Kähler, Carl Nikolaus - Auslegung der Epistel Pauli an die Epheser in 34 Predigten - Vierunddreißigste Predigt

Kähler, Carl Nikolaus - Auslegung der Epistel Pauli an die Epheser in 34 Predigten - Vierunddreißigste Predigt

Nimm, treuer Gott, den Geist der Liebe,
Den Geist des Friedens nie von mir,
Und stärke mich durch seine Triebe,
Durch seinen Beistand für und für!
So leite durch die Pilgerzeit
Mich aus der Welt zur Seligkeit!

Auch das ist eine schöne Frucht des Kreuzes Christi, dass es die Gläubigen einander nahe bringt, wenn sie äußerlich auch noch so fern von einander wohnten. Paulus schreibt am Schluss seiner Epistel an die Epheser: „Damit auch ihr (wie die Kolosser) meine Lage erfahret, was ich mache, wird euch Alles kundtun Tychikus, der geliebte Bruder. und treue Diener im Herrn.“ War denn der Apostel unter ihnen gewesen, dass sie ihn kannten? Nein, mit Ausnahme der Epheser, hatten die Übrigen, an die er schreibt, sein Angesicht nie gesehen, und er nie ihr Angesicht. Dennoch schreibt er, als wären sie seine Kinder, die sich sehnten, Nachricht zu bekommen von dem teuren Vater, und schickt einen Mann zu ihnen, der früher sein Gefährte gewesen war auf seiner Reise durch Makedonien (Apg. 20), den ihm in Liebe treu ergebenen Tychikus. Der sollte ihnen den Brief überbringen, wie er auch den Kolossern eine Epistel brachte, und zugleich Nachricht geben über seine Lage in Rom, und sie ermuntern und trösten in ihren Kämpfen. Seht, ein so schönes Band der Liebe und Anhänglichkeit knüpft unter uns das Kreuz Christi, so dass es heißen kann: als die Fernen und doch nah, als die Unbekannten und doch bekannt. Wir haben manchen lieben Bruder selbst auf den Sandwichsinseln, und die dortigen Insulaner manchen Bruder in Holstein; viele hundert Meilen scheiden uns, aber das Kreuz Christi bringt uns im Herzen einander nah, so dass sie sich nicht wundern könnten, wenn wir ihnen einen Boten schickten mit einer Epistel, worin es hieße: der Bote, den wir euch senden, teure Brüder, soll euch Nachricht geben über uns, wie es uns geht. Solche Bekanntschaft stiftet das Kreuz. Und wenn ihr noch von andern herrlichen Wirkungen dieses Kreuzes hören wollt, so vernehmt den Segenswunsch, womit der Apostel seine Epistel an die Epheser beschließt.

Ephes. 6, V. 21 bis 24: Auf dass aber auch ihr wisst, wie es um mich stehe, und was ich schaffe, wird es euch alles kund tun Tychikus, mein lieber Bruder und getreuer Diener in dem Herrn, welchen ich gesandt habe zu euch um desselben willen, dass ihr erfahret, wie es um mich stehe, und dass er eure Herzen tröste. Friede sei den Brüdern, und Liebe mit Glauben, von Gott dem Vater und dem Herrn Jesu Christo. Gnade sei mit Allen, die da lieb haben unsern Herrn Jesum Christum unverrückt. Amen.

Lasst uns, wie die Fastenzeit es fordert, mit unserem Text unter das Kreuz Christi treten. Woher kämen auch sonst jene drei Dinge, die der Apostel den Ephesern wünscht Friede, Liebe, Gnade- woher kämen sie, wenn man sie nicht wie Früchte vom Baume des Leidens und Sterbens unsers Erlösers pflückte? Betrachten wir denn den Segenswunsch des Apostels unter dem Kreuze des Herrn. Es wird darin gedacht 1. des Friedens, 2. der Liebe und 3. der Gnade.

O lieber himmlischer Vater, gib auch uns von diesen Früchten des Baumes auf Golgatha zu essen, nach deiner Verheißung, welche lautet: Selig sind die da hungert, denn sie sollen satt werden!

1.

