Zuletzt angesehen: Moody, Dwight Lyman - Begeisterung

Moody, Dwight Lyman - Begeisterung

Moody, Dwight Lyman - Begeisterung

“Wache auf, der du schläfst, und stehe auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten!“
(Eph. 5, 14.)

Ich möchte diese Worte auf die Gotteskinder anwenden. Wenn die Verlorenen durch das Evangelium vom Gottessohn gewonnen werden sollen, muss das Christentum mehr, als es bisher geschehen, zum Angriff auf den bösen Feind übergehen. Wir sind lange genug in dem abwartenden Zustande der Verteidigung verblieben. Die Zeit, den Angriffskrieg zu eröffnen, ist für uns gekommen. Wenn wir, als die Kinder Gottes, aufwachen und im Weinberg an die Arbeit gehen, so werden viele von denen gewonnen werden, die rund um uns her in der Versunkenheit leben, auf anderem Wege aber nicht. Ihr mögt in die Massenversammlungen gehen und wohl überlegen, „wie die Massen zu gewinnen sind,“ aber wenn ihr mit der Beratung fertig seid, dann müsst ihr euch persönlich an den Bestrebungen beteiligen. Jeder Mann und jedes Weib, die den Herrn Jesum Christum lieb haben, müssen zu der klaren Erkenntnis erwachen, dass sie bei dem Werk, diese Verlorenen zu retten, alle ihre bestimmte Aufgabe in der Welt zu lösen haben.

Manche Menschen können im Schlaf sprechen, und mir scheint es, als ob es jetzt recht viel solcher Leute in der Arbeit für den HErrn gäbe. Man kann sogar im Schlaf predigen. Einer meiner Freunde setzte sich eines Nachts in seinem Bette auf und hielt eine regelrechte Predigt. Er war dabei im tiefsten Schlafe. Am nächsten Morgen teilte seine Frau ihm die ganze Rede mit, und am nächsten Sonntag-Morgen hielt er dieselbe Predigt in seiner Kirche. Ich habe sie gedruckt erhalten, und es ist eine wirklich gute Predigt. So kann man also im Schlaf nicht nur reden, sondern auch wirklich predigen. Und ich fürchte, es gibt in unseren Tagen viele Prediger, die fest schlafen.

Arbeiten kann Niemand im Schlaf - das müssen wir feststellen. Es gibt kein besseres Mittel, eine Gemeinde zu erwecken, als dass man ihr Arbeit gibt. Einer weckt immer den Andern auf, indem er selbst erweckt wird. Allerdings, in dem Augenblick, wo wir anfangen vorzugehen, und der Welt, dem Fleisch und dem Teufel den Krieg erklären, wird manch weises Haupt geschüttelt werden, und der Ruf laut werden: „Sie eifern mit Unverstand.“ Mir ist, als hörte ich diesen Einwurf unausgesetzt, seit ich ein christliches Leben angefangen. Kürzlich hörte ich Jemand sagen, als von einer Sache die Rede war, die geschehen müsse: „Hoffentlich wird der Eifer durch Mäßigung beschränkt werden;“ ein anderer Freund antwortete sehr weislich, dass er hoffe, die Mäßigung würde durch den Eifer für die Sache beschränkt werden. Wäre Letzteres immer der Fall, so würde das Christentum bald wie eine rotglühende Kugel über die Oberfläche der Erde hinlaufen. Keine Macht der Welt kann dem Volke Gottes auf seinem Marsche „vorwärts“ widerstehen, wenn es recht ernstlich vorwärts wollte.

Zu allen Zeiten hat Gott die Leute am liebsten gebraucht, die es ernst meinten. Satan nimmt immer die Müßiggänger in seinen Dienst. Gott beruft die tätigen und eifrigen Leute, nicht die Gleichgültigen. Wenn wir durch und durch erweckt und bereit sind zur Arbeit für Ihn, dann wird Er uns aufrufen und verwenden. Ihr erinnert euch wohl, wo Elias den Elisa fand. Er pflügte auf dem Felde. Er war bei der Arbeit. Gideon war auf der Dresch-Tenne, Moses war in Horeb draußen und hütete die Schafe. Keiner dieser hervorragenden Diener Gottes war ein fauler Mann. Was sie taten, das taten sie ganz mit voller Kraft. Wir brauchen solche Männer und Frauen heutzutage. Wenn wir auch Gottes Werk nicht mit der reichen Erfahrung betreiben können, die wir uns wohl wünschen, lasst es uns doch jedenfalls mit dem vollen Eifer anfangen, den Gott dafür in uns erweckt.

