Inhaltsverzeichnis

1. Korintherbrief

Kapitel 1

1:1 Paulus, berufen zum Apostel JEsu Christi durch den Willen GOttes, und Bruder Sosthenes:

1:2 Der Gemeinde GOttes zu Korinth, den Geheiligten in Christo JEsu, den berufenen Heiligen samt allen denen, die anrufen den Namen unsers HErrn JEsu Christi an allen ihren und unsern Orten.

1:3 Gnade sei mit euch und Friede von GOtt, unserm Vater, und dem HErrn JEsu Christo!

1:4 Ich danke meinem GOtt allezeit eurethalben für die Gnade GOttes, die euch gegeben ist in Christo JEsu,

1:5 daß ihr seid durch ihn an allen Stücken reich gemacht, an aller Lehre und in aller Erkenntnis

1:6 wie denn die Predigt von Christo in euch kräftig worden ist,

1:7 also daß ihr keinen Mangel habt an irgendeiner Gabe und wartet nur auf die Offenbarung unsers HErrn JEsu Christi.

1:8 welcher auch wird euch fest behalten bis ans Ende, daß ihr unsträflich seid auf den Tag unsers HErrn JEsu Christi.

1:9 Denn GOtt ist treu, durch welchen ihr berufen seid zur Gemeinschaft seines Sohnes JEsu Christi, unsers HErrn.

1:10 Ich ermahne euch aber, liebe Brüder, durch den Namen unsers HErrn JEsu Christi; daß ihr allzumal einerlei Rede führet und lasset nicht Spaltungen unter euch sein, sondern haltet fest aneinander in einem Sinn und in einerlei Meinung.

1:11 Denn mir ist vorkommen, liebe Brüder, durch die aus Chloes Gesinde von euch, daß Zank unter euch sei.

1:12 Ich sage aber davon, daß unter euch einer spricht: Ich bin paulisch; der andere: Ich bin apollisch; der dritte: Ich bin kephisch; der vierte: Ich bin christisch.

1:13 Wie? ist Christus nun zertrennet? Ist denn Paulus für euch gekreuziget, oder seid ihr auf des Paulus Namen getauft?

1:14 Ich danke GOtt, daß ich niemand unter euch getauft habe außer Crispus und Gajus,

1:15 daß nicht jemand sagen möge, ich hätte auf meinen Namen getauft.

1:16 Ich habe aber auch getauft des Stephanas Hausgesinde; danach weiß ich nicht, ob ich etliche andere getauft habe.

1:17 Denn Christus hat mich nicht gesandt zu taufen, sondern das Evangelium zu predigen, nicht mit klugen Worten, auf daß nicht das Kreuz Christi zunichte werde.

1:18 Denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig werden, ist es eine Gotteskraft.

1:19 Denn es stehet geschrieben: Ich will zunichte machen die Weisheit der Weisen, und den Verstand der Verständigen will ich verwerfen.

1:20 Wo sind die Klugen? Wo sind die Schriftgelehrten? Wo sind die Weltweisen? Hat nicht GOtt die Weisheit dieser Welt zur Torheit gemacht?

1:21 Denn dieweil die Welt durch ihre Weisheit GOtt in seiner Weisheit nicht erkannte, gefiel es GOtt wohl, durch törichte Predigt selig zu machen die, so daran glauben,

1:22 sintemal die Juden Zeichen fordern, und die Griechen nach Weisheit fragen.

1:23 Wir aber predigen den gekreuzigten Christum, den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit.

1:24 Denen aber, die berufen sind, beide, Juden und Griechen, predigen wir Christum göttliche Kraft und göttliche Weisheit.

1:25 Denn die göttliche Torheit ist weiser, denn die Menschen sind, und die göttliche Schwachheit ist stärker, denn die Menschen sind.

1:26 Sehet an, liebe Brüder, euren Beruf: nicht viel Weise nach dem Fleisch, nicht viel Gewaltige, nicht viel Edle sind berufen.

1:27 sondern was töricht ist vor der Welt, das hat GOtt erwählet, daß er die Weisen zuschanden machte; und was schwach ist vor der Welt, das hat GOtt erwählet, daß er zuschanden machte, was stark ist;

1:28 und das Unedle vor der Welt und das Verachtete hat GOtt erwählet, und das da nichts ist, daß er zunichte machte, was etwas ist,

1:29 auf daß sich vor ihm kein Fleisch rühme.

1:30 Von welchem auch ihr herkommt in Christo JEsu, welcher uns gemacht ist von GOtt zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung,

1:31 auf daß (wie geschrieben stehet), wer sich rühmet, der rühme sich des HErrn.
Hätten die Korinther sich recht an den Herrn gehalten, so hätten sie sich nicht um Menschen willen zerspalten. Lerne du denn, meine Seele, wozu dir dein Heiland Jesus Christus gemacht ist! Er ist dir gemacht zur Weisheit, und es ist darunter die höchste Weisheit gemeint, die Weisheit zur Seligkeit. Die Weltweisheit macht Niemanden selig und verläßt vielmehr uns, wo wir am meisten Trost nöthig haben, im Sterben. Christus aber ist die Weisheit und giebt sie uns in seinem Worte. Laß dich denn von Ihm erleuchten und folge Ihm, als deinem wahrhaftigen Propheten. – er ist dir ferner gemacht zur Gerechtigkeit. Nicht, was du aus dir selbst bis und werden kannst; nicht, was du aus dir selbst thut und thun kannst; auch nicht, was andere Menschen mögen aus dir machen, kann deine Gerechtigkeit vor Gott sein; denn das Alles ist unrein, mangelhaft, ungenügend und dürftig. Christi Blut allein ist deine Gerechtigkeit: nimm sie denn an, laß dich durch Ihn entsündigen und mache Ihn zu deinem alleinigen und ewigen Hohenpriester. – Er ist dir weiter gemacht zur Heiligung. Heiligt Er dich nicht durch seinen heiligen Geist und befreit dich nicht von deinem angeborenen Ungehorsam und von allen Befleckungen des Fleisches und des Geistes, so daß du sie ernstlich meidest, sie ablegst, ihnen abstirbst in immer größerer Durchdringung der Kräfte des ewigen Lebens, so bleibst du unheilig durch und durch, und kannst niemals Gott schauen. Mache Ihn denn zu deinem regierenden König. – Er ist dir endlich gemacht zur Erlösung vom Tode und der Hölle, und versetzt dich, wenn du Ihm treu verbleibst, in den Himmel. So ist Er dir ein treuer Heiland bis zur letzten Lebensstation. O mache Ihn zu deiner Auferstehung und zum Leben. – Herr Jesu, die Welt weiß nicht, was sie mit Dir machen soll; aber ich weiß wohl, wozu Du mir von Gott gemacht worden. Ich will Dich zur Krone meiner Seele, zum Bräutigam meines Herzens, zum Ziel meines Lebens, zur Weide meiner Gedanken, zum Brunnquell meiner Freude machen; Du sollst mein Paradies, mein Himmel, mein Ein und Alles sein, daß nichts Geistliches und Ewiges sei, wozu ich Dich nicht gebrauche. Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 2

2:1 Und ich, liebe Brüder, da ich zu euch kam, kam ich nicht mit hohen Worten oder hoher Weisheit, euch zu verkündigen die göttliche Predigt.

2:2 Denn ich hielt mich nicht dafür, daß ich etwas wüßte unter euch ohne allein JEsum Christum, den Gekreuzigten.

2:3 Und ich war bei euch mit Schwachheit und mit Furcht und mit großem Zittern.

2:4 Und mein Wort und meine Predigt war nicht in vernünftigen Reden menschlicher Weisheit, sondern in Beweisung des Geistes und der Kraft,

2:5 auf daß euer Glaube bestehe nicht auf Menschenweisheit, sondern auf GOttes Kraft.

2:6 Wovon wir aber reden, das ist dennoch Weisheit bei den Vollkommenen; nicht eine Weisheit dieser Welt, auch nicht der Obersten dieser Welt, welche vergehen;

2:7 sondern wir reden von der heimlichen, verborgenen Weisheit GOttes, welche GOtt verordnet hat vor der Welt zu unserer Herrlichkeit,

2:8 welche keiner von den Obersten dieser Welt erkannt hat; denn wo sie die erkannt hätten, hätten sie den HErrn der Herrlichkeit nicht gekreuziget;

2:9 sondern wie geschrieben stehet: Das kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehöret hat und in keines Menschen Herz kommen ist, das GOtt bereitet hat denen, die ihn lieben.

2:10 Uns aber hat es GOtt offenbaret durch seinen Geist; denn der Geist erforschet alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit.

2:11 Denn welcher Mensch weiß, was im Menschen ist, ohne der Geist des Menschen, der in ihm ist? Also auch weiß niemand, was in GOtt ist, ohne der Geist GOttes.

2:12 Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus GOtt, daß wir wissen können, was uns von GOtt gegeben ist.

2:13 Welches wir auch reden, nicht mit Worten, welche menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die der Heilige Geist lehret, und richten geistliche Sachen geistlich.

2:14 Der natürliche Mensch aber vernimmt nichts vom Geist GOttes; es ist ihm eine Torheit, und kann es nicht erkennen; denn es muß geistlich gerichtet sein.

2:15 Der Geistliche aber richtet alles und wird von niemand gerichtet.

2:16 Denn wer hat des HErrn Sinn erkannt, oder wer will ihn unterweisen? Wir aber haben Christi Sinn.
Dreierlei lerne ich aus diesem Kapitel: 1) daß der natürliche Mensch, wie Bewundernswürdiges er auch leiste auf dem Gebiete der natürlichen Dinge, auf dem Gebiete der geistlichen Dinge voll Blindheit und Thorheit ist. Kein Wunder, daß ihm die meisten Wahrheiten und Begebenheiten der heiligen Schrift als unbegreiflich und unsinnig erscheinen, oder als Thorheit und Aergerniß, und wie die Lehre Christi ihm thöricht ist, auch das geistliche Leben ihm als solches erscheint, welches verborgen ist mit Christo in Gott. 2) daß der Christ und der christliche Prediger nichts wissen darf als Jesum Christum, den Gekreuzigten, durch welchen allein die Seelen zur ewigen Seligkeit erbauet werden; denn es ist in keinem andern Namen Heil als in dem seinigen, die Engel selbst gelüstet, in das Geheimniß des Kreuzes Christi hineinzuschauen, und Betrübte und Angefochtene, Leidende und Sterbende können mit nichts wirksamer getröstet werden, als mit dem Blut und Verdienste unseres Heilandes. 3) daß diese Botschaft nicht erst menschlicher Weisheit und Beredtsamkeit bedarf, um wirksam zu sein, sondern durch ihren großen und ewigen Inhalt allein schon im Stande ist, Seelen zu erwecken und zu bekehren. Das Wort des Herrn braucht nicht erst bewiesen zu werden, es beweist sich selbst; es ist eine Kraft Gottes, selig zu machen alle, die daran glauben; es ist an sich ewige Wahrheit und wird jeden Tag von neuem als solche durch das Zeugniß des heiligen Geistes in den Herzen lebendig. Heil dem Worte, dem, wenn es verkündigt wird, das eigne Herz des Predigers und das Herz der Zuhörer Amen zuruft! Dazu mache auch mir Dein göttliches Wort, o Herr; es sei mein Licht, das meine Finsterniß verscheuche; es sei mein Heil, das mich von der Sünden Gewalt erlöse; es sei mein Trost, der mich im Leiden aufrichte; es sei der Anker meiner Hoffnung im Augenblick des Scheidens. Dann ist die Verheißung mein: „Ich will Israel wie ein Thau sein, daß er soll blühen wie eine Rose; und seine Wurzeln sollen ausschlagen wie Libanon; und seine Zweige sich ausbreiten, daß er sei so schön als ein Oelbaum; und soll so guten Geruch geben wie Libanon. (Hosea 14,6.7.) Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 3

3:1 Und ich, liebe Brüder, konnte nicht mit euch reden als mit Geistlichen, sondern als mit Fleischlichen, wie mit jungen Kindern in Christo.

3:2 Milch habe ich euch zu trinken gegeben und nicht Speise; denn ihr konntet noch nicht; auch könnt ihr noch jetzt nicht,
Es sind zwar alle Speisen von Gott und mithin gut, allein man muß auch auf die Menschen sehen, was für sie taugt; denn den Kindern soll man nicht, wie andern Menschen Speise geben, sondern Milch und zwar deßwegen, weil sie noch nicht können, indem sie keine Zähne haben, daß sie Brod, Fleisch und andere Speisen zerbeißen können. Gleicher Gestalt können viele Dinge zum Lernen gut sein, aber sie sind noch nicht tauglich für dieses oder jenes Alter, oder auch für dieses und jenes Subjekt. Man muß nämlich eine Sache nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv betrachten. Ich habe hierin oft gefehlt in der Information, indem ich zu viel bloß auf die Sache gesehen und zum Exempel zu frühzeitig das Rechnen, die Geometrie rc. angefangen habe, und zwar so, daß ich es nach dem Verstand behandelte, bis ich endlich mit Schaden eingesehen habe, daß man hauptsächlich auf die Subjekte sehen müsse, sowohl was für sie tauge, als auch auf welche Art man es mit ihnen behandeln müsse. Es wird manches mit jungen Leuten getrieben, davon man mit Recht sagen kann. Sie können noch nicht. Man muß deßwegen genau prüfen, was für junge Leute tauge. Gewöhnlich hält man sie zu dem an, was man gern hätte, daß sie es lernten, und dabei schließt man also: Wenn es dieser lernen kann, so kann es jener auch lernen. Es folgt aber nicht, wenn dieser, der gute Zähne hat, eine Speise essen kann, so kann auch jener, der keine Zähne hat, ebendieselbe essen. Wenn man nicht gewiß weiß, daß Einer eine harte Speise genießen kann, so ist das Sicherste, daß man ihm Milch giebt. Es ist aber die Frage, was im Lernen die Milch sei; denn man kann oft Etwas als leicht ansehen, was aber schwer ist. Es kann Etwas Milch nach dem Gedächtniß sein, welches aber keine Milch nach dem Verstand ist; denn Manches ist leicht auswendig zu lernen, was schwer zu verstehen und einzusehen ist. Milch nach der Memorie ist z. B. die Erlernung der Vokabeln und kurzer Sprüche. Milch aber nach dem Verstand sind diejenigen Sachen, welche in die Sinne fallen, und welche nicht zu viel Aufmerksamkeit und Nachdenken erfordern. Es kommt hier vornämlich darauf an, daß man auf die Erfahrung Achtung giebt, ob Etwas von Statten geht oder nicht. Nun kann zwar Manches deßwegen nicht von Statten gehen, weil junge Leute faul sind und nicht lernen wollen, allein weil junge Leute ihre Abwechslungen haben, so darf man nur zu derjenigen Zeit aufmerksam sein, wenn sie gern lernen. An Subjekten, welche gern lernen, habe ich mit Verwunderung wahrgenommen, daß solche Dinge ihnen zu schwer waren, an welche ich nicht gedacht habe, daß sie schwer seien. (Johann Flattich)

3:3 dieweil ihr noch fleischlich seid. Denn sintemal Eifer und Zank und Zwietracht unter euch sind, seid ihr denn nicht fleischlich und wandelt nach menschlicher Weise?

3:4 Denn so einer sagt: Ich bin paulisch, der andere aber: Ich bin apollisch, seid ihr denn nicht fleischlich?

3:5 Wer ist nun Paulus? Wer ist Apollo? Diener sind sie, durch welche ihr seid gläubig worden, und dasselbige, wie der HErr einem jeglichen gegeben hat.

3:6 Ich habe gepflanzet, Apollo hat begossen, aber GOtt hat das Gedeihen gegeben.

3:7 So ist nun weder der da pflanzet, noch der da begießt, etwas, sondern GOtt, der das Gedeihen gibt.

3:8 Der aber pflanzet und der da begießt, ist einer wie der andere. Ein jeglicher aber wird seinen Lohn empfangen nach seiner Arbeit.

