Pistorius, Hermann Alexander - Frau Argula von Grumbach ... – II. Argulas Schriften.

Pistorius, Hermann Alexander - Frau Argula von Grumbach ... – II. Argulas Schriften.

1. Argulas Schreiben an die Universität zu Ingolstadt.

Der HErr sagt, Johannis am zwölften [V. 46]: Ich bin gekommen in die Welt, ein Licht, auf dass, wer an mich glaubt, nicht in Finsternis bleibe, Ich wünsche herzlich, dass dieses Licht uns allen beiwohne, und erleuchte alle verstockte und verblendete Herzen. Amen. Ich finde einen Spruch Matthäi am 10 [32], also lautend: Wer mich bekennt vor den Menschen, den will ich bekennen vor meinem himmlischen Vater. Und Luka am 9 [26]: Wer sich aber mein und meiner Worte schämt, des wird sich des Menschen Sohn auch schämen, wenn er kommen wird in seiner Herrlichkeit, usw. Solche Worte, von Gott selbst geredet, sind mir allezeit, vor meinen Augen, denn es werden weder Frauen noch Männer darinnen ausgeschlossen. Aus diesem werde ich gedrungen euch zu schreiben; denn Ezechiel sagt am 33 [6.8]: Siehst du sündigen deinen Bruder, so straf ihn, oder ich will sein Blut fordern von deinen Händen. Matth. am 12 [31] sagt der HErr: Alle Sünden werden vergeben, aber die Sünde wider den heiligen Geist wird nicht vergeben, weder hie noch dort. Und Johannis am 6 [63)) sagt der HErr: Meine Worte sind Geist und Leben, usw. Ach Gott! wie werdet ihr bestehen mit eurer hohen Schule, dass ihr so töricht und gewaltig handelt wider das Wort Gottes, und mit Gewalt zwingt, das heilige Evangelium in der Hand zu halten, dasselbige dazu zu verleugnen, als ihr denn mit Arsatio Seehofer getan habt, und ihm einen solchen Eid und Verschreibung vorgehalten, mit Gefängnis und Androhung des Feuers dazu gezwungen, Christum und sein Wort zu verleugnen! Ja, wenn ich das so betrachte, so erzittert mein Herz und alle meine Glieder. Was lehrt dich Luther und Melanchthon anders, denn das Wort Gottes? Ihr verdammt sie, ohne sie widerlegt zu haben. Hat euch das Christus gelehrt, oder seine Apostel, Propheten oder Evangelisten? Zeigt mir, wo es steht, ihr hohen Meister! Ich finde es an keinem Ort der Bibel, dass Christus, oder seine Apostel und Propheten, eingekerkert, gebrennt oder gemordet haben, oder das Land verboten. Wisst ihr nicht, dass der HErr gesagt hat Matth. 10 [28]: Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, und die Seele nicht mögen 1) töten; fürchtet euch aber vielmehr vor dem, der Leib und Seele verderben mag in die Hölle. Man weiß wohl, wie weit man der Obrigkeit gehorsam sein soll. Aber über das Wort Gottes haben sie nichts zu gebieten, weder Papst, Kaiser noch Fürsten, als Apostelgesch. am 4 [19] und 5 [29] steht. Ich bekenne aber bei Gott und meiner Seelen Seligkeit, wo ich Luthers und Melanchthons Schriften verleugnete, dass ich Gott und sein Wort verleugnete, dafür Gott ewig sei, Amen! Habt ihr nie gelesen Jeremia am 1 [11.12], da der HErr sagt zu ihm: Was siehst du? sagt er: Ich sehe einen wackeren Stab. Sagt der HErr: Du hast recht gesehen, denn ich wache allezeit über mein Wort, dass ich es tue. Fragt er ihn zum andern [V. 13. 14] : Was siehst du aber mehr? „Ich sehe einen heißen siedenden Topf von Mitternacht her.“ Sagt der HErr: Du hast recht gesehen, von Mitternacht wird das Unglück ausbrechen über alle, die im Lande wohnen. Der Topf brennt, ihr werdet ihn wahrlich mit eurer hohen Schule nicht verlöschen; des Papsts Decretal2), noch Aristoteles3), der nie kein Christ worden ist, vermögen mitsamt euch nicht, das ihr vermeint, Gott, seine Propheten und Apostel vom Himmel zu stoßen, und aus der Welt zu treiben; es geschieht nicht. Bitt' euch, meine liebe Herren, ihn länger bleiben zu lassen. Setzt keinen Zweifel darein, Gott werde sein heiliges, gebenedeites Wort wohl erhalten, als er denn bisher nach Anzeigung Alten und Neuen Testamentes getan hat, noch tut, und hinfort tun wird. Gott wird euch begegnen, wie der Prophet Hosea am 13 [6-8] sagt: Ihr Herz erhebt sich, darum vergessen sie meiner. So will ich auch werden gegen sie wie ein Löwe, und wie ein Parder auf dem Wege will ich auf sie lauern. Ich will ihnen begegnen wie ein Bär, dem seine Jungen genommen sind. Und Hosea am 6 [5]: Ich töte sie durch meines Mundes Rede. Wehe euch abtrünnigen Kindern, die ihr ohne mich ratschlaget! Jesaja am 30 [1], und Ezechielis am 13 [3. 6. 7.19]: Wehe den tollen Propheten, die ihrem eigenen Geist folgen, und haben doch nicht Gesichte! Ihr Gesicht ist nichts, und ihr Weissagen ist eitel Lügen. Sie sprechen: der HErr hat es gesagt; so ich es doch nicht gesagt, noch sie gesandt habe. Um einer Hand voll Gerste und Bissen Brots willen verurteilen sie die Seelen zum Tode, die doch nicht sollten sterben, und urteilen die zum Leben, die doch nicht leben sollten, durch ihre Lügen unter meinem Volk, das gerne Lügen hört, usw. Was sagt Gott mehr Ezechielis am 33 [32.33)): Die Drohung Gottes muss ihr Liedlein sein, das sie gerne singen und spielen werden, bis die Strafe kommt, dann werden sie wissen, dass ein Prophet unter ihnen gewesen ist. Und Jer. am 48 [27]: Gott hat dein Gespött sein müssen, als wäre er unter den Dieben gefunden. Der Geiz hat euch besessen, ihr möchtet sonst Gottes Wort wohl leiden, wenn euch nichts abginge bei Unterdrückung des Decrets4). Ich habe gesehen, dass mein Herr Vater selig 20 Gulden um vier Zeilen Ratschlags musste geben, waren ihm nicht eines Pfennigs wert. Was sagt aber David im 36. Psalmen [37,25]: Ich bin jung gewesen, und alt geworden, und habe noch nie gesehen die Kinder des Gerechten nach Brot gehen. Ich bitt' euch, vertraut Gott, er wird uns nicht verlassen, denn er hat alle unsere Haare in Acht und gezählt, als Matth. 10 [30] steht. Ich habe längst gehört, wie euer decretalischer Prediger 5) zu unserer Frauen 6) hat geschrien: Ketzer, Ketzer! wiewohl es schlecht Latein ist, könnte es selbst wohl, bin auf keiner hohen Schule gewesen; aber zum Beweise bedarf es mehr. Ich hab' immer im Sinn gehabt, ihm zu schreiben, mir die ketzerischen Artikel anzuzeigen, die der getreue Arbeiter des Evangeliums, Martinus Luther, gelehrt hat; jedoch habe ich den Vorsatz unterdrückt, und es mit Kummer unterlassen. Der Grund davon ist der, dass Paulus sagt 1 Kor. 14 [34]: Die Weiber sollen schweigen, und nicht reden in der Kirche. Nun ich aber in dieser Sache keinen Mann sehe, der reden will noch es wagt, dringt mich der Spruch: Wer mich bekennt usw., wie oben angezeigt ist; und nahm vor mich Jes. am 3 [4 und 12]: Ich will ihnen Kinder zu Fürsten geben, und Weiber oder Weibische sollen über sie herrschen; und Jes. am 29 [24]: Die, so irrigen Geist haben, werden Verstand annehmen, und die Schwätzer werden sich lehren lassen; und Ezech. 20 [23-25]: Ich hob meine Hand auf wider sie, dass ich sie zerstreute, darum, dass sie meine Gebote nicht gehalten und meine Rechte verachtet haben, und sahen nach den Götzen ihrer Väter. Darum übergab ich sie in die Lehre, so nicht gut ist, und in die Rechte, darinnen sie kein Leben konnten haben; und Psalm 8 [3)): Aus dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge hast du eine Macht zugerichtet, um deiner Feinde willen; und Luka am 10 [21]: Jesus freute sich im Geist, und sprach: Ich preise dich, Vater, dass du solches verborgen hast den Weisen und Klugen, und hast es offenbart den Unmündigen; Jer. 31 [33)): Sie sollen Gott Alle kennen, beide, Klein und Groß; Johannis am 6 [45], und Jes. am 54 [13)); Sie werden alle von Gott gelehrt sein; 1 Kor. 12 [3)): Niemand kann Jesum den HErrn heißen, ohne durch den heiligen Geist; wie auch der HErr Matth. 16 [17] zu dem Bekenntnis Petri sagt: Fleisch und Blut hat dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel. Hört ihr, dass uns Gott den Verstand, und kein Mensch, geben kann? Als auch Paulus 1 Kor. 2 [5] sagt: Euer Glaube soll nicht bestehen auf Menschen Weisheit. Ihr werdet uns mit euren päpstlichen Gesetzen lange nicht dazu bringen. Wir haben genug Anzeigung der Schrift, dass sie [die Papisten)) ohne Gottes Befehl nicht Macht haben, Gesetze zu machen, als Jer. 23. steht. Wo es aber in der Bibel, welches Buch allen Befehl Gottes enthält, gegründet ist, wollen wir's gern und fröhlich annehmen; wo aber nicht, gilt es uns eben nichts, denn so viel, als ich daran meines schwachen, unverständigen Bruders schonen muss, so lange, bis er auch unterwiesen wird. Denn Gott sagt 5 Mose 4 [2]: Ihr sollt nichts dazu tun, das ich euch gebiete, und sollt auch nichts davon tun; und Sprüchw. 30 [6]: Tue nichts zu Gottes Worten, dass er dich nicht strafe, und werdest lügenhaftig erfunden. Und gleich davor steht [V. 5]: Das Wort Gottes ist ein Schild denen, die auf ihn trauen. Jesaia [z. B. 8, 20] und Jeremiä [z. B. 23, 16]: Das Wort, das ich euch sage, verkündet ihnen aus meinem Mund, usw. usf. Wie werden die Gesetzmacher und ihre Statthalter bestehen, die Gesetze aus ihren eigenen Köpfen, und nicht aus dem Rat und Wort Gottes gemacht haben? Ich meine, der HErr treffe sie Matth. 15 [7.6]: Ihr Heuchler, ihr habt Gottes Gebot zunichte gemacht, um eurer Aufsätze willen; und heißt es [V. 9] vergeblich geehrt, wenn man ihn verehrt mit Menschengeboten; und Luka 11 [46]: Wehe euch Schriftgelehrten, denn ihr beladet die Menschen mit unerträglichen Lasten, und ihr rühret sie nicht mit Einem Finger an! und hernach in demselben Kapitel [V. 52]: Wehe euch Schriftgelehrten, denn ihr den Schlüssel der Erkenntnis habt. Ihr kommt nicht hinein, und wehrt denen, so hinein wollen in das Himmelreich, usw. Hört den HErrn, Matth. 24 [48-51]: So der böse Knecht wird anfangen seine Gesellen zu schlagen, wolle Er kommen zu der Stunde, die er nicht meint, ihn zerscheitern, und ihm seinen Lohn geben mit den Heuchlern; da wird nichts sein, denn Heulen und Zähnklappen; davor uns Gott alle behüte!

