Augustinus, Aurelius - Manuale - XII. Von der geistlichen Freude.

Du süße Liebe und Du liebe Süße, lass meinen Leib Dich genießen und meine Seele mit dem Wein Deiner Liebe getränkt werden; dann soll mein Herz eine feine Rede von sich geben. O Du Liebe, Du mein GOtt, Du süßer Honig, Du schneeweiße Milch, Du bist eine Speise der Starken! Lass mich in Dir erstarken, dass ich Dein mit gesundem Munde genießen könne. Du bist mein Leben, durch welches ich lebe, meine Hoffnung, der ich anhange, meine Ehre, die ich zu erlangen trachte, Halte Du mir mein Herz, regiere Du mein Gemüt, lenke Du den Sinn, richte Du meine Liebe an, erhebe meinen Geist und ziehe den Mund meines nach Dir dürstenden Geistes zu den droben fließenden Wassern. Stille doch die Unruhe des Fleisches. Lass verstummen die Phantasien über Erde, Wasser, Lust und Himmelslauf; lass vergehen die Träume und eingebildeten Offenbarungen, alle Zungen, alle Zeichen und was nur vergänglicher Art ist. Lass die Seele selbst in sich stille sein und an ihr selbst vorbeigehen, also dass sie nicht ihrer, sondern Deiner, o mein GOtt gedenkt; denn Du bist fürwahr meine völlige Hoffnung und Zuversicht. Denn in Dir, meinem GOtte und unserm süßesten, gütigsten und gnädigsten HErrn JEsu Christo hat ein Jeder unter uns sein Teil, sowohl Fleisch als Blut. Wo daher mein Teil herrscht, da hoffe ich auch zu herrschen; wo mein Blut regiert, da glaube ich auch zu regieren; wo mein Fleisch herrlich verklärt ist, da muss ich auch verherrlicht werden. Bin ich gleich ein Sünder, so setze ich doch durchaus keinen Zweifel in diese Gnadengemeinschaft. Weisen mich auch meine Sünden ab, meines JEsu Wesen erfordert sie; und schließen mich auch meine Missetaten aus, so verwirft mich doch die Gemeinschaft der beiden Naturen nicht. Amen.