Friede sei den Brüdern. Ihr kennt schon diesen Gruß aus dem Munde eures Erlösers. Wenn er eintrat zu seinen Jüngern, war sein erstes Wort: Friede sei mit euch! Auch hatte er sie gelehrt (Luk. 10), wo sie in ein Haus kämen, dass sie da zuerst sprechen sollten: Friede sei in diesem Hause!

Es war schon der Gruß der Väter im Alten Testament gewesen, denn wir finden dort oft diesen Wunsch ausgesprochen. Aber was bedeutet nun dieser Friede? Das Wort befasst Vieles; es bedeutet alles Mögliche Gute, alles Mögliche Wohlergehen, doch nicht zunächst das, was man im gemeinen Leben Glück zu nennen pflegt, wie wenn es in den Neujahrswünschen heißt: Viel Glück zum neuen Jahr! Wie Viele, die Glück haben, haben keinen Frieden, und wie Viele, die Frieden haben, haben kein Glück! Es müssen vor Allem, wenn Friede da sein soll, die Wunden des Herzens geheilt werden, die von der Sünde kommen. Wir sind von Natur Feinde Gottes, als die wir wider ihn sündigen mit Herz, Mund und Tat, und können ihn nicht unsern himmlischen Vater nennen. Hört dies auf, so dass wir sprechen können: er hat uns lieb und wir haben ihn lieb; alle Sünde ist uns vergeben, all' Fehd' hat nun ein Ende, Gott ist unser Vater geworden, unsere Freude, unser Trost: ja, dann ist Friede im Herzen, und dann sind wir glücklich als Kinder eines Vaters, der uns alle Tage viel Gutes tut, uns behütet, uns bewährt, ohne dessen Willen kein Haar von unserem Haupte fällt. Zugleich haben wir dann Ruhe im Gewissen; der unser innerer Kläger war, ist unser Verteidiger, unser Anwalt geworden; mit stillem, ruhigem Herzen stehen wir Morgens auf und gehen Abends damit zur Ruhe. Weiter: der Friede söhnt uns mit dem Nächsten aus, denn nun ist der fleischliche Zorn von uns gewichen, die Bitterkeit, die Feindschaft, Rache, Neid und Alles, was Menschen mit Menschen entzweit. Ist's gleich nicht möglich, ohne Widersacher in der Welt und aller Menschen Freund zu sein, so tragen wir doch in uns ein sanftmütiges, ein friedfertiges, ein versöhnliches Herz, so dass wir Frieden halten und Frieden stiften, wo es möglich ist. Wird dadurch nicht mancher Sturm unsers Herzens in stilles Wetter verwandelt? Ja, selig sind die Friedfertigen! (Matth. 5). Noch weiter 'reicht die segnende Hand des Friedens. Sie föhnt uns mit der Welt aus, die uns nun kein Kerker mehr ist, worin wir an Ketten gefangen liegen, sondern wir pilgern durch sie als durch ein fremdes Land in unsere Heimat, das himmlische Jerusalem, dessen Türme wir in der Nähe sehen. Wir sind mit unserem Leben, mit unserem Schicksal ausgeföhnt. Sind wir auch nicht ohne Tränen und mancherlei Trübsal, so haben wir doch in uns einen göttlichen Trost; ja, wir können uns sogar der Trübsal freuen, wie Paulus spricht (Röm. 5), und verleben in der Trübsal unsere besten Stunden und Tage. Seht, Christen, das alles schließt in sich der Friede, den Paulus den Brüdern wünscht.

