Melanchthon, Philipp - Bedenken aufs (Augsburger) Interim, vom Jahr 1548.

Melanchthon, Philipp - Bedenken aufs (Augsburger) Interim, vom Jahr 1548.

Uns ist die Vorrede, die neulich vor das Buch gemacht ist, nicht zugestellt, darum wir jetzund davon keine Meldung tun können. Wir vernehmen aber, dass es eine sehr beschwerliche Schrift sei. Wo nun diese Meinung darin ist, dass sie unsere Kirchen verdammen, und dass die Annehmung dieses Buchs ein Bekenntnis sei, als haben unsere Kirchen bisher unrecht gelehrt, und haben mutwillig Spaltung angerichtet; so ist aller Verständigen in unseren Kirchen Notdurft, dieses zu verantworten. Denn so wir uns nach erkannter Wahrheit des Evangelii selbst also strafen, und uns zu Verfolgung der erkannten Wahrheit verpflichten wurden, dieses wäre Gotteslästerung, die nicht vergeben wurde, davor uns Gott gnädig behüten wolle.

Wiewohl nun Krieg und Zerstörung gedroht werden, so sollen wir dennoch Gottes Gebot höher achten, nämlich, dass wir die erkannte Wahrheit des Evangelii nicht verleugnen sollen.

Zum andern, so ist auch die Lehre vom Sohne Gottes und von Vergebung der Sünden ein besonderer Rat Gottes, den Gott aus unaussprechlicher Barmherzigkeit offenbart hat, und will, dass alle Menschen dieselbe Lehre erhalten helfen, dadurch Ihn recht anzurufen und Seligkeit zu erlangen.

Nun hat der Teufel von Adams Zeiten an für und für viel List versucht, diese Lehre auszulöschen oder zu verdunkeln, wie die Exempel schrecklich beweisen.

Darum sollen wir uns fleißig hüten, dass wir nicht von rechter Lehre abgeführt werden, wie uns Gott oft sehr warnet und vermahnt.

Zum dritten, so will man auch bedenken, so man in Kirchen dieser Lande öffentlich unrechte Lehre und Abgötterei wiederum anrichten wurde, wie großes Ärgernis in unseren Kirchen verursacht wurde; denn viele gottesfürchtige Leute würden in große Betrübnis fallen, und wurde rechte Anrufung Gottes verhindert.

Aus diesen hochwichtigen Ursachen wolle man sich in dieser Sache wohl vorsehen, was man schließen wolle.

Wir streiten nicht aus eigenem Frevel, Vorwitz oder Stolz, wie uns von Etlichen aufgelegt wird. Gott, der aller Menschen Herzen kennt, der weiß, dass wir herzlich gern Frieden sehen, und selbst haben wollten.

Uns dringt aber zur rechten Bekenntnis der Lehre, die in unseren Kirchen gepredigt wird, dieses ernstliche Gebot, dass man erkannte Lehre der Wahrheit des Evangelii nicht verleugnen und nicht verfolgen soll; wollen auch unsere Gefährlichkeit Gott befehlen.

Und nachdem man nun im Werke befindet, dass die Bischöfe und ihr Anhang keine Vergleichung annehmen wollen, und die Uneinigkeit in der Lehre und etlichen Zeremonien gleichwohl bleiben wird, und sie uns keinen Priester ordinieren wollen, wäre besser, dass wir doch unseren Kirchen Ruhe und Frieden ließen, und nicht selbst unter uns mit neuen Veränderungen Unruhe, Uneinigkeit und Ärgernis anrichten.

Denn dieses Buch wird doch in vielen Landen und Städten gewiss nicht angenommen werden.

Dieweil aber die Stücke und Artikel im Buche ungleich sind, etliche sind recht, etliche sind unrecht, etliche reden von Hauptartikeln des Glaubens, die alle Menschen wissen und verstehen sollen, etliche aber von andern Sachen, die nicht so nötig sind; wollen wir ordentlich unser untertänig Bedenken anzeigen, und was recht ist, das wollen wir nicht calumniose1) und sophistice2) anfechten, sondern klar und einfältig bekennen; dagegen, was unrecht ist, das sollen wir nicht billigen.

