Arnd, Johann - Predigt über das Evangelium am Tage der heiligen drei Könige oder der Offenbarung Christi über Matth. 2, 1-13.

Gleich als einem neuen Könige und Landesherrn, wann er ins Regiment tritt und die Regierung selbst übernimmt, alle seine Untertanen huldigen müssen, ihn für ihren Herrn erkennen und ihm Folge leisten, also, da aller Heiden Erbherr, unser Ehren- und Gnadenkönig (Ps. 2,8; 82,8), kommen war, sein Reich anzufahen, mussten die Heiden kommen aus Morgenland, ihn für ihren Herrn erkennen und anbeten, ihm huldigen und Geschenke bringen. Und gleichwie einem jeden Reich auf Erden, Regiment und Herrschaft gewisse Zeit und Stunde bestimmt ist, wie lange ein jedes währen soll (Dan. 7,14), also ist von Gott, dem Allmächtigen, dem Reiche unsers Himmelskönigs keine gewisse Zeit und Stunde bestimmt, denn der Prophet sagt am genannten Orte: Gott hat ihm gegeben Gewalt, Ehre und Reich, dass ihm alle Völker, Leute und Zungen dienen sollen. Seine Gewalt ist ewig, die nicht vergeht, und sein Reich hat kein Ende! Wer wollte nun einem so gewaltigen, herrlichen und großmächtigen Könige nicht gerne huldigen und ihn für seinen Herrn erkennen! Denn der Prophet spricht, Gott habe ihm Gewalt, Ehre und Reich gegeben. Solchem freundlichen, gnädigen, holdseligen und lieblichen Könige, dessen Gnade reicht, so weit der Himmel ist, und seine Gerechtigkeit, so weit die Wolken gehen, - dem wollen wir gerne huldigen. Das ist uns fein abgebildet in der Historia Salomons (1. Kön. 10,1). Er war ein so lieblicher König, dass ihm alle Völker auf Erden Geschenke brachten und wollten seine Liebe und Gunst haben. Denn daselbst steht geschrieben, er sei berühmt gewesen unter den Heiden, dieweil in seinem Herzen so viel Weisheit gewesen, wie des Sandes am Ufer des Meeres. So haben alle Könige auf Erden begehrt, ihn zu sehen, und alle Welt, wie der Text sagt, wollte seine Weisheit hören, die Gott in sein Herz gegeben hatte. Darum hat jedermann ihm Geschenke gebracht, Gold, Silber, Kleider, Harnisch, Rosse und Maultiere, auch alle umliegenden Könige der Ägypter, Hethiter, Syrer haben ihm schöne Pferde geschenkt und das Beste, so sie in ihrem Lande hatten. Endlich kommt auch die Königin aus Reich Arabia mit einem sehr großen Zeug gen Jerusalem, mit Kamelen, die Spezerei, Gold und Edelgesteine tragen, und spricht: Ich habe in meinem Lande von deiner Weisheit gehört und hab's nicht glauben wollen; aber nun sehe ich, dass deine Weisheit und Herrlichkeit größer ist, denn dein Gerücht; es ist mir nicht die Hälfte gesagt. Selig sind deine Knechte, die täglich vor deinem Tische stehen und deine Weisheit hören! - Ja, es kamen auch Schiffe von den Inseln des Meeres, aus Ophir, und brachten ihm Gold, Silber, Elfenbein. Ist nun dies, Geliebte im Herrn, nicht ein schönes liebliches Vorbild des Reiches Jesu Christi, dass die ganze Macht der Heiden zu ihm kommen soll vom Abend und vom Morgen und mit Abraham, Isaak und Jakob im Himmelreich sitzen! Da machen nun den. Anfang die Weisen aus dem Morgenlande, die Erstlinge der Heiden. Gott führet sie zu Christo durch einen Wunderstern, durch ein schönes himmlisches Licht, durch eine Königskerze und Brautfackel, die den Heiden predigt und verkündet, dass ihnen das ewige Licht sei aufgegangen!