Der bekannte Taylor sagt: Der Eifer der Apostel war aus Folgendem zu erkennen: Sie predigten öffentlich im Tempel und hin und her in den Häusern. Sie beteten für alle Menschen. Sie weinten zu Gott um der Hartherzigkeit der Menschen willen. Sie wurden Allen Alles, um ihrer etliche zu gewinnen. Sie reisten zu Wasser und in der Wüste. Sie ertrugen die Hitze der Sonne Syriens und die Wut des Nordost-Orkans auf dem mittelländischen Meer, Wind und Sturm, Meer und Gefangenschaft, Spott und Geißelhiebe, Fasten und Armut, Arbeit und Nachtwachen. Sie ertrugen Alles von Jedermann und taten Niemand Unrecht. Sie wollten gern alles erdenkliche Gute tun und alles erdenkliche Böse dulden, wenn sie nur hoffen dürften, auf eine Seele Einfluss zu gewinnen. Sie beredeten die Leute in aller Sanftmut, sie baten sie in aller Demut, sie überzeugten sie mit aller Macht des Geistes. Sie bemühten sich zum Vorteil Anderer, aber sie mischten sich nie in fremde Angelegenheiten; und so soll christlicher Eifer beschaffen sein, Eifer in Sanftmut, in Liebe und in Geduld.

Viele Leute fürchten sich vor dem Wort: „Begeisterung“. Wisst ihr, was es bedeutet? Es heißt: „Voll Geist.“ Wenn ein Mensch „voll des Geistes. Gottes“ ist, wird ihn sicherlich feurige Begeisterung erfüllen. Wenn man mit Feuer und Eifer an eine Arbeit geht, wird es meistens gelingen. In der Armee wird ein General, der voller Begeisterung ist und seine Leute mit anfeuert, viel mehr leisten, als einer, der nicht von demselben Geist beseelt ist. Die Leute sagen, wenn wir so fortfahren, werden wir noch viele Irrtümer begehen. Das mag wohl sein! Aber habt ihr schon mal von einem Jungen gehört, der ein Handwerk gelernt hätte, ohne Fehler zu machen? Wenn ihr aus Furcht vor Irrtümern nicht arbeiten wollt, werdet ihr, fürchte ich, einen großen Fehler machen, den allergrößten eures Lebens, nämlich den, nichts zu tun. Wenn wir alle tun, was wir können, wird Vieles geschehen, und sehr viel wird vollendet werden.

Wie oft finden wir, dass Sonntagsschullehrer oder -lehrerinnen ganz ohne Begeisterung an ihr Werk gehen. Ich hätte ebenso gern eine Anzahl hölzerner Lehrer gehabt als einige, die ich gekannt habe. Ein Tischler könnte gleich jede gewünschte Menge solcher hölzerner Leute herstellen. Nimm einen dieser Lehrer, die weder Herz noch Feuer, noch Begeisterung haben. Er oder sie kommt in den Schulsaal, vielleicht einige Minuten, nachdem der Gesang angefangen hat. Dann setzt er sich, ohne ein Wort mit seinen Schülern zu sprechen, bis die Zeit da ist, wo er sie zu unterrichten hat. Wenn der Leiter der Sonntagsschule sagt, jetzt sei es Zeit anzufangen, dann nimmt er ein Fragebuch heraus. Er hat sich natürlich nicht die Mühe gegeben, den Text selbst durchzusehen, so braucht er etwas, was ein Andrer darüber geschrieben hat. Er sorgt natürlich nicht nur für ein Fragebuch, sondern auch für ein Buch, in dem die richtigen Antworten stehen.

Solch ein Lehrer nimmt dann das erstere Buch zur Hand und fragt: „Hans, wer war der erste Mensch? (im Buch nachsehend:) - Ja, das ist die richtige Frage!“ Hans antwortet: „Adam.“ Der Lehrer sieht im Antwortenbuch nach: „Ja, das ist richtig!“ Wieder sieht er ins Fragebuch und sagt: „Carl, wer war Lot?“ „Abrahams Neffe.“ „Ganz gewiss, mein Junge, das war recht!“ Und so geht es weiter. Ihr sagt vielleicht, das ist übertrieben, und ich will ja natürlich gern zugeben, dass es nicht wörtlich so zugeht, aber das Bild ist nicht so sehr übertrieben, als ihr vielleicht meint. Glaubt ihr vielleicht, dass eine Klasse von kleinen, lebensvollen, feurigen Jungen in dieser Weise seelisch beeinflusst werden könne?

Ich sehe es gern, wenn ein Lehrer in seinen Kreis kommt und allen Schülern rings herum die Hand schüttelt: „Guten Morgen, Hänschen, was machst du?“ „Bist du auch da, Carlchen? Wie geht's dem Schwesterchen zu Haus? Was macht die Mutter? Wie geht's den Andern allen zu Haus?“ Das sehe ich gern, wenn ein Lehrer so mit seinen Kindern verkehrt. Wenn dann der Unterricht beginnt, dann werden alle Schüler aufmerksam zuhören, was er nun sagen wird. Er wird dann das Interesse der ganzen Klasse zu fesseln und sie für Gott und für die Ewigkeit zu erziehen im Stande sein. Man wird in der ganzen Welt keinen Menschen finden, den Gott zu etwas Großem verwendet hätte, wenn er nicht erfüllt war von heiliger Begeisterung für die Sache. Wenn wir in diesem Geist an die Arbeit gehen, wird sie anfangen zu gedeihen, und Gott wird uns Erfolg geben.

Als ich 1867 Amerika verließ, um hierher (nach England) zu kommen, sagte ein Freund zu mir: „Hoffentlich gehst du dies Jahr nach Edinburgh zur Generalversammlung. Als ich voriges Jahr da war, hörte ich eine Rede, die ich nie vergessen werde. Dr. Duff sprach so warm, dass alle in Feuer gerieten. Die Stunde, die ich in der Versammlung zubrachte, wird mir immer unvergesslich bleiben!“ Als ich nun hier ankam, fuhr ich gleich nach Edinburgh und blieb eine Woche da, in der Hoffnung, diesen einen Mann sprechen zu hören. Ich verschaffte mir einen Abdruck von der Rede, von der mein Freund gesprochen hatte, und sie bewegte mich wunderbar. Dr. Duff war Missionar in Indien gewesen. 25 Jahre lang war er dort tätig, das Evangelium zu predigen und Schulen zu gründen. Er kam mit zerrütteter Gesundheit zurück. Er durfte nun in der Generalversammlung reden, um Männer für das Missionsfeld zu werben. Nachdem er längere Zeit gesprochen hatte, war er ganz erschöpft und bekam eine Ohnmacht. Sie trugen ihn aus dem Saale fort in ein anderes Zimmer. Die Ärzte bemühten sich eine Weile um ihn, endlich erholte er sich. Als es ihm klar wurde, was mit ihm vorgegangen war, erhob er sich und sagte: „Ich war nicht ganz mit meiner Rede zu Ende, bringt mich in den Saal zurück, damit ich zum Schluss komme!“ Man sagte ihm, er könne nur mit Gefahr seines Lebens weiter reden, worauf er erwiderte: „Ich will es tun, und wenn ich sterben müsste!“ So führten sie ihn in den Saal zurück. Mein Freund sagte mir, das sei der feierlichste Augenblick gewesen, den er je erlebt habe.

Sie brachten den weißhaarigen Mann in den Versammlungssaal, und als er in der Tür erschien, sprangen alle auf, und die Tränen flossen reichlich beim Anblick dieses prächtigen, alten, im Dienst des HErrn ergrauten Streiters. Mit zitternder Stimme sagte er: „Väter und Mütter von Schottland, ist es wahr, habt ihr keine Söhne mehr nach Indien zu schicken, um dort für den Herrn Jesus Christus zu wirken? Der Ruf um Hilfe wird lauter und lauter, aber nur Wenige folgen ihm. Das Geld habt ihr auf der Bank niedergelegt, aber wo sind die Arbeiter, die hinausgehen wollen ins Erntefeld? Wenn die Königin Viktoria Freiwillige für ihre Armee in Indien braucht, dann gebt ihr eure Söhne willig her. Dann redet ihr nicht davon, dass sie ihre Gesundheit einbüßen könnten, und von dem gefährlichen Klima. Aber wenn der Herr Jesus Arbeiter aussenden will, dann sagt ihr: „Wir haben keine Söhne mehr für Ihn übrig!“„

Dann sich an den Vorsitzenden der Versammlung wendend, sagte er: „Herr M., wenn es wahr ist, dass Schottland keine Söhne mehr für den Dienst des Herrn Jesu Christi in Indien hergeben kann, wenn keine da sind, die hinausgehen wollen, jenen Heiden von Christo zu zeugen, dann will ich, obgleich ich meine Gesundheit in jenem Lande verloren habe, wieder hinausgehen, gleich morgen will ich abreisen, damit die armen Heiden doch wissen, dass es einen alten Schotten gibt, der bereit ist, für sie zu sterben. Ich werde zurückkehren an die Ufer des Ganges, um dort mein Leben zu lassen als ein Zeuge von Gottes Sohn!“

Gott sei Dank für solch einen Mann! Wir brauchen heut Männer, die willig sind, wenn es sein muss, ihr Leben für den Sohn Gottes zu lassen. Dann erst werden wir im Stande sein, auf die Welt einzuwirken. Wenn sie erst merken, dass wir's ernst nehmen, dann werden ihre Herzen berührt werden, und wir werden sie dann zum Herrn Jesus Christus führen können.

Ich kann nicht sagen, dass ich Garibaldis Ansichten in allen Dingen geteilt hätte, aber ich muss gestehen, dass ich seinen Enthusiasmus bewundert habe. Wenn ich seinen Namen in einem Buche oder einer Zeitung sah, las ich immer Alles, was ich über ihn finden konnte. Er hatte etwas an sich, was mich anfeuerte. Ich erinnere mich, dass ich einmal davon gelesen habe, wie er 1867 auf seinem Wege nach Rom gefangen genommen wurde. Ich las den Brief, den er vom Gefängnis aus an seine Kameraden schrieb: „Und wenn 50 Garibaldis ins Gefängnis geworfen würden, wenn nur Rom frei wird!“ Ihm war seine eigene Bequemlichkeit gleichgültig, wenn nur die Befreiung Italiens Fortschritte machte! Haben wir erst solche Liebe für unsern Meister und Seine Sache, dass wir willig wären, auszugehen und Sein Werk zu tun, koste es uns persönlich, was es wolle, verlasst euch darauf, dann wird der HErr uns dazu gebrauchen, Sein Königreich bauen zu helfen.

Ich habe einmal von einem Mann gelesen, der im neunten Jahrhundert gegen einen König zu Felde zog. Der König hatte eine Streitmacht von 30000 Mann, und als er hörte, dass sein Gegner nur über 500 Mann zu verfügen habe, sandte er ihm eine Botschaft, dass wenn er sich ergeben wolle, er ihm und seinen Mannen Gnade erweisen wolle. Da wandte sich der Feldherr an einen seiner Gefolgsmannen und sprach: „Nimm jenen Dolch und durchbohre dir selbst das Herz!“ Auf der Stelle stieß der Mann sich die Waffe in die Brust und sank tot zu den Füßen seines Feldherrn nieder. Sich zu einem Andern wendend, sagte dieser: „Stürze dich in jenen Abgrund!“ Und ohne Überlegung warf sich der Mann in den Rachen des Todes; sie sahen, wie er in der Tiefe zerschmettert wurde. Darauf wandte sich der Feldherr an den Boten des Königs und sagte: „Kehre um zu deinem König und melde ihm, dass ich 500 solcher Männer habe. Sag' ihm, dass wir wohl sterben können, aber dass wir uns niemals ergeben werden. Sag' ihm auch, dass ich ihn innerhalb 48 Stunden mit meinen Hunden zusammen an die Kette legen wollte.“ Als der König vernahm, dass ihm solche Männer feindlich gegenüberstanden, wurde sein Herz von Entsetzen gepackt. Seine Streitmacht war so zaghaft, dass sie bei dieser Kunde bald wie Spreu vor dem Winde zerstob. Innerhalb 48 Stunden wurde der König gefangen genommen und mit den Hunden seines Besiegers an die Kette gelegt. - Wenn die Leute sehen, dass es uns mit Allem, was wir für Gott unternehmen, Ernst ist, werden sie anfangen, in ihrem Unglauben wankend zu werden; Männer und Frauen werden kommen und nach dem Wege fragen, der nach Zion führt.

