Haag, Georg Friedrich - Am Sonntag Reminiscere.
Joh. 13, 1-17.
Im Namen Jesu, der da ist der Erstgeborene von den Toten, und ein Fürst der Könige auf Erden; im Namen Jesu, der uns geliebt hat und gewaschen von den Sünden mit seinem Blut! Amen.
Eine Liebestat, ein Demutsexempel liegt heute zur Betrachtung vor uns, das nicht seines Gleichen hat. Der Meister erniedrigt sich unter seine Jünger, der König unter seine Diener, Jesus wäscht den Jüngern die Füße. Es reiht sich diese Handlung an die am letzten Sonntag betrachtete Salbung lieblich an. Wir fragen zunächst
1) nach der Veranlassung, oder warum wusch der Herr den Jüngern die Füße? Schauen wir in die letzte Vergangenheit zurück, so finden wir den Grund zu dieser Handlung im Vergehen der Jünger, dessen sie sich bei der Salbung des Herrn schuldig gemacht hatten. Da hatten sie gemurrt, waren unwillig geworden über ihren Meister samt dem frommen Weibe; und dies war eine Sünde wider die erste Tafel des Gesetzes, wider das erste Gebot eine schwere, himmelschreiende Sünde. Sie waren lieblos, undankbar, gottlos geworden; entfremdet ihrem Herrn; und diese Unliebe hatte das Band gelöst, das sie mit ihrem Meister verknüpfte; sie hatten einen tiefen Fall getan. Darum war's nötig, sie wieder zu heilen, aufzurichten und den Kot der Unliebe wegzuwaschen. Dar um bringt Jesus das Wasser im Becken, sie zu reinigen und aufs Neue mit ihm zu verbinden. Aber auch die Gegenwart - ein Vorfall während des Abendessens gab Anlass zu dieser Waschung. Lucas erzählt es nämlich im 22. Kap., es hätte sich ein Streit unter den Jüngern erhoben, welcher unter ihnen sollte für den größten gehalten werden; also ein Rangstreit unter den Jüngern des demütigsten Meisters. Jesus stand eben im Begriff, größte Schmach zu erdulden; sein Haupt dem Dornenkranze, seinen Rücken den Geißelstreichen, seine Hände den Verbrecherfesseln, seinen heiligen Leib der nackten Schmach des Kreuzes preiszugeben und seine Jünger streiten sich um den ersten Play, um den Vorrang, um die erste Stelle in seinem Reiche, Ach, wie musste das den von Herzen demütigen Heiland betrüben. Um diesen Hochmut zu demütigen, um diesen Stolz zu beschämen, zu heilen, - zieht der Meister einen Schurz an, nimmt der Herr das Becken und bückt sich, seinen Schülern und Knechten die Füße zu waschen! Wie musste diese Demut die hochfahrenden Jünger so klein machen; was war doch dieses Wasser für eine heilsame Arznei für ihre ehrgeizigen Herzen. Zugleich wollte der Herr seinen Jüngern sowohl, als seiner künftigen Gemeine ein augenfälliges Zeugnis ablegen, dass es in seinem Reiche durchaus auf Reinigung und Heiligung abgesehen sei, und dass er nur ein vom Bösen gereinigtes, gewaschenes Volk als der Heilige Gottes regieren wolle; und dass es von allen Gliedern wie von seiner ganzen Gemeine heiße: Er hat sich selbst für sie gegeben, auf dass er sie heiligte und hat sie gereinigt durch das Wasserbad im Wort, auf dass er ihm darstellte eine Gemeine, die herrlich sei, die nicht habe einen Flecken oder Runzel oder sonst etwas, sondern dass es heilig sei und unsträflich in der Liebe. - Wie aber, fragen wir
2) erscheint Jesus bei dieser in ihrer Art einzigen Handlung? wir finden an Ihm besonders zwei hervorstechende, als Perlen in seiner Königskrone glänzende Tugenden: seine Liebe und Demut. Der Evangelist in der Erinnerung an die Fußwaschung, Johannes schreibt: „Wie Jesus geliebt hatte die Seinen, so liebte er sie bis ans Ende.“ Und was ist das für eine verzeihende, heilige, reinigende Liebe! Der Liebesjünger sah nach seiner Erzählung die ganze Handlung als eine Liebestat - die Waschung als ein Waschen heiliger Liebe an. - Soeben hatten sie alle am Herrn gesündigt; sie hatten mit ihrem unzeitigen Unwillen und Murren das Weib und den Herrn tief betrübt. Wenn sie auch sonst fehlten und sündigten, so war es immer des Fleisches Schwachheit und des Herzens Verzagtheit, die sie zu Falle brachte. Entweder zu voreilig im Eifer oder zu ängstlich im Glauben musste der Herr oft ihren Unglauben schelten und klagen: Wie lange muss ich mich doch mit euch leiden. Nie aber regte sich Unliebe und Unzufriedenheit gegen den Meister, nie zuvor machten sie