Huhn, August Ferdinand - Predigten über die heiligen zehn Gebote nach Luthers kleinem Katechismus - Erste Predigt über das fünfte Gebot.

Huhn, August Ferdinand - Predigten über die heiligen zehn Gebote nach Luthers kleinem Katechismus - Erste Predigt über das fünfte Gebot.

Aus Gnaden kann ich selig werden, Herz! glaubst du's, oder glaubst du's nicht? Was willst du dich so blöd' gebärden? Ist's Wahrheit, was die Schrift verspricht, so muss auch dieses Wahrheit sein: Aus Gnaden ist der Himmel dein.

Ja, aus Gnaden allein können wir selig werden. Und Du, Herr Jesus, allein bist die einzige Quelle der Gnade! Ach, lass uns das nicht bloß mit dem Munde bekennen; lass es uns fühlen, lehre es uns erkennen und verstehen! Willst Du mit uns rechten nach unserer Sünde und Missetat, Du heiliger Gott! wer will vor Dir bestehen? Nach Deinem Gesetze, nach Deinen Rechten sind wir Sünder verloren. Du kannst kein Wohlgefallen an uns haben: wir sind ein Gräuel in Deinen Augen. O gib, dass wir das auch heute aus der Predigt Deines Gesetzes und Deiner Rechte erkennen. Und haben wir es erkannt, dann gib Gnade, o Gott! dass wir von ganzem Herzen Jesum ergreifen, den Du gegeben hast zur Versöhnung für unsere Sünde. Ja, Herr

Jesu! ergreife Du uns, sonst bleiben wir im Tode. Ach, erbarme Dich über uns und lass dieses Stündlein an unseren Herzen gesegnet sein! Amen.

Wir kommen heute, versammelte Christen, in unseren Katechismus-Betrachtungen zum fünften Gebote. Hört es, wie wir es aufgezeichnet finden,

2 Mos. 20, 13.
Du sollst nicht töten.

Luthers Erklärung:
Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir unserem Nächsten an seinem Leibe keinen Schaden, noch Leid tun, sondern ihm helfen und fördern in allen Leibes-Nöten.

Zwiefaches schließt nach der Erklärung des Wortes Gottes und unseres Katechismus dies Gebot in sich:

I. das Verbotene, wir sollen unserem Nächsten an seinem Leibe keinen Schaden noch Leid tun;
II. das Gebotene, wir sollen ihm helfen und fördern in allen Leibesnöten.

I.

Du sollst nicht töten, weder einen Anderen, noch Dich selbst. Du sollst weder einen Anderen, noch Dir selbst Schaden oder Leid an Leib und Seele tun. Das ist der Wille des Herrn, das Gebot, das Er uns gegeben hat. Fragen wir, warum es uns heilig und unverletzlich sein muss, warum wir auf keine Weise und in keinem Sinne den Nächsten töten dürfen, so ist die Antwort: das Leben des Anderen, wie das eigene, es ist Gottes Gabe, Gottes Geschenk, Gottes Werk. Wer da tötet oder ein Menschenleben zerstört, der zerstört Gottes Werk, Gottes Ebenbild, der greift frevelnd in die Rechte und Ordnungen des heiligen Gottes ein. Solches tut freilich Jeder, der irgendein Gebot Gottes übertritt. Gibst Du Vater und Mutter nicht die Ehre, die sie nach Gottes ausdrücklichem Befehle von Dir haben sollen, so greifst Du auch frevelnd in die Rechte und Ordnungen Gottes ein und bist in Gottes Augen dem Mörder gleich. Und streckst Du Deine Hand nach fremdem Gute aus, oder gelüstet Dich auch nur nach dem, was des Anderen ist; greifst Du die Ehre und den guten Namen Deines Nächsten fälschlich und hinterrücks an, so frevelst Du nicht minder gegen Gottes Ordnungen und Rechte; denn Eigentum und Ehre des Anderen sind Gottes Gaben. Du bist also auch so in Gottes Augen dem Mörder gleich. Doch der Frevel gegen Gott und Menschen, am stärksten muss er uns zum Bewusstsein kommen gerade bei der Übertretung des fünften Gebotes. Und es möchte wohl niemand unter uns sein, der daran noch zweifelte, dass das Töten wirklich ein Frevel sei. Wer nur irgend vom Geiste Gottes schon berührt ist, der schaudert vor Mord und Totschlag zurück, ja schon die Nachricht davon erregt in ihm ein Grausen. Jeder nur etwas denkende Mensch muss sogleich darauf kommen: wie würde es dir gefallen, wenn ein anderer mit Gewalt dich anginge und dir das Leben nähme?

