Murray, Andrew - Die Schule des Gebets - Erste Lektion

Murray, Andrew - Die Schule des Gebets - Erste Lektion

HErr, lehre uns beten. Lukas 11,1.

Das Gebet ist einerseits die erste und einfältigste, anderseits die schwierigste Tätigkeit des Glaubenslebens. Der kaum erweckte Sünder, das schwächste Kind, der einfältigste Mensch kann bitten und erhört werden. Und doch erkennt der gefördertste Christ mit Paulus an, dass wir nicht wissen zu bitten, wie es sich geziemt. Darum bleiben wir allezeit Lehrlinge in der Schule, die der große Lehrer des Gebets für alle die eröffnet hat, welche von Ihm immer wieder von Neuem Lernen wollen, wie sie beten sollen. Wir wollen dem Vorbild derer, die den Meister gebeten haben: „HErr lehre uns beten“ nachfolgen und uns auch in diese Schule einschreiben lassen. „HErr, lehre uns beten.“ Ja, beten. Es ist solch ein hoch und heilig Werk, mit Gott im Himmel zu verkehren, und in Gemeinschaft mit Ihm zu sein, von Ihm die Kräfte und Gaben des Himmels zu begehren und sie zu empfangen. Es ist das Wesen alles Gottesdienstes, die Quelle aller Seligkeit, das Geheimnis alles Lebens und Segens. Nicht nur für uns selbst, sondern für Andere, für die Kirche, für die Welt ist es der alleinige Weg, auf dem die Lebenskräfte des Himmels für die Erde wirksam gemacht werden können. Es ist ein Werk, zu dem wir von Natur zu träge und ungeschickt sind, zu dem uns allein der Geist aus Gott, der Heilige Geist, fähig machen kann. Oft lassen wir uns in diesem Werk zu sehr an der äußeren Form genügen. Der Einfluss der Gewohnheit, angelerntes Wesen, die Tätigkeit des Verstandes, zeitweise Gefühlswallung, alles dieses bewirkt ein Beten, in dem keine geistliche Kraft ist, das nicht viel vermag, und das doch so viel geistlichen Schein hat, dass sich das Gewissen nur zu oft damit beschwichtigen lässt. Das wahre Gebet vermag viel, dringt zu Gott, und bringt den Segen herab. Willst du nicht sagen: „O, dass ich doch den Weg wüsste, wie ich dazu kommen soll?“

Jesus hat eine Schule eröffnet, worin ER Seine Erlösten zu rechten Betern ausbilden will.

„HErr, lehre uns beten,“ ja, uns; möchten sich alle Leser dieser Zeilen in diesem „uns“ vereinigen, und ein Jeder tue die Bitte im Einzelnen wieder für sich selbst: „HErr, lehre uns, lehre mich beten.“ Ja uns, HErr. Wir haben aus Deinem Wort gelernt, mit welcher Kraft du deine Gläubigen vor Alters beten gelehrt hast, und wie auf ihr Gebet große Wunder geschehen sind. Wenn dies unter dem alten Bund in der Zeit der Vorbereitung geschah, wie viel mehr jetzt. Wir haben die Verheißung gehört von der Kraft, die dem Gebet in Deinem Namen verliehen, und wie herrlich sie an den Aposteln zur Tat und Wahrheit geworden ist. Wir wissen gewiss, an uns kann sie auch zur Wahrheit werden. Wir vernehmen von Zeit zu Zeit, mit welcher Kraft diese Verheißung noch an denen wirksam ist, welche Dir vollkommen vertrauen, HErr! Jene sind Menschen gleich wie wir, lehre uns auch so beten! Die Verheißungen sind für uns, die Kräfte und Gaben des Himmels sind für uns. O lehr' uns auch so bitten, dass wir sie empfangen. Du hast auch uns ein Wert auf Erden gegeben, auch uns hast Du die Ausbreitung Deines Königreichs mit anvertraut, auch durch unser Gebet kann Dein Name geehrt werden. HErr, lehre uns beten!

O HErr lehre, uns beten. Ja, wir wollen beten lernen. Es ist kein Werk, das so einfach erscheint und bei dem es doch so viel zu lernen gibt. Wir wissen nicht, wie wir beten sollen. Wohl haben wir das Wort Gottes mit seinen klaren Verheißungen. Aber die Sünde hat uns so verdüstert und verkehrt, dass wir uns in der Anwendung desselben so leicht täuschen. In geistlichen Dingen suchen wir nicht allezeit das Nötigste, weil wir nicht immer nach der Regel und dem Gesetz des Heiligtums zu bitten verstehen. In zeitlichen Dingen wissen wir noch weniger wie wir bitten sollen, und wie es sich geziemt. Bald wissen wir nicht, was, und bald nicht, wie wir bitten sollen. Das kräftige Gebet verlangt Vieles. Es muss geschehen zu Ehren Gottes, mit der ganzen Übergabe des eignen Willens, mit einem wahrhaftigen Herzen, in der vollen Gewissheit des Glaubens, ausharrend in der Not, und bis zur Kühnheit und endlich im Namen Jesu! Das muss Alles gelernt werden. Übung des Gebets ist Gebetsschule. Mitten im peinlichen Gefühl von Unkunde und Unwürdigkeit, von Unsicherheit und Unzulänglichkeit, kämpfend zwischen Glauben und Unglauben, wird die himmlische Kunst des kräftigen Betens gelernt; denn - obwohl wir das manchmal vergessen, und darum mutlos werden und nicht vorwärts kommen, es ist ja der Eine große Vorbeter, der Anfänger und Vollender unsres Glaubens, der über unserem Beten wacht, und Sorge trägt, dass Alle, die Ihm vertrauen, zu kräftigen Betern ausgebildet werden. Ja, ER, ER lehrt uns beten.

