Luther, Martin - Eine treue Vermahnung zu allen Christen, sich zu hüten vor Aufruhr und Empörung

Luther, Martin - Eine treue Vermahnung zu allen Christen, sich zu hüten vor Aufruhr und Empörung

Jesus

Allen Christen, die diesen Brief lesen oder hören, geb Gott Gnad und Friede. Amen

Es ist von Gottes Gnaden in diesen Jahren das selige Licht der christlichen Wahrheit, durch Papst und die Seinen zuvor verdruckt, wieder aufgangen, dadurch ihre manchfältige schädliche und schändliche Verführung, allerlei Mißtat und Tyrannei öffentlich an Tag bracht und zuschanden worden ist, daß es sich ansehen läßt, es werde gelangen zu Aufruhr, und Pfaffen, Munich, Bischof, mit ganzem geistlichen Stand erschlagen und verjagt mochten werden, wu sie nit ein ernstliche, merkliche Besserung selbs furwenden, denn der gemeine Mann, in Bewegung und Verdrieß seiner Beschädigung am Gut, Leib und Seel erlitten, zu hoch versucht und über alle Maß von ihn aufs alleruntreulichst beschweret, hinfurt solchs nimmer leiden muge noch wolle und dazu redliche Ursach habe, mit Flegeln und Kolben dreinzuschlagen, wie der Karsthans dräuet.

Wiewohl nu ich nit ungerne höre, daß die Geistlichen in solcher Furcht und Sorge stehen, ob sie dadurch wollten in sich selb schlahen und ihr wutende Tyrannei sanften, und wollt Gott, solch Schrecken und Furcht wäre noch großer, so dünkt mich doch, ich sei des gewiß, bin auch ohn alle Sorge einiges zukunftigen Aufruhres oder Entporunge, sonderlich der do durch und durch dringe und den ganzen Haufen überfalle aus der Ursach, daß ich nit mag nach soll zweifeln, Gott werde über seinem Wort halten und viel ehe lassen Himmel und Erden vergehen, ehe ein einiger Tutel oder Buchstab davon verfalle, wie er selbs sagt Matth. 5 und 24: Derhalben laß ich dräuen und schrecken, wer da mag und will, auf daß erfüllet werde die Schrift, die do sagt von solchen geistlichen Übeltätern PS. 36: Ihre Bosheit ist offenbar worden, daß man ihn feind wird. Item Ps. 14: Sie furchten sich, da keine Furcht ist. Item Spr. 28: Die Gottlosen fliehen, ob sie schon niemand jaget. Und 3. Mos. 26: Es soll sie auch ein rauschend Blatt erschrecken. Und 5. Mos. 28: Gott wird dir geben ein erschrocken Herz, daß dein Leben wird für dir weben. Des Morgens wirst du sagen: Wollt Gott, ich überlebet den Abend, des Abends wirst du sagen: Wollt Gott, ich überlebt den Morgen. Solch Schrecken und Furcht gibt die Schrift allen Gottesfeinden zum Anfang ihrer Verdammnis. Darum ist s billig und gefället mir wohl, daß solch Plage anfähet, in den Papisten die gottliche Wahrheit verfolgen und verdammen. Es soll schier noch baß beißen.

Und das ich mehr sage. Wenn ich zehen Leibe hätte und mocht bei Gott soviel Gnade erwerben, daß er sie mit diesem Fuchsschwanz des leiblichen Tods oder Aufruhres kasteiet, so wollt ich sie doch alle aus Herzengrund gerne darstrecken für den elenden Haufen. Ach, Herr Gott, es ist nit ein solche linde Straf für der Tür, es ist ein unsäglicher Ernst und Zorn, des kein Ende ist, über sie schon angangen. Der Himmel ist eisern, die Erde eheren. Es hilft kein Bitten mehr. Der Zorn ist, wie St. Paulus von Juden sagt, über sie kummen endlich. Es ist nit um ein Aufruhr zu tun für Gott. Wollt Gott, dieweil dem Haufen nit zu helfen ist, wir mochten doch etlich herausreißen und von dem greulichen Schlund und Rachen erretten. Die Schrift gibt dem Papst und den Seinen gar viel ein ander Ende [als] den leiblich Tod und Aufruhr. Dan. 8 spricht: Er soll ohn Hand zerknurset werden. Das ist nit mit dem Schwert und leiblicher Gewalt. Und St. Paulus 2, Thess. 2 sagt von ihm also: Unser Herr Jesus wird ihn toten mit dem Geist seines Munds und wird ihn verstoren durch das Erleuchten seiner Zukunft. Die Maler malen auch also Christus auf dem Regenbogen, daß ihm ein Rute und Schwert aus dem Mund gehet, wilchs ist aus Jesaja 11 genommen. Da er spricht: Er wird schlahen die Erden mit der Stangen seins Munds, und mit dem Geist seiner Lippen wird er toten den Gottlosen. Daß aber die Maler ein blühende Ruten malen, ist nit recht. Es sollt ein Stab oder Stangen sein, und beide, Stange und Schwert, allein über die eine Seite gehen, über die Verdammten. Item Ps. 10: Zerknurse den Arm des Gottlosen, ersuche seine Bosheit, so wird sein gottlos Wesen schon nimmer bestehen.

