Inhaltsverzeichnis

Stockmayer, Otto - Römer 13

(Ein Auszug aus seinem Buch „Aus Glauben in Glauben“)

XXXVIII. Der Obrigkeit untertan

Das dreizehnte Kapitel beginnt mit den Worten: „Jedermann sei untertan der Obrigkeit“ oder wie es in der Elberfelder Bibel heisst: „Jede Seele unterwerfe sich den obrigkeitlichen Gewalten.“ Der Sozialismus sagt: „Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche.“ Man will sich keiner obrigkeitlichen Ordnung unterwerfen und damit ist die Auflösung gegeben. Wenn jeder herrschen und niemand gehorchen will, so hört alles auf. Darum hat uns Gott eine Obrigkeit gegeben, die in Seinem Namen regiert. Wer sich wider die Obrigkeit setztet, widerstrebt Gottes Ordnung; er lehnt sich nicht nut gegen Menschen, sondern gegen Gott auf, bekommt es daher aber auch mit Gott zu tun.

Wir haben die Obrigkeit nicht zu kritisieren, ihr nicht aufzudrängen, wie wir es gerne hätten, sondern wir haben uns unter die gegebenen Staatsordnungen zu beugen in der Furcht Gottes und Gott zu danken, dass es überhaupt noch eine Obrigkeit gibt, unter deren Schutz wir stehen, unter deren Schutz wir Gott dienen und unsere Aufgabe erfüllen dürfen. Ist einmal keine Obrigkeit mehr da, dann wir die Auflösung durch alles hindurch gehen.

Vers 1-2: „Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat; denn es ist keine Obrigkeit ohne von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott verordnet. Wer sich nun wider die Obrigkeit setzt, der widerstrebt Gottes Ordnung; die aber widerstreben, werden über sich ein Urteil empfangen.“ Wer sich wider die Obrigkeit setzt, verfällt damit der Strafe, dem Gericht.

Vers 3: „Die Gewaltigen sind nicht den guten Werken zu fürchten, sondern den bösen. Willst du dich aber nicht fürchten vor der Obrigkeit, so tue Gutes so wirst du Lohn von ihr haben.“ Wenn wir Gutes tun. Wenn wir Gutes tun, haben wir nichts von der Obrigkeit zu befürchten, wohl aber, wenn wir Finsterniswerke tun.

Ja, gewiss, heilige Furcht sind wir der Obrigkeit und vor allem Gott schuldig, der die Obrigkeit eingesetzt hat und diese heilige Furcht treibt uns, in den Linien Gottes und Seiner Gebote zu wandeln, ohne zu fragen, was andere uns schuldig sind. Wir fragen nur, was wir anderen schuldig sind. Gott sei Dank, dass wir noch Ordnungen, Gesetzte und Gerichte haben.

Inmitten der gegenwärtigen Stürme, die durch die Welt gehen, ist es sehr fraglich, wie lange das noch sein wird. Wenn wir uns vor der Obrigkeit und den Machthabern nicht fürchten wollen, so gibt es einen sehr einfachen Weg für uns, nämlich den: „Gutes zu tun“. Da bleiben wir aber nicht bei den irdischen Machthabern stehen, sondern wir gehen tiefer, wir gehen zurück auf Gottes Wort und auf das Gewissen. Unser Gewissen sagt uns, was wir dem Nächsten schuldig sind. Willst du in Frieden bleiben, so übe das Gute, dann wirst du Lob von der Obrigkeit erhalten.

Vers 4: „Denn sie ist Gottes Dienerin dir zu gut. Tuest du aber Böses, so fürchte dich; denn sie trägt das Schwert nicht umsonst: Sie ist Gottes Dienerin, eine Rächerin zur Strafe über den, der Böses tut.“ Wir sollen nicht nach Menschenlob trachten, aber unbedingt darnach der Obrigkeit gegenüber unsere Schuldigkeit zu tun. Nicht um der Strafe willen sind wir der Obrigkeit untertan, sondern um des Gewissens willen zu Gott. Wir wollen es Gott recht machen, indem wir der Obrigkeit gehorchen und dem Nächsten in rechter Weise dienen. Wir wollen ein gutes Gewissen haben in unsren Beziehungen zu anderen und dem Gesetz gegenüber.

Es gibt viele Dinge, um derenwillen die Obrigkeit, die äussere Gesetzgebung, uns nicht straft, aber unser Gewissen geht weiter. Es ist der Richerstuhl Gottes und sagt uns, was Gott von uns fordert. Wenn wir treulich tun, was uns unser Gewissen sagt, so werden wir nie in Konflikt mit der Obrigkeit geraten. Ein gutes Gewissen ist das kostbarste Gut, das es gibt. Wie herrlich, wenn uns unser Gewissen nichts vorhält und wie viel herrlicher noch, wenn uns der Heilige Geist bezeugt, dass wir Gott wohl gefallen.

Ob die Menschen mit uns zufrieden sind, das ist Nebensache; denn gerade wenn wir es Gott um jeden Preis recht machen wollen, werden wir uns oft Missverständnisse gefallen lassen müssen. Aber lieber, viel lieber wollen wir Missverständnisse auf uns nehmen, als zurück bleiben hinter dem, was Gott von uns erwartet.