Wie, wenn im Worte Gottes, obgleich das fünfte Gebot das Töten verbietet, dieses aber dennoch erlaubt, ja wohl gar geboten wird? Ist das etwa ein Widerspruch und wird dadurch das Gebot aufgehoben? Nimmermehr! Wo das Töten im Worte Gottes erlaubt oder geboten wird, z. B. im Kriege, oder der Obrigkeit, da geschieht es auf Gottes Gebot und Befehl. Manche zart fühlende, im Ganzen aber ungläubige Seelen mögen deswegen das Alte Testament nicht, weil Gott da so schrecklich erscheint, weil er selbst töten und schlachten lässt. Das ist aber eine große Torheit, an dem, was der heilige und allmächtige Gott tut, etwas tadeln oder meistern wollen. Was müsste man nicht daran aussetzen und tadeln, dass Gott seinen eingeborenen, lieben Sohn ausdrücklich und nach vorgedachtem Rate schlachten lässt? Das wollen denn auch gar Viele in ihrer Weisheit nicht wahr haben. Indes nennt das Wort Gottes solche Leute Narren, weil gerade in dem vorher bedachten Tode des Heilandes die ganze, tiefe Weisheit Gottes liegt. Gott, der allmächtige Schöpfer, kann also, wie Er lebendig macht, so auch töten, wen und wo und wann Er will. Aber auch nur Er allein und wem Er es befiehlt, wie der Obrigkeit. Den Nächsten oder uns selbst dürfen wir Menschen aus uns selbst nimmermehr töten, das ist und bleibt ein Frevel gegen Gottes Recht und Ordnung, gleichviel, wie es geschehe, grob oder fein, öffentlich oder heimlich, gezwungen oder, wie im Zweikampfe, sich selbst Preis gebend, unter dem Namen einer Heldentat oder unter dem Schandnamen des Verbrechens. Es ist ein Frevel gegen Gott und Menschen. Nun, das erkennen und fühlen denn auch wohl die Meisten, aber dabei bleibt man denn auch gewöhnlich stehen. Du hast doch noch kein Mord-Werkzeug gegen Jemanden aufgehoben, noch Keinen absichtlich beschädigt; du bist ja doch noch nicht mit Mordgedanken gegen Jemanden umgegangen, hast dir ja auch selbst noch nie das Leben nehmen wollen; dir ist jeder Mörder ja ein Gräuel; du wünscht ja allen Menschen ein langes Leben. Das kann man sich sagen, und damit meint man, habe man doch wenigstens das fünfte Gebot nicht übertreten und sei doch wenigstens in diesen Stücken kein Sünder. Was meint Ihr nun, Christen, ist das so? Stehen wir in Beziehung auf das fünfte Gebot so rein da, wie Einige meinen? Lasst uns das im zweiten Punkte unserer Betrachtung näher untersuchen.

II.