3:9 Denn wir sind GOttes Mitarbeiter; ihr seid GOttes Ackerwerk und GOttes Gebäu.
Merken wir uns, wonach der Lohn ausgeteilt wird: nach der Arbeit, nicht nach der Faulheit oder faulem Frommtun, - nach der Arbeit, wie eins für den HErrn und Seine Sache arbeitet. Es giebt aber heutzutage viele Christen, denen das Arbeiten für den HErrn und Seine Sache gar nicht einfällt, obwohl sie an einem fort schmeichelig tun mit dem Heilande, immer für sich, wer weiß wie viel ansprechen, immer nur wollen, daß es ihnen innerlich wohl sei, Frieden wollen und Ruhe wollen, und wenn etwas ihnen wehe tut, das nur gleich weg haben wollen. In dieser Weise sind sie Christen, tun aber sonst rein nichts, wodurch die Sache Christi, etwa auch am Andern, gefördert wird. Bei ihnen wird einmal der Lohn schmal ausfallen, wie die Arbeit gering oder gewesen ist.
Deswegen müssen wir sehr darauf achten, daß wir, wenn wir wollen des HErrn Diener sein, Ihm auch etwas nütze sind in unserem Teil, nicht wie wir's uns ausdenken und auswählen, sondern nur auch, wie Er's uns gelegentlich anweist. Wenn Er ruft, sollen wir laufen; wenn Er winkt und Andeutungen giebt, - und der Fleißige merkt das schnell, - sollen wir nicht lange uns besinnen, oder grübeln, bis wir endlich den Kopf schütteln und sagen: „Das mag ich nicht! Das ist mir zu unbequem, das bringt mich aus der Fassung, das übersteigt meine Kräfte!“ - wie's eben mancher tut, der nicht dran will und lieber in süßer Ruhe sein Leben hinbringt. Diese Weigerung gegen den HErrn, dieses Nichtwollen, wenn Er winkt, dieses sich Zurückziehen in den Winkel, etwa mit dem Vorgeben, man tauge ja doch nicht, andere verständen das besser, - das wird einmal angerechnet werden. Denn der HErr wird danach fragen; und es wird nicht gar leicht werden, bei Verschuldungen dieser Art so gar gut durchzukommen.
Bei der Arbeit für den HErrn übrigens kommt auch wieder viel darauf an, ob man's mit eigenem Geist tut, oder mit demütiger Selbstverleugnung rein nach dem Sinn und Geist und Willen des HErrn. Man kann auch ungeheißen mit Eigenliebe, Selbstgefälligkeit, fleischlicher Anmaßung, Eigensinn und Großtuerei viel anfangen; und da verderbt man dem HErrn oft mehr, als man gut macht, weil man da nicht Gottes Mitarbeiter ist, wie der Spruch sagt. Also nicht auf jede Arbeit, sondern je nachdem die Arbeit ist, folgt einst der Lohn. Bisweilen scheint der liebe Gott schon hienieden zu manchen Arbeitern, auf die wir viel halten, zu sagen: „Geh' beiseite, ich kann dich nicht brauchen!„ und es könnte, wenn nur auch je und je, - denn wir dürfen nicht richterisch werden, - wohl begriffen werden, warum sie Gott krank werden läßt, weil sie, wenn sie gesund wären, viel mehr schaden, als nützen würden; - oder werden sie gar abgerufen. Wenigstens wird's nicht verkehrt gedacht sein, wenn je und je bei eintretender Unfähigkeit zur Arbeit, da einer sagt: „Ich möchte so gerne für den Heiland etwa tun und kann nicht,“ überlegt würde, ob der liebe Gott nicht etwas sagen wollte über die Art der Arbeit, daß diese eben besser nach Seinem Sinn werden sollte, damit man wirklich Sein Mitarbeiter würde. Also auch die Art und Weise, mit der man arbeitet, ist wichtig; und wie viel haben wir doch da zu lernen, ob nun unsre Arbeit Berufssache oder freie Wahl sein mag! Die Rechenschaft aber an jenem Tage über Untätigkeit oder verkehrte Tätigkeit wird immerhin eine ernste sein! Ach, daß wir nur immer in der Demuth blieben, mit welcher wir leicht zu Gnaden kommen könnten! (Christoph Blumhardt)

3:10 Ich von GOttes Gnaden, die mir gegeben ist, habe den Grund gelegt als ein weiser Baumeister; ein anderer bauet darauf. Ein jeglicher aber sehe zu, wie er darauf baue.

3:11 Einen andern Grund kann zwar niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist JEsus Christus.

3:12 So aber jemand auf diesen Grund bauet Gold, Silber, Edelsteine, Holz, Heu, Stoppeln,

3:13 so wird eines jeglichen Werk offenbar werden; der Tag wird's klar machen. Denn es wird durchs Feuer offenbar werden, und welcherlei eines jeglichen Werk sei, wird das Feuer bewähren.

3:14 Wird jemandes Werk bleiben, das er darauf gebauet hat, so wird er Lohn empfangen.

3:15 Wird aber jemandes Werk verbrennen, so wird er des Schaden leiden; er selbst aber wird selig werden, so doch wie durchs Feuer.

3:16 Wisset ihr nicht, daß ihr GOttes Tempel seid, und der Geist GOttes in euch wohnet?

3:17 So jemand den Tempel GOttes verderbet, den wird GOtt verderben; denn der Tempel GOttes ist heilig; der seid ihr.

3:18 Niemand betrüge sich selbst! Welcher sich unter euch dünkt, weise zu sein, der werde ein Narr in dieser Welt, daß er möge weise sein.

3:19 Denn dieser Welt Weisheit ist Torheit bei GOtt. Denn es stehet geschrieben: Die Weisen erhaschet er in ihrer Klugheit.

3:20 Und abermal: Der HErr weiß der Weisen Gedanken, daß sie eitel sind.

3:21 Darum rühme sich niemand eines Menschen! Es ist alles euer,

3:22 es sei Paulus oder Apollo, es sei Kephas oder die Welt, es sei das Leben oder der Tod, es sei das Gegenwärtige oder das Zukünftige: alles ist euer.

3:23 Ihr aber seid Christi; Christus aber ist GOttes.
Die Christen zu Korinth hatten einen unverständigen Unterschied zwischen ihren Lehrern gemacht. Der Apostel fragt sie daher: „Wer ist nun Paulus? Wer ist Apollo?“ Diener sind sie, über welche man den Herrn, dem sie dienen, nicht aus den Augen verlieren darf; denn Ihm allein gebührt der Ruhm des Gedeihens, bei jenen aber kommt es nur auf den Fleiß und die Treue an, mit der sie arbeiten. Das Reich Gottes ist nämlich ein fortwährender Bau eines Himmel und Erde umfassenden Gottestempels; der Grundstein dieses Baues ist gelegt durch die Erlösung Jesu Christi für die ganze Welt, und für jeden Einzelne, wenn er den Heiland im Glauben ergreift und sich aneignet, und nicht blos sagen kann: ich bin sein, sondern auch: Er ist mein! Nun kann aber Jemand auf diesen Grund feuerfeste, unzerstörbare Stoffe bauen, das Gold des lautern Glaubens und derjenigen Gemeinschaft mit dem Herrn, die unter allen Umständen aushält, oder das Silber der hellen, klaren Erkenntniß und der reinen Sittlichkeit, denn Glaube und Einsicht, Glaube und Sittlichkeit müssen zusammengehen, oder die Edelsteine der Festigkeit und Kraft, der Gediegenheit und Unerschütterlichkeit, und kein aufgelegtes Flitter- und Scheingold, keine Sinnentäuschung, kein sandiges Wesen; - oder er kann darauf bauen das abgehauene Holz einer abgestandenen Frömmigkeit, das Heu einer eitlen und vergänglichen Selbstgerechtigkeit und die Stoppeln der Selbstsucht und des Stolzes seines natürlichen Herzens: die Probe für unser Bauwerk ist der Tag des Herrn, welcher aber schon hienieden seine Vortage und Vorspiele hat. Dann werden jene ihren Lohn empfangen, d.h. die ewige Freude an der Rettung ihrer Seele und an der Herrlichkeit des Herrn; diese aber ihre Werke als verbrannten Schutt- und Aschenhaufen erblicken und um ihres Glaubens an Christum willen selbst wohl selig werden, aber so, als durch’s Feuer, d.h. mit genauer Noth und mit großer Gefahr und Verlust. – Wie ist dein Bau beschaffen, liebe Seele? und wird er die Feuerprobe bestehen? Treffen dich die apostolischen Pfeile, dann wende dich an den rechten Helfer. Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 4

4:1 Dafür halte uns jedermann, nämlich für Christi Diener und Haushalter über GOttes Geheimnisse.

4:2 Nun sucht man nicht mehr an den Haushaltern, denn daß sie treu erfunden werden.

4:3 Mir aber ist's ein Geringes, daß ich von euch gerichtet werde oder von einem menschlichen Tage; auch richte ich mich selbst nicht.

4:4 Ich bin mir wohl nichts bewußt, aber darinnen bin ich nicht gerechtfertiget; der HErr ist's aber, der mich richtet.

4:5 Darum richtet nicht vor der Zeit, bis der HErr komme, welcher auch wird ans Licht bringen, was im Finstern verborgen ist, und den Rat der Herzen offenbaren; alsdann wird einem jeglichen von GOtt Lob widerfahren.

4:6 Solches aber, liebe Brüder, habe ich auf mich und Apollo gedeutet um euretwillen, daß ihr an uns lernet, daß niemand höher von sich halte, denn jetzt geschrieben ist, auf daß sich nicht einer wider den andern um jemandes willen aufblase.

4:7 Denn wer hat dich vorgezogen? Was hast du aber, das du nicht empfangen hast? So du es aber empfangen hast, was rühmest du dich denn, als der es nicht empfangen hätte?
Warum sind deine Augen geöffnet, und warum ist dein Herz bewegt? Warum bist du zu dem Bilde Christi erneuert, während andere, die du kennst, selbst vielleicht Glieder deiner Familie, ihrer natürlichen Finsternis und den Banden der Sklaverei der Sünde überlassen blieben? Warst du besser als irgend einer von ihnen? Nein, in keiner Weise; der einzige Grund dieses Unterschiedes, den du angeben könntest, ist der, den der Herr Jesus selbst bezeichnet: „Vater, also ist es wohlgefällig gewesen vor dir.“ (Mat. 11,26).
Alle Gaben, die du empfängst, die Verheißungen, die du ergreifst, so wie die täglichen Kämpfe, die du bestehst, sind die erfahrungsmäßigen Beweise dieser freien Gnade Gottes. Sie finden allerdings statt unter der Mitwirkung deines Willens; dennoch wirkt nach der Schrift Gott das „Wollen“ und das „Vollbringen“, und beides hängt nicht von den freiwilligen Anstrengungen des Menschen ab, sondern es ist das unmittelbare Werk Gottes des heiligen Geistes, „nach dem Wohlgefallen seines Willens“ (Eph. 1,5)
Wenn du dieser Vorstellung von der unumschränkten Macht Gottes die süßen Beziehungen hinzufügst, die er mit seinem Volk unterhält, dann wird sich in deinem Herzen die tiefste Ehrfurcht mit unbedingtem Vertrauen, die aufrichtigste Demut mit völliger Gewißheit, die wachsamste Tätigkeit mit willenloser Überlassung vereinigen; und was dann auch die Stellung sein möge, in die dich die göttliche Vorsehung versetzt hat, welchem Kreuz, welchen Feinden und welchen Prüfungen du zu begegnen berufen sein magst: Du wirst stets mit heiliger Freude daran denken, daß Gott der Herr, „der aller Welt Richter ist“ (1.Mo. 18,25, „der alle Dinge wirkt nach dem Rat seines Willens“ (Eph. 1,11), auch dir Recht schaffen wird.
Wir finden in einer auffallenden Weise die Ausübung dieser freien und unumschränkten Macht in dem Amt unseres Herrn Jesu auf der Erde. Seht ihn an im Geiste, wie er auf einen Berg steigt und diejenigen ruft, die er ausgewählt hatte; hört, wie er Wind und Meer, ja selbst die bösen Geister bedroht, und merkt, wie sie ihm gehorchen; steht still, um seine erhabene macht zu bewundern, durch die er alle Krankheiten heilt, der Blinden Augen öffnet, Tote auferweckt usw., und ihr werdet zweifelsohne erkennen, daß, „wie der Vater die Toten auferweckt und macht sie lebendig, also auch der Sohn macht lebendig, welche er will“ (Joh. 5,21). Ganz gewiß ist die Ausübung dieser freien Gnade einer der hervorragendsten Züge seines Amtes, und die Wirkung dieser Lehre auf das fleischliche Herz des Menschen war damals dieselbe, wie sie es auch heute noch ist; noch immer offenbart sich dieselbe Gesinnung bei ihnen, wie weiland in Nazareth: „Als sie das hörten, wurden sie voll Zorns.“ (Luk. 4,28) (Hermann Heinrich Grafe)

4:8 Ihr seid schon satt worden; ihr seid schon reich worden; ihr herrschet ohne uns. Und wollte GOtt, ihr herrschet, auf daß auch wir mit euch herrschen möchten.

4:9 Ich halte aber, GOtt habe uns Apostel für die Allergeringsten dargestellet, als dem Tode übergeben. Denn wir sind ein Schauspiel worden der Welt und den Engeln und den Menschen.

4:10 Wir sind Narren um Christi willen, ihr aber seid klug in Christo; wir schwach, ihr aber stark; ihr herrlich, wir aber verachtet.

4:11 Bis auf diese Stunde leiden wir Hunger und Durst und sind nackend und werden geschlagen und haben keine gewisse Stätte

4:12 und arbeiten und wirken mit unsern eigenen Händen. Man schilt uns, so segnen wir; man verfolgt uns, so dulden wir's, man lästert uns, so flehen wir.

4:13 Wir sind stets als ein Fluch der Welt und ein Fegopfer aller Leute.

4:14 Nicht schreibe ich solches, daß ich euch beschäme, sondern ich ermahne euch als meine lieben Kinder.

4:15 Denn ob ihr gleich zehntausend Zuchtmeister hättet in Christo, so habt ihr doch nicht viele Väter. Denn ich habe euch gezeuget in Christo JEsu durch das Evangelium.

4:16 Darum ermahne ich euch: Seid meine Nachfolger!

4:17 Aus derselben Ursache habe ich Timotheus zu euch gesandt, welcher ist mein lieber und getreuer Sohn in dem HErrn, daß er euch erinnere meiner Wege, die da in Christo sind, gleichwie ich an allen Enden in allen Gemeinden lehre.

4:18 Es blähen sich etliche auf, als würde ich nicht zu euch kommen.

4:19 Ich will aber gar kürzlich zu euch kommen, so der HErr will, und erlernen nicht die Worte der Aufgeblasenen, sondern die Kraft.

4:20 Denn das Reich GOttes stehet nicht in Worten, sondern in Kraft.

4:21 Was wollet ihr? Soll ich mit der Rute zu euch kommen oder mit Liebe und sanftmütigem Geist?
Welch ein Vorbild der Geduld, der Welt und der ihn vielfach betrübenden korinthischen Gemeinde gegenüber, war doch der heilige Apostel Paulus! O mein Gott, mit demüthigem Seufzen flehe ich Deine Gnade an, daß Du auch mir wahre und aufrichtige Geduld verleihen mögest! Mein Fleisch verlangt immer das, was ihm angenehm ist; es weigert sich aber, Widerwärtiges geduldig zu ertragen. Ich bitte Dich, Du wollest diese Leidenschaft des Fleisches in mir mächtig unterdrücken und meine Schwachheit durch die Stärke der Geduld stützen. O Christe Jesu, Lehrer der Geduld und des Gehorsams, unterweise mich innerlich durch den heiligen Geist, daß ich von Dir lerne den Eigenwillen verläugnen, und das Kreuz, das Du mir auferlegt hast, geduldig tragen! Du hast Schwereres für mich gelitten, als Du auflegest; und ich habe härtere Strafen verdient, als Du zu tragen giebst. Eine Dornenkrone und des Kreuzes Last hast Du getragen, Blut hast Du geschwitzt und die Kelter des Zorns um meinetwillen getreten: warum sollte ich mich daher weigern so wenig Leiden und Angst geduldig zu übernehmen? warum weigern, Deinem Trauerbilde in diesem Leben gleichförmig zu werden? Ewige Strafen habe ich mit meinen Sünden verdient; warum sollte ich die väterliche Züchtigung in dieser Welt nicht ertragen? Zur Prüfung, nicht zur Verwerfung geschieht es, daß Du mich durch mannichfache schwere und bittere Erfahrungen übest. So viel Du an Kreuz und Trübsal auferlegst, so viel theilst Du auch an Licht und Trost mit; und nicht sowohl die Züchtigung, als die Vergeltung wird vermehrt. Die Leiden dieses Lebens sind nicht werth jenes himmlischen Trostes, den Du in diesem Leben zugleich einflößest, und jener himmlischen Herrlichkeit, die Du für die Zukunft verheißest. Ich weiß, daß Du bei mir bist in der Noth; warum sollte ich mich daher nicht vielmehr über die Gegenwart Deiner Gnade freuen, als mich über die mir auferlegte Bürde des Kreuzes betrüben? Führe mich, durch welchen Weg Du willst, bester Meister und Herr, ich will Dir durch Dornen und Hecken folgen, ziehe und halte mich nur, daß ich folgen kann! Ich neige mein Haupt, daß Du die Dornenkrone darauf setzest, in der gewissesten Ueberzeugung, daß Du einst die Krone der ewigen Herrlichkeit darauf setzen wirst. Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 5

5:1 Es gehet ein gemein Geschrei, daß Hurerei unter euch ist, und eine solche Hurerei, da auch die Heiden nicht von zu sagen wissen, daß einer seines Vaters Weib habe.

5:2 Und ihr seid aufgeblasen und habt nicht vielmehr Leid getragen, auf daß, der das Werk getan hat, von euch getan würde.

5:3 Ich zwar, als der ich mit dem Leibe nicht da bin, doch mit dem Geist gegenwärtig, habe schon als gegenwärtig beschlossen über den, den solches also getan hat:

5:4 in dem Namen unsers HErrn JEsu Christi, in eurer Versammlung mit meinem Geist und mit der Kraft unsers HErrn JEsu Christi.

5:5 ihn zu übergeben dem Satan zum Verderben des Fleisches, auf daß der Geist selig werde am Tage des HErrn JEsu.

5:6 Euer Ruhm ist nicht fein. Wisset ihr nicht, daß ein wenig Sauerteig den ganzen Teig versäuert?

5:7 Darum feget den alten Sauerteig aus, auf daß ihr ein neuer Teig seid, gleichwie ihr ungesäuert seid. Denn wir haben auch ein Osterlamm, das ist Christus, für uns geopfert.

5:8 Darum lasset uns Ostern halten, nicht im alten Sauerteig, auch nicht im Sauerteig der Bosheit und Schalkheit, sondern in dem Süßteig der Lauterkeit und der Wahrheit.

5:9 Ich habe euch geschrieben in dem Briefe, daß ihr nichts sollet zu schaffen haben mit den Hurern.

5:10 Das meine ich gar nicht von den Hurern in dieser Welt oder von den Geizigen oder von den Räubern oder von den Abgöttischen; sonst müßtet ihr die Welt räumen.