Aber woher nun dieser Schatz an innerem und äußerem Wohlergehen? Können wir uns den Frieden selber geben? Nein, lass dir von Paulus sagen, woher der Friede kommt. „Von Gott dem Vater.“ Ja, das ist gewisslich alles wahrhaftigen Friedens Same und Anfang, wenn Gott geworden ist unser Vater. Kann ich nur kindlich und mit aller Zuversicht Abba! sprechen, so wird schon der Friede in mir grünen, blühen und Mandeln tragen. Aber das ist eben die Sache, um die es sich handelt: wie ist's anzufangen, dass Gott unser Vater werde? Daran haben die Menschen Jahrtausende vergeblich gearbeitet mit vielen Werken, die sie getan, mit vielen Opfern, die sie gebracht, mit vielen Martern und Qualen, denen sie sich unterworfen haben, und doch sind sie nicht zum Vater gekommen. Wo findest du unter den Heiden den Vater, wie der gläubige Christ ihn hat? Die alten Griechen nannten wohl ihren obersten Gott den Vater der Menschen und Götter, aber ihr Vater Zeus ist gegen unsern himmlischen Vater kaum das, was der Morgenstern gegen den Mond oder der Mond gegen die Sonne ist. Selbst der Jehova des Alten Testaments ist noch bei Weitem nicht der liebe Gott und Vater, der nun Wohnung gemacht hat in unsern Herzen. Wisse, Gott ist dein und unser aller Vater geworden durch den, welcher spricht: Niemand kommt zum Vater denn durch mich, daher auch Paulus in unserem Texte sagt: Friede sei den Brüdern von Gott dem Vater, und dem Herrn Jesu Christo. Also stellt das Wort „,Friede“ uns unter das Kreuz, und weist uns auf den hin, der durch sein heiliges, teures Blut uns erlöst hat und mit Gott versöhnt. Er ist unser Friede (Eph. 1, 14), Er allein; darum glaube an ihn, den für dich Gekreuzigten, so hast du Frieden, und erlangst ihn immer mehr, wie das auch eben der Apostel wünscht, dass unser Friede wachsen möge wie der Mond, und aus dem ersten Viertel ein Vollmond werde, bis an die Zeit hin, da alle Unruhe und Qual unsers Herzens sich in ewige Stille verwandelt hat.

2.

Aber woher rührt's nun, dass der Apostel als das Zweite, das er uns wünscht, die Liebe nennt? „Friede sei den Brüdern, und Liebe.“ Es rührt daher, dass, wo die Liebe fehlt, da auch der Friede nicht wohnen kann. Die Liebe ist das goldene Tor, durch das der Friede in unsere Herzen und in unsere Gemeinschaft zieht. Es wäre ja ein eitler, törichter Wunsch, wenn ich den Frieden ohne Weiteres über Alle wollte ausgebreitet wünschen und sagen: Friede den Christen, Juden, Türken, Heiden! Nicht einmal die, welche den gemeinsamen Namen „Christen“ führen, sind alle durch das Friedensband verknüpft. Was steht im Wege? Nichts als die Lieblosigkeit, die von Anfang der Welt her so viel Unfrieden unter den Menschen gestiftet hat. Wie könnt ihr euch des Friedens rühmen, so lange noch eure Herzen von einander geschieden sind? In vielen Häusern fehlt der Friede, aus keinem andern Grunde, als weil du, lieber Mann, dein Weib, oder du, lieber Vater, dein Kind, oder du, lieber Hausvater, dein Gesinde nicht lieb hast. Schaffe die Kaltherzigkeit, die Bitterkeit, den Zorn, schaffe alle Kinder der Lieblosigkeit aus dem Hause heraus, so zieht alsbald der Friede wieder ein. Warum lebst du, du in Unfrieden mit deinem Nachbar, dem du kaum ein freundlich Wort, einen freundlichen Blick gönnen kannst? Dir fehlt die Liebe, darum kannst du ihm nicht vergeben, was er dir zuwider gesagt oder getan, sondern es brennt auf dein Herz die feurige Kohle des Zorns und der Feindschaft, so oft du ihn siehst oder seiner gedenkst. Warum ist vieler Orten eine so große Kluft zwischen den Wohlhabenden und den Armen, so dass jene mit Verdruss auf diese, diese mit Neid und Unzufriedenheit auf jene blicken? Es fehlt die Liebe der ersten Christen, welche machte, dass keiner unter ihnen war, der Mangel hatte (Apg. 4, 34). In Summa: warum ist fast allenthalben in der Welt ein Mensch wider den andern, und eine Commune wider die andere, und eine Kirche wider die andere, und ein Volk wider das andere? Antwort: weil es noch gar zu sehr an der Liebe fehlt. Da nun der Friede zu den teuersten Gütern der Christen gehört, der wahrhaftige, dauerhafte Friede aber nicht möglich ist ohne die Liebe, so mag's dich nicht wundern, dass der Apostel in seinem Segenswunsche dicht hinter den Frieden die Liebe stellt. Darum spricht er auch: Friede sei den Brüdern, weil wir nicht können Frieden unter einander haben, wenn wir nicht Brüder sind, und nicht Brüder sein können, wenn wir keine Liebe haben. Siehe, wie fein und lieblich ist's, dass Brüder einträchtig bei einander wohnen (Psalm 133, 1)! Das geschieht in der Liebe, die etwas so Hohes und Herrliches ist, dass da, wo sie fehlt, die Hölle, und da, wo sie wohnt, der Himmel ist. Denn sie tut das große Werk, dass sie aus Vielen Ein Herz und Eine Seele macht, weil sie über die Maßen sanftmütig, geduldig, freundlich, mildtätig, barmherzig ist, und so alle Tiefen ausfüllt und alle Höhen abträgt, wodurch die Menschen und ihre Herzen von einander geschieden werden.

