Löhe, Wilhelm - David und Salomo - VI.

Löhe, Wilhelm - David und Salomo - VI.

1. Chron. 14,1-4; 5-8; 9-14

1.

David ist nun König auf dem Berge Zion und sein Regiment erstreckt sich über alle Grenzen Israels und die Reiche umher. Weil nun aber er auf Zion thront als Gottes Gesalbter und Unterkönig, so trachtet er danach, seinen Thronsitz auch zum Sitz des göttlichen Throns zu machen. Neben seinem Thron soll Jehovah thronen. Das ist große Weisheit. Er will nicht auf sich selber stehen, sondern all sein Königtum auf göttlichen Grund gründen. Dass er das will, wer will es ihm verdenken, auch wenn er es anders ausgeführt hätte als er tat. Aber wie führt er seine Absicht aus? Lässt er ein Gebot ausgehen, befiehlt er kraft königlicher Gewalt? Nein, er lässt kein Gebot ausgehen: es handelt sich ja um eine religiöse Sache. Er hält einen Rat mit den Hauptleuten und Obersten, er fragt die Gemeine Israels um Rat, er hat die Absicht das ganze Land zu beschicken und insonderheit auch die Priester und Leviten zu befragen. Man sieht, er weiß Königsamt und religiöse Dinge zu scheiden. „Gefällt es euch sagt er und ist es von dem HErrn unserm Gott, so lasst uns die Lade unseres Gottes zu uns wieder holen rc.“ Es kommt alles aus seinem Geist und Herzen, aber ehe er seine Gedanken ausführt, muss erst alles damit übereinstimmen. Für die heiligsten Dinge trachtet er erst den Willen und die Zustimmung seines Volkes zu gewinnen. Ganz richtig sagt ein alter Kirchenvater: kein Gesetz in der Welt bekomme seine gewissensverbindende Kraft durch den Willen des Mächtigen, der es gibt, sondern durch die innere Zustimmung derer, von welchen es Gehorsam erwartet.1) In geistlichen Dingen ist's mit einem Gebot von oben herab nicht getan, da müssen die Herzen ergriffen und der freie Wille gewonnen werden. Wohl ist David ein alttestamentlicher König, und es könnte scheinen, als hätten die alttestamentlichen Könige unumschränkter geherrscht als die heutigen; aber dennoch, welch großen Einfluss lässt David in geistlichen und kirchlichen Dingen dem freien Willen seines Volks! Da fragt er die Gemeine, da nennt er seine Untertanen seine Brüder (V. 3).

Wenn der HErr Zebaoth Seine Scharen sammelt, da darf kein Widerwilliger darunter sein, des HErrn Volk ist, wie es im 110. Ps. heißt, eitel freiwilliges Volk. David will freiwillige Herzen für seinen Gott: eine Regel, welche unter solchem Vorgang doppelten Beifall finden muss. Wohlgetan und weise obendrein ist es, in geistlichen Dingen alles von dem freien guten Willen abhängig zu machen und es dem HErrn zu überlassen, dass sein Licht und Wort die Herzen gewinnt und die rechten Wege zum rechten Ziele führt.

2.

David hat für seinen Plan das ganze Volk gewonnen. Alle im ganzen Land bis an die fernsten Grenzen vom Bach Ägyptens, bis man kommt gen Hamat, sind gesinnt wie David. 30.000 Mann werden nach 2. Sam. 6 von dem König aus dem ganzen Volk ausgewählt, gleichsam als Ehrengarde, um die Lade Gottes bei ihrer herrlichen Heimfahrt zu dem Ort, den Gott erwählt hatte, zu begleiten, und unzähliges anderes Volk dringt herzu, so dass der Tag ein noch schönerer zu werden verspricht als der Königstag zu Hebron. So geht es in fröhlichem Zug nach Kiriath Jearim, wo die Bundeslade, seitdem die Philister sie zurückgegeben hatten, im Hause und in der Hut Abinadabs sich befand. Dort wird die Lade abgeholt und auf einen neuen Wagen gehoben. Usa und sein Bruder trieben den Wagen, und unter lautem Jubelschall, von dem die Erde erdröhnte, setzte sich der Zug in Bewegung, und der König sprang daher und ließ die Harfen und die ganze heilige Musik erklingen. Ist das nicht ein Fest, dass einen die Lust anwandelt, dabei gewesen zu sein? Wenn alle mit einander begeistert sind, da lässt man sich auch mit treiben, da springt und klingt man auch mit, da wird die Andacht Herzenslust, und wird offenbar die Übermacht des Ewigen über die zeitlichen Dinge.

So freut auch ihr euch allewege in dem HErrn, und wenn Seine Feste kommen, so seien sie euch hohe Zeiten, Freudenzeiten. Dann stimmt die Harfen eurer Seele, dann hebt eure Stimmen und lasst die Opfer eurer Lippen steigen, dass Jubel Ihm schalle bis zu den Zinnen Seines ewigen Hauses. Da feiert dann wie Israel und besser als Israel.

3.

Wie schön ist der Anschlag gewesen, den David mit seinem Volk gemacht hat, und wie schön war der Anfang der Ausführung. So ist vielleicht nie wieder ein König des Wegs gezogen, ein solcher feiernder Zug hat sich wohl nie wieder durch diese Gegend bewegt. Und doch sage ich: feiert besser als Israel. Es ist noch keine Bürgschaft vorhanden, dass des HErrn Sinn getroffen ist, wenn alle Menschen in einem Vorhaben übereingekommen sind. Was wohl angefangen ist, soll auch wohl vollendet werden. Hier ist wohl angefangen worden, aber doch zerschlägt sich die Sache. Die 30.000, die der König aufgeboten hatte, das unzählige Volk, das dem Zug sich angeschlossen hatte: sie müssen unverrichteter Sache und traurig heimgehen. Es geschieht nicht, was geschehen soll, die Lade kommt nicht dahin, wohin sie David bringen wollte, sondern an eine Interimsstelle. Es ist ein Riss vom HErrn geschehen, Usa ist gestraft worden, weil er die Lade des HErrn berührte, und David mit dem ganzen Volk ist wie vorhin mit Freude, so jetzt mit Traurigkeit erfüllt. Das Fest ist vereitelt, denn man hat nicht in rechter Weise gefeiert. Gott will so verehrt werden, wie Er's geboten hat will keinen selbsterwählten Gottesdienst von Menschen. Wagen, Rinder, Treiber, Führer für die Bundeslade - das ist alles nicht nach Gottes Sinn. Hat David nicht gewusst, was 4. Mos. 4, 14 u. 15 geschrieben steht, dass die Lade Gottes auf den Schultern der Leviten und zwar an Stangen getragen werden sollte? Wenn David aus Unwissenheit fehlte, so musste doch Usa wissen, dass die Lade Gottes niemand berühren darf und dass der Sitz des HErrn ein unnahbarer ist. Der HErr hat deshalb Seine Gnade nicht von Israel gewendet, Er hat nur auf eine greifliche Weise kund gegeben, dass man auf die Weise achten müsse, wie Er unter Seinem Volke wohnen wolle. Der Segen, der über das Haus Obed Edoms kommt, wo die Bundeslade nun ihren zeitweiligen Aufenthalt findet, ist des ein deutliches Zeichen. Ein andermal, wenn David das Volk wieder zusammenruft, um die Lade Gottes nach Zion zu bringen, weiß er, worin gefehlt, ist und unterrichtet selbst das Volk, wie es besser zu machen ist (1. Chron. 16, 12 ff.).

Es kommt in geistlichen Dingen nicht bloß auf den guten Willen an, man muss auch achten auf Gottes Weisungen. Wenn Gott ein Gebot gegeben hat, so darf man sich davon nicht eigenmächtig entbinden, sondern man muss Ihm dienen in völligem Gehorsam nach Seinem Wort: dann wird Freude und Segen kommen über alle, die Ihm dienen. Der HErr gebe uns „heiligen Muth, guten Rat und rechte Werke,“ dass Ihm von uns so gedient werde, wie es Ihm gefällt und wie es Ihm zur Ehre gereicht und uns zum Segen.

1)
Nulla lex sibi soli conscientiam justitiae suae debet, sed eis, a quibus obsequium exspectat, Tertullian. Apolog. Wörtl. Kein Gesetz ist sich seiner Gerechtigkeit nur sich selbst bewusst, sondern auch denen, von denen es Gehorsam erwartet.
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autoren/l/loehe/loehe_david_und_salomo_-_6.txt · Zuletzt geändert: von aj
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