Der Anfang des Buchs von der Menschen Schöpfung und Fall, von der Erbsünde und Erlösung durch Christum ist recht und unsträflich. Hernach aber, am vierten Blatt, unter dem Titel der Rechtfertigung, ist dieser Mangel, dass das Buch klar setzt, die Liebe sei die Gerechtigkeit, und wird diese Meinung in den folgenden Blättern wiederholt und also erklärt, dass man gewiss daraus verstehen kann, dass das Buch nicht einträchtig ist mit der wahrhaftigen Lehre, die durch Gottes Gnade in unseren Kirchen gepredigt wird, wie der Mensch vor Gott, um des Herrn Christi willen, gerecht und angenehm sei, durch den Glauben, und wiewohl das Buch spricht: durch den Glauben kommt der Mensch zu der Gerechtigkeit; so ist doch dieses des Buchs Verstand, der Glaube sei nur eine Vorbereitung, und danach sei der Mensch gerecht durch die Liebe, wie das Buch öffentlich sagt: danach sei der Mensch wahrhaftig gerecht, durch die Liebe.

Und damit es sich weiter erkläre, spricht es: es sei gleichwohl wahrer Glaube im Menschen, wenn er gleich im bösen Gewissen lebt und die Liebe nicht hat.

Item, von wegen der Liebe sei der Mensch ein Erbe des ewigen Lebens.

Das Alles ist im Grunde die Meinung: der Mensch ist gerecht, d. i., Gott gefällig, von wegen seiner Liebe und Werke, wie vor dieser Zeit die Mönche gelehrt haben.

Und wird in diesem Artikel die nötige Lehre vom Glauben verschwiegen, nämlich, dass, ob gleich Liebe und gut Gewissen in uns sein soll und muss, sind wir doch vor Gott gerecht, d. i., Gott gefällig, um des Heilandes Christi willen, durch das Vertrauen auf Ihn, und nicht von wegen unserer Reinigkeit.

Dieser Artikel ist durch Gottes Gnade also erklärt in unseren Kirchen, dass wir nicht zweifeln; es sind sehr viel Menschen, die ihn wohl und recht verstehen, und können dieses Buch wohl richten.

Wir bekennen und lehren auch treulich, dass Reu' und Leid, Bekehrung zu Gott, Liebe, guter Vorsatz und gutes Gewissen im Herzen sein müssen, und muss dieser Spruch wahr bleiben: Qui non diligit, manet in morte3).

Es müssen beisammen sein viele nötige Tugenden, Glaube, Liebe, Hoffnung, gut Gewissen, guter Vorsatz rc. Wie solches durch Gottes Gnaden reichlich in unseren Kirchen gepredigt wird.

Dennoch über diese Tugenden muss das Vertrauen auf den Sohn Gottes sein, wie gesagt ist, und muss die andern Tugenden alle Zeit überschatten; denn alle Tugenden sind schwach in uns, und bleibt noch viel Unreinigkeit im menschlichen Herzen in diesem Leben. Darum müssen wir uns an den Mittler hängen, und durch Ihn Gnade suchen; denn also spricht der Psalm: „Vor dir ist kein Lebendiger gerecht;“ und Daniel am 9. spricht: „Erhöre uns nicht von wegen unserer Gerechtigkeit, sondern von wegen deiner Barmherzigkeit, um des Herrn willen rc.“

Also sollen wir auch vor Gott treten, und dieses Vertrauen auf den Sohn Gottes mit uns bringen und wissen, dass, obgleich Liebe und andere Tugenden in uns sind und sein müssen, dass sie doch zu schwach sind, und das Vertrauen auf den Sohn Gottes stehen soll.

Und so man von eingegebener Gerechtigkeit (wie sie es nennen,) redet, soll man diesen Glauben und lebendiges Vertrauen nicht ausschließen; denn es ist der hohen und nötigen Tugenden eine, ja dieses Vertrauen erweckt Trost, Liebe, Anrufung und Leben im Herzen, wie geschrieben steht ad Gal. 2: „Dass ich nun lebe, lebe ich durch den Glauben an den Sohn Gottes;“ und kann Liebe und Trost im Herzen nicht sein oder bleiben, wo nicht dieser Glaube und dieses Vertrauen vorhergeht.

Und ist unbedächtig im Buche geredet, dass man erst wahrhaft gerecht werde durch die Liebe, so doch diese Gerechtigkeit, dass uns Gott gnädig ist, um des Mittlers willen, und dass der Mittler unsere Schwachheit deckt, viel höher zu achten ist, denn unsere eigene Liebe.

Und so wir in der Not sind, und die Anrufung ein rechter Ernst ist, so suchen wir nicht unsere Liebe und eigene Reinigkeit, sondern erschrecken vielmehr vor unserm großen Elend und Sünden, und müssen Trost suchen bei dem einigen Versöhner, den uns Gott aus großer Barmherzigkeit und wunderbarlicher Weisheit vorgestellt hat. Davon spricht Paulus: „Justificati fide pacem habemus;“ so wir durch Glauben gerecht sind, haben wir Friede.

