Kähler, Carl Nikolaus - Auslegung der Epistel Pauli an die Epheser in 34 Predigten - Einundzwanzigste Predigt.

Christen, unser Leben eilt;
Ohne Rast und unverweilt
Strömet seine kurze Zeit
In das Meer der Ewigkeit.

Habt auf eure Stunden acht;
Wirket Gutes, denn die Nacht,
Wo man nichts mehr wirken kann,
Bricht, eh' ihr es fürchtet, an. 1)

Überall ist es so, im Reiche der Natur und im Reiche der Gnade: Was nicht zunimmt, das nimmt ab. Hört ein Baum auf zu wachsen, so ist seine Zeit gekommen, wo es mit ihm ans Absterben geht, bis er endlich abgehauen und ins Feuer geworfen wird. Stelle dich vor einen Baum als vor einen Spiegel. Wohl dir, wenn Leben und Kraft in dir ist, dass der Baum deines Christentums nicht nur grünt, blüht und Früchte trägt, sondern jedes Jahr an Kraft, Festigkeit, Schönheit, Fruchtbarkeit gewinnt. Zu solchem Wachstum werden wir heute von dem Apostel Paulus ermahnt.

Eph. 4, 14-16: Auf dass wir nicht mehr Kinder seien und uns wägen und wiegen lassen von allerlei Wind der Lehre, durch Schalkheit der Menschen und Täuscherei, damit sie uns erschleichen zu verführen. Lasst uns aber rechtschaffen sein in der Liebe, und wachsen in allen Stücken, an dem, der das Haupt ist, Christus, aus welchem der ganze Leib zusammengefügt und ein Glied am andern hängt, durch alle Gelenke, dadurch eins dem andern Handreichung tut, nach dem Werk eines jeglichen Gliedes in seiner Maße, und macht, dass der Leib wächst zu seiner selbst Besserung, und das alles in der Liebe.

Es soll mit uns Allen zur Einheit des Glaubens in der Erkenntnis kommen. Ein vollkommener Mann sollen wir werden und zu der Altersreife gelangen, dass Christus Alles in uns Allen ist. Was nun dazu gehört und zur Erreichung dieses Zieles geschehen muss, setzt uns der Apostel auseinander. Es gehört dazu, dass wir alle Unbeständigkeit, allen Wankelmut im Glauben ablegen, vielmehr mit einem in der Liebe festgewurzelten Glauben Christo anhangen, der die Wahrheit ist, und so in Allem heranwachsen zu der Fülle in Christo. Zugleich erinnert uns der Apostel, dass dies Wachstum nur geschehen kann, wenn wir uns in der innigsten Verbindung mit Christo erhalten, von dem, als von unserem Haupte, alles Leben und alle Kraft zum Wachstum ausgeht über die Gemeinde. Nun, Christen, lasst diese Ermahnung des Apostels nicht vergeblich sein. Es werde geredet über

das Wachstum der Gemeinde.

Der Text zeigt uns

1. worin es besteht, und
2. aus welcher Quelle es fließt.

Gott helfe uns, dass wir das Wort des Apostels recht zu Herzen nehmen!

1.

Sollen wir nach unserer christlichen Erkenntnis Männer werden, so müssen wir aufhören, Kinder zu sein. „Dass wir nicht mehr Kinder seien“, spricht der Apostel. Die männliche Reife eines Christen besteht in der Festigkeit seiner Überzeugung, der gemäß er mit seinem Glauben so fest an Christo hält, dass nichts in der Welt ihn von Christo losreißen kann. Ich habe, spricht er, ich habe nun den Grund gefunden, der meinen Anker ewig hält. Aber ist es dahin schon mit uns Allen gekommen? Ach, die Altersreife des Leibes fällt nicht immer zusammen mit der Altersreife der Seele. Finden wir mitunter Kinder, die in ihrer Erkenntnis und Liebe Christi so gereift sind, als ob sie bereits fünfzig Jahre Christen gewesen wären, so ist dies doch der seltenere Fall; viel häufiger dagegen ist der umgekehrte Fall, dass wir Männer, ja dass wir sogar Greise finden, die nach ihrer christlichen Erkenntnis noch Kinder sind. Wie lose ist das Band zwischen ihnen und ihrem Erlöser! so lose, dass der Apostel sie mit Wellen vergleicht, die vom Winde geschaukelt werden, mit einem Fahrzeug, das auf dem Wasser umhergetrieben wird. Sie lassen sich vielleicht dünken, als ständen sie fest; aber wenn nun ihr Glaube versucht und angefochten wird, so geraten sie in Verwirrung, geraten in Zweifel, und stehen in Gefahr, auch das Wenige noch zu verlieren, das sie haben. Sie sind nicht angetan mit jener christlichen Rüstung, die uns gezeigt wird Ephes. 6, sondern arm und bloß, wie sie sind, werden sie vom Feinde überfallen, und sind dann oft eine nur zu sichere Beute seiner List. O wahrlich, lieber Christ, es steht nicht gut um dich, wenn dein Herz nicht sicherer verwahrt ist als deine Speisekammer, in die bei Nachtzeit ein Dieb einbrechen und dir stehlen kann, was du darin verwahret hast! Es steht nicht gut um dich, wenn man besorgen muss, das erste beste Weltkind, das deinen Glauben angreift, möge dich wankend machen und dir den Rock ausziehen, den Christus dir angezogen hat. Es steht nicht gut um dich, wenn du ein solcher Zweifler bist, von dem Jakobus sagt (Kap. 1 V. 6), dass er sei gleich wie die Meereswoge, die vom Winde getrieben und gewebt wird. Was hast du doch Festes in der Welt, wenn du keinen festen Glauben hast? Dein Hab und Gut kann dir die Flamme verzehren; dein Weib und Kind kann dir der Tod wegraffen; deine Gesundheit und dein Leben kann untergehen, noch ehe die Sonne diesen Abend untergeht: sollen nun auch deine geistlichen Güter noch wie Spreu sein, die der erste, beste Wind durch die Lüfte jagt? Willst du nicht wenigstens einen so festen Glauben haben, dass du mit Luther sprechen kannst: „Nehm'n sie mir den Leib, Gut, Ehr, Kind und Weib, Lass fahren dahin, Sie haben's kein'n Gewinn, Das Reich Gottes muss mir bleiben!?“

Sei aber keiner von uns sicher, sondern lasst uns vor Augen haben das Wort der Schrift: Wer da steht, der sehe wohl zu, dass er nicht falle. Paulus zeigt uns den Feind, vor dem wir uns zu hüten haben, es ist die Irrlehre, die von ihm wie auch sonst vielfältig in der Schrift, mit dem Winde verglichen wird. Lasst euch nicht schaukeln und umhertreiben von jeglichem Wind der Lehre, oder wie er anderswo sagt (Hebr. 13, 9): Lasst euch nicht von mancherlei und fremden Lehren umtreiben, denn es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde. Der Wind bläst bald schwach, bald stark, bald aus dieser, bald aus jener Gegend: so ist's auch mit der falschen Lehre, womit der Teufel wider Christum und das Evangelium kämpft; sie ist veränderlich wie der Mond, der bald im ersten, bald im legten Viertel steht, ist veränderlich wie die Mode, die bald diesen, bald jenen Zuschnitt hat. Wie kann es auch anders sein? Wer den festen Grund der Apostel verlässt, da Jesus Christus der Eckstein ist, der mag sehen, wohin ihn seine eigene Vernunft oder die Vernunft anderer Leute führt. Die Erfahrung der letzten fünfzig Jahre lehrt uns mehr als zur Genüge, wie veränderlich die Ansichten und Meinungen des Zeitgeistes sind. Was Einer baut, das reißt der Andere nieder, und so kann's zuletzt dahin kommen, wohin es mit Tausenden in unserer Zeit gekommen ist, dass auch der letzte Rest des Glaubens verloren geht, und nicht nur an seinen Sohn Gottes, sondern auch an keinen Gott und an kein ewiges Leben mehr geglaubt wird. Hüten wir uns vor diesem „Wind“, der bald daher, bald dorther, bald so, bald anders uns anbläst. Ich weiß zwar nicht von Irrlehrern, die jetzt in unserer Gemeinde umherschlichen und sich Anhang zu verschaffen suchten. Aber auch die Gemeinden in und bei Ephesus, an die Paulus schrieb, waren damals noch von Irrlehrern frei. Dennoch hatte der Apostel schon früher die Ältesten zu Ephesus gewarnt und gesagt (Apg. 20, 29): Ich weiß, dass nach meinem Abschied werden unter euch kommen gräuliche Wölfe, die der Herde nicht verschonen werden. Auch aus euch selbst werden aufstehen Männer, die da verkehrte Lehren reden, die Jünger an sich zu ziehen. Ist nun aber die Irrlehre schon an sich gefährlich, so wird sie es noch mehr durch die Mittel, die man anwendet, um durch ihrer die Seelen der Leute zu fahen. Wodurch geschieht es? Durch das betrügliche Spiel der Menschen, durch Verschlagenheit zum Ränketreiben der Verführung, wie es wörtlich im Grundtexte lautet. Bist du sicher, wenn du dein Geld auf die Würfel oder auf die Karten setzt, dass du im Spiel nicht betrogen werdest? Nun siehe, mit betrügerischen Spielern vergleicht Paulus die Irrlehrer. Denn die Wahrheit ist es ja nicht, womit sie umgehen, sondern soweit sie von Christo und dem lauteren Worte Gottes abgewichen sind, ist bei ihnen die Lüge an die Stelle der Wahrheit getreten. Scheinen sie nun auch oft die ehrlichsten, aufrichtigsten Menschen zu sein, denen es um nichts zu tun ist, als um die reine Wahrheit, so sind sie jedenfalls Betrogene, durch die der Teufel, der ein Lügner von Anfang ist, die Seelen der Gläubigen zu betrügen und zu verderben sucht. Er ist so unklug nicht, dass er seine Jünger sagen lässt: Hütet euch vor uns, wir betrügen euch!- nein, er weiß seine Volk fein zu schlagen und sich zu verstellen zu einem Engel des Lichts. Wer scheint ehrlicher zu sein als er? wer gewissenhafter die Schrift auszulegen als er? wer mehr Liebe im Herzen zu haben als er? wer eifriger für Wahrheit und Recht zu kämpfen als er? Indem er nun so Alles die Vernunft, die Aufklärung, die Forschung auf dem Gebiete der Natur und der Philosophie, die Erfahrung, die Gelehrsamkeit, kurz Alles für sich zu haben scheint, rückt er mit diesen seinen Waffen ins Feld wider das Evangelium, in seiner Verschlagenheit, die ihn so geschickt und tüchtig macht zu den Ränken, die er bei seiner Verführung treibt. Saget nicht, dies Urteil über die Irrlehre sei zu hart; man müsse einen Unterschied machen und anerkennen, dass es doch unter denen, die wider das Evangelium sind, viele sehr gute und ehrliche Leute gebe. Nein! so weit soll unsere Duldsamkeit nicht gehen, dass wir den christlichen Glauben ihr zum Opfer bringen. Innerhalb des Glaubens weiß der Apostel Nachsicht zu üben mit jeglichem Irrtum und Fehltritt, und verhält sich gegen die Schwachen wie eine Mutter gegen ihr krankes Kind; aber je fester er im Glauben an Christum steht, desto entschiedener kämpft er samt seinen Mitaposteln wider alle falsche Lehre, dadurch die Gemeinde in Gefahr kommt, um ihr allerheiligstes Gut, das sie hat, um ihren Glauben betrogen zu werden. Was wider Christum ist und die heilsame Lehre des Evangeliums, das ist Unwahrheit, Lüge, und wer dergleichen unter die Leute zu bringen sucht, der geht um mit einem betrügerischen Spiel.

Hütet euch nun, dass ihr euch durch dergleichen nicht täuschen lasst, und nicht als Kinder an Verstand euch an den Irrlehrern hin und herziehen lasst; hingegen, spricht der Apostel, seid wahr, seid wahrhaftig in Liebe. Ja, sagst du, was ist wahr? Sage mir, was Wahrheit ist, so will ich ihr Jünger sein und bleiben bis an meinen Tod. Aber mein Christ, das ist dir ja schon hundertmal gesagt, dass es keine Wahrheit außer Christo gibt, welcher sagt: Ich bin die Wahrheit. Glaube du also an Christum, Gottes eingebornen Sohn, der dich erlöst hat, erworben, gewonnen mit seinem heiligen, teuren Blut; halte dich an ihn und an sein Wort, das er dir selbst gepredigt und dir hat predigen lassen durch seiner Apostel Mund, so bist du in der Wahrheit. Wenn der Apostel sagt: seid wahr, so will er nichts anders, als dass wir, statt uns mit mancherlei und fremden Lehren umtreiben zu lassen, in kindlicher Einfalt bleiben sollen bei dem Credo oder Glauben, wie ihn unser Katechismus lehrt. Das ist denn nicht ein träger Glaube, sondern auf Liebe ruht er und in Werken der Liebe gibt er sich kund. Paulus weiß von keiner Wahrheit ohne Liebe, wie von keiner Liebe ohne Wahrheit. Wer sich mit seinem Glauben auf den Grund der Propheten und Apostel stellt, der kann sprechen mit aller Zuversicht des Herzens: Ich weiß, an welchen ich glaube; denn er hat das Pfand und Siegel der Wahrheit seines Glaubens in der herzlichen, tätigen Liebe zu Gott und zu seinem Nächsten. So seht denn zu, liebe Christen, dass alles Wanken und Schwanken eures Herzens aufhöre; dass ihr euch nicht hin und her ziehen lasst, heute von diesem, morgen von jenem falschen Propheten, dem die Liebe fehlt, weil er nicht in der Wahrheit wandelt, sondern fest und unerschütterlich haltet euch an das Evangelium, das euch zur Wahrheit, und durch die Wahrheit zur Liebe führt.

