Hall, Christopher Newman - 16. In der Pflege deines innern Sinnes folge Jesu.
Wir haben weiter gesehen, wie der Sinn Christi sich in mancherlei äußern Erweisungen offenbart hat. Solches aber noch durch weitere Erläuterungen klar zu machen, findet sich in diesem Büchlein kein Raum. Indessen ist Alles, was uns zu tun obliegt, verfasst in dem Einen: dass wir seinem Geiste ähnlich und dass wir gesinnt werden, wie Er gesinnt war; denn wenn die Gedanken und Bestrebungen unseres Herzens wie die seinigen sind, dann werden es auch unsere Worte und Werke sein.
Er aber hatte einen demütigen Sinn. Der Apostel Paulus ermahnt: Ein Jeglicher sei gesinnt, wie Jesus Christus auch war, welcher, ob Er wohl in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich sein, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an. Hochmut ist die Mutter zahlloser anderer Sünden. Hohe Gedanken von dem, was wir von Gott oder Menschen verdient haben, erzeugen Ungeduld, Unzufriedenheit, Neid, Ärger, Zank und Lieblosigkeit. Gib mir, o Herr, ein recht demütiges Herz! Lass mich wohl beherzigen, dass ich nichts Gutes von Dir verdient habe, auf dass ich alle Freuden hinnehme mit Danksagung und alle Trübsale mit stiller Unterwerfung unter Deinen heiligen Willen. Hilf mir, dass ich in aller Demut meines Herzens Andere höher achte, als mich selbst, damit ich mich doch niemals erheben möge über den Geringsten unter meinen Brüdern und dass ich mit Sanftmütigkeit und Gelindigkeit Alles ertrage, was an ihnen einen hochmütigen Schein hat. Gib, dass ich bei Allem was sie mir antun, nachsichtig gegen sie sein möge in aller Liebe, und dass ich stets beherzige, welche Züchtigungen ich um meiner eigenen Sünden willen gegen Dich verdient habe? O, hilf mir, Du treuer Gott, dass ich ein Nachfolger Dessen werde, der sanftmütig und von Herzen demütig war.
Er hatte einen reinen Sinn. Der Herr war nicht nur unbefleckt und von den Sündern abgesondert in Allem, was Er tat, sondern die Sünde selbst fand auch niemals Raum in Seinem Herzen. Es gibt auch nicht ein einziges sündliches Verlangen, wozu Sein Vorbild uns anreizen könnte. Nicht bloß von jeglicher Neigung zum Bösen hielt Er sich fern, nein, auch nicht der leiseste Gedanke daran kam in Sein Herz. - O, Du barmherziger Gott, segne Du auch mich mit einem reinen Herzen! Hilf mir hassen alle eitlen Gedanken. O, ich möchte flehen: Lass meine Augen nichts Böses sehen. Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz und nimm Deinen heiligen Geist nicht von mir. Läutere Du die Quelle, auf dass der Strom auch hell werden möge. Heilige die Gedanken meines Herzens durch die Kraft Deines heiligen Geistes!
Er hatte einen holdseligen und gewinnenden Sinn. Es gibt Menschen, die einen sehr reinen Sinn zu haben behaupten, sind aber dabei sehr unfreundlich und finster. In Jesu waren jedoch Reinheit und Liebenswürdigkeit auf das Engste mit einander verbunden. Seine Gemütsart und Sein Benehmen hatten durchaus nichts Zurückstoßendes. Der größte Sünder konnte sich Ihm ohne Furcht nähern. Ausgenommen für die Heuchler hatte Er für Alle einen holdseligen Blick und ein ermutigendes Wort. Wohin Er nur kam, verbreitete sich allenthalben heiterer Sonnenschein. Lieblichkeit floss von Seinen Lippen, und die Art und Weise, in der Er Jemandem eine Gabe darreichte, war ein ebenso klarer und bündiger Beweis Seines Wohlwollens, wie die Gabe selbst. O, Gott, der Du die Liebe bist, wirke solchen Liebessinn auch in uns! Hilf mir, o Herr, dass ich zeigen möge, wie der rechte Glauben an Dich die Menschen ebenso wohl angenehm und freundlich als auch rein und lauter macht. Verleihe mir die Gottseligkeit, wodurch die Herzen Anderer gewonnen werden. Lass die Liebe zu Dir mich mit Liebe erfüllen gegen all meine Mitmenschen. Gib, dass ich daheim, in meinem Familienkreise und in der weiten Welt gegen meine vertrautesten Freunde und gegen Fremde es mit jenen kleinen Worten, Blicken und Handleistungen die so großes im Leben ausmachen beweisen möge, welch ein lieblich Ding es um die Freundlichkeit und Holdseligkeit ist! Lass ferne von mir sein allen mürrischen Sinn, jeden finstern Blick, jeden barschen Ton und jede abschreckende Anmaßung, die aus der Einbildung eigenen höheren Wertes entspringt. Lass mich nicht allein nach dem trachten, was gerecht und wahr ist, sondern auch nach dem, was lieblich und was wohl lautet.
Matth. 11,29. Phil. 2,5-8. Ebr. 27,26. Psalm 51,12. f. Phil. 4,8.