Vers 5-7: „Darum ist's not, untertan zu sein, nicht allein um der Strafe willen, sondern auch um des Gewissens willen. Deshalb müsst ihr auch Steuer geben; denn sie sind Gottes Diener, die solchen Schutz handhaben. So gebet nun jedermann, was ihr schuldig seid: Steuer dem die Steuer gebührt; Zoll wem der Zoll gebührt; Ehre, dem die Ehre gebührt.“ Bezahlt eure Steuern Das ist ein wichtiger Punkt, dass man seine Steuern ganz bezahlt, nicht etwa dem Staat einen Teil davon hinterziehen. „Denn sie ist Gottes Dienerin,“ und Gottes Dienerin soll nichts von uns verkürzt werden. Angestellte Gottes haben wir hoch zu achten. Also gebt jedermann, was ihr schuldig seid. Handelt es sich um Steuern, so versteuert was zu versteuern ist. Handelt es sich um Zoll, so schmuggelt nichts über de Grenzen, handelt es sich um Ehrfurcht, so gebt Ehre und Furcht, oder beides zusammen.

Was den Zoll und die Steuern betrifft, so sind das zwei Dinge, betreffs sich auch Kinder Gottes erst an Gehorsam gewöhnen müssen. Ist das Gewissen nicht göttlich geschult, so macht man sich einfach nichts daraus, dieses oder jenes über die Grenze zu schmuggeln, weil es einfach so gang und gäbe ist in der Welt. Kinder Gottes dürfen sich dergleichen nie erlauben, sie wollen vor Gott und Menschen ein gutes Gewissen bewahren. Ob man auch zuweilen in Bezug auf den gebührenden Zoll etwas übernommen wird, das ist nicht die Frage, sondern es handelt sich darum, dass wir tun, was Vorschrift ist.

XXXIX. Laufende Schuld

Vers 8 kommt der Apostel dann auf eine laufende Schuld, die jederzeit abgetragen werden muss. „Seid niemand etwas schuldig.“ heisst es, „als dass ihr euch unter einander liebet; denn wer den anderen liebet, der hat das Gesetz erfüllt. Die Liebe ist des Gesetzes Erfüllung,“ und da kommt es natürlich nicht darauf an, ob die Anderen liebenswürdig sind. Liebenswürdige Leute lieb zu haben, das ist keine Kunst. Das bringt der natürliche Mensch auch fertig.

Aber Charaktere, die uns zu schaffen machen, die nicht mit uns harmonieren, die uns durch ihren blossen Gesichtsausdruck reizen, gegen die wir immer etwas einzuwenden haben, diese zu lieben, dazu Bedarf es der Gnade und dazu gibt Gott reichlich Gnade. Nichts bildet mehr unseren Charakter und nichts reift uns besser für die Herrlichkeit, als wenn wir uns treulich in der Liebe üben denen gegenüber, die anders gestaltet sind, als wir und deren natürliches Wesen uns nicht sympathisch ist. Gerade solche brauchen wir zu unserer Ergänzung, nicht solche, mit denen wir harmonieren, sondern solche, denen wir Handreichung tun können. So baut sich der Leib Christi auf.

Keine andere Schuld sollt ihr haben, als eine laufende Schuld, die sich fortwährend erneuert, auch wenn man sie bezahlt. Das ist gegenseitige Liebe, nicht fleischliche, seelische Liebe, nicht eine Liebe, die sich auf diejenigen beschränkt, die einem wohlwollen und die einem die erwiesene Liebe zurück geben, sondern eine Liebe die unabhängig ist von dem Charakter, Temperament und Wesen des andern. Wir haben so zu lieben, wie Gott liebt. Diese Liebe, mit der Gott liebt, ist die Liebe die ausgegossen ist in unsere Herzen durch den Heiligen Geist.

Das ist der höchste Adel den ein Menschkind haben kann, wenn es Macht hat, zu lieben und das Böse mit Liebe zu überwinden. Das ist gross, edel und majestätisch, das ist die Würde, mit der uns nur das Evangelium ausstattet und krönt. Wer den Nächsten liebt, hat damit das Gesetz erfüllt; denn damit ist alles gesagt. Wahre Liebe ist Selbsthingabe, nicht Suche nach dem eigenem Leben, indem man in anderen sich selbst und seine Befriedigung sucht, sondern es ist Selbstaufopferung, ein Fragen nach dem, was dem Nächsten dient

Vers 9: „Denn das da gesagt ist: du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht töten; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsch Zeugnis geben; dich soll nichts gelüsten und so ein anderes Gebot mehr ist, das wird in diesem Wort zusammen gefasst: Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst.“ Der natürliche Mensch sorgt für seine eigenen Bedürfnisse und so sollen Geistesmenschen, aus Gott Gezeugte, Wiedergeborene, in eine neue Welt hineingeborene, offene Augen haben für das, was dem Nächsten dient und sie sollen schauen, wie sie ohne Aufdringlichkeit dem anderen Handreichung tun können.

Um wirklich dienen zu können, muss man abwarten, wo sich in den Bedürfnissen des Nächsten eine Lücke zeigt. Lücken ausfüllen zu dürfen ist eine grosse Gnade für uns und solche Lücken sind immer vorhanden, wäre es nur ein freundliches Wort, ein liebevoller Blick oder ein Händedruck in böser Stunde.

Alle Gebote, welche es auch seien, sind erfüllt in dem einen: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von deiner ganzen Seele und von ganzem Gemüte und deinen Nächsten wie dich selbst.“ Wer das tut wird nicht ehebrechen, wird auch nicht ein Weib ansehen, ihrer zu begehren. Er wird nicht töten, dem anderen keinen Schaden zufügen. Er wird nicht stehlen, nichts an sich reissen, was dem Nächsten gehört, sondern wird ihm die Anerkennung und Liebe zu Teil werden lassen, die er braucht. Gestohlenes Gut gedeiht nicht. Das ruiniert und schwächt unseren sittlichen Menschen.