5:11 Nun aber habe ich euch geschrieben, ihr sollet nichts mit ihnen zu schaffen haben; nämlich, so jemand ist, der sich lässet einen Bruder nennen, und ist ein Hurer oder ein Geiziger oder ein Abgöttischer oder ein Lästerer oder ein Trunkenbold oder ein Räuber, mit demselbigen sollet ihr auch nicht essen.

5:12 Denn was gehen mich die draußen an, daß ich sie sollte richten? Richtet ihr nicht, die da drinnen sind?

5:13 GOtt aber wird, die draußen sind, richten. Tut von euch selbst hinaus, wer da böse ist!
Auch die apostolischen Gemeinden waren nicht ohne Flecken, in Jerusalem treffen wir auf einen heuchlerischen Ananias und eine ihm gleichgesinnte Sapphira, in Korinth hören wir von einem noch greulicheren Aergerniß, von Einem, der sich einen Christen nannte, und seine Stiefmutter geheirathet, Blutschande begangen hatte. Und was dabei nicht weniger verabscheuenswerth war, es war Niemand in der Gemeinde, der dagegen anging, der sich darüber betrübte, der auf Ausschließung dieses Menschen von der Gemeinde drang. So giebt es nichts Reines und Heiliges in der Welt, das Menschen nicht entweiht und besudelt hätten; auch das Christenthum! Welch einen üblen Eindruck mußte das bei den Heiden machen, da nicht einmal bei ihnen dergleichen erhört war, und wie mußten sie in ihrem Vorurtheil bestärkt werden, als ob die Christen ein Volk wären, die da glaubten, Alles sei ihnen erlaubt, die schlimmste Sekte, die je aufgekommen war! Dieses üble Verhalten der Gemeinde betrübte Paulus ungemein, er tadelte sie deswegen scharf, griff ein, gebrauchte seine apostolische Gewalt, und schloß den Sünder aus der Gemeinde aus, that ihn in den Bann. Das hatte, wie aus der zweiten Epistel (Kap. 7.) erhellt, eine sehr gesegnete Wirkung für den Gefallenen selbst, wie für die ganze Gemeinde. Der Apostel schaltet bei der Gelegenheit eine allgemeine Vorschrift und Ermahnung ein, indem er sagt: Eure Prahlerei auf euern Christenstand ist nicht gut; ein wenig Sauerteig versäuert den ganzen Teig; feget darum den alten Sauerteig der Verderbniß mit seinen Wirkungen aus, und laßt euch vom Süßteig der Lauterkeit und Wahrheit durchdringen, die sich hütet, etwas Böses neben dem Guten zu hegen und etwas entschieden Böses als gut anzusehen. Wahre Christen müssen auch den Schein des Bösen, auch den Schein des Mangels an Abscheu gegen irgend ein Laster ernstlich vermeiden. Der Herr fordert von ihnen mehr als von den natürlichen Menschen! Es muß zuletzt jeder Spur des Sauerteigs verschwinden. Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 6

6:1 Wie darf jemand unter euch, so er einen Handel hat mit einem andern, hadern vor den Ungerechten und nicht vor den Heiligen?

6:2 Wisset ihr nicht, daß die Heiligen die Welt richten werden? So denn nun die Welt soll von euch gerichtet werden, seid ihr denn nicht gut genug, geringere Sachen zu richten?

6:3 Wisset ihr nicht, daß wir über die Engel richten werden? wieviel mehr über die zeitlichen Güter!

6:4 Ihr aber, wenn ihr über zeitlichen Gütern Sachen habt, so nehmet ihr die, so bei der Gemeinde verachtet sind, und setzet sie zu Richtern.

6:5 Euch zur Schande muß ich das sagen. Ist so gar kein Weiser unter euch oder doch nicht einer, der da könnte richten zwischen Bruder und Bruder?

6:6 Sondern ein Bruder mit dem andern hadert, dazu vor den Ungläubigen.

6:7 Es ist schon ein Fehl unter euch, daß ihr miteinander rechtet. Warum lasset ihr euch nicht viel lieber unrecht tun? Warum lasset ihr euch nicht viel lieber übervorteilen?

6:8 Sondern ihr tut unrecht und übervorteilet, und solches an den Brüdern.

6:9 Wisset ihr nicht, daß die Ungerechten werden das Reich GOttes nicht ererben? Lasset euch nicht verführen: weder die Hurer noch die Abgöttischen noch die Ehebrecher noch die Weichlinge noch die Knabenschänder

6:10 noch die Diebe noch die Geizigen noch die Trunkenbolde noch die Lästerer noch die Räuber werden das Reich GOttes ererben.

6:11 Und solche sind euer etliche gewesen; aber ihr seid abgewaschen, ihr seid geheiliget, ihr seid gerecht worden durch den Namen des HErrn JEsu und durch den Geist unsers GOttes.

6:12 Ich hab' es alles Macht; es frommet aber nicht alles. Ich hab' es alles Macht; es soll mich aber nichts gefangennehmen.

6:13 Die Speise dem Bauche und der Bauch der Speise; aber GOtt wird diesen und jene hinrichten. Der Leib aber nicht der Hurerei, sondern dem HErrn und der HErr dem Leibe.

6:14 GOtt aber hat den HErrn auferwecket und wird uns auch auferwecken durch seine Kraft.

6:15 Wisset ihr nicht, daß eure Leiber Christi Glieder sind? Sollte ich nun die Glieder Christi nehmen und Hurenglieder daraus machen? Das sei ferne!
Der Apostel will lockeren Vorstellungen und Grundsätzen entgegentreten, wie sie manche Christen damals noch nicht ganz überwunden hatten, weil sie vorher nach heidnischer Weise wandelten und ungescheut den Lüsten des Fleisches dienten. Noch sahen sie ja die Heiden um sich her so leben, auch solche, von denen sie sich um der Verwandtschaft willen nicht ganz abtrennen konnten. Mit Leichtigkeit konnten sie wohl auch vieles vollbringen, was christliche Zucht und Lehre verbot. Und weil verbietende Gesetze im übrigen nicht da waren - auch allerwärts die Lockungen nur zu offen vor ihnen lagen -, so regte sich in den Christen leicht wieder die alte Natur, oft bald nach der Bekehrung. Da fingen dann ihrer etliche an, den Lüsten gar das Wort zu reden und Unzuchtssünden geradezu zu verteidigen, als hätten sie nicht so viel zu sagen und seien etwas Natürliches und Erlaubtes. Sie machten dabei wohl auch die christliche Freiheit geltend, indem sie sagten: „Ich habe es alles Macht“ - wobei aber Paulus hinzusetzt: „Aber es frommt nicht alles“ („Es ist nicht alles zuträglich“)! Machen's doch heutzutage manche lockeren Leute auch so - namentlich mit Berufung auf das Alte Testament -, um ihr strafendes Gewissen vor sich und andern zu beschwichtigen. Hiegegen nun sagt Paulus sehr ernst: „Wisset ihr nicht, daß eure Leiber Christi Glieder sind?“ Wissen sollten sie es, so daß ein Apostel nicht erst nötig haben sollte, es ihnen zu sagen. Das eigene Gefühl sagt's allen, die Christus liebhaben, von selber, daß man den Heiland nur betrübe durch Mißbrauch seines Leibes zur Unreinigkeit. Wie leicht aber lassen sich viele durch lose Geschwätze betören und Wissen und Gewissen übertäuben!
Merken wir's uns aber überhaupt, daß unsre Leiber Christi Glieder sind! Wir dürfen sie nicht nach eigener Willkür gebrauchen, weil sie nicht unser, sondern Sein sind. Er ist mit uns auch leiblich verwandt, weil Er Fleisch und Blut mit uns gleichermaßen angenommen hat, und zwar so, daß Er mit uns sogar einerlei Blut hat: indem alle von dem einen Menschen (Adam) leiblich abstammen. Es besteht also eine Einheit der Leiber unter den Menschen, so auch mit Christus. Was wir daher uns und andern am Leibe wehtun, das tun wir Ihm zuleide, der uns mit Seinem Blute auch erkauft hat und unsern Leib an Sich heiligen wollte. Solches ist so wichtig, daß Paulus daraus den Schluß zieht, daß Gott auch unsre Leiber wie den Leib Christi - weil sie auch Seine Glieder sind - einmal auferwecken werde. Wir kurzsichtigen Menschen haben freilich in dergleichen Dingen wenig Einsicht und Verstand; aber es ist, als wollte Paulus sagen, Christus sei erst dann ganz auferstanden, wenn Er auch uns, Seine Glieder, auferstanden sehe.
Lernen wir daher unsre Leiber achten als nicht unser Eigentum, sondern als Christi Glieder! Lernen wir sie schonen, daß wir sie nicht durch verkehrte Behandlung und durch ungeordnetes lüsternes Wesen verderben - und so Christus an uns wehe tun! Es macht sich ohnehin gleich erkennbar, daß der ganze Mensch verdirbt, wenn leibliche Unordnung mit Essen und Trinken und anderem eintritt! Jede Unordnung des Leibes hat einen Einfluß auf das Verderben des ganzen Menschen, indem auch der Geist dadurch angegriffen wird. Auch Überreizung des Leibes durch Arbeit und Anstrengung, ferner Unreinlichkeit und Verwahrlosung des Leibes, ebenso Bequemlichkeit und Faulheit kann Einfluß haben auf den Ruin des ganzen Menschen nach Leib und Seele. Solches ist tägliche Erfahrung; und wie viel verderben wir da an uns dem HErrn, der beides, unsern Leib und unsre Seele, durch Sein Blut Sich zu Seinem Eigentum erkauft hat!
Lernen wir doch fleißig - besonders, wenn Versuchung naht - bei uns selber sagen: „Mein und Anderer Leib ist Christi Glied; Ihm darf ich an meinem und Anderer Leibe nicht wehe tun!“ Es mag eine Macht in solchem Gedanken liegen. (Christoph Blumhardt)

6:16 Oder wisset ihr nicht, daß, wer an der Hure hanget, der ist ein Leib mit ihr? Denn sie werden (spricht er) zwei in einem Fleische sein.

6:17 Wer aber dem HErrn anhanget, der ist ein Geist mit ihm.

6:18 Fliehet die Hurerei! Alle Sünden, die der Mensch tut, sind außer seinem Leibe; wer aber huret, der sündiget an seinem eigenen Leibe.

6:19 Oder wisset ihr nicht, daß euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch ist, welchen ihr habt von GOtt, und seid nicht euer selbst?

6:20 Denn ihr seid teuer erkauft. Darum so preiset GOtt an eurem Leibe und in eurem Geiste, welche sind GOttes.
In diesem Kapitel tadelt Paulus wiederum zweierlei an den Korinthischen Christen, einmal, daß sie ihre Streitsachen zur Entscheidung vor die heidnischen Obrigkeiten brachten, und dadurch dem Christenthum öffentlich Schande machten, sodann, daß Fälle von offenbarer heidnischer Unzucht bei ihnen vorkämen. Er sagt, das eine wie das andere sei ein Rückfall in ihren vorigen, elenden Zustand, eine Schmach für die Gemeinde und ein Bruch mit dem Herrn, der uns zu seinem Eigenthum um den kostbaren Preis des Blutes Christi erkauft hat; Ihn gelte es innerlich wie äußerlich zu verherrlichen. – Herr, laß es mich denn nie vergessen, daß ich theuer erkauft bin, nicht mit vergänglichem Silber oder Gold, sondern mit dem theuern Blute Jesu Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes. Was so theuer erworben ist, muß auch sorgfältig bewahrt werden. Wie sollte ich das theuer erworbene Leben wieder hingeben in der Sünde Tod um den spöttischen Preis der eitlen Weltlust? Der Handel ist geschlossen. Ich bin theuer erkauft: darum gehöre ich weder der Sünde noch mir selbst. Mein Leib und mein Geist sind Gottes. Darum soll mein Leib und mein Geist Gott preisen in heiligem Sinn und heiligem Wandel. Ich will nimmer vergessen, wie viel es Dir gekostet, daß ich erlöset bin, damit ich mich nimmer wieder verkaufe unter die Sünde, und dann empfange der Sünden Sold, welcher ist der Tod. Herr, hilf mir dazu durch deine allmächtige Kraft um Deiner Erbarmung willen. Denn es ist ein großer Unterschied, ein Sünder heißen in der Zeit, und noch ein Sünder heißen in der Ewigkeit. Und es giebt keinen größern Ruhm für den Heiland, als wenn wir die größten Sünder gewesen und es nicht mehr sind. (Friedrich Arndt)

Kapitel 7

7:1 Von dem ihr aber mir geschrieben habt, antworte ich: Es ist dem Menschen gut, daß er kein Weib berühre.

7:2 Aber um der Hurerei willen habe ein jeglicher sein eigen Weib, und eine jegliche habe ihren eigenen Mann.

7:3 Der Mann leiste dem Weibe die schuldige Freundschaft, desselbigengleichen das Weib dem Manne.

7:4 Das Weib ist ihres Leibes nicht mächtig, sondern der Mann. Desselbigengleichen der Mann ist seines Leibes nicht mächtig, sondern das Weib.

7:5 Entziehe sich nicht eins dem andern, es sei denn aus beider Bewilligung eine Zeitlang, daß ihr zum Fasten und Beten Muße habet; und kommet wiederum zusammen; auf daß euch der Satan nicht versuche um eurer Unkeuschheit willen.

7:6 Solches sage ich aber aus Vergunst und nicht aus Gebot.

7:7 Ich wollte aber lieber, alle Menschen wären, wie ich bin; aber ein jeglicher hat seine eigene Gabe von GOtt, einer so, der andere so.

7:8 Ich sage zwar den Ledigen und Witwen: Es ist ihnen gut, wenn sie auch bleiben wie ich.

7:9 So sie aber sich nicht enthalten, so laß sie freien; es ist besser freien, denn Brunst leiden.

7:10 Den Ehelichen aber gebiete nicht ich, sondern der HErr, daß das Weib sich nicht scheide von dem Manne.

7:11 So sie sich aber scheidet, daß sie ohne Ehe bleibe oder sich mit dem Manne versöhne, und daß der Mann das Weib nicht von sich lasse.

7:12 Den andern aber sage ich, nicht der HErr: So ein Bruder ein ungläubig Weib hat, und dieselbige läßt es sich gefallen, bei ihm zu wohnen, der scheide sich nicht von ihr.

7:13 Und so ein Weib einen ungläubigen Mann hat, und er läßt es sich gefallen, bei ihr zu wohnen, die scheide sich nicht von ihm.

7:14 Denn der ungläubige Mann ist geheiliget durch das Weib, und das ungläubige Weib wird geheiliget durch den Mann. Sonst wären eure Kinder unrein; nun aber sind sie heilig.

7:15 So aber der Ungläubige sich scheidet, so laß ihn sich scheiden. Es ist der Bruder oder die Schwester nicht gefangen in solchen Fällen. Im Frieden aber hat uns GOtt berufen.

7:16 Was weißt du aber, du Weib, ob du den Mann werdest selig machen? Oder du Mann was weißt du, ob du das Weib werdest selig machen?

7:17 Doch wie einem jeglichen GOtt hat ausgeteilet. Ein jeglicher, wie ihn der HErr berufen hat, also wandele er. Und also schaffe ich's in allen Gemeinden.

7:18 Ist jemand beschnitten berufen, der zeuge keine Vorhaut. Ist jemand berufen in der Vorhaut, der lasse sich nicht beschneiden.

7:19 Die Beschneidung ist nichts, und die Vorhaut ist nichts, sondern GOttes Gebote halten;

7:20 Ein jeglicher bleibe in dem Beruf, darinnen er berufen ist.

7:21 Bist du als Knecht berufen, sorge dich nicht; doch kannst du frei werden, so brauche des viel lieber.

7:22 Denn wer als Knecht berufen ist in dem HErrn, der ist ein Gefreiter des HErrn; desselbigengleichen, wer als Freier berufen ist, der ist ein Knecht Christi.

7:23 Ihr seid teuer erkauft; werdet nicht der Menschen Knechte!

7:24 Ein jeglicher, liebe Brüder, worinnen er berufen ist, darinnen bleibe er bei GOtt.

7:25 Von den Jungfrauen aber habe ich kein Gebot des HErrn; ich sage aber meine Meinung, als ich Barmherzigkeit erlanget habe von dem HErrn, treu zu sein.

7:26 So meine ich nun, solches sei gut um der gegenwärtigen Not willen, daß es dem Menschen gut sei, also zu sein.

7:27 Bist du an ein Weib gebunden, so suche nicht los zu werden; bist du aber los vom Weibe, so suche kein Weib.

7:28 So du aber freiest, sündigest du nicht; und so eine Jungfrau freiet, sündiget sie nicht; doch werden solche leibliche Trübsal haben. Ich verschone aber euer gerne.

7:29 Das sage ich aber, liebe Brüder: Die Zeit ist kurz. Weiter ist das die Meinung: Die da Weiber haben, daß sie seien, als hätten sie keine, und die da weinen, als weineten sie nicht,

7:30 und die sich freuen, als freueten sie sich nicht, und die da kaufen, als besäßen sie es nicht,

7:31 und die diese Welt gebrauchen, daß sie dieselbige nicht mißbrauchen; denn das Wesen dieser Welt vergehet.

7:32 Ich wollte aber, daß ihr ohne Sorge wäret. Wer ledig ist, der sorget, was dem HErrn angehöret, wie er dem HErrn gefalle.

7:33 Wer aber freiet, der sorget, was der Welt angehöret, wie er dem Weibe gefalle. Es ist ein Unterschied zwischen einem Weibe und einer Jungfrau.

7:34 Welche nicht freiet, die sorget, was dem HErrn angehöret, daß sie heilig sei, beide, am Leibe und auch am Geist; die aber freiet, die sorget, was der Welt angehöret, wie sie dem Manne gefalle.