Aus diesen Sprüchen lernen wir, daß des Papsts endchristisch Regiment mit ihm wird diesermaßen verstoret werden, nämlich, daß durch das Wort Christi, wilchs ist der Geist, Stang und Schwert seines Mundes, wird seine Büberei, Triegerei, Schalkheit, Tyrannei, Verfuhrerei aufdeckt und für aller Welt bloß, zuschanden werden, denn die Lugen und Verfuhrerei wird alleine damit verstoret, wenn sie offenbar und erkannt wird. Sobald die Lügen erkennet wird, darf sie schon keines Schlags mehr, fällt und verschwindt von ihr selbs mit allen Schanden. Das meinet Ps. 10: Suche nur seine Bosheit, so ist sein gottlos Wesen schon dahin. Es darf nit mehr denn Suchen und Erkennen. Nu ist des Papsts Wesen mit seinen Stiften, Klostern, Hohen Schulen, Gesetzen und Lehren eitel Lügen, durch eitel Lugen aufbracht, hat auch die Welt nit anders, denn mit Schein und guter Gestalt betrogen, verführet, unterdruckt, an Leib, Gut und Seel verderbt. Drum darf s nit mehr denn nur Erkennen und Offenbarmachcn, so fället es dahin mit Papst, Pfaffen, München in aller Schand und Schmach.

Denn kein Mensch ist so toll, der da folge und nit hasse die offenlichen Lugen und Falschheit. Wenn nun solch Offenbarung der päpstischen Buberei geschehen ist und der Geist des Munds Christi im Schwang gehet, daß der Papst mit seinen Lügen nichts mehr gilt und ganz veracht wird, alsdenn wird mit zuplatzen und treffen der Jungst Tag, und wie Paulus sagt, wird Christus den Papst vollend zustoren durch seine Zukunft.

In diesem Handel ist dies das allerfeinst, daß der Papst und die Seinen verstockt werden, solchs nit glauben, sondern verlachen, auf daß sie erfüllen den Spruch Pauli: Cum dixerint pax. Wenn sie werden sicher sein und sagen, es hat noch kein Not, so wird ihn kommen schnell ihr Verderben. Auf daß nu die Papisten je sich nit bessern und Gnade suchen, sollen sie dies nit glauben und sagen: Ja, der Jungst Tag ist noch fern. Bis daß sie im Augenblick, ehr sie sich versehen, im Grund des hellischen Feures liegen über einem Haufen.

Als ich nu hab gesagt, dieweil ich gewiß bin aus diesen Sprüchen, daß durch Menschenhand oder Aufruhr das Papsttum und geistlicher Stand nit wird verstoret, sondern seine Bosheit so greulich ist, daß ihr keine Straf genug ist, denn allein der gottliche Zorn selber ohn alles Mittel, hab ich noch nie mich bewegen lassen, denen zu wehren, die mit der Hand und Flegel dräuen. Weiß wohl, daß ihn nit wird dazu kommen, obgleich etliche wurden antastet, so wird s doch nit ein gemein Antasten werden. Sind doch zuvor wohl mehr Pfaffen ohn allen Rumor und Empörung erschlagen, da man sich noch für ihren Bann furchtet und der Zorn Gottes noch nit war angangen. Aber nu er angangen ist und man sich nit mehr für ihm furchtet, sollen sie sich furchten umsonst, gleich wie sie uns bisher vergeblich mit ihrem falschen Bann haben Furchten gemacht und in unser Furcht ein guten, hoffärtigen Willen gehabt.