Aber wie sollen wir zu dieser Liebe kommen? Diese Frage führt uns wieder unter das Kreuz unsers leidenden und sterbenden Erlösers. Woher der Friede kommt, ebendaher kommt auch die Liebe, nämlich von dem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Seele, komm zum Golgatha! Hier siehst du des Vaters Liebe, der seines eingebornen Sohnes nicht verschont, sondern ihn für uns alle in den Tod gegeben hat. Zünde an dem Feuer dieser Gottesliebe das Licht deiner Bruderliebe an. Glaubst du, dass Christus für dich, wie für uns Alle, in den Tod gegangen ist? Bleibe von Golgatha weg, wenn du ein Pharisäer bist, der sich vor Gott rechtfertigen will mit seinem eigenen Werk und Verdienst. Bist du aber ein demütiger Zöllner, der die Hand aufs Herz legt und spricht: Gott sei mir Sünder gnädig, so wisse, dass dir Gott gnädig ist in diesem Manne, der auch dich auf seinem Herzen getragen hat, als er in Gethsemane auf seinen Knien lag und sprach: Meine Seele ist betrübt bis in den Tod; der auch dich hat erretten wollen, als er den bitteren Kelch seiner Leiden nahm und trank; der auch deinen Schuldbrief mit sich an das Kreuz der Missetäter hat schlagen lassen. Rührt dich das nicht und erfüllt dich mit inniger Dankbarkeit, dass dein Erlöser diesen Gang für dich getan, und dies Leiden für dich getragen hat? Bedenkst du wohl, dass, wenn Er nicht für dich ins Mittel getreten wäre, du noch heutiges Tages mit aller deiner Sünde und Sündenschuld daständest und nimmer fröhlich und getrost zu Bette gehen, und nimmer kindlich sprechen könntest: Lieber Vater, der du bist im Himmel? Siehe, an solchem Glauben hängt die Liebe, daher uns auch Paulus die Liebe mit Glauben wünscht Friede sei den Brüdern, und Liebe mit Glauben, als ob er sagen wollte: ich wünsche euch die Liebe, die eine Tochter des Glaubens an den Gekreuzigten, und so eng und innig mit dem Glauben verbunden ist, wie Blatt, Blüte und Frucht mit dem Baum. Was oft in der Welt Liebe heißt, da man sie vom Glauben trennt, das hat keine Wurzel, keine Kraft und keinen Bestand; das ist wie ein Rohr, welches der Wind hin und herbewegt. Aber glaubt von Herzen an die gekreuzigte Gottesliebe, so werdet ihr alle Eigenschaften dieser Liebe annehmen, so werdet ihr sanftmütig, geduldig, mitleidig, barmherzig, aufopfernd sein, wie der Heiland es war, der für uns in den Tod gegangen ist. Und dass nebst dem Frieden solche herzliche, brüderliche Liebe euch von Gott geschenkt werden möge in immer reichlicherem Maße, und so immer mehr alles das von euch weichen möge, was die Herzen voneinander trennt, das ist der Segenswunsch, womit ich meine Epistel schließe.

3.

