Oekolampad, Johannes - Predigt von der Liebe Gottes zu seiner Gemeinde.
Gnade und Friede von Gott, dem Vater, werde uns Allen durch unsern Herrn Jesum Christum verliehen. Amen. Unsern Text, den wir gewählt, schreibt der Apostel Paulus den Korinthern im zweiten Briefe, im XI. Kapitel, 2. Vers. „Ich trage Eifer gegen Euch, ja göttlichen Eifer: denn ich habe Euch vermählt einem Manne, dass ich Euch eine reine, heilige Jungfrau Christo darstellte. Ich fürchte aber, dass, wie die Schlange Eva verführte mit ihrer Schalkheit, also auch Eure Sinne verrückt werden von der Einfältigkeit in Christo.“
Diese Worte schreibt St. Paulus seinen lieben Korinthern, die von ihm mit großer Mühe und Arbeit zum Glauben an Christum bekehrt waren. Dieweil aber (wie gemeiniglich auf die, welche am treuesten arbeiten, der größte Neid fällt) die falschen, hoffärtigen und aufgeblasenen Apostel den heiligen und getreuen Paulus, und also auch seine heilsame Lehre verkleinerten, tat es Not, dass er seinen Fleiß und seine Treue, wie er sie zu Christo gebracht, und hernach, welchen Eifer er gegen sie getragen habe, hervorhebe, um ihnen zu verstehen zu geben, wie sie sich auch hienieden gegen ihn verhalten sollen. Dieses geschieht mit den vorgelesenen Worten, über die ich
nun reden will, damit wir Alle, sowohl die das Evangelium verkündigen, als die, welche die Lehre annehmen, an Paulo einen Lehrer und ein Vorbild haben, wie wir uns als Christen verhalten sollen. Es wird auch dem gemeinen Zuhörer nicht ohne Nutzen sein, zu wissen, wie sich ein Verkündiger und Diener des Wortes verhalten solle, damit er sich desto besser vor dem falschen zu hüten wisse, und dem getreuen desto lieber folge und gehorche. Und so will ich Eurer Liebe in dieser Predigt zwei vorzügliche Stücke verkündigen, nämlich zum Ersten, wie sich die Verkündiger des Wortes, und zum Zweiten, wie sich die Gläubigen darneben verhalten sollen. Darum so merke Eure Liebe, dass Christus hier ein Bräutigam, die Gemeinschaft der Gläubigen aber seine Braut genannt wird, wie denn dieses auch Joh. IV, Matth. IX, Eph. V und im ganzen hohen Liede Salomonis, sowie auch in vielen Gleichnissen und Parabeln der Propheten und des Evangeliums geschieht.
Diese Braut wurde von Ewigkeit her Christo vom Vater als ein Erbvolk und Besitztum übergeben, wiewohl sie nur durch den Geist Christi dem Bräutigam Christo zugeführt wird. „Niemand kommt zu Christo, es ziehe ihn denn der Vater“ (Joh. VI), nämlich durch den heiligen Geist, welcher uns auch verleiht, Christum zu erkennen, an ihn zu glauben und ihn zu lieben, wie Christus auch durch seinen Geist seine Kirche oder Gemeinde regiert, beschirmet und erhält und ihr, als das rechte, wahre, einige Haupt, Leben und Gedeihen gibt. Daneben hat Gott etliche Diener und Knechte erwählt, dass sie als Brautführer sie holen und seinem Sohne bringen und ihm sie darstellen und auf sie wohl Acht haben und für sie Sorge tragen sollen. Wie denn Johannes der Täufer als Freund des Bräutigams den Auftrag gehabt, dem Herrn ein vollkommenes Volk zuzubereiten, was eben so viel bedeutet, als die Braut Christo, dem Bräutigam, zuzuführen. Das ist auch der Auftrag gewesen an alle Propheten, Apostel und Prediger.
