Murray, Andrew - Warum glaubst Du nicht? - 27. Die Wahrung des Glaubens.
2. Mose 16,4. Das Volk soll täglich sammeln, was es des Tages bedarf.
„Ich will euch Brot vom Himmel regnen lassen und das Volk soll hinausgehen und sammeln täglich, was es des Tages bedarf; dass Ich es versuche, ob es in Meinem Gesetz wandele, oder nicht.“ In diesen Worten wird uns das Gesetz und die Regel für die Erhaltung, Zunahme und Entwicklung das Glaubenslebens mitgeteilt. Dieses Gesetz aber ist kein anderes, als das, welches wir im natürlichen Leben jeden Tag anwenden. Jeder Mensch weiß, wie ein kleines Kind genährt wird, um zu einem starken Mann heranzureifen, und wie der starke Mann genährt werden muss, um nicht seine Kraft zu verlieren. Täglich geregelt ein wenig Speise zu sich zu nehmen, dient somit dazu, dem Menschen die Kräfte seines Leibes zu erhalten. Mit allem in der Natur und im täglichen Leben verhält es sich ebenso. Der kleine Baum wird groß. Der arme Mann wird reich. Von dem Boden erhebt sich das mächtige Gebäude. Nicht mit großen, gewaltigen Sprüngen kommt man am weitesten, sondern mit stiller anhaltender Treue, welche den kleinen unansehnlichen. Fortschritt jedes Tages nicht verachtet, sondern das gesteckte Ziel schließlich doch gerade so zu erreichen hofft.
„Täglich, was man des Tages bedarf.“ Diese allgemeine Regel im natürlichen Leben gilt auch in dem geistlichen Leben. Und doch gibt es so viele Christen, welche dies nicht einsehen und in Folge davon entsetzlich Schaden leiden. Sie meinen, große Anstrengungen zu besonderen Zeiten, oder feurige Gebete, wenn man sich dazu gestimmt fühlt, seien die Hilfsmittel, welche die Zunahme und Blüte des Seelenlebens befördern. Die goldene Regel aber, dass man täglich zu sich nehmen müsse, was man des Tages bedarf, dass man täglich nach der Speise greifen müsse, welche das Wachstum der Seele bewirkt, verstehen sie nicht. Sie begreifen noch nicht, dass der Glaube und das Glaubensleben Nahrung haben müssen, tägliches Brot. Es entgeht ihnen, dass neben der Verheißung: „Ich will euch Brot vom Himmel regnen laffen,“ der Befehl steht: „Das Volk soll sammeln täglich, was es des Tages bedarf, dass Ich es dies steht ausdrücklich dabei versuche, ob es in Meinem Gesetz wandle, oder nicht.“
Lieber Leser! Hast du nicht oft darüber geklagt, dass dein inneres Leben so unbeständig und wechselnd sei? Hast du dich nicht oft darüber gewundert, dass die Tage froher Hoffnung von so kurzer Dauer sind? Und hast du nicht manchmal den Einen oder Andern gefragt, was du tun sollest, damit es anders werde, damit dein Glaube kräftig bleibe und zunehme? Allein, gestatte mir einmal die Gegenfrage: Würdest du dich auch wundern, wenn du schwach würdest, sobald dein Leib einige Tage ohne Speise bliebe? Und kann es, wenn du daran denkst, dich noch wundern, dass dein Glaube nicht lebendig, fest und stark wird, da du ihn nicht treu mit dem Worte Gottes nährst? Gottes Wort ist die Nahrung für den Glauben. Aus dem Worte Gottes und zwar aus ihm allein, empfängt der Glaube seine Kraft. „Der Mensch lebt von einem jeglichen Wort, welches durch den Mund Gottes geht.“ Gesteh es darum ein, dass du gar oft auf diesen oder jenen irdischen Umstand zu viel Rücksicht nimmst, deiner Trägheit oder Unlust zu viel nachgibst und die Vertiefung in Gottes Wort entweder versäumst, oder so schnell und oberflächlich vornimmst, dass deine Seele nicht gestärkt werden kann! Unter solchen Umständen ist es gewiss kein Wunder, dass du über Öde und Dürre in deiner Seele zu klagen hast. Fange darum heute damit an, von dem himmlischen Manna des Wortes Gottes zu dir zu nehmen, und lass künftig keinen Tag verstreichen, ohne dies zu tun! Nimm das Wort im Glauben auf! In dieser dürren Wüste gibt uns Gott, bis wir nach Kanaan in die Heimat kommen, jeden Tag Manna. Wenn wir nur ausgehen und sammeln, werden wir für jeden neuen Tag aus dem Wort empfangen, was zur Belehrung, Stärkung, Reinigung und Beseligung nötig ist. Wer darum mit treuer Ausdauer Tag für Tag fortfährt, sich in das Wort zu versenken, auch wenn er den Segen davon nicht gleich merkt, wird es erfahren, dass die Zunahme des Glaubens, so unmerklich und langsam sie auch sein mag, doch sicher und ganz gewiss ist.