sich der Untreue, des Undanks gegen ihn schuldig. Diesmal aber war ihre Sünde vom Argen angeschürt, sie hatten sich mit Unliebe befleckt, und das Herz des Meisters gekränkt. Das durfte nicht an ihnen haften, dieser Fleck musste weg. Darum kommt der versöhnende, vergebende, vergessende und reinigende Hohepriester mit dem Becken, Jesus selber kommt in unaussprechlicher Liebe und versöhnt sie mit ihm selber, Er, der Beleidigte, wäscht den Beleidigern, Er, der Seelenfreund, dem Feinde, - ja dem schlechtesten Bösewicht, dem Judas, die Füße! - Seht, welch eine Liebe ist das! Welch ein Vaterherz - welche Bruderliebe, welche Muttersorgfalt - ja die Liebe wäscht hier die unflätigen Kinder der Bosheit! -
Diese Liebe ist aber - bei aller Treue und Vergebungsgnade - doch auch eine heilige Liebe. Sie küsst und schmeichelt nicht die Flecken weg, sondern sie wäscht, sie reinigt, sie säubert. -Es ist also die Liebe des Herrn keine weichliche Eisliebe, sondern Jesus liebt so, dass er von Sünden erlöst als der treue Zeuge, der da liebt und waschet von den Sünden mit seinem Blut. Off. 1, 5. Von dieser Liebe hat man wahrlich einen Nutzen und Vorteil! man wird nicht nur dadurch seelenvergnügt, selig, sondern auch heilig, fromm und gut; denn der Herr, der Heilige, wäscht mit Gottesblute, mit hohepriesterlichen Händen, aus dem Versöhnungsbecken die Seinen - ja er reinigt einen jeglichen Reben, der da Frucht bringt, dass er mehr Frucht bringe. Seine ganze Hinopferung geschah aus Liebe, in Liebe, zur Liebe und zur Heiligung der Sünder. Dass er uns innig lieben, unveränderlich selig lieben kann, muss er uns reinigen, heiligen denn nur der Heilige einigt sich mit dem Heiligen nur heilige Liebe ist stärker als der Tod und als die Bande der Hölle. O lasst sie uns anbeten Diese Liebe:
Liebe, ewig feste Liebe, ewig sei Dir Dank gebracht!
Wenn nicht Deine Liebe bliebe, blieb es ewig kalt in mir;
Lieb' mich, bis du wirst erscheinen. Nun ich ich glaub, Dein Wort ist hie:
Unser Jesus liebt die Seinen, bis ans Ende liebt er sie.
Wie seine Liebe, so leuchtet noch vielmehr Jesu tiefe Demut. Johannes berichtet, dass in dem Augenblicke, wo dem Herrn der Herrlichkeit der Ratschluss der Erlösung besonders klar vor Augen lag, nach welchem Ihm dem Sohne Alles, Alles war in seine Hände gegeben; wo Ihm seine ewige Zeugung wie seine siegreiche Erhöhung so deutlich im Bewusstsein lag - wie wir wissen, gewiss wissen, dass wir atmen und leben; also im vollsten Gottesbewusstsein sei er aufgestanden vom Essen, habe seine Kleider abgeworfen und einen Schurz um die Lenden gegürtet und in solcher Knechtsgestalt ein Becken mit Wasser ergriffen, sich vor seinen Jüngern niedergebückt, um ihnen die Füße zu waschen. -
Welch ein Schauspiel! Er, der Herr wird zum Knechte, der Erhabene wird der Niedrigste, der ewige Jehova - Gott hochgelobt - dient als Sklave den Knechten! - O tiefe Demut, wer kann dich ermessen, der Sohn des Höchsten nach dem Abendessen nahm einen Schurz um, band ihn mit den Händen um seine Lende; hier können wir seine Entäußerung und Erniedrigung mit Augen sehen, wörtlich geht in Erfüllung, was Paulus an die Philipper schrieb: Ob er wohl in göttlicher Gestalt war, hielt er es nicht für einen Raub, Gott gleich sein, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an und ward gleich wie ein Mensch und an Gebärden als ein Mensch erfunden. Das Geschäft, das Jesus hier verrichtet, gehörte zu den niedrigsten Sklavendiensten; Er, der Reine, Heilige, Unbefleckte, hält es nicht für zu gering, sich um den Kot an den Füßen seiner Jünger zu bekümmern, er wäscht ihn ab und bedient die Seinen, wie ihm weiland Abraham tat, da er als Engel des Bundes in seiner Hütte einkehrte. Welch eine Erniedrigung! so heruntersteigen, so freiwillig auf seinen angestammten Adel und Hoheit verzichten, kann Adams Fleisch und Blut nicht, so sich erniedrigen kann nur der Herr aus der Höhe, der Gott vom Himmel, der im Herniedersteigen im Himmel ist. Diese Selbstentäußerung war durchaus nichts Erzwungenes, Abgenötiges, sondern etwas ganz Freiwilliges; es war keine Niederträchtigkeit, die nur so lange kriecht und demütig tut, bis sie ihre selbstsüchtigen Zwecke erreicht.
Jesus wollte nichts damit erreichen, als seiner Jünger Seligkeit und Heiligung; - es tat dies der Herr nicht aus Unwissenheit, als hätte er seine Macht und Hoheit, die ihm von Ewigkeit zukam, nicht gekannt. - Johannes schreibt ausdrücklich: Es wusste Jesus, dass ihm der Vater hatte Alles in seine Hände gegeben und dass er von Gott gekommen war und zu Gott ging; es tat dies der Herr nicht aus Verzagtheit und Unglauben, als hätte er seine Freunde dadurch an sich ziehen, für sich gewinnen wollen - o nein! im vollen Gottesvertrauen, der Vater werde ihn nun bald vollenden und durch Leiden zur Herrlichkeit führen gewiss, dass bald die Krone des Königspriesters auf seinem Haupte strahlen werde entkleidet er sich aller Würde, und schmückt sich mit der Knechtsschürze und dem Wasserbecken als der ewige Hohepriester, der gekommen war in die Welt, nicht dass er ihm dienen lasse, sondern dass Er diene und gebe sein Leben zu einem Lösegeld für Viele. Wie ihm alles war vom Vater gegeben, so wusste Jesus, dass auch diese seine Jünger sein ewiges Eigentum seien und dass sie seine Knechte blieben immerdar, denn Er hatte sie erwählet und sie waren ihm vom Vater gegeben! Darum ist es eine göttliche Demut, eine göttliche Handlung dieses Fußwaschen, damit Christus der Herr uns darstellte, wie es zu seinem Wesen gehöre, zu den ärmsten Sündern herabzusteigen, sich zum schlechtesten Kot herabzulassen, und dass sein eigentliches Amt darin bestehe, jeden Augenblick sich selbst zu entäußern und in Knechtsgestalt denen zu dienen, die selig werden sollen. Ja, er hat damit unsern Stolz gesühnt, der immer hinauf und nur ungern hinab will; und hat uns damit die Kraft verdient, hinabzusteigen ins Tal der Demut und im Klein- und Niedrigsein groß zu werden; und zu glauben mit David und mit ihm in Wahrheit rufen zu lernen: Wenn du mich demütigest, machest du mich groß. Achten wir
3) auf die Worte, die Jesus bei dieser Handlung gesprochen, so finden wir Worte, die der Herr in dreifacher Beziehung geredet, nämlich Worte, die er zu Petro, Worte, die er in Beziehung auf Judas, und Worte, die er zu den Zwölfen, zur ganzen Jüngergemeine gerichtet. - Wir hören
a) das Gespräch mit dem Apostel Petrus. Dieser Jünger weigerte sich anfangs aus einer gewissen Ehrfurcht und Demut mit den Worten: Herr, solltest Du mir meine Füße waschen? Für ihn, den unter allen Hochfahrendsten, war diese Erniedrigung des Herrn etwas Unerträgliches. Seiner demütig scheinenden Abwehr liegt aber die Eitelkeit zu Grunde, ich sollte einem Meister dienen, der Sklavendienste verrichtet - der seinen Knechten die Füße wäscht!? Nimmermehr sollst du mir die Fuße waschen. So Petrus. Wie aber Christus? Er antwortet dem widerspenstigen Jünger: Werde ich dich nicht waschen, so hast du kein Teil mit mir! Eine ernste Rede, ein beherzigungswertes Wort! Nach 2 Mos. 30, 13-21 mussten sich die Priester, ehe sie ins Heiligtum gingen, die Füße waschen; wer mit ungewaschenen Füßen durch den Vorhang trat, musste sterben. So war es hier für die neuen Priester im Gegenbilde notwendig, wenn sie Teil an Christo haben, nicht sterben und verloren gehen wollten, mussten sie von Christo gewaschen sein. Ach, welch