7:35 Solches aber sage ich zu eurem Nutz; nicht daß ich euch einen Strick an den Hals werfe, sondern dazu, daß es fein ist, und ihr stets und unverhindert dem HErrn dienen könnet.

7:36 So aber jemand sich lässet dünken, es wolle sich nicht schicken mit seiner Jungfrau, weil sie eben wohl mannbar ist, und es will nicht anders sein, so tue er, was er will; er sündiget nicht, er lasse sie freien.

7:37 Wenn einer aber sich fest vornimmt, weil er ungezwungen ist und seinen freien Willen hat, und beschließt solches in seinem Herzen, seine Jungfrau also bleiben zu lassen, der tut wohl.

7:38 Endlich, welcher verheiratet, der tut wohl; welcher aber nicht verheiratet, der tut besser.

7:39 Ein Weib ist gebunden an das Gesetz, solange ihr Mann lebet; so aber ihr Mann entschläft, ist sie frei, sich zu verheiraten, welchem sie will; allein, daß es in dem HErrn geschehe.

7:40 Seliger ist sie aber, wo sie also bleibet, nach meiner Meinung. Ich halte aber, ich habe auch den Geist GOttes.
Dies sind die apostolischen Vorschriften über den Ehestand überhaupt und über die Ehelosigkeit, die in den damaligen Zeiten der Verfolgung um des Reiches Gottes willen vorzuziehen war. Ich nehme mir insbesondere aus dem Kapitel das Wort heraus: „Die da weinten, seien, als weinten sie nicht, und die sich freuen, als freuten sie sich nicht, und die kaufen, als besäßen sie es nicht, und die dieser Welt brauchen, daß sie derselbigen nicht mißbrauchen.“ Haben, thun, leiden, genießen, als hätte, thäte, litte, genösse man nicht; reden, schreiben, schriftstellern, sorgen, hauswirthschaften, als triebe man da nicht; besitzen, ohne besessen zu sein, das ist das neutestamentliche, pilgermäßige Wesen der Kinder Gottes. Leben, als ob jede Minute unsere letzte Minute sei; so Alles, als ob von dem, was wir unser eigen nennen, der Nießbrauch nur, nicht das Eigenthum unser sei; - tägliches Brod heute. Jeder andere Gebrauch der Güter dieser Welt ist Mißbrauch. Jede Beschäftigung mit Dingen dieser Zeit, wenn sie nicht als Parenthese behandelt wird, ist unziemend und nachtheilig für diejenigen, die jeden Augenblick bereit stehen sollen auszugehen aus Aegyptenland. Freilich gehört dies zu den Forderungen des Christenberufs, welche unserer an das Sinnliche gefesselten Natur den schwersten Kampf kosten. Der Herr sieht es, Er säumt nicht, uns zu Hülfe zu kommen, Er hat, um das Herz entweder auf einmal von der Welt loszureißen oder nach und nach zu entwöhnen, tausendfältige Mittel. Gelingt es Ihm, dann wohl uns! Dann kommen wir dahin, daß wir die Worte des Apostels auch umgekehrt lesen können: die nicht besitzen, als besäßen sie! als die Traurigen, aber allezeit fröhlich; als die nichts inne haben, und doch Alles haben! Denn Christus, der ganze Christus, ist ihrer; wo aber der Geber selbst ist, da sind auch seine Gaben. – O daß Dein Geist ruhen möchte auf mir, herabkommen möchte auf mich, Du mein ewiger Hoherpriester und König. Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 8

8:1 Von dem Götzenopfer aber wissen wir; denn wir haben alle das Wissen. Das Wissen bläset auf; aber die Liebe bessert.

8:2 So aber sich jemand dünken lässet, er wisse etwas, der weiß noch nichts, wie er wissen soll.

8:3 So aber jemand GOtt liebet, derselbige ist von ihm erkannt.

8:4 So wissen wir nun von der Speise des Götzenopfers, daß ein Götze nichts in der Welt sei, und daß kein anderer GOtt sei ohne der einige.

8:5 Und wiewohl es sind, die Götter genannt werden, es sei, im Himmel oder auf Erden, sintemal es sind viel Götter und viel Herren:

8:6 so haben wir doch nur einen GOtt, den Vater, von welchem alle Dinge sind und wir in ihm, und einen HErrn, JEsum Christum, durch welchen alle Dinge sind und wir durch ihn.

8:7 Es hat aber nicht jedermann das Wissen. Denn etliche machen sich noch ein Gewissen über dem Götzen und essen es für Götzenopfer; damit wird ihr Gewissen, weil es so schwach ist, beflecket.

8:8 Aber die Speise fördert uns nicht vor GOtt. Essen wir, so werden wir darum nicht besser sein; essen wir nicht, so werden wir darum nichts weniger sein.

8:9 Sehet aber zu, daß diese eure Freiheit nicht gerate zu einem Anstoß der Schwachen.

8:10 Denn so dich, der du die Erkenntnis hast, jemand sähe zu Tische sitzen im Götzenhause, wird nicht sein Gewissen dieweil er schwach ist, verursacht, das Götzenopfer zu essen?

8:11 Und wird also über deiner Erkenntnis der schwache Bruder umkommen, um welches willen doch Christus gestorben ist.

8:12 Wenn ihr aber also sündiget an den Brüdern und schlaget ihr schwaches Gewissen, so sündiget ihr an Christo.

8:13 Darum, so die Speise meinen Bruder ärgert, wollte ich nimmermehr Fleisch essen, auf daß ich meinen Bruder nicht ärgerte.
Dies Kapitel wird leichter verstanden, wenn man die Zeit- und Ortbeziehungen festhält. Korinth war eine überwiegend heidnische Stadt. Bei den Götterfesten wurden viele Thiere geschlachtet und geopfert. Was vom Götzenopferfleisch übrig blieb, gehörte theils den Priestern, theils Denen, die das Opfer gebracht hatten, und wurde zum Theil auf dem Markt verkauft, zum Theil zu Gastmahlen gebraucht, die sowohl in den Privathäusern als auch in den heidnischen Tempeln gehalten wurden. Die Judenchristen zu Korinth machten sich nun ein Gewissen daraus, von solchem Götzenopferfleisch zu essen; die paulinischen Heidenchristen dagegen trugen zum Aergerniß Jener kein Bedenken, nicht nur in ihren eigenen Häusern und bei Privatgastmahlzeiten solches Fleisch zu essen, sondern auch den öffentlichen Opfermahlzeiten in den heidnischen Tempeln beizuwohnen; wofür sie sich auf ihre christliche Freiheit und besonders auch darauf beriefen, sie wissen als Christen, daß die Götter der Heiden nichts seien, und daß eben darum zwischen Götzenopferfleisch und anderm Fleisch kein Unterschied zu machen sei. Hierauf ertheilt ihnen Paulus nun den nöthigen Bescheid, und sagt, daß die Liebe allein erbaue und das Seelenheil des Nächsten fördere, daß sie besser sei, als das richtige Wissen, daß es Sünde sei, Götzenopfer zum Aergerniß des Bruders zu essen. Wohl bessert die Liebe, und ist das seligste Gefühl auch das heiligste Gefühl. Sie bessert von der Selbstsucht, denn sie erweckt und befähigt zur Selbstverläugnung. Sie bessert von der Sinnlichkeit, von dem beständigen Streben nur nach sinnlichen Freuden, Gütern und Ehren, und erhebt das Herz über sich selbst zu dem Höchsten, das es giebt im Himmel und auf Erden. O möge sie mich auch also bessern! und möge sie immer reiner und fester in mir ihre Wohnung aufschlagen! Ohne sie ist der Mensch arm bei allem Reichthum an Wissen und Besitz; durch sie wird er reich und froh und ein Segen unter den Seinen. Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 9

9:1 Bin ich nicht ein Apostel? Bin ich nicht frei? Habe ich nicht unsern HErrn JEsum Christum gesehen? Seid nicht ihr mein Werk in dem HErrn?

9:2 Bin ich andern nicht ein Apostel, so bin ich doch euer Apostel; denn das Siegel meines Apostelamts seid ihr in dem HErrn.

9:3 Wenn man mich fragt, so antworte ich also:

9:4 Haben wir nicht Macht zu essen und zu trinken?

9:5 Haben wir nicht auch Macht, eine Schwester zum Weibe mit umherzuführen wie die andern Apostel und des HErrn Brüder und Kephas?

9:6 Oder haben allein ich und Barnaba nicht Macht, solches zu tun?

9:7 Welcher zieht jemals in den Krieg auf seinen eigenen Sold? Welcher pflanzet einen Weinberg und isset nicht von seiner Frucht, oder welcher weidet eine Herde und isset nicht von der Milch der Herde?

9:8 Rede ich aber solches auf Menschenweise? Sagt nicht solches das Gesetz auch?

9:9 Denn im Gesetz Mose's stehet geschrieben: Du sollst dem Ochsen nicht das Maul verbinden, der da drischet. Sorget GOtt für die Ochsen?

9:10 Oder sagt er's nicht allerdinge um unsertwillen? Denn es ist ja um unsertwillen geschrieben. Denn der da pflüget, soll auf Hoffnung pflügen, und der da drischt, soll auf Hoffnung dreschen, daß er seiner Hoffnung teilhaftig werde.

9:11 So wir euch das Geistliche säen, ist's ein groß Ding, ob wir euer Leibliches ernten?

9:12 So aber andere dieser Macht an euch teilhaftig sind, warum nicht viel mehr wir? Aber wir haben solche Macht nicht gebraucht, sondern wir vertragen allerlei, daß wir nicht dem Evangelium Christi ein Hindernis machen.

9:13 Wisset ihr nicht, daß, die da opfern essen vom Opfer, und die des Altars pflegen, genießen des Altars?

9:14 Also hat auch der HErr befohlen daß, die das Evangelium verkündigen; sollen sich vom Evangelium nähren.

9:15 Ich aber habe der keines gebraucht. Ich schreibe auch nicht darum davon, daß es mit mir also sollte gehalten werden. Es wäre mir lieber, ich stürbe, denn daß mir jemand meinen Ruhm sollte zunichte machen.

9:16 Denn daß ich das Evangelium predige, darf ich mich nicht rühmen; denn ich muß es tun. Und wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht predigte!

9:17 Tue ich's gerne, so wird mir gelohnet; tue ich's aber ungerne, so ist mir das Amt doch befohlen.

9:18 Was ist denn nun mein Lohn? Nämlich daß ich predige das Evangelium Christi und tue dasselbige frei, umsonst, auf daß ich nicht meiner Freiheit mißbrauche am Evangelium.

9:19 Denn wiewohl ich frei bin von jedermann, hab' ich mich doch selbst jedermann zum Knechte gemacht, auf daß ich ihrer viel gewinne.

9:20 Den Juden bin ich worden als ein Jude, auf daß ich die Juden gewinne. Denen, die unter dem Gesetz sind, bin ich worden als unter dem Gesetz, auf daß ich, die, so unter dem Gesetz sind, gewinne.

9:21 Denen, die ohne Gesetz sind, bin ich als ohne Gesetz worden (so ich doch nicht ohne Gesetz bin vor GOtt, sondern bin in dem Gesetz Christi), auf daß ich die, so ohne Gesetz sind, gewinne.

9:22 Den Schwachen bin ich worden als ein Schwacher, auf daß ich die Schwachen gewinne. Ich bin jedermann allerlei worden, auf daß ich allenthalben ja etliche selig mache.

9:23 Solches aber tue ich um des Evangeliums willen, auf daß ich sein teilhaftig werde.

9:24 Wisset ihr nicht, daß die, so in den Schranken laufen, die laufen alle, aber einer erlanget das Kleinod? Laufet nun also, daß ihr es ergreifet!

9:25 Ein jeglicher aber, der da kämpfet, enthält sich alles Dinges: jene also, daß sie eine vergängliche Krone empfangen, wir aber eine unvergängliche.

9:26 Ich laufe aber also, nicht als aufs Ungewisse; ich fechte also, nicht als, der in die Luft streichet,

9:27 sondern ich betäube meinen Leib und zähme ihn, daß ich nicht den andern predige und selbst verwerflich werde.
Ich bitte Dich, o Herr, laß mich den großen Zweck des gegenwärtigen Lebens niemals aus dem Gesichte verlieren! Laß mich immer daran denken, daß ich mich hienieden zur seligsten Gemeinschaft mit Dir und zum Genuß der himmlischen Güter, die uns Jesus Christus erworben und bereitet hat, unter dem Beistande Deines Geistes geschickt machen soll. Ich soll mich selbst verleugnen, allem Bösen entsagen, meine sündlichen Neigungen und alles, was mich in meinem Christenthum hindert, auf die Seite setzen, verachten und mit Widerwillen ansehen und fliehen. Ich soll, wie Paulus, meine Glieder im Zaum halten, über mein Temperament, über meine Lieblings- und Gewohnheitssünden Herr und Meister werden; ich soll die Sünde nicht herrschen lassen in meinem Leibe, ihren Trieben keinen Gehorsam leisten; ich soll kämpfen, und nicht nachgeben; ich soll in allem Guten fortlaufen und nicht müde werden; ich soll nicht mehr leben, sondern Christus allein soll in mir leben. Ach, Herr, mein Gott, wie werde ich diesen großen Forderungen genügen können, wenn Du nicht selbst in mir wirkst das Wollen und das Vollbringen des Guten? Herr, ich erkenne mich Deiner Gnade höchst unwürdig; aber ich weiß auch, daß die, welche nach Deiner Gerechtigkeit hungert und dürstet, gesättigt werden sollen. Mit freudigem Vertrauen halte ich mich fest an Deiner tröstlichen Verheißung, daß Du allen denen, die Dich darum bitten, den heiligen Geist schenken wollest. Darum bitte ich Dich, laß das Licht Deines Geistes meine ganze Seele erfüllen und seine göttliche Kraft mich zu allem Guten beleben, und laß mich redlich alle seine Antriebe zum Guten befolgen. Ach, ich weiß es wohl, wie viel auch an mir liegt, um den Beistand Deines Geistes zu erhalten und mir recht zu Nutze zu machen: ich muß anhalten im Gebet, allen Gelegenheiten zur Sünde sorgfältig ausweichen, gleichsam mit meinen Augen und Ohren einen Bund machen, sie vor allen Lockungen zu verschließen, und im Kleinen treu sein, wenn Du mir das Wahrhaftige anvertrauen willst! Nun denn, o mein Gott, da ich Deinen Willen weiß, so verleihe mir auch die Gnade, denselben redlich zu thun, und nimm mich bei meiner Schwachheit und Trägheit selbst bei der Hand, daß ich laufe, eile und jage, damit ich das Kleinod des ewigen Lebens ergreife und behalte. Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 10

10:1 Ich will euch aber, liebe Brüder, nicht verhalten, daß unsere Väter sind alle unter der Wolke gewesen und sind alle durchs Meer gegangen

10:2 und sind alle unter Mose getauft mit der Wolke und mit dem Meer;

10:3 und haben alle einerlei geistliche Speise gegessen

10:4 und haben alle einerlei geistlichen Trank getrunken; sie tranken aber von dem geistlichen Fels, der mitfolgte, welcher war Christus.

10:5 Aber an ihrer vielen hatte GOtt kein Wohlgefallen; denn sie sind niedergeschlagen in der Wüste.

10:6 Das ist aber uns zum Vorbilde geschehen, daß wir uns nicht gelüsten lassen des Bösen, gleichwie jene gelüstet hat.

10:7 Werdet auch nicht Abgöttische, gleichwie jener etliche wurden, als geschrieben stehet: Das Volk setzte sich nieder, zu essen und zu trinken, und stund auf, zu spielen.

10:8 Auch lasset uns nicht Hurerei treiben, wie etliche unter jenen Hurerei trieben, und fielen auf einen Tag dreiundzwanzigtausend.

10:9 Lasset uns aber auch Christum nicht versuchen, wie etliche von jenen ihn versuchten und wurden von, den Schlangen umgebracht.

10:10 Murret auch nicht, gleichwie jener etliche murreten und wurden umgebracht durch den Verderber.

10:11 Solches alles widerfuhr ihnen zum Vorbilde; es ist aber geschrieben uns zur Warnung, auf welche das Ende der Welt kommen ist.

10:12 Darum wer, sich lässet dünken, er stehe, mag wohl zusehen, daß er nicht falle.

10:13 Es hat euch noch keine denn menschliche Versuchung betreten; aber GOtt ist getreu, der euch nicht lässet versuchen über euer Vermögen, sondern machet, daß die Versuchung so ein Ende gewinne, daß ihr's könnet ertragen.

10:14 Darum, meine Liebsten; fliehet von dem Götzendienst!

10:15 Als mit den Klugen rede ich; richtet ihr, was ich sage!

10:16 Der gesegnete Kelch, welchen wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi?

10:17 Denn ein Brot ist's; so sind wir viele ein Leib, dieweil wir alle eines Brotes teilhaftig sind.

10:18 Sehet an den Israel nach dem Fleisch. Welche die Opfer essen, sind die nicht in der Gemeinschaft des Altars?

10:19 Was soll ich denn nun sagen? Soll ich sagen, daß der Götze etwas sei, oder daß das Götzenopfer etwas sei?

10:20 Aber ich sage, daß die Heiden, was sie opfern, das opfern sie den Teufeln und nicht GOtt. Nun will ich nicht, daß ihr in der Teufel Gemeinschaft sein sollet.

10:21 Ihr könnt nicht zugleich trinken des HErrn Kelch und der Teufel Kelch; ihr könnt nicht zugleich teilhaftig sein des Tisches des HErrn und des Tisches der Teufel.

10:22 Oder wollen wir dem HErrn trotzen? Sind wir stärker denn er?

10:23 Ich habe es zwar alles Macht; aber es frommet nicht alles. Ich habe es alles Macht; aber es bessert nicht alles.

10:24 Niemand suche was sein ist, sondern ein jeglicher, was des andern ist.