Lasst uns nämlich nach dem wahren, geistigen und göttlichen Sinne des fünften Gebotes fragen, lasst uns zusehen, was Töten im Sinne des Wortes Gottes heißt? Das müssen wir, wenn anders wir die Wahrheit und Gerechtigkeit erkennen wollen, die vor Gott gilt; denn Gott wird uns nicht danach richten, wie wir nach unserem Belieben seine Gebote gedeutet und genommen haben, sondern er wird uns danach richten, wie Er sein Gebot gemeint und ausgelegt hat. Und wie Er es meint, das sagt und zeigt er uns in seinem Worte. Wenn Ihr auch keinen anderen Katechismus-Ausleger glauben wollt: Einem müsst Ihr glauben, ich meine dem, der ohne Sünde war, der nur Gottes Wort, Gottes Gedanken nur Gottes Lehre redete, dem, welcher sagen konnte: ich bin die Wahrheit. Ihm und denen, die Er selbst in alle Wahrheit leitete, müssen wir glauben. Wie legt nun Christus das fünfte Gebot aus? Er sagt: Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: du sollst nicht töten. Wer aber tötet, der soll des Gerichtes schuldig sein. Ich aber sage euch: wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichtes schuldig; wer zu seinem Bruder sagt: Racha (ein Schmähwort unter den Juden), der ist des Rates schuldig; wer aber sagt: du Narr, der ist des höllischen Feuers schuldig. Und Johannes sagt: Wer seinen Bruder hasst, der ist ein Totschläger. Das ist die wahre, geistige und göttliche Auslegung des fünften Gebotes; das hat Gott im Sinne gehabt, da Er dies Gebot gab. Alles, was aus irgendeiner feindseligen, gehässigen, neidischen, rachsüchtigen und lieblosen Gesinnung gegen den Nächsten gedacht, geredet und getan wird, das ist Versündigung gegen das fünfte Gebot, das ist Mord in Gottes Augen. Hier, z. B., straft ein Vater im ungebändigten Zorne sein Kind. Er straft es nicht aus Mitleid, nicht aus Erbarmen mit des Kindes Seele, nicht aus Sorge für sein Heil, sondern aus Ärger, aus Rachsucht, aus Laune und Willkür. Im Augenblicke der Strafe denkt er nicht daran, was sein Kind für einen Schaden an Leib und Seele nehmen könne; er sucht nur seine Leidenschaft zu befriedigen. Steht in solchem Augenblicke nicht der Vater als Mörder seines Kindes da? Oder dort vernachlässigt eine Mutter ihren Beruf; nach der Eitelkeit und Lust der Welt steht Ihr Sinn, indes ihr Kind geistig und leiblich verwahrlost, dahingeht, höchstens einer schlechten Wärterin überlassen. Alsbald zeigen sich die Schäden des Leibes und der Seele an demselben. Wer trägt die Schuld davon? wer hat die andere Seele in Elend und Tod gebracht? Ach, und wie Viele gibt es, die seufzen nach Brot, sie haben keine Mittel, sich und die Ihrigen zu nähren und zu kleiden. Was sind die, die sie dahingebracht, die es ihnen entzogen? Was sind die, welche, um selbst nur reich zu werden und alle Wollust des Lebens zu haben, den Ärmeren bedrücken, ihn aus seiner Nahrung ausstoßen und alle jene Mittel, wodurch Hunderte sich nähren könnten, an sich reißen? Was sind die, welche das Übermäßige von den Dienenden fordern, welche nicht darauf Rücksicht nehmen, ob die schwere Arbeit den Arbeitenden nicht krank mache, und für alles das den Arbeitern doch noch ihren Lohn entziehen und schmälern; für die Witwen und Waisen derer, die sich in ihrem Dienste zerquält, auch nicht die geringste Sorge tragen, sondern ruhig zusehen können, wie diese betteln gehen? Und was sind die, die dem Anderen seine Stelle, seinen Platz nicht gönnen, die darauf sinnen, wie sie ihn wegschaffen können? Was sind die Kinder, die Verwandten, die da wünschen, dass doch die Eltern oder die und die nur sterben möchten, damit ihnen einmal das Erbe zufalle? Was sind die Alle? Oft sehr ehrbare, angesehene, geachtete Leute vor der Welt; vor Gottes Augen aber sind sie Mörder: denn wer seinen Bruder hasst, der ist ein Totschläger.