Unglück! am Heiland, am Seligmacher, am Herrn Christo keinen Teil haben; wer an Christo keinen Anteil will und hat, der hat noch nicht die Vergebung der Sünden, dem fehlt's am geistlichen Leben, an der ewigen Seligkeit; der kann das Reich Gottes nicht ererben. Wer aber nicht abgewaschen, gereinigt, geheiligt ist vom Blute des Lammes, vom Geiste Christi, der ist nicht sein! - Als nun der feurige Jünger sagt, der Herr möge ihm auch Hände und Haupt waschen - da spricht Jesus das bedeutsame Wort: Wer gebadet ist, der darf nichts, denn die Füße waschen, sondern er ist ganz rein. Und ihr seid rein - aber nicht alle. Damit will der Heiland sagen, wer einmal durch das Bad der Wiedergeburt und Rechtfertigung die Reinigung, die den ganzen Menschen betrifft, erlangt hat, ist ganz rein, wenn nur noch die Befleckungen und Unreinigkeiten, die durch den Wandel in der unsauberen Welt sich angehängt haben, je und je wieder abgetan sind in der täglichen Erneuerung durch den Heiligen Geist. - Wo das Schöpfungswort der Taufe die neue Kreatur im Herzen hervorgebracht, wo das Versöhnungsblut im Geiste aufgefasst, die innersten Tiefen des Gemüts berührt hat da wird der Mensch angesehen vom Herrn als Glied am neuen Leibe, als Geist vom Geist, als aus der göttlichen Natur geboren; der Geistmensch, der inwendige Mensch ist rein, nur die Hülle des Geistes, der sündige Leib, das unter die Sünde verkaufte Fleisch befleckt sich noch täglich, und dieses bedarf der täglichen Reinigung. Ach ja, Haupt und Hände heben sich wohl getrieben vom innewohnenden Geiste zum Himmel, zum Vater; - Geist, Herz und Hand kann sich wohl in der Gnade Jesu und in den heiligen Schranken des Wortes erhalten, aber die Füße des äußern Menschen, wie leicht werden sie befleckt im Wandel, im Tun und Lassen auf Erden, in einer Welt voll Ungerechtigkeit, in welcher die Liebe täglich mehr erkaltet, in welcher die Wahrheit immer seltener, Lüge, Betrug und Heuchelei immer häufiger wird, wie leicht wird man da hineingeflochten auf Stunden und Tage ja Wochen in das weltliche Treiben und Leben, und da tut es denn not, dass man sich wieder erneuere und das Band der Liebe mit Christo wieder fester ziehe. Darum wer das tägliche Waschen, die tägliche Erneuerung saumselig treibt der beweist, dass er noch innerlich nicht gewaschen und gebadet, sondern noch in seinen Sünden begraben sei; das Auge des neuen Menschen ist empfindlich und kann das Stäubchen nicht leiden das Herz ist zart, das kleinste Unrecht tut wehe. Darum prüft euch, so eifrig ihr in der täglichen Reinigung begriffen, so lebendig seid ihr in Christo - die Trägheit in der geistlichen Reinigung beweist, dass man entweder krank im Geiste oder doch erkaltet in der Liebe oder gar noch tot in Sünden sei. Ein solcher war
b) Judas, auf welchen der Herr die Worte richtet: Ihr seid rein, aber nicht alle! Das ist ein schreckliches Zeugnis aus dem Munde der Wahrheit und der Liebe. Wie klein war die Zahl der Anwesenden - nur zwölf Personen, und sie mussten hören: Ihr seid nicht alle rein! Diese Personen waren allesamt auserwählte Jünger Jesu, die ausersehenen Lehrer der ganzen Welt, und waren doch nicht alle rein. - Der Herr scheidet die Zwölfe in Reine und Unreine; so noch heute - der Geist Christi nimmt noch heute solche Scheidung vor, und es ist nichts nötiger zur Seligkeit, als dass man wisse, zu welchem Teil wir gehören, ob zu den Reinen oder zu den Unreinen. Denn es gilt dem heiligen Jesu nicht gleich, ob wir rein oder unrein sind. Er beweist im Texte, dass er seine Schafe kennt, durchschaut und die Reinen wohl von den Unreinen, die Heuchler wohl von den wahren Jüngern zu unterscheiden weiß. -
Er ist nicht allein Heiland sondern auch Richter. Er kennt unter den tausend Unreinen das reine Herz, er kennt aber auch unter tausend Reinen und Frommen den Heuchler und Verräter. darum fragt euch doch selbst: Seid ihr alle rein? haltet ihr dafür? wie muss euch Jesus erkennen, der Augen hat, wie Feuerflammen? - Seid ihr alle rein oder muss der Herr auch von Manchen, vielleicht von Vielen unter euch sagen: Ihr seid nicht alle rein! Ach, von Natur sind wir allzumal Sünder; alle sind wir in Sünden empfangen; wir sind allesamt wie die Unreinen - wer will einen Reinen finden unter denen, da keiner rein ist? So lange ein Mensch in seinem natürlichen Zustand ohne Gnadenwirkung des Heiligen Geistes, ohne Gemeinschaft mit Jesu bleibt, ist er noch in seinen Sünden, in seinen Schulden. Aber der heilige und allwissende Gott will uns nicht in diesem traurigen Zustande lassen, sondern reine heilige Menschen aus uns machen; er hat eben deshalb Christum, seinen Sohn, in die Welt gesandt, und dieser hat sich selbst für uns in den Tod gegeben, auf dass er uns erlöste von aller Ungerechtigkeit und reinigte ihm selbst ein Volk zum Eigentum, das da fleißig wäre zu guten Werken. Wer nun diese Reinigung nicht erfährt, wer sein Herz, sein Gewissen nicht besprengen und waschen lässt von seiner Erbsünde, wer sich nicht säubern lässt von der anklebenden Sünde, vom Unglauben, von der Weltliebe, vom Geiz, von der Hoffart, von der Genusssucht und Abgöttereisünde des Ungehorsams - der ist noch nicht gewaschen, noch nicht rein! Unter anderem erklärt sich der Herr darüber also: Ich will rein Wasser über euch sprengen, dass ihr rein werdet rc. Hesek. 36, 25-27.
Nach diesem prophetischen Wort ist der im unbekehrten Zustand befindliche Mensch ein noch unreiner und befleckter Sünder, ein Götzendiener ein Weltkind, das die Kreatur und die Naturdinge mehr liebt und verehrt, als den lebendigen Gott. So Judas, er hatte den Beutel, die klingende Münze, das unrechte Gut, den Mammon lieber, als seinen Herrn Jesum - darum war er nicht rein! Ein unreiner Sünder hat noch ein steinernes und hartes Herz, welches durch Wohltaten sich nicht erweichen und durch Strafen sich nicht brechen, durch Liebe sich nicht bewegen und durch Ernst sich nicht beugen lässt, welches weder der Verheißung Gottes glaubt, noch vor dessen Drohungen sich fürchtet. Er ist ohne den Geist Gottes, und hat darum auch keine Liebe und Kraft in Gottes Geboten zu wandeln, seine Rechte zu halten und nach denselben zu tun.
O fragt euch selbst - ja ich frage euch feierlich und im Namen des Herrn: Seid ihr rein? ist kein Judas unter euch? bist du rein? seid ihr alle rein! Wehe denen, von denen der Herr klagt und sagen muss: Ihr seid nicht rein!
