Müller, Heinrich - Von der Kraft der Arzenei.
Arzt, hilf dir selber. Luc. 4, 23.
Wie kommts, daß so viel Aerzte sterben? Die Andern, helfen, können ihnen selbst nicht helfen. Vernimm die Ursach: Es heilt sie weder Kraut noch Pflaster, sondern dein Wort, Herr, das Alles heilt. Weish. 16, 12. Menschen sind nur Wundärzte, Jesus ist der rechte Wund- und Wunderarzt. Jene kennen dich nur von außen, schmieren den Hals, wenn die Krankheit im Magen ist; dieser kennt dich von innen, und weiß, wo des Uebels Wurzel liegt. Fragst du, wo Heil, wo Arzenei? Nicht beim Arzt, sondern bei Gott. Durch Gottes Wort lebt der Mensch, nicht durch Arzenei. Wie oft widerfährt dir Hilfe durch ein schlecht Mittel, die der Arzt durch die allerköstlichste Arzenei nicht könnte zuwege bringen! Dem Edelmann bringt man Perlenwasser in großer Menge bei, stirbt doch; dem Bauer hilft ein Bißlein versiegelter Erde; das macht das segenreiche Wort Gottes. Wie oft hilft Gott durch ein ungenügsames Mittel! Hiskias lag krank an pestilentialischen Drüsen, ward geheilt durch Feigen. 2. Kön. 20, 1. 7. Man versuchs heut, ob man damit die Pest vertreiben könne. Ach, die Feigen thatens nicht, sondern Gottes wunderkräftiges Wort. Wie oft wird dir geholfen durch ein seltsames, abentheuerliches Mittel, wie durch Schrecken im Fieber! Die Hilfe kommt nicht vom Schrecken, sondern vom Worte Gottes. Nimm das Wort Gottes von der Sonne, so wird sie nicht leuchten; vom Wasser, so wirds nicht feuchten; vom Brod, so wirds nicht nähren; von der Arzenei, so wird sie nicht gesund machen. Ich will zwar nachkommen der Regel Sirachs: Der Herr läßt die Arzenei aus der Erde wachsen, und ein Vernünftiger verachtet sie nicht. Sir. 38, 4. Doch will ich keinen Arzt zum Gott machen, sonst möchte mir mein Gott absterben, ehe ich selbst sterbe; der Mittel will ich brauchen, aber dabei auf Gott sehen, ihm vertrauen, mich seinem Willen in demüthiger Gelassenheit untergeben und sagen mit jenem Aussätzigen: Herr, so du willst, kannst du mich wohl reinigen. Luc. 5, 12.