Ein furchtbarer Sturm wütete, als man den Ruf vernahm: „Mann über Bord!“ Man sah eine menschliche Gestalt in der Richtung nach dem Ufer hin mit dem wütenden Element kämpfen, aber die tobenden Wellen trugen den Ringenden schnell hinaus in die Weite, und noch ehe die Boote herabgelassen waren, trennte ein furchtbarer Zwischenraum das Opfer von der Rettung. Das Heulen des Sturmes und das Brüllen der Wogen übertönend, hörte man seinen herzzerreißenden Angstruf. Es war ein qualvoller Augenblick. Mit verhaltenem Atem und bleichen Gesichtern standen sie an Bord des Schiffes, und jedes Auge folgte dem ringenden Manne. Männlich boten die braven Ruderer in dieser Wettfahrt der barmherzigen Liebe all' ihre Kräfte auf, sie spannten jeden Nerv an, aber all' ihr Mühen war umsonst: ein wilder Schrei der Verzweiflung, und das Opfer verschwand unter dem Wasser. In diesem Moment erscholl der durchdringende Ruf: „Rettet ihn, rettet ihn!“ in der verstummten Menge, und mitten unter sie hinein stürzte sich ein erregter Mann mit wild in die Luft erhobenen Armen und dem Ruf: „1000 Pfund dem, der sein Leben rettet!“ aber sein spähendes Auge sah entsetzt nur nach dem Punkte, wo die Wogen erbarmungslos über dem Versunkenen dahinrollten. Er, dessen lauter Ruf das Schweigen der Menschenmenge unterbrochen, war der Kapitän des Schiffes und der Bruder des ertrunkenen Mannes. Dies Gefühl, das ihn übermannte, sollte uns Alle, die wir als verschiedenartige Glieder unter dem Befehl des großen Herzogs unserer Seligkeit stehen, beseelen, wenn wir an die Verlorenen und Versunkenen denken: „Rettet ihn, er ist mein Bruder!“

Tatsache ist, dass die Leute deshalb nicht an das Evangelium glauben, weil sie denken, dass es uns nicht ernst damit ist. In dem zweiten Briefe Pauli an die Korinther (3, 2. 3.) sagt der Apostel, dass wir „lebendige Briefe Christi“ seien, die „erkannt und gelesen werden von allen Menschen.“ Ich habe nie von einer Zeit gehört, wo die Christenleute bereit waren, auszugehen und die Sichel anzusetzen, dass sie nicht auch eine große Ernte gehabt hätten. Ich war gestern Abend in einer Versammlung für Trunkenbolde, und wir hatten Arbeit genug, die uns bis nach Mitternacht dort zurückhielt. Männer, die Jahrelang die Sklaven des Trunkes gewesen waren, kamen in der guten Hoffnung, frei zu werden und den Sieg über ihr Laster zu erringen. Wo man auch die Sichel ansetzt, man kann immer sicher sein, dass man die Felder weiß findet zur Ernte. Das Unglück liegt nur darin, dass es so wenig Schnitter gibt.

