Clemen, Adolf - Andachten über die Offenbarung

Clemen, Adolf - Andachten über die Offenbarung

Offenbarung 2,4.

Ich habe wider dich, dass du die erste Liebe verlässt.

„Ich habe wider dich,“ spricht der Herr. Wie drückend ist es doch, wenn von zwei Menschen, die mit einander verbunden sind, Einer etwas wider den Anderen hat. Wenn unser Bruder etwas wider uns hat, sollen wir vom Altar wegbleiben und uns zuvor mit ihm versöhnen. Aber wie, wenn Er, der Herr selbst, etwas wider uns hat, wenn zwischen ihm und uns ein Bann ist? Darum sollen wir täglich fragen: Ist etwas zwischen mir und dir; etwas, was du wider mich hast, o Herr? „Ich habe wider dich, dass du die erste Liebe verlässt.“ Das ist eine Klage, eine Anklage, ein Vorwurf, der uns tief demütigt: Für so viel Liebe so wenig Gegenliebe! Für so viel Treue so wenig Dank! Aber doch, wie treu und gut meint es der Herr mit uns, dass er es uns sagt: „Ich habe wider dich“. Welche Liebe offenbart sich doch darin, dass er unsere Liebe vermisst, die wir einst für ihn hatten, dass er unser Herz sucht. Er erinnert uns an die Zeit, da wir ihn zuerst gefunden, wo unser Herz brannte in Liebe zu ihm, wo wir mit dem Jünger, der ihn nachher verleugnete, riefen: Und wenn ich sterben sollte, ich will dir nachfolgen“. Er vergleicht, was wir damals waren, mit dem, was wir heute sind, und spricht: „Das habe ich wider dich, dass du die erste Liebe verlässt. Gedenke, wovon du gefallen bist. Und kehre wieder.“ Wir können zurückkehren zu der ersten Liebe. Denn ob wir auch untreu geworden, er ist treu geblieben. Wir sehr wir auch die erste Liebe verließen, seine Liebe hat uns noch nicht verlassen. Sie ist, wie die erste, so die letzte; eine Liebe bis ans Ende. Herr, du bist meines Lebens Licht; mein Stern und meine Sonne; meines Herzens Trost und mein Teil; mein Schild und meine Burg. O verlass mich nicht, verwirf mich nicht von deinem Angesichte. Amen.

Offenbarung 3,20.

Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an.

Der Herr steht vor der Tür des Herzens. Siehe! spricht er; damit weist er uns auf uns selbst! Siehe doch, Frieden hast du nicht in deinem Herzen, so lang der Heiland noch draußen steht vor deiner Tür; es ist öd' und leer, kalt und dunkel darin, mitten in allem äußern Glück, und wie finster gar, wenn dir der Welt Licht auslöscht in Not und Tod. Siehe! spricht er; damit weist er uns vor Allem aber auf sich selbst, wer der ist, der vor der Tür steht. Siehe, er ist ja kein Räuber und Feind, vor dem man sein Haus verschließen müsste; er ist ja kein böser Geist, der gekommen uns zu quälen; er will ja nichts von uns haben, er will uns bringen, das Heil uns bringen und die Erlösung: Er, der Herr, der Friedebringer, der Herr der Herrlichkeit, der Fürst des Lebens. Und doch haben wir ihm die Tür verschlossen; die Türe des Herzens, die wir so weit auftun, bittend und suchend nach menschlicher Freundschaft und Liebe, die uns schon so oft betrogen, und die uns zuletzt immer verlassen muss. Und doch haben wir ihn noch nicht eingelassen. Und doch steht er noch immer vor der Tür wie ein Bittender, als bedürfte er unserer Liebe, und wartet in großer Geduld. So stand er einst vor des Zachäus' Tür: Ich muss heute bei dir einkehren, so steht er vor jeder verschlossenen Herzenstür, wartend und suchend, so steht er auch vor deiner Tür und klopft an. Barmherziger Heiland, du hast uns je und je geliebt und zu dir gezogen aus lauter Güte; gib, dass wir unsre Herzen nicht verstocken, sondern heute, so wir deine Stimme hören, dir auftun und dich aufnehmen mit Freuden. Amen.


Der Herr will in unsere Herzen einkehren. Darum klopft er an, in tausend Stunden, immer lauter und dringender, damit wir ihm auftun. Warum haben wir ihm denn nun nicht aufgetan? 'Vielleicht haben wir bisher geschlafen, haben darum sein Anklopfen nicht gehört, es überhört über all den vielen irdischen Stimmen, die in uns durcheinander schwirrten. O dann wache auf, der du schläfst, stehe auf von den Toten, dass dich Christus erleuchte! Oder wir haben vielleicht gedacht: Es ist noch immer Zeit. Morgen, oder über's Jahr, oder auf dem Sterbebett, da will ich ihm auftun, nur nicht heute gerade. Aber es ist gefährlich, also zu trotzen auf des Herrn große Geduld und ihn warten zu lassen. Ja, er wartet, und klopft wohl immer wieder an, aber einmal zum letzten Mal, und wer weiß, wann das ist; wer weiß, wie nahe mir mein Ende, hin geht die Zeit, her kommt der Tod. Oder vielleicht haben wir ihm wohl aufgemacht, aber nur so weit, dass er in einem Winkel des Herzens. wohne. Er aber will auf dem Thron des Herzens sitzen, er will's ganz haben, allein haben, als König inne haben, oder gar nicht. Darum so lasst uns doch seine Stimme hören: Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Lasst ihn nicht draußen stehen und vergeblich warten. Tut ihm auf. Denn also lautet ja seine selige Verheißung: „Wer meine Stimme hören wird und die Tür auftun, bei dem werde ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten, und er mit mir.“ Selig sind, die ihm auftun; er nimmt sie auf in seine innigste Gemeinschaft, also dass sie es innerlich erfahren: Ich bin dein, du bist mein, Niemand kann uns scheiden.

Offenbarung 21,5.

Und der auf dem Stuhl saß, sprach: Siehe, ich mache Alles neu.

„Ist Jemand in Christo, so ist er eine neue Kreatur. Das Alte ist vergangen; siehe, es ist Alles neu geworden!“ Wie leicht verzagen wir in unserem Christenkampf! Aber getrost Der auf dem Stuhl verheißt uns ja: „Siehe, ich mache Alles neu. Ich will dem Durstigen geben von dem Brunnen des lebendigen Wassers umsonst“. So sage doch nun nicht mehr: Es ist zu schwer! Komm nur und trinke, an jedem Morgen aufs Neue; trinke aus der lebendigen Quell deines Gottes, aus seinem Wort und Gebet neue Kraft für deinen alten Kampf. Komm zu deinem Heiland! Wenn das alte Kreuz auf dir liegen bleibt, wenn neue Prüfungen dir auferlegt werden, Er macht Alles neu, neu den Mut und das Vertrauen, dass du nicht erliegst, dass du dich nie verlassen fühlst. Durch heißen Wüstensand mag dein Weg wohl führen, dass da dein Herz nach Erquickung dürstet, aber verschmachten sollst du nie. Auch in der heißen Wüste steht dir der Brunnen allezeit offen, der nie versiegt. Und wenn nach Gottes Willen das neue Jahr zum letzten Ende führt, dann soll der erst ganz unser Trost sein, der heute spricht: „Siehe, ich mache Alles neu“; ja dann neu zu der ewigen, unvergänglichen Erneuerung. „Wer überwindet, der wird es Alles ererben; und ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein.“ O du großes, ewiges Vaterherz, hilf uns zu dir kommen. O du Quelle des ewigen Lebens, sei unserer Wallfahrt Stärke, bis wir ruhen in dir, und es hören aus deinem Mund: Ich bin dein Gott, und du bist mein Sohn! Amen.

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autoren/c/clemen_a/clemen_andachten/clemen-andachten_ueber_die_offenbarung.txt · Zuletzt geändert: von aj
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