Das ist der einzige Boden, worauf ein gottgesegnetes Wachstum stattfindet. Als Reben am Weinstock der Wahrheit lasst uns wachsen, spricht der Apostel, wachsen in dem Allen, was zu unserem Christentum gehört. Ihr seid ja schon belehrt worden, was Alles einen Christen zieren soll. Insonderheit hat der Apostel geredet von den herrlichen Tugenden, die das Band der Einigkeit und des Friedens unter uns knüpfen: von der Demut, von der Sanftmut, von der Geduld, und vor Allem von der Liebe: O lasst diese und alle andern Tugenden bei euch gefunden werden als fröhlich wachsende Saaten auf dem Acker der Wahrheit! Der Landmann freut sich, wenn er heute sein Feld besteht und nach acht Tagen wieder, und sieht, wie Alles allenthalben herrlich wächst und gedeiht und einer gesegneten Ernte entgegenreift: so sei Freude vor Gott und vor den Engeln im Himmel über euch, wie ihr täglich wachst und zunehmt im Glauben, in der Hoffnung, in der Liebe, in der Sanftmut, in der Geduld, im Frieden. Als Christ wächst man entweder in allen Stücken zugleich, oder man wächst in keinem einzigen; denn das Christentum ist nicht ein Kleid, welches man hier oder da mit einem neuen Lappen flickt und schmückt - das wäre ja eine äußerliche, tote Besserung; sondern weil es Leben und Kraft ist, so durchdringt es als ein göttlicher Sauerteig den ganzen Menschen, und wandelt alles miteinander um, innerlich Gedanken, Trieb, Sehnsucht, Wunsch, äußerlich Wort, Werk und Wandel. Ich kann nicht gläubiger werden, ohne zu gleich liebevoller zu werden, nicht liebevoller, ohne zugleich demütiger, nicht demütiger, ohne zugleich sanftmütiger, nicht sanftmütiger, ohne zugleich friedfertiger zu werden. Das aber ist ein Wachstum, welches kein Ende und keinen Stillstand kennt. Welches Ziel hat es denn? Christus ist das Ziel: lasst uns wachsen zu Ihm, welcher ist das Haupt. Ihr erinnert euch ja, was schon zuvor der Apostel gesagt hat (Kap. 3, V. 19), dass wir sollen erfüllt werden zu der ganzen Gottesfülle. Ist's schon dahin mit uns gekommen, dass Christus Alles in uns Allen ist? Ach, in dem Gefäß unsers Herzens und Lebens ist noch manche Beimischung von Welt und Sünde; werde das mehr und mehr herausgeschafft, und mehr und mehr wohne und walte Christus in uns, dass wir ganz durchchristet werden und ganz lauter und ganz göttlich, nach Herz, Sinn, Wort und Wandel.

2.