Mich erbarmen unsere Fürsten, dass ihr sie so jämmerlich verführt und betrügt. Denn ich weiß wohl, dass sie der göttlichen Schrift nicht wohl berichtet sind. Hätten sie aber Zeit vor andern Geschäften, achte ich, sie würden auch die Wahrheit erfahren, dass niemand über das Wort zu gebieten, ja, kein Mensch, er sei wer er wolle, darinnen zu regieren hat. Aber das Wort Gottes, ohne welches nichts gemacht ist, das soll allein und muss regieren. Wenn man den Glauben gebieten könnte, warum hat man denn nicht allen Ungläubigen Mandat 7) geschickt, zu glauben? Aber das macht's, das Wort Gottes muss lehren, nicht Fleisch und Blut.

Ihr werdet eben keinen Ruhm an Arsatio Seehofer erlangen, mutzet ihn hoch auf in seinem vorgeschriebenen, abgenötigten Eide, heißt ihn einen Magister der sieben freien Künste: aber Eins habt ihr vergessen, dass er ist bei achtzehn Jahren, und noch ein Kind. Andere werden's nicht vergessen; so mir das aus andern Städten ist zugeschickt in solcher kurzen Zeit, werdet ihr wahrlich der ganzen Welt wohlbekannt!

Wie haben doch unsere Fürsten das um euch verschuldet? Ist es dadurch geschehen, dass sie oft einen Armen reich gemacht haben unter euch? Und ihr zeiht sie dessen doch, dass ihr sie und diese von ihnen gestiftete löbliche Universität also zur Nachrede der ganzen Welt macht! Ach, der großen Untreue, die ihr ihnen für empfangene Wohltat erzeigt, wofür ihr billig dankbar sein solltet! Was untersteht ihr euch? Denn wahrlich, sie werden die Wahrheit und den bösen giftigen Neid von euch in der Kürze gewahr werden, Gott wird ihnen den rechten Verstand geben, darum bitte ich herzlich; und ich bin auch schuldig, dieses zu tun, denn sie sind ja Herren meines Vaterlandes, auch bin ich bei ihren Herrn Vätern und Frauen Müttern, meinen gnädigen Herren und Frauen, erzogen, habe eine Zeit lang ihre Zucht und Gottesfurcht gelernt; Gott sei ihre Belohnung hier in der Zeit und dort in Ewigkeit! Mich erbarmen sie, dass sie niemand Getreues haben, die sie der Wahrheit berichten; und ich merke wohl, dass ihre Pfennige, so man täglich von ihnen abreißt, viel mehr als sie geliebt werden. Ich bin willens, ihnen solches zu schreiben, denn sie können vor anderen Geschäften nicht über dem Lesen sitzen. Wiewohl ja das Wort Gottes das Nötigste wäre, als der HErr Luka am 10 [42] sagt, das sei das beste Teil, hören das Wort Gottes; und was sagt er mehr Luka 9 [25]: Ob der Mensch gleich diese ganze Welt gewönne, und verlöre die Seele, womit wollte er dieselbe wieder einlösen? Aber sie verlassen sich auf euch, als die Schrift-Weisen, haben euch darum daher gesetzt, und ihr habt um solches nicht wenig Einkünfte von ihrer armen Leute Grund und Boden. Es ist diese Universität so löblich von ihren Eltern gestiftet, und bisher mit nicht wenig Kosten erhalten. Ich halte wahrlich und gänzlich, so sie der Wahrheit berichtet wären, sie würden nicht allzeit also nach eurem Begehren handeln; wie sie jetzt mit Seehofer getan, und nicht gestattet haben, den zu ermorden; wie in seinem Eide angezeigt ist. Gott sei ewig ihre Belohnung!

Ich hoffe, es werde besser werden. Wer weiß, aus was Ursachen sie ihn haben verordnet? Ich setze keinen Zweifel darein, Gott habe den Arsatius, oder werde ihn noch ansehen mit den Augen seiner Barmherzigkeit, als Petrum, der den HErrn zu dreien Malen verleugnet hat; denn der Gerechte fällt siebenmal im Tag, und steht wieder auf. Gott will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe. Christus selbst fürchtete den Tod, und so sehr, dass er blutigen Schweiß schwitzte. Ich hoffe, dass, ob Gott will, noch viel Gutes aus diesem Jünglinge werde, wie Petrus auch danach viel Gutes gewirkt hat, als er den HErrn schon verleugnet hatte, da er noch frei war, und nicht so lange schon eingekerkert, noch mit Androhung des Feuers dazu gedrungen, als dieser.

Es ist leicht disputiert, so man nicht Schrift, sondern Gewalt braucht; in solcher Disputation sehe ich nichts anders, als dass der gezüchtigte der gelehrteste ist. Wohl hat der Teufel aber so eine feine Fastnacht damit angerichtet! Gott wird's nicht lange von euch leiden! Paulus 2 Kor. 11 [14. 15] sagt, der Teufel verstellt sich in einen Engel des Lichts, darum sei es nicht Wunder, dass sich die Falschen in Apostel Christi verwandeln; und Matth. 10 [34-36]: Es muss Zwietracht sein, der Sohn wider den Vater, die Tochter wider die Mutter, Braut wider Schwieger, und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein; und Joh. 16 [2.3)): Es kommt die Zeit, dass, wer euch tötet, wird meinen, er tue Gott einen Dienst daran; denn sie kennen weder den Vater noch mich; und Paulus 1 Kor. 11 [19]: Es müssen Rotten unter euch sein, auf dass die, so rechtschaffen sind, offenbar unter euch werden; auch 2 Kor. 4 [3)): Ist nun unser Evangelium verdeckt, so ist es in denen, die verloren werden, usw. usw.

Wie haltet ihr das Kaiserliche Mandat so fein, das jetzund8) ausgegangen ist, den sechsten Tag des März, darin so klar angezeigt ist, dass man die Evangelia predigen soll, wie sie Gott geboten hat, und die Lehrer, so von der christlichen Kirche approbiert 9) sind. Da steht nichts von der Römischen Kirche. Von dieser Römischen Kirche finde ich auch kein Wort in der Bibel. Ich wollte gern, dass ihr mir zeigtet, was Gott von der Römischen Kirche gesagt hat. Ich habe in den Historien der Heiligen gelesen, dass sie am meisten von derselbigen Versammlung sind gemartert worden, finde wenig Gutes davon; Gott wolle es bessern!

Schämt ihr euch nicht, dass er 10) alle Schriften Martini 11) hat verleugnen müssen? Nun hat er doch das Neue Testament einfach nach dem Texte verdeutscht, derhalben ist damit das heilige Evangelium, und die Episteln, und die Geschichte der Apostel usw. bei euch Ketzerei gescholten. Also ist nicht mit euch zu disputieren. Auch die fünf Bücher Mosis, die im Druck sind; gilt das nichts? So ist mit einem Juden besser und eher zu disputieren. Ich höre nicht, dass ihm mit Schrift12) von einem unter euch irgend ein Artikel sei umgestoßen worden. Das höre ich wohl, dass ein gelehrter Jurist zu ihm getreten sei und gesagt habe: warum er weine? ob er noch ein Ketzer sei? Aber Juristerei nützt hierzu gar nichts.