Es hat aber dies Evangelium drei vornehmste Stücke:

  1. Wie die Weisen aus Morgenland gen Jerusalem kommen und mit großem Verlangen nach dem neugeborenen König der Juden fragen; dabei wollen wir handeln von dem Beruf der Heiden und, wie es der Erzvater Jakob nennt, von dem Verlangen der Heiden!
  2. Was diese Botschaft zu Jerusalem gewirkt hat, nämlich Furcht und Schrecken; dabei wollen wir handeln von dem Schrecken der Gottlosen und von der Offenbarung der ewigen Gottheit des Messias.
  3. Die große Freude, in welcher die Weisen das Kindlein finden, anbeten und ehren; dabei wollen wir hören von der geistlichen Freude und vom Bekenntnis des Glaubens auch mit dem Geschenk.

Der erste Teil.

Wir haben Merkmale, was diese Weisen für Leute gewesen und wie hoch sie erfahren gewesen im Lichte der Natur. Denn der heilige Evangelist nennt sie Magier. Nun wissen wir, dass die Weisen aus Persia also sind genannt worden. Hiervon lesen wir im Propheten Daniel (1,4), dass Daniel in der Schule der chaldäischen Weisen neben seinen Gesellen erzogen sei zu dem Ende, dass der König zu Babel sie zu Fürsten und Regenten im Lande machte; und darin habe er in dieser Kunst in kurzer Zeit also zugenommen, dass er alle chaldäischen Weisen und Sternkundigen übertroffen habe. Und so sei er zum Fürsten in Persien geworden. Denn es durfte niemand König, Fürst oder Obrigkeit im Lande sein, der nicht in der Schule der persischen und chaldäischen Weisen erzogen war. Daher ist auch die Meinung oder Wahn kommen, dass diese Weisen Könige gewesen seien. Durch solche natürliche Weisheit wird die Welt weislich regiert. Aus der Historia Daniels ist auch offenbar, dass diese Kunst eine solche Weisheit sei, die da versteht heimliche, verborgene, göttliche Offenbarungen in allerlei Gesichten und Träumen. Sodann begreift diese Kunst in sich die Sternkunst, die Erkenntnis oder Auslegung der übernatürlichen Sterne, denn sie sagen: Wir haben seinen Stern gesehen, nämlich einen königlichen Stern, der einen neugeborenen König bedeutet und zwar einen König der Juden. Weil es nun ein übernatürlicher Stern ist, so ist dieser König über die Natur, und mehr denn ein Mensch; darum sind wir gekommen, ihn anzubeten. Seht, das ist eine gewisse und hochweise Auslegung dieses Sternes. Darum ist es nicht ein Engel gewesen, wie etliche meinen, sondern ein Stern; denn der Evangelist sagt: Der Stern, den sie im Morgenlande gesehen hatten, ging vor ihnen hin. Und Gott hat mit diesen Weisen im Traume geredet und sie vor Herodes gewarnt. Da sehen wir, was es für Leute, und wie diese Leute hohen Verstandes gewesen seien.

Weil aber diese Weisen Heiden gewesen und wunderbar zu Christo geführt sind, will ich jetzt eurer Liebe die Lehre von der Berufung der Heiden zu Gemüte führen.

Als der allmächtige Gott dem Abraham den Messias verhieß und mit ihm einen Bund machte, hat er (1. Mose 17,7; 22,18) alle Völker und Heiden in das Bündnis und in die Verheißung mit eingeschlossen, da er sprach: In deinem Namen sollen alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden. Er setzt da Abraham zu einem Vater vieler Völker, und so ist der Segen Abrahams auf uns Heiden gekommen durch den Glauben. Da hören wir, dass Gott, der Herr, seine Gnade und Barmherzigkeit nicht so enge gespannt hat, dass sich dieselbe nur auf ein Volk und Königreich sollte erstrecken. Sein Reich geht über die ganze Welt; und das nennt St. Paulus den Reichtum der Gnaden Gottes, der reich ist von Barmherzigkeit, reich über alle, die ihn anrufen (Ephes. 1,7; 2,4; Röm. 10,12); und im 117. Psalm heißt es: Seine Gnade und Wahrheit waltet über uns in Ewigkeit; Halleluja. Aus dieser Lehre von der Berufung der Heiden beweist St. Paulus, dass wir nicht aus Verdienst, sondern aus Gnaden gerecht werden, wie er spricht, dass die Heiden Gott loben um der Barmherzigkeit willen. Denn womit haben wir es verdient, dass Gott uns zum Herrn Christo und zu seinem ewigen Reich berufen hat? Was können wir Gott für diese große Barmherzigkeit vergelten? Nichts andres, denn was der Psalm sagt: Lobt den Herrn, alle Heiden, und preist ihn, alle Völker! Solche Verheißung hat der Herr oft erläutert und wiederholt in den Psalmen und im Propheten Jesaias: Ich habe dich zum Licht der Heiden gesetzt, dass du mein Heil seiest bis ans Ende der Welt (Jes. 49,6; 22,23; 52,10; 45,23.24; 11,10). Davon weissagt auch der Prophet Haggai, dass da kommen solle aller Heiden Trost; und der Prophet Daniel (7, 14): Es sollen ihm alle Völker dienen. Alle Propheten aber, die von der Berufung der Heiden geweissagt haben, übertrifft der Prophet Jesaias, Kap. 60, 1-7: Mache dich auf, werde Licht, denn dein Licht kommt und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir rc. Da hören wir den freudigen Geist in den Propheten! Seht, der Geist Gottes hat sich über uns gefreut, dass er vor Freuden im Herzen der Propheten gehüpft und gesprungen hat. Der Prophet gebraucht aber eine sonderliche Redekunst in vielen Gleichnissen, damit er uns diese Freude wohl einbilde. Denn dieser Artikel ist auch den Aposteln schwer zu glauben gewesen, wie das Gesicht Petri (Apostelgesch. 10, 1 ff.) bezeugt. Zuerst vergleicht der Prophet Christum einem Licht und der Sonnen, welche über die Heiden aufgeht und sie erleuchtet; dann vergleicht er die christliche Kirche einer Mutter, die ihre Lust und Freude an ihren Kindern sieht, wenn sie von ferne kommen. Er vergleicht sie mit einem ausgebreiteten Baum, einer aufbrechenden Blume, einem Brunnen, der sich weithin ergießt; er vergleicht sie einer offenen Stadt, deren Tor nimmer verschlossen wird, dass die Heiden einen freien Zugang zu ihr haben sollen. Er vergleicht ferner den anfangenden Glauben mit einem kleinen Kinde, das mit Milch ernähret wird. Er vergleicht die Gläubigen mit armen Waisen, die Vormünder haben: Ich will machen, dass deine Vorsteher Friede lehren sollen und deine Pfleger Gerechtigkeit predigen. Er vergleicht die Gläubigen aus den Heiden den Tauben, die da fliegen zu den Häusern und Fenstern: Wer sind, die da fliegen wie die Tauben zu ihren Fenstern? Hat sich nun der Heilige Geist in den Propheten über uns arme Heiden so sehr erfreut, so wäre es ja Schande, wenn wir uns dieser großen Gnaden nicht wollten freuen. Deswegen ist dies unser Freudenfest und Ehrentag, der Tag, den uns armen Heiden der Herr gemacht hat. Lasst uns freuen und fröhlich sein in unserm Licht und Heil (Ps. 36, 6; Ps. 67). Wenn der Prophet Jesaias sagt: Er wird viele Heiden besprengen, so haben wir von dieser heiligen Besprengung auch ein Tröpflein empfangen. Wir sind gekommen zu dem Blute der Besprengung (Hebr. 12, 24).

Hierher gehört auch das Vorbild Mosis, den die Tochter Pharaos erzogen hat; das Vorbild des Propheten Jonas, der der heidnischen Stadt Ninive predigte; der Tau Gideons, welcher die ganze Erde benetzte.

Lasst uns nun betrachten das heilige, herzliche Verlangen dieser Weisen nach dem Trost aller Heiden. Wo ist der neugeborene König der Juden? Es ist eine Stimme eines großen Verlangens. Sie wollten sehen den rechten Stern, der in Jakob nach der Weissagung Bileams aufgegangen war; den Stein, ohne Hände vom Berge herabgerissen, der die ganze Welt erfüllet; das kleine Sprösslein Davids, daraus ein so großer Wunderbaum worden ist, der seine lieblichen Zweiglein auch in den Orient hinein erstreckt; den hellen Morgenstern, der sein Licht auch im Orient leuchten lässt. Sie reisen so einen weiten. Weg, dass sie mit den Augen sehen möchten, den sie in dem königlichen neuen Stern sehen; denn sie sagen: „Wir haben seinen Stern gesehen,“ und bekennen damit, dass es eines Königs Stern sei, nämlich des neugeborenen Königs der Juden. Darum ist dies ihr einziges Verlangen, dass sie den König selbst sehen möchten, welchen dieser Stern bedeutet. Sie fragen nicht nach des Königs Herodes Herrlichkeit, Palast und Freundschaft, sondern nach dem neugeborenen König der Juden, den sie anbeten wollen. Also tut der Glaube auch. Wo ist der, den meine Seele liebt; sage mir, wo er ruhet im Mittag und wo er weidet. Es wird sein die Wurzel Jesse, nach der werden die Heiden fragen. Hier ist ein herrlicher Spiegel des heiligen Verlangens der gläubigen Seele nach Christo, wenn in ihr das göttliche Licht der Erkenntnis und Gnade Gottes aufgeht, wenn sie die himmlische Süßigkeit schmeckt, im Glauben Gottes Herrlichkeit sieht und den Geruch der himmlischen Lieblichkeit empfindet. Ja, dann spricht sie: Wo ist mein neugeborener König? Wo soll ich ihn finden? Wo ist der, der in meiner Seele leuchtet? Wo ist das lebendige Wasser, nach welchem meine Seele dürftet? Wo ist das Brot des Lebens, nach welchem meine Seele hungert? Wo ist die Gewalt, die mich trägt; die Weisheit, die mich lehrt; die Kraft, die mich erhält; das Licht, das mich erleuchtet? Wir empfinden dies wohl im Glauben, in dem Stern, der in unsern Herzen aufgeht; aber wie werden wir ihn sehen? Wo ist nun unser neugeborenes Kindlein; wann werden wir dich doch einmal recht suchen und finden lernen? Wo bist du einiges Licht der Blinden, einige Freude der Betrübten, du ewiges Leben der Sterbenden? Sage doch, wo du bist! Sag's uns, unserm Glauben, der Liebe, der Hoffnung, die das Kindlein suchen: Wo sollen sie dich finden? In seiner Herrlichkeit können. wir ihn jetzt nicht sehen, darum müssen wir ihn zu Bethlehem suchen im Stall, in seiner Niedrigkeit und Demut, unter dem Kreuz. Zu Bethlehem, das ist, im Brothause, da das Himmelsbrot des Evangeliums vorgetragen wird, und bei Maria, seiner Mutter, wird dies Kindlein gefunden. Maria heißt Bitterkeit. Da man heiße, bittere Tränen im Kreuze vergießt, da wird dies Kindlein geboren, da empfindet man die Süßigkeit dieses Himmelsbrotes. O, welch eine selige Maria ist's, die das Kindlein Jesus also empfängt und mit Tränen gebiert! Da wird man es finden und anbeten. Darum, o mein Glaube, Liebe, Hoffnung, kommt, lasst uns diesen König anbeten. Betet ihn an ehrerbietig, denn er ist der mächtigste König. Betet dies Kindlein an weislich, denn er ist der König aller Weisheit. Betet ihn an mit Freuden, denn er ist aller Engel und Menschen Freude. Betet ihn an in der Wahrheit, denn er ist König der Wahrheit. Betet ihn an inbrünstig, denn er ist die Flamme der ewigen Liebe. Selig ist die Seele, die Christum recht findet und empfindet!

Lasst uns nun den Glauben dieser Weisen ansehen: Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenlande und sind gekommen, ihn anzubeten. - Ihr lieben heiligen drei Könige, sagt die Vernunft, glaubt ihr denn, dass eines Königs Kind, ein neugeborener König im Stall seine Wohnung haben wird? Wird er seine Wiege in einer Krippe finden; wird seine Herrlichkeit in arme Windeln eingewickelt sein? Habt ihr jemals einen königlichen Saal in einem Viehstall, einen königlichen Thron in einer Krippe gesehen? Wie suchet ihr ein so hohes königliches Kind bei solchen armen Leuten, bei Joseph und Maria? - Seid ihr Weise aus Morgenland und nicht klüger? Wollt ihr ein solches Kind, das die Mutter in den Armen trägt, als einen Gott anbeten? Wie sucht ihr ein solch großes Licht im finsteren Stalle; das Brot des Lebens bei den Hungrigen, das Wasser des Lebens bei den Durstigen: die Stärke bei den Schwachen; die Hilfe bei einem Kinde! Sie antworten: Du magst sagen, was du willst; wir haben seinen Stern gesehen im Morgenlande und sind gekommen, ihn anzubeten. Das ist unser Glaube; dabei bleiben wir: Wir haben seinen Stern gesehen! O, ein schönes Bild des Glaubens, wenn wir uns nur an den Stern des göttlichen Wortes halten, der da leuchtet in der Finsternis unsrer Vernunft! Du Ketzer und blinde Vernunft, du Tod und Hölle und Teufel, magst mir sagen, was du willst. Ich habe seinen Stern gesehen, das ist Gottes Wort. Ich habe alles Dinges ein Ende gesehen; aber, Herr, dein Wort bleibt in Ewigkeit (Ps. 119, 89)! Das ist der Weisen Glaube. Sie beten Gott an im Fleisch; die Weisheit in der Kindheit; die Stärke in der Schwachheit; die Majestät in der Niedrigkeit. Es ist ein Edelstein, der Astrion1) heißt; wenn man denselben recht ansieht, so sieht man ein Fünklein daraus leuchten, als einen Stern: Dies ist die Jungfrau Maria, in deren Arm und Schoß leuchtet der Stern Christus. Auch die Heiden haben gesagt, dass die Leute, so durch Gottes Licht und Rat regiert und geführt werden, sich nicht durch das Urteil ihrer Vernunft sollen irre machen lassen. So haben alle großen Leute, die von Gott getrieben wurden, alle Dinge wider die Vernunft getan. Also haben wir im Evangelio auch ein kräftiges Zeugnis, dass wir unsre Vernunft nichts achten sollen in Gottes Sachen, wo sie nicht übereinstimmt mit Gottes Wort. Wenn du also hörst, dass dies Kind allmächtiger Gott sei, dass seine Menschwerdung, Leiden und Sterben, Auferstehung und Himmelfahrt unsre Seligkeit, dass sein Gehorsam unsre Gerechtigkeit sei, dass im Sakrament sein wahrer Leib und Blut sei, lass deine Vernunft dich nicht irren. Wir haben seinen Stern gesehen, sein Wort also auch vom heiligen Kreuz. Selig sind die Armen, selig sind die Sanftmütigen, die Leidtragenden, die verfolgt, gelästert und geschmäht werden; selig sind, die sich selbst verleugnen; zu dem allen sagt die Vernunft lauter Nein; und es ist doch die ewige Wahrheit. Wie kann, so sagt unsre Vernunft, in der Armut des Geistes Reichtum sein; in unsern Tränen Freude; in der Untertänigkeit Freiheit; in der Demut Ehre; im Kreuz Herrlichkeit; in der Tötung des Fleisches Friede? Wie kann der Größte der sein, der aller Diener ist? O, spricht der Glaube, wir haben seinen Stern gesehen im Morgenlande und sind gekommen, ihn anzubeten. Sein Wort lass dir gewisser sein; und ob dein Herz sprech lauter „Nein“, so lass doch dir nicht grauen! Wenn einer den Stern göttlichen Wortes hat, so wird er, obgleich die ganze Welt wider ihn stünde, dennoch gewinnen; denn unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. Unser Glaube ist unser Schatz, welchen uns die Vernunft, Teufel und Welt stehlen will. Wenn du gleich von der Welt verfolgt wirst, so glaube doch, dass Gott dich lieb habe. Alles, was von Gott geliebt wird, das wird vom Teufel gehasst. Wirst du glauben, so wirst du Gottes Herrlichkeit sehen!