Ist dies Ziel nicht zu hoch für uns? Wer sind wir, dass wir mit unserer schwachen Kraft zu einer solchen Höhe sollten hinaufkommen können? Aber wisst, wir sind Glieder eines Leibes, dessen Haupt Jesus Christus ist. Wie unser Wachstum zu ihm hingeht, so geht's auch wiederum von ihm aus, gerade wie eine Pflanze, die im Garten steht, in ihrem Wachstum sich zur Sonne hin bewegt mit ihren Zweigen, Blättern, Blüten, Knospen, und zugleich alle Kraft zum Wachstum aus der großen Lebensquelle des Sonnenlichtes schöpft. Nun seht, das Himmelreich ist der Garten, worin wir als die mancherlei Pflanzen Gottes stehen. Wir wachsen alle und nehmen zu: woher kommt dies Leben und Gedeihen? Von keinem Andern als von dem, welcher spricht: Ich bin das Licht der Welt, oder wie er anderswo sagt (Joh. 15, 5): Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht, denn ohne mich könnt ihr nichts tun. Nein, Christen, ohne ihn können wir nichts tun. Was vermag die Pflanze, losgerissen von der Sonne? Was vermag der Rebe, abgeschnitten von seinem Weinstock? Was vermögen die Glieder des Leibes, losgetrennt von ihrem Haupt? Hört der Zusammenhang auf, worin wir teils als Glieder des Leibes Christi unter einander, teils alle mit unserem göttlichen Haupte stehen, so ist das Band der Liebe und das Band des Glaubens zerrissen; so steht Jeder für sich, und der Lebenszusammenhang zwischen uns und Gott hat aufgehört. Was wir dann denken, begehren, reden, tun, das mag immer noch den Schein haben, als wäre es gut, aber es ist doch nicht in Gott und ist nicht in der Liebe getan; es ist nichts, als das gewöhnliche nichtige Tun und Treiben der Weltkinder, das ganz auf Selbstsucht steht, ein tönend Erz und eine klingende Schelle. Darum ermahnt uns der Apostel, dass wir nicht lassen sollen von dem inneren Herzensbunde mit dem, von dem aus der ganze Leib zusammengefügt und befestigt ist. Denn was wir als Gemeinde sind, sind wir das nicht durch ihn? stammt nicht das feste, brüderliche Band, das die Christen zu Einem schönen Ganzen macht, wie die Glieder des Leibes Eins sind in der Verbindung mit ihrem Haupt? und wodurch wirkt der Herr diesen Zusammenhang und diese Festigkeit? Dadurch, dass er den Geist darreicht und Kräfte in uns wirkt (Gal, 3, 5), also durch die geistlichen, himmlischen Gaben des Geistes, die er seinen Christen reichlich erteilt. Zöge Er sich von uns zurück und nähme von uns die Kraft, den Trost, die Freudigkeit seines Geistes, so würde alsbald der lebendige Leib verwandelt werden in eine starre Leiche; aber nun Er dasteht im Verborgenen und alle Tage seine milde Hand auftut über uns, nun verknüpft er durch diese Darreichung Alle zu Einem Ganzen, daher Paulus sagt, er fügt den Leib zusammen und befestigt ihn durch alle nötige Verknüpfung seiner gnädigen, reichlichen Darreichung. Gibt er denn seine Gaben allenthalben auf gleiche Weise und in gleichem Maße hin? Nein, anders rüstet er einen Apostel, anders einen Hirten, anders einen gewöhnlichen Hausvater aus. Wie wir Viele Ein Leib sind, aber nicht alle Teile des Leibes einerlei Geschäft und Werk haben ein anderes hat das Auge, ein anderes die Hand, ein anderes der Fuß -; so reicht der Heiland zwar allen Gliedern der Gemeinde seine göttlichen, himmlischen Gaben dar, also dass Keiner von uns unbedacht und ungesegnet bleibt, aber er tut's nach einer Wirksamkeit, wonach er jedem einzelnen Teile gibt, dessen er nach dem eigentümlichen Maße seiner Gaben und Kräfte zum Wohle des Ganzen fähig und bedürftig ist. Weniger reicht er dem Einen, mehr dem Andern, Viel uns allen, dass wir wohl ausrufen mögen: Gelobt sei unser Haupt und Heiland Jesus Christus, der uns täglich und auf so mancherlei Weise segnet mit seinen himmlischen Gaben! Und darauf beruht nun eben das Wachstum der Gemeinde des Herrn. Zusammengefügt und befestigt durch Ihn, vollbringt der Leib sein Wachstum, dass er sich mehr und mehr vollende oder erbaue in Liebe. Denn dazu geschieht ja das Wachsen, dass die Gemeinde immer herrlicher, immer vollendeter werde, und das wird sie, wenn Alle in Liebe zusammenwirken und ihre von dem Herrn empfangenen Gaben brauchen zum gemeinen Nutz. Bedenkt doch, liebe Christen, wozu der Herr uns mit Gaben segnet. Er tut es nicht, dass wir uns damit Einer über den Andern erheben; nicht, dass wir daraus Ehre und Gewinn für uns selber ziehen; nicht, dass wir uns einander beneiden und unter uns zanken und streiten sollen: nein! vergesst es nicht, dass ihr Glieder Eines Leibes seid, und was euch gegeben ist, dass ihr das in brüderlicher Liebe brauchen sollt. Die Liebe vergisst ihrer selbst und denket immer nur daran, wie sie mit dem, was sie hat, an den Brüdern bauen möge. Lasst uns denn Alle auf solche Weise bauen, dass mehr und mehr der Leib wachse, dessen Glieder wir sind.

Du wollest, Herr, verleihen,
Dass deine Christenheit
Mög' wachsen und gedeihen
Zu größrer Herrlichkeit,
Bis wir, zu dir erhoben
Ins Reich der Seligkeit,
Dich als Verklärte loben
Für deine Freundlichkeit.

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