Und dass diese Lehre gewiss die unwandelbare Stimme und Meinung des Evangelii sei, in der Kirche Gottes von Adams Zeiten her, das ist klar durch die ganze Schrift, und stellt uns St. Paulus Abraham vor die Augen, und erklärt den Spruch: „Abraham glaubte Gott und ist ihm gerechnet zur Gerechtigkeit;“ d. i: ob wohl Abraham große Tugenden hat, so ist er doch also vor Gott gerecht und Gott gefällig, dass er glaubt, Gott wolle ihm gnädig sein laut seiner Verheißung.

Und wiewohl dieser Verstand oft zu allen Zeiten verdunkelt ist, so ist er dennoch bei den verständigen Christen geblieben, und bleibt alle Zeit, wie eines jeden gottesfürchtigen, verständigen Menschen eigene Erfahrung anzeigt.

Darum ist es ein Mangel im Buche, dass es setzt, die Liebe sei die wahrhaftige Gerechtigkeit, und dichtet, Glaube sei nur ein Wissen, wie es in den Teufeln ist, und sagt weiter: der Mensch sei ein Erbe des ewigen Lebens, darum, dass er die Liebe hat, weist also auf eigene Tugenden, und schweigt dieses Trostes, dass wir glauben sollen, dass Gott gewiss Alle, die sich bekehren und auf den Sohn Gottes vertrauen, durch solchen Glauben zum ewigen Leben annimmt. Dass aber Etliche sagen, wir verstehen das Buch nicht, das lassen wir die richten, die hernach weiter schreiben werden, so es an das Licht kommt. Und so man es gleich subtil entschuldigt, und die Stücklein hin und her zusammen liest, so ist es ihm doch selbst widerwärtig.

Dieweil denn dieser Artikel, wie der Mensch vor Gott gerecht und vor Gott gefällig sei, allen Menschen recht bekannt sein soll, damit dem Sohne Gottes seine Ehre gegeben werde, und die Menschen rechten Trost haben, sollen alle Menschen, gelehrte und ungelehrte, helfen die göttliche Lehre des Evangelii rein und unverdunkelt erhalten.

Derhalben können wir nicht raten, dass Jemand in diesem Stücke das Buch annehme.

Und dieweil öffentlich ist, dass keiner Kreatur im Himmel und auf Erden gebührt, den wunderbarlichen Rat Gottes, im Evangelio offenbart, zu ändern: so wollen wir durch Gottes Gnade auch forthin die Lehre vom Glauben und guten Werken treulich lehren, wie wir sie nun viele Jahre in diesen Kirchen gepredigt und erklärt haben; denn also ist sie in göttlicher Schrift Har ausgedrückt.

Von der Kirche und Bischöfen.

Vom elften Blatt bis auf das achtzehnte wird geredet, was die Kirche Gottes sei, und von Ordnung und Gewalt der Bischöfe, und sind etliche Stücke eingeflickt, welche von gottesfürchtigen gelehrten Leuten billig angefochten werden.

Dieweil aber diese Reden fast bis zu Ende dieses Artikels gemeine, weitläufige, zweifelhafte, heftige Reden sind: so wollen wir nicht raten, dass unser gnädigster Herr diesen Artikel streite. Es ist wahr, dass die Kirche die Versammlung ist der Rechtgläubigen, und dass man sich von der Kirche nicht absondern soll; davon aber ist die Frage: welche die Rechtgläubigen sind?

Und dieweil uns zur Schmach die Absonderung hoch beschwert wird, so ist dennoch unsere Notdurft, diese Antwort dagegen zu tun, welche das Buch selbst bekennt: Es ist Gottes unwandelbares Gebot, dass die Lehrer falsche Lehre und falschen Gottesdienst strafen müssen; so nun der Gegenteil der Wahrheit nicht weichen wollte, und folgen daraus Spaltungen, so sind die Verfolger der Wahrheit, und sonderlich in nötigen wichtigen Sachen, vor Gott sträflich, und nicht die armen gottesfürchtigen Leute, die die Wahrheit predigen oder annehmen.

Dieses ist öffentlich, und ist der Spruch Pauli davon männiglich bekannt: „So ein Engel vom Himmel ein ander Evangelium predigte, so soll er verbannt sein.“ Dass aber viel großer Irrtum und Missbrauch noch zu dieser Zeit vom Papst und den Seinen verteidigt werden, das ist öffentlich, und hat das Buch selbst etliche Irrtümer gestraft, die doch die Konzile zu Trient und zu Bononia gestärkt haben.

Das sei zur Entschuldigung unserer Kirchen auf dies Mal genug.

Wir bitten auch unseren gnädigen Herrn und eine löbliche Landschaft: so die Bischöfe den Gehorsam haben wollen, dass aus solche Wege gedacht werde, dass sie die Wahrheit nicht verfolgen, und nicht abgöttische Zeremonien im Lande wiederum aufrichten.

Weiter ist unsere Notdurft, auch dieses anzuzeigen, wie wohl wir Niemanden beladen wollen, dass er sich dieser Disputationen, die in diesen Artikeln stecken, annehme; denn sie sind nicht alle gleich nötig, und sind etliche Sachen, dazu man der alten Kirchen beständiges Zeugnis bedarf, welche zu suchen, nicht Jedermanns Arbeit ist, so wollen wir doch uns selbst und Andern dieses vorbehalten, dass ein Jeder auf seine eigene Fährlichkeit von diesen und andern Sachen, christlichen und nützlichen Bericht und sein eigenes Bekenntnis tun soll: denn das Buch sagt in diesem Stücke von den Konzilien und de potestate interpretationis4), von Gewalt, die Schrift auszulegen, da ist noch viel von zu reden. Gott hat gnädig Offenbarung gegeben von seinem Wesen und Willen; die sollen wir hören und annehmen, und nicht wie in weltlichen Königreichen einer gewissen Person Gewalt gegeben, Deutungen zu machen ihres Gefallens.

Von Sakramenten.

Von der Taufe

Von der Taufe ist kein Streit, und haben unsere Kirchen von der Kindertaufe und andern anhangenden Artikeln, christlich und nützlich gestritten, und guten festen Grund wider mancherlei Irrtum der Wiedertäufer angezeigt, und hat diese unsere Arbeit zur Erklärung vieler Artikel nützlich gedient.

Von der Konfirmation und Ölung.

Von der Konfirmation und Ölung raten wir auch nicht zu streiten, ohne so viel die Anrufung der Heiligen belangt, davon wir hernach sagen wollen, und wiewohl wir einen Missfallen daran haben, dass man diese beiden Werke, Konfirmation und Ölung, also rühmt, dass man sie den andern Sakramenten vergleicht, und bindet des Heiligen Geistes Wirkung daran, und öffentlich5) ist, dass sie nur zu einem Schein also geschmückt werden, so wollen wir doch nicht davon disputieren, und befehlen solches auch eines Jeden eigenem Bekenntnis.

Wir können aber nicht willigen in diese große Gotteslästerung, dass man unseren Priestern sollte auflegen, anzunehmen oder auszuteilen solche functiones und abgöttische consecrationes, das von fälschlich gerühmt wird in den Pontificialibus und Agenden, dass dadurch den Leuten der Heilige Geist, Vergebung der Sünden und andere Gottes Gnade und Schutz wider den Teufel gegeben werde, und zur Seligkeit Leibes und der Seelen dienen sollen.

Von der Buße.

Von der Buße wissen alle Verständige, dass vor dieser Zeit die Mönchslehre in diesem Artikel vornehmlich voll großen Irrtums und Blindheit gewesen, haben keinen beständigen Trost können anzeigen, haben vielmehr dagegen gelehrt, man sollte alle Zeit im Zweifel bleiben von Vergebung der Sünden. Item, haben die Gewissen mit unmöglicher Erzählung der Sünden und hernach mit viel Irrtümern der Genugtuung beladen und indulgentias6), Wallfahrten und viel Aberglauben angerichtet.

Dieselbigen Irrtümer und Missbrauch haben erstlich diesen Streit von der Lehre erregt. Denn gottesfürchtige, verständige Prediger haben müssen solche grobe Irrtümer und Gotteslästerung strafen.

Und ist also die Lehre von der Buße durch Gottes Gnade gründlich erklärt worden, dass alle Verständige bekennen, dass dieselbe christliche Erklärung in unseren Kirchen recht und tröstlich ist, und zu rechter Anrufung Gottes und zu Erkenntnis des Evangelii nützlich ist.

Auch ist die Beichte in unseren Kirchen fleißig erhalten, mit gutem Unterricht, dass man die Absolution da suchen soll, denn wir aus großwichtigen Ursachen die Privatabsolution zu erhalten nötig achten, dieweil sie auch ein Zeugnis, dass in der Kirche Vergebung der Sünden ist, und dass die Gefallenen nach der Taufe wiederum mögen angenommen werden; es ist auch recht, dass ein gemeines Bekenntnis und Demut sei, dass diejenigen, so die Absolution begehren, eine Anzeigung geben, dass sie sich Sünder und schuldig vor Gott bekennen.

Aber daneben wollen wir die Gewissen nicht mit dieser gefährlichen und unnötigen Last beladen, dass sie meinen sollen, die Sündenerzählung in Specie sei nötig.

Und dieweil dieser Artikel aller Menschen Gewissen betrifft, raten wir auch nicht, dass Andere dieses Stück willigen.

Von der Satisfaktion.

Von der Satisfaktion7) ist viel gelinder im Buch geredet, denn vor Zeiten in der Mönche Lehre; es sind aber weitläufige Reden, die noch viel Erklärung bedurfen, darum wir diesen Artikel auch eines Jeden eigenen Erklärung und Bekenntnis befehlen.

Vom Sakrament des Leibes und Blutes Christi

sind unsere Kirchen nicht wider das Buch, so aber von Jemandem weitere Erklärung von diesem Artikel gefordert wird, den lassen wir in eigener Bekenntnis davon reden.

Von der Priesterweihung

lassen wir uns nicht missfallen, dass sie in der Sakramenten Zahl gerechnet werde, so sie recht und christlich gehalten wird, und wünschen, dass sie in allen Landen mit großem Fleiß gehalten wurde, dass es nicht allein eine Zeremonie und Spektakel wäre, sondern dass die Ordonanzen wohl verhört und unterwiesen wurden, und dass bei der Zeremonie ernstliche Gebete geschahen. Item, dass auch hernach ein fleißig Aussehen auf die Lehre und Sitten der Priester geschah.

Von der Ehe

ist dieser Artikel nötig, dass in der Ehescheidung der unschuldigen Person die andere Ehe zugelassen werde, darum dasselbige Stück im Buch von dieser Maße der Ehescheidung, dass sie nicht ferner, denn zu Bette und Tisch geschehen möge, nicht zu willigen.

Von der Messe.

Das Buch bekennt, dass die Messe nicht Vergebung der Sünden verdiene, das ist wahr; dass sie hernach weiter Sprüche aus den alten und neuen Lehren vom Opfer einführen, ihre Privatmesse damit zu stärken, das sind weitläufige Reden, und wäre dagegen sehr leicht, guten Grund aus Augustino und Andern anzuzeigen, dass dieselben Sprüche ihre Privatmessen und Opfer Nichts angehen; denn ob sie es gleich ein Opfer nennen, so erklären sie sich doch selbst also, dass es nicht Vergebung der Sünden verdiene. Item, auch nicht also, dass sie selbst den Sohn Gott dem Vater opfern; denn dies ist ein eigen Werk des einigen Sohnes, dass er sich selbst opfere, wie der Text spricht, Hebr. 9: „Dieser ist durch sein eigenes Blut in das Heiligtum getreten;“ Er steht vor dem Vater als der Versöhner für und für, und bittet für uns in dem selbigen allerheimlichsten Rat, d. i., das Heiligtum.

Aber vom menschlichen Opfer reden sie also: dass es sei eine Danksagung und Gedächtnis, d. i., dass man mit Glauben die erworbene Vergebung um des Sohnes willen bittet und annimmt, und diese Gebete und Danksagungen sollen geschehen in der Austeilung und Nießung, wie es befohlen und eingesetzt ist, und ist die Zeremonie an sich selbst ohne diese Werke im Herzen, Glauben, Gebet und Danksagung, kein Opfer.

Das sei genug von der alten Lehrer Reden, davon wir zu jeder Zeit mehreren Bericht zu tun uns erbieten, und nachdem der ganzen Christenheit Viel an dieser Sache gelegen ist, und die Messe durch viel Irrtum in große Missbrauch gezogen, darum ohne Zweifel Gott die Welt straft, wie geschrieben steht: „Wer unwürdig genießt, der macht sich schuldig am Leibe und Blute Christi“; sollte man die Wahrheit Gott zu Lob und den Menschen zur Seligkeit hierin mit großem Ernst suchen und helfen erhalten, und ist dieses auch der Artikel einer, der insgemein alle Menschen, gelehrte und ungelehrte, betrifft; darum kürzlich jetzt auf diese Frage zu antworten, ob man die Privatmessen, d. i., Messen ohne Kommunikanten aufrichten wolle, dass man Nein dazu sage, und ist die Ursache klar: man solle in den Kirchen keinen Gottesdienst ordnen und machen, der nicht in Gottes Wort geordnet und befohlen ist. Nun ist der Brauch des Sakramentes also geordnet, dass nichts Anderes, denn die Austeilung und Nießung geschehe, wie der Sohn Gottes spricht: „Nehmt hin und esst rc., dieses tut zu meinem Gedächtnis;“ und ist also viel hundert Jahre in den ersten Kirchen gehalten worden, darum ist dieser erste Brauch den Worten Christi gemäß gewiss recht und soll erhalten werden, und sollen nicht andere Werke darinnen, die nicht befohlen sind, aufgerichtet werden.

Und sind vor Zeiten nicht an allen Orten tägliche Messen gewesen; sondern zu Alexandria, als in einer großen Stadt ist die Kommunion die Woche dreimal, am Sonntag, Mittwoch und Freitag gehalten worden, in vielen andern Städten allein auf den Sonntag und Feiertagen.

Diese alte schöne Gewohnheit wird in unseren Kirchen durch Gottes Gnade mit aller reverentia8), mit der Predigt, Lektion, Gebet und Danksagung gehalten ordentlich.

Und so man nun ein ander Werk aufrichten wurde, wurde das Ärgernis viele Herzen verwunden, und ganz von der Kommunion abschrecken.

So sind auch mehr Beschwerungen an diesen Artikel von der Messe angehängt, nämlich vom Kanon, Heiligen-Anrufung und Seelenmessen.

Nun spricht der Kanon öffentlich, dass man dieses Werk halte zur Erlösung der Seelen rc., daraus alle Gelehrte und Ungelehrte diesen Verstand genommen, dass dieses Werk Vergebung der Sünden verdiene, welche Meinung auch dem Buch zuwider ist.

So sind auch andere unförmliche Reden im Kanon, als, dass der Priester bittet, Gott wolle sich dieses Opfer gefallen lassen, wie Abels Opfer, so sie doch dieses Opfer vom Sohne Gottes verstehen.

Und in Summa: es sind so viele grausame Missbräuche in der päpstlichen Gewohnheit, dass wir erschrecken, so wir davon reden, bitten auch, man wolle Niemanden nicht beladen mit solcher Wiederaufrichtung.

Von der Heiligen Anrufung.

Die Anrufung eines unsichtbaren Wesens, das nicht bei uns ist, gibt demselben Wesen die Ehre, dass es aller Menschen Herzen und Seufzen erkenne und richten könne.

Diese Ehre gebührt allein göttlichem Wesen; darum ist die Heiligenanrufung unrecht.

Und wenn man gleich dagegen gedichtet hat, Gott tue ihnen besondere Offenbarung von solcher Anrufung; das redet man ohne Grund, und sehen dagegen wir diesen hohen Spruch: „Du sollst Gott deinen Herrn anbeten.“ Dass man auch sagt, man rufe sie als Diener und Fürbitter an; diese Antwort ist auch nicht genugsam; denn die Anrufung an sich selbst ist Zeugnis, dass man den Unsichtbaren für allmächtig halte.

Zum andern, so sollen wir neben den Heiland, den Sohn Gottes, nicht andere Mittler stellen.

Zum dritten, so ist öffentlich der ganzen Welt, dass man die Heiligen nicht allein zu Mittlern gemacht, sondern man ist viel weiter gegangen; man hat besondere Hilfe bei Jedem gesucht. Diese große Abgötterei wird gestärkt, so man den Anfang und diese Anrufung behält, davon das Buch sagt.

Zum vierten, man soll keinen Kultus in die Kirchen einführen, den Gott nicht geordnet hat durch sein Wort; der Heiligendienst hat keinen göttlichen Befehl, wie öffentlich ist.

Zum fünften, das menschliche Herz soll und kann nicht anrufen, wenn es nicht weiß, ob Gott solche Form der Anrufung gefällig ist; nun ist kein Gottes Wort, das uns also lehre anrufen, und sind dagegen die Verbote stark, welche lehren, dass man allein göttlich Wesen und durch den Mittler anrufen soll, und soll dieser Spruch fest bleiben: „Was ihr den Vater bitten werdet in meinem Namen, das wird er euch geben.“ Dieser einige Sohn ist uns vorgestellt als Mittler, Versöhner und Fürbitter; dagegen sagt das Buch nicht allein von Fürbitte, sondern auch vom Verdienst der Heiligen, das noch sträflicher ist, und ist eine unverschämte Lüge, dass es sagt: Jakob habe seine Kinder gelehrt, Abraham und Isaak und ihn anzurufen, so doch der Spruch Gen. 48 diesen Verstand hat: Sie sollen meine und Isaaks und Abrahams Kinder genannt werden; d. i., ich bezeuge, dass die Verheißungen, die Abraham, Isaak und mir zugesagt sind, die sollen auf sie, als auf unsere Nachkommen erben, nämlich, dass sie gewiss eine Kirche und Regiment haben werden, und werden darinnen viel Erben sein der ewigen Seligkeit.