Liebe Herren und Brüder, es ist gar ein hohes und ehrwürdiges Amt, wie kein anderes unter der Sonne, von dem wir Gott am jüngsten Tage schwere Rechenschaft ablegen müssen. Liebe Brüder, lasst uns nicht fahrlässig, untreu und verdrossen in solchem ernstlichen Dienste erfunden werden, sondern vielmehr ansehen, wie sich der heilige Paulus hierin verhalten hat, und in aller Demut seinem Beispiele nachfolgen. Wir finden hier bei Paulus einen zwiefachen Fleiß, nämlich zuerst, wie er die Braut dem Bräutigam Christo zustelle und vermähle. Dieses hat er getan, als er ihr so getreulich die überschwänglich große Wohltat Gottes verkündigt und sie so bewegt, dass sie in gutem Vertrauen zu Christo, dem Bräutigam, hinzugetreten ist. Zum Zweiten, indem er, nachdem sie ihm vermählt, Sorge und wahren Eifer für sie getragen, damit sie nicht angeführt und überlistet werde mit falscher Lehre oder unheiligem Leben. Es erfordert zu beidem keine geringe Mühe und Arbeit. Wie wir aber Christo das Volk als eine Braut zuführen sollen, entnehme ich im ersten Buche Mosis, Kapitel XXIV, aus dem Beispiele des ersten Knechtes Abrahams, den er hinschickte, für seinen Sohn eine Braut aus seiner Verwandtschaft zu werben und zu holen. Da lesen wir zuerst, dass ihn Abraham erwählte und ihn aufs höchste beschwor, seinem Befehle nachzukommen. So ist auch Paulus von Gott als ein außerordentliches Werkzeug und Geschirr erwählt worden, dass er Seinen Namen Königen und Völkern verkündigen solle. Und so sollen auch wir Alle, die das gleiche Amt verwalten, keinen Weg einschlagen, wir seien, denn von Gott berufen und verordnet, indem er uns die Gaben seines Geistes reichlich verleiht. Denn nicht Jeder ist zu solchem Amte geschickt, noch in demselben getreu. Etliche wären wohl darin beflissen genug, aber es fehlt ihnen die Gnadengabe der Kunst, der Gesprächigkeit und Freundlichkeit. Andere wären beredt und gelehrt genug, es mangelt ihnen aber an Fleiß. Es gehören verständige Leute dazu, nicht Einfaltspinsel, Narren und ungelehrte Esel, die ihr Lebtag nichts gelernt haben, als fischen, jagen, den Rossstall besorgen und dergleichen. Abraham erwählte den ältesten und vornehmsten unter seinen Knechten. So erwählt auch Gott seine besonders guten Freunde und Diener dazu, und wenn sie auch nicht alt an Jahren sind, so müssen sie gereift an Einsicht und Verstand sein wie der heilige Timotheus es war. Es kommt auch allen Lehnsherren, die Pfründen zu verleihen haben, zu, wohl darauf zu achten, dass sie nicht solche Pfründen den Unwürdigen verleihen und dabei die Würdigen hintansetzen, denn daran ist sehr viel gelegen. Zum Andern nahm dieser Knecht Abrahams, wiewohl ihm keine Braut mit Namen bezeichnet war, die Geschenke seines Herrn für dieselbe an und machte sich in gutem Vertrauen zu Gott gehorsam auf den Weg, dem Befehle seines Herrn nachzukommen. Solches gebührt auch uns zu tun und wenn wir schon nicht wissen, welche Frucht unser Wort, das wir verkündigen, tragen wird, sollen wir dennoch darin dem Herrn unserm Gott vertrauen, dem wir hierin dienen, und zu Ihm hoffen, Er werde unsern Dienst nicht vergebens sein lassen. Doch sollen wir seine Gaben und Geschenke nicht dahinten lassen, das ist, das verliehene Pfündlein, das Gold der göttlichen Weisheit und das Silber des göttlichen Wortes nicht verwahrlosen und müßig liegen lassen, denn durch solche Gaben verschaffen wir uns Zutritt und Gunst bei der Braut.
Zum Dritten, da dieser Knecht zu der Stadt kam, in welcher die Braut Rebecca wohnte, die ihm aber unbekannt war, wandte er sich im Gebete zu Gott und rief ihn an, und dieser gab ihm auch in den Sinn, wie er sich halten solle. Also sollen auch wir, liebe Brüder, alle Zeit Gott ernstlich anrufen, dass er uns verleihe, in unserm Dienste getreu erfunden zu werden, und dass er unser Werk zum Preise seines Namens zu einem glücklichen Ende führe. Ja, wie Er ein wahrer Gott ist, wird Er uns zur rechten Zeit gewähren, wie denn Christus verheißen hat: „Was ihr den Vater bitten werdet in meinem Namen, das wird er Euch geben.“ Zum Vierten, da Gott angerufen ward, wirkte Er, dass Rebecca ausging, Wasser zu holen, und da sie die Kamele tränkte, fand der Knecht Abrahams sie so demütig, dienstbar und freundlich, dass er ihr die Ohrenringe und Armspangen gab. So, liebe Brüder, lasst uns Gott anrufen und so er will, dass sein Volk durch uns erbaut werde, so wird er es selbst willig machen, dass es uns entgegenkomme und den Frieden Christi nicht verwerfe. Es wird dann ein demütiges Volk sein und dienstbar, begierig des Wassers, der Lehre des Heiligen Geistes und würdig, dass ihm die Perlen und Kleinodien, der Friede und das Geheimnis der göttlichen Verheißung, nicht vorenthalten werden.