10:25 Alles was feil ist auf dem Fleischmarkt, das esset und forschet nichts, auf daß ihr des Gewissens verschonet.

10:26 Denn die Erde ist des HErrn, und was darinnen ist.

10:27 So aber jemand von den Ungläubigen euch ladet, und ihr wollt hingehen, so esset alles, was euch vorgetragen wird, und forschet nichts, auf daß ihr des Gewissens verschonet.

10:28 Wo aber jemand würde zu euch sagen: Das ist Götzenopfer, so esset nicht, um deswillen, der es anzeigte, auf daß ihr des Gewissens verschonet. Die Erde ist des HErrn, und was darinnen ist.

10:29 Ich sage aber vom Gewissen nicht dein selbst, sondern des andern. Denn warum sollte ich meine Freiheit lassen urteilen von eines andern Gewissen?

10:30 Denn so ich's mit Danksagung genieße, was sollte ich denn verlästert werden über dem, dafür ich danke?,

10:31 Ihr esset nun oder trinket, oder was ihr tut, so tut es alles zu GOttes Ehre.

10:32 Seid nicht ärgerlich weder den Juden noch den Griechen noch der Gemeinde GOttes,

10:33 gleichwie ich auch jedermann in allerlei mich gefällig mache und suche nicht, was mir, sondern was vielen frommet, daß sie selig werden.
Ein herrliches Wort, das Wort des Apostels im 13. Verse: „Gott ist getreu, der euch nicht läßt versuchen über euer Vermögen, sondern macht, daß die Versuchung so ein Ende gewinne, daß ihr’s könnet ertragen.“ Es enthält drei kräftige Trostgründe in aller Kreuz und Anfechtung. Der erste Grund ist die Treue Gottes: „Gott ist getreu.“ Er hat ein treues Herz: Er kann’s nicht böse meinen; Er hat einen treuen Mund: was Er zusagt, das hält er gewiß; Er hat ein treues Ohr: Er hört das Schreien der Verlassenen und verschmähet ihr Gebet nicht; Er hat treue Augen: sie sehen auf die, so Ihn fürchten; Er hat eine treue Hand: die kann Alles ändern; sie errettet in Leibes-, Seelen- und Todesnoth, hilft in sechs Trübsalen hindurch, und in der siebenten können wir getrost ihr die Seele befehlen; da heißt es: Ende gut, Alles gut. Der andere Grund des Trostes ist, daß Gott nicht über Vermögen versucht. Er wägt, wie in einer Goldwage, genau gegen einander ab das Kreuz und die Kräfte, es zu tragen, und mißt jenes nach diesen ab. Klage aber nie: dein Kreuz sei zu schwer; solche Klage wäre Gotteslästerung. Der dritte Trostgrund ist, daß jedes Leiden einmal ein Ende gewinnt. Mag es noch so lange währen, es währt nicht ewig. Endlich tönt doch einmal die Glocke: zum letzten Mal! Und ob das Leiden lebenslang anhielte, das Leben hat doch auch ein Ende, und mit demselben die Sünde und das Elend. Herr, ich danke Dir für den reichen Trost in aller Noth, den Du in Deinem Worte für uns arme Kreuzträger niedergelegt hast. Drücke ihn recht tief in mein Herz hinein, laß mich ihn im Glauben festhalten und seine Kraft in jeder Anfechtung erfahren. (Friedrich Arndt)

Kapitel 11

11:1 Seid meine Nachfolger, gleichwie ich Christi!

11:2 Ich lobe euch, liebe Brüder, daß ihr an mich gedenket in allen Stücken und haltet die Weise, gleichwie ich euch gegeben habe.

11:3 Ich lasse euch aber wissen, daß Christus ist eines jeglichen Mannes Haupt, der Mann aber ist des Weibes Haupt; GOtt aber ist Christi Haupt.

11:4 Ein jeglicher Mann, der da betet oder weissaget und hat etwas auf dem Haupt, der schändet sein Haupt.

11:5 Ein Weib aber, das da betet oder weissaget mit unbedecktem Haupt, die schändet ihr Haupt; denn es ist ebensoviel, als wäre sie beschoren.

11:6 Will sie sich nicht bedecken, so schneide man ihr auch das Haar ab. Nun es aber übel stehet, daß ein Weib verschnitten Haar habe oder beschoren sei, so lasset sie das Haupt bedecken.

11:7 Der Mann aber soll das Haupt nicht bedecken, sintemal er ist GOttes Bild und Ehre; das Weib aber ist des Mannes Ehre.

11:8 Denn der Mann ist nicht vom Weibe, sondern das Weib ist vom Manne.

11:9 Und der Mann ist nicht geschaffen um des Weibes willen; sondern das Weib um des Mannes willen.

11:10 Darum soll das Weib eine Macht auf dem Haupt haben um der Engel willen.

11:11 Doch ist weder der Mann ohne das Weib, noch das Weib ohne den Mann in dem HErrn.

11:12 Denn wie das Weib von dem Manne, also kommt auch der Mann durch das Weib, aber alles kommt von GOtt.

11:13 Richtet bei euch selbst, ob es wohl stehet, daß ein Weib unbedeckt vor GOtt bete.

11:14 Oder lehret euch auch nicht die Natur, daß einem Manne eine Unehre ist, so er lange Haare zeuget,

11:15 und dem Weibe eine Ehre, so sie lange Haare zeuget? Das Haar ist ihr zur Decke gegeben.

11:16 Ist aber jemand unter euch, der Lust zu zanken hat, der wisse, daß wir solche Weise nicht haben, die Gemeinden GOttes auch nicht.

11:17 Ich muß aber dies befehlen: Ich kann's nicht loben, daß ihr nicht auf bessere Weise, sondern auf ärgere Weise zusammenkommet.

11:18 Zum ersten, wenn ihr zusammen kommt in der Gemeinde, höre ich, es seien Spaltungen unter euch; und zum Teil glaube ich's.

11:19 Denn es müssen Rotten unter euch sein, auf daß die, so rechtschaffen sind, offenbar unter euch werden.

11:20 Wenn ihr nun zusammenkommet, so hält man da nicht des HErrn Abendmahl.

11:21 Denn so man das Abendmahl halten soll, nimmt ein jeglicher sein eigenes vorhin, und einer ist hungrig, der andere ist trunken.

11:22 Habt ihr aber nicht Häuser, da ihr essen und trinken möget? Oder verachtet ihr die Gemeinde GOttes und beschämet die, so da nichts haben? Was soll ich euch sagen? Soll ich euch loben? Hierinnen lobe ich euch nicht.

11:23 Ich habe von dem HErrn empfangen, das ich euch gegeben habe. Denn der HErr JEsus in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot,

11:24 dankete und brach's und sprach: Nehmet, esset; das ist mein Leib der für euch gebrochen wird. Solches tut zu meinem Gedächtnis!

11:25 Desselbigengleichen auch den Kelch nach dem Abendmahl und sprach: Dieser Kelch ist das neue Testament in meinem Blut. Solches tut, so oft ihr's trinket, zu meinem Gedächtnis!

11:26 Denn so oft ihr von diesem Brot esset und von diesem Kelch trinket, sollt ihr des HErrn Tod verkündigen, bis daß er kommt.

11:27 Welcher nun unwürdig von diesem Brot isset oder von dem Kelch des HErrn trinket, der ist schuldig an dem Leib und Blut des HErrn.

11:28 Der Mensch prüfe aber sich selbst und also esse er von diesem Brot und trinke von diesem Kelch.

11:29 Denn welcher unwürdig isset und trinket, der isset und trinket ihm selber das Gericht damit, daß er nicht unterscheidet den Leib des HErrn.

11:30 Darum sind auch so viel Schwache und Kranke unter euch, und ein gut Teil schlafen.

11:31 Denn so wir uns selber richteten, so würden wir nicht gerichtet.

11:32 Wenn wir aber gerichtet werden, so werden wir von dem HErrn gezüchtiget, auf daß wir nicht samt der Welt verdammet werden.

11:33 Darum, meine lieben Brüder, wenn ihr zusammenkommet, zu essen, so harre einer des andern.
Herr Jesu, ich kann’s mit meinen Sinnen nicht erreichen, womit doch Dein Erbarmen zu vergleichen. Doch laß mich demselben in Kraft des heiligen Geistes nachsinnen, so viel ich kann. Besonders laß mich in der Abendstunde, da Du Dich mit der Einsetzung Deines heiligen Abendmahls beschäftigt, alles mein Denken und Sinnen darauf richten. Es sit die Stunde, da ich gewöhnlich mein Abendbrod genieße. O daß ich doch da allemal Dich im Glauben genieße! O daß der Hunger und Durst meines Glaubens je größer und heftiger sei, als der leibliche Hunger, und ich stündlich Abendmahl mit Dir halte im Glauben und Du mit mir! Daß ich die Wichtigkeit und Vortrefflichkeit dieses hochwürdigen Nachtmahls recht erkennete, Dein Testament recht hoch und theuer schätzte, und auch die Früchte zeitigte, die diese Himmelskost verlangt! Wirke es in mir, Herr Jesu. Dank, Lob und Anbetung gebührt Dir für Dein reiches Testament.
Mein Heiland, das Plätzchen, das Dein Lieblingsjünger Johannes gehabt, stände mir auch an. An Deiner Jesusbrust liegen, da wäre so was Erwünschtes und mir recht Nöthiges. Johannes hatte sich freilich Deiner Liebe nicht so unwürdig gemacht, hatte ein recht treues und aufrichtiges Herz gegen Dich und hielt bis in den Tod bei Dir aus. Ich finde ganz das Gegentheil in und an mir. Aber, mein Heiland, zu den Elendesten lässest Du Dich am tiefsten herunter, die erquickst Du am ersten, weil sie es am nöthigsten haben. Nun, das macht mir Muth, mich auch an Deine treue Brust hinzulegen und Erquickung und süße Gnadenmilch zu meiner Nahrung und Stärkung zu saugen.
Herr Jesu, dem kleinsten Kinde gehört sonst der Mutter Brust vor allen übrigen. Nun, das bin ich, Dein allerkleinstes Kind unter allen Deinen Kindern. Dem schwächsten Kinde thut der Mutter Brust am nöthigsten zu seiner Stärkung; und das bin ich auch, o gewiß, das schwächste unter allen. Das kränkste Kind braucht der Mutter Brust am nothwendigsten, weil in der Muttermilch etwas Heilandes ist; nun, ich bin sehr krank, und ist nichts Gesundes an mir vom Fuße bis zum Scheitel. Dem weinenden Kinde reicht die Mutter die Brust zu seiner Stillung: Herr Jesu, Du weißt, wie manchmal ich Dir etwas vorzuweinen und mit Thränen zu klagen habe, o stille mich an Deiner Brust. Liebster Heiland, so oft ich esse, laß mich Deine Gaben an Deiner Brust genießen, wie Johannes: da kann zugleich meine Seele sich sättigen und erquicken. Wenn ich schlage, so sei mein Kissen Deine aufgeritzte Brust, und wenn ich erwache, so laß mich noch an Deiner Brust liegen. Und wenn ich Abendmahl mit Dir halten will, so laß es an Deiner Jesusbrust geschehen, damit ich fein kindlich thue, kindlich esse und trinke, kindlich Dich annehme, kindlich mich Dir gebe, kindlich Dir Alles sage und klage, Dich kindlich um Alles bitte und auch eben so Alles nehme. O wäre ich ein Johannes! Wäre ich nur erst ein recht unmündiges Kind dem Sinne und Herzen nach! Mache Du mich dazu. Amen. (Friedrich Arndt)

11:34 Hungert aber jemand, der esse daheim, auf daß ihr nicht zum Gerichte zusammenkommet. Das andere will ich ordnen, wenn ich komme.
Nichts ist gesegneter, und doch scheuen wir nichts mehr als das Selbstgericht. Schwerdt und Wage hat Christus in unsere Hand gegeben, und doch sind wir stündlich in unserer eigenen! Der Mensch hat eine unergründliche Abneigung dagegen, die Wahrheit über sich zu erfahren. Was andere Menschen von uns sagen, ist lange noch nicht die Wahrheit; aber wie scheuet sich ein jeder davor, auch nur zu wissen, was Andere über seine Fehler urtheilen. Diese Furcht vor Selbsterkenntniß und Selbstgericht ist einer der stärksten Beweise für die Tiefe der menschlichen Sündhaftigkeit. Es ist eine große Thorheit darin, denn was hilft’s uns, alles Andere wägen zu können, wenn wir dabei den Blick darauf verlieren, wie leicht wir selbst wiegen? Und der Schaden trifft keinen Andern als uns. Darum laßt uns alle Mittel gebrauchen, um zu erfahren, wie viel wir vor Gott gelten; laßt uns das Gebet gebrauchen: „Erleuchte mich, mein Gott, ich bin mir selbst verborgen,“ laßt uns den Spiegel des göttlichen Wortes täglich in die Hand nehmen, laßt uns uns richten bei jedem neuen Abschnitt unseres Lebens. Es gilt eine lange, immer erneuerte Prüfung. Ach stellen wir sie nicht an, so muß einmal Gott Wagschaale und Schwerdt in seine eigne Hand nehmen, und wehe uns dann, es ist schrecklich, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen. Darum will ich mich alle Tage richten und immer von neuem verdammen! Was fürchte ich mich vor dem Todte der Selbstverdammniß, da ich mit Christo leben und mit Christo sterben kann? Ja, wenn ich keinen Heiland hätte, wäre die Selbstverdammniß allerdings eine trostlose Sache; aber Gottlob, auf Ihm liegt die Strafe, damit ich Friede habe. Nun sterbe ich in jedem Selbstgericht mit Christo, in der Gemeinschaft seines verdienstlichen Leidens, und sterbe ich mit, so werde ich mit leben. Darum:
Wäg’, unterlieg’ und sprich mit Ernst das Urtheil dir,
Wer erst sich selbst erstirbt, der lebt Gott für und für. Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 12

12:1 Von den geistlichen Gaben aber will ich euch, liebe Brüder, nicht verhalten.

12:2 Ihr wisset, daß ihr Heiden seid gewesen und hingegangen zu den stummen Götzen, wie ihr geführt wurdet.

12:3 Darum tue ich euch kund, daß niemand JEsum verfluchet, der durch den Geist GOttes redet; und niemand kann JEsum einen HErrn heißen ohne durch den Heiligen Geist.

12:4 Es sind mancherlei Gaben, aber es ist ein Geist.

12:5 Und es sind mancherlei Ämter, aber es ist ein HErr.

12:6 Und es sind mancherlei Kräfte, aber es ist ein GOtt, der da wirket alles in allen.

12:7 In einem jeglichen erzeigen sich die Gaben des Geistes zum gemeinen Nutzen.

12:8 Einem wird gegeben durch den Geist, zu reden von der Weisheit; dem andern wird gegeben, zu reden von der Erkenntnis nach demselbigen Geist;

12:9 einem andern der Glaube in demselbigen Geist; einem andern die Gabe, gesund zu machen, in demselbigen Geist;

12:10 einem andern, Wunder zu tun; einem andern Weissagung; einem andern, Geister zu unterscheiden; einem andern mancherlei Sprachen; einem andern, die Sprachen auszulegen.
Gott hat sowohl im Reich der Gnaden, als auch im Reich der Natur allerlei Gaben ausgetheilt, und zwar so, daß ein einiger Mensch nicht alles beisammen hat, sondern die unterschiedlichen Gaben werden unter unterschiedliche Leute ausgetheilt; denn dem Einen wird dieses, dem Andern etwas Anderes, und einem Andern wieder Etwas gegeben. Gleichwie nämlich am menschlichen Leib unterschiedliche Glieder sind, welche ihre unterschiedene Eigenschaft und Verrichtung haben: also sind auch verschiedene Menschen von verschiedenen Gaben und Verrichtungen, damit Einer dem Andern dienen kann, und dadurch eine Verbindung und Gesellschaft herauskommt. Man muß demnach nicht meinen, daß man in jungen Jahren so vielerlei lernen müsse, sondern man muß vornämlich untersuchen, was Einer für eine besondere Gabe habe. Es ist aber schwer, solches zu prüfen, absonderlich wo Vieles verkünstelt wird; denn weil man sich meistentheils vornimmt, daß ein junger Mensch dieses oder jenes lernen und werden müsse, so gehet man durch allerlei Mittel darauf los, und wird das Meiste auf eine künstliche Art erzwungen, wodurch oft eine solche Confusion gemacht wird, daß man nicht mehr erkennen kann, was der eigentlichen Gabe und Natur gemäß ist. - Es sollte ein Jeder das lernen und werden, wozu er die Gabe hat; man kehrt es aber meistentheils um, indem man die Gaben nach demjenigen formiren und erzwingen will, was man gern lernen und werden möchte; daher kommt es auch, daß Manchen ihr sogenannter Beruf entleidet, oder daß sie solchen gar verlassen, oder daß sie wenigstens dasjenige nicht leisten und thun, was geschehen würde, wenn es der Gabe gemäß wäre. - Es gehört aber zur Gabe nicht nur die Fähigkeit, sondern auch die Inclination und auch die äußerlichen Mittel, als welche vieles hindern oder befördern können. –, Die meisten Leute müssen auf das Brod sehen, und diejenigen, die nicht auf das Brod zu sehen haben, sehen gemeiniglich auf weltliche Ehrenstellen; man darf sich daher nicht verwundern, warum man sich um die Prüfung der Gaben nicht sonderlich bekümmert, (Johann Flattich)

12:11 Dies aber alles wirket derselbige einige Geist und teilet einem jeglichen seines zu, nachdem er will.

12:12 Denn gleichwie ein Leib ist und hat doch viel Glieder, alle Glieder aber eines Leibes, wiewohl ihrer viel sind, sind sie doch ein Leib: also auch Christus.

12:13 Denn wir sind durch einen Geist alle zu einem Leibe getauft, wir seien Juden oder Griechen, Knechte oder Freie, und sind alle zu einem Geist getränket.

12:14 Denn auch der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele.

12:15 So aber der Fuß spräche: Ich bin keine Hand, darum bin ich des Leibes Glied nicht, sollte er um deswillen nicht des Leibes Glied sein?

12:16 Und so das Ohr spräche: Ich bin kein Auge, darum bin ich nicht des Leibes Glied, sollte es um deswillen nicht des Leibes Glied sein?

12:17 Wenn der ganze Leib Auge wäre, wo bliebe das Gehör? So er ganz Gehör wäre, wo bliebe der Geruch?

12:18 Nun aber hat GOtt die Glieder gesetzt, ein jegliches sonderlich am Leibe, wie er gewollt hat.

12:19 So aber alle Glieder ein Glied wären, wo bliebe der Leib?

12:20 Nun aber sind der Glieder viele, aber der Leib ist einer.

12:21 Es kann das Auge nicht sagen zu der Hand: Ich bedarf dein nicht; oder wiederum das Haupt zu den Füßen: Ich bedarf euer nicht;

12:22 sondern vielmehr, die Glieder des Leibes, die uns dünken, die schwächsten zu sein, sind die nötigsten,

12:23 und die uns dünken, die unehrlichsten sein, denselbigen legen wir am meisten Ehre an, und die uns übel anstehen, die schmücket man am meisten.

12:24 Denn die uns wohl anstehen, die bedürfen's nicht. Aber GOtt hat den Leib also vermenget und dem dürftigen Glied am meisten Ehre gegeben,

12:25 auf daß nicht eine Spaltung im Leibe sei, sondern die Glieder füreinander gleich sorgen.

12:26 Und so ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit; und so ein Glied wird herrlich gehalten, so freuen sich alle Glieder, mit.
Wie die Glieder des menschlichen Leibes angenehme und schmerzliche Empfindungen miteinander teilen, so soll kein Glied der Gemeine für sich allein sein und empfinden; sondern es soll eine so innige Gemeinschaft unter ihnen bestehen, daß durch alle hindurch einerlei Gefühl zu erkennen ist und daß eine Art Schwingung - wie bei einem Instrumente - durch alle hindurch fühlbar wird, namentlich soweit sie auch in einer äußeren Beziehung zueinander stehen. Trübsal und Kummer des einen sollte den andern allen nachgehen, und Freude und Erquickung des einen wiederum die andern alle freudig stimmen. Das Abgetrenntstehen voneinander, da jedes für sich seine Sache hat, ist nicht das vom HErrn Gewollte.
Dem entgegen hatte es sich bald in der christlichen Gemeine so gemacht, daß einer, wenn er recht fromm sein wollte, dies damit zu werden glaubte, daß er sich ganz abgesondert hielte. So machen's heute noch viele, die in einer besonderen Gemeinschaft mit Gott stehen und sich ganz fromm und andächtig bezeigen wollen. Sie haben ihre Sache nur für sich und schließen sich ein und halten sich verborgen, wollen alle Einflüsse von außen her von sich abwenden und verlieren allmählich alles Gefühl für ihre Mitwelt - sowohl in der Freude als im Leid. Schon darin sieht man das Verkehrte dieser Art von Andacht und Frömmigkeit: denn wo bleibt da die Bruderliebe? wo die allgemeine Liebe?
Auch sonst ist es gar häufig, daß jedes für sich seinen Heiland will, aber in der Gemeinschaft keinen Fuß hat. Da bleibt immer die Liebe zurück, namentlich die Liebe, die andern auch gerne ins Licht hinein helfen würde - und was ist alle Andacht ohne solche Liebe? Bei den meisten, die ernster sein wollen, muß es hierin besser werden, daß sie einen Zug zur Gemeinschaft der Kinder Gottes bekommen, daß sie sich mit allen freuen, mit allen leiden, sich für die andern zu opfern verstehen. Solches ist die echte, wahre Frömmigkeit. Ist sie doch so der Anfang dessen, was im Himmel werden soll, da alle zusammen eines sind in Gott dem Vater und Seinem Sohne Jesus Christus durch den Heiligen Geist.
Wollen wir's denn so machen! Wollen wir uns ineinander finden, unser Herz auch für andere schlagen, unser Gemüt auch für anderer Leid und Freude offen lassen und nicht immer selbstsüchtig nur in uns hineinsehen - dabei wir des Segens der Gemeinschaft mehr oder weniger verlustig gehen! Der größte Segen ist immer der, den man mit vielen gemein hat; und den wolle der HErr uns schenken nach Seiner Barmherzigkeit! (Christoph Blumhardt)

12:27 Ihr seid aber der Leib Christi und Glieder, ein jeglicher nach seinem Teil.

12:28 Und GOtt hat gesetzt in der Gemeinde aufs erste die Apostel, aufs andere die Propheten, aufs dritte die Lehrer, danach die Wundertäter, danach die Gaben, gesund zu machen, Helfer, Regierer, mancherlei Sprachen.

12:29 Sind sie alle Apostel? Sind sie alle Propheten? Sind sie alle Lehrer? Sind sie alle Wundertäter?

12:30 Haben sie alle Gaben gesund zu machen? Reden sie alle mit mancherlei Sprachen? Können sie alle auslegen?
Unter denen, welche über die Gemeinde gesetzt waren, waren auch solche, die nicht mit mancherlei Sprachen reden, auch selbige nicht auslegen konnten. Mithin ist nicht schlechterdings nothwendig, daß ein Pfarrer allerlei Sprachen können muß. Nun ist es höchst nöthig, daß es Leute giebt, die in den Sprachen, besonders in den Grundsprachen recht geübt sind. Wenn Dr. Luther die Sprachen und besonders die Grundsprachen nicht erlernt hätte, so hätte das große Werk der Reformation nicht durch ihn geschehen können, und auch seine Uebersehung, welche so vielen Leuten zum Nutzen ist, wäre unterblieben. Weil das göttliche Wort sehr viele Sachen in sich enthält, und kein Mensch allein solche alle versteht und einsieht, so muß es immerdar in der Kirche Leute geben, welche in der Grundsprache recht bewandert sind, damit der Eine diese, und der Andere eine andere Wahrheit, je nach dem er Erfahrung und Einsicht hat, vermittelst der Grundsprachen recht auslegen kann. Gleichwie es aber zwar nöthig ist, daß es Leute giebt, welche das Feld bauen und Früchte pflanzen, dennoch aber daraus nicht folgt, daß ein jeder Mensch ein Bauer werden müsse, sondern der Bauer pflanzt auch für andere Leute; also ist zwar nöthig, daß sich einige Leute recht auf die Sprachen legen, dennoch aber muß man auch Leute von andern Gaben haben, die sich das, was die Sprachverständigen herausbringen, zu Nutz machen. Es wäre freilich etwas Gutes und Schönes, wenn Einer Alles lernen könnte, wie es gut wäre, wenn man seine Speisen selbst pflanzen und zubereiten könnte, damit man nichts Betrügliches und Schädliches genießen dürfte. Allein Gott hat eine solche Ordnung gemacht, daß ein Mensch den andern braucht, und daß auch ein Mensch dem andern glauben und trauen muß. Wie muß man z. B. einem Bäcker, Metzger, Wirth rc. trauen? Weil zu den Sprachen vornehmlich ein gutes Gedächtniß erfordert wird, und hingegen viele junge Leute kein sonderliches Gedächtniß haben, so kann man diejenigen nicht schlechterdings für untüchtig zum Studiren halten, welche sich in dem Gedächtniß nicht auszeichnen, sondern man muß auch auf andere Gaben sehen. (Johann Flattich)

12:31 Strebet aber nach den besten Gaben! Und ich will euch noch einen köstlichern Weg zeigen.
Es giebt übernatürliche Gaben des h. Geistes, wie die, fremde Sprachen zu sprechen, die, Kranke zu heilen, die, die Zukunft zu verkünden. Diese außerordentlichen Gaben hatte Gott in der ersten Kirche den Gläubigen auf eine gewisse Zeit und mit Maaß bewilligt. Es giebt aber auch natürliche Gaben, in denen wir keine Unterbrechung der bekannten Gesetze der Natur sehen; diese sind in Beziehung auf das Herz eine triumphirende Freude, ein vor unsern Augen umgewandelter Glaube, eine Art Vorgenuß der Privilegien des Himmels; in Bezug auf den Geist die Gabe zu lehren und zu überzeugen, die hinreißende Beredtsamkeit, das tiefe Verständniß der Schrift, und im Allgemeinen alle Gaben, die zum Dienst der Kirche und des Glaubens verwendet werden können. Nach diesen Gaben folgen endlich noch schwächere Gaben, es ist die Demuth, durch welche der Gläubige sich alle Tage vor Gott vernichtet und die Andern für besser hält als sich selbst; es ist die Treue, welche in den kleinen Dingen eben so wenig unrecht sein will wie in den großen; es ist die Reinheit der Sitten und der Gedanken, welche den Tempel, in welchem der heilige Geist zu wohnen würdigt, unversehrt bewahrt; es ist die Wahrheit, welche für den größten Vortheil ihre Lippen nicht der kleinsten Lüge öffnen würde; es ist die Zufriedenheit des Geistes, welche alle Verluste ohne Murren erträgt, weil der wahre Schatz ihr nicht geraubt werden kann; es ist die Thätigkeit, die sich immer daran erinnert, daß das Reich Gottes nicht in Worten, sondern in Werken besteht; es ist die Menschenliebe, die abwechseln mitempfindet, tröstet, erleuchtet, betet, weder zu lästern noch zu verachten weiß, Alles duldet und Alles entschuldigt, und sich an der Wahrheit erfreuet. Diese Gaben hat selten Einer alle. Gottlob, daß Paulus diese geringeren, wie er sagt, schwächeren Gaben für die nothwendigsten erklärt! Thäte er es nicht, ich wäre völlig vergeblich auf dieser Welt. Nun aber kann ich auch ein Glied am Körper der Kirche sein und etwas nützen. Möchte ich es auch nur recht thun und treu erfunden werden! Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 13

13:1 Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönend Erz oder eine klingende Schelle.

13:2 Und wenn ich weissagen könnte und wüßte alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, also daß ich Berge versetzte, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts.

13:3 Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib brennen und hätte der Liebe nicht, so wäre mir's nichts nütze.

13:4 Die Liebe ist langmütig und freundlich; die Liebe eifert nicht; die Liebe treibt nicht Mutwillen; sie blähet sich nicht;

13:5 sie stellet sich nicht ungebärdig; sie suchet nicht das Ihre; sie lässet sich nicht erbittern; sie trachtet nicht nach Schaden;

13:6 sie freuet sich nicht der Ungerechtigkeit; sie freuet sich aber der Wahrheit;

13:7 sie verträget alles, sie glaubet alles, sie hoffet alles, sie duldet alles.

13:8 Die Liebe höret nimmer auf, so doch die Weissagungen aufhören werden, und die Sprachen aufhören werden, und die Erkenntnis aufhören wird.

13:9 Denn unser Wissen ist Stückwerk, und unser Weissagen ist Stückwerk.

13:10 Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören.

13:11 Da ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und war klug wie ein Kind und hatte kindische Anschläge; da ich aber ein Mann ward, tat ich ab, was kindisch war.
Paulus lehrt hier, was die Natur mit sich bringe, daß nämlich junge Leute anders, als die Männer seien, daß sie andere Neigungen, eine andere Sprache, andere Geberden und andere Handlungen haben, als man im männlichen Alter habe. Es bringt aber die Natur in jungen Jahren nicht nur allerlei Kindereien und Bübereien mit sich, sondern es bringt auch die Natur mit sich, daß man solche selbst zu seiner Zeit, nämlich im männlichen Alter ablege: denn, da ich ein Mann ward, so that ich ab, was kindisch war, wie man auch an den Thieren sieht, daß sie als jung „barren“, und solches, wenn sie älter werden, von selbst unterlassen. Ich habe schon oft Gott gedankt, daß dieser Spruch in der Bibel steht, indem ich bei der heutigen Art, da man so sehr auf das Schöne und Frühzeitige sieht, mir nicht zu helfen wüßte. Es sind in diesem Spruch zwei Lehren, und zwar l) daß man jungen Leuten auch Kindereien und Bübereien gestatten müsse, und 2) daß man die Zeit erwarten solle, da sie solche selbst ablegen. Es giebt aber unterschiedliche Ursachen, warum man keine Kinderei und Büberei gestatten will; denn Einige denken nicht zurück, wie sie in jungen Jahren gewesen und meinen, junge Leute sollen eben auch so sein, wie sie jetzt sind; Einigen sind Kindereien und Bübereien unerträglich, weil sie moros sind, und keine Freude an jungen Leuten haben; Einige Machen sich eine besondere Ehre daraus, daß sie so gesetzte und gescheite Kinder haben und lassen deßwegen keine Kinderei und Büberei aufkommen; Einige sorgen, die Kindereien und Bübereien möchten jungen Leuten hangen bleiben; Einige machen es in der Kinderzucht bloß Andern nach, entweder aus Unwissenheit, oder aus Menschengefälligkeit oder aus einem Vorurtheil. Es giebt auch Leute, welche zwar wohl einsehen, daß die Natur die Kindereien und Bübereien mit sich bringe; aber sie können nicht warten, bis junge Leute solche selbst ablegen, und suchen deßwegen solche den jungen Leuten entweder mit Gewalt, oder durch Einprägung der Schande, oder durch Erregung des Ehrgeizes abzuthun. Wenn man nun Achtung giebt, was es für Folgen hat, wenn man bei jungen Leuten keine Kinderei und Büberei leiden will, daß sie theils schüchtern, verdrießlich und kränklich, theils lieblos, theils hochmüthig, theils heimtückisch werden; es geschiehet auch, wann sie Lust bekommen, so findet man, daß sie alsdann desto kindischer und bübischer sind. Es ist aber ein großer Unterschied zwischen Kindereien und Bübereien und zwischen Sünden. Denn jene fallen von selbst weg, diese aber bleiben und nehmen zu. Gleichwohl aber kann man auch den Kindereien und Bübereien nicht den völligen freien Lauf lassen, indem sonst ein wildes Wesen entstehen würde; es erfordert oft auch die Roth oder gewisse Umstände, daß man wenigstens zu gewissen Zeiten der Kinderei und Büberei Einhalt thun muß. Weil es zweierlei junge Leute giebt, nämlich gute und böse, so findet man auch zwischen beiderlei Kindereien und Bübereien einen merklichen Unterschied, wenn man Achtung giebt, was Gutes und Böses mit solchen unterläuft. Ungeachtet die Kindereien und Bübereien in den männlichen Jahren abgelegt werden, so müssen sie dennoch nützlich sein, weil die Natur nichts umsonst thut: ja, es wäre eine Frage, ob man ohne Kindereien und Bübereien ein rechter Mann werden könnte. (Johann Flattich)

13:12 Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunklen Wort, dann aber von Angesicht zu Angesichte. Jetzt erkenne ich's stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin.