Gott braucht Männer und Frauen, die sind viel mehr wert als gesetzliche Verordnungen. Wenn ein Mann oder eine Frau es wirklich ernst nimmt mit der Arbeit, werden sie nicht darauf warten, von einem Komitee angestellt zu werden. Wenn ich einen Menschen ins Wasser fallen sähe, und er wäre in Gefahr zu ertrinken, würde ich doch nicht warten, bis mir ein Komitee zur Seite stünde, ehe ich versuchte, ihn zu retten. Viele Leute sagen, sie könnten nicht arbeiten, weil sie nicht förmlich dazu bestellt sind. Sie sagen: „Das gehört nicht zu meiner Gemeinde.“ Erst in voriger Woche forderte ich Jemand auf, in dem Fragezimmer mitzuarbeiten, aber die Antwort lautete: „Ich wohne nicht in diesem Stadtteil.“ Lasst uns doch die ganze Welt als unsre Gemeinde, als unser großes Erntefeld betrachten. Wenn Gott irgend Jemand in den Bereich unseres Einflusses stellt, dann lasst uns zu ihm von Christo und dem Himmel reden. Die Welt mag uns für verrückt erklären. Meiner Meinung nach ist Niemand geschickt zum Dienst Gottes, bis er willig ist, sich von der Welt für verrückt halten zu lassen. Sie sagten auch, Paulus sei „rasend“. Ich wollte, wir hätten recht Viele, die von dieser Art Raserei befallen würden. Jemand hat einmal gesagt: „Wenn wir verrückt sind, haben wir einen guten Aufseher auf unserem Wege und eine gute Versorgungsanstalt am Ende des Weges!“

Es ist schmerzlich, zu bemerken, dass bei Leuten, die in diese Versammlungen kommen, das Feuer der Begeisterung oft vielleicht nur drei oder vier Wochen brennt und dann allmählich verlischt. Solche sind wie ein Bündel Späne mit leicht entzündbarem Stoff an der Spitze, sie lodern wohl hell auf, aber es währt nicht lange, dann ist Alles aus und vorbei. Wir wollen doch fest und treu bleiben, Morgens, Mittags und Abends. -

In Amerika gibt es einen Brunnen, der sehr gut sein soll, er hat nur zwei Fehler. Im Winter friert er ein, und im Sommer trocknet er aus, wirklich ein ganz außerordentlicher Brunnen, aber ich fürchte, es gibt viele solcher Brunnen. Es gibt Leute, die sind zu Zeiten recht gut zu verwenden, aber wie einmal Jemand sagte, sie scheinen nur „stellenweise“ gut zu sein. Wir brauchen Menschen, die jederzeit in roter Glut stehen, wenn es zu arbeiten gilt. Wartet doch nicht immer darauf, dass euch Jemand aufjagt! „Man soll das Eisen schmieden, so lange es warm ist,“ sagt man. Cromwell sagte: „Ich werde lieber das Eisen schlagen, bis es heiß wird.“ So lasst uns fest auf unserm Posten stehen, bald werden wir warm werden im Dienste des HErrn.

Ich möchte, ehe ich schließe, noch einige Worte besonders an die Sonntagsschullehrer richten: Lasst mich euch dringend ermahnen, euch nicht damit zu begnügen, die Kinder einfach auf den Herrn Jesus Christus hinzuweisen, Es gibt viele Lehrer, die immer nur den Samen ausstreuen und meinen, sie werden mit der Zeit wohl schon ernten, aber sie denken nicht jetzt an eine Ernte. Ich fing die Arbeit auch in dieser Weise an, und es dauerte Jahrelang, bis ich eine Bekehrung erlebte. Ich glaube, es ist Gottes Wille, dass wir mit einer Hand säen und mit der andern ernten. Das Beides sollte Hand in Hand gehen. Die Meinung, dass Kinder zu Männern und Frauen heranwachsen müssten, ehe sie Christo angehören können, ist eine ganz irrige. Sie können jetzt in ihrer Jugendzeit zu Christo gebracht werden, und sie können in Seiner Gemeinschaft erhalten werden, so dass sie nützliche Glieder der Menschheit und für ihre Eltern, für die Kirche Gottes, für die Welt ein Segen werden können. Wenn man sie erst aufwachsen lässt, ehe man sie zu Christo führt, werden viele von ihnen in die Wirtshäuser geschleppt und dort untergehen, und statt ein Segen ein Fluch für die Menschheit sein.

Was ist denn heutzutage in der ganzen Christenheit in Bezug auf die Sonntagsschule der größte Kummer? Dass so Viele, wenn sie 14-16 Jahre alt werden, durch die Maschen des Sonntagsschulnetzes hindurchschlüpfen, und das ist dann das Letzte, was wir von ihnen sehen. Viele junge Leute in unseren Gefängnissen waren vor nicht gar langer Zeit unsere Sonntagsschüler. Die Hauptursache davon ist die, dass so wenige unter den Sonntagsschullehrern glauben, dass die Kinder bekehrt werden können, so lange sie noch jung sind. Sie arbeiten nicht daran, sie zur rechten Erkenntnis Christi zu bringen, sondern sie begnügen sich damit, den Samen auszustreuen. Wenn doch jeder Lehrer und jede Lehrerin sich vornähme, mit Gottes Hilfe nicht eher zu ruhen, bis ihre ganze Klasse dem Reich Gottes einverleibt sei! Wenn man sich das vornimmt, wird man innerhalb 30 Tagen Zeichen und Wunder sehen.

Ich will daran erinnern, wie ich in Bezug auf diesen Punkt erweckt wurde. Ich hatte eine große Sonntagsschule mit 1000 Kindern. Ich war zufrieden mit der Anzahl. Wenn diese Anzahl immer erreicht oder gar überstiegen wurde, war ich höchlichst erfreut; waren es einmal weniger als 1000 Kinder, war ich tief betrübt. So war eigentlich die hohe Zahl mein einziges Ziel. Eine Klasse, die in einer Ecke des großen Saales ihren Platz hatte, bestand aus halberwachsenen jungen Mädchen und machte mehr Mühe, als irgendeine andere in der Schule. Nur einer der Lehrer konnte sie einigermaßen in Zucht und Ordnung halten. Wenn er es fertig brachte, die Klasse still zu erhalten, meinte ich, das sei wohl das Höchste, was wir dort erhoffen könnten. Die Idee, dass eine dieser jungen Mädchen wirklich bekehrt werden könne, kam mir nie in den Sinn.

Eines Sonntags fehlte dieser Lehrer, und es hielt für seinen Stellvertreter sehr schwer, diese Klasse in Ordnung zu halten. Während der Woche besuchte mich der Lehrer in meinem Geschäftslokal. Ich bemerkte, dass er sehr blass aussah, und fragte ihn, was ihm fehle. „Ich habe eine Lungenblutung gehabt,“ sagte er, „und die Ärzte sagen mir, ich könne nicht lange leben. So muss ich meine Sonntagsklasse aufgeben und zu meiner verwitweten Mutter im Staate New-York zurückkehren.“ Er glaubte sicher, er ginge nur heim, um zu sterben. Als er so sprach, bebte sein Kinn, und die Tränen flossen ihm leise über das Gesicht. Ich sah das und fragte: „Sie fürchten sich doch nicht vor dem Tode, nicht wahr, nein?“ „O nein, ich fürchte mich nicht vor dem Sterben, aber ich werde vor Gott stehen, und nicht eine meine Sonntagsschülerinnen ist bekehrt, was soll ich antworten, wenn der HErr nach ihnen fragt?“ Wie sahen die Dinge so anders aus, nun er im Begriff stand, Rechenschaft zu geben von seinem Haushalten! Ich war sprachlos. Es war mir etwas ganz Neues, Jemand so sprechen zu hören. Ich sagte: „Ich schlage vor, wir gehen und besuchen die Schülerinnen und sagen ihnen etwas von Christo.“ „Ich bin sehr müde und zu schwach zum Gehen,“ sagte er. Ich antwortete, wir könnten uns einen Wagen nehmen. Das taten wir und fuhren von der Wohnung einer Sonntagsschülerin zu der der andern, und so rund um. Er war gerade nur fähig, den Gartenweg von der Straße zum Hause, auf meinen Arm gestützt, schwankenden Schrittes zurückzulegen. Dann fragte er nach der jungen Dame, betete mit ihr und flehte sie an, zu Christo zu kommen. Das war mir eine ganz neue Erfahrung. Ich bekam eine ganz andere Ansicht über die Sache. - Nachdem er all' seine Kraft verbraucht hatte, brachte ich ihn nach Hause. Den nächsten Tag fing er von Neuem an und besuchte andere seiner Schülerinnen. Manchmal ging er allein, und manchmal begleitete ich ihn. Nach zehn Tagen kam er wieder zu mir und sagte mir mit strahlendem Gesicht: „Nun hat auch die Letzte ihr Herz dem Heiland gegeben. Nun kann ich heimreisen. Ich habe jetzt getan, was ich konnte, meine Arbeit ist getan.“

Ich fragte ihn, wann er reisen würde: „Morgen Abend!“ Da schlug ich ihm vor: „Wollen wir nicht diese jungen Freundinnen zu einer kleinen Versammlung einladen, damit Sie sie noch sehen, ehe Sie reisen?“ Er freute sich sehr über den Vorschlag. So schickte ich die Einladungen herum, und sie kamen alle zusammen. Ich hatte bis dahin noch nie solch einen Abend erlebt. Ich war nie mit so vielen neu Bekehrten zusammen gewesen, wie mit diesen, die durch seinen und meinen Einfluss zu Christo gebracht worden waren. Wir beteten für jedes Klassenmitglied, für den Vorsteher und für den Lehrer. Jede von ihnen betete. Welch großer Wechsel hatte in der kurzen Zeit stattgefunden! Wir versuchten auch zu singen etwa:

Herz und Herz vereint zusammen,
Sucht in Gottes Herzen Ruh',
Lasset eure Liebesflammen
Lodern auf den Heiland zu!

Aber das wollte nicht recht gehen! Dann sagten wir ihm alle Lebewohl, aber ich hatte ein Gefühl, als müsse ich noch einmal versuchen, ihn zu sehen. Am nächsten Abend, ehe der Zug abging, ging ich auf den Bahnhof und fand, dass, ohne sich vorher zu verabreden, die ganze Klasse ohne Ausnahme gekommen war, um ihm Lebewohl zu sagen. Da standen sie alle auf dem Bahnhofsperron. Einige Leute sammelten sich um uns, der Heizer, der Lokomotivführer, Weichensteller, Schaffner, Gepäckträger und Passagiere. Es war ein wundervoller Sommerabend, die Sonne sank eben hinter den westlichen Prärien, als wir sangen:

Hier müssen wir nun scheiden,
Doch einst in Canaan
Da gibt's kein Trennungsleiden.

Als der Zug den Bahnhof verließ, stand er noch draußen auf der Plattform des Wagens - die Wagen dort haben Verbindungen untereinander (wie die Wagen der Berliner Stadtbahn) und wies mit dem Finger nach oben, gen Himmel. Das Letzte, was wir von ihm hörten, war das: „Wir treffen uns droben!“ Dann verschwand er vor unsern Augen.

Welch herrliche Arbeit war in diesen zehn Tagen vollendet! Einige Glieder aus dieser Klasse wurden später die tätigsten Christinnen, die wir noch viele Jahre später in unserer Sonntagsschule hatten. Einige von ihnen arbeiten noch heute fleißig für den HErrn. Vor wenigen Jahren traf ich eine von ihnen draußen an der Küste des Großen Ozeans in der Missionsarbeit. Wir hatten in jenem Sommer ein gesegnetes Gnadenwerk in unserer Schule, diese Erfahrung nahm mich aus meiner Geschäftspraxis heraus und führte mich hinein in die Arbeit für den HErrn. Hätte ich diese zehn Tage an der Seite des lieben, treuen Arbeiters nicht mit erlebt, ich würde wohl nicht heute vor euch reden.

Lasst mich euch Sonntagsschullehrern das noch einmal dringend ans Herz legen: Sucht das Seelenheil eurer Schüler. Nehmt euch vor, dass ihr in den nächsten zehn Tagen Alles tun wollt, was ihr könnt, um eure Klasse zum Herrn Jesus zu führen. Väter und Mütter, ruht nicht eher, bis eure ganze Familie dem Reich Gottes angehört. Meint ihr, Er würde solch heiliges Streben nicht segnen? Was wir heute brauchen ist der Geist der Heiligung und der Vereinigung. Wolle Gott Seinen Heiligen Geist über uns ausgießen und uns mit heiliger Begeisterung erfüllen!

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/m/moody/moody_-_begeisterung.txt · Zuletzt geändert:
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain