Mayfart, Johann Matthäus - Himmlisches Jerusalem - XXIV. Von dem Gespräch der Auserwählten unter sich selbst.

Mayfart, Johann Matthäus - Himmlisches Jerusalem - XXIV. Von dem Gespräch der Auserwählten unter sich selbst.

Ich will lieber mit Gott in der Hölle sein, als ohne Gott im Himmel.
(Bernhardus.)

Bei dem himmlischen Hochzeitsmahle müssen wir auch der Gespräche gedenken, welche die Auserwählten unter sich selbst führen werden.

Adam wird erzählen, wie er im Stande der Unschuld, als ein mächtiger König, über alle Kreaturen geherrscht; wie die Wälder seine Lauben, die Felder sein Garten, das Meer sein Fischbehälter gewesen; wie die Berge seine Türme, die Elemente seine Mauern, der Himmel sein Gezelt, die Sterne seine Fenster, die ganze Schöpfung sein Palast gewesen wäre. Ihm hätten alle Vögel gesungen, alle Tierlein gesprungen und tausend Freude gemacht. Bei ihm hätten gewohnt die Engel, mit ihm geredet die hochgebenedeite Dreieinigkeit. Sein Verstand wäre so scharfsinnig gewesen, dass er aller Tiere Natur durchdrungen und einem jeden einen gebührenden Namen gegeben habe. Er sei seines Falles wegen aus dem Paradiese gesetzt; aber durch den himmlischen Bräutigam wieder eingesetzt worden. - Eva wird erzählen, wie der Satan in die Schlange sich so meisterlich verstecket und mit freundlichen Worten gekost hätte, bis er sie schändlich verführt. Noah wird erzählen, wie bei Anfang der Sündflut die Wolken schwarz wären und die Winde erregt worden; wie alle Brunnen sich gehoben, das Meer ausgeschüttet und aus der Luft ganze Seen voll Wasser nicht herabgeflossen, sondern gefallen wären; wie er im Kasten wunderbar erhalten, und über die Spitzen der Berge gefahren sei und den ganzen Erdboden umschifft habe. Und wer könnte solche Heilige Gespräche alle erzählen?

Oft gedenke ich des königlichen Propheten David, wie er fastete und Tag und Nacht auf der Erde lag, als das Kind der Bathseba krank war; und wie er sich nach dem Tode desselben damit tröstete, dass er zu seiner Zeit zu ihm fahren würde. Solch ein Verlangen hatte David nach dem Kindlein, das in Unehren erzeugt war. Und mit was für Freuden wird der teure Mann nach seinem seligen Hintritt sich diesem seinem Sohne im himmlischen Jerusalem genaht haben! Lief doch der Vater dem verlorenen Sohne entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn; ließ das beste Kleid bringen, ihn damit zu kleiden, und einen schönen Ring, ihn damit zu schmücken. Er ließ ein gemästetes Kalb schlachten und ein fröhlich Wohlleben anstellen, weil der Sohn, der tot war, wieder lebendig, und der verloren war, wieder gefunden worden. Mit was für Frohlocken werde nun auch ich dermaleinst meinem liebsten Söhnlein nahen, wann ich sehe, dass er, der dem Leibe nach tot war, lebendig verblieben, und der vorangegangen war, so sicher bis auf meine Zukunft behalten worden ist. Aus inniglicher Freude werde ich ihm mehr entgegen fallen, denn laufen, und sagen: O du Hoffnung meines Alters, wie glücklich hast du mich in der Kindheit verlassen! O du Pflänzlein meines armen und verachteten Geschlechts, wie glücklich bist du fast aus der Wiege in den Lustgarten des Paradieses versetzt! O du Freude meiner Traurigkeit, wie herrlich bist du aus der Mitte meiner Neider und Hasser hinweggenommen! Ist das der fröhliche Tag, die auserwählte Stunde, der heißersehnte Augenblick, wo ich dich in der höchsten Schule des himmlischen Jerusalems, nicht als einen Schüler, sondern als einen großen Lehrer, nicht unter den Menschen, sondern unter den Engeln antreffen soll? Wie wonniglich bist du nach kurzem Leide hier in deinem Erlöser erfreut worden! Wie bald bist du vollkommen worden, und hast nicht viel Jahre erfüllt! Wie weislich hast du das Zeitliche um das Ewige vertauscht! Wo ist der gesegnete Mund, mit welchem du in so zarten Tagen deine Mutter mitten in den Todesschmerzen geküsst hast? Wo sind die lieblichen Äuglein, mit welchen du mich, deinen damals bekümmerten Vater, angeblickt hast? Wo sind die gebenedeiten Händlein, welche du, als die letzte Todesangst einbrechen wollte, zum Gebet so mildiglich gefaltet hast? Wie sauber hat dir Christus Jesus die Tränen von deinen Wängelein abgewischt! Wie herrlich hat er dich der Schar der unschuldigen Kinderlein zugesellt! Wie lange aber hast du auf mich gehofft! Siehe, deine Hoffnung ist erfüllt; dein Wunsch ist gewährt.

Wo sind nun die Cherubim und Seraphim? Wir wollen freudig singen. Wo sind die Pauken? Wir wollen fröhlich schlagen. Wo sind die Posaunen? Wir wollen mit Freuden drein stoßen. Wo sind die Harfen? Wir wollen mit Frohlocken in die Saiten greifen, und den Siegesfürsten vom Stamme Juda ohne Aufhören rühmen und loben, dass er dem Tode die Macht genommen und Sünde, Teufel und Hölle überwunden hat.

Herr Jesu! Du hast mich hier zu einem Lehrer Deiner Schulen gemacht; ich aber will gar gerne dort ein Zuhörer sein. Und obgleich meine Zunge in Deinem Reich nicht zu Falle kommen kann, noch meine Lippen mich verderben können; wollte ich doch, wo es sich gebühren möchte, ein Schloss an meinen Mund legen und ein festes Siegel auf meine Lippen drücken und dem Gespräch des himmlischen Jerusalems zuhören. Mit dem jungen Samuel spreche ich: Herr rede, denn Dein Knecht hört. Amen.

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autoren/m/mayfart/mayfart-himmlisches_jerusalem/mayfart-himmlisches_jerusalem-kapitel_24.txt · Zuletzt geändert: von aj
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