Kügelgen, Wilhelm von - Von den Widersprüchen in der Heiligen Schrift für Zweifler - Vorrede

Wenn der Verfasser sich entschlossen hat diese kleine Schrift zu veröffentlichen, so geschieht dies allerdings mit dem Wunsche, dass sie gelesen werden möchte; aber doch nur von denen, an die der Titel lautet. Es gibt Krankheiten wie Verirrungen, die man am besten nur mit den Beteiligten selbst bespricht und zwar aus einem zwiefachen Grunde, nämlich weil und damit die Unbeteiligten es nicht verstehen. Ist daher eine Verirrung nicht sehr verbreitet, so möchte man am besten tun darüber gar nichts zu veröffentlichen. Die Irrung aber, die man hier im Auge hatte, ist leider heut zu Tage sehr vieler Leute Los; es ist ein Glaube, der nicht glauben kann. Alle Glaubensstörung indessen hat ihren Grund entweder im Willen, oder im Verstande. Die erste Art des Zweifels wird nur geheilt durch sittliche Ermannung; die zweite durch ernstliches Besinnen. Zu solchem ernstlichen Besinnen nun lädt dies Büchlein seine Leser ein, denn es ist ausschließlich an solche Zweifler gerichtet, die gern glauben würden, wenn ihr Verstand sie nicht am Verstehen hinderte. Nicht dass ihnen zugemutet werden sollte, ihrem Verstande irgendwelche Gewalt anzutun, ihn gefangen zu nehmen oder sonst zu knechten und zu verleugnen; nein, das ist nicht die Meinung, sondern sie werden vielmehr gebeten, ihn vernünftig zu gebrauchen. An diesem vernünftigen Gebrauche aber hindert der Verstand sich selbst dem Glauben gegenüber auch wieder auf zwiefache Weise, indem er nicht allein den christlichen Glaubensinhalt anficht, sondern ganz besonders auch die Form, zu welcher sich dieser Inhalt in der Heiligen Schrift herunter gelassen hat. Es ist die Form unsrer Bibel, an deren scheinbarem Widerspruche sehr viele Menschen Anstoß nehmen. Indem nun der Verfasser selbst durch diesen Widerspruch lange Jahre in seinem Glauben gehindert ward, hat er es für nützlich gehalten, wenigstens einen Teil seiner eigenen früheren Zweifel und die Art, wie es ihm endlich gelungen ist, sie zu beseitigen, hiermit zu veröffentlichen. Dabei nun hat er nicht verkannt, wie wenig seine ganze Befähigung der Aufgabe angemessen ist die keine leichte war, denn es musste die ganze Gewalt des Zweifels zur Anschauung gebracht werden, ohne diejenigen, die ihn nicht teilen zu verlegen oder zu irren, auf der anderen Seite aber der Glaubensinhalt gerechtfertigt, ohne ihn denen zum Spott zu machen die ihn nicht glauben. Sollte es trotz dieser Schwierigkeit doch gelungen sein, diesem oder jenem einen Fingerzeig zu geben, der ihm wohltäte und ihm hilft, so würde der Verfasser sich hoch belohnt halten.

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autoren/k/kuegelgen_w/widersprueche/kuegelgen_-_widersprueche_-_02.txt · Zuletzt geändert: von aj
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