Doch obwohl die Hand nit darzu kommen wird und derselbigen mir nit not ist zu wehren, so muß ich doch auch die Herzen ein wenig unterrichten. Und für das erste laß ich die weltlich Oberkeit und Adel itzt anstehen, welche wohl sollten aus Pflicht ihrer ordenlicher Gewalt dazutun, ein iglicher Fürst und Herr in seinem Land. Denn was durch ordenliche Gewalt geschieht, ist nit für Aufruhr zu halten. Aber nu lassen sie es alles gehen, einer hindert den andern, etliche helfen und rechtfertigen dazu des Endchrists Sache. Gott wird sie wohl finden und ihn geben nach dem, [wie] sie ihrer Gewalt und Oberkeit zu Rettung oder Verderben ihrer Untertan an Leib, Gut und Seel braucht haben. Aber dem gemeinen Mann ist sein Gemüt zu stillen und zu sagen, daß er sich enthalte auch der Begierden und Wort, so zum Aufruhr sich lenken und zur Sach nichts furnehm ohn Befehl der Oberkeit oder Zutun der Gewalt. Dazu sollen ihn bewegen.

Zum ersten, daß, wie gesagt, es doch nit zur Tat kommen wird, und eitel vergebliche Wort und Gedanken sind, was davon geredt und gedacht wird, denn wie gehort ist, Gott will und wird selber hie der Sträfer sein, und sie solcher leichter Straf ganz und gar nit wirdig sind. Auch so sehen wir, wie die Fürsten und Herren so uneines und sich gar nichts dazu stellen, als wollten sie den Sachen helfen, wilchs alles von Gott verhänget und geschickt wird, auf daß er allein straf und seinen Zorn über sie ausschutte, wiewohl Fürsten und Herren, wie gesagt ist, domit nicht entschuldigt sind. Sie sollten das Ihre dazu tun und mit dem Schwert, das sie tragen, wehren, soviel sie mochten, ob sie Gottes Zorn doch einesteils zuvorkommen und lindern kunnten, gleich wie Moses (2. Mos. 32) ließ dreitausend vom Volk erschlahen, auf daß Gottes Zorn vom Volk wendet wurde, wie denn auch von Elia und Phinees die Schrift sagt. Nit, daß man itzt sollt die Pfaffen toten, wilchs ohn Not ist, sondern nur mit Worten verbieten und drob mit Gewalt halten, was sie treiben über und wider das Evangelium. Man kann ihn mit Worten und Briefen mehr denn gnug tun, daß widder Hauen noch Stechens bedarf.

Zum andern: Ob s gleich muglich wäre, daß ein Aufruhr wurde und Gott sie so gnädiglich wollt strafen, so ist doch die Weise kein Nutz, brengt auch nimmermehr die Besserung, die man damit sucht. Denn Aufruhr hat kein Vernunft und gehet gemeiniglich mehr über die Unschuldigen, denn über die Schuldigen. Darum ist auch kein Aufruhr recht, wie rechte Sach er immer haben mag. Und folget allezeit mehr Schadens denn Besserung daraus. Damit erfüllet wird das Sprichwort: Aus Übel wird Ärgers. Derhalben ist die Uberkeit und das Schwert eingesetzt, zu strafen die Bösen und zu schützen die Frummen, daß Aufruhr verhütet werden, wie St. Paulus saget Rom. 13 und l. Petr. 2. Aber wenn Herr omnes aufstehet, der vermag solch Unterscheid der Bösen und Frummen widder treffen noch halten, schlaget in den Haufen, wie es trifft, und kann nit ohn groß, greulich Unrecht zugehen. Darum hab acht auf die Uberkeit, solange die nit zugreift und befiehlet, so halt du stille mit Hand, Mund und Herz und nimm dich nichts an. Kannst du aber die Uberkeit bewegen, daß sie angreife und befehle, so magest du es tun, will sie nicht, so sollt du auch nit wollen. Fährest du aber fort, so bist du schon ungerecht und viel ärger denn das ander Teil. Ich halt und will s allezeit halten mit dem Teil, das Aufruhr leidet, wie unrechte Sach es immer habe, und wider sein dem Teil, das Aufruhr macht, wie rechte Sach es immer habe, darum, daß Aufruhr nit kann ohn unschuldig Blut oder Schaden ergehen.