Nachdem der Herr den Jüngern die Füße gewaschen, nahm er seine abgelegten Kleider und setzte sich wieder nieder und sprach abermals zu ihnen: Wisst ihr, was ich euch getan habe. Ihr heißt mich Meister und Herr, und sagt recht daran, denn ich bin es auch, - Ihr habt euch vorhin gestritten, wer der Größte unter euch sein sollte - der Größte unter euch ist derjenige, der am wenigsten aus sich macht, der am wenigsten groß sein will. Demütige Liebe ist die Grundtugend meiner Jünger, die Haupteigenschaft derer, die mir angehören. Einer achte den andern höher, denn sich selbst; haltet euch herunter zu den Niedrigen. Davids Losungswort sei das eurige: Ich muss noch geringer werden; mein Sinn, meine Herzensdemut, mein Hinuntersteigen in die tiefsten Tiefen aus der höchsten Höhe sei eurer Demut Kraft und Vorbild! - Wie ich mich aber unter euch hinuntergedemütigt habe, um euren Hochmut, euren Stolz zu heilen, so habe ich euch auch von eurer gegen mich begangenen Unliebe und Eitelkeit gewaschen und gereinigt und euch damit weiter gezeigt, dass darin die wahre Demut sich erweise, wenn man denen, die sich an uns versündigen, verzeiht, vergibt und sie von ihren Unarten und Sünden zu reinigen sucht. Darum eine Hauptpflicht der Christen macht die Sorge um des Nächsten leibliches und geistliches Wohl aus. Wie die Reinlichkeit und das säuberliche Wesen überhaupt den Christen eigen zu sein pflegt - so ganz besonders ist ihr Augenmerk auf die innere Reinigung und Heiligung des Herzens und Wandels gerichtet. Darum ist dieses Fußwaschen des Herrn Jesu zunächst eine Anforderung an die Hausmütter und Hausmägde der Christen - ihr Haus und besonders ihre Kinder fleißig zu reinigen und zu säubern und mit Ernst darauf zu halten, dass ihre ganze Familie in Wasche und Kleidung reinlich und säuberlich erhalten werde. Besonders sollen sich Mütter den Heiland, den lieben treuen Kinderfreund, in seiner Fußwaschung lebendig vorstellen, wenn sie ihre lieben Kleinen säubern und reinigen. O selige Mutter, die darin der zärtlichen Mutterliebe im Himmel - dem Herrn Jesu ähnlich wird; o glückliche Kinder, an denen man die um ihr leibliches Wohl, um ihre Reinlichkeit besorgte pflegerische Mutterhand der zärtlichsten Liebe gewahrt. Aber ganz besonders hat uns der Herr in seiner demütigen, herzergreifenden Demut zeigen wollen, wie wir darauf aus sein sollen, jeden, der uns nahe steht, geistlich zu reinigen von den Fehlern, die seinem Auge bedeckt sind; auch bei solchen sollen wir im Werke der geistlichen Reinigung nicht müde werden, die sich wie Judas gegen die Liebe und Wahrheit verstocken. Dies ist vor allen der Ehe heiliger Zweck! Die christlichen Ehegatten sind nicht nur deshalb vereinigt, dass sie Ein Fleisch seien; nein, sie sollen auch Ein Herz, Eine Seele, Ein Geist in Christo werden. Da soll der treue Ehemann keinen Flecken oder Runzel an seinem Weibe dulden; täglich soll es in christlicher Liebe triefen von Worten der Ermahnung, der Warnung, der Lehre in einem christlichen Hause. O gesegnet ist das Haus, in welchem solche mahnende, lehrende, heilende, waschende, reinigende, heiligende Liebe wohnt. Da herrscht der wahre Friede; da hat man immer Wasser im Liebesbecken des treuen Herzens. Da wird das Wort Jesu erfüllt: Habt Salz bei euch und Friede unter einander! - Es gehört dies zum schönsten Teil des Hauskreuzes, dass man immerdar das Wasserbad im Wort gebrauche zur Seelen-Seligkeit unsrer in Christo verbundenen Lieben. Dies ist aber vor allem heilige Pflicht derer, die der Herr zu Hirten und Lehrern in seinem Reiche bestellt hat sie sind vor Allen berufen, das Amt der geistlichen Fußwaschung an den ihnen anvertrauten Schülern und Zuhörern zu verwalten. Wehe uns, wenn wir darin lässig verfahren. Da muss immerdar geschöpft werden aus dem Heilsbrunnen das Wasser des Lebens; da müssen immer vom Leibe fließen Ströme des lebendigen Wassers; da ist stete und unaufhörliche Arbeit wie im Bauen und Erbauen, so im Reinigen und Waschen des geistlichen Leibes Christi, das ist der Gemeine.
Ihr aber, liebe Zuhörer, werdet nicht gram dem, der euch im Tore straft, (Jes. 29, 21) es ist dem Knechte Gottes solches befohlen: Strafe, drohe mit aller Geduld und Lehre. Keiner sage: Du sollst mir nicht die Füße waschen - o nein! lasst euch alle weisen, ihr Leute dass euer Fuß wandele den Weg der heiligen Rechte des Höchsten, bis ihr dort rein gewaschen steht auf dem heiligen Berge Zion! -
Der Herr stärke uns, eure Füße zu richten auf den Weg des Friedens - der Herr reinige uns von aller Sünde und stelle unsere Füße auf weiten Raum! Amen! um seines Namens willen, Amen.