen ist das Leben, die Schneide als der edelste Theil ist das Herz; der Weise läßt sein Herz täglich durch Gottes Wort schleifen, der Narr lebt mit ungeschliffenem Herzen in den Tag hinein und bekommt's dadurch immer saurer; immer mehr verlieren sich bei ihm die Kräfte, der Sünde zu widerstehen; immer tiefer sinkt er in Schuld und Unheil.

V. 11. Ein Schwätzer ist nichts besser, denn eine Schlange, die unbeschworen sticht.

Wörtlich: Wenn eine Schlange sticht ohne Beschwörung, so ist der Beschwörer ohne Nutzen. Der Sinn ist: Die Thorheit versäumt immer den günstigen Augenblick etwas zu thun, und wenn sie's thut, so ist's zu spät. Die Schlangenbeschwörer verstanden die Kunst, den Biß der Schlangen unschädlich zu machen und ihnen das Gift zu nehmen. Diese Kunst ist vergeblich, wenn die Schlange sticht, ehe sie der Beschwörer unschädlich gemacht hat. So ist das Leben in Thorheit ein vergebliches Leben, weil es die Zeit nicht bewerthet. Heut' lebst du, heut' bekehre dich, eh' morgen kommt, kann's ändern sich.

V. 12. Die Worte aus dem Munde eines Weisen sind holdselig, aber des Narren Lippen verschlingen denselben.

Der Weise redet Worte gut zu hören; der Narr redet thörichtes Zeug, das schließlich selbst gegen ihn zeugt und zu Grunde richtet. Der Weiseste der Weisen ist Jesus Christus, denn siehe bei ihm ist mehr, als Salomo. Darum heißt es in dem messianischen Psalme 45, 3 von seinen Lippen: Du bist der Schönste unter den Menschenkindern; holdselig sind deine Lippen. Ein Vorbild hat er uns gelassen, daß wir sollen nachfolgen seinen Fußtapfen. Darum mahnt der Apostel Ephes. 4, 29: Lasset kein faul Geschwätz aus eurem Munde gehn, sondern was nützlich zur Besserung sei, da es noth thut, daß es holdselig sei zu hören.

V. 13. 14. Der Anfang seiner Worte ist Narrheit und das Ende ist schädliche Thorheit. Ein Narr macht viele Worte: denn der Mensch weiß nicht, was gewesen ist, und wer will ihm sagen, was nach ihm werden wird?

Malerische Darstellung der thörichten Thorheit, die verkehrt ist nach Anfang, Mittel und Ende. Je weniger der Thor weiß, desto wortreicher pflegt er zu schwätzen; denn wo die Begriffe fehlen, stellt so leicht ein Wort sich ein. Es hat einmal ein Weiser gesagt: „Wenn du redest, so laß den Andern glauben, daß er auch Verstand habe; darum sei kurz!“ Ein Narr handelt gegen diese goldne Regel täglich mehr als zehnmal.

V. 15. Die Arbeit der Narren wird ihnen (dem) sauer, weil man (der)nicht weiß in die Stadt zu gehen.

Weil sie die rechte Straße zur Rede der Weisheit nicht kennen, so wird den Narren ihre Arbeit sauer, beschwerlich, drückend; sie häufen in ihrem Leben so viele thörichte Worte, daß sie schließlich selbst unter der Last ihrer Worte erliegen. Die Stadt steht offenbar bildlich und kann dem Zusammenhange nach nichts Anderes sein, als die Weisheit, speciell die weise Rede. Den Kindern des neuen Bundes aber mag es unbenommen sein, bei andächtiger Erwägung dieses alttestamentlichen Verses auch an die Stadt mit den goldenen Gassen, an das obere Jerusalem, zu denken. Alle, die diese Stadt nicht kennen und den Weg nicht, den schmalen Weg, der zu ihr führt, haben saure Arbeit auf Erden und keinen Verdienst, sind Thoren, die auf falschen Wegen wandeln und das Ziel ihrer Berufung nimmermehr erreichen. Der Gottlose hat viele Plage; wer aber auf den Herrn hoffet, den wird die Güte umfangen.

V. 16. Wehe dir Land, deß König ein Kind ist und dessen Fürsten frühe speisen.

Ein Kind ermangelt noch der rechten Weisheit; wo ein Kind auf dem Throne sitzt, da sitzt die Thorheit auf dem Throne, und die mißlichen Folgen wird das ganze Land fühlen. Aber auch Könige, die die Kinderschuhe längst ausgetreten haben, thun zuweilen nicht ab, was kindisch ist; da sitzt denn wohl ein Mann auf dem Throne und doch in ihm die personificirte Thorheit, die sich unter Anderen darin zeigt, daß der Fürst frühe ißt - das frühe Essen galt als Zeichen der Schwelgerei - daß er lieber schwelgt, als seine Regierungsgeschäfte besorgt; da wird das Land ebenfalls seufzen müssen. Was von dem Land und von dem Throne gilt, das gilt von jedem Hauswesen und der Würde der Hausvaterschaft. Wo die Thorheit in einem Hause regiert, da wandern Glück und Segen zur Thür hinaus. Es giebt Landesgeschichten und Familiengeschichten genug, die das bestätigen.