Ich hätte gemeint, ihr hättet nach Laut des Kaiserlichen Mandats euer Schulgezänk besser ruhen lassen bis auf berufenes, zukünftiges Concilium 13), welches allhier 14) öffentlich auf der Kanzel ist verlesen worden; aus welcher Ursache, weiß ich nicht, denn wir sind allhier nicht sehr mit Luthern angefochten. Unsere Geistlichen fragen wenig danach; könnten etliche davon den Psalter lesen, das wäre wohl gut. Ich kann nicht erfahren, dass es 15) noch sonst an einem andern Orte oder in anderen Landen sei 16) verkündet worden; darum sollen sich billig die zu Dietfurt erfreuen, dass sie für die Trefflichsten in dieser großen Sache, die den Glauben und ewiges Heil betrifft, angesehen werden. Ich hätte fast gemeint, es 17) wäre von den hohen Schulen verkündigt worden, sonderlich von euch in diesem Bistum und Land. Ihr müsst freilich denken, eure Schule wäre zu hoch, dass sie kein Christ erschreien könnte! Ich bitte euch um Gottes willen, und ermahne euch durch das Gericht und bei der Gerechtigkeit Gottes, ihr wollt mir schriftlich anzeigen die Artikel, so ihr ketzerisch heißt, die Martinus oder Melanchthon geschrieben haben. Ich finde ja keinen im Deutschen, der mir ketzerisch ist, soviel ich davon verstehe; und es ist doch wahrlich viel in deutscher Zunge herausgegeben, hab's gelesen. Mir hat sie Spalatinus alle im Titel verzeichnet geschickt, habe mich ja der Wahrheit erkunden wollen; wiewohl ich sie jetzt lange nicht gelesen habe, brauche mich der Bibel, wie ja auch all' seine 18) Arbeit gewesen ist, dass man die soll lesen, welche mir mein lieber Herr Vater so hoch befohlen zu lesen, und gab mir dieselbige, da ich zehn Jahr alt war; ich hab' ihm aber leider nicht gefolgt, aus Verführung der sogenannten Geistlichen, welche, sonderlich die Observanzer, sagten, ich würde mich verführen damit. Ach, wie fein lehrt und gibt aber der Geist Gottes den Verstand, und spaziert von einem in das andere. Gott sei Lob, dass ich das rechte und wahre Licht scheinen sehe. Ich will mein einiges Pfund nicht vergraben, der HErr verleihe mir Gnade! Das Evangelium, sagt Christus Luk. 7 [22, 23)), wird den Armen gepredigt, und selig ist, der sich nicht ärgert an mir. Wie Paulus sagt 1. Kor. 9 [18]: Ich predige das Evangelium frei umsonst, auf dass ich nicht meiner Freiheit missbrauche am Evangelio. Ich sage euch, wahrlich, das Licht leuchtet jetzt wieder in der Welt. Psalm 118 [119,130]: Wenn dein Wort offenbar wird, so erfreut es, und macht klug die Einfältigen; Psalm 36 [10]: Bei Dir ist die lebendige Quelle, und in Deinem Lichte sehen wir das Licht; Joh. 2 [25]: Gott wollte kein Zeugnis vom Menschen, denn er wusste, was im Menschen war; Joh. 16 [14]: Der Geist wird mich erklären; Joh. 14 [6]: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater, denn durch mich. Und Joh. 9 [39-41] sagt der HErr: Ich bin zum Gericht auf diese Welt gekommen, auf dass, die da nicht sehen, sehend werden, und die da sehen, blind werden. Da sagten die Pharisäer: Sind wir denn auch blind? Antwortet ihnen der HErr: Wärt ihr blind, so hättet ihr keine Sünde; nun ihr aber sprecht: Wir sind sehend, bleibt eure Sünde. Und Joh. 8 [31]: So ihr bleiben werdet an meiner Rede, so seid ihr meine rechten Jünger; und im selben Kapitel [V. 47]: Wer von Gott ist, der hört Gottes Wort; darum hört ihr nicht, denn ihr seid nicht von Gott, usw. usw. Und Joh. 10 [27: 4 und 5]: Meine Schäflein kennen meine Stimme, aber eines Fremden kennen sie nicht, folgen ihm auch nicht nach. Matth. 24 [35]; Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen; und Jes. 40 [8]; Das Wort Gottes bleibt ewiglich. Aber solche Zusage finde ich nicht von Menschen- oder Papst-Gesetzen oder Worten. 2 Kor. 1 [20]: Das Wort Gottes in seiner Verheißung ist Ja ohne alles Nein. Durch dieses Wort ist Himmel und Erde, und Alles, was darinnen ist, gemacht, und ohne dasselbige ist Nichts gemacht, Joh. 1 [3)), und Gott war das Wort, durch dasselbe sind die Toten erquickt, die Sünder bekehrt, Blinde sehend, Lahme gerade, Stumme redend geworden usw. Das ist eine Schatzkammer des Heils, aber nicht eine Pfenniggrube, wie das Decretal. Durch das ist uns verheißen das Leben, Matth. 4 [4] und Joh. 6 [63)). Ich rufe mit dem Propheten Jeremias am 22 [29]: Land, Land, Land, höre des HErrn Wort! Ich bitte euch und begehre Antwort, ob ihr meint, dass ich irre, das ich doch nicht wüsste. Denn Hieronymus 19), hat sich nicht geschämt, und an Weiber geschrieben gar viel, als an Plesilla, Paula, Eustachia usw. usw. Ja, Christus selbst hat sich nicht geschämt, sondern gepredigt Maria Magdalenä, dem Fräulein bei dem Brunnen, welcher allein unser aller Meister ist.

Ich scheue mich nicht, vor euch zu kommen, euch zu hören, auch mit euch zu reden, denn ich kann auch Deutsch fragen, Antwort hören und lesen, durch Gottes Gnade. So hat man wohl Bibeln, die deutsch sind, die Martinus nicht verdeutscht hat; ich habe deren selbst eine, die vor ein und vierzig Jahren: 20) gedruckt ist, da doch Luthers noch nicht ist gedacht worden, Hätte mir es Gott nicht also verordnet, könnte ich auch, wie etliche tun, geschrieben haben und sagen, er verkehrt es, Gott hat es nicht gewollt; wiewohl ich keine nie gelesen habe, die der gleicht, wie er sie verdeutscht hat. Der HErr sei sein Lohn hier in der Zeit und dort in Ewigkeit, der solches in ihm wirkt!

Und ob es gleich dazu käme, davor Gott sei! dass Luther widerriefe, so soll es mir doch nichts zu schaffen machen. Ich baue nicht auf seinen, meinen oder irgend eines Menschen Verstand, sondern auf den wahren Felsen Christum selbst, welchen die Baumeister verworfen haben, aber er ist gemacht zu einem Eckstein und Grundstein, wie Paulus 1 Kor. 3 [11 sagt)): Einen andern Grund kann niemand legen, außer dem, der gelegt ist, das ist Christus. Wollte Gott, ich sollte in Gegenwart unsrer drei Fürsten und der ganzen Gemeine reden! Ich begehre von jedermann gelehrt zu werden. Philosophie, die soll nichts, als Paulus Kol. 2 [8] sagt: Seht zu, dass euch niemand beraube durch die Philosophie und lose Verführung nach der Menschen Lehre. Aber was sagt er mehr 1 Kor. 1 [20]? Gott hat die Weisheit dieser Welt zur Torheit gemacht. 1 Kor. 3 [19]: Alle Weisheit der Welt ist Torheit bei Gott. Juristerei schadet mir nicht, denn sie gar nicht daher dient; göttliche Theologie spüre ich nicht. Darum fürchte ich mich nicht, so ihr anders schriftlich, und nicht gewaltig mit Gefängnis oder dem Feuer unterweisen wollt.

Joelis am 2 [12. 13)): Kehrt wieder, kehrt wieder zu dem HErrn, denn er ist gütig und barmherzig! Der HErr beklagt sich durch Jer. 2 [13)): Mich, die lebendige Quelle, haben sie verlassen, und machen sich hier und da ausgehauene Brunnen, die doch löchrig sind und kein Wasser geben. Ich spreche mit Paulo 1 Kor. 2. [Röm. 1, 16]: Ich schäme mich des Evangelii von Christo nicht, denn es ist eine Kraft Gottes, die da selig macht alle, die daran glauben. Der HErr sagt Matth. 10 [19.20]: So ihr werdet vorgefordert, so sorgt nicht, wie oder was ihr reden sollt; denn es soll euch zu der Stunde gegeben werden, was ihr reden sollt. Eures Vaters Geist ist es, der durch euch redet. Ich kann kein Latein, aber ihr könnt Deutsch, seid in dieser Zunge geboren und erzogen. Ich habe euch nicht arabische Dinge geschrieben, sondern das Wort Gottes, als ein Glied der christlichen Kirche, vor welcher die Pforten der Hölle nicht bestehen mögen; aber vor der römischen bestehen sie wohl. Beseht mir dieselbige Kirche, wie sie vor den Pforten der Hölle bestehen werde.

Gott gebe uns seine Gnade, dass wir alle selig werden, und regiere es nach seinem Gefallen. Nun walte seine Gnade! Amen.

Datum Dietfurt, Sonntags nach Erhebung des heiligen Kreuzes, Anno 1523.

Meine Handschrift.

Argula von Grünbach, eine geborene von Stauffen.

2. Argulas Schrift an Herzog Wilhelm, Fürsten in Bayern.

Gnade und Friede von Gott, samt Mitwirkung seines heiligen Geistes, wünsche ich herzlich Euer Fürstlichen Gnaden, jetzt und allezeit beizuwohnen!

Hochgeborener Fürst, Gnädiger Herr!

Es hat sich jetzt am Abend vor unserer lieben Frauen Geburt begeben, dass Euer Fürstlichen Gnaden hohe Schule zu Ingolstadt einen jungen Gesellen, genannt Arsatius Seehofer, nach langem Kerker, bei Dräuung21) des Feuers, genötigt hat, ohne alle Disputation22) das heilige Evangelium und Wort Gottes zu verleugnen, das billig einem jeden Christenmenschen zu Herzen gehen sollte, und sie berühmen sich noch dabei, dass solches aus E. F. G. Auftrag geschehen sei. Nun hat mir solches ein Bürger von Nürnberg, wie es geschehen ist, zugeschickt, und wohl spöttisch dabei geschrieben. Ich habe es, so viel ich gekonnt, verantwortet, der Meinung, es würde wahrscheinlich in diesem Falle E. F. G. die Wahrheit nicht vorgetragen, ich wüsste, dass E. F. G. sonst wohl so christlich wären, Gott nicht in seine Gewalt zu greifen; denn es hat ja kein Mensch Gewalt, das Wort Gottes zu verbieten, noch darin zu regieren, allein das Wort Gottes soll und muss alle Dinge regieren. Sie heißen es lutherische Worte, es sind aber nicht lutherische, sondern Gottes Worte. Wir lesen Joh. 7, dass der HErr ihnen ihre Bosheit offenbart, darum werden sie ihm feind; also geschieht Luthern jetzt auch, der Jünger ist nicht über seinen Meister, wie auch allen Aposteln geschehen ist, und denen, so Christum bekannt haben. Es sei Luther oder Melanchthon, oder wer es will, und wenn es möglich wäre, dass uns der Teufel aus der Hölle das heilige Evangelium verkündigte, so bliebe und wäre es doch Gottes Wort. Auch sagt Paulus zu den Galatern, wenn ein Engel vom Himmel käme, und lehrte euch anders, als das Evangelium verkündigt, soll es verflucht sein. Sie 23) haben nichts ausgenommen, er 24) soll schlecht verleugnen alle Schriften Martini oder Melanchthons, oder gehen in das Feuer. Hat doch Martinus schier die ganze Bibel geschrieben und verdeutscht nach dem bloßen Text; nun ermesse E. F. G. selbst, ob das nicht Gott und sein Wort verleugnet sei, so ich evangelische und apostolische Schriften verleugne? Ich glaube nicht, dass solches E. F. G. Befehl sei, es müsste denn E. F. G. von ihnen der Sache nicht recht berichtet sein. Sie haben da ein achtzehnjähriges Kind vor sich genommen, und keiner unter ihnen hat die Schrift gebraucht; wiewohl ich höre, dass er viel durch Ächtung von ihnen hat leiden müssen, vorher auch dreimal im Gefängnis gelegen; aber ich danke Gott, dass er auf Befehl E. F. G. aus ihren blutdürstigen Händen vom Tode ist errettet worden, wie in seinem Eide angezeigt ist. Gott wird es E. F. G. nicht unbelohnt lassen, denn das gerechte Blut schreit zu Gott. Ich hoffe, Gott werde diesen Jüngling als Petrum ansehen, der den HErrn dreimal verleugnet hat, und nicht mit Gefängnis oder Kerker dazu gezwungen. Gott will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe. Es fällt auch der Gerechte siebenmal des Tages. Es kann noch viel Gutes aus diesem Jüngling werden.

Ich bitte auch E. F. G. um Gottes willen, nicht allezeit ihren 25) Worten zu glauben, sondern zuvor die Geister nach der göttlichen Schrift zu prüfen, als Johannes 1. Epistel am 4 [1.2] sagt; der ist aus Gott, der Christum bekennt. Und es ist wohl Not, in solcher Tyrannei Einsehen zu haben, ja, der soll kein Christ sein, der sich dessen nicht annehmen wollte. Es ist nicht genug, so wir sagen wollten, ich glaube, was meine Eltern geglaubt haben; wir müssen an Gott, und nicht an unsere Weltern glauben. Wenn das Alter einen Glauben recht machte, so wäre der jüdische der beste.

Dann sagt Christus Matth. 10 [32]: Wer mich bekennt vor den Menschen, den bekenne ich auch vor meinem Vater; wer mich aber nicht bekennt, den bekenne ich auch nicht; und Luka 9 [26]: Wer sich mein und meiner Worte schämt, des werde ich mich auch schämen, wenn ich komme in meiner Majestät. Solches soll mir allezeit vor meinen Augen sein, dieweil es mein Gott selbst geredet hat, und ich werde mich nicht fürchten noch schweigen, durch die Gnade Gottes, ob es mir gleich tausend Hälse gelten würde. Aus mir selbst vermag ich nichts, denn sündigen. Der HErr sagt Matth. 10 [28]: Fürchte den nicht, der dir den Leib nimmt, und danach nicht mehr vermag; den fürchte, der da Macht hat, Seel' und Leib zu töten und zu versenken in die Hölle. [V. 37] Wer da hat Vater, Mutter, Schwester, Bruder, Kind lieber, denn mich, ist mein nicht würdig, und wer da hat seine Seele, d. i. seinen Leib lieber, als mich, ist mein nicht würdig.

Dann darf E. F. G. keinen Zweifel darein sehen, wer das Wort Gottes annimmt, gibt einem jeden, was ihm gebührt, als Paulus Röm. 13 [6.7] sagt: Gebt dem die Ehre, dem sie gebührt, Zoll, Rente und Schoß26), usw. und seid gehorsam aller Obrigkeit, auch der bösen, denn alle Gewalt ist von Gott. Sie mögen aber darauf sehen, dass sie ihre Gewalt nicht missbrauchen, denn sie haben ebenso wohl als wir die evangelische Regel. Aber das Wort Gottes zu verbieten, leidet es nicht, oder das, dass man darin gehorsam sein soll, sondern lieber Leib und Leben verlieren, als wir denn Apostelgesch. 4 und 5 haben, dass wir Gott mehr gehorsam sein sollen, als den Menschen. Durch Gott halte E. F. G. über demselben Worte Gottes, so wird Glück und Heil Land und Leuten zu Teil werden; wo nicht, so wird es Gott nicht ungerächt lassen, wie wir finden in göttlicher, biblischer Schrift, wie Gott gestraft hat, und drohet uns noch mit solchen Plagen zu strafen. Denn was er zu Jerusalem und zu dem Lande Judäa geredet, hat er zu allen Völkern geredet. Nun sagt Gott also, er wolle uns geben in die Hände unserer Feinde und unterwerfen einem fremden Herrn, mit schwerer Dienstbarkeit, entfremden unseres Vaterlandes, erwürgen mit dem Schwert, dass niemand sei, der begraben möge, unsern Leib den Vögeln und wilden Tieren zur Speise geben, und eine große Menge Volk verwandeln in eine geringe Zahl; auch uns unser Vieh durch jähen Tod und Pestilenz ertöten, unser Land verkehren in Wüstenei und Unfruchtbarkeit, Hunger über uns schicken, und solche Angst, dass der Vater den Sohn und der Sohn den Vater esse, auch die Kinder ersterben in den Händen und an dem Busen ihrer Mütter, als wir das haben 2 Chronik 7 und Jes. 30 und 34, Baruch am 2, Ezech. 5 und 7, Hoseä 14 und an viel anderen Orten der Bibel. Gott hat's geredet, nicht Luther, und das Wort Gottes ist Ja, ohne alles Nein; Himmel und Erde (sagt er) werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen. Jerem. Klagel. 4 [10 f.)) beweinte der Prophet und beklagte die Weiber, und sprach: Die barmherzigsten Weiber haben ihre Kinder selbst müssen kochen, dass sie zu essen hätten, und klagten, dass an solchem Jammer schuldig wären ihre Weissager und Priester, dass sie nicht hätten verkündigt das Wort des HErrn. Durch Gott nehme es E. F. G. zu Herzen, und gestatte nicht denselben, das teuer erkaufte Volk des Herrn Jesu Christi (nicht mit Silber oder Gold, sondern mit dem teuren Wert seines rosenfarbenen Blutes erlöst), also sich selbst samt uns ewiglich zu verderben. Denn Gott sagt Ezech. 13 [19]: Um einer Hand voll Gerste und Bissen Brots willen verurteilen sie die Seelen zum Tode, die doch nicht sollten sterben, und urteilen die zum Leben, die doch nicht leben sollten, durch ihre Lügen unter meinem Volk, welches gerne Lügen hört; und sie predigen die Gesichte ihres Herzens, sagen: Friede, da keiner ist. Es ist keine Person mehr wert zu halten, denn ein guter Prediger, der in Gottes Geist, und nicht im Buchstaben gelehrt ist; ein solcher wäre wohl am Ende der Welt zu holen, denn all' unser Heil liegt daran, dass wir Gottes Wort hören. Was sagt Gott, Matth. 7[15]? Hütet euch vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe!

Ich meine, Gott habe sie zum Teil gezeigt, dass es Pfaffen, Mönche und Nonnen sind. Welcher Fürst wäre sowohl daran, dass das Reich ihm vergönnt hätte, an die besten Städte und lustigsten Orte Raubhäuser zu bauen? Desgleichen, welcher Graf oder Herr hätte solche Freiheit erlangen mögen bei E. F. G. Voreltern, oder bei Euer Gnaden? Der HErr sagt und heißt sie Räuber, als Jes. 3[14]: Ihr habt den Weinberg verdorben, und der Raub von den Armen ist in euerem Hause. Das redet Gott; so ich's redete, wäre es lutherisch, aber so müssen sie es bleiben27) lassen. Ach Gott, der Sodomitischen Reinigkeit, und geizigen Armut! Sie fühlen die Lust des Fleisches gleich so wohl als wir, ob sie es schon mit dem Schanddeckel der Kutte befärben; hilft vor Gott nicht! Würde es helfen es, wir wollten alle Kutten tragen! Paulus sagt 1 Kor. 7 [2.9]: Ein jeglicher Mann soll haben ein Weib, eine jegliche Frau soll haben ihren Mann, denn es ist besser freien, als Brunst leiden. Wenn ich Keuschheit [d.. h. hier: gänzliche Enthaltsamkeit ehelichen Umgangs)) gelobte, das wäre ebenso, als wenn ich geloben wollte, mit meinem Finger an den Himmel zu rühren, oder zu fliegen; das steht nicht in des Menschen Gewalt. Der HErr sagt Matth. 19 [12]: Wer's fassen kann, der fasse es. Die Gnade ist nicht allen gegeben, welche Kutten und Platten tragen. Ihre Armut sieht man an ihren Gebäuden, vollen Kisten, Küchen und Kellern, auch an ihren bleichen Wangen. Es wird ihnen nicht begegnen, als Christo geschah, da er kaum dreiunddreißig Jahr alt war, und die Juden sagten, du bist noch nicht fünfzig Jahr alt, und sagst, du hast Abraham gesehen? hielten ihn schier für fünfzig! E. F. G. kann nicht solche Kastner schaffen, die nicht nehmen und Alles einbringen, wie die Barfüßer sind. Ich urteile nicht, aber Christus tut's Matth. 23 [14]: Wehe euch Pharisäern und Ottergezüchte, die ihr fresst der Witwen Häuser, und tut das unter dem Schein langer Gebete; euch ist bereitet das ewige Feuer! Ich kann nichts anders sehen, die Stiftung vieler Domherrn und Priester samt dem andern Geschwürm ist nichts anderes, als Erhaltung von Buben und Bübinnen, wie es unverschämt am Tage liegt. Der Papst hat dem Rat des Teufels gefolgt, Eheweiber verboten, und um Geld buhlen erlaubt.