Doch lasst uns noch einen Schritt weiter gehen. Jene, die darauf sinnen, wie sie eine andere Seele zum Werkzeuge ihrer bösen Lust brauchen können, jene, die durch Worte, Mienen und Gebärden, die Sünde und die böse Lust in den Herzen Anderer entzünden, jene, die sich ein Geschäft und einen Beruf daraus machen, den Anderen mit sündlichen Dingen, die Leib und Seele verderben, aufzuwarten, mit einem Worte: die Verführer, tun sie etwas anderes, als das, was das fünfte Gebot verbietet? Tun sie nicht noch Schrecklicheres? Ach und solche Übertreter des Gebotes gibt es schon auf den Schulbänken, schon in der Kinderstube! Wohl könnten hierbei Viele sagen: wir haben ja doch Keinen zur Unzucht, zur Unmäßigkeit, zum Spiele und Trunke verführt. Aber Ihr seht vielleicht zu, wie die Eurigen in ihres Herzens Gelüste sich gehen lassen; Ihr duldet es, dass sie dies und das probieren; Ihr freut Euch vielleicht, welche Gewandtheit sie schon hierin und darin zeigen; Ihr seht zu, wie sie die schlechtesten Bücher in die Hand nehmen; Ihr wisst nicht einmal, was die Eurigen tun und treiben. Wollt Ihr Euch da noch der Erfüllung des Gesetzes rühmen? Glaubt Ihr, dass der allheilige Gott Euch für etwas Besseres halte, als für Übertreter des fünften Gebotes? Irrt Euch nicht, liebe Freunde! Und denken wir daran, wie viel Worte des Hasses, des Zankes und der Zwietracht, wie viel Worte der Lieblosigkeit und Bitterkeit unter uns gehört werden, Worte, die der anderen Seele wie ein Messer durchs Herz gehen, oder welche die jungen Seelen zu demselben sündlichen Wesen verleiten; denken wir daran, wie viel liebloses, kaltes, bitteres Wesen gegen Andere in uns war und wie dieses so oft bis zum Anwünschen des Bösen, bis zum Fluchen sich steigerte; denken wir daran und halten uns das Wort des Heilandes vor: wer mit seinem Bruder zürnt, und das Wort des Apostels: wer seinen Bruder hasst, wessen sind wir schuldig? welches Gebot klagt uns an? was sind wir in Gottes Augen? Ja, wahrlich! der Seelenmord ist auch ein Mord. Und wer die Seele tötet, ist auch ein Totschläger.

Haben das die bedacht, welche mit Spott und Lästerreden das Heiligste, was die Seele haben soll, angreifen, die, welche sich ein Geschäft daraus machen, die Keime des Glaubens und der Frömmigkeit in anderen Seelen zu unterdrücken und auszurotten? Haben das die bedacht, welche Jesum und sein Reich anfeinden, welche seine Gläubigen verfolgen, ihnen Ehre und guten Namen rauben, welche selbst nicht in das Himmelreich wollen und auch Andere nicht hineinlassen, haben sie es bedacht, dass sie jenen Weingärtnern gleichen, welche da sprachen: das ist der Erbe, kommt, lasst uns den töten, dass sie mit jenem mordsüchtigen Volke den Übeltäter losbitten und Jesum, den Gerechten, verurteilen, dass sie mit jenen Henkersknechten dem Heilande die Nägel durch Hände und Füße treiben? Wahrlich, wahrlich, ein Totschläger ist in Gottes Augen jeder, der Jesum hasst!

Ach! so standen wir Alle, ehe wir an Jesum glaubten und Ihn lieben lernten. Christen! wer ist unter uns, der da sagen könnte: ich habe das fünfte Gebot nicht übertreten? Wer ist, der sich auch nur in diesem oder jenem von dem, was ich Euch eben vorgehalten, nicht schuldig fühlte? Ihr erschreckt vor dem Gedanken des Tötens und Mordens, Ihr habt einen Abscheu vor einem Mörder? Wie, wenn nun Keiner unter uns wäre, der nicht getötet hätte? wenn Keiner unter uns wäre, den Gott in seinem natürlichen Zustande nicht als Totschläger ansehen müsste? Zweifelt Ihr daran? Sagt, was war es denn, dass es bei Euch nicht zum tatsächlichen Töten kam, dass Ihr es nur bei Worten und Mienen bewenden ließt? Nicht wahr, man fürchtet die Obrigkeit, man fürchtet für seinen guten Ruf, man meint, sich dann selber nicht mehr achten zu können, und was dergleichen mehr. Aber vor dem allheiligen und allwissenden Gott Gedanken des Mordes und Hasses in sich zu tragen und zu nähren, fürchtet man sich nicht. Als ob vor Gott nur die Tat, als ob nicht jede böse Lust vor Ihm ein Gräuel wäre. Nun, und wenn Ihr auch bis heute bewahrt bliebt vor dem Töten, welches die Welt ein Verbrechen nennt, könnt Ihr das Euren guten Herzen zuschreiben? Denkt doch daran, wie seid Ihr erzogen und wie ist jener Verbrecher in Ketten erzogen? Wie seid Ihr vielleicht behütet worden vor allem Bösen und wie ist jener vielleicht als Kind schon allem Bösen preisgegeben gewesen? Nichts als Gnade ist es, dass es bei uns nicht so weit gekommen ist, dies und das gerade zu tun. Dafür verhält sich aber auch der leiseste Gedanke des Tötens und Hassens in unserer Brust, wie sich das Morden mit der Faust bei dem Verbrecher verhält. Er tut nur auf seine Weise, was wir auf unsere Weise tun. Vor dem Herrn ist es gleich. Nun, bei solcher Erkenntnis müssten wir wohl einen Abscheu vor uns selber haben. Da müssen wir wohl mit Paulus bekennen: ich weiß, dass in mir, das ist in meinem Fleische, wohnt nichts Gutes. Oder woher kämen sonst die Mordgedanken, wenn nicht Mord im Herzen wäre? Wird uns da nicht mit Schrecken das Wort des Herrn klar, wenn er sagt: Ihr seid vom Vater dem Teufel, und nach Eures Vaters Lust wollt Ihr tun; derselbige ist ein Mörder vom Anfange an. Ja, wie wir aus uns selbst sind, so müssen wir uns verabscheuen; die Gedanken, die aus unserem Herzen kommen, zu denen auch der Mord gehört, ein Gräuel sind sie vor Gottes Augen. Der Fluch, der auf dem ersten Brudermörder ruhte, er liegt auch auf uns, die wir das Gebot du sollst nicht töten! übertreten haben. Denn wer seinen Bruder hasst, der ist ein Totschläger. Und ihr wisst, dass ein Totschläger nicht hat das ewige Leben, bei Ihm bleibend. Nein, nicht das ewige Leben, sondern nur Strafe, nur Verdammnis, nur den ewigen Tod! das haben wir nach dem fünften Gebote verdient, nur das haben wir nach dem natürlichen Zustande unseres Herzens zu erwarten.