Zum dritten: So ist Aufruhr von Gott verboten, da er sagt durch Mosen: Quod iustum est iuste exequaris. Was recht ist, sollt du mit Recht ausführen. Item: Die Räch ist mein, ich will widergelten. Daher kommt das wahre Sprichwort: Wer wiederschlägt, der ist unrecht. Item: Niemand kann sein eigen Richter sein. Nu ist Aufruhr nicht anders, denn selbs richten und rächen, das kann Gott nicht leiden, darum ist s nit muglich, daß Aufruhr nit sollt die Sach allezeit viel ärger machen, weil sie wider Gott und Gott nit mit ihr ist.

Zum vierten ist in dieser Sach der Aufruhr ein sonderlich, gewiß Eingeben des Teufels. Denn dieweil er siehet das helle Licht der Wahrheit, welches seine Götzen, Papst und Papisten aufdeckt in aller Welt und er ihm in keinen Weg begegen kann, die Glänz sind ihm in die Augen geschlagen, daß er verblendet, nit mehr denn liegen, lästern und das närrischt Ding furgeben kann, so gar, daß er auch vergißt Schein, Farbe und Gleißen, wie er bisher gewohnet hat, furzuwenden, als das ausweisen die Lügenmäuler Papst, Eck, Emser und ihrgleichen in ihren Bullen und Schriften, fähret herzu und will Aufruhr anrichten durch die, so sich des Evangelii rühmen. Domit er hoffet, unsere Lehre zu schimpfiern, als sei sie vom Teufel und nit aus Gott, wie etlich schon auf der Kanzel gloriern aus dem Spiel, das er zu Erfurt mit den Pfaffen anfing. Aber es soll ihm, ob Gott will, nit gelingen. Wir müssen den Schimpf von ihm leiden, er soll aber dagegen auch etwas leiden, das ihn reichlich bezahle. Wilche meine Lehre recht lesen und verstehen, die machen nit Aufruhr, sie haben s nit von mir gelernet. Daß aber etlich solchs tun und sich unsers Namens rühmen, was können wir dazu? Wieviel tun die Papisten unter dem Namen Christi, das nit allein Christus verboten hat, sondern auch Christum verstoret? Sollen wir unsern Chor so reinhalten, daß auch St. Peter nit strauchele unter uns, so doch unter den Papisten eitel Judas und Judas Tuck sind und wollen dennoch ihr Lehre nit dem Teufel zugeeigent haben? Aber, wie ich sage, der Teufel sucht also Ursach, diese Lehre zu schmähen, wie er kann, kunnt er etwas Ärgers, so tat er s auch. Er ist matt worden, er muß herhalten, ob Gott will, weil er solch lahme, lose, faule Anschlag furnimmt. Es wird und soll ihm zum Aufruhr nit gedeihen, wie er gerne wollt.

Darum bitt ich, wer sich des christlichen Namens will rühmen, der halt sich, wie St. Paulus sagt 2. Kor. 6, daß wir den Widersachern nit Ursach geben, zu lästern unsere Lehre. Denn wir sehen, wie die Papisten geschickt sind, daß sie den Balken in ihren Augen stehenlassen und mit ganzem Fleiß suchen und scharren, ob sie ein kleines Stecklein in unsern Augen finden mugen. Wir sollen ihn nit aufrucken, daß sie fast nichts Guts bei ihn haben. Aber wo unsereiner nit eitel Geist und Engel ist, so soll all unser Ding unrecht sein. Da freuen sie sich, da hupfen sie, da singen sie, als hätten sie ganz gewonnen. Darum sollen wir uns hüten vor Ursach ihrer Lästerung, der sie voll, voll, voll stecken, nit um ihrentwillen, denn sie müssen doch lästern und das Maul übergehen lassen, des das Herz voll ist, sollten sie es auch mit Lugen ausrichten, wie wir sehen, das sie tun, sondern um des heiligen Evangelii willen, daß wir seine Schmach verwahren und ihn ihr Maul zustopfen (als St. Petrus lehret), daß sie mit keiner Wahrheit uns schänden mugen, soviel uns muglich ist. Denn was sie Böses von uns sagen mugen, ziehen sie sobald auf die Lehre, und muß also das heilig Wort Gottes unser Schand tragen, davon wir alle Ehre haben. Aber sie wollen ihre Lehre ungeschändt haben, ob sie eitel Schand wirken, das edle, zarte, rechtfertige Volk.