HErr, lehre uns beten. Der Lehrling muss einen Meister haben, der das Werk versteht, der geschickt ist zum Unterweisen, der Geduld und Liebe genug hat, um den Lehrling zu tragen und ihm zu helfen. Gelobt sei Gott! Jesus besitzt dies Alles, und noch viel mehr. ER weiß, was bitten heißt. Es ist der fürbittende Jesus, der die Seinen beten lehrt. ER selbst hat es gelernt und geübt, in der Erniedrigung und den Versuchungen seines irdischen Lebens. Im Himmel ist Fürbitte Sein liebstes Werk, darin ER allezeit tätig ist. Nichts ist Ihm lieber, als Solche zu finden, die ER mit sich vereinigen und zum Vater mitnehmen kann, und die ER sich zu Helfern auf Erden ausbildet, um durch ihre Gebete große Dinge für ihre Umgebung zu erflehen. Und ER weiß, wie ER uns zu unterrichten hat. Einmal übt ER uns durch den Drang der Not, ein andermal bringt ER uns durch den Mut vorwärts, den die Freude gibt. Bald lehrt ER uns aufs Wort merken, bald auf die Vorbilder andrer Gläubigen zu sehen, denen ER es gibt, von Gebetserhörungen zu zeugen. Durch Seinen Geist hat ER Zugang zu unseren Herzen, jetzt durch das Aufdecken unserer Verkehrtheiten, dann wieder durch das Zeugnis, dass wir Gott gefallen, lehrt ER uns, wie wir beten sollen. ER tut Sein Werk mit unaussprechlicher Geduld und ausharrender Liebe. ER wird nicht müde; wo ist ein Lehrer, wie ER?

Brüder und Schwestern! Was dünkt Euch, sollte es nicht der Mühe wert sein, unseren HErrn zu fragen, ob ER uns nicht für einen Monat in Seine besondere Unterweisung nehmen will, damit wir beten lernen? Wir wollen uns Ihm dazu von ganzem Herzen und mit der freudigen Zuversicht überlassen, dass ein Lehrmeister, wie Jesus, uns sicher fördern wird. Lasst uns Seinen Worten andächtig lauschen, auf Seinen Geist gläubig achten, in der Übung Seiner Lehrertreue verharren, um im Umgang mit Jesus zu rechten Betern gebildet zu werden. Als die Jünger den HErrn Jesus beten sahen, wurden Sie begierig, von Ihm beten zu lernen. In einer ganz andern Weise als sie, sehen wir Jesum beten. Wir sehen Ihn zur rechten Hand des Vaters allezeit für uns bitten. Nichts wird EN lieber tun, als uns auch beten lehren, und Niemand kann es tun, wie ER. ER gibt uns nicht nur neue Gedanken, ER haucht uns ein neues Leben ein. Wie ER uns Seiner Gerechtigkeit und Seines Lebens teilhaftig macht, so will ER uns auch an Seiner Fürbitte Teil nehmen lassen. ER will uns Sein Gebetsleben der Ewigkeit einhauchen, und als die Glieder Seines Leibes will ER uns an dem Priestergeschäft Seiner Fürbitte Teil nehmen lassen. Sollen wir nicht, mit dem Blick auf Ihn, im Glauben, dass Gebet das herrlichste Werk im Himmel ist, freimütig und erwartungsvoll sprechen: „HErr, lehre uns beten!“

HErr, lehre uns beten!

Gesegneter HErr, der Du lebst und bittest allezeit für uns, Du kannst mich auch beten lehren. Auch in diesem Teil Deiner himmlischen Herrlichkeit willst Du mich mit Dir erben lassen und mich auch machen zu einem Diener in dem Tempel meines Gottes. O mein HErr, ich bitte Dich, meinen Namen einzuschreiben mit denen, die Dich besonders bitten, sie beten zu lehren. Lass doch bei jedem Gebet das stille Vertrauen meine Seele erfüllen, dass Du selbst mein Helfer und Lehrer bist und dass all meine stammelnde Schwachheit und Verlegenheit im Gebet die Übung ist, durch welche Du mich führst, um mich kindlicher und gläubiger zum Vater herantreten zu lehren.

Ja, HErr, ich will mich ganz als Dein Lehrling betragen. Ich will Deine Schule treu besuchen, Deiner Unterweisung aufmerksam lauschen, auf Dich fest und völlig vertrauen. Ich will mich darüber freuen und es rühmen, dass ich den besten Unterweiser an Dir habe, Jesum, der alles von Seinem Gott und Vater erhält. Und in dieser Gewissheit will ich leben, dass ich richtig beten lernen werde, weil Jesus mein Lehrmeister ist. Teurer HErr, Du wirst mich nicht zu Schanden machen und durch Deine Gnade ich Dich auch nicht. Amen.

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