Bomhard, Georg Christian August - Predigt am Neujahr 1869

mit einer Ansprache an meine liebe Gemeinde

von D. Bomhard.

Noch einmal lässt mich die Gnade Gottes ein Erdenjahr beschließen und ein neues in seinem Namen beginnen; noch einmal komme ich zu Dir, meine geliebte Gemeinde, um Dir, wie früher so oft in Kraft, Gesundheit und vieler Freudigkeit, so jetzt noch in Altersschwachheit und großer Untüchtigkeit Dir meine herzlichen Glück- und Segenswünsche für die Tage, die da kommen sollen, darzubringen und mein Gedächtnis auf wenige Stunden bei Dir zu erneuern, um nicht, wie es so manchen Alten geht, schon bei lebendigem Leib von den Allermeisten ganz vergessen zu werden.

Doch es wird mir das bei den Meisten sehr wenig nützen, denn ich habe allerdings, wie man zu sagen pflegt, mich selbst überlebt; die Menschen gelten gewöhnlich nur so lange etwas bei andern, als sie ihnen noch nützen oder schaden, oder ihnen eben noch tätliche Beweise von ihrem Dasein geben können, und wer denkt noch an den müden Greis, der kraftlos hinter seinem Ofen sitzt, und allen Dingen ihren Lauf lassen muss, wie sie eben gehen? Nur Kinder und Enkel, wenn sie ihm Gott beschert hat, und deren Pflicht und Freude es ist ihn zu unterstützen und so viel sie können ihm zu vergelten, was sie ihm Gutes zu danken haben, wie ich schon als ein Jüngling in einem kleinen Büchlein von glücklichen Greisen geschrieben habe und es jetzt Gottlob selbst erfahren darf, „der starke Arm des Sohnes ist jetzt ihr Arm geworden, die geschäftigen Hände der Töchter kränzen ihre grauen Haare mit Rosen.“

Ich würde indessen sehr undankbar sein, wenn ich von den edlen Freunden schweigen wollte, die mir der Allgütige auf einem langen Pilgergang zugesellt hat und deren Einige mir auch jetzt noch durch Wort oder Zuschrift in treuer Liebe mein Alter erheitern. Viele, ach bei weitem die Meisten sind freilich zum Teil längst schon zurückgeblieben und von dem Herrn ihres und meines Schicksals einen andern höheren Weg geführt worden. Doch sind sie mir keineswegs verloren; sie glänzen als schöne Sterne aus der Nacht der Vergangenheit in meiner lebhaften dankbaren Erinnerung ich labe mich noch an dem erquickenden Schatten der Freude, die ich einst in ihrer frohen Gemeinschaft empfunden, ich besitze noch, was mir Gott durch ihr Wort, durch ihr Beispiel, durch ihre Liebe Gutes geschenkt hat. Der Geist verliert nichts, er ist eine Schatzkammer, in welcher alles niedergelegt und wohl bewahrt wird, was er in vielen Jahren aus den unermesslichen Reichtümern des Allmächtigen empfangen hat, davon die Schrift sagt: „den Frommen gibt Gott Güter, die da bleiben, und was er beschert, das gedeihet ewiglich.“

Der Christ hat so zu sagen von Christus in der Heiligen Schrift, auf Golgatha, auf dem Berg der Verklärung, der Himmelfahrt ihm gegeben einen Zauberstab, aus welchem, wie aus dem dürren Stab Aarons ins Heiligtum gestellt, aus allem, was ihm Schweres, Hartes, Trauriges, Niederbeugendes, Unbegreifliches widerfahren ist, mit der Zeit duftende Blüten der Freude und köstliche Früchte her. vorgehen. Die nachdenkende Betrachtung der Weltgeschichte und unseres eigenen Schicksals lässt uns dieses zum Teil jetzt schon erkennen, aber es gehört Glaube und Gebet dazu, um dieses zu finden. Aus dem tötenden Winter kann der herrlichste Frühling hervorgehen. Man sagt im Winter schläft die Natur; es scheint so allerdings, aber welche Millionen Lebenskeime bilden sich in seinem stillen Schoß und kommen hervor zu ihrer Zeit! Das Alter ist der Winter des Lebens, wie schon die weißen Haare anzeigen, und wenn es auch sonst nur wenig oder nichts mehr nützen kann, so kann es doch, wofern es rechter Art ist, in seinen stillen Tagen und oft schlaflosen Nächten unzählige Fürbitten vor den Thron der Gnade bringen, deren edle Früchte früher oder später offenbar werden.

Unermesslich ist das Feld der christlichen Fürbitte und mannigfaltig, unberechenbar ihr Segen. Es sei mir erlaubt, ein Beispiel hierfür anzuführen, das mir am nächsten liegt. Meine seligen Eltern waren ungemein fleißige christliche Beter; in einem hinterlassenen Schreiben an seine Kinder sagt mein Vater: „Ich habe Euch alle unzählige Male der Gnade Gottes in Christo empfohlen; es mag wohl zu oft gewesen sein, allein das Vaterherz hat nie genug.“ Man sehe seine Kinder und Enkel! Nicht nur, dass sie alle ein günstiges äußeres Schicksal hatten, sie sind auch alle treu und fest im Glauben geblieben, haben auch zum Teil Gelegenheit gehabt, redlich für das Reich Gottes zu wirken.