Der andre Teil.

Lasst uns danach auch ansehen die Furcht und den Schrecken des Herodes. Es hat wohl der Prophet Jeremias (23, 5. 6) geweissagt, wenn das gerechte Gewächs würde aufgehen, so würde er ein König sein, der wohl regiert und Gericht und Gerechtigkeit auf Erden walten lässt; seine Gerechtigkeit werde alle Frommen erfreuen und trösten und man werde ihn nennen den Gott, der unsre Gerechtigkeit ist. Sein Gericht wird aber auch alle Gottlosen erschrecken. Wie wunderbar, dass dies kleine Kind einen solchen Schrecken mit sich bringt! Es hat doch weder Wehr noch Waffen, weder Harnisch noch Büchsen; seine Mutter trägt es ja in Armen! Ja, aber es ist ein solches Kind, das zugleich in der Höhe Gott der Herr ist und der rechte Kriegsmann, der Held genannt wird.

Das soll uns nun dienen zu einem mächtigen, starken Trost wider die Sünde, den Tod und Teufel, wider Hölle und die Welt und wider alle unsre Feinde. Lasst uns denselben dies Kindlein entgegensetzen! Ach, wie tröstlich ist es, dass wir ein solch Kindlein haben, vor welchem sehr große Könige erschrecken, der den Fürsten den Mut nimmt und schrecklich ist unter den Königen auf Erden, der stark und mächtig im Streit und des Zepter ein richtiges Zepter ist! Scharf sind deine Pfeile, dass auch Könige vor dir niederfallen! Wem er diese Pfeile ins Herz schießt, demselben zittert Leib und Seele. Er wird richten unter den Heiden; er wird große Schlacht tun; er wird zerschmeißen das Haupt über große Lande (Ps. 24; 45; 76; 110). Könige werden vor ihm niederfallen und seiner Füße Staub lecken. Das lass mir ein junges Herrlein sein; der wird dir's tun, Herodes und allen Ungläubigen. Er ist gekommen, der es tun soll; er wird sie mit einem eisernen Zepter zerschlagen, wie Töpfe wird er sie zerschmeißen. Ich habe einen Held erweckt, der helfen soll; ich habe ihn mit heiligem Öl gesalbt. Dies Kindlein hat mit seinem Zepter Herodi das Herz gerührt und einen Pfeil ins Herz geschossen, davor er erschrocken ist. Wohlauf, Herodes, du Fuchs, brauch all deine List, lass die Hohenpriester und Schriftgelehrten zusammen kommen, erforsche von ihnen, wo dieser junge König sollte geboren werden! Zu Bethlehem im jüdischen Lande, daher soll mir kommen, der über mein Volk Israel soll ein Herr sein, welches Ausgang ist von Ewigkeit her! Wo nun hinaus, Herodes? O, das ist dir ein schrecklich Wort; du fürchtest für deine Krone; aber ein tröstlich Wort ist es den Gläubigen. Wir haben einen solchen Herzog und Fürsten, dessen Ausgang ist von Ewigkeit her. Wo bist du herkommen, Herodes? Aus den Sündern, in der Zeit! Du wirst auch in der Zeit vergehen. Du bist nicht von oben herab aus Gott neu geboren; darum musst du mit all deiner Herrlichkeit vergehen und zu Schanden werden. Unser König aber ist von Ewigkeit her und wird uns aus der Zeit in die Ewigkeit bringen. Einen solchen Herzog unsrer Seelen müssen wir haben, der unsre unsterblichen Seelen in die unsterbliche Freude bringt. Darum ist er aus der Ewigkeit in die Zeit gekommen und Mensch geworden, auf dass er uns aus der Zeit mit sich brächte in die Ewigkeit. Und weil er Menschen in seinem ewigen Reich haben will, so wird er auch unsern sterblichen Leib aus der Erde auferwecken. Der uns vor der Zeit erwählet hat, der wird uns auch in der Zeit unsers Elendes nicht verstoßen. Der uns von Ewigkeit her geliebt hat, wird ja nicht ewig mit uns zürnen. Der, dessen Ausgang ist von den Tagen der Ewigkeit, wird ja die Tage unsrer zeitlichen Trübsal zählen. Zähle meine Flucht und fasse meine Tränen in deinen Sack; ohne Zweifel du zählst sie (Ps. 56, 9). Ist sein Reich ewig und hat er uns zu seinem ewigen Reich erkauft und erarnet 2), so wird er uns ja nicht lassen verderben als seine Reichsgenossen. Ist seine Gewalt ewig, so wird er mich ja aus der Gewalt aller meiner Feinde erlösen. Ist er ein ewiger, unsterblicher Herzog, so wird er auch meinen sterblichen Leib, weil er mein Fleisch und Blut an sich genommen, erhalten, schützen und zur ewigen Unsterblichkeit erwecken. Einen solchen Herzog haben wir nun, des Ausgang ist von Ewigkeit her, trotz Welt, Tod und Teufel. Tut mir ein Böses oder Gutes: Hier ist Immanuel, Gott mit uns, wer mag wider uns sein! Es wird, o Herodes, deine tückische, mörderische List dir nichts helfen! - Ziehet hin und forschet fleißig nach dem Kindlein; und wenn ihr's findet, sagt mir's wieder, dass ich auch komme und es anbete! Ist das nicht eine teuflische Heuchelei und Schlangenlist! Daran erkennet man die Leute, in welchen der höllische Schlangensame ist: Ihr Mund ist glatter, denn Butter, und haben doch Krieg im Sinn; ihre Worte sind gelinder, denn Öl, und sind doch bloße Schwerter. Gott, du wirst sie hinunterstürzen in die tiefe Grube; die Blutgierigen und Falschen werden ihr Leben nicht zur Hälfte bringen. Wirf dein Anliegen auf den Herrn, der wird dich versorgen und den Gerechten nicht ewiglich in Unruhe lassen (Ps. 55, 22-24). Mit Herodes geht's recht, wie Jesaias 9, 10 steht: Seid böse, ihr Völker; seid böse, ihr Völker, beschließt einen Rat und werde nichts daraus; beredet euch und es bestehe nicht, denn hier ist Immanuel.

Der dritte Teil.