13:13 Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.
Das ist ein Hochgesang, ein Psalm auf die Liebe, wie es keinen zweiten in der Welt giebt. Wer kennte ihn nicht von seiner Jugend an? Wer hätte ihn nicht schon auswendig gelernt? Er verdient, daß ihn alle Kinder in der Schule auswendig lernen, wie denn das auch in guten Schulen geschieht. Paulus beschreibt den Korinthern die Liebe, weil sie, verleitet von Eitelkeit, mit andern Gaben oft lieber prunkten, als daß sie in der Liebe ihr Christenthum bewiesen. Wenn aber Paulus sie so herrlich beschrieb, so konnte er’s, weil er sie selbst in seinem Herzen trug, weil er nur durfte ausströmen lassen, wovon sein Herz voll war, und weil er ein Bild vor sich hatte, von welchem er alle Züge entnahm, das Bild Jesu Christi, dessen Liebe ihm klar vorleuchtete und die er alle Tage von neuem erfuhr an seinem Herzen. Es ist dreierlei, was Paulus von der christlichen Liebe rühmt: 1) ihren Vorzug vor allen andern, auch den höchsten Vorzügen V. 1-3. 2) ihre segensreichen Wirkungen und Offenbarungen V. 4-7. 3) ihre ewige Dauer V. 8-13. Wenn man das so liest, so geht’s Einem wie mit einem herrlichen Bilde, das mit allem Glanze einer himmlischen Schönheit und Wahrheit in die Augen leuchtet und das keines Auslegers weiter bedarf, der seine Vorzüge besonders heraushebt. Es bleibt Einem nur übrig, in tiefster Seele zu verstummen, und frei von aller eitlen Empfindelei an sich die Frage zu halten: „wie? wenn nun einst ich nach dem Maaßstabe dieser Liebe gerichtet werde?“; nach der Frage den Wunsch laut werden zu lassen: o daß sie in meinem Herzen wohnte, mich erfüllte, mich ganz in Gottes Bild gestaltete! und den Wunsch in das Gebet zu verwandeln: „Herr, gieb mir diese Liebe; vergieb mir, was ich bisher gegen sie gesündiget habe; gieße Deinen eignen Liebesgeist über mich aus, damit ich liebe, wie Du uns geliebet hast und in Liebe mit Dir im Reich der Liebe ewig vereint bleibe.“ Amen. (Friedrich Arndt)
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Die genannten drei: Glaube, Hoffnung, Liebe, bleiben, d. h. sie können uns nicht genommen werden, wenn wir sie nicht freiwillig hergeben. Es sind Güter des Herzens, die dem Menschen ganz eigen sind, über die Niemand anders gebieten kann. Wenn wir unsern inneren Menschen darauf hin richten, dann kann kein König und Kaiser da eingreifen. Welt und Satan können uns alles nehmen, aber diese drei Stücke nimmermehr, wenn wir einmal im Glauben JEsum ergriffen haben, oder wenn wir's eben uns nicht nehmen lassen wollen. Sie haben wir in unserer Gewalt; und es ist Untreue oder Krankheit, wenn sie sich bei uns verlieren. Wer bei gesunden Sinnen sich diese drei: Glaube, Hoffnung, Liebe, nehmen läßt, der giebt sich selbst auf, und muß immer sagen, es fehle eben an ihm, und sei ganz seine Schuld. Warum lässest du dir's nehmen? Etwa den Glauben an den, der droben im Himmel waltet, warum lässest du dir denn den nehmen? Das ist ein schlechtes Kind, das sich das nehmen läßt. Einem leiblichen Kinde fällt es nicht ein, daß es je denken sollte, sein Vater und seine Mutter seien sein Vater und seine Mutter nicht. Wenn der Vater, wie es denn unverständige, harte Väter giebt, sein Kind fast totschlägt, so sagt das Kind immer noch Vater; und wenn die Mutter es fast verhungern läßt, so nennt das Kind sie doch noch Mutter, und weiß es doch eigentlich nicht, glaubt es nur, weil man's ihm gesagt hat, daß es sein Vater und daß es seine Mutter sei. Darum sage ich noch einmal: Wenn wir bei gesunden Sinnen uns den Glauben, daß wir Kinder des Vaters im Himmel sind, nehmen lassen, wenn wir das Kindschaftsgefühl, wie wir's namentlich um JEsu willen haben dürfen und sollen, uns nehmen lassen, so geben wir uns selbst ans: und wer ist Schuld an allem Elend, das daraus folgt? So ist es auch mit der Hoffnung. Wenn wir uns ans Jenseits, das Ziel unserer Hoffnung, nicht mehr anzuklammern wissen, wie mögen wir in den Stürmen dieser Welt bestehen? Da müssen wir wohl untersinken; aber warum lassen wir uns die Hoffnung nehmen?
Am allermeisten aber fehlt's, wenn die Liebe nicht bleibt, wie sie sollte und könnte, wenn wir sie festhalten wollten. Von dieser Liebe heißt es : „Sie ist die größeste unter ihnen.“ Bekommt ein Mensch ein kaltes Herz, giebt er sich dem Ärger, Neid, Zorn, der Rachsucht hin, dann wankt alles. Verliert ein Mensch sein Gemüt, - denn dieses erstirbt, wenn die Liebe weicht, - dann kann man ihm für nichts mehr stehen, auch nicht für seinen Glauben und nicht für seine Hoffnung. Im Gemütsleben liegt ja auch der Glaube, sofern er ein Vertrauen, eine Zuversicht ist; und im Gemütsleben liegt die Hoffnung, die vor Sehnsucht das Herz schwellen macht. Wenn nun dieses Gemütsleben sich nicht liebend äußert und liebend Herzen anzuziehen weiß, dann kommt der Mensch zurück, immer weiter zurück, auch im Glauben und in der Hoffnung. So gibts allerdings Menschen genug, die von diesen drei Hauptstücken rein nichts mehr haben.
Gott bewahre uns und helfe uns, daß wir uns nicht Eines von den Dreien nehmen lassen. Die Liebe festhalten muß aber das Wichtigste seyn. Denn wenn auch, etwa durch Anfechtungen der Finsternis, unser Glaube wanken will, wenn unsre Hoffnung verdunkelt werden will, lasset uns nur die Liebe uns nicht nehmen. Das ist das Kläglichste, wenn man sich die Liebe nehmen läßt, die man schon damit festhalten könnte, daß man sie nur übte. Ist sie da, dann ist der Glaube nicht weit, und ist die Hoffnung nicht weit; und am Ende reicht man, wenn das Gefühl von Glauben und Hoffnung, wie es in krankhaften Anfechtungen wohl geschehen mag, gewichen scheint, mit der Liebe aus. Gott helfe uns neben Glauben und Hoffnung vornehmlich lieben! (Christoph Blumhardt)

Kapitel 14

14:1 Strebet nach der Liebe! Fleißiget euch der geistlichen Gaben, am meisten aber, daß ihr weissagen möget.

14:2 Denn der mit der Zunge redet, der redet nicht den Menschen, sondern GOtt. Denn ihm höret niemand zu; im Geist aber redet er die Geheimnisse.

14:3 Wer aber weissaget, der redet den Menschen zur Besserung und zur Ermahnung und zur Tröstung.

14:4 Wer mit Zungen redet, der bessert sich selbst; wer aber weissaget, der bessert die Gemeinde.

14:5 Ich wollte, daß ihr alle mit Zungen reden könntet, aber viel mehr, daß ihr weissagetet. Denn der da weissaget, ist größer, denn der mit Zungen redet, es sei denn, daß er es auch auslege, daß die Gemeinde davon gebessert werde.

14:6 Nun aber, liebe Brüder, wenn ich zu euch käme und redete mit Zungen, was wäre ich euch nütze, so ich nicht mit euch redete entweder durch Offenbarung oder durch Erkenntnis oder durch Weissagung oder durch Lehre?

14:7 Hält sich's doch auch also in den Dingen, die da lauten und doch nicht leben, es sei eine Pfeife oder eine Harfe; wenn sie nicht unterschiedliche Stimmen von sich geben, wie kann man wissen, was gepfiffen oder geharfet ist?

14:8 Und so die Posaune einen undeutlichen Ton gibt, wer will sich zum Streit rüsten?

14:9 Also auch ihr, wenn ihr mit Zungen redet, so ihr nicht eine deutliche Rede gebet, wie kann man wissen, was geredet ist? Denn ihr werdet in den Wind reden.

14:10 Zwar es ist mancherlei Art der Stimmen in der Welt, und derselbigen ist doch keine undeutlich.

14:11 So ich nun nicht weiß der Stimme Deutung, werde ich undeutsch sein dem, der da redet, und der da redet, wird mir undeutsch sein.

14:12 Also auch ihr, sintemal ihr euch fleißiget der geistlichen Gaben, trachtet danach, daß ihr die Gemeinde bessert, auf daß ihr alles reichlich habet.

14:13 Darum, welcher mit Zungen redet, der bete also, daß er's auch auslege.

14:14 So ich aber mit Zungen bete, so betet mein Geist; aber mein Sinn bringet niemand Frucht.

14:15 Wie soll es aber denn sein? Nämlich also: Ich will beten mit dem Geist und will beten auch im Sinn; ich will Psalmen singen im Geist und will auch Psalmen singen mit dem Sinn.

14:16 Wenn du aber segnest im Geist, wie soll der, so anstatt des Laien stehet, Amen sagen auf deine Danksagung, sintemal er nicht weiß, was du sagest?

14:17 Du danksagest wohl fein; aber der andere wird nicht davon gebessert.

14:18 Ich danke meinem GOtt, daß ich mehr mit Zungen rede denn ihr alle.

14:19 Aber ich will in der Gemeinde lieber fünf Worte reden mit meinem Sinn, auf daß ich auch andere unterweise, denn sonst zehntausend Worte mit Zungen.

14:20 Liebe Brüder, werdet nicht Kinder an dem Verständnis, sondern an der Bosheit seid Kinder; an dem Verständnis aber seid vollkommen.

14:21 Im Gesetz stehet geschrieben: Ich will mit andern Zungen und mit andern Lippen reden zu diesem Volk, und sie werden mich auch also nicht hören, spricht der HErr.

14:22 Darum so sind die Zungen zum Zeichen, nicht den Gläubigen, sondern den Ungläubigen; die Weissagung aber nicht den Ungläubigen, sondern den Gläubigen.

14:23 Wenn nun die ganze Gemeinde zusammenkäme an einem Ort und redeten alle mit Zungen, es kämen aber hinein Laien oder Ungläubige, würden sie nicht sagen, ihr wäret unsinnig?

14:24 So sie aber alle weissageten und käme dann ein Ungläubiger oder Laie hinein, der würde von denselbigen allen gestraft und von allen gerichtet.

14:25 Und also würde das Verborgene seines Herzens offenbar, und er würde also fallen auf sein Angesicht, GOtt anbeten und bekennen, daß GOtt wahrhaftig in euch sei.

14:26 Wie ist ihm denn nun, liebe Brüder? Wenn ihr zusammenkommt, so hat ein jeglicher Psalmen, er hat eine Lehre, er hat Zungen, er hat Offenbarung, er hat Auslegung. Lasset es alles geschehen zur Besserung!

14:27 So jemand mit der Zunge redet oder zween oder aufs meiste' drei, eins ums andere; so lege es einer aus.

14:28 Ist er aber nicht ein Ausleger, so schweige er unter der Gemeinde, rede aber sich selber, und GOtt,

14:29 Die Weissager aber lasset reden, zween oder drei, und die andern lasset richten.

14:30 So aber eine Offenbarung geschieht einem andern, der da sitzet, so schweige der erste.

14:31 Ihr könnet wohl alle weissagen, einer nach dem andern, auf daß sie alle lernen und alle ermahnet werden.

14:32 Und die Geister der Propheten sind den Propheten untertan.

14:33 Denn GOtt ist, nicht ein GOtt der Unordnung, sondern des Friedens wie in allen Gemeinden der Heiligen.

14:34 Eure Weiber lasset schweigen unter der Gemeinde; denn es soll ihnen nicht zugelassen werden, daß sie reden, sondern untertan sein, wie auch das Gesetz sagt.

14:35 Wollen sie aber etwas lernen, so lasset sie daheim ihre Männer fragen. Es stehet den Weibern übel an, unter der Gemeinde reden.

14:36 Oder ist das Wort GOttes von euch auskommen, oder ist's allein zu euch kommen?

14:37 So sich jemand lässet dünken, er sei ein Prophet oder geistlich, der erkenne, was ich euch schreibe; denn es sind des HErrn Gebote.

14:38 Ist aber jemand unwissend, der sei, unwissend.

14:39 Darum, liebe Brüder, fleißiget euch des Weissagens und wehret nicht, mit Zungen zu reden.

14:40 Lasset alles ehrlich und ordentlich zugehen!
In der korinthischen Gemeinde hatte sich im Gebrauch der wunderbaren Gaben, welche der heilige Geist der ältesten Kirche verliehen, eine falsche und bedenkliche Richtung entwickelt. zuerst wurde diejenige Gabe, welche am meisten im Dienste einer stürmischen Begeisterung stand, die Gabe, mit Zungen oder in fremden Sprachen zu reden, welche außer dem Redenden keiner verstand, überschätzt, und anderen Gaben unbillig vorgezogen, namentlich dem Weissagen, d.h. dem vernünftigen Reden zur Belehrung und Erbauung der Gemeinde, wozu doch eben so gut, als zu jenem, die Gabe durch außerordentliches Wirken des Geistes auf ihre Bitte ihnen verliehen wurde. Sodann war die Meinung herrschend, man müsse sich selbst und Anderen im Gebrauch dieser Gaben kein Maaß vorschreiben, sondern wen die Begeisterung ergreife, der müsse sich ihr völlig überlassen ohne irgend eine andere Rücksicht. Daraus waren die größten Unordnungen und Mißbräuche in den gottesdienstlichen Versammlungen der Gemeinde entstanden. Diesen Unordnungen sucht nun der Apostel durch die nachdrücklichsten Ermahnungen und weisesten Vorschriften zu steuern, lehrt den Vorzug des Weissagens für die gemeinschaftliche Erbauung und erinnert durch die aufgestellten Grundsätze daran, daß Gott ein Gott der Ordnung sei. Aus Ordnung entsteht Friede und Segen, aus Unordnung Streit und Spaltung. Es ist immer Mangel an Demuth und Selbsterkenntniß, wenn man sich nicht fügen will, auch in äußerlichen Dingen, unter die bestehenden Vorschriften und Gebräuche. Die Wahrheit richtet sich nicht nach uns, wir müssen uns nach ihr richten; nicht sie beherrschen wollen, sondern ihr dienen. Christi Geist ist ein Geist der Liebe und der Zucht. Herr, laß mich nie aus Deiner Zucht fallen, ich bedarf ihrer, so lange ich lebe, und mache die äußere Zucht mir zugleich immer zu einer innern. Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 15

15:1 Ich erinnere euch, aber, liebe Brüder, des Evangeliums, das ich euch verkündiget habe, welches ihr auch angenommen habt, in welchem ihr auch stehet,

15:2 durch welches ihr auch selig werdet, welcher Gestalt ich es euch verkündiget habe, so ihr's behalten habt, es wäre, denn, daß ihr's umsonst geglaubet hättet.

15:3 Denn ich habe euch zuvörderst gegeben, welches ich auch empfangen habe, daß Christus gestorben sei für unsere Sünden nach der Schrift,

15:4 und daß er begraben sei, und daß er auferstanden sei am dritten Tage nach der Schrift,

15:5 und daß er gesehen worden ist von Kephas, danach von den Zwölfen.

15:6 Danach ist er gesehen worden von mehr denn fünfhundert Brüdern auf einmal, deren noch viel leben, etliche aber sind entschlafen.

15:7 Danach ist er gesehen worden von Jakobus, danach von allen Aposteln.

15:8 Am letzten nach allen ist er auch von mir, als einer unzeitigen Geburt, gesehen worden;

15:9 denn ich bin der geringste unter den Aposteln, als der ich nicht wert bin, daß ich ein Apostel heiße, darum daß ich die Gemeinde GOttes verfolget habe.

15:10 Aber von GOttes Gnaden bin ich, das ich bin, und seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen, sondern ich habe viel mehr gearbeitet denn sie alle, nicht aber ich, sondern GOttes Gnade, die mit mir ist.

15:11 Es sei nun ich oder jene, also predigen wir, und also habt ihr geglaubet.

15:12 So aber Christus geprediget wird, daß er sei von den Toten auferstanden, wie sagen denn etliche unter euch, die Auferstehung der Toten sei nichts ?

15:13 Ist aber die Auferstehung der Toten nichts, so ist auch Christus nicht auferstanden.

15:14 Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsere Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich.

15:15 Wir würden aber auch erfunden falsche Zeugen GOttes, daß wir wider GOtt gezeuget hätten, er hätte Christum auferwecket, den er nicht auferwecket hätte, sintemal die Toten nicht auferstehen.

15:16 Denn so die Toten nicht auferstehen, so ist Christus auch nicht auferstanden.

15:17 Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube eitel, so seid ihr noch in euren Sünden,

15:18 so sind auch die, so in Christo entschlafen sind, verloren.

15:19 Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christum, so sind wir die elendesten unter allen Menschen.

15:20 Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten und der Erstling worden unter denen, die da schlafen,
Wenn Christus der Erstling von den Toten genannt wird, so widerspricht das dem nicht, was wir kürzlich in der Leidensgeschichte hörten, daß auf den Tod Christi hin viele Heilige auferstanden und nach Seiner Auferstehung in die heilige Stadt gekommen und vielen erschienen seien. Denn wenn es auch diesen, die lange geharret hatten, jetzt im Voraus gegeben wurde, so geschah es doch in Folge dessen, was es mit Christo werden sollte. Christus bleibt dennoch der Erstling, der Gründer der Auferstehung. Er will aber alle, die durch des Teufels List dem Tode verfallen waren, verfallen sind, und hätten noch verfallen sollen, ans den Banden des Todes herauswinden und zur Herrlichkeit Seines Vaters führen, zu der sie von Anfang an bestimmt gewesen sind. Wie es vom ersten Adam an immer weiter hinabgegangen ist, bis in die tiefste Höllenkluft hinunter, so geht's vom zweiten Adam an wieder aufwärts, und hebt sich eines nach dem andern aus nach oben, zuerst geistlich und bei der Auferstehung auch leiblich; und der Tod wird zuletzt ein Spott, daß es heißen darf: „Tod, wo ist dein Stachelt Hölle, wo ist dein Sieg?“ (1. Kor. 15, 55.)
Vorbildlich erfahren wir es hier schon, was es um Auferstehungskräfte ist; denn wer an Christum glaubt, bei dem wird vieles anders. Es erneuert sich vieles, seine Gedanken und Sinne verändern sich; und demgemäß gestaltet sich sein ganzes Benehmen und Wesen verschieden gegen dem, was es weiland gewesen ist. Es kehren bei ihm ein: Frohsinn, Liebe, Friede, Ruhe, ein besonnener Wandel, Heilung von Gebrechen Leibes und der Seele; er ist einem Auferstandenen ähnlich. Wenn wir freilich besser glaubten und kindlicher würden, auch um ein neues Wesen mehr eiferten, würde das Auferstehen des Menschen zu göttlicher Kraft viel sichtbarer seyn, als es in der Regel ist, wiewohl es immerhin bei Einzelnen, besonders wenn sie schnell aus tiefem Verderben erwachen, sehr auffallend ist, wie sie sich nach allen Seiten zu ihrem Vorteil verändern.
Ein Wiederbringen des Verlorenen ist es, was JEsus erzielt; und wenn endlich alle, die in den Gräbern sind, werden auferstanden seyn, freilich nur der eine Teil zur Auferstehung des Lebens, wenn sodann aller Tod wird aufgehoben sein, dann ist die Auferstehung Christi zum vollen Sieg gekommen. Unterdessen bleibt uns noch viel Seufzen auch darüber übrig, daß uns in unsern Tagen viel von den jetzt schon vorrätigen Auferstehungskräften Christi abhanden gekommen ist. Möchten die Gläubigen darum kämpfen, daß uns alles wieder erstattet werde, was zur Verherrlichung des Christi unter allen Völkern dienlich und nötig ist! (Christoph Blumhardt)

15:21 sintemal durch einen Menschen der Tod und durch einen Menschen die Auferstehung der Toten kommt.