III.

Nun, sollen wir uns damit bescheiden? Oder drängt es uns nicht, in dieser Stunde noch zu fragen: wie kommen wir los von dem Fluche, der nach dem fünften Gebot auf uns liegt? Wie kommen wir aus den Mordgedanken unseres Herzens zu Gedanken des Friedens und der Liebe? Wie kommen wir aus dem Tode in das Leben? Ich habe es Euch oft und immer gesagt, dass wir den Geist und das Leben nicht im Gesetze zu suchen haben; denn das Gesetz richtet nur Zorn an und sein Buchstabe kann den Sünder nur verurteilen, verdammen, töten. Ins Evangelium müssen wir hinein, da wehet der lebendig machende Geist. Das Evangelium richtet nur Frieden an; es kann dem Sünder nur vergeben; es kann Ihn nur frei, kann ihn nur lebendig machen. Was dem Gesetze unmöglich war (sintemal es durch das Fleisch geschwächt ward), das tat Gott und sandte seinen Sohn in der Gestalt des sündlichen Fleisches, und verdammte die Sünde im Fleische durch Sünde, auf dass die Gerechtigkeit, vom Gesetze erfordert, in uns erfüllt würde, die wir nun nicht nach dem Fleische wandeln, sondern nach dem Geiste.

Ja, Jesus, der wahrhaftige Gott und das ewige Leben, Er hat es vollendet, was dem Gesetze unmöglich war. Da steht Er im Gerichte, der Heilige und Gerechte, von seinen eigenen Brüdern verurteilet; da tönt der furchtbare Spruch: Er ist des Todes schuldig. Siehe Ihn recht an, den Gerichteten! Was für eine Schuld liegt denn auf Ihm, dass er den Tod des Mörders verdienen sollte? Unsere Sünde, unsere Schuld, die hat das Lamm Gottes auf sich genommen, die büßt Jesus. Als unser Bürge steht Er da, nicht bloß in dem menschlichen Gerichte, nein, in dem Gerichte Gottes. Der Mörder wird freigegeben, Jesus zum Kreuze verdammet. Wen siehst Du unter dem Mörder, mein Christ? Stehst Du noch an, Dich selbst in ihm zu sehen? willst Du es nicht wahr haben, dass Du damit gemeint seiest? O glaube es doch nur, wenn anders Du fühlst, was Du nach dem fünften Gebote verschuldet; glaube es doch nur, wenn anders Du frei werden willst von dem Fluche and der Verdammnis, die Du nach Deinen Taten verdient.