V. 17. Wohl dir Land, deß König edel ist und deß Fürsten zu rechter Zeit essen, zur Stärke und nicht zur Lust.

Gesegnetes Land, in welchem die Weisheit das Regiment hat. So war es in dem Reiche Israel, da Salomo regierte; der König war weise, und die Unterthanen ergötzten sich ein Jeglicher unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum, So ist es, in viel völligerem Maaße, in dem Reiche, das nicht von dieser Welt ist, in dem Reiche Jesu Christi. Da ist der der Herrscher, von dem wir singen: „Aller Weisheit höchste Fülle in dir ja verborgen liegt;“ seine Unterthanen aber leben wie Lämmer auf grüner Aue, sich täglich. labend an frischem Wasser; denn was ist wohl, das man nicht in Jesu geneußt? Das Essen zu rechter Zeit, zur Stärke und nicht zur Luft, ist ein Zeichen edlen, weisen Sinnes; edle Weisheit befolgt allezeit das Sprüchlein: Wir essen, nm zu leben; aber wir leben nicht, um zu essen.

V. 18. Denn durch Faulheit sinken die Balken, und durch hinlässige Hände wird das Haus triefend.

Nichts widerspricht so sehr dem Geiste der Weisheit, als die Faulheit; der Apostel Hebr. 12, 1 stellt kurz weg die Trägheit mit der Sünde zusammen. Die Balken stehen als das feste Gerüste des Hauses; ein Haus muß in Trümmer sinken, wenn seine Bewohner die Hände in den Schooß legen. Das Triefen bezeichnet den tropfenweise herabfallenden Regen; wo die Hände nicht das Dach in Stand halten, wird das Wasser durch das Dach schlagen und das Haus zu Grunde richten. Faule Hände müssen ein böses Jahr haben; der Müßiggang ist aller Laster Anfang.

V. 19. Das macht, sie machen Brot zum Lachen, und der Wein muß die Lebendigen erfreuen, und das Geld muß ihnen Alles zu Wege bringen.

Beschreibung des lockeren, leichtsinnigen Lebens der Thoren. Sie machen Brot d. h. sie bereiten Mahlzeiten zum Lachen, zum puren Vergnügen; sie genießen den Wein nicht zur Stärkung, sondern zur Lust und zum Rausch; sie mißbrauchen das Geld zur leichtfertigsten Verschleuderung. Es ist ein Leben, wie Luc. 16, 19 es schildert, man lebt alle Tage herrlich und in Freuden. Das Ende eines solchen Lebens ist bekanntlich sehr schrecklich. Jener Reiche Luc. 16 erwachte in der Hölle und in der Qual. ,

V. 20. Fluche dem Könige nicht in deinem Herzen und fluche dem Reichen nicht in deiner Schlafkammer; denn die Vögel des Himmels führen die Stimme, und die Fittige haben, sagen es nach.

Was Luther in diesem Verse mit „Herz“ übersetzt hat, geben Neuere mit „Studierzimmer“ wieder. Zeiten gewaltthätiger Zwingherrschaft pflegen immer auch Zeiten der Spionage zu sein; die Tyrannen haben überall ihre Aufpasser, die sich durch Angeberei einen Sündenlohn verdienen. Das Gezwitscher der Vögel versinnbildet die Ausplauderei der Geheimnisse; es ist die Gefahr von Lästerungen über Hochgestellte damit malerisch bezeichnet, daß die Vögel, die ja überall hinkommen. Alles mit ansehen und anhören können, sie nachsagen. Der Prediger mahnt zur vorsichtigen Zurückhaltung im Urtheil über die mächtigen Thoren. Daß die Vöglein es auch über die Erde hinaustragen, ist im Gleichniß mit eingeschlossen; auch der König der Könige hört, was der Mensch in seinem Studierzimmer und in seiner Schlafkammer spricht. Der Weise, dessen eingedenk, leidet die Schmach, die die Thorheit ihm anthut, in Geduld und Stille. So hat Christus geduldet, welcher nicht wieder schalt, da er gescholten ward, nicht drohete, da er litte; er stellte es aber dem heim, der da recht richtet. Wer aber Christi Jünger sein will, übt sich in Christi Sinn.

Der Herr mache durch seinen Geist uns immer mehr los von der Thorheit der Sünde, die in's Verderben führt, und führe uns von Weisheit zu Weisheit, daß uns die Gottlosigkeit in der Welt weder verwirre, noch verführe, sondern wir leuchten mögen als Lichter im Herrn mitten unter einem unschlachtigen Geschlechte. Amen.

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