Frommel, Max - Am Sonntage Jubilate.

Frommel, Max - Am Sonntage Jubilate.

Als der Herr in der Nacht, da er verraten ward, die Fußwaschung an den Jüngern vollzog, als er das letzte Passahmahl und das erste Abendmahl gehalten hatte, hielt er seinen trauernden Jüngern jene wunderbaren Abschiedsreden, welche uns Johannes aufbewahrt hat als ein teures Vermächtnis aus jener Scheidestunde und welche das Tiefste und Herrlichste enthalten, was aus dem Munde des eingeborenen Sohnes Gottes voller Gnade und Wahrheit hervorgegangen ist. Die Summa aber ihres Trostes liegt darin, dass Er seine Jünger nicht allein lassen will, sondern wiederkommen und bei ihnen bleiben will. „Ihr habt nun Traurigkeit“, spricht er, „aber ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll Niemand von euch nehmen;“ (Joh. 16, 22). „Ich will euch nicht Waisen lassen, ich komme wieder zu euch.“ (Joh. 14, 18).

Was die Jünger in der Verwirrung des Abschieds hörten, das lesen wir im Glanze des Osterlichtes, das predigt die Kirche an vier Sonntagen der österlichen Freudenzeit und am Pfingstfest in seliger Freude der Erfüllung: „Christ ist erstanden von der Marter alle, des sollen wir alle froh sein, Christus will unser Trost sein.“ Ja, das ist unser Ostertrost, dass Christus bei uns bleibt, dass er uns naht in seinem Wort, dass er mit uns handelt durch seinen Geist, wie er mit den Jüngern gehandelt hat nach der Auferstehung. Es soll keins seiner Schafe zu ihm, dem guten Hirten, sagen dürfen: „Der Herr hat mein vergessen“, sondern jedes der Seinen soll sich wissen unter seiner Hut und Aufsicht, unter seiner Pflege- und Seelsorge, unter seinem Weiden und Leiten. Er kennt uns durch und durch, er weiß, wo es uns fehlt, er will unser Herz froh machen mit dauernder, unentreißbarer Freude. Mit dieser Gewissheit im Herzen wollen wir vernehmen das Wort Heiliger Schrift, welches geschrieben steht:

Joh. 21, 15-19.
Da sie nun das Mahl gehalten hatten, spricht Jesus zu Simon Petro: Simon Johanna, hast du mich lieber, denn mich Diese haben? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe. Spricht er zu ihm: Weide meine Lämmer. Spricht er zum andern Mal zu ihm: Simon Johanna, hast du mich lieb? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe. Spricht er zu ihm: Weide meine Schafe. Spricht er zum dritten Mal zu ihm: Simon Johanna, hast du mich lieb? Petrus ward traurig, dass er zum dritten Mal zu ihm sagte: Hast du mich lieb? und sprach zu ihm: Herr, du weißt alle Dinge, du weißt, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Schafe. Wahrlich, wahrlich, ich sage dir, da du jünger warst, gürtetest du dich selbst und wandeltest, wo du hin wolltest; wenn du aber alt wirst, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein Anderer wird dich gürten und führen, wo du nicht hin willst. Das sagte er aber zu deuten, mit welchem Tode er Gott preisen würde. Da er aber das gesagt, spricht er zu ihm: Folge mir nach.

Der Herr steht am Ufer des Sees Genezareth, der wunderbare Fischzug ist geschehen, auf den Ruf des Johannes: „Es ist der Herr!“ sind die Jünger ans Land gestiegen, allen voran Petrus, der nun seinem Herrn gegenübersteht zum zweiten Mal nach seiner Verleugnung. Aber während über der ersten Begegnung in der Stille des Ostermorgens ein dichter Schleier liegt, ist uns hier, wo die Begegnung inmitten der Jünger stattfindet, Zug um Zug, Wort um Wort mitgeteilt. An ihr wollen wir uns erquicken; denn hier begegnet uns

Der Auferstandene und sein gefallener Jünger.

Wir sehen:

wonach er ihn fragt,
was er ihm anvertraut,
was er ihm weissagt.

Du aber, o großer Erzhirte Deiner Schafe, tritt auch heute in unsere Mitte und weide uns auf grüner Aue und führe uns zum frischen Wasser. Gib einem Jeden, was ihm gerade not ist, damit der Lobgesang aus unserem Herzen zu Dir aufsteige: Herr Jesu, bei Dir ist gut sein. Amen.