15:22 Denn gleichwie sie in Adam alle sterben, also werden sie in Christo alle lebendig gemacht werden.

15:23 Ein jeglicher aber in seinerOrdnung. Der Erstling Christus, danach die Christo angehören, wenn er kommen wird.

15:24 Danach das Ende, wenn er das Reich GOtt und dem Vater überantworten wird, wenn er aufheben wird alle Herrschaft und alle Obrigkeit und Gewalt.

15:25 Er muß aber herrschen, bis daß er alle seine Feinde unter seine Füße lege.

15:26 Der letzte Feind, der aufgehoben wird, ist der Tod.

15:27 Denn er hat ihm alles unter seine Füße getan. Wenn er aber sagt; daß es alles untertan sei, ist's offenbar, daß ausgenommen ist, der ihm alles untertan hat.

15:28 Wenn aber alles ihm untertan sein wird, alsdann wird auch der Sohn selbst untertan sein dem, der ihm alles untertan hat, auf daß GOtt sei alles in allen.

15:29 Was machen sonst, die sich taufen lassen über den Toten, so allerdinge die Toten nicht auferstehen? Was lassen sie sich taufen über den Toten?

15:30 Und was stehen wir alle Stunde in der Gefahr?

15:31 Bei unserm Ruhm den ich habe in Christo JEsu, unserm HErrn, ich sterbe täglich.

15:32 Hab' ich menschlicher Meinung zu Ephesus mit den wilden Tieren gefochten, was hilft's mir, so die Toten nicht auferstehen? Lasset uns essen und trinken; denn morgen sind wir tot.

15:33 Lasset euch nicht verführen! Böse Geschwätze verderben gute Sitten.
Auch Christen bedürfen noch dieser Warnung, indem gar leicht aus dem immer noch unreinen Herzen in unbewachten Augenblicken allerlei sündige und ärgerliche Worte hervorgehen. Darum meiden wir Gesellschaften und Unterhaltungen, die schlüpfrig sind oder spöttisch oder in denen nach Art der Weisheit dieser Welt die göttlichen Wahrheiten bezweifelt und bestritten werden. So warnt Gottes Wort auch: „Lasset euch niemand verführen mit eitlen Worten; denn um dieser willen kommt der Zorn Gottes über die Kinder des Unglaubens.“ (Eph. 5,6) Wie leicht kommt es unter gewissen Verhältnissen vor, daß auch Christen sich hinreißen lassen zu leichtsinnigen Gesprächen, Narrenteidingen (eigentlich „Torenreden“) und Schwänken und sich so der Welt gleichstellen. Es wird nicht lange dauern, und die Welt nimmt unser ganzes Herz in Beschlag. Gespräche und Witze, die den Zartsinn verletzen, trüben das Gewissen und dämpfen den Heiligen Geist.
Doch nicht nur schlechte Geschwätze, sondern auch unnütze Worte sind verderblich für unsere Seele. Jesus sagt Mat. 12,36: „Ich sage euch, daß die Menschen müssen Rechenschaft geben von einem jeglichen unnützen Wort, das sie geredet haben.“ Das Wort, das im Griechischen für „unnütz“ steht, heißt eigentlich „ohne Werk, ohne Arbeit, nichts ausrichtend.“ Es sind Worte, die innerlich keine Arbeit brauchten beim Sprechenden und nichts bewirken beim Hörenden. Unnütz sind Worte, die unserem Nächsten weder für den Leib, noch für die Seele nützlich sein können. Was zur Erweckung, zur Erbauung, Lehre, Strafe, Ermahnung, Warnung, Tröstung tauglich ist, das ist nütze (vgl. 2.Tim. 3,16). Und auch Worte, die zur Bildung der Menschen, zur Erweiterung ihrer Kenntnisse und zur Mehrung ihres Verstandes dienen, sind nützlich. (Hermann Heinrich Grafe)

15:34 Werdet doch einmal recht nüchtern und sündiget nicht; denn etliche wissen nichts von GOtt, das sage ich euch zur Schande.
Freue dich, meine Seele, dein Jesus lebt, und du sollst auch leben! Wer wollte sich wünschen einen Augenblick zu leben, wenn Jesus nicht lebte, der das Leben unseres Lebens und der Trost unserer Seele ist? Ach, gieb doch, mein Heiland, daß ich auch aus dem Grabe der Sünden recht möge herausgehen und die Bande, die mein geistliches Leben hindern, möge zurücklassen, und hervorgehen, in einem neuen Leben zu wandeln. Laß auch meine geistlichen Feinde zu meinen Füßen liegen, und laß mich über sie einen Sieg nach dem andern davon tragen. Lebe Du in mir, Herr Jesu, und erweise Dich kräftig durch Dein Wort und Geist in meinem Herzen, daß das laue und kaltsinnige Wesen, das mir noch anklebt, möge verschwinden. Ach, es betrübt mich, daß ich noch so träge und schläfrig bin in allen meinen heiligen Uebungen: laß doch den Geist des Lebens über die Todtengebeine wachen, daß sie einmal recht aufleben. Mache mich inbrünstiger in meinem Gebet, feuriger in der Liebe, fester und stärker im Glauben, und fröhlicher in der Hoffnung, daß ich durch alle Hindernisse meines Fleisches und Blutes eifriger durchbreche, und sagen könne: „Nun lebe ich, aber nicht mehr ich, Christus lebt in mir,“ und also Dir, meinem Heilande, in meinem ganzen Leben recht lebendig nachfolge; und wenn dann endlich mein Sterbestündlein kommt, so offenbare den Trost Deiner Auferstehung recht kräftig an mein Herz. Wenn ich dann schon wandle im finstern Thal des Todes, so will ich doch kein Unglück fürchten; denn Du, o Fürst des Lebens, bist bei mir, und Dein Hirtenstab tröstet mich, daß Du mich, Dein Schäflein, das Du kennest, das Dir folget, das Deiner Stimme gehorcht, nicht wirst zurücklassen, sondern mir geben das ewige Leben. Das Grab soll mich nun nicht schrecken, weil Du, mein Heiland, auch mein Grab geheiligt und zu meiner Ruhekammer gemacht hast. Ich will nun gern sterben, da Du, mein Jesus, lebst. Da Du, das Haupt, bist auferstanden, wirst Du Deine Glieder nicht im Grabe lassen, sondern mich auferwecken zum ewigen Leben. Hallelujah. (Friedrich Arndt)

15:35 Möchte aber jemand, sagen: Wie werden die Toten auferstehen; und mit welcherlei Leibe werden sie kommen?

15:36 Du Narr, was du säest, wird nicht lebendig, es sterbe denn.

15:37 Und was du säest, ist ja nicht der Leib, der werden soll, sondern ein bloßes Korn, nämlich Weizen oder der andern eines.

15:38 GOtt aber gibt ihm einen Leib, wie er will, und einem jeglichen von den Samen seinen eigenen Leib.

15:39 Nicht ist alles Fleisch einerlei Fleisch, sondern ein ander Fleisch ist der Menschen, ein anderes des Viehes, ein anderes der Fische, ein anderes der Vögel.

15:40 Und es sind himmlische Körper und irdische Körper. Aber eine andere Herrlichkeit haben die himmlischen und eine andere die irdischen.

15:41 Eine andere Klarheit hat die Sonne, eine andere Klarheit hat der Mond, eine andere Klarheit haben die Sterne; denn ein Stern übertrifft den andern an Klarheit.

15:42 Also auch die Auferstehung der Toten. Es wird gesäet verweslich und wird auferstehen unverweslich.

15:43 Es wird gesäet in Unehre und wird auferstehen in Herrlichkeit. Es wird gesäet in Schwachheit und wird auferstehen in Kraft.

15:44 Es wird gesäet ein natürlicher Leib, und wird auferstehen ein geistlicher Leib. Hat man einen natürlichen Leib, so hat man auch einen geistlichen Leib,

15:45 wie es geschrieben stehet: Der erste Mensch, Adam, ist gemacht ins natürliche Leben und der letzte Adam ins geistliche Leben.

15:46 Aber der geistliche Leib ist nicht erste, sondern der natürliche, danach der geistliche.

15:47 Der erste Mensch ist von der Erde und irdisch; der andere Mensch ist der HErr vom Himmel.

15:48 Welcherlei der irdische ist, solcherlei sind auch die irdischen; und welcherlei der himmlische ist, solcherlei sind auch die himmlischen.

15:49 Und wie wir getragen haben das Bild des irdischen, also werden wir auch tragen das Bild des himmlischen.

15:50 Davon sage ich aber, liebe Brüder, daß Fleisch und Blut nicht können das Reich GOttes ererben; auch wird das Verwesliche nicht erben das Unverwesliche,

15:51 Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen wir werden aber alle verwandelt werden,

15:52 und dasselbige plötzlich, in einem Augenblick, zu der Zeit der letzten Posaune. Denn es wird die Posaune schallen und die Toten werden auferstehen unverweslich, und wir werden verwandelt werden.

15:53 Denn dies Verwesliche muß anziehen das Unverwesliche, und dies Sterbliche muß anziehen die Unsterblichkeit.

15:54 Wenn aber dies Verwesliche wird anziehen das Unverwesliche, und dies Sterbliche wird anziehen die Unsterblichkeit, dann wird erfüllet werden das Wort, das geschrieben stehet:

15:55 Der Tod ist verschlungen in den Sieg. Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg?

15:56 Aber der Stachel des Todes ist die Sünde; die Kraft aber der Sünde ist das Gesetz.

15:57 GOtt aber sei Dank, der uns den Sieg gegeben hat durch unsern HErrn JEsum Christum!

15:58 Darum, meine lieben Brüder, seid fest, unbeweglich und nehmet immer zu in dem Werk des HErrn, sintemal ihr wisset, daß eure Arbeit nicht vergeblich ist in dem HErrn.
Noch heut zu Tage geht es den Ungläubigen, wie damals den Sadducäern, sie sagen: „es giebt keine Auferstehung der Todten, denn wir können ihre Möglichkeit nicht begreifen, folglich ist sie nicht wahr; wenn noch die Leiche bliebe und unverändert nach Jahrhunderten noch so wäre, wie sie wenige Stunden nach dem Tode ist, dann wäre der Glaube leichter; aber ach nicht einmal eine Leiche bleibt die Leiche, auf den Tod folgt die Verwesung. Wo sind die Leichen der Verstorbenen von Abel an? Man findet ihre Spur nicht, sie sind wie vernichtet.“ Paulus antwortet: du Narr, solch ein Schluß wäre unvernünftig und thöricht, das du säest, wird nicht lebendig, es sterbe denn; was ihr als einen Beweis gegen die Möglichkeit der Auferstehung anführt, ist ja gerade das, ohne welches keine Auferstehung möglich wäre. Tod und Verwesung ist ja auch nicht Vernichtung, sondern der Weg zum Leben und zur Auferstehung. Woher kommt das Leben des Samenkorns? Vom Tode. Woraus entstehen Pflanzen und Blumen und Bäume? Aus der Verwesung. Dem kleinen, geringen Korn nun sollte dieser Weg ein Weg zum Leben sein, dem Menschen aber, dem Könige der Schöpfung, derselbe Weg ein Weg der Vernichtung? Nimmermehr! Das kleine Korn bestätigt die große Verheißung der Auferstehung. Gott hätte aus dem Samenkorn auf andere Weise Pflanzen und Blumen und Bäume hervorbringen können aber Er hat ihm diesen Weg durch Tod und Verwesung zum Leben angewiesen, uns zu gut, damit das Schauerliche und Grausenhafte des Weges durch die Verheißung seines Worts und durch die lieblichen Bilder und Gleichnisse um uns her verdrängt, und selbst das Schrecklichste, die Verwesung, uns tröstlich und erfreulich würde. Für diese herablassende und belehrende Gnade danke ich und preise seinen Namen! Der Gedanke an Tod und Verwesung soll mir nun immer vertrauter und erfreulicher werden. Fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, anhaltend am Gebet will ich meinen Weg fortwandeln. Es ist noch eine Ruhe vorhanden dem Volk Gottes. Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 16

16:1 Von der Steuer aber, die den Heiligen geschieht, wie ich den Gemeinden in Galatien geordnet habe, also tut auch ihr.

16:2 Auf je der Sabbate einen lege bei sich selbst ein jeglicher unter euch und sammle, was ihn gut dünkt, auf daß nicht, wenn ich komme, dann allererst die Steuer zu sammeln sei.

16:3 Wenn ich aber darkommen bin, welche ihr durch Briefe dafür ansehet, die will ich senden, daß sie hinbringen eure Wohltat gen Jerusalem.

16:4 So es aber wert ist, daß ich auch hinreise, sollen sie mit mir reisen.

16:5 Ich will aber zu euch kommen, wenn ich durch Mazedonien ziehe; denn durch Mazedonien werde ich ziehen.

16:6 Bei euch aber werde ich vielleicht bleiben oder auch wintern, auf daß ihr mich geleitet, wo ich hinziehen werde.

16:7 Ich will euch jetzt nicht sehen im Vorüberziehen; denn ich hoffe, ich wolle etliche Zeit bei euch bleiben, so es der HErr zuläßt.

16:8 Ich werde aber zu Ephesus bleiben bis Pfingsten.

16:9 Denn mir ist eine große Tür aufgetan, die viele Frucht wirket, und sind viel Widerwärtige da.

16:10 So Timotheus kommt, so sehet zu, daß er ohne Furcht bei euch sei; denn er treibet auch das Werk des HErrn wie ich.

16:11 Daß ihn nun nicht jemand verachte! Geleitet ihn aber im Frieden, daß er zu mir komme; denn ich warte sein mit den Brüdern.

16:12 Von Apollos, dem Bruder, aber wisset, daß ich ihn sehr viel ermahnet habe, daß er zu euch käme mit den Brüdern, und es war allerdinge sein Wille nicht, daß er jetzt käme; er wird aber kommen, wenn es ihm gelegen sein wird.

16:13 Wachet, stehet im Glauben, seid männlich und seid stark!

16:14 Alle eure Dinge lasset in der Liebe geschehen.

16:15 Ich ermahne euch aber, liebe Brüder, ihr kennet das Haus Stephanas, daß sie sind die Erstlinge in Achaja und haben sich selbst verordnet zum Dienst den Heiligen,

16:16 auf daß auch ihr solchen untertan seiet und allen, die mitwirken und arbeiten.

16:17 Ich freue mich über die Zukunft Stephanas und Fortunatus und Achaicus; denn wo ich euer Mangel hatte, das haben sie erstattet.

16:18 Sie haben erquicket meinen und euren Geist. Erkennet, die solche sind!

16:19 Es grüßen euch die Gemeinden in Asien. Es grüßen euch sehr in dem HErrn Aquila und Priscilla samt der Gemeinde in ihrem Hause.

16:20 Es grüßen euch alle Brüder. Grüßet euch untereinander mit dem heiligen Kuß.

16:21 Ich, Paulus, grüße euch mit meiner Hand.

16:22 So jemand den HErrn JEsum Christum nicht liebhat, der sei Anathema, Maharam Motha.

16:23 Die Gnade des HErrn JEsu Christi sei mit euch!

16:24 Meine Liebe sei mit euch allen in Christo JEsu! Amen.
Jesum nicht lieb haben, hält der größte Theil der Menschen für die kleinste Sünde. Man denkt nicht einmal daran, ob es Sünde sei. Paulus aber spricht: “So Jemand den Herrn Jesum nicht lieb hat, der sei Anathema, das ist, verflucht, verbannt. Dieser Fluch bedeutet nicht nur, daß ein solcher Mensch ein Abscheu in Gottes Augen ist, sondern daß auch aller göttliche Zorn ihn verfolgen soll. Für die eine Sünde, Jesum nicht lieb zu haben, soll der Sünder alle schmerzhaften Empfindungen von Gottes Ungnade, ein angstvolles Gewissen, eine ewige Qual haben. Mit dem Worte Anathema wird ihm alles Anrecht und Genuß der Erlösung, alle Gemeinschaft mit den Heiligen auf Erden und im Himmel, aller Segen seines Wortes, seine Verheißungen und Heilsmittel abgesprochen, so lange er ein Feind Jesu bleibt. – Meine Seele, empfinde ein Schaudern! So lange du keine Buße und göttliche Veränderung an dir erfahren hast, so lange hast du Jesum nicht lieb. Du wirst ohne Liebe zu ihm geboren, und wenn du, nachdem du erkannt hast, wie hoch Er sich um dich verdient gemacht hat, dennoch seine Wohlthaten wenig achtest, den Gedanken von Ihm scheuest, mit keiner Zärtlichkeit für Ihn eingenommen bist, und eines seiner Gebote muthwillig unterlässest, so sind das lauter Zeichen, daß du seinen Fluch verdienst. Anathema ist über dich ausgesprochen, und an jedem Tage deines Lebens, so lange der Heiland dein Herz und deine Sehnsucht nicht besitzt, wirst du im Himmel von allen Engel Gottes unter die gezählt, vor deren Umgang und Gesellschaft sie fliehen. – Arme Seele! Dein Leib trägt vielleicht ein weiches Kleid; die Welt nennt dich mit großen Titeln, und vor Gott hast du nicht Gnade, sondern Fluch; genießest hienieden nichts von den Seligkeiten, die Jesus erworben hat, hast keinen Geschmack daran, fühlest oft geheime Angst, und von der Gemeinschaft der Gläubigen und ihrer Mitgenossen im Himmel weißt du gar nichts. Höre es, Jesus möchte dich gern segnen: verdamme nur die Gleichgültigkeit, die du gegen Ihn hast, da Er dir doch nichts Böses gethan, vielmehr deinen Fluch auf sich genommen und dir den Segen erworben hat. O Jesu, zünde, vermehre die Liebe zu Dir in meinem Herzen. Amen. (Friedrich Arndt)