Diesen wahrhaftigen Verstand lässt das Buch fallen, und dichtet einen falschen von der Anrufung rc.

Dergleichen sind andere mehr Sprüche im Buche unrecht gedeutet. Aus diesem Allen ist klar, dass Niemand in diesen Artikel des Buchs willigen soll, in welchem die Heiligenanrufung geboten und gestärkt wird.

Aber der ganzen Kirchen Historien von Anfang bis zum Ende zu wissen, ist zu vielen Sachen nützlich, dass man Zeugnis daraus nehme, dass Gott seine Kirche für und für erhält, und dass man Gott danksage, dass er sich in den Heiligen offenbart hat.

Item, dass wir uns mit der Heiligen Exempeln unterweisen und stärken. Dazu werden der Heiligen wahre Historien bei uns in den Predigten oft angezogen und den Leuten vorgetragen, welches wir forthin auch tun wollen.

Von den Seelenmessen.

Dieselben Messen sind in Klöstern und andern Kirchen schier in allen Landen die gemeinsten Zeremonien; denn sie tragen Geld, und sind viele Irrtümer zugleich mit den Seelenmessen in die Welt eingerissen, davon jetzund zu lange zu reden ist. Es ist aber auch eine Verkehrung des Sakraments, dass man es für die Toten appliziert9); denn das Sakrament ist eingesetzt, der Lebendigen Glauben dadurch zu erwecken und zu stärken. Item, zur Gedächtnis. Nun sind die Toten nicht dabei, und wird ohne allen Grund geredet, dass der Priester ihnen durch diese Zeremonien Etwas verdiene. Darum ist dieser Artikel im Buche auch in keinem Weg zu willigen, und der angezogene Spruch aus Dionysio von dem Begräbnis redet ganz nicht von der Messe, und dass Etliche für die Toten gebeten haben, geht die Messe Nichts an; das sei davon auch genug auf dies Mal.

Von den Zeremonien.

In unseren Kirchen sind die vornehmsten Zeremonien, die zu guter Ordnung dienen, als Sonntag, Feste mit gewöhnlichen Lektionen und Gesängen, nicht viel geändert, wollen auch noch dieselben mit Fleiß erhalten, und wo man in solchen Mitteldingen Etwas bedenken wird, mit gutem Rat derjenigen, die die Kirchen regieren sollen, das zu mehrerer Gleichheit und guter Zucht dienlich, wollen wir gern helfen, Einigkeit und gute Zucht erhalten, denn wir wollen von denselben Mitteldingen nicht zanken, soviel den christlichen Brauch belangt.

Also auch irrt uns nicht, man esse Fleisch oder Fische; gleichwohl muss man die Lehre vom Unterschiede der rechten Gottesdienste und solcher Mittel unnötiger Dinge nicht verlöschen, wie sie vor dieser Zeit schier ganz verloschen gewesen, wie Augustinus zu seiner Zeit, und vor hundert Jahren Gerson, und noch vor fünfzig Jahren Wesalus zu Basel, Wesalia zu Mainz, und etliche Andere sehr geklagt haben; denn obgleich Irrtum in größeren Haufen in den Kirchen für und für sind, so bleibt doch in Etlichen rechte Gotteserkenntnis und rechte Anrufung und besserer Verstand der göttlichen Lehre, denn im großen Haufen, und ist Gottes Wille, dass man Jedermann vom rechten Gottesdienste treulich unterweise.

Was aber betrifft die Gesänge von den Heiligen, davon ist zuvor gesagt, dass die Anrufung nicht anzunehmen ist. Item, dieweil wir in unseren Kirchen das Sakrament nicht teilen, so sind auch die Prozessionen, darin ein Teil getragen wird, zu unterlassen.

Dazu ist gewiss wahr, dass Sakramente in ihrem Brauch, wie sie durch Gottes Wort geordnet sind, wahrhaftige Sakramente sind, nicht wenn sie zu andern fremden Werken außer ihrer Einsetzung gewendet werden; darum ist der Spektakel in der Prozession unrecht, und soll nicht gestärkt und wieder aufgerichtet werden.

Über dies Alles, so ist dieses auch bei den Widersachern bekannt, dass Privatmessen, Heiligenanrufung, Seelenmessen und die Prozession und etliche mehr solche Gewohnheiten, wenn sie gleich zu entschuldigen wären, dennoch unnötig und gefährlich sind, und dass das Exempel der Wiederaufrichtung die großen Irrtümer und Missbrauch bei den Andern stärkt, und in diesen Kirchen wiederum einführt. Item, dass die Ärgernis viel gottesfürchtige Leute betrüben wird. Item, dass viel Verfolgung verursacht, und viel Priester und andere Personen verjagt, gefangen und vielleicht getötet werden.