I.

Es sind Worte des Auferstandenen, welche er zu seinem Jünger redet, Worte kurz und tief, Worte voll Majestät und himmlischer Schönheit. Jesus begegnet seinem gefallenen Jünger, den er wieder ins Amt einsetzen will, mit welchem er aber zuvor in ein heiliges Examen geht. Dreimal fragt er ihn nach einer einzigen Sache, er schaut ihm tief ins Auge, er greift ihm hinab ins tiefste Herz mit der Frage: „Simon Johanna, hast du mich lieb?“ Darauf will er Antwort haben, darüber will er mit seinem Jünger zuvor im Reinen sein, danach examiniert der Herr.

Wer kann antworten? Niemand hat Jesum lieb, er habe denn zuvor an ihn geglaubt; Niemand kann an ihn glauben, er habe denn zuvor sein Sündenelend erkannt. „Simon Johanna, hast du mich lieb?“ darauf hat zwar schon geantwortet der weinende Petrus, als der Hahnenschrei ihm durchs Herz fuhr, als das Auge Jesu ihn traf im hohenpriesterlichen Palast, als er hinausging und weinte bitterlich. Dennoch wiederholt der Herr die Frage, und zwar in einer Weise, welche zeigen musste, ob Petrus ein gebrochenes Herz habe. Dreimal fragt der Herr, weil Petrus dreimal verleugnet, und zuerst fragt er: „Hast du mich lieber, als mich Diese haben?“ weil Petrus gesagt: „Und wenn sie dich alle verließen, so will doch ich dich nicht verlassen.“ Es ist der himmlische Seelsorger Jesus, der, ohne dies alles unmittelbar zu bezeichnen, mit unvergleichlicher Zartheit und doch mit so Mark und Bein durchdringendem Ernst die Wunde berührt, um sie zu heilen. Jesus sucht ein gebrochenes Herz an seinen Knechten und an seinen Kindern. Es muss der Hammerschlag des Gesetzes unser stolzes Herz zerschlagen und zerbrechen, es muss der Hahnenschrei des Wortes Gottes uns die Augen öffnen, dass wir Jesum verlassen und verleugnet haben durch unsere Sünde, ehe wir weinend zu ihm kommen.

Wer aber zu ihm kommt, den will Er nicht hinausstoßen. „Simon Johanna, hast du mich lieb?“ darauf hat zwar schon geantwortet der Petrus, der am Ostermorgen hinauslief ans offene Grab auf die Freudenbotschaft: „Geht hin und sagt es den Jüngern und Petro,“ der dem Herrn zu Füßen fiel, als er ihn grüßte: „Friede sei mit dir.“ Dennoch fragt der Herr wieder, damit Petrus mit klaren Worten vor ihm und vor den Jüngern bekennen sollte, was in seinem tiefsten Herzen lebte. Petrus hatte geglaubt und erkannt, dass Jesus sei Christus, der Sohn des lebendigen Gottes; Petrus hatte von Neuem in Osterfreude gejauchzt: „Wir haben den Messias gefunden!“ und darum liebte er ihn. Und mit Petrus kann antworten, wer zuvor mit Petrus erkannt und geglaubt, dass Jesus ihn zuvor so unaussprechlich geliebt, den diese Liebe sonder Gleichen, deren Höhe und Tiefe, Länge und Breite kein Geist ausdenken, kein Mund aussprechen, kein Herz auslieben kann, den diese dorngekrönte Liebe im Innersten durchbebt und auf die Knie geworfen hat, dass er ausrufen musste: „Du bist mir zu stark geworden und hast mich überwunden, und ich habe mich überwinden lassen.“ Wo das Gesetz das Herz in Buße zerschlagen, wo das Evangelium das zerbrochene Herz im Glauben geheilt, da ist Liebe, da ist eine Morgenröte im Herzen aufgegangen, da ist ein Feuer ausgebrochen, das im innersten Mittelpunkt der Persönlichkeit brennt, leuchtet und verzehrt, da ist aus einem Verleugner und Bekenner, aus einem Feinde des Kreuzes Christi ein Liebling und ein Liebhaber Jesu geworden.

Geliebte in dem Herrn, auch zu uns tritt Jesus und fragt uns ins tiefste Herz hinab: „Simon Johanna, hast du mich lieb?“ Was wollen wir antworten vor seinem heiligen Angesicht? Wird es uns nicht ergehen wie Petrus, von dem unser Text sagt, als der Herr ihn zum dritten Mal fragt: „Da ward Petrus traurig“? Werden wir nicht die Augen niederschlagen in göttlicher Traurigkeit, wenn wir auf uns und unser Versäumen blicken, auf Stunden, wo wir die erste Liebe verließen, wo wir Vater oder Mutter, Sohn oder Tochter mehr geliebt haben als Ihn, wo wir uns selbst gelebt haben statt Ihm? Dennoch, dennoch müssen wir Antwort geben im heiligen Examen unseres Herrn. O, lass dir sagen: Komm, wir wollen uns aufmachen und mit all seinen Kindern und Knechten zu ihm sprechen: Herr, du hast mich geliebt mit deiner starken, inbrünstigen, blutenden, ewigen Liebe; ich aber glaube und bekenne frei, dass ich ohne dich nicht leben und nicht sterben kann, und ob ich dich oft betrübt, so bist du mir doch immer unentbehrlicher geworden, dein Name ist mir immer süßer und das Wort deines Mundes immer holdseliger geworden, - willst du nun dies arme, schwache, sehnliche Hängen meines Herzens an dir Liebe nennen, wohlan, so will ich mit deinem Jünger sagen: „Herr, du weißt alle Dinge, du weißt, dass ich dich lieb habe.“

II.

Auf das Examen folgt die Wiedereinsetzung ins Hirtenamt in den Worten: „Weide meine Schafe.“ Meine Schafe, spricht der Herr, nicht deine, meine, meine Schafe will ich dir anvertrauen. Es bleibt doch etwas seltsam Großes, dass ein Christ soll andere Christen, dass ein armes, schwaches Menschenkind soll andere Menschen weiden und leiten im Namen Jesu, wie ein Hirte die Schafe. Woher kommt ihm Macht und Vollmacht dazu? Antwort: Die Vollmacht liegt in dem Beruf, die Macht liegt in den Gnadenmitteln des Worts und Sakraments.

Christenrecht und Christenpflicht wird in der Gemeinde und für die Gemeinde zum Amtsrecht und zur Amtspflicht bestimmter Personen nach dem Maß der Gaben und durch die ordentliche Berufung. Es ist der Herr, der zu dem berufenen Diener spricht: Weide meine Schafe. Das soll Petrus und jeder Diener Christi wissen: ich stehe hier auf göttlichen Befehl, ich habe mir das Amt nicht genommen, sondern Gott hat es mir gegeben, so will ich es in Gottes Namen auch tragen. Das macht nicht stolz, wie Etliche meinen, sondern es beugt in den Staub, weil es den Blick lehrt: „Deine Schafe sind es, o Herr, die Du mir anvertraut, Du hast sie alle gezählt; es ist die Gemeinde Gottes, an der ich diene, es sind Seelen, deren jede einzelne mehr wert ist als eine ganze Welt und über welche Rechenschaft von mir gefordert wird. Weide meine Schafe, meine Lämmer,“ das ist die Vollmacht, welche Petro und den Seelsorgern gegeben ist; hier liegt die Größe ihrer Aufgabe, hier ihr Halleluja und ihr Kyrie Eleison.

Zur Vollmacht muss aber auch die Macht kommen, und diese liegt in den Gnadenmitteln, wie der Herr zu Petro spricht: „Weide meine Schafe.“ Er sendet seine Knechte nicht mit leeren Händen, sondern hat grüne Aue und frisches Wasser, seine Schafe damit zu speisen und zu tränken. So oft seine Unterhirten in ihrer Armut vor dem Erzhirten stehen und fragen: Woher nehmen wir Brot, dass diese essen? so oft will Er unsichtbar inmitten der Gemeinde stehen und unter seinen allmächtig segnenden Händen sollen sich die fünf Brote seiner Evangelien und die zwei Fischlein der Episteln Sonntag um Sonntag also mehren, dass Alle satt werden, die zu seinen Füßen lagern. Das müssen wir Prediger des Evangeliums uns immer wieder sagen: mit der Vollmacht hat Christus uns auch die Macht gegeben, aber unsere ganze Macht ruht allein im Wort. Die Worte Jesu Christi sind Geist und sind Leben, das Wort vom Kreuz ist mächtig, die Seelen zu weiden. Die Heilige Schrift Alten und Neuen Testaments ist die grüne, duftende Aue, darauf wir Christi Schafe führen. In der heiligen Taufe legen wir die Lämmer dem Erzhirten in den Busen seiner ewigen Liebe, und durch das heilige Abendmahl decken wir ihnen den Tisch in der Wüste, dass sie das tiefste Geheimnis seiner Liebe genießen. Es sind uns gegeben die beiden Hirtenstäbe: der Stab Wehe des Gesetzes und der Stab Sanft des Evangeliums, damit sollen wir leiten die Lämmer, die Schäflein, die Schafe. Und wo ein Prediger mit Simon Johanna den Herrn lieb hat, da steht als Ziel seines Weidens vor seiner Seele die Sehnsucht Johannis des Täufers: „Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen“, und seine Amtsfreude ist der Sinn Johannis des Evangelisten: „Ich habe keine größere Freude denn die, dass ich höre meine Kinder in der Wahrheit wandeln.“

Geliebte in dem Herrn, ich habe vom Predigtamt zu euch geredet, weil der Herr seinen bußfertigen Jünger ins Hirtenamt wiedereingesetzt und seine Schafe ihm anvertraut hat. Es ist für Prediger und Gemeinde heilsam, wenn sie aus Gottes Wort erinnert werden, was sie nach Gottes Ordnung aneinander haben. Aber das Wort an Petrus gilt nicht nur den Predigern, es hat seine Bedeutung für Alle, welchen der Herr eine Stellung gegeben hat, worin sie ein Segen für Andere werden sollen. Es wendet sich an die Lehrer und Lehrerinnen, zu welchen der Herr spricht: Weide meine Lämmer; es wendet sich an die Väter und Mütter, denen der Herr eine kleine Herde im Hause anvertraut hat. Es redet Christi Wort auch zu euch von Macht und Vollmacht, die Er in eure Hand legt; aber auch bei euch liegt die ganze Vollmacht in Gottes Befehl, und eure tiefste Macht liegt in dem Worte Christi, weil dies sich an das Gewissen der Kinder wendet. So reicht das Wort des Herrn an Petrus hinein in Kirche, Schule und Haus.

Ich möchte aber noch eine tröstliche Anwendung aus jener herzerhebenden Begegnung Jesu mit seinem gefallenen Jünger machen. Petrus hat den Herrn verleugnet, Petrus hat Buße getan, der Herr hat ihm vergeben, aber mehr er setzt ihn wieder ins Amt, er will ihn nicht wegwerfen, sondern gebrauchen in seinem Dienst und fruchtbar machen in seinem Weinberg. Wer unter euch gefehlt hat, wer gestrauchelt, gefallen ist, der kehre wieder und tue aufrichtig Buße, so wird der Herr ihm vergeben; er lasse sich das Herz füllen mit brennender Liebe zu Jesu, er sei nur treu und halte stille, so wird ihm der Herr einen Platz anweisen, wo er wirken kann in seines guten Hirten Dienst, es wird sich irgendwie und irgendwo ein Schäflein finden, das er im Namen Jesu weiden darf.

III.

Nach der Liebe hat der Herr seinen Jünger gefragt, seine Schafe hat er ihm anvertraut, nun folgt die ernste Weissagung von seinem Lebensgang in den Worten: „Da du jünger warst, da gürtetest du dich selbst und wandeltest, wo du hin wolltest; wenn du aber alt wirst, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein Anderer wird dich gürten und führen, wo du nicht hin willst.“

Meine Lieben, in diesen Worten ist Sankt Petri ganze Lebensbeschreibung enthalten und in ihr und mit ihr die Biographie aller Kinder und Knechte Gottes. Der Herr unterscheidet darin zwei verschiedene Abschnitte: den einen, da man sich selbst gürtet und geht, wohin man will; den anderen, da der Herr uns gürtet und führt uns dahin, wo wir nicht hin wollen. Sag an, mit welchem von den beiden Abschnitten zeichnet denn der Herr dein Leben? Gürtest du dich selbst wie Petrus, ehe er vom Herrn gedemütigt ward, und fährst drein mit deiner eigenen Vernunft und Kraft, sagst noch: Jeder ist seines Glückes Schmied, und gehst, wohin du willst, weil deine freie Wahl dir so natürlich), so berechtigt, so beglückend erscheint? Oder hast du merken gelernt auf die Erziehung deines himmlischen Meisters? Denn das ist keine Frage: mit unserem ungebrochenen Sinn kann er uns nicht brauchen, er muss uns in die Schule nehmen und auf einen anderen Weg bringen. Denn er spricht: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und meine Wege sind nicht eure Wege; sondern so viel der Himmel höher ist denn die Erde, so viel höher sind meine Gedanken denn eure Gedanken und meine Wege denn eure Wege;“ und wiederum: „Welche ich lieb habe, die züchtige ich.“ Das geht ohne Tränen und Herzbrechen nicht ab, wenn er uns dahin führt, da wir nicht hin wollen. Er hat wahrlich viel Not mit uns, bis wir ihm stille halten und uns von ihm gürten lassen, bis wir lernen sagen: „Einem Jeglichen dünken seine Wege recht sein; aber der Herr allein macht das Herz gewiss.“ Ja, es kommt wohl bis zum Ringen Jakobs dort in der Nacht mit dem Herrn, aus welchem er mit verrenkter Hüfte hervorging, und doch konnte er frohlocken: „Ich habe den Herrn von Angesicht gesehen, und meine Seele ist genesen.“ Der Herr kann es uns nicht ersparen, unseren Eigenwillen zu brechen und unser Eigendünken zu verwerfen, uns treulich zu demütigen und uns fest an seiner Hand zu behalten. Darum hat er an den Anfang des Zeugenlebens und Hirtenlebens Petri diese Weissagung von seiner Lebensführung gestellt, gleichwie er seinem Knecht Paulus bei seiner Bekehrung sagen ließ: „Ich will ihm zeigen, wie viel er leiden muss um meines Namens willen.“ Auch da, wo ein Mensch sich zu Christo bekehrt hat und mit Petro von Herzensgrunde sagen kann: „Herr, du weißt alle Dinge, du weißt, dass ich dich lieb habe“, auch da geht im Anfang noch Vieles neben einander her und in einander hin, was ein Gemisch von eigenem Willen und göttlichem Willen, von eigener Vernunft und göttlicher Weisheit, mit Einem Wort: von Adams Natur und Christi Geist ist. Eben darin besteht das Wachstum, dass wir schärfer lernen bei uns selbst unterscheiden, was nur aus dem Naturgrund unseres Temperaments in uns aufsteigt, von dem, was vom heiligen Geist in uns gewirkt ist. Weißt du aber, o Christ, wann sich dies am deutlichsten zeigt und scheidet? Dann, wenn der Weg dahin führt, „wo du nicht hin willst.“ Gerade deshalb aber muss es zu solchen Wegen in unserm Lebensgang kommen, damit wir lernen erkennen, dass auch in unsern geistlichen Erfahrungen und Entschlüssen nicht Alles Gold ist, was glänzt, und dass der himmlische Meister die Kinder Levi schmelzen muss im heißen Tiegel, damit Gold und Schlacken sich scheiden.

Geht's der Natur entgegen,
So geht's gerad' und fein;
Die Fleisch und Sinnen pflegen,
Noch schlechte Pilger sein. 1)

Gerade darum muss der Herr selbst uns gürten, ob uns auch darüber die Lenden schmerzen, und muss uns führen, wohin wir nicht wollen, damit wir lernen, zitternd die Hände nach Ihm allezeit ausstrecken, unsere eigenen Wege gründlich aufgeben und im Grunde nur von Einem guten Wege wissen, welchen der Mund der ewigen Wahrheit in den Worten verzeichnet hat: „Folge du mir nach.“

Er aber, der Herr, der auch uns begegnet wie seinem Jünger nach der Auferstehung, Er mache unsere Herzen brennend in der Liebe zu Ihm, mache uns treu in dem, was Er uns anvertraut hat, mache uns rüstig in seiner Nachfolge und führe uns also, dass wir mit unserm Leben und mit unserm Sterben Ihn preisen. Amen.

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