Nachdem der Anfang so glücklich gewesen und der Knecht in das Haus geführt worden, wollte er weder essen noch trinken, bis er sein Anliegen vorgebracht. Da werden auch wir ermahnt, keine zeitliche Freude, weder Lust noch Gewinn, so lieb uns sein zu lassen, dass wir des Befehles vergäßen, wie es Diejenigen tun, welche nur für sich sorgen, und allein danach fragen, ob sie eine gute Pfründe bekommen, viel Einkommens hätten, und gut Essen und Trinken rc. Es wird bei den Verwaltern der Geheimnisse Gottes gefragt, wer getreu sei. Denn ein Jeglicher, spricht Paulus, der kämpft, enthalte sich aller Dinge, damit er die Krone erlange. Solches gilt vorzüglich uns.
Zum Sechsten führte der Knecht eine kluge Rede, indem er die Reichtümer seines Herrn Abrahams preist, sowie seinen Erben, den Sohn Isaak, dem er Alles übergeben hätte, was er besitze, und dass er nun diesem Sohne auch ein Weib zu geben wünsche. Darum bittet er um seines Herrn willen alle Gnade anzunehmen.
Hier lernen wir das Evangelium predigen. So wir in ein Haus kommen, das des Friedens empfänglich ist, sollen wir das Volk von seinen alten Gewohnheiten abbringen und es dem Glauben unterwürfig machen. Es ist nicht recht, dass wir Gott zu einem Tyrannen machen, sondern wir sollen seine große Macht, den unaussprechlichen Reichtum seiner Barmherzigkeit, seine unergründliche Güte und seine inbrünstige Liebe gegen uns Menschen dartun, und wie Er Alles seinem Sohne übergeben habe. Joh. IV: „Der Vater hat den Sohn lieb, und hat ihm alle Dinge übergeben.“ Dieser ist seiner Menschheit nach ihm spät geboren, nämlich nach dem Gesetze und den Propheten, und für diesen wünscht Er das christliche Volk zur Braut. Dieser ewige Ratschluss Gottes, dass wir vollkommene Verzeihung unserer Sünden, Versöhnung mit unserm himmlischen Vater, das ewige Leben und alles Gute erlangen, zieht diejenigen, die es wahrhaft erkennen, zu einem rechten Glauben und gewissen Vertrauen zu Gott, dass sie den Entschluss fassen, Alles zu verlassen und Christo, dem Bräutigam, in wahrer Zuversicht anzuhängen.
Die nun nichts predigen und loben als Menschengebote, mit denen man doch Gott vergebens ehret, als z. B. von Opfern, Zehnten, Vigilien Jahrestagen, Messen und dergleichen Gaukelwerken, ferner die nichts Anderes predigen, als das Gesetz, und uns auf unsere Werke weisen, mit Hintansetzung und Verschweigung der frohen Botschaft des Evangeliums, wie dass Gott uns durch seinen geliebten Sohn Christum alle unsere Sünden verziehen habe und uns zu Kindern aufnehmen wolle, was eben so viel sagen will, als zu seiner Braut; und wie wir auch durch seine Gnade aller Guttaten, so Christus hat, teilhaftig werden, und zwar durch den Glauben; alle, sage ich, die solches den Menschen vorenthalten und es nicht lehren, die laufen und predigen vergebens, und richten die Botschaft gar nicht aus, die ihnen aufgetragen worden. Der Knecht soll klug und verständig sein, und ernstlich seines Herrn Ehre und Lob verkündigen, und also die Braut dem Bräutigam zuführen. Wenn man aber andere Geschöpfe loben und preisen und sie hoch er heben will wider Den, Dem allein Ehre, Macht und Preis zukommt, so begeht man Abgötterei und schwere Verführung.
Solches tut man aber, indem man sich eigener Werke rühmt, wie der Fasten, der Beichte, des Kirchenschmückens, der Messen, der Wallfahrten, des Kerzenbrennens, Götzenbilderaufrichtens, Altarstiftens, und indem man auf die Elemente des Brotes und Wassers seine Hoffnung setzt; Unterschiede macht zwischen Speisen, Tagen, Festen, Kleidern, Städten und Personen, und zwar Alles wider das Wort Gottes. Wenn man so darneben seines Herrn Ehre und Preis unter die Bank stellt, seine Befehle in den Wind schlägt und Kinderspielen nachgeht, so folgt man nicht dem Knechte Abrahams nach, führt nicht die Braut dem Bräutigam zu, wie denn jeder Rechtgläubige es wohl ermessen kann. Solches Werk wird nicht in einer unverständlichen Sprache, nicht mit leeren Zeremonien oder mit dem bloßen Gesetze ausgerichtet.