O ihr Fürsten, seht denn, dass sie nicht also darinnen verderben! Euch gehört das Schwert der Strafe, und nicht den Geistlichen; denen gehört das zu, dass sie das Wort Gottes verkündigen. Wollte Gott, dass eure Augen aufgetan würden, und ihr selbst das Schwert, das euch Gott gegeben hat, in die Hände nähmt! Matth. 20 [25 - 28]: Die weltlichen Fürsten herrschen über die Völker, aber ihr nicht also! Wer unter euch der Vornehmste sein will, der soll sein der Geringste, und der andern aller Diener, gleichwie des Menschen Sohn nicht kommen ist, dass man ihm diene, sondern dass er diene. Unsere Sünden haben's verschuldet, dass es sich umgekehrt hat. Die sogenannten geistlichen Fürsten und Prälaten haben das Geld, die weltlichen den Seckel. Helfe und rate E. F. G. euch und uns allen, dass Gott nicht seinen Zorn, wie oben angezeigt ist, über uns schicke; denn man sieht, wie der Türke wütet, woraus nicht wenig Sorge entsteht, er werde ein Herr unseres Vaterlandes werden, da Gott vor sei! Es erhebt sich an allen Orten der Welt Empörung, die Sache kann in die Länge nicht Bestand haben; wollte Gott, es ließen sich die Fürsten und Herren von den sogenannten Geistlichen nicht länger am Affenseil führen! E. F. G. würden wohl eine Türkensteuer finden, so E. F. G. würden verordnen, dass man bei allen Stiftern und Klöstern, auch Pfarren und Messen die Register aufnähme, und ihre Leute, so ihnen Zins und Schoß geben, in die Gerichte, darinnen sie liegen, kämen, auf dass man ihr Vermögen genau erfahren könnte; hätten sie zu viel, dass man es zum allgemeinen Nutzen verwendete, auf dass der arme Mann nicht also beschwert würde. Gestattet nicht die Schinderei der Absenz 28); denn man sieht, dass sie die Pfarrer um den geringsten Preis dingen, so dass sich die, so die Herde Christi weiden sollen, des Hungers kaum erwehren können; die Pfarren sind auch selten mit Geschickten besetzt, sie nehmen lauter Narren, die nichts können, nur aufs wohlfeilste gedungen; der Schweiß der Armen wird in aller Dienstbarkeit des Teufels verzehrt. Der Freiburger Pfarrer zu Voburg hat mehr denn 800 Fl. von Pfründen, und tut im ganzen Jahre keine Predigt. Was hat denn Herr Bernhard Arzt zu Erstädt? Hätte eine Pfarre zu wenig, sollte man ihr geben, hätte eine zu viel, sollte man ihr nehmen, es gehört in den allgemeinen Nutzen. An dem andern (als viel Messe lesen) ist Gott wenig gelegen, wie man das wohl aus der Schrift beweisen kann. Hätte E. F. G. ein Einsehen, dass den Armen das Evangelium gepredigt würde, so folgte aller Sieg und Glück, wie David sagt Psalm 3 [7]: Ich fürchte mich nicht vor viel hundert Tausenden; und Jes. 30 [17]: Tausend werden fliehen vor Einem! Wenn das Wort Gottes erhöht wird, wird es Sieg genug geben; umgekehrt, wenn Gottes Wort unterdrückt wird, so liegt daran alle Plage. Es soll niemandem verboten sein; wer es annehmen wird, findet Gnade, wer nicht, findet von Gott auch seine Strafe, so er 29) wird sagen: Du sollst hinfort nimmer mehr sein!

Ich habe nicht unterlassen mögen, E. F. G. als meinem Bruder in Christo zu schreiben; der Geist Gottes regiere es, denn ich meine es ja gut. Gott sei mein Zeuge, dass ich Freude habe an E. F. G. Glückseligkeit, hinwieder Leid an E. F. G. Unglück. Denn es ist mir auch noch unvergessen, dass ich nach Absterben von Vater und Mutter, deren ich beider in fünf Tagen beraubt ward, E. F. G. als obersten Vormund als ein Weib anbefohlen war. Ich war damals unter E. F. G. Frau Mutter Frauenzimmer, und wurde in meinem Elende durch E. F. G. getröstet mit diesen Worten: ich sollte nicht so weinen, E. F. G. wollten nicht allein mein Landesfürst, sondern auch mein Vater sein; wie denn mein Junkherr die Gnade erfahren hat, und E. F. G. Dienste uns und unsere Kindlein erheben und ernähren. Dies hat mich nicht wenig gezwungen, E. F. G. zu schreiben, damit ich für die empfangene Wohltat meine Dankbarkeit ein wenig erzeigte. Mir geht's, wie St. Peter; Silber und Gold habe ich nicht, aber Liebe gegen Gott und E. F. G. als meinen Nächsten. Dann sagt der HErr, Luk. 9 [25]: Was Nutzen hätte der Mensch, ob er die ganze Welt gewönne, und verlöre doch die Seele? womit wollte er sie wieder kaufen?

Ich habe aus christlicher Pflicht nicht schweigen können, sondern der hohen Schule geschrieben, wie ich E. F. G. hier Kopie schicke, ob es sich vielleicht zutrüge, dass sie mich bei E. F. G. fälschlich verleumden würden, damit E. F. G. der Wahrheit berichtet würde. Was ich geschrieben, weiß ich durch Gottes Gnade, zu verantworten, denn es ist nicht mein, sondern Gottes Wort; E. F. G. wollen's zu Herzen nehmen! Denn fürwahr! Gott wird die Seelen Eurer Untertanen von Euern Händen fordern. E. F. G. wollen den Pfennigschluckern nicht allewege glauben und Gewalt geben, denn man sieht, dass sie aus Geiz wider Gott fechten, und doch ohne Kraft. Wir möchten alle Gottes Wort wohl leiden, allein Pfaffen, Mönche, Nonnen, Prokuratoren, Advokaten, Juristen können es nicht dulden. Denn der HErr sagt: Was du willst, das dir geschehe, tue auch einem anderen. Dieses Recht 30) gibt wohl ein Urteil, leidet aber nicht, dass Kindeskinder in Rechten stehen, und sie können oft noch kein Urteil erlangen. Wenn dann zwei eine Zwietracht hätten, so hat E. F. G. wohl so viel verständige Leute, die darinnen erkennten, wer Recht oder Unrecht hätte; das könnte ein Richter wohl entscheiden, so anders die Ämter nach dem Rat Pauli besetzt werden, der sagt: Einen solchen Mann nehmt zu einem Richter, der vernünftig sei, und in dem der Geist des HErrn sei; hat nicht gesagt: nehmt Ehebrecher, Gotteslästerer, Mörder usw. dazu. Der Geist Gottes ist gottesfürchtig, barmherzig, geduldig und keusch, usw. Der Juristen Ratschläge würden ihnen keinen Gewinn mehr eintragen; so werden sie reich, Land und Leute arm. Ich habe ihrer selbst wohl gekannt, und kenne ihrer noch, dass einer nicht ein Maß Weins hätte bezahlen können, und so sie nur vier Jahr das rote Käpplein31) tragen, kaufen sie, was nur feil und gelegen ist. Ich meine, dass die Hauben Fortunatus, Seckels Kraft haben, davon die Poeten schreiben, dass dem das Geld nicht zerrann; hätten sie nun sein Hütlein auch, sie führen, wohin sie wollten.

Gnädiger Fürst und Herr, ich habe E. F. G. die großen Artikel nach meinem kleinen Verstande, womit das Volk Christi beschwert wird, angezeigt. E. F. G. bedenken's besser, denn ich schreibe; denn es betrifft nicht ein Zeitliches, sondern ein Ewiges. Hiermit ist meine demütige Bitte, solches im Besten, wie ich's wahrlich meine, anzunehmen. Gott ist dieser meiner Schrift Regierer, dem befehle ich's, samt E. F. G. und allen Euern Geliebten, hier in der Zeit und dort in Ewigkeit beizuwohnen. Amen.

Datum Dietfurt, Sonntags nach des heiligen Kreuzes Erhebung. Anno 1523,

Euer Fürstlichen Gnaden

demütige

Argula von Grünbach, eine geborene von Stauffen.

3. An einen Ehrsamen, weisen Rat der Stadt Ingolstadt.

Gnade und Friede in Gott wünsch' ich euch, samt meinem freundlichen Gruß, als besonders lieben Brüdern in Christo, - Es hat sich vor einiger Zeit begeben, dass ich wegen der Handlung, so mit Arsatio Seehofer geschehen ist, einer hohen Schule daselbst geschrieben habe, und aus christlicher Pflicht dahin gedrungen 32). Hätte gemeint, es wäre unter ihnen geblieben, und sie hätten mich, wo ich hätte geirrt (dass ich nicht wüsste), unterwiesen. Nun höre ich, dass solches durch sie ganz ruchbar geworden ist, bin viel auf diesem Weg darum angesprochen, und es wird mir gar viel anders ausgelegt, als ich es geschrieben oder gemeint habe. Dadurch werde ich bewogen, euch eine Kopie derselben Schrift hiermit zuzuschicken, nicht, dass ich begehre, mich von meiner Person wegen zu verantworten, sondern allein um deren willen, die sich über mein Schreiben ärgern möchten, und bitte euch, dasselbe zu verlesen. Ich sehe keinen Zweifel darein, der Geist Gottes werde wohl selbst Schulmeister sein und das rechte Urteil fällen; des will ich warten, denn es steht Jes. am 30 [18]: Der HErr ist ein Gott des Gerichts; wohl allen, die seiner harren!

Ich bitte und ermahne euch als die Glieder Christi, welcher allein unser aller Haupt ist, als Paulus zu den Ephesern 4 [15. 16] sagt: Christus ist das Haupt, daraus der ganze Leib zusammengefügt ist. Nun sind wir alle in der Taufe Gott eingeleibt, als am Anfang dieses Kapitels [V. 4-6] steht: Ein Leib, Ein Geist, Eine Hoffnung, Ein HErr, Ein Glaube, Eine Taufe, Ein Gott, Ein Vater, der da ist über uns alle, und durch uns alle, und in uns allen, usw. usw. Darum setzt ins Gedächtnis das Gelübde, so ihr Gott in der Taufe getan habt, also lautend: Ich glaube; ich entsage dem Teufel, und allem seinem Pomp und Gespenst. Halten wir Gott nach unserm Vermögen Glauben und Treue, d. i. so. wir ihn bekennen, wozu er uns auch seine Gewalt will verleihen, so wird er uns auch bekennen, als er sagt Matth. 10 [32]. Darum, wer ein Christ sein will, muss ja, so viel er kann, denen, die Gottes Wort wollen verdammen, widersprechen, aber nicht mit Fechten, sondern mit dem Worte Gottes; denn Eph. am 4 [3)): Vor allen Dingen bestellt, den Frieden und die Liebe untereinander, usw. usw.

Welcher Doktor ist je so hochgelehrt gewesen, der ein anderes, Gelübde getan hätte, als ich? Mir ist eben sowohl der Geist verheißen, als ihm, wie Gott sagt Joel 2 [3, 1]: Ich will ausgießen meinen Geist über alles Fleisch, und eure Söhne und Töchter sollen weissagen.

Ich höre, wie etliche so sehr über mich erzürnt sind, dass sie nicht wissen, wie sie es nur dahin bringen möchten, dass ich vom Leben zum Tode käme. Nun weiß ich wohl, dass sie mir nicht schaden können, so lange, bis ihnen die Gewalt von Gott gegeben wird; der wird mich wohl erhalten, bis zu seinem Lobe. Paulus, 2 Kor. 4 [7f.)): Wir leiden alle Dinge ohne Beschwerde, um den Namen des HErrn; Psalm 3 [7]: Ich fürchte mich nicht vor viel hundert Tausenden; und Jes. 30 [17]: Tausend werden fliehen vor eines einzigen Schelten. Hört den HErrn, Jes. 43 [5]: So fürchte dich nun nicht, denn Ich bin bei dir; und Jes. 51 [12] sagt Gott: Ich, ich bin euer Tröster. Wer bist du denn, dass du dich vor Menschen fürchtest, die doch sterben? und vor Menschenkindern, die als Heu verzehrt werden? Wir lesen Joh. 9 [22], die Juden hatten schon einen Rat beschlossen und sich vereinigt, wer Christum bekennen würde, der sollte im Bann sein und aus der Kirche geworfen werden. So haben leider eure Sophisten33) auch getan, sehen die römische Kirche vor die heilige christliche Kirche, wie in Seehofers Eid geschrieben ist; so ganz und gar hat sie Gott verblendet und geschändet! Ich halte dafür, dass unsere Fürsten aus ihrem Anhalten und ungestümen Drängen so gewaltsam handeln müssen, wollen sie anders Ruhe vor ihrem Laufen haben. Sie sagen auch, wie die Juden zu Pilato sagten: Wir haben ein Gesetz, nach dem muss er sterben. Ich wollte gern wissen, was Gewinns sie hätten, wenn sie mich gleich ermordeten? Sie trösten sich vielleicht der Freiheit des heimlichen Gerichts, das ihnen nicht übel dazu dient. Nun denn im Namen Gottes! so denn das die Stadt wäre, darin man die Christen martert, als Jerusalem auch war, so geschehe mir auch, wie Gott will; aber ich bitte Gott, dass er nicht auch über euch, durch jene verschuldet, dieselbige Strafe verhänge. Denn wir müssen ja alles verlassen, als Matth. 10 [37-39] steht, Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Kinder, Gut, Leib, Leben. Wer das nicht verlässt, sagt der HErr, ist mein nicht würdig. So ich schon gestorben bin, ist das Wort Gottes nicht vertilgt; denn es bleibt ewig. Ich halte auch dafür, so ich die Gnade hätte, den Tod um seines Namens willen zu leiden, dass gar viel Herzen dadurch erweckt würden; ja, wenn ich allein stürbe, würden viel tausend Weiber wider sie schreiben. Denn ihrer sind viel, die belesener und geschickter sind, als ich; und sie möchten also den Namen überkommen, dass man sie eine Schule für die Weiber hieße; wiewohl ich keinen Zweifel darein sehe, es seien noch viele unter ihnen, die heimliche Jünger des HErrn sind, und vor Furcht, wie Nikodemus, Christum nicht zu bekennen wagen; wiewohl es nicht genug ist; wir müssen bekennen, als Matth. 10 [32 geschrieben steht)). Denn gedenken heißt nicht: vor den Menschen bekennt. Gott schicke ihnen einen herzhaften Geist!

Was meiner Person nachgeredet wird, wolle euch nicht ärgern. Meinethalben achte ich ihrer Verfolgung nicht, es ist mir eine Freude, dass ich von wegen des heiligen Evangeliums vermaledeit werde. Gott verzeihe es ihnen, sie wissen nicht, was sie tun; ich bitte auch herzlich für sie, dass sie Gott erleuchte, bitte auch euch, auch für sie und alle verstockte Herzen zu bitten. Hört den HErrn, Jes. 30 [9. 10]: Dies ist ein ungehorsames Volk, und verlogene Kinder, die nicht hören wollen des HErrn Gesetz, sondern sagen zu den Sehern: Ihr sollt nicht sehen, und zu den Schauern: Ihr sollt uns nicht schauen die rechte Lehre! Jer. 10 [21]: Die Hirten sind zu Narren geworden, und fragen nach dem HErrn nichts; darum können sie auch nichts rechtes lehren, sondern alle Herden sind zerstreut. Und Jer. 23 [9-40]: Ihr habt verkehrt das Wort des lebendigen Gottes, und nennt es eine Last, darum will ich euch ewige Schande und ewige Schmach zufügen, deren nimmer vergessen soll werden; und Apostelgesch. 15 [10.11] sagt Petrus: Was untersteht ihr euch, uns die Bürden aufzulegen, welche weder unsere Väter noch wir haben mögen 34) tragen? Sondern wir glauben, dass wir durch die Gnade Gottes selig werden, als denn unsere Väter auch geglaubt haben. Was sagt Gott mehr Jer. 23 [16]: Gehorchet nicht den Worten der Propheten, so euch weissagen. Sie betrügen euch; denn sie predigen ihres Herzens Gesicht, und nicht aus des HErrn Munde; und Jer. 50 [6]: Mein Volk ist wie eine verlorene Herde, ihre Hirten haben sie verführt, usw. usw. Es wäre viel besser, dass ein Mensch nicht zu solcher Predigt ginge. Christus ermahnt Matth. 7 [15] und 16 [6.12], dass wir uns hüten sollen vor der Lehre der Pharisäer, die er heißt einen Sauerteig, und sagt: Ein wenig Sauerteig macht viel Teig sauer; also auch, ein wenig falsche Lehre scheidet und bringt viel Übels.

Darum, meine lieben Freunde und Brüder in Christo, seht euch wohl vor, dass ihr nicht samt ihnen verderbt. Dazu wünsche ich euch die Gnade Gottes, in welche ich euer Seel', Leib, Ehre und Gut befehle. Bittet Gott für mich, desgleichen will ich Gott auch für euch bitten.

Datum Grünbach am Abend Simonis und Judd, Anno 1523.

Argula von Grünbach, geb. v. Stauffen.

4. Argulas Schrift an ihren Herrn Vetter, Adam von Chering, Pfalzgräflichen Statthalter zu Neuburg.

Gnade und Friede in Gott samt Beiwohnung seines göttlichen Geistes wünsche ich Euch, mein Herzlieber Herr und Vetter! Mir ist gesagt, dass es vor Euch gekommen sei, dass ich der hohen Schule zu Ingolstadt geschrieben habe; weshalb Ihr über mich nicht wenig erzürnt seid, und Euch vielleicht eingebildet habt und meint, dass es von mir als einem törichten Weibe (wofür ich mich selber bekenne und halte; denn diese Weisheit, Gott zu bekennen, ist nicht des Menschen Vernunft zuzueignen, sondern Gottes Gabe) unrecht getan sei, daraus mir nicht wenig Schmach, Schande und Gespött nachgeredet ist oder werden möchte von den Weisen dieser Welt. Dessen nehmt Ihr Euch als angestammter Freund an, woraus ich schließe, dass Ihr mich liebt als Eure geborne Freundin, und sage Euch dafür großen und hohen Dank. Denn ich kann wohl ermessen, wo Ihr es mit mir nicht treulich meintet, würdet Ihr wenig achten, was mir Gutes oder Böses nachgeredet würde. Durch diese Eure erkannte Freundschaft bin ich bewogen, Euch zu schreiben und der Wahrheit zu berichten, schicke Euch deshalb Kopie, wie und was ich geschrieben habe, und bitte Euch herzlich, das zu lesen, und nach dem Geist Gottes darin mich zu beurteilen; denn die Weisheit dieser Welt kann Gottes Geist nicht begreifen, als Hoseä 4 [7 steht)): Je mehr ihrer wird, je mehr sie wider mich sündigen; darum will ich ihre Ehre zu Schanden machen; und Paulus 1 Kor. 3 [19 sagt)): Die Weisheit dieser Welt ist Torheit bei Gott.

Habe ich aber unrecht getan, will ich gern die Strafe leiden, ich denke aber nicht, dass Ihr mich darum schelten sollt. Denn was uns Gott gebietet, soll kein Mensch schelten; und ich wäre auch in diesem nicht schuldig, irgend einem Menschen zu folgen, als ich denn in der Taufe gelobt habe, zu glauben, ihn zu bekennen, zu entsagen dem Teufel, auch allem seinem Gespenst. Dies ist ein solch hohes Gelübde, dass ich es nicht kann oder mag erfüllen, bis ich von Neuem geboren werde durch den Tod, Denn dieweil wir in dem Fleische leben, sind wir Sünder, als im Buch der Sprüche am 20 [9 steht)): Wer kann sagen: Ich bin rein in meinem Herzen, und ohne Sünde? Und Jerem. 17. [5.7]: Verflucht ist der Mann, der sich auf Menschen verlässt. Aber gesegnet ist der Mann, der sich auf den HErrn verlässt. Nun wist Ihr wohl, dass alle Menschen ein gleiches Gelübde getan haben, nämlich: ich glaube, ich entsage. Welcher Doktor hat doch mehr, als ich gelobt in der Taufe, oder welcher Papst, Kaiser und Fürst? Darum tue ich auch alle Tage Gott bitten um seine Gnade, dass ich das erlange, damit das Gelübde, das mein Dod 35) an meiner Statt getan hat, erfüllet werde, welches ich, als ich zur Vernunft gekommen und im christlichen Glauben unterrichtet bin, angenommen und darein gewilligt habe, welches also durch den Glauben besteht. Darum, mein lieber Herr und Vetter, lasst Euch das nicht verwundern, dass ich Gott bekenne; denn wer Gott nicht bekennt, der ist kein Christ, wenn er auch tausendmal getauft würde. Es muss auch ein jeglicher für sich selbst Rechenschaft geben am jüngsten Gericht, es wird weder Papst, König, Fürsten noch Doktor für mich Rechnung tun, das bedenke ich; hilft auch da kein Reichtum, als Ezech. 7 [19]: Ihr Silber und Gold wird. sie nicht, erretten am Tage des Zorns des HErrn, und so die Angst über sie kommt, werden sie den Frieden suchen, aber ihn nicht finden; und Hoseä 8 [7]: Sie säen Wind, und werden Ungewitter einernten. Das werden die erfahren, die ihr Vertrauen setzen auf Reichtum und ihre Werke.

Darum, mein herzlieber Herr und Vetter, bitte ich Euch, macht Euch darüber keine Sorgen, wenn Ihr hört, dass man mich schändet und verspottet, darum, dass ich Christum bekenne. Aber dann erschreckt, wenn Ihr hört, dass ich Gott verleugne, dafür Gott ewig sei! Ich rechne mir's für eine große Ehre, dass ich geschändet werde von Gottes Lobes wegen; es ist ein Geringes, dass ich von denen, die Gott in ihrer menschlichen Weisheit verblendet und geschändet hat, vermaledeit werden sollte, denn Jes. 40 [6-8 sagt)): Alles Fleisch ist Heu, und alle seine Güte ist wie eine Blume auf dem Felde; das Heu verdorrt, die Blume verwelkt; aber das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich. Ich spreche wie Paulus Gal. 1 [10]: Wenn ich noch den Menschen gefiele, so wäre ich nicht ein Diener des HErrn. Denn Gott sagt Hosea 13 [4]: Du solltest ja keinen anderen Gott kennen, denn mich, und keinen Heiland, ohne allein mich; und Joh. 12 [48]: Wer mich verachtet, und nimmt meine Worte nicht auf, der hat schon, der ihn richtet; das Wort, welches ich geredet habe, das wird ihn richten am jüngsten Tage.

Dass wir Gott nicht erkennen, machen unsere Prediger; denn der HErr sagt Jerem. 50 [6]: Mein Volk ist wie eine verlorene Herde, ihre Hirten haben sie verführt; und Jerem. 6 [10]: Siehe, sie halten des HErrn Wort für einen Spott, und wollen seiner nicht; und Jerem. 10 [11]: Die Hirten sind zu Narren geworden, und fragen nach dem HErrn nicht; darum können sie auch nichts rechts lehren, sondern alle Herden sind zerstreut; und Jerem. 23 [38.40]: Ihr habt verkehrt das Wort des lebendigen Gottes, und nennt es eine Last, darum will ich euch ewige Schande und ewige Schmach zufügen, deren nimmer vergessen soll werden; und Paulus 2 Tim. 4 [1 Tim. 1, 7]: Sie wollen der Schrift Meister sein, und verstehen nicht, was sie sagen, oder was sie sehen, und merken auf die Lügen, usw. Wie uns denn unser getreue Hirt, Christus, oft und viel gewarnt hat, uns zu hüten vor den falschen Propheten und ihrer Lehre, die er einen Sauerteig nennt, welcher, so ein wenig davon in viel Teig kommt, eine große Menge versäuert, als Matth. 7 [15] und 13 [39]; und 17 [5], da er sich verklärte, heißt es: Dieser ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe, den sollt ihr hören! Und Jes. 42 [8]: Ich will meine Ehre keinem andern geben; und Joh. 1 [12]; Wie viele ihn aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden.

Man heißt, mich lutherisch, ich bin es aber nicht; ich bin im Namen Christi getauft, den bekenne ich, nicht Luthern; aber ich bekenne, dass ihn Martinus auch als ein getreuer Knecht bekennt. Gott helfe, dass wir solches nimmermehr verleugnen, weder durch Schmach, Schande, Kerker, Peinigung, noch auch durch den Tod! Das helfe und verleihe Gott allen Christen! Amen.

Ich habe gehört, wie Ihr sollt gesagt haben, so mein Hauswirt 36) nicht wollte dazu tun, so wolle meine Verwandtschaft dazu tun, und mich vermauern. Ich gebe ihm aber keinen Glauben. Er tut leider sehr viel dazu, dass er Christum in mir verfolgt. 2 Kor. 4 [7-18] sagt Paulus: Wir leiden alle Dinge ohne Beschwerde, um den Namen des HErrn. Darum ist die Mühe umsonst, und ich bin in diesem nicht schuldig, gehorsam zu sein; denn Gott sagt Matth. 10 [34-39] und Markus 8 [36], wir müssen Alles verlassen, Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Kinder, Leib und Leben, und sagt darauf: Was hilft es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne, und nähme an seiner Seele Schaden? Womit wollte er sie wieder einlösen? Es muss ja also sein, oder Gott sagt, er wolle uns auch nicht bekennen. Das schmeckt aber dem Fleische nicht, Ehre, Freundschaft, Gut und Leben zu verlassen; wir vermögen's aus uns selbst so wenig, als St. Peter, der dem HErren zusagte, mit ihm zu sterben, und verleugnete ihn zu dreien Malen; da ließ ihn Gott sehen, was der Mensch ist, aber zuletzt gab ihm Gott auch den Geist, dass er fröhlich um den Namen des HErrn starb. Gott muss den Geist geben, nicht Fleisch und Blut. Was sagt aber der HErr, Matth. 7 [11. Lukas 11, 13))? „Welcher Gott bittet um einen guten Geist, dem wird er vom Vater gegeben…“..

Mich kann nicht genug erbarmen unserer Obrigkeit, dass sie es so gar nicht zu Herzen nehmen, weder die geistliche noch die weltliche. Dass ich doch einen kennen lernte, der sich annähme die Bibel zu lesen, auch sich genau erkundigte, was der Befehl Gottes wäre! Und doch verfluchen sie also, würgen und toben ohne alle Weisheit und Grund aus der Schrift! Dennoch soll Niemand sagen, dass es unchristlich sei! Welcher Christ könnte da schweigen? Es ist ihnen aber ebenso viel, so man sagt, das hat Gott geredet, als ob es ein Ungelehrter oder Narr geredet hätte. Was ist aber daran schuld? Das, dass sie des Wortes Gottes so wohl berichtet sind, als eine Kuh des Brettspiels. Schlechtweg müsst ihr antworten: Ich glaube, was meine Eltern geglaubt haben, es gebührt mir nicht, es auszufragen. Damit ist es aber nicht ausgerichtet; es gehört allen Christen zu, das Wort Gottes zu wissen; denn Paulus sagt, der Glaube komme aus der Predigt.

Wie die Fürsten, also der meiste Adel. Ich hab's von vielen gehört, die da sagen: So mein Vater und Mutter in der Hölle wären, wollte ich ungern im Himmel sein. Mir nicht! Wenn gleich alle meine Freunde darinnen wären, da Gott vor sei! fürchte ich doch, sie könnten mir die Weile nicht kürzen. Es ist der Eltern Schuld, dass sie die Kinder nichts haben lernen lassen; sind sie schon zur Schule gegangen, so hat man sie den Ovidium, Terentium gelehrt. Wie der Grund, also das Leben. Was steht aber in diesen Büchern? Wie man buhlen soll, Bube und Bübin werden, usw. Das kann man sonst wohl, und sind auch alle Stände voll solcher Leute, und rühmen sich dessen mehr, als man sich schämt, sowohl in der Ehe als außerhalb; es ist leider dahin gekommen, dass Hurenweiber und ihre Gesellen mehr Treue an einander beweisen, als oft in der Ehe geschieht, dass wohl der Spruch Pauli ist erfüllt 1 Kor. 5 [1]: Es ist unter euch solche Hurerei, da auch die Heiden nicht von zu sagen wissen, Da hebt sich dann an grollen, zanken, raufen, schlagen, Tag und Nacht kein Friede geht Gut und Mut, Alles hinweg, hilft nichts, halte sich eine, wie sie wolle, darüber oft eine auch zu Schanden wird. Gott behüte alle, die dawider kämpfen, helfe auch wiederum auf den Gefallenen! Da sieht niemand drein; klagt man's den Freunden, ist's ein Gelächter; sie wagen auch das nicht zu strafen, desgleichen die Obrigkeiten selbst haben gemeiniglich des Holzes eine Geige.

Ich bin jetzt wieder in einiger Freude und Hoffnung, weil ich höre, dass ein Reichstag ausgeschrieben ist. Gott sende ihnen seinen Geist, der sie die Wahrheit erkennen lehre, damit dieser Reichstag nicht vergeblich den Namen habe, sondern wir reich an Seel' und Leib, und alle in Einem wahren christlichen Glauben regiert werden, und nicht das Gut, Land und Leute so böslich verzehrt, dadurch wir noch ärmer werden. So man aber so viel Fleiß auf Gottes Wort legen würde, als auf Essen, Trinken, Bankettieren, Mummereien und anderes, würde es bald besser werden. Wie vielmal hunderttausend Gulden ist auf den Reichstagen den Landschaften bei meiner Gedächtnis verzehrt! Was es genützt, wisst Ihr besser, als ich. Was kann man ratschlagen, so sie Tag und Nacht die Köpfe kaum tragen vor Fülle? Ich hab's selbst zu Nürnberg gesehen, ein solches kindisches Wesen der Fürsten, das mir, so lange ich lebe, vor Augen ist. Ach wie schwer wird es aber sein, so der HErr wird sagen: Gib Rechnung von deinem Haushalten, hinfort wirst du nicht mehr Haushalter sein! Was sagt Gott, Hoseä 8 [4]: Sie haben regiert, und nicht aus mir, sie waren Fürsten, und ich erkenne sie nicht. Gott schicke es zur Besserung, damit sie nicht in ihrer Herrlichkeit, wie Pharao, verderben, und die Fürsten in ihren Ratschlägen das Wort Gottes begreifen, nicht, dass ihnen das Wort Gottes unterworfen sein soll, sondern sie demselben getreuen und gewissen Wort Gottes!

Darum, mein herzlieber Herr und Vetter, ist an Euch meine ganz freundliche Bitte, Ihr wollt Euch der göttlichen Schrift annehmen. Ihr habt lange den Fürsten beratschlagt; nun ist es Zeit, dass Ihr Eure Seele, die da ewig ist, beratschlagt; könnt Ihr nicht mehr, so lest doch vor Eurem Ende die vier Evangelisten durch. Wollte aber Gott, Ihr hättet die ganze Bibel gelesen, welches Buch allen Befehl Gottes in sich enthält! Es ist auch die Meinung Lutheri nie gewesen, dass man seinen Büchern glauben soll; sie sollen allein sein als die Leitbächlein zum Wort Gottes. Ihr könntet in Euerem Regiment viel Nutzen schaffen, sonderlich so Ihr behilflich wäret, dass die Pfarren und Prädikaturen 37) mit gelehrten Männern besetzt würden. Alles Heil wirkt das Wort Gottes, wie Jes. 55 [10.11] steht: Wie der Regen gibt die Speise, und die Saat den Samen, und macht grünen das Erdreich, also ist mein Wort, das aus meinem Munde geht, es kommt nicht ohne Frucht wieder zu mir; Jerem. 23 [29]: Meine Worte sind wie ein Feuer und Hammer, der Felsen zerschmeißt.

Man hat mir gesagt, man wolle meinem Junkherrn das Amt nehmen. Ich kann ja nicht dafür, denn ich habe vorher alles wohl betrachtet, es soll mich aber mein Heil nicht gereuen, wie Pilatum, habe mich darein ergeben, Alles zu verlieren, ja, Leib und Leben; Gott stehe mir bei! Ich vermag nichts Gutes zu tun aus mir selbst, kann nur sündigen. Bittet Gott ernstlich für mich, dass er mir den Glauben mehre! Ob es gleich dazu käme, dass ich darüber müsste zu Grunde gehen, so schämt Ihr Euch des nicht, sondern lobt Gott. Hätte ich die Gnade, ein wie edel Kleinod würde meine Seele Gott dem HErrn sein! Das Gut, das man mir nehmen kann, ist nicht viel; Ihr wisst, dass mein Vater unter den Herrn von Bayern verdorben, und seine Kinder zu Bettlern worden sind; wiewohl sie 38) mir und meinen Kindlein durch die Dienste, so mein Hauswirt von ihnen gehabt hat, gütlich getan haben; Gott sei ihr Lohn! So haben die Pfaffen zu Würzburg meines Junkherrn Gut auch verzehrt. Meine Kindlein wird der HErr schon versorgen, und sie speisen mit den Vögeln in der Luft, auch bekleiden mit den Blümlein des Feldes, Er hat's gesagt, Er kann nicht lügen.

Ich hatte gemeint, ich wollte mein Schreiben heimlich haben behalten; so sehe ich wohl, dass es Gott will offenbar haben. Nun werde ich darum geschändet; das ist ein gut Zeichen, dass es aus Gott ist, denn so es die Welt lobte, wäre es nicht aus Gott.

Damit, mein herzlieber Herr und Vetter, befehle ich Euch jetzt und allezeit in die Gnade Gottes, hie in der Zeit und dort in Ewigkeit beizuwohnen.

Datum zu Grünbach.

Argula von Grünbach, eine geborne von Stauffen.

5. Gnade und Friede in Gott wünsche ich herzlich Euer Kurfürstlichen Gnaden ewiglich beizuwohnen.

Gnädigster Fürst und Herr!

Ich habe nicht unterlassen mögen, Euer Kurfürstlichen Gnaden zu schreiben, denn ich bin sehr hoch erfreut darüber, dass Euer Kurfürstliche Gnaden auf diesen berufenen Reichstag kommen. Ich hoffe, der allmächtige Gott werde Regierer sein, und Gnade, Weisheit und Stärke allen denen, so da. handeln, geben, damit das Wort Gottes den Armen wieder gepredigt, und nicht so elendiglich mit Gewalt durch etliche heidnische Fürsten verboten und den Armen entzogen werde. Jene kreuzigen und verfolgen jetzt Christum aufs Neue. Durch Gott halte E. C. G. hart über demselben gewissen Worte Gottes, denn es muss sein, wir müssen ja öffentlich bekennen, als Matth. 10 [32] steht. Ich wünsche und bitte Gott, solches Gemüt, das ich bisher bei E. C. G. wahrgenommen, Gott zu Ehren 39), auf dass E. C. G. ihnen fröhlich mit christlichem freudigem Gemüt unter die Augen treten. Gott sagt Jes. 51 [12]: Ich, ich bin euer Tröster! Wer bist du denn, dass du dich vor Menschen fürchtest, die doch sterben? usw. Sie werden unkräftig sein, als wir haben Jes. 29 [4] und Psalm 11 [12, 6]40): Ich will aufrichten ein Heil, in welchem sie freudig werden wider sie handeln. Wir sehen das Heil, Gott sei Lob! und haben alle Gewalt auf unserer Seite. Lasse sie E. C. G. toben und wüten, es ist doch keine Kraft da, der Fels wird sie zerschmeißen und zu Boden stürzen, denn er ist ihnen ein Fall, aber den Gläubigen eine Auferstehung und hochgeachtetes Kleinod, wie 1 Petr. 2 [6] steht: Siehe da, ich lege einen auserwählten köstlichen Eckstein in Zion; und wer an ihn glaubt, der soll nicht zu Schanden werden, usw. Sie werden gar zu Schanden, als man sieht, wie sie so töricht und irrig sind, dass sie schier nichts können reden oder schreiben. E. C. G. wollen das nicht achten, dass sie griesgramen über Christum; alle Gewalt ist ihnen genommen, wie der 139. Psalm [140, 4] sagt: Sie haben ihre Zungen geschärft wie die Schlangen; ihre Streiche aber sind wie die Pfeile der Kindlein. So verkündigt auch Jesaias 8 [9.10]: Seid böse, ihr Völker, und gebt doch die Flucht. Hört ihr es, alle, die ihr in fernen Landen seid: Rüstet euch, und gebt doch die Flucht; Lieber, rüstet euch, und gebt doch die Flucht. Beschließt einen Rat, und werde nichts daraus. Beredet euch, und es bestehe nicht. Denn Gott ist mit uns! Gedenke doch E. C. G., welche Gewalt ihnen. Gott früher ließ, als sie noch ihren vollkommenen Prozess 41) hatten, und man sie Gott gleich achtete! Wie viel weniger wird er ihnen jetzt lassen, wo sie Gott den Frauen unter die Füße wirft, und man ihre Gewalt verachtet! Darum rede ihnen E. C. G. mit den Worten Gottes trotzig unter die Augen, denn E. C. G. sehen den Topf brennen, wie Jerem. 1 [13. 14 steht)), und das Angesicht Gottes von Mitternacht; sie können den nicht verlöschen.

Ich redete unlängst mit Herzog Hansen, auch andern des Regiments, gern hätte ich viel mehr geredet, wär's Volk gewesen zum Zuhören. Ich würde sie, ob Gott will, nicht fürchten, ihnen, wann und wie oft sie wollten, unter die Augen zu treten.

Ich bitte E. C. G. durch Gott, das Gemüt fröhlich zu erheben mit Dankbarkeit, dass uns nach seiner Anordnung aus E. C. G. Land und Schutz unser Heil verkündet, und Christus wieder gelehrt und erkannt wird. Der allmächtige Gott behalte E. C. G. in seiner Benedeiung, hier und dort! Amen.

Actum am Zinstag nach Andreä, Anno Domini 1523.

Euer Churfürstlichen Gnaden

demütige

Argula von Grünbach, eine geborne von Stauffen.

6. Argulas Brief an Herrn Johannsen, Pfalzgrafen bei Rhein, Herzogen zu Bayern usw.

Gnade und Friede in Gott, samt Mitwirkung seines heiligen Geistes, wünsche ich herzlich Euer Fürstlichen Gnaden jetzt und allezeit beizuwohnen.

Hochgeborener Fürst! Gnädiger Herr!

Als ich gestern zu Nacht von Euer Fürstlichen Gnaden und den anderen, meinen Herren, zur Wirtschaft 42) geladen und berufen war, wofür ich mich demütig gegen alle bedanke, habe ich aus etlichen Reden von Euer Fürstlichen Gnaden gemerkt, dass E. F. G. anfangen, die Schrift und göttliches Wort zu lesen, auch erkannt, dass E. F. G. das Licht scheinen sieht, worüber ich nicht wenig erfreut bin. Der allmächtige barmherzige Gott wolle solches angefangene Werk fruchtbar vollstrecken, und vollkommen erleuchten, welches allein Gott durch sein Wort muss entzünden, und das ja nicht bei menschlicher Vernunft gesucht, noch gefunden werden kann, wie wir lesen Psalm 36 [10]: Bei dir ist die lebendige Quelle, und in deinem Lichte sehen wir das Licht; und Psalm 118 [119, 130]: Wenn dein Wort offenbar wird, so erfreut es, und macht klug die Einfältigen. Da hören wir, wie Gott nicht leiden will, Weisheit zu ihm zu bringen, sondern Weisheit von ihm zu begehren, anders kann sie nicht gesucht noch gefunden werden. Wir müssen ja nichts werden, auch bei uns nicht angesehen sein, sondern pur lauter Gott suchen, und ihm gar nicht das Unsere vorbringen oder Achtung darauf haben; dann lässt er sich finden, und anders werden wir ihn nicht finden, Joh. 1 [9]: Dies ist das wahrhaftige Licht, welches alle Menschen erleuchtet; und danach [V. 11. 12]: Die Welt hat ihn nicht angenommen; wie viele ihn aber aufgenommen haben, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, usw. Der HErr sagt: Wandelt in dem Lichte, dieweil ihr das Licht habt. Ich bitte E. F. G. durch Gott, diesen Spruch wohl in das Herz zu drücken Matth. 10 [32]: Wer mich bekennt vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater; wer nicht, den will Gott auch nicht bekennen. Braucht den oft auf diesem Reichstage frei und unerschrocken; denn Gott ist mit uns, wir haben im 11. Psalm, [12, 6]: Weil denn die Elenden verstört werden und die Armen seufzen, will ich auf, spricht der HErr; ich will aufrichten ein Heil, in welchem sie freudig werden wider sie handeln. Nun haben wir, Gott sei ewig Lob! das aufgerichtete Heil; das Wort Gottes ist am Tage, darum werden wir keine Gewalt fürchten, sondern fröhlich vor alle gewaltigen Angesichter ohne Zittern treten, wann und wie oft man will. E. F. G. helfen und raten, dass das Reich Gottes den Armen nicht versperrt wird, und ihr samt uns nicht verderbet. hab's nicht lassen können, E. F. G. mit dieser Ermahnung zu segnen, welchem ich mich befehle, und uns alle in die gütige Freundschaft Christi.

Actum am Zinstag nach Andreä, Anno 1523.

Euer Fürstlichen Gnaden

demütige

Argula von Grünbach, eine geborene von Stauffen.

1) , 34)
können
2)
Decret oder Decretal ist das päpstliche Gesetzbuch.
3)
Ein heidnischer Philosoph, dessen Schriften damals auf den Universitäten mehr als die Bibel galten.
4)
Im Urtext heißt es: ging euch nicht ab an Vertruckung des Decrets.
5)
an der Kirche
6)
Maria
7)
Befehl
8)
vor Kurzem
9)
gebilligt
10)
Seehofer
11) , 18)
Luthers
12)
sprüchen
13)
Kirchenversammlung
14)
zu Dietfurt
15) , 17)
das Mandat
16)
öffentlich
19)
ein Kirchenvater
20)
also 1482
21)
Drohung
22)
d. h. ohne dass er sich hat verteidigen dürfen.
23)
die Papisten zu Ingolstadt
24)
Arsatius
25)
der Papisten
26)
Steuer AJ
27)
stehen
28)
d. k. des Rechtes der Geistlichen, an einem anderen Orte, als an ihrem Pfarrorte wohnen zu dürfen
29)
Gott
30)
der Juristen, usw.
31)
Die Doktoren der Rechte trugen rotsamtene Baretts.
32)
bin
33)
Sophisten hießen seit der Zeit des Sokrates eine Sorte Philosophen, deren Hauptkunst in Großsprecherei, Wortspielerei und der Fertigkeit bestand, aus schwarz weiß und wiederum schwarz und was man wollte zu machen, womit sie viel Geld verdienten.
35)
Pate
36)
Ehegemahl
37)
Predigtämter
38)
die Herrn von Bayern
39)
Euch zu erhalten
40)
So steht noch in der Übersetzung von 1524.
41)
Fortgang
42)
zur Tafel
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