Darum ermahnt uns Scriver, sprich nicht in deiner Altersschwachheit, ich kann der Welt und den Meinigen nichts mehr nützen, ich tauge zu nichts mehr sprich nicht so, christliches Herz, denn wenn du der Welt wirklich nichts mehr nützen könntest, so würde dich Gott nicht länger hier lassen. Nütze bist du hier noch deinem Gott, denn du bist ein lebendiges Zeugnis seiner Fürsorge, seiner Güte, seiner Weisheit und Allmacht, denn es gehört, wie er selbst durch den Propheten Zacharias sagt, zu den Beweisen seiner Obhut und seines Segens, wenn in einer Stadt greise Männer und Weiber, die vor Alter am Stecken gehen, eben sowohl, als wenn alle Enden und Ecken voll Knäblein und Mägdlein sind, die auf den Gassen spielen. Man sieht an dir, dass er die Menschen mit großer Geduld und Langmut und Schonung trägt, dass er sie mitten unter so vielen Gefahren, Trübsalen und Bedrängnissen auch gegen ihr eigenes Vermuten bis ins hohe Alter zu erhalten weiß. Ein hochbejahrter Mensch, den der Herr viele lange Jahre hindurch oft unter viel Mühe, Arbeit, Gefahr und Not ernährt, beschützt und erhalten hat, ist ein größeres Wunder seiner Güte, als ein jüngerer, der noch nicht lange gelebt und mit der Trübsal dieses mühseligen Lebens noch nicht viel gerungen hat. Sie sind lebendige Ehrensäulen, die sich Gott aufgerichtet und gegen Wind und Wetter beschirmt hat; sie sind es, die Gott von Jugend auf gelehrt und geführt hat, darum verkündigen sie seine Wunder, seinen Arm, seine gewaltige Hilfe schon durch ihren Anblick Kindeskindern, seine Kraft denen, die noch kommen sollen.

Nützlich kannst du auch der Kirche, dem gemeinen Besten und deinem Hause werden durch dein gottseliges Exempel, womit du den Jüngeren vorleuchtest, durch deine heilsamen Ermahnungen, durch deine Erfahrung in den Wegen des Herrn, durch dein öffentliches und verborgenes Gebet. Die heiligen Apostel haben wohl mehr noch als durch ihre Predigt, durch kräftige tägliche Fürbitte für ihre Gemeinden zur Ausbreitung und Stärkung des Reiches Gottes getan. So kannst du auch im hohen Alter mit deiner anhaltenden ernstlichen Fürbitte eine Säule der Kirche, des Staats und deines Hauses sein und mit deinem frommen Wandel, mit deiner Geduld, Demut und Zuversicht auf Gott ein Licht und Spiegel für das jüngere Geschlecht sein.

Gerne möchte ich noch viel von den Erfahrungen des vergangenen Jahres sagen, von der Heimsuchung, womit der Herr mich und die Meinigen schmerzlich betrübt, von den Wohltaten, womit seine Güte uns hoch erfreut hat. Doch das gehört mehr ins stille Kämmerlein als für die Öffentlichkeit, und meine liebe Gemeinde hat ja an Freud und Leid meines Hauses noch immer, wie sonst, treulich und herzlich Teil genommen. Meine innigen Wünsche und Fürbitten, mit denen ich für Euch alle, meine teuren Freunde, fürwahr nicht bloß heute, am Anfang des Jahres sondern alle Tage, so lange ich noch denken und beten kann, vor dem Throne der Gnade erscheine, sind in der beifolgenden Predigt ausgesprochen, und der Herr spreche dazu sein gnädiges Amen.

Wenn St. Paulus, 2. Tim. 4. die Weissagung ausspricht: „Es wird eine Zeit sein, da sie die heilsame Lehre nicht leiden werden, sondern nach ihren eigenen Lüsten werden sie ihnen selbst Lehrer aufladen, nachdem ihnen die Ohren jucken; und werden die Ohren von der Wahrheit wenden, und sich zu den Fabeln kehren“ so wisst ihr wohl, dass diese Zeit längst gekommen und vornämlich jetzt da ist; gebe Euch Gott Gnade, dass es mit Euch sein möge, wie es mit mir mein Leben lang gewesen ist, dass ich durch nichts kräftiger im wahren Glauben gestärkt und befestigt worden bin, als durch den Hass und Widerspruch der Feinde Christi gegen das Evangelium. „Lasst euch nicht wägen und wiegen von allerlei Wind der Lehre durch Schalkheit der Menschen und Täuscherei, damit sie uns erschleichen zu verführen; welcher Verstand verfinstert ist und sind entfremdet von dem Leben das aus Gott ist, durch die Unwissenheit, so in ihnen ist, und durch die Blindheit ihres Herzens.“ Es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnade.

Hiermit, meine lieben Freunde, befehle ich euch dem Gott und dem Wort seiner Gnade, der da mächtig ist euch zu erbauen und zu geben das Erbe unter allen die geheiligt werden! Amen.

„Herr Gott, du bist unsere Zuflucht für und für. Ehe denn die Berge worden und die Erde und die Welt geschaffen worden, bist du, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit.“ Du Vater, der du uns in Christo zu deinen Kindern angenommen hast und ohne Aufhören Leben und Wohltat an uns beweist, du Sohn Gottes und des Menschen Sohn, der du in diese Welt gekommen bist, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist, durch den unsere Schwachheit in Stärke, unsere Sündhaftigkeit in Gerechtigkeit, unser Elend in Herrlichkeit verwandelt wird; Herr Gott, Heiliger Geist, der du dich unseren Tröster nennst, und uns in diesem Jahre unserer Pilgerschaft tüchtig machen willst zu dem Erbteil deiner Heiligen im Licht, zu dir, Dreieiniger, nehmen wir unsere Zuflucht; vor dein Gnadenantlitz treten wir bittend, hoffend, voll Sehnsucht und Vertrauen in diesen ersten Stunden eines neu beginnenden Jahres. „Unsere Herzen halten dir vor dein Wort: Ihr sollt mein Antlitz suchen, darum suchen wir auch, Herr, dein Antlitz.“ Segne uns allen dieses Jahr, das wir anfangen in deinem hochheiligen Namen, lass es uns allen neue Zeugnisse deiner ewigen Langmut und Fürsorge, Güte und Treue, neue Wohltaten für unseren Leib und für unsere Seele aus dem Schoß deiner Allmacht und Barmherzigkeit bringen. Mache uns deinen Namen über alles herrlich durch dein Wort; ziehe uns durch jedes Schicksal, das du uns sendest, durch jede Stunde unserer Zeit näher in deine selige Gemeinschaft! Hilf, dass wir in allen frohen Tagen, die du uns noch schenkest, uns Gottes, unseres Heilandes freuen und lass in allen kummervollen Stunden, durch welche du uns prüfen und läutern willst, dein Antlitz über uns leuchten, Herr Zebaoth, so genesen wir. Und wo wir auch am Schlusse dieses Jahres uns befinden mögen, in dieser oder in jener Welt, gib, dass wir fröhlich rühmen können: „Der Herr ist freundlich dem, der auf ihn harret, der Seele, die nach ihm fraget.“ Der Herr hat alles wohlbedacht, und alles, alles recht gemacht, gebt unserem Gott die Ehre! Amen.

„Wünscht Jerusalem Glück, es müsse wohl gehen denen, die dich lieben. Es müsse Friede sein inwendig in deinen Mauern und Glück in deinen Palästen.“ Diese Worte sind aus dem 122. Psalm, aus einem der schönen Reiselieder, welche die israelischen Pilgrime auf ihren Wallfahrten zu den hohen Festen in Jerusalem anzustimmen pflegten, um schon unterwegs ihre Herzen mit frommen Empfindungen zu beleben und in die rechte Bereitschaft zur würdigen Feier jener schönen Tage zu setzen. Sie liebten die heilige Hauptstadt ihres Vaterlandes, von welcher ihre Väter ihnen von ihrer Kindheit an so vieles erzählt hatten, wo der majestätische Tempel des allein wahren Gottes sich befand und die schönen Gottesdienste des Herrn gefeiert wurden, wo so viele große Männer Gottes gelebt und alles voll der ehrwürdigsten und rührendsten Erinnerungen für sie war, von welcher aus das Licht des Gesetzes und der Verheißung sich über das Land verbreitete, wie denn gesagt war: „Aus Zion bricht an der schöne Glanz Gottes.“ Darum wünschten sie Jerusalem Glück, und segneten es im Namen des Herrn, indem sie herankamen, um einzugehen in ihre Tore.

Und fromme Glückwünsche, Segenswünsche sind es, mit welchen. auch wir heute auf unserer Wanderschaft nach Salem uns untereinander begrüßen und vor das Angesicht des Herrn unsers Gottes treten, um sie als inbrünstige Gebete zu ihm empor zu senden und ihnen von seiner Allmacht und Gnade das Siegel der Bestätigung zu erflehen. Oft schon haben dies unsere Väter und wir selbst am ersten Tage eines neuen Jahres getan und niemals vergeblich wie freundlich hat er uns abermals gewährt, um was wir heute vor einem Jahre an, diesem heiligen Orte ihn gebeten haben. Sei es denn zuerst unser Dank, den wir beim Eintritt in die neue Zeit ihm darbringen, wie es das letzte war, womit wir das letzte Jahr beschlossen haben; bekennen wir, ehe wir bitten, zuvor von ganzem Herzen: „Ich bin zu gering aller Barmherzigkeit und Treue, die du an mir getan hast.“ Wer dankt, gibt nicht, sondern nimmt, denn die Danksagung lockt neue Wohltaten hervor. Der Herr unser Gott hat uns Gutes getan, uns mit Leben und Wohltat an diesen Tag gebracht. Wie er selbst ist, so sind auch seine Wohltaten, groß und herrlich. Wer kann seine Größe aussprechen, noch seine Güte genug preisen? Kein Moses, denn er hat eine schwere Zunge; kein Jesaias, denn er ist unreiner Lippen; kein Jeremias, denn er ist zu jung; kein Paulus, denn er hört unaussprechliche Dinge, die kein Mensch sagen kann; auch die Cherubim und Seraphim, die Engel und Erzengel nicht, denn er ist höher als die Himmel, was wollen sie tun tiefer als die Hölle, was können sie wissen länger als die Erde und breiter als das Meer.“ Barmherzigkeit hat der Herr bisher an uns getan, denn uns Gutes zu tun, bewegt ihn nicht unsere Würdigkeit, die nicht das geringste Gute verdient, sondern seine Barmherzigkeit, die so groß als er selber ist. Ihr haben wir es zu danken, dass das Licht seines Evangeliums noch unter uns leuchtet und seine heilige Kirche ihre reichen Segnungen uns darbietet, dass unser Land sein Gewächs gibt, dass in unserem Lande noch seine Ehre wohnt, dass Güte und Treue einander begegnen, Gerechtigkeit und Friede sich küssen. Seine Barmherzigkeit hat unserem Könige Frieden und gutes Regiment, unserem Volke ruhige Zeit verliehen, uns an Leib und Seele vielfältig gesegnet, uns nicht nach unseren Sünden vergolten, uns Raum zur Buße gegeben, uns das auferlegte Kreuz tragen helfen, und den bitteren Trübsalskelch mit seinem Trost versüßt. Seine Barmherzigkeit ist es, dass wir nicht gar aus sind, seine Güte ist noch alle Morgen neu und seine Treue ist groß. „Dankt dem Herrn, denn er ist freundlich und seine Güte währt ewiglich“ das ist unsere Freude und Zuversicht, womit wir getrost ins neue Jahr hinübergehen. Ewiglich, nicht bloß eine kurze Zeit, nicht bloß gestern und heute, nicht bloß ein Jahr, ein Jahrhundert, ein Jahrtausend, sondern ewiglich. Ob sich gleich das Jahr verändert und auf das alte ein neues folgt, so bleibt doch der alte treue Gott; sein Herz wird nicht verändert, seine Hand wird nicht zu kurz; er bleibt unser Vater, Erlöser und Tröster. Wie die Sonne nun schon so manche tausend Jahre immer in gleicher Majestät und Lieblichkeit leuchtet und durch das unaufhörliche Mitteilen ihres Lichtes und ihrer Wärme nicht das Geringste verliert, so die Macht und Güte, die Ehre und Herrlichkeit unsers Gottes. Und ob die Sonne ihren Schein verlieren und vom Himmel fallen sollte, wenn auch die Himmel veralten wie ein Gewand, und verwandelt werden, wenn du sie verwandeln wirst, so bleibst doch du, Gott, wie du bist, und deine Jahre nehmen kein Ende.

Wünscht denn Jerusalem Glück in seinem heiligen Namen. „Es müsse wohlgehen allen, o Herr, die dich lieben. Er höre und gewähre um Christi willen auch heute wieder in Gnaden, was ich aus meinem und euren Herzen wünschend und bittend vor sein Angesicht bringe. Er gebe Glück allen Menschen, der ganzen Christenheit, unserem Vaterlande und erhalte sein Wort und sein Sakrament unter uns, samt dem Frieden und fruchtbare Zeiten; er gebe Glück unserem Könige zu seiner Regierung und kröne ihn und das ganze Volk mit Gnade wie mit einem Schilde. Er gebe Glück unserer Stadt, dass sie eine Stadt Gottes sei, dass die heiligen Wohnungen des Höchsten darinnen seien und seine Gnadenbrünnlein sich reichlich in ihr ergießen. Er gebe Glück seinen Knechten in Kirchen und Schulen, dass das Reich Christi durch sie gefördert und ihre Arbeit nicht vergeblich sei in dem Herrn; dass die Erwachsenen immer mehr erbaut werden zu einer Behausung Gottes im Geist und die Jugend dem Herrn heranblühe wie der Weihrauchbaum im Lenz. Er gebe Glück zum Hausstand und zur Kinderzucht, dass sein Friede sei inwendig in unseren Mauern und die Kinder der Eltern Freude und Krone sein mögen hier und an jenem Tage. Er gebe Glück jedem Stand und Beruf und lasse Jeden sein bescheiden Teil Speise dahin nehmen. Er gebe Glück, dass alle Herzen seinem heiligen Geiste sich öffnen, alle Unbekehrten sich zu ihm bekehren, alle Schwachen in ihm ihre Stärke, alle Traurigen in ihm ihren Trost, alle Mühseligen und Beladenen in ihm ihre Erquickung, alle Bußfertigen in ihm Vergebung ihrer Sünden, alle Sterbenden in ihm das ewige Leben finden; dass alle, die dieses Jahr noch hienieden durchwandern, es im Namen unsers Herrn Jesu durchleben, und alle, die von hinnen scheiden, zu den Toren des himmlischen Jerusalems eingehen mit Freuden. Lasst uns solches alles in ein frommes Vater unser zusammenfassen.

Evangelium: Luk. 2. V. 21.

Ich freue mich immer aufs Neue der christlichen Weisheit der Kirche, der göttlichen Erleuchtung, welche der Heilige Geist den alten Vätern ins Herz gab, dass sie dieses Evangelium an die Spitze des Jahres stellten und verordneten, den ersten Tag davon mit der Betrachtung desselben zu heiligen; und muss mich wundern, wenn Manche andere Texte für diesen Tag suchen, meinend, dieses Evangelium sei doch zu kurz und zu dürftig, um immer aufs Neue zur Erweckung und Erbauung der Gemeinde an diesem Feste zu dienen. Es ist ja eben dieses ein Text, in welchem die ganze Heilige Schrift des alten und des neuen Testaments als in ihrem glorreichen Mittelpunkt und Zentrum zusammen gefasst ist, und von welchem alles, was göttliche Wahrheit, Lehre, Ermahnung, Verheißung, Tröstung, Freude und Hoffnung heißt, nach allen Seiten hin ins Erdenleben uns leuchtet, gleich als die hellen Strahlen aus der glänzenden Sonne, und alle Prediger unserer Kirche, wenn sie gleich Engelszungen hätten, möchtens nimmermehr in ihrem ganzen Leben ausreden und sagen, was dieser einzige Hauptspruch der Schrift uns sagen und bedeuten soll. Hier ist uns Predigern gezeigt, was wir das ganze Jahr hindurch predigen, und unseren Zuhörern, was sie das ganze Jahr in ihrer Kirche suchen und in ihren Herzen tragen und bewegen sollen, den Namen, in welchem allein das Heil zu finden ist. Schön sagt der gottselige Scriver: „Es ist zu merken, dass dieser holdselige süße Name ein kurzer Auszug und Verzeichnis des ganzen Evangeliums ist, und ein Zeichen, wodurch Gott sein Herz gegen uns offenbaren will;“ und der erleuchtete Arndt: „Dieser Name ist Gottesbild, darin er sein Angesicht, ja sein Herz gebildet hat.“ Nun, wir haben schon manches liebe Mal dieses Namens uns herzlich gefreut und getröstet an dieser heiligen, teuren Stätte. So möge denn dieses auch heute der Fall sein, indem ich euch unter dem Beistande Gottes jetzt kürzlich vorstellen will:

Was uns der Name Jesus zum Segen für das neue Jahr gibt.

Wer möchte nicht gern ein glückseliges neues Jahr? Wer wünscht es nicht sich und allen seinen Freunden, und wenn er ein Christ ist, allen Menschen von Herzen? Wer stimmt nicht andächtig in die Gebete ein, mit welchen wir uns ein solches von Gott erflehen? Gelobet sei der Herr! wir dürfen nicht daran zweifeln, dass unsere Wünsche und Bitten erhört werden, der barmherzige Gott will uns geben, was unsere Herzen sich wünschen, wenn wir nur seiner väterlichen Anweisung folgen und das merken und tun, was er uns am Anfang des Jahres aus seinem heiligen Wort so liebreich vor die Augen stellt und in die Seele ruft: „Dein Name ist eine ausgeschüttete Salbe“, sagt das hohe Lied von dem Namen unsers Erlösers. Desgleichen: „Er ist den Gläubigen ein Geruch des Lebens zum Leben“, sagt Paulus. „Dieser Name ist Brot des Lebens für die Hungrigen, Honig im Munde, Musik in den Ohren, Jubel im Herzen,“ sagt der gottselige Scriver. „Da ward sein Name genannt Jesus.“ Dieser Name ist über alle Namen, nicht von Menschen, sondern von Gott erfunden, nicht von Menschen, sondern durch die Engel Gottes verkündet, ein Name voll Heil und Gnade, der die Sünder selig macht, voll göttlicher Kraft, durch welchen die Sünde abgetan, das Reich des Teufels zerstört, der Tod aufgehoben und der Himmel aufgeschlossen ist. In diesem Namen ist das kündlich große Geheimnis, dass Gott offenbart ist im Fleisch, gerechtfertigt im Geist, erschienen den Engeln, gepredigt den Heiden, geglaubt von der Welt, aufgenommen in die Herrlichkeit. Gott allein konnte unser Heiland nicht sein, denn wie sollte er für uns bezahlen - der Mensch allein konnte es nicht sein, denn womit sollte er Gott versöhnen? Gott und Mensch musste der Heiland sein, ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, ein wahrer Mensch, auf dass er das Lösegeld für uns bezahlte, der wahre Gott, auf dass er hätte, womit er uns lösen und selig machen könnte; ein wahrer Mensch, um für uns leiden, der wahre Gott, um im Leiden überwinden zu können. Ein teurer Name ist der Name Jesus, denn er hat sich ihn mit seinem Blute erkauft; ein heiliger Name - das Heilige, das aus dir geboren wird, wird Gottes Sohn genannt werden.“ Ein hoher Name, in welchem sich beugen sollten alle Knie derer, die im Himmel, auf Erden und unter der Erden sind, und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr sei, zur Ehre Gottes, des Vaters. Ein schrecklicher Name, vor dem die Hölle erschrickt, die Teufel erzittern und sprechen: „Jesu, du Sohn Gottes, was haben wir mit dir zu schaffen, bist du gekommen, uns zu quälen?“ Ein unaussprechlicher, tröstlicher, erfreuender Name, der uns unsere ganze Glückseligkeit zu erkennen gibt. „Wie viele ihn aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, die an seinen Namen glauben.“ Darum ist dieser Name das erste Wort Gottes, das uns bei unserem Eintritt in das neue Jahr zugerufen wird, um es zu einem Jahr des Segens für uns zu machen. Indem wir diesen Namen hören, so gibt er uns

1) Die heilige Aufforderung, ihn immer in unseren Herzen zu tragen.

Denn was könnte er uns helfen, wenn wir seiner vergessen, wenn wir Tage und Wochen dahin gehen lassen, ohne uns seiner zu freuen, also, dass es uns fast ein gleichgültiger, unbekannter, fremder Name ist; wenn wir uns nur in der Kirche an ihn erinnern, und ihn sofort wieder aus dem Gedächtnis verlieren, oder, wie es die Welt zu machen pflegt, wenn wir ihn nur zum Missbrauch im Munde führen und das Herz seiner nicht gedenkt. Es gehen aber unzählige Christen in solch einer kläglichen Vergessenheit dieses hohen, teuren Namens durch ihr ganzes Leben, ohne in Freude oder Leid seiner zu gedenken, ohne denn auch das ganze Jahr hindurch etwas von der Kraft und von dem Frieden zu empfinden, womit dieser Name ein Christenherz erfüllt. Tut nicht also, geliebte Zuhörer, und wenn ihr's bisher so gemacht habt, fangt mit dem neuen Jahre eine bessere Gewohnheit an, wenn ihr anders durch diesen Namen selig werden wollet. Lasst es euch doch nicht abermals vergebens gesagt sein, was euch heute der Herr so deutlich, ernstlich und liebreich zuruft: „Ich habe dich zubereitet, Israel, vergiss meiner nicht, damit es nicht von dir heißen möge: „Du hast vergessen Gottes, deines Heils, und nicht gedacht an den Fels deiner Stärke.“

Wie jetzt diesen Tag, so müssen wir auch jeden unserer künftigen Tage in seinem hochheiligen Namen anfangen. Wie dieser Morgen durch ihn geweiht ist, so muss an jedem Morgen, den uns der Herr schenkt, sein Name unser erster Gedanke sein. „Wenn ich mich zu Bette lege, so denke ich an dich, wenn ich erwache, so rede ich von dir.“ Wie jetzt, indem der Geist Gottes mit euch redet, eure Herzen sich an die Hoheit, Macht und Güte eures Gottes erinnern, so muss die Erinnerung euch alle Tage von Neuem beleben, und das Gespräch eures Herzens mit dem himmlischen Vater im Namen Jesu allemal euer erstes Geschäft sein. Wir müssen alle Morgen Gott herzlich danken, dass er uns geliebt und erwählt hat in Christo, ehe die Welt war, dass er uns einen Heiland gegeben und in ihm einen Gnadenstuhl uns dargestellt hat, durch den Glauben in seinem Blut, dass er uns berufen hat zur Gemeinschaft seiner Herrlichkeit. Wir müssen alle Morgen unserem Erlöser von ganzem Herzen danken für jene große Liebe, womit er uns geliebt und sich selbst für uns dargegeben hat und uns ihm aufs Neue zu einem Eigentum und Opfer übergeben, das da lebendig, heilig und ihm wohlgefällig sei. Wir müssen alle Tage den Geist Gottes demütig bitten, er wolle unseren guten Vorsäßen Kraft geben, uns in der gesegneten Gemeinschaft mit Christo den Tag über erhalten, uns seinen gebenedeiten Namen immer zur rechten Zeit zurufen, das Andenken an ihn beständig in unseren Seelen erneuern, kräftigen und gründen, und durch nichts daraus rauben lassen.

So muss der Anfang jedes Tages von uns sein, damit es heißen. könne: „Ist der Anbruch heilig, so ist auch der Teig heilig,“ dann müssen wir uns aber auch gewöhnen, dass wir der leisen Mahnung des Geistes Gottes folgen, dass wir den ganzen Tag über, auch mitten im Geräusch der Welt, mitten unter unseren Arbeiten, Sorgen und Zerstreuungen oft an unseren lieben Herrn und Heiland gedenken, oft in schnellen Gedanken ein stilles Lob, einen warmen Dank, eine fromme Bitte, einen herzlichen Seufzer zu ihm empor senden, um in der seligen Verbindung mit ihm zu bleiben. Man kann, man kann das, o meine Zuhörer, sobald man einmal ernstlich will, vielmehr, man kann gar nicht anders, sobald man einmal angefangen hat, Christum in Wahrheit lieb zu haben und in ihm eine neue Kreatur zu werden, und ihr mögt das zu einer gewissen Prüfung nehmen, ob ihr in Christo oder noch außer ihm seid. Die Welt mit aller ihrer Zerstreuung, der zeitliche Beruf mit allen seinen Geschäften hindert Niemand daran, wenn ihn sein Unglaube nicht daran hindert. Eine christliche Seele hat schnelle Flügel, mit denen sie unzählige Mal leicht über alles Irdische hinweg zu ihrem Heiland eilen kann; oder vielmehr, besser gesagt, hat einmal der Herr durch den Glauben und durch die Liebe Wohnung in unseren Herzen genommen, wie sollte uns dann nicht fast jeder Schlag des Herzens an ihn erinnern. Vortrefflich sagt hiervon Scriver: „Gleichwie das natürliche Leben in steter Bewegung, im unaufhörlichen Schlagen des Herzens und aller Pulsadern und im beständigen Odem-holen besteht, also kann das geistliche christliche Leben ohne solche Bewegung, Verlangen und Seufzen zu ihm, ohne solche fromme, kurze, häufige Gebete nicht bestehen, und es ist unglaublich zu sagen, was solches der Seele für einen Nutzen bringt. Eine solche Seele ist gleich einer wohlriechenden Blume, die ihren lieblichen Geruch immer von sich verbreitet, einem schönen Stern, dessen Strahlen immer in anmutiger Bewegung spielen und glänzen. Durch solche Seufzer werden die Versuchungen des Teufels vertrieben, als durch ein heiliges, auf dem Altar des Herzens angezündetes Rauchwerk durch dieses Mittel werden von dem Herrn immer neue Kräfte geschöpft, wie sie jenes sieche Weib durch das leise Anrühren seines Kleides bekam, dergleichen Verlangen und fromme Seufzer sind gleich als die Dünste, die sich von der Erde in die Höhe ziehen, um zu seiner Zeit im Tau und Regen mit vielem Segen wieder zurück zu kehren. Von solchen Seelen heißt es dann in einem viel höheren und herrlicheren Sinn, als von den Ungläubigen: „Er ist nicht fern von einem Jeglichen unter uns, in ihm leben, weben und sind wir.“ Das heißt: „Ich habe den Herrn allezeit vor Augen, er ist mir zu meiner rechten Hand, darum werde ich wohl bleiben.“ In der Taufe hat die Verbindung Christi mit unserer Seele ihren Anfang genommen. Man setzt aber ein edles Pfropfreis nicht deswegen auf einen wilden Stamm, um es bald wieder heraus zu reißen, sondern damit derselbe mit ihm zusammenwachse und dadurch edle Früchte bringe. Ja, Christen, die heilige Aufforderung, ihn immer im Herzen zu tragen, gibt uns der Name Jesu. Und eben damit auch:

2) Die teure Verpflichtung, alles, was wir tun, in ihm zu tun.

„Wie ihr nun angenommen habt den Herrn Jesum Christum, also wandelt in ihm, und seid gewurzelt und erbaut in ihm, und seid fest im Glauben, wie ihr gelehrt seid, und seid in demselbigen reichlich dankbar.“ So soll denn alles, was wir anfangen und tun, aus diesem heiligen Quell hervorfließen, und durch ihn geweiht und geheiligt sein, denn es kann Gott nichts gefallen, was von einem Menschen herkommt, der außer Christo ist. Er will, dass alles, was wir reden und tun, in dem Namen, nach dem Befehl und Vorbild, durch den Geist und die Gnade unsers Herrn Jesu, vor seinem Angesicht, in seiner Liebe, zu seiner Ehre, durch seinen Beistand geschehe. Das bezeugt uns der Herr selbst, indem er spricht: „Bleibet in meiner Liebe. Ihr in mir und ich in euch.“ „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringet viele Frucht, denn ohne mich könnt ihr nichts tun.“ „Gleichwie der Rebe kann keine Frucht bringen von ihm selber, er bleibe denn am Weinstock, also auch ihr nicht, ihr bleibt denn in mir.“ „Darin wird mein Vater geehrt, dass ihr viele Frucht bringet und werdet meine Jünger.“ Ganz desgleichen gebietet uns sein Apostel: „Alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles in dem Namen unsers Herrn Jesu Christi, und dankt Gott und dem Vater durch ihn.“ Seht hier das ganze Gesetzbuch, die ganze Sittenlehre der Christen. Sie sollen alles im Namen, in dem Andenken ihres Herrn Jesu tun. Tragen wir diesen Namen so im Herzen, wie wir so eben es beschrieben haben, o dann werden wir verstehen, was hiermit gesagt ist: „dann werden wir diese hohe Verpflichtung mit Freuden übernehmen und befolgen, und alles durch ihn heiligen, unser Amt, Werk und Berufsgeschäft, unser Verhältnis zu den Unsrigen, und zu allen übrigen Menschen, unseren häuslichen und öffentlichen Gottesdienst, unsere Arbeit und Ruhe, unsere frohen und traurigen Tage; denn das tägliche und stündliche Andenken an ihn kann nimmermehr schwach und unkräftig werden, sondern prägt sich aus in unseren Gesinnungen, Worten und Werken. Dann wird's auch von uns, wie von einem Paulus heißen: „Was ich noch lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt hat, und sich selbst für mich dargegeben.“ Seht, wie schön er das Leben Christi mit seiner Liebe verknüpft, und sagt, er könne und wolle nun nicht mehr ihm selber, sondern dem leben, der ihn bis in den Tod geliebt hat. Ich habe mich, will er sagen, mit allen Kräften des Leibes und der Seele, mein Herz, Leben und Sinn ihm, meinem Herrn und Heiland ergeben, ich will kein anderes Herz, als ein solches, in welchem er wohnt, kein anderes Leben, als ein solches, welches er in mir schafft und wirket. Es wäre mir leid, wenn ich irgendetwas anderes denken, reden, tun, oder mir vornehmen sollte, als was von ihm gebilligt und ihm wohlgefällig ist. Es wäre mein größtes Unglück, wenn man nicht aus meinem ganzen Betragen und Wandel den Herrn sollte merken, welchem ich lebe. So, sagt Scriver, muss er auch in uns leben, herrschen und regieren all unser Leben lang, also dass alle unsere Gedanken mit seinem Gedächtnis geheiligt, alle unsere Worte und Werke nach seinem Willen und Wohlgefallen gerichtet, alle Sorgen, alle Freuden, alle Trauer mit seiner Liebe gemäßigt, alle unsere Arbeit und Mühsal mit seinem Troste versüßt und durch seine Kraft überwunden werden. So muss es auch von uns gelten: „Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir.“

Alles im Namen Jesu. Kann man vorsätzlich Böses tun, kann man ein Wort oder Werk der Bosheit, des Betrugs, der Unkeuschheit, der Rache, des Übermuts, der Unbarmherzigkeit vollbringen, wenn dieser Name in dieser heiligen Majestät vor der Seele steht? Geht uns nicht in diesem Namen immer plötzlich ein göttliches Licht auf mitten in der Finsternis, das uns den richtigen Weg Gottes zeigt? Erschallt nicht mit einem mächtigen Ruf Gottes in unser Gewissen: „Der feste Grund Gottes besteht und hat dieses Siegel: der Herr kennt die Seinen und es trete ab von der Ungerechtigkeit, wer den Namen Christi nennt?“ Gibt es eine stärkere Ermahnung, als diese: Was wahrhaftig ist, was gerecht, was ehrbar, was keusch, was lieblich, was wohl lautet, ist etwa eine Tugend, ist etwa ein Lob, dem denket nach.“ Tut alles in diesem Namen, so muss das Jahr gesegnet sein. Solche Ehegatten lieben einander nicht nur mit der natürlichen Liebe, was auch die Ungläubigen tun, sondern mit einer geistlichen und himmlischen Freundschaft, als die Miterben der Gnade Gottes und des ewigen Lebens. Solche Eltern sehen und lieben in ihren Kindern ein Eigentum des Herrn, Lämmer, die der gute Hirt in seinem Busen trägt, Seelen, von denen der Herr spricht: „Lasst die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn solcher ist das Reich Gottes. Solche Kinder sind ihren Eltern gehorsam und dankbar in dem Herrn; solche Jünglinge und Jungfrauen wissen durch die Liebe Christi die Versuchung des Lasters, des Bösewichts zu überwinden, und sich vor dem Unflat der Welt zu hüten; solche Alte sind ein Exempel der Gottseligkeit dem jüngeren Geschlecht und tragen ihr graues Haar als eine Krone der Ehren. Solche Reiche werden gerne geben, behilflich sein, sich einen guten Schatz sammeln für das Zukünftige und sich mit dem ungerechten Mammon Freunde machen im Himmel. Solche Arme haben den großen Gewinn, dass sie gottselig sind, sich begnügen lassen an dem, das da ist und sich desjenigen freuen, der arm geworden ist um unsertwillen, auf dass wir durch seine Armut reich würden. Solche Diener der Kirche und des Staats, solche Geschäftsleute, Handwerker und Arbeiter, ein jeglicher in seinem Beruf, werden alle ihren Fleiß daran wenden, sich dem Herrn als unsträfliche Arbeiter zu beweisen; solche Knechte und Mägde tun alles, was sie zu tun schuldig sind von Herzen als dem Herrn, und wissen, dass sie von dem Herrn empfahen werden die Vergeltung des Erbes, denn sie dienen dem Herrn und nicht den Menschen. Solche Christen erblicken in allen ihren Nebenmenschen Teuer erkaufte des Herrn, und die Liebe, womit Christus sie geliebt hat, dringet sie, ihre Lindigkeit kund werden zu lassen allen Menschen, und auch anderen zu ihrer Seligkeit zu verhelfen. Kurz, das Herz des wahren Christen ist wie ein Siegelring, der nichts anders ins Wachs drückt, als was in ihn gegraben ist. In das Herz des Christen ist der Name Jesus gegraben, und also drücket er diesen teuren Namen, dieses göttliche Bild und Gedächtnis allenthalben aus in allen seinen Gesinnungen, Worten und Werken.

Was ich nun über den Namen Jesu noch zu sagen habe, das kann ich kurz fassen. Es folgt von selbst aus dem bisher Gesagten und ist an dasselbe notwendig gebunden. Tragen wir diesen Namen immer im Herzen und tun wir alles, was wir tun, in ihm, so gibt er uns:

3) Den besten Trost, den Schutz und Frieden, dessen wir in dem Elend dieses Lebens bedürfen.

Ach, wer von uns wird dessen nicht jetzt schon, oder künftig höchst notwendig bedürfen? Wer ist so leichtsinnig, dass er nicht ernsthaft werden sollte beim Gedanken an die Ohnmacht, Hilfsbedürftigkeit und an das tausendfache Elend der Menschen! Wir leben in einer Welt voll Gefahren und Feinden, wo wir nicht bloß mit Fleisch und Blut, sondern mit Fürsten und Gewaltigen, die in der Finsternis dieser Welt herrschen, zu kämpfen haben, werden sie uns überwältigen? Wir haben mit manchen Sorgen zu ringen, manche Lasten zu tragen, werden sie uns nicht zu schwer werden? Wir gehen manchen wichtigen Veränderungen entgegen, werden sie uns zum Besten dienen? Wir tragen das Bewusstsein unserer Verschuldung im Gewissen und werden auch künftig wohl wieder viel fündigen; haben wir nicht noch die bittersten Folgen unserer Sünden zu befürchten? Wir fühlen uns so schwach und unvermögend zum Guten, werden wir immer tun, was der Herr in Amt und Beruf, in Freude und Leid von uns fordert? Wir haben ein so irrsames Gewissen, wer wird uns den besten Rat geben? Wir haben ein schwaches, verzagtes Herz, wer wird es im Leiden stärken und trösten? Wir verlieren einen unserer Freunde nach dem andern; wer bleibt bei uns, und gibt uns auch das wieder, was wir verloren haben? Wir gleichen Einem, der in einem Schiff über das weite Meer fährt und nichts von der Schifffahrt versteht wer sitzt am Steuer und führt weislich und kräftig das Ruder? Auf diese und ähnliche Fragen ohne eine menschliche Antwort gibt es Gottlob, eine gute, vollgültige, göttliche Antwort. Sie heißt: „Da ward sein Name genannt Jesus, welcher genannt war von dem Engel, ehe denn er in Mutterleibe empfangen ward.

Wie der volle Mond in seiner sanften Pracht über der dunklen Erde aufgeht, vielmehr wie der Sonne Glanz und Majestät am Firmament erscheint und die Finsternis der Nacht vertreibt, so geht dieser Name erleuchtend, verklärend über dem Dunkel unserer Zukunft, über alle unsere Furcht und Sorge auf, und bringt den Trost und Frieden einer besseren Welt in ein Herz, das gelernt hat, sich dieses Namens zu freuen.

In diesem Namen haben wir Schutz gegen Welt und Sünde, Tod und Hölle. Erschrecken, sagt Luther, muss der Teufel vor einem Kind in der Wiege, das den Namen Jesu trägt. Es kommt der Fürst dieser Welt, sagt der Herr, und hat nichts an mir, nichts an den Seinigen. „Seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ Und wenn alles uns feind wäre, und alle List, Bosheit und Grausamkeit der Welt unser Verderben wollte, wir sagen getrost: „Du kommst zu mir mit Schwert, Spieß und Schild, ich aber komme zu dir im Namen des Herrn Zebaoth. In diesem Namen ist uns der Beistand und Dienst der Engel gewiss. Sie sind allzumal dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die ererben sollen die Seligkeit.“ Der Engel des Herrn lagert sich um die her, so ihn fürchten, und hilft ihnen aus.“ „Er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich auf den Händen tragen, auf dass du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.“ Derer, die mit uns sind, ist mehr, denn derer, die wider uns sind.“ In diesem Namen haben wir Zuflucht in allen unseren Nöten. Auf Menschen sich verlassen, ist Torheit und Sünde, „verflucht ist der Mann, der Fleisch für seinen Arm hält und mit seinem Herzen von seinem Schöpfer weicht.“ Aber „In dem Herrn habe ich Gerechtigkeit und Stärke.“ „Jene verlassen sich auf Wagen und Rosse, wir aber denken an den Namen des Herrn unsers Gottes.“ Wir heißen nach deinem Namen, verlass uns nicht. Wie sicher ist ein Schaf bei seinem Hirten, ein Küchlein unter den Flügeln der Henne, eine Taube in den Felslöchern, ein Kind im Schoß der Mutter, viel sicherer noch eine Seele unter dem Schutz des Herrn. Wer unter dem Schirme des Höchsten sitzt, und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, der spricht zu dem Herrn: „Meine Zuversicht, meine Burg, mein Gott, auf den ich Hoffe.“ In diesem Namen ist uns die Erhörung unserer Gebete verheißen. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: So ihr den Vater etwas bitten werdet in meinem Namen, so wird er's euch geben.“ Ju allem Mangel, in allem Kummer, in aller Not will ich im Namen meines Jesu bitten, und ich werde erhört, überschwänglich über all mein Bitten und Verstehen. „Der Heilige in Israel lügt nicht.“ „Des Herrn Wort ist wahrhaftig, und was er zusagt, das hält er gewiss.“ In diesem Namen haben wir Vergebung unserer Sünden. Ich bin freilich ein Sünder und verdiene nichts als Strafe, aber ich glaube an den Namen Jesu, ich lebe im Stande der Buße, so darf ich nicht verzagen, ich bin versöhnt mit Gott. Des Name sollst du Jesus heißen, denn er wird sein Volk selig machen von ihren Sünden.“ „Von diesem zeugen alle Propheten, dass durch seinen Namen alle, die an ihn glauben, Vergebung der Sünden empfangen sollen.“ In diesem Namen haben wir die Gewissheit, dass uns alle Dinge zum Besten dienen müssen. „Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein? Welcher auch seines eigenen Sohnes nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben, wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken.“ Soll ich einen bitteren Kelch des Leidens trinken, ich will den heilsamen Kelch des Leidens nehmen und des Herrn Namen predigen.“ Sitze ich im Finstern, Jesus ist mein Licht. Muss ich mitten in der Angst wandeln, er erquickt meine Seele. Soll's durch Feuer und Wasser gehen, er hält mich bei meiner rechten Hand, er leitet mich nach seinem Rat, er nimmt mich endlich mit Ehren an. Ich will mit dir sein, wenn du durchs Wasser gehst, dass dich die Ströme nicht sollen ersäufen, und so du durchs Feuer gehst, sollst du nicht brennen, und die Flamme soll dich nicht anzünden. Denn ich bin der Herr, dein Gott, der Heilige in Israel, dein Heiland.“ Soll's zum Sterben gehen, so gibt uns der Name Jesus:

4) Die Gewissheit eines seligen Endes.

Das Gewisseste, was ich in meiner irdischen Zukunft vor mir sehe, ist dieses, dass sie nicht ewig währt, nicht einmal lange, dass sie alle Tage ein Ende nehmen kann, dass mein Erdenleben ein Ende hat und ich davon muss. „Wir fahren schnell dahin als flögen wir davon.“ „Meine Tage sind einer Hand breit vor dir und mein Leben ist wie nichts vor dir.“ „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“ Über ein Kleines muss mein Leib zum Staube werden, wie er gewesen, mein Geist aber zu Gott zurückkehren, der ihn gegeben hat.“ Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht.“ Darf ich nicht trostlos zittern vor diesem über alle Maßen ernsten Gedanken? Werde ich unter der Bangigkeit meiner letzten Not einen Trost finden, der die Schrecken des Todes erleichtert? Werde ich, wenn ich diese Welt verlassen muss, nicht vor ein furchtbares Gericht gestellt werden, nicht einen verdammenden Urteilsspruch hören müssen, nicht in den Jammer des ewigen Todes versinken? Werde ich selig werden? Wichtigste, bedenklichste aller Fragen! Preis dir, o mein Immanuel, mein gütiger Heiland und Erlöser, dein Name gibt mir darauf die tröstlichste, herzerfreuendste Antwort. Der Name Jesus ist mir Gottes Brief und Siegel für ein seliges Ende. Habe ich in dir gelebt, werde ich in dir getrost entschlafen und fröhlich rühmen: Ich werde nicht sterben, sondern leben und des Herrn Werk verkündigen.“ „Ich werde den Tod nicht schmecken ewiglich.“ Dein Name ist eine ausgeschüttete Salbe, ist mir ein Geruch des Lebens zum Leben. Ich werde mit Simeon im Frieden von hinnen fahren, denn meine Augen haben meinen Heiland gesehen, mein Herz ist seine Wohnung gewesen, mein Leib und meine Seele sollen sich ewig freuen in dem lebendigen Gott. Ich werde mit Stephanus den Himmel offen und dich zur Rechten Gottes erblicken! Ich werde mit Paulus frohlocken: „Christus ist mein Leben und Sterben mein Gewinn!“ Amen.

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