Weiter spricht Paulus diese Worte: Euch und dem einigen Manne Christi; mit besonderem Nachdrucke, als wollte er sagen: Euch, die ihr vormals Sünder wart, dem Zorne Gottes unterworfen, und nahe der ewigen Verdammnis, Euch habe ich zu solcher Würde gebracht, dass ihr durch den Glauben vermählt worden nicht dem alten Adam, der Sünde oder böser Gewohnheiten, sondern dem neuen Adam, Christo, der da ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Diesem Mann habe ich euch getraut. Dieweil nun Gott die Gnade verliehen hat, dass wir das Volk zum Glauben bringen, so müssen wir großen Eifer und Ernst anwenden, damit uns der Schah nicht entführt werde. Es ist ebenso schwer, gewonnenes Gut zu behalten, als es zu erwerben. Darum sollen wir Fleiß anwenden, dass das Volk nicht allein gläubig, sondern auch heilig werde, das ist, dass es sich vor aller Unreinigkeit hüte, und sich in guten Werken übe, und so von Tag zu Tag reiner werde. Denn so lange wir auf Erden sind, lässt Gott stets noch in uns einen Anhang und eine Neigung zur Sünde, das ist, den alten Adam, und zwar geschieht dieses aus dem Grunde, damit wir in Demut und Furcht den Glauben täglich mit rechtschaffenen Werken, Ihm zu gefallen, üben. Wie wir da her zum Glauben ermahnen, also treiben wir auch durch den Glauben zu guten Werken und zu einem heiligen Leben. Die eine Braut Christi sein will, soll sich von der Sünde reinigen und in einem neuen Leben wandeln, und dazu tut Sorgfalt Not, denn der Teufel bereitet stets Nachstellungen in seiner List, indem er uns die Seligkeit missgönnt und Ränke schmiedet, um uns Seelen abzulaufen und sie zum Falle zu bringen Darum, liebe Brüder, lasst uns voraus wachsam sein, dass sich das Volk wohl halte in Leben und Lehre. Das sei der erste Teil dieser Predigt.
Es soll unsere Lehre leuchten wie eine Fackel, und als ein gutes Salz sich erweisen, damit unser Eifer erkannt werde. Nun vernehmet, wie sich die Braut und Gemeinde Christi verhalten solle. Diese ermahnt Paulus, den Glauben, das ist, die Treue an Christum, zu bewahren, und sich stets zu üben, den alten Adam zu zügeln, die bösen Begierden niederzulegen und sich so heilig und rein ihm darzustellen. Das Wichtigste ist, dass er uns zur Vorsicht ermahnt, damit unser Vertrauen, welches wir zu Christo haben, nicht durch die List der Schlange (des Teufels) von der ersten Einfalt verrückt werde; denn wiewohl es sehr daran liegt, dass unsere Begierden einfältig seien, warnt der Apostel doch vielmehr, dass unser Verständnis und Sinn nicht von der Einfalt abweiche. Denn darauf geht der Teufel los, dass er neben der Erkenntnis Christi, des wahren Gottes und wahren Menschen unter einem guten Scheine Etwas einführe, damit er den Menschen zu einem Narren mache, kindisch am Verstande, und also den Glauben nach und nach vernichte. Gelingt ihm dieses, so hat er den Sieg errungen. Denn je reiner die wahre Erkenntnis Christi ist in den von Gott Gelehrten, desto größer ist auch das Vertrauen. Demnach soll nun solcher Glauben in uns erfunden werden, dass der Allmächtige uns seinen eigenen Sohn zu unserm Bruder gegeben und geschenkt habe, dass er wahrer Mensch, ohne Sünde gewesen, durch seinen Tod unsere Sünde hinnehme, dass er wieder auferstanden sei, und nach seiner Himmelfahrt seinen Geist den Aposteln zugesandt habe, und dass er der zukünftige Richter der Welt sei. Die Christum nicht für einen wahren Menschen halten, was haben die für eine Hoffnung? Worin ist ihr Glaube versichert? Wenn Christus nicht wahrer Mensch gewesen, so verliert auch die Auferstehung ihren Wert; wenn aber nicht wahrer Gott, wie könnten wir uns im Glauben so hoher Zusagen getrösten? Wer aber das wahrhaft glaubt, weiß, dass es nichts zu Hohes gibt, des wir uns nicht zu Gott versehen dürften. Die aber neben Christo noch ein anderes Haupt einsetzen, das die Kirche regieren soll, werden in ihrem Glauben geschwächt. Denn es ist ihnen, als ob Christus sie nicht mit seinem Geiste regiere. Es ist ja offenbar, dass kein Mensch außer Christo als Haupt der ganzen Welt gegolten hat. Das Reich Christi ist zu groß, als dass ein Geschöpf es regieren könnte; denn es erstreckt sich vom Aufgange der Sonne bis zu ihrem Niedergange, wie möchte wohl ein einzelner Mensch einem solchen Reiche vorstehen? Es hat solches auch weder St. Peter noch irgendein anderer getan. Wer so auf das Papsttum die Kirche baute, der würde sie auf ein Geschöpf und auf Sand bauen.