Nun sind durch Gottes Gnade diese Lande jetzt mit vielen Gottesgaben geziert, mehr denn andere Lande, mit Kirchen, mit ziemlicher Zucht, Gericht und Recht, mit Nahrung, mit löblichen Künsten. Dass wir nun solchen ziemlichen Stand selbst verstören sollten, und dazu wider Gottes Gebot, das können wir nicht raten, und weil geschrieben steht: Was aus Gott ist, das bleibt, so wird man im Werke befinden, dass, obgleich Veränderung der Kirchen an etlichen Orten angefangen würde, dass dennoch diese Lehre, die wir predigen, in andern Landen und Kirchen bleiben wird, und wird also das Interim wenig Einigkeit machen.

Dass man aber Krieg fürchtet, darauf ist unsere untertänige Anzeigung: die Herrschaft wird sich hierinnen wohl wissen zu erinnern, was sie gegen die Kirchen, Schutz halben, tun sollen oder können; für unsere Person sind wir durch Gottes Gnade zu weichen und sonst zu leiden bereit.

Dass wir aber nicht gelinder raten, denn wie gesagt ist, ist nicht Frevel oder Stolz, sondern Gottes Gebot zwingt uns, dass wir erkannte Wahrheit nicht verleugnen und nicht verfolgen sollen; so hoffen wir, diese Schrift werde selbst anzeigen, dass wir nicht von Dignitaten oder Gütern streiten, sondern allein von nötiger Lehre und Gottesdiensten sagen.

So wollen wir auch die Herrschaft und andere Leute nicht beladen mit sonderlicher Disputation, die nicht Allen zu wissen möglich ist, sondern wollen davon uns und Andere, deren Amt und Vocation10) ist, Andere zu lehren, dieses vorbehalten haben, dass ein Jeder in eigener Bekenntnis auf eigene Fährlichkeit davon antworte.

Doch ist auch nicht unser Gemüt, etwas Neues oder Anderes zu lehren, denn allein diese einige wahrhaftige Lehre, die durch Gottes Gnade in den Kirchen dieser Lande von den Verständigen und Gottesfürchtigen einträchtig gepredigt wird, und in beider Universitäten, Leipzig und Wittenberg, Schriften bekannt ist, welche Lehre wir wissen, dass sie der ewigen katholischen Kirchen Gottes vom Anfang an bis auf diese Zeit Lehre und Verstand ist, und ist dieses unser Bedenken dahin gerichtet, dass diese Kirchen nicht unruhig werden, und in Gottes Anrufung und Gottesdiensten bleiben; denn so die Gewissen mit Ärgernissen verwundet werden, so wird die Anrufung sehr geschwächt, und folgen viel Sünde, Verachtung und Zorn wider alle Religion, vor welcher Sünde uns Gott gnädig bewahren wolle.

Und nachdem uns neulich zugeschrieben ist, dass in der Vorrede von dem Buch ernstlich verboten sei, wider dieses Interim zu predigen, zu lehren oder zu schreiben, so ist die Notdurft, in Demut dieses anzuzeigen, dass wir die rechte Lehre in unseren Kirchen, wie wir bis anhero gepredigt, nicht ändern wollen, denn keine Kreatur göttliche Wahrheit zu ändern Macht hat; auch soll Niemand erkannte Wahrheiten verleugnen. Dieweil das Interim in vielen Artikeln, dir wir angezeigt haben, der rechten Lehre zuwider ist, so müssen wir davon wahrhaftigen Bericht und Warnung tun, welche wir mit christlicher Maß tun wollen, und wollen den allmächtigen ewigen Gott, Vater unsers Herrn Jesu Christi, unsere Fährlichkeit befehlen, und dieweil Gott aus unaussprechlicher Gütigkeit sich eine ewige Kirche sammelt, und seinen wunderbaren Rat davon selbst über aller Kreaturen Weisheit und Gedanken offenbart hat, bitten wir, Er wolle auch dieselbige seine Lehre alle Zeit selbst erhalten, und auch in diesen Landen sich eine ewige Kirche für und für sammeln, und dazu seliges Regiment verleihen, Amen.

Im Monat Junius 1548.

1)
böswillig
2)
arglistig
3)
Wer nicht liebt, der bleibt im Tode!
4)
Über die Macht der Interpretation
5)
offensichtlich
6)
Straferlass
7)
Rechtfertigung
8)
Ehrfurcht, Achtung, Ehrerbietung
9)
anwenden, gebrauchen
10)
Berufung
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