Lasst uns auch die Freude dieser Weisen ansehen: Da sie den Stern sahen, wurden sie hocherfreut. Ach, sollte man sich nicht freuen, wenn man so einen schönen Stern, so eine königliche Fackel, ein neu Wunderlicht zum Wegweiser und zum Führer hat! Er hat sie einen so weiten Weg geführt, und zum Zeichen, dass er sie recht geführt, geht er ihnen wieder auf und steht oben über, da das Kindlein ist. Wer wollte sich doch dieses großen Wunders nicht freuen! Der Gott, der zuvor sein Volk durch die Wüste geführt hatte in der Gestalt eines leuchtenden Feuers in der Heiden Land, der führt nun die Heiden durch einen Stern ins jüdische Land, auf dass er von beiden Völkern erkannt werde. Ei, das ist billig! Es war eine neue Sonne zu Bethlehem aufgegangen; da musste doch ein neuer Stern aus dem Morgenland hinkommen, auf dass er sein Licht von der Sonne empfinge. Das hat darauf hingedeutet, dass das Licht dieser Weisen als ein Stern soll von Christo erleuchtet werden. Als weise Lente haben sie dies wohl verstanden, dass sie in dem neugeborenen König ein größeres Licht finden würden, denn ihr Licht der Natur wäre. Darüber haben sie sich herzlich gefreut. Das bedeutet auch, dass das Licht des göttlichen Trostes nicht eher aufgeht in unserm Herzen, denn wann wir dem Worte Gottes folgen, wie die Weisen dem Stern, und suchen Christum zu Bethlehem. Nach der Finsternis erwarten wir des Lichts. Gott wird alle Traurigen nach ihrem Leid hoch erfreuen, wenn sie sich ans Wort halten (Ps. 112, 4): Dem Frommen geht das Licht auf in der Finsternis von dem Gnädigen, Barmherzigen und Gerechten.

Es ist nicht auszusprechen, welch eine große Freude die gläubige Seele empfindet, wann sie Christum recht sieht. Von diesem teuren Schatz, den die Seele empfindet, sagt jener heilige Vater, kann ich nach der Würde nicht sagen. Die in dieser Schule gewesen sind, wissen und verstehen das allein, wie es eine so große Herrlichkeit war, wenn Gott durchs Licht auf der Brust des Hohenpriesters geantwortet hat, wenn das Brustschildlein einen hellen Schein von sich gegeben. Wann nun Gott einen solchen hellen Schein seines Gnadenlichts in unser Herz gibt, so freut sich Leib und Seele.

Ist nun das eine so große Freude, dass die Weisen eine so weite Reise vollbracht und den neugeborenen König im Stall in so großer Armut bei so wenig und geringer Gesellschaft gefunden haben, was wird das für eine Freude sein, wenn wir die Reise und den bösen Weg dieses Lebens vollbracht haben und werden dann unsern König finden nicht im armen Bettlerhause, sondern im Himmel, nicht in der Krippe, sondern auf dem Stuhl seiner Herrlichkeit, nicht im Schoß seiner Mutter, sondern im Schoß seines himmlischen Vaters! Da wird es heißen: Da sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreut!

Wir wollen beschließen mit dem 22. Psalm (V. 28 ff.): Es werde gedacht aller Welt Ende, dass sie sich zum Herrn bekehren und vor ihm anbeten alle Geschlechter der Heiden. Denn der Herr hat ein Reich, und er herrschet unter den Heiden. Alle Fetten auf Erden werden essen und anbeten; vor ihm werden die Kniee beugen alle, die im Staube liegen und die, so kümmerlich leben. Er wird einen Samen haben, der ihm dienet; vom Herrn wird man verkündigen zu Kindeskind. Sie werden kommen und seine Gerechtigkeit predigen dem Volk, das geboren wird, dass er es tut! Amen.

1)
Der Sternrubin ist ein seltener und wertvoller Edelstein, der von Sammlern und Experten begehrt wird. Die Fähigkeit dieser Edelsteine, einen Asterismus zu zeigen, ein einzigartiges Phänomen, das ihnen das Aussehen eines sechsstrahligen Sterns in der Mitte verleiht, wenn sie vor ein Licht gehalten werden, ist wahrscheinlich ihre bemerkenswerteste Eigenschaft. Die Reflexion des Lichts auf den inneren Einschlüssen des Steins ist für den Sterneneffekt verantwortlich.
2)
erworben, geerntet
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