Doch fügt der Apostel zu den Zweien noch ein Drittes hinzu die Gnade. Gnade sei mit Allen, die da lieb haben unsern Herrn Jesum Christum, in Unvergänglichkeit. Beachtet doch, Christen, wie hier Alles gleich Ringen in einer Kette zusammenhängt. Kein Friede ohne Brudersinn, kein Brudersinn ohne Liebe, keine Liebe ohne Glauben, keine Liebe mit Glauben ohne Gnade. Gnade bedeutet aber die Liebe, unsers Vaters im Himmel, die er uns Verlorenen erwiesen hat in Christo, dem Geliebten. Das ist nun die Quelle der Brunnen, woraus all unser Heil fließt für Zeit und Ewigkeit. Wäre nicht Gott der Gnädige, so wäre das alles nicht, worauf als auf einem Acker unser Glaube und unsere Hoffnung blüht und reift: kein Christus, kein Kreuz, keine Auferstehung, kein Evangelium, keine Taufe, kein Abendmahl; so wären wir noch in unsern Sünden und blieben darin, wären im Tode und drängen nimmer zum Leben durch; so lebten wir ohne Gott in der Welt, und gingen ohne Gott aus der Welt. Wollt ihr wissen, wie es um einen Menschen steht, der von der Gnade Gottes ausgeschlossen ist, so seht die Unglücklichen an, die an der Gnade verzweifelt haben, einen Cain, welcher spricht: Meine Sünde ist größer, denn dass sie mir vergeben werden könnte; einen Judas Ischarioth, den die Glut der inneren Höllenpein aus dem Leben drängt. Und wer unter uns hätte nicht schon eine Stunde oder einen Tag erlebt, wo ihm war, als ob er von Gott verlassen wäre, wo eine Welle der Unruhe sich an die andere drängte, wo er in sich eine Empfindung von den Qualen der Hölle trug? Werdet ihr denn nun Jesum Christum lieb haben, der über sich selbst das Gericht hat ergehen lassen, damit er uns von dem Gericht erlöste, von dem alle Angst und Pein, die wir kennen, nur ein fernes, schwaches Wetterleuchten ist? Werdet ihr Christum lieb haben, der unsere Krankheit trug und unsere Schmerzen auf sich lud? auf dem die Strafe lag, und durch dessen Wunden wir geheilt worden sind? Wie könntet ihr der Gnade Gottes euch rühmen, wenn ihr keine Liebe zu Christo hättet? Der Apostel sagt nicht: Gnade mit Allen, sondern sein Segen erstreckt sich nur auf Alle, die lieb haben unsern Herrn Jesum Christum. Nun sind wir zwar in dieser Liebe schon der Gnade gewiss, denn wie sollte mir der Vater nicht gnädig sein, wenn ich den lieb habe, in welchem er mir gnädig ist? Aber ihr sollt wissen, dass die Gnade, wie die Liebe und der Friede, des Wachstums fähig ist. Bei dem Einem ist sie wie das erste Dämmern der Morgenröte ; bei dem Andern wie die Strahlenglut der aufgehenden Sonne; bei dem Dritten wie die helle, warme Mittagssonne, die allenthalben Leben schafft und Fruchtbarkeit. Die Sonne ist immer dieselbe, sie mag unter oder über dem Horizonte stehen; so ist auch die Gnade Gottes immer sich selber gleich, nicht heute klein und morgen groß, nicht heute warm und morgen kalt. Aber für dich, für mich hat sie nicht immer gleiche Größe und gleiche Macht. Es gibt Tage, wo die Gnade Gottes so mächtig in uns ist, als ständen wir nicht vor dem Himmel, sondern wären schon darin, so froh, so glücklich, so selig fühlen wir uns im Herzen! Dann aber folgen wiederum Tage der inneren Leere, des inneren Kampfs und Sturms, die umso peinlicher sind, je seliger die früheren Tage waren. Darum schließt der Apostel seinen Segen mit dem Wunsch, dass Gottes Gnade immer tiefere Wurzeln in unseren Herzen schlagen, und immer mehr unser Denken, Fühlen, Wollen, Tun durchdringen, und immer mehr mit Freude, Kraft, Mut und Seligkeit uns erfüllen möge. Die Gnade, spricht er, sei mit euch in Unvergänglichkeit, in unaufhörlicher Dauer, in Ewigkeit. Denn alles Glück der Welt ist wie eine Blume, die heute blüht, und morgen in den Ofen geworfen wird; aber die teure Gottesgnade überdauert das Leben und den Tod, und reift zur ewigen Herrlichkeit.

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