Es ist auch dieses keine Aufrichtigkeit gegen Christum, wenn ich eines Andern Gebot dem Ausspruch Christi zuwider annehmen würde, als wäre es der Seele nützlich; denn wie würde ich ihn da noch zum Herrn meiner Seele anerkennen? Wenn Christus unsere Gerechtigkeit ist, wo bleibt die Einfältigkeit, wenn ich auf mein Werk Vertrauen setze? Wenn ich im Brote des Abendmahls Christi Leib gegenwärtig annehme, wie werde ich einfältig glauben, dass er dem Leibe nach gen Himmel gefahren sei? Und wenn ich vermeine, dass Christi verherrlichter Leib an so vielen Orten sei, wie darf ich hoffen, dass mein Leib bei der Auferstehung ihm gleich verherrlicht werde? Heißt das einfältig von der Menschheit Christi geredet? So soll ich auch sprechen, die Messe sei ein Opfer zur Tilgung unserer Sünden, und sei die Versicherung des Bundes, den wir mit Gott haben: wie sollte dieses nicht dem einfältigen Glauben schaden, der sich auf das einzige und vollkommene Opfer, das am Kreuze geopfert wurde, verlässt? Wo bleibt aber da das wahre vollkommene Vertrauen, wo man andere Mittler und Fürsprecher als Christus annimmt? Wie bekennt man einfältig, dass Christus für unsere Sünden genug getan habe, wenn wir daneben für dieselben genug tun und bezahlen müssen im Fegefeuer? So verhält es sich auch in allen andern Stücken, die alle daher fließen, dass man sich nicht einfältig auf Christum vertröstet, auch weder ihn, noch seine große Güte erkennt, was der Teufel auf mancherlei Weise zu Wege zu bringen trachtet, indem er so die Welt verblendet. Davor warnt uns aber der Apostel getreulich. Wo er nur kann, bricht der Teufel ein, und sucht die Schwächsten, wie die Eva, macht einen schönen Schein mit lieblichen Reden, dahinter aber nichts als lauter Betrug und Bosheit steckt. Wer aber Christum wahrhaft erkannt hat und seines Geistes teilhaftig geworden ist, und die frohe Botschaft angenommen, der muss in seinem Herzen Zeugnis geben, dass ihm nichts verkündigt werden könne, als was er schon im Evangelium vernommen habe. So lieb Euch daher Christus und Euer Seelenheil ist, nehmt Eurer fleißig wahr, damit Ihr nicht von der reinen Lehre, von der Erkenntnis und Barmherzigkeit Gottes, von Christo abgeführt werdet. Und so das Auge des innern Menschen also erleuchtet ist, wendet auch Fleiß daran, Euch von den unreinen Begierden und Bestrebungen zu reinigen, damit Ihr reine Liebe habt gegen Gott, und Ihr nichts mehr liebet, nichts mehr fürchtet, und auf nichts mehr vertrauet, als auf Ihn. Eure größte Seligkeit und Freude sei, Gott wohlzugefallen und seine Ehre zu fördern. Es werden zwar nicht ausbleiben allerlei Anfechtungen, wer aber sich wahrhaft auf Christum verlässt, mag ihn nicht mehr verlassen, noch kann er von ihm verdrängt werden. Er herrscht und wird ferner herrschen, und kann und will Euch bewahren, dass Ihr nicht verworfen werdet.
Dieses dienet zu allem Guten, zum wahren Frieden und zur wahren Seligkeit, die wir mit Christo in der Ewigkeit genießen werden. Solches verleihe uns Christus nach seiner Gnade. Amen.