Da werden dem Menschensohne die Hände und Füße durchgraben, da wird Ihm seine Seite durchbohrt, da hängt er an dem Holze des Fluches und es rinnt sein Blut. Warum rinnt sein heiliges, teures Blut auf die Erde? Ach, diese Erde, sie hatte einst das Blut des gemordeten Bruders getrunken, Ströme des Blutes waren seitdem aus ihr geflossen! Und wo auf ihr das Blut des Leibes nicht rann, da hatte sie sehen und hören müssen die Mordgedanken ihrer Bewohner. Das Blut des Sohnes Gottes, es rann vom Kreuze, zu versöhnen diese entweihte, entheiligte, befleckte Erde. Aber nicht diese Erdenscholle, sondern die entweihten, entheiligten, befleckten Herzen ihrer Bewohner, unsere Herzen. Das Blut des Sohnes Gottes kostete es, uns zu reinigen von den Blutschulden, die wir täglich über uns gehäuft, da wir des Herrn Gebot Du sollst nicht töten! übertraten. Glaubt Ihr das? meine Freunde Habt Ihr das schon einmal recht zu Herzen genommen?

Es gibt gar Manche, welche da glauben, es könne ihnen der Lohn und die Seligkeit jenseits gar nicht entgehen, sie hätten die gerechtesten Ansprüche darauf; gar Manche gibt es, die da meinen, sie hätten doch wohl mehr verdient, als dem Schächer am Kreuze gegeben ward, mehr als Schächergnade. Habt Ihr das fünfte Gebot verstanden? meine Freunde Habt Ihr es begriffen, was wir danach in Gottes Augen sind? Habt Ihr es verstanden und begriffen? Nun wahrlich, dann kann und darf und wird keiner von uns mehr begehren wollen, als dem Schächer am Kreuze ward; denn Keiner von uns ist besser als er. So viel aber müssen wir uns sagen: unbußfertiger, ungläubiger, trotziger und verzagter, als er, das mögen wir wohl Alle sein. Ach gebe Gott, dass die herzliche Reue und Traurigkeit, die Bußfertigkeit und der Glaube, wie sie in jenem waren, heute und alle Tage und in der letzten Stunde in uns wären! Gebe Gott, dass die Liebe seines Sohnes, mit der er sich für uns in den Tod gegeben, unsere Herzen einmal erweichte und die Feindschaft gegen Ihn und die Mordgedanken gegen unsern Nächsten in Gedanken des Friedens und der Liebe umwandelte!! Ja wahrhaftig, wer Jesum, die gekreuzigte Liebe, in sein Herz aufnimmt, dem sind alle seine Sünden und Schulden vergeben; er steht in Gottes Augen nicht mehr als ein Totschläger da, sondern als ein reines, unschuldiges, liebes Kind; Gott hat ein Wohlgefallen an Ihm, wie an seinem lieben Sohne. Und was noch mehr ist: wer Jesum in sein Herz aufnimmt, der kommt aus der Übertretung in die Erfüllung, aus dem Töten ins Beleben, aus dem Hassen ins Lieben; er kommt aus dem Tode in das Leben, er kann die Brüder lieben. Wer aber Jesum nicht aufnimmt in sein Herz, der tue so liebevoll, wie er wolle, er ist und bleibt ein Totschläger in Gottes Augen. Denn Jesum nicht aufnehmen, da Er sich einem als Bürge und Lösegeld, als Versöhner und Seligmacher darbietet; Jesum nicht aufnehmen, da Er mit seinem Blute einen reinigen will von aller Sünde; Jesum, die ewige Liebe, nicht wieder lieben, das ist ärger als Mord und Todschlag, das ist die ärgste Todsünde. So lange diese Sünde in dem Menschenherzen ist und herrscht, so lange ist ihm keine Sünde vergeben. Hört sie aber auf, die Sünde wider Jesum, dann hört alle andere Schuld auf, dann sind alle, alle Sünden vergeben, dann tut der Herr, was Er durch den Propheten sagt: Und wenn deine Sünde blutrot wäre, so will Ich sie doch weiß machen wie Wolle. Das erste Kommen zu Jesu, das erste Niederfallen vor Ihm, das erste Suchen und Sehnen nach Ihm, das ist zugleich der erste Schritt aus dem Tode in das Leben. O lasst uns ihn tun, meine Geliebten, heute noch tun, auf dass wir aus dem Tode in das Leben kommen mögen! Amen.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/h/huhn_august/huhn_dekalog/huhn-dekalog-1_predigt_5_gebot.txt · Zuletzt geändert: von aj
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain