Kapff, Sixtus Carl von - Am Feiertag der Reinigung Maria.

Text: Maleachi. 3, 1-4.
Siehe, ich will meinen Engel senden, der vor mir her den Weg bereiten soll. Und bald wird kommen zu seinem Tempel der HErr, den ihr sucht, und der Engel des Bundes, des ihr begehrt. Siehe, er kommt, spricht der HErr Zebaoth. Wer wird aber den Tag seiner Zukunft erleiden mögen? Und wer wird bestehen, wenn er wird erscheinen? Denn er ist wie das Feuer eines Goldschmieds und wie die Seife der Wäscher. Er wird sitzen und schmelzen, und das Silber reinigen; er wird die Kinder Levi reinigen und läutern, wie Gold und Silber. Dann werden sie dem HErrn Speisopfer bringen in Gerechtigkeit. Und wird dem HErrn Wohlgefallen das Speisopfer Juda und Jerusalems, wie vorhin und vor langen Jahren.

Wir feiern heute das Andenken an die Reinigung der Maria, und unser Evangelium erzählt uns von dem Opfer, das sie im Tempel darbrachte, wobei sie ihr vierzig Tage altes Kind, JEsum, zum ersten Mal in das Haus GOttes brachte und dem HErrn darstellte. Diese Darstellung im Tempel musste bei erstgeborenen Söhnen geschehen, weil alle Erstgeburt dem HErrn heilig und eigentlich zum Priestertum berufen war. So wurde JEsus als der erstgeborene und als der priesterliche Sohn der Maria dem HErrn dargebracht. Die Reinigung der Maria aber durch ein Versöhnungsopfer hatte ihren Grund in dem Gesetz, dass alle Kindbetterinnen, bei Knaben 40, bei Mädchen 80 Tage, unrein waren, d. h. nichts Heiliges anrühren und nicht zum Heiligtum kommen durften, bis sie gereinigt waren durch das Blut des Versöhnungsopfers. Durch dieses Gesetz zeigte der HErr an, dass die Geburt derer, die aus sündlichem Samen gezeugt und als Fleisch vom Fleisch geboren werden, unrein sei in seinen heiligen Augen, ebenso wie auch der Tod als der Sünden Sold unrein machte, dass wer einen Toten anrührte, sieben Tage unrein war. Solche Gesetze über die Unreinheit der Gebärenden und der Gestorbenen sollten den Grundgedanken des neuen Bundes vorbereiten: „Es sei denn, dass Jemand von Neuem geboren werde, so kann er das Reich GOttes nicht sehen.“ Unsere Menschheit, wie sie von Natur ist seit dem Sündenfall, ist unrein vor dem Heiligen, und daher bedarf unser ganzes Wesen einer großen Reinigung und Erneuerung. Diese wird uns allein durch das vollkommene Opfer, das durch alle alttestamentlichen Opfer vorgebildet wurde, nämlich durch das Opfer JEsu Christi zu Teil. Er ist der einzig Reine unter allen Menschenkindern; seinetwegen hätte Maria keines Reinigungsopfers bedurft: aber sie war dem Gesetz untertan, das unsere Unreinigkeit vorbildete, weil JEsus unser Stellvertreter war von seiner Geburt bis auf den Thron der Majestät. Als solcher ist Er durch sein vollkommenes, ewig gültiges Versöhnopfer unsere Reinigung geworden, und wer in seinem Licht wandelt, den macht sein Blut rein von aller Sünde. Deswegen schaute der ganze alte Bund mit Sehnsucht nach Ihm, und in unserem Text hören wir als die freudenvollste Verheißung die: „Bald wird kommen zu seinem Tempel der HErr, den ihr sucht, und der Engel des Bundes, des ihr begehrt.“

Aber gleich darauf stellen dem Blick des Propheten die sich dar, die in ihrer sündlichen Unreinheit bleiben wollen, und da ruft er: „Wer wird aber den Tag seiner Zukunft erleiden und wer wird bestehen, wenn Er wird erscheinen? Denn Er ist wie das Feuer des Goldschmieds und wird die Kinder Levi reinigen und läutern, wie Gold und Silber.“ Diese mehr gerichtliche und feuerartig brennende Reinigung werden die Wenigsten sich gefallen lassen wollen. Aber Christus kommt und übt sein Schmelzwerk, damit hergestellt werde, was die Sünde verdorben hat. Solch' Reinigungswerk hat Er geübt in den Tagen seines Fleisches und seither in unsichtbarem Kommen. Aber noch viel umfassender wird Er es üben in seiner anderen Zukunft, von der eigentlich die Worte gelten: „Wer wird den Tag seiner Zukunft erleiden mögen?“ Daher betrachten wir unter dem Segen des HErrn:

Die Reinigung durch das Kommen des HErrn,

  1. durch sein erstes Kommen,
  2. durch sein tägliches, unsichtbares Kommen,
  3. durch sein zweites Kommen in der Herrlichkeit.

HErr, lass dein Kommen immerzu
Mir im Gedächtnis bleiben.
So wird mich's, was ich leid' und tu',
Zur Furcht und Freude treiben.
Zur Freude unter langem Kreuz,
Zur Furcht vor Wollust, Stolz und Geiz,

Und was die Welt sonst übet.

Lass mich sowohl auf Zorn als Huld
In deiner Zukunft merken,
Lass stets dein Wort mich in Geduld
Und in dem Glauben stärken;
Und lehre mich in Einem Geist
Mit Allen, die Du gläubig heißt,
Auch sprechen: „Komm, HErr JEsu.“ Amen.

l.

Die äußerlich gesetzliche Reinigung der Maria sollte das Vorbild sein von der Reinigung unserer Herzen. Von dieser spricht unser Text. Der Prophet Malachias kündigt den Heiland an als den HErrn, der bei seiner Erscheinung unter dem Volk Israel eine große Reinigung vornehmen werde. Darauf wies schon der Vorläufer JEsu, Johannes der Täufer, hin, von dem unser Text spricht mit den Worten: „Siehe, ich will meinen Engel oder Boten senden, der vor mir her den Weg bereiten soll.“ Schon dieses Wegbereiten drang mit dem größten Ernst auf Reinigung der Herzen. Rechtschaffene Früchte der Buße verlangte Johannes von allen Ständen; Allen, selbst den Obersten des Volks, selbst dem König, hielt er ohne Scheu ihre Sünden vor, und den Unbußfertigen bezeugte er, dass sie dem zukünftigen Zorn nicht entrinnen können. JEsum aber kündigte er an mit den Worten: „Er hat seine Wurfschaufel in der Hand, Er wird seine Tenne fegen und den Weizen in seine Scheune sammeln, aber die Spreu wird Er verbrennen mit ewigem Feuer.“ Diese Reinigung wurde von JEsu wirklich angefangen. Sein erster Ruf war: „Tut Buße, das Himmelreich ist nahe herbeigekommen.“ Und in seiner ersten Hauptrede, in der Bergpredigt, war einer der ersten Grundsätze seines Reiches der: „Selig sind, die reines Herzens sind, denn sie werden GOtt schauen.“ Sein erster und einer seiner letzten Besuche im Tempel war eine Reinigung des Hauses GOttes, da Er beide Mal die Käufer und Verkäufer hinaustrieb. Seine Wunderheilungen waren Reinigungen der durch allerlei Seuchen und Gebrechen, Aussatz und Elend verunreinigten Menschheit, aus der Er das Sündengift mit seinen verderblichen Wirkungen hinwegzuschaffen bemüht war. Wie im Leiblichen durch Krankenheilungen, so tat Er das im Geistlichen durch seine Geistesworte, die wie ein Salz eine reinigende Kraft bewiesen an Allen, die darauf merkten, und daher denen, die sich nicht reinigen lassen wollten, höchst zuwider waren, so dass sich an seinen Feinden das Wort des Propheten schon teilweise erfüllte: „Wer wird den Tag seiner Zukunft erleiden mögen?“ Sie konnten das reinigende Feuer nicht vertragen, das in seinen Worten, in seinem heiligen Wandel und in seiner ganzen Erscheinung lag. Deswegen hassten sie ihn bis in den Tod, aber nur sich selbst zum Tod.

Zu seinen Aposteln dagegen konnte der HErr sagen: „Ihr seid jetzt rein um des Wortes willen, das Ich zu euch geredet habe,“ d. h. durch das Wort vom Glauben, und durch Alles, was ich von göttlichen Wahrheiten euch mitgeteilt, ist euer Herz jetzt schon innerlich rein, von den falschen Ansichten des Fleisches und der Welt frei und für das Reich GOttes aufgeschlossen worden. Konnte JEsus schon um seiner Worte willen die Jünger rein sprechen, so konnte Er es noch vielmehr um deswillen, was Er am Kreuz für die sündige Menschheit getan hat. „Sein Blut macht rein von aller Sünde,“ das erst ist die rechte Reinigung, die Er uns erworben und die wir durch den Glauben jetzt schon in Ihm haben. Daher sagt Paulus Eph. 5: „Christus hat geliebt die Gemeine und hat sich selbst für sie gegeben, auf dass Er sie heiligte, und hat sie gereinigt durch das Wasserbad im Wort, auf dass Er sie Ihm selbst darstellte eine Gemeine, die herrlich sei, die nicht habe einen Flecken oder Runzel oder des etwas, sondern dass sie heilig sei und unsträflich.“ Hier hören wir, dass durch das große Versöhnungsopfer Christi die an Ihn Gläubigen gereinigt und geheiligt werden; zugeeignet aber wird ihnen diese Reinigung durch das „Wasserbad im Wort,“ durch die mit lebendigem Verheißungswort verbundene Taufe. Die Taufe ist die Abwaschung und Reinigung der sündlichen Befleckung, und in ihr schon wird die Reinigungskraft des Blutes JEsu uns zu Teil. Daher Paulus zu den Korinthern (I. 6, K.) sagt: „Ihr seid abgewaschen (auch von groben Sünden), ihr seid geheiligt, ihr seid gerecht geworden durch den Namen des HErrn JEsu und durch den Geist unseres GOttes.“ Deswegen sagte auch Petrus, als es sich in der Apostelversammlung darum handelte, ob auch die Heiden ohne Beschneidung Christen werden können, „GOtt habe ihre Herzen durch den Glauben gereinigt und auch ihnen den heiligen Geist gegeben“ (Apostelg. 15, 9.).

Die Sündenvergebung durch den Glauben an JEsum ist die große Reinigung, durch welche wir als rein und heilig vor GOtt dargestellt werden. Dadurch hat JEsus den Grund zur Reinigung und Heiligung unseres ganzen Geschlechtes in sich selbst gelegt; in Ihm, dem Reinen, sind wir Alle schon gereinigt und gerechtfertigt, und die das im wahren Glauben annahmen, die sind Alle schon durch Christi erstes Kommen ein neues, reines, GOtt gefälliges Geschlecht geworden, und in Christo ist an ihnen erfüllt worden, was alle Reinigungs- und Versöhnungsopfer des alten Bundes bloß als Schatten vorgebildet hatten. Daher sagt Paulus: „So der Ochsen und Böcke Blut und die Asche von der Kuh gesprengt, heiligt die Unreinen zu der leiblichen Reinigkeit, wie vielmehr wird das Blut Christi, der sich selbst ohne allen Wandel durch den heiligen Geist GOtt geopfert hat, unser Gewissen reinigen von den toten Werken, zu dienen dem lebendigen GOtt“ (Hebr. 9,13.14.)! Deswegen heißt JEsus in unserem Text „Engel des Bundes.“ Er hat den Bund gestiftet, in dem die unreine Menschheit durch das Blut seines Bundes gewaschen und mit GOtt auf ewig vereinigt wird, weil Er als der „HErr“ Eins ist mit GOtt und wir durch die Einheit seines Wesens auch Eins werden sollen mit dem Vater.

Wie so die allgemeine Reinigung unserer Menschheit durch das erste Kommen des HErrn und durch sein ganzes Erlösungswerk Allen zum Leben half, die sie im Glauben annahmen, so will der HErr

II.

durch sein tägliches, unsichtbares Kommen fortwährend zu unserem Heil sein Reinigungsgeschäft üben. In allen Zeiten seiner Kirche erweist sich JEsus so, wie unser Text Ihn schildert mit den Worten: „Er ist wie das Feuer eines Goldschmieds und wie die Seife der Wäscher oder wie die Lauge der Walker; Er wird sitzen und schmelzen und das Silber reinigen; Er wird die Kinder Levi reinigen und läutern, wie Gold und Silber.“ Was JEsus bei seinem ersten Kommen in's Fleisch selbst persönlich getan hat, das tut Er jetzt durch seinen heiligen Geist. Der Geist verrichtet zuerst das Geschäft des Johannes, er bereitet den Weg vor dem HErrn. Das sind die Wirkungen der vorbereitenden oder vorlaufenden Gnade an Seelen, die noch unbekehrt im Fleisch leben. Wie sollen solche unreine Herzen rein werden? Wenn Gold oder Silber, in Erde und Steinen verborgen, aus der Tiefe der Berge hervorgebracht wird, so wirft man es in heftiges Feuer, um so die Erde und Steine hinwegzuschmelzen und den unverbrennlichen, edlen Metallstoff rein zu erhalten. Solches Feuer wandte Johannes an, indem er zu den Juden sagte: „Welcher Baum nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und in's Feuer geworfen.“ Wie Johannes durch erschütternde Strafdrohung die Berge erniedrigte und das Unebene gerade zu machen suchte, so arbeitet der heilige Geist an den Herzen und wirft eine Unruhe über ihren ganzen Zustand in sie hinein, deckt ihr Sündenverderben ihnen auf, entleidet ihnen die Welt und macht sie bekümmert um ihr ewiges Heil, dass sie fragen, wie die Zöllner und Kriegsknechte den Johannes fragten: „Was sollen wir denn tun?“

Solche Unruhe zu bewirken, braucht der HErr auch allerlei äußerliche Mittel, Trübsale, Krankheiten, Armut, Verachtung bei der Welt, Demütigungen aller Art, wodurch die Weltlust vergeht und ein Verlangen nach ewigen Gütern im Herzen aufwacht. Solche Demütigungs- und Leidenstigel tun der Natur oft so weh, wie das Feuer dem Leib; aber ohne solche Reinigungsfeuer käme das Gold des inneren Menschen, der zu GOtt geschaffene Geist, nie an's Licht. Ist dann der Geist durch die Schmelztigel äußerlicher Leiden und innerlicher Züchtigungen des heiligen Geistes von den gröbsten Schlacken gereinigt, so kann der heilige Geist das weiche Glaubensgold in seine Bearbeitung nehmen und es so schön reinigen und polieren, dass das Bild Christi hell und klar daraus herausleuchtet, wie das reine Gold spiegelhell die Bilder wiederstrahlt. Da eignet der Geist vor Allem die große Reinigung durch das Blut JEsu Christi den Herzen zu, und durch den Glauben an die Vergebung der Sünden wird das Gewissen gereinigt von den toten Werken. Je mehr eine Seele sich JEsu hingibt, desto mehr wird sie rein von den Befleckungen des alten sündlichen Wesens. Da ist ein tägliches Kommen des HErrn durch seinen Geist, wodurch Er die Seele immer mehr auch von den täglich vorkommenden Verunreinigungen los zu machen sucht, wie das Lied sagt:

Bald mit Lieben, bald mit Leiden
Kamst Du, HErr, mein GOtt, zu mir,
Nur mein Herze zu bereiten,
Sich ganz zu ergeben Dir,
Dass mein gänzliches Verlangen
Möcht' an deinem Willen hangen.

Auch das schon geläuterte Gold bedarf einer fortgehenden Läuterung. Der Schmutz des Irdischen hängt sich so gern auch reinen Herzen wieder an, das Fleisch gelüstet allezeit wider den Geist, und die Sünde ist, so lange wir im Leibe wallen, ein Feind, der uns immerdar anklebt und träge macht. Daher kommt der HErr auch bei gläubigen Seelen noch mit manchen Schmelztigeln, in denen Er auch von den immer sich wieder ansetzenden Schlacken das Gold reinigt, damit es in sein Heiligtum tauge. Darauf besonders gehen die Worte unseres Textes: „Er wird die Kinder Levi reinigen und läutern, wie Gold und Silber.“ Die Kinder Levi waren im alten Bund das Priestergeschlecht, im neuen Bund sind das die Gläubigen, die alle geistliche Priester sein sollen, wie es Simeon war, ohne dass er das äußerliche Amt hatte. Auch dieses Priestergeschlecht also muss der HErr noch reinigen und läutern wie Gold und Silber. Das tut Er, wie Er Jes. 48 sagt, oft auf sehr empfindliche Weise im Ofen des Elends, durch länger anhaltende Züchtigungen, die unser Text bezeichnet mit den Worten: „Er wird sitzen und schmelzen;“ sitzen zeigt ein längeres Verweilen bei dem Schmelzwerk an. Auch das andere Bild: „Die Seife oder Lauge der Walker,“ drückt ein Reinigungsgeschäft aus, bei dem die Seelen in starke Bearbeitung genommen werden. Da rufen sie oft unter dem Druck der Trübsal mit David: „Ach, HErr, wie so lange!“ Und doch ist es lauter Gnade, dass der HErr solches Geschäft bei uns vornimmt.

Unreines Gold taugt nicht in's Heiligtum, und bei manchen Gläubigen, die dem göttlichen Schmelzer nicht stille hielten, ist die Sünde, die sie wieder liebgewannen, wie ein Rost geworden, der das Eisen zerfrisst und verzehrt. Alles, was wir selbst tun, uns als rein vor dem HErrn darzustellen, das führt nicht zum Zweck, daher der HErr durch Jeremias (2,22.) zum Volk Israel sagt: „Wenn du dich gleich mit Lauge wüscht und nähmst dir viel Seife, so gleißt doch deine Untugend vor mir, wie darfst du denn sagen: ich bin nicht unrein?“ Wir können oft verborgene Unreinigkeiten an uns haben, die wir nicht als Befleckungen erkennen wollen; aber das Auge des HErrn sieht auf den innersten Grund, und seine treue, eifersüchtige Liebe leidet auch das Kleinste nicht, was unser inneres Leben beschädigen kann. Daher rührt die fortgehende Gnadenzucht des HErrn, in der Er oft mit beißender Lauge und mit brennendem Feuer kommt, uns zu reinigen und zu läutern. Oft müssen wir solche Leidensfeuer als gerichtliche Züchtigungen erfahren, und da kann es manchmal scheinen, als sei Er hart gegen uns, oder gar fern von uns, dass wir mit David sagen: „Wie lange willst Du meiner so gar vergessen? Wie lange verbirgst Du dein Antlitz vor mir?“ Aber gerade da ist Er uns besonders nahe, näher, als in den guten Tagen; da sitzt Er vor uns und schmelzt, was wegzuschmelzen ist. Es währt aber nicht länger, als es nötig ist. Der HErr macht es wie der Goldschmied, der auch zum Schmelztigel hinsitzen muss, weil es längere Zeit währt, bis das Gold von den Schlacken geläutert ist. So wie diese Läuterung geschehen ist, hört auch das Geräusch auf, das durch das Ausschmelzen der Schlacken bewirkt wurde, und dann wird der Tigel vom Feuer genommen. Ebenso, wenn wir still sind und nicht mehr murren, lässt der HErr die Flamme der Trübsal erlöschen. Aber auch das ist vom Goldschmied zu merken, dass er das Gold vom Feuer tut, wenn es so hell ist, dass er sein Bild darin sieht. So will GOtt, dass durch die Trübsal sein heiliges Bild in uns verklärt werde.

Oft aber übt Er sein Reinigungsgeschäft nur innerlich durch gnadenvolles Kommen zu unserem Herzen; da kommt Er mit einem besonders seligen Gefühl seiner Liebe, wodurch wir beschämt werden und in Liebe zerschmelzen, so dass solches Liebesfeuer die Unreinheit wegschmelzt; Er kommt mit innerlichen Stimmen, die uns aufdecken, was Er wider uns hat; Er macht sein Wort besonders lebendig in uns, dass wir dadurch kräftiger gestraft, ermahnt, geheiligt werden; Er ruft durch das Wort eines Bruders uns zu und macht uns aufmerksam auf innere Mängel und hilft uns zurecht; Er macht durch sein Abendmahl unsere Herzen weich, hell und rein, und kommt mit dem Licht seiner Heiligkeit in uns und teilt neue Heiligungsgaben in uns aus, dass wir willig Alles Ihm zum Opfer bringen, was Ihm missfällt, und alles Unreine verbrennen lassen im Feuer seiner Liebe. So auch oft im gewöhnlichen Gebet, wie kann Er da oft das Herz so innig zerschmolzen machen, dass es willig allen Unrat, der sich angesetzt hat, hinauswerfen und sich reinigen lässt! Der Umgang mit JEsu und mit seinem Wort ist ein Licht, das den inneren Menschen durchleuchtet und rein macht und hell, wie ein von der Sonne durchleuchtetes reines Glas.

So auf vielfache Weise übt der HErr durch tägliches Kommen, bald mehr in lauter Gnade und Liebeserweisung, bald mehr gerichtlich züchtigend sein Reinigungsgeschäft an uns, und unaufhörlich ruft sein Geist Allen zu: „Reinigt die Hände, ihr Sünder, und macht eure Herzen keusch, ihr Wankelmütigen, demütigt euch vor GOtt, so wird Er euch erhöhen.“ Wer auf diese Stimme merkt, der wird dann nach unserem Text ein Opfer des HErrn werden in Gerechtigkeit, und sein Wandel wird wie ein heiliges Speisopfer dem HErrn Wohlgefallen. Wer aber durch das Reinigungsgeschäft der Gnadenzeit sich nicht reinigen lässt, über den wird ein schweres Reinigungsgericht ergehen

III.

durch die andere Zukunft des HErrn, da Er wiederkommen wird in seiner Herrlichkeit, zu vertilgen alles antichristliche Wesen und zu vernichten alle menschliche Höhe, die sich wider Ihn erhoben. Diesen großen Tag seiner Zukunft hat eigentlich unser Text im Auge, wenn er sagt: „Wer wird den Tag seiner Zukunft erleiden, und wer wird bestehen, wenn Er wird erscheinen?“ Den Tag seiner ersten Zukunft konnten die Leute wohl erleiden; Er hatte seine Herrlichkeit verhüllt unter unserem schwachen Fleisch, war noch nicht als der HErr gekommen, wie unser Text Ihn ankündigte, nicht einmal als der Engel des Bundes, sondern als Mensch, in Allem uns gleich. Auch die Sünder konnten seinen Anblick erleiden: nur innerlich konnten die Unbußfertigen seine Worte nicht ertragen.

Aber es kommt eine Zeit, wo Alle, die nicht mit Ihm vereinigt sind, buchstäblich nicht bestehen können vor seiner Erscheinung. Der HErr selbst sagt: „Es werden heulen alle Geschlechter auf Erden, wenn sie sehen kommen des Menschen Sohn in den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit.“ Ja, sie werden, noch ehe sie Ihn sehen, verschmachten vor Furcht und vor Warten der Dinge, die kommen sollen auf Erden. Denn Er kommt nach Offenb. 19 „mit Augen wie Feuerflammen und auf seinem Haupt viele Kronen, und aus seinem Mund geht ein scharfes Schwert, dass Er damit die Heiden schlage, und Er tritt die Kelter des Weins des grimmigen Zorns des allmächtigen GOttes.“ Da wird dann durch seine Macht das Tier, der Antichrist und der falsche Prophet gegriffen und lebendig in den feurigen Pfuhl geworfen, der mit Schwefel brennet, und Alle, die es mit den Feinden Christi hielten, werden erwürgt durch das Schwert des Königs aller Könige und HErrn aller Herren. So wird Er auch in seiner dritten Zukunft, zum Weltgericht, so gewaltig erscheinen, dass der Himmel und die Erde fliehen werden vor seinem Angesicht und ihre Stätte wird nicht mehr erfunden. „Und wer dann nicht erfunden wird im Buch des Lebens, der wird geworfen in den feurigen Pfuhl“ (Offenb. 20).

O wer wird den Tag solcher Zukunft erleiden, und wer wird bestehen, wenn Er so majestätisch wird erscheinen! Da können nur die bestehen, die in der Gnadenzeit sich von Ihm haben reinigen lassen. Die Andern aber werden den entsetzlichen Schmelzfeuern der ewigen Gerichte übergeben, und Jahrhunderte und Jahrtausende wird das Feuer - nicht mehr das leichte des Goldschmieds, nicht mehr das Feuer der Liebe, sondern das schreckliche Feuer des Zorns und der Hölle - sie schmelzen. Wer wollte solchen ewigen Schmelzfeuern sich überlassen, wer Jahrtausende und Ewigkeiten in unsäglicher Qual zubringen? Wer nicht viel lieber heute, heute in der Gnadenzeit sich reinigen lassen durch das innerliche Gnaden- und Liebesfeuer JEsu und seines Geistes! Heute noch ist Gnadenzeit, morgen vielleicht nicht mehr. Morgen vielleicht hat schon sein gerichtliches Kommen dich getroffen. Was die andere Zukunft Christi für die ganze Kirche und Welt, das ist der Tod für jeden Einzelnen. Im Tod kommt der HErr zu den Seelen und erscheint als ihr Richter. Wer kann den Tag dieser Zukunft erleiden und wer kann bestehen, wenn Er wird erscheinen, um die Seele abzurufen aus der Gnadenzeit, dass sie offenbar werde vor seinem Richterstuhl mit Allem, was sie hier getan, geredet, ja gedacht hat? Wer kann da bestehen vor seinem Angesicht? O, da werden Alle, die nicht durch Sein Blut rein geworden sind in lebendigem Glauben und in der Wiedergeburt, zittern und beben, und sagen zu den Bergen: „Fallt über uns,“ und zu den Hügeln: „Deckt uns.“ Da können nur die bestehen, die hier schon sich als reine Opfer dem HErrn dargebracht haben in Gerechtigkeit, dass sie Ihm Wohlgefallen, wie vorhin und vor langen Jahren unsere Menschheit im reinen Ebenbild GOttes Ihm gefallen hat? So in Christo rein und GOtt wohlgefällig zu werden, das sei unser tägliches Bestreben! Ja, wir wollen auch von den kleineren Befleckungen uns reinigen lassen durch seinen Geist, damit wir immer mehr in sein heiliges Bild verklärt werden, und so den Tag seiner Erscheinung nicht fürchten müssen und nicht zu Schanden werden vor Ihm in seiner Zukunft, sondern

Dass wir einst mit allen Frommen,
Wann die Hochzeit nun gekommen,
Und der Bräutigam allda,
Helle Glaubenslampen bringen
Und dem Lamm ein Loblied singen,

Hallelujah, Gloria! Amen.

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