Sprichst du aber: Was sollen wir denn tun, so die Uberkeit nicht anfahen will? Sollen wir s noch länger gedulden und ihren Mutwillen stärken? Antwort: Nein, du sollt der keines tun. Dreierlei sollt du dazu tun. Das erst: Du sollt erkennen dein Sund, wilche Gottes strenge Gerechtigkeit mit solchem endchristischen Regiment geplaget hat, wie Sankt Paulus 2. Thess. 2 verkündiget. Gott wird ihn zusenden irrige Lehre und Regiment, darum, daß sie die Liebe der Wahrheit nit angenommen haben, damit sie selig wurden. Es ist eitel unser Schuld alles, was der Papst mit den Seinen an unserm Gut, Leib und Seel tan hat. Darum mußt du zuvor die Sund bekennen und ablegen, ehe du der Straf und Plage willt los sein, sonst wirst du wider den Spieß treten, und der Stein, den du über dich wirfest gen Himmel, wird dir auf den Kopf fallen. Das ander: Du sollt demutiglich bitten wider das päpstisch Regiment, wie da tut und lehret der neunte Psalm und spricht: Stand auf, Herr Gott, und erhebe deine Hand, vergiß nit deiner Armen. Warum lästert der Gottlos dich, Herr Gott, und spricht: Du fragest nicht darnach, du siebest sie und erkennest seine Muhe und Grimm, auf daß du sie übergebest in deine Hände. Der Arme ist dir gelassen, dem Weisen wirst du helfen, zerknurse den Arm des Gottlosen, suche seine Bosheit, so wird sein gottlos Wesen nimmer sein etc.

Das dritte: Daß du deinen Mund lassest sein ein Mund des Geistes Christi, von dem St. Paulus droben saget: Unser Herre Jesus wird ihn toten mit dem Mund seines Geistes. Das tun wir, so wir getrost furtfahren, wie angefangen ist, des Papst und der Papisten Büberei und Triegerei unter die Leut treiben mit Reden und mit Schreiben, bis daß er in aller Welt bloß aufdeckt erkennet und zuschanden werde. Denn mit Worten muß man ihn zuvor toten, der Mund Christi muß es tun, damit wird er aus der Menschen Herzen .abrissen und seine Lügen erkennet und verachtet. Wenn er aber aus den Herzen ist, daß sein Ding nit mehr gilt, so ist er schon verstoret. Hiemit kann man ihm baß raten, denn mit hundert Aufruhr. Mit Gewalt werden wir ihm nichts abbrechen, ja, mehr ihn stärken, wie es bisher vielen ergangen ist. Aber mit dem Licht der Wahrheit, wenn man ihn gegen Christo und seine Lehre, gegen das Evangelium hält, da, da fällt er und wird zunicht ohn alle Muhe und Arbeit. Sieh mein Tun an. Hab ich nit dem Papst, Bischöfen, Pfaffen und München allein mit dem Mund, ohn allen Schwertschlag mehr abbrechen, denn ihm bisher alle Kaiser und Könige und Fürsten mit alle ihr Gewalt haben abbrechen. Warum das? Darum, daß Daniel 8 sagt: Dieser König soll ohn Hand verstoret werden. Und St. Paulus: Er soll mit dem Mund Christi verstoret werden. Nu mag ich und ein iglicher, der Christus Wort redet, frei sich rühmen, daß sein Mund Christus Mund sei. Ich bin ie gewiß, daß mein Wort nit mein, sondern Christus Wort sei, so muß mein Mund auch des sein, des Wort er redet.

Darum darfest du nit begehren einer leiblichen Aufruhr. Es hat Christus selbs schon eine angefangen mit seinem Mund, die dem Papst allzu schwere wird sein. Derselbige laß uns folgen und fortfahren. Es ist nit unser Werk, daß itzt geht in der Welt. Es ist nit muglich, daß ein Mensch sollt solch ein Wesen anfahen und fuhren. Es ist auch ohn mein Bedenken und Ratschlagen so ferne kommen. Es soll auch ohn meinen Rat wohl hinausgehen, und die Pforten der Hellen sollen s nit hindern. Ein ander Mann ist s, der das Rädle treibt, den sehen die Papisten nit und geben s uns schuld. Sie sollen s aber gar schier innen werden. Der Teufel hat sich lange Zeit für diesen Jahren gefurcht und den Braten von ferne gerochen, hat auch viel Prophezeien dawider lassen ausgehen, der etliche auf mich deuten, daß ich mich oft seiner großen Schalkheit verwunder. Er hätt mich auch oft gar gerne tötet, itzt wollt er gerne, daß ein leiblich Aufruhr wurde, damit diese geistlich Aufruhr Zuschanden und verhindert wurde. Es will aber und soll ihn nit helfen, ob Gott will. Er muß ohn Hand und allein mit dem Mund verstoret werden, da hilft nichts für.

Siehe, nun treibe und hilf treiben das heilige Evangelium, lehre, rede, schreib und predige, wie Menschengesetz nichts sein, wehre und rat, daß niemand Pfaff, Munich, Nonne werde und wer drinnen ist, erausgehe, gib nit mehr Geld zu Bullen, Kerzen, Glocken, Tafeln, Kirchen, sondern sage, daß ein christlich Leben stehe im Glauben und Liebe, und laß uns das noch zwei Jahr treiben, so sollt du wohl sehen, wo Papst, Bischof, Kardinal, Pfaff, Munch, Nonne, Glocken, Turn, Meß, Vigilien, Kutten, Kappen, Platten, Regel, Statuten und das ganze Geschwurm und Gewurm päpstlichs Regements bleibe. Wie der Rauch soll es verschwinden! Lehren wir aber das nit und bringen solch Wahrheit nit unter die Leut, daß ihn solch Ding aus dem Herzen genommen werde, so wird der Papst wohl für uns bleiben, wenn wir gleich tausend Aufruhr wider ihn anfingen. Siehe, was hat s gewirkt allein dies einige Jahr, daß wir haben solche Wahrheit getrieben und geschrieben, wie ist den Papisten die Decke so kurz und schmal worden. Die Stationierer klagen, sie müssen schier Hungers sterben. Was will werden, wo solcher Mund Christi noch zwei Jahr mit seinem Geist dreschen wird? Solch Spiel wollt der Teufel mit leiblicher Aufruhr gerne hindern. Aber laßt uns weise sein, Gott danken für sein heilig Wort und dieser seligen Aufruhr den Mund frisch dargeben.

Es ist offenbar worden der Papisten Unwissenheit. Es ist offenbar worden ihr Gleisnerei. Es ist offenbar worden ihr falsche Lugen in ihren Gesetzen und Orden. Es ist offenbar worden ihr falsche Tyrannei des Bannes. Kurzum, es ist alles aufdeckt, damit sie bisher die Welt bezaubert, erschreckt und verführet haben. Man siehet, daß es eitel Gaukelwerk gewesen sei. Nichts mehr ist bei ihn , das man furcht, ohn allein noch ein kleiner Behelf weltlicher Gewalt. Aber dieweil der Schein abe ist und mit lauter Gewalt sie sich schützen müssen, ist s nit muglich, daß es lange muge bestehen. Auch, was dem Mund Christi überbleibt, das wird seine Zukunft vertilgen, wie St. Paulus sagt. Darum laßt uns frisch anhalten, das Wort redlich eintreiben, die Menschengesetz austreiben. So tötet Christus durch uns das Papsttum. Es singet schon: Eli, Eli, es ist troffen. Schier wird s heißen: Expiravit.

Aber hie in diesem Treiben muß ich abermal etlich vermahnen, die dem heiligen Evangelio einen großen Abfall und Nachreden machen. Es sind etlich, so sie ein Blatt oder zwei gelesen oder ein Predigt gehöret, rips, raps außerwischen und nichts mehr tun denn überfahren und versprechen die ändern mit ihrem Wesen, als [ob] die nit evangelisch seien, unangesehen, daß zuweilen schlecht, einfältige Leute sind, die wohl die Wahrheit lernten, so man sie ihn sagete. Das hab ich auch niemand gelehret, und St. Paulus hat es hart verboten. Sie tun s nur darum, daß sie wollen etwas Neues wissen und gut lutherisch gesehen sein. Aber sie mißbrauchen des heiligen Evangelii zu ihrem Mutwillen. Damit wirst du das Evangelium nimmermehr in die Herzen treiben. Du wirst sie vielmehr abschrecken und mußt ein schwer Antwort geben, daß du sie also von der Wahrheit getrieben hast. Nit also, du Narr, höre und laß dir sagen, zum ersten bitt ich, man wollt meines Namen gcschweigen und sich nit Lutherisch, sondern Christen heißen. Was ist Luther? Ist doch die Lehre nit mein. So bin ich auch für niemand gekreuzigt. St. Paulus l. Kor. 3 wollt nit leiden, daß die Christen sich sollten heißen Paulisch oder Petersch, sondern Christen. Wie käme denn ich armer, stinkender Madensack dazu, daß man die Kinder Christi sollt mit meinem heillosen Namen nennen? Nit also, lieben Freund, laßt uns tilgen die parteische Namen und Christen heißen, des Lehre wir haben. Die Papisten haben billig einen parteischen Namen, dieweil sie nit benuget an Christus Lehre und Namen, wollen auch päpstisch sein, so laßt sie päpstisch sein, der ihr Meister ist. Ich bin und will keines Meister sein. Ich habe mit der Gemeine die einige gemeine Lehre Christi, der allein unser Meister ist (Matth. 23).

Zum ändern: Wenn du das Evangelium willt christlich handeln, so mußt du acht auf die Person haben, mit den du redest. Die sind zweierlei: Zum ersten sind etlich verstockt, die nit hören wollen, dazu andere mit ihrem Lugenmaul verfuhren und vergiften, als da ist der Papst, Eck, Emser, etlich unsere Bischof, Pfaffen und Munch. Mit denselbigcn sollt du nichts handeln, sondern dich halten des Spruchs Christi Matth. 7: Ihr sollt das Heiligtum nit geben den Hunden, noch die Perlen werfen für die Säue, auf daß sie die nit mit Fußen treten und die Hund sich umkehren und euch zureißen. Laßt sie Hund und Sau bleiben. Es ist doch verloren. Item Salomon: Wo nit ist, der dir zuhöret, so sollt du dein Wort nit ausgießen. Wenn du aber siebest, daß dieselbigen Lugner ihr Lugen und Gift auch in andere Leut schenken, da sollt du sie getrost für den Kopf stoßen und wider sie streiten, gleich wie Paul stieß den Elimam (Apostelgesch. 13) mit harten, scharfen Worten und Christus die Pharisäos nennet Ottergezichte. Das sallt du nit um ihrenwillen tun, denn sie hören nit, sondern um der willen, die sie vergiften. Also gebeut St. Paulus Tit. l, er soll solch unnütze Plauderer und Seelverfuhrer härtiglich strafen.

Zum ändern sind etliche, die solchs zuvor nit mehr gehort haben und wohl lernen mochten, so man s ihn saget, oder sind so schwach, daß sie es nit leichtlich fassen mugen. Diese soll man nit uberpoltern noch überrumpeln, sondern sie freundlich und sanft unterweisen, Grund und Ursach anzeigen. Wo sie es aber nit gleich fassen mugen, ein Zeitlang Geduld mit ihn haben, dovon sagt St. Paulus Rom. 14: Den Schwachen im Glauben sollt ihr annehmen. Item St. Peter (l.Petr. 3): Ihr sollt allzeit bereit sein zur Antwort einem iglichen, der von euch begehrt Grund und Ursach euer Hoffnung, mit Sanftmutigkeit und Forcht. Da stehest du, daß mit Sänfte und Gottesfurcht wir sollen Unterricht geben unsers Glaubens, so es imand begehrt oder darf. Wenn du nu für diesen Leuten deine große Kunst willt erzeigen und so kurz herfährest und gibst für, wie sie nit recht beten, fasten. Meß haben, und willt Fleisch, Eier, dies und das essen auf den Freitag und sagest nit daneben mit Sanftmutigkeit und Furcht Ursach und Grund, so kann ein solch einfältig Herz dich nit anders achten, denn daß du ein stolzer, frecher, freveler Mensch seiest, als denn auch wahr ist, und meinet, man solle nit beten, nit guttun. Meß sei nichts und dergleichen, wilchs Irrtums und Anstoß du Ursach und schuldig bist, daher es denn kommet, daß sie übel richten und reden dem heiligen Evangelio und meinen, man hab dich ungeheure Ding gelehret. Was hilft dich nu solch Beleidung deines Nähisten und Hindernis des Evangelii? Du hast deinen Mutwillen gekuhlet, so sprechen sie: Ei, ich will in meinem Glauben bleiben, und sperren ihr Herz zu der rechten Wahrheit.

Wenn du aber mit Furcht und Sänftmutigkeit (wie St. Petrus lehret) Ursach zeigest und sprechest also: Lieber Mensch, Fasten, Eier, Fleisch, Fisch essen ist ein solch Ding, daß nit dran liegt die Seligkeit. Es mag wohl und ubel geschehen und nachglassen werden. Allein der Glaube macht selig, etc., wie denn hiebei zu sagen ist. Also auch die Messe wäre wohl gut, wenn sie recht gehalten wurde etc. Mit der Weise kämen sie hinzu, horeten und lehreten zuletzt, das du kannst. Aber nu du so frech bist, erhebest dich, daß du etwas wissest, das sie nit wissen, tust als der Pharisäus im Evangelio und lassest dir Ursach deines Übermuts sein, daß sie nit auch dasselb wissen, was du weißest, fällest du in das Urteil St. Pauli Rom. 14: lam non secundum caritatem ambulas, verachtest deinen Nähisten, dem du doch mit Furcht und Sänftmutigkeit dienen solltest. Merk ein Gleichnis: Wenn dein Bruder wäre mit einem Strick um den Hals fährlich gebunden von seinem Feind und du Narr wurdest zornig auf den Strick und Feind und liefest zu und rissest den Strick mit großem Ernst zu dir oder stechest mit einem Messer darnach, da solltest du wohl deinen Bruder erwürgen oder erstechen und mehr Schaden tun denn der Strick und Feind. Wenn du aber ihm helfen willt, mußt du also tun, den Feind magst du hart genug strafen oder schlahen, aber mit dem Strick mußt du sanfte und mit Furchten umgehen, bis du ihn von seinem Hals bringest, daß du deinen Bruder nit erwürgest.

Also, die Lugner, die verstockte Tyrannen magst du wohl hart antasten und frei tun wider ihr Lehre und Werk, denn sie wollen nit hören. Aber die Einfältigen, die von ihnen mit Stricken solcher Lehre fährlich gebunden sind, mußt du gar viel anders handeln, mit Furcht und Sänfte die Menschenlehre auflosen, Grund und Ursach sagen und sie also mit der Zeit auch losmachen. Also tat St. Paulus, da er allen Juden zu Trotz nit wollt Titus lassen beschneiden und beschneidt doch Timotheum. Siehe, also mußt du die Hund und Sau anders denn die Menschen, die Wolf und Lewen anders denn die schwachen Schaf handeln, den Wölfen kannst du nit zu hart sein, den schwachen Schafen kannst du nit zu weich sein. Wir müssen uns doch itzt nit anders halten, denn als lebten wir unter den Heiden, weil wir unter den Papisten leben. Ja, sie sind wohl siebenfältige Heiden, darum sollen wir, wie St. Petrus lehret, ein guten Wandel fuhren unter den Heiden, daß sie uns nichts Übels mugen nachsagen mit Wahrheit, wie sie gern wollten. Sie horen s gar gern, so du dich dieser Lehre rühmest und den schwachen Herzen ärgerlich bist, auf daß sie die ganzen Lehre mugen [als] ärgerlich und schädlich beschreien, weil sie ihr sonst nichts mugen abbrechen und bekennen müssen, daß sie wahr sei. Gott geb uns allen, daß wir auch leben, wie wir lehren, und die Wort auch in die Tat bringen. Unser ist viel, die da sagen: Herr, Herr, und loben die Lehre. Aber das Tun und Polgen will nit hernach. Das sein diesmal gnug zur neuen Vermahnung, für Aufruhr und Ärgernis zu behüten, auf daß nit durch uns selbs das heilige Gotteswort verunheiligt werde. Amen.

Quelle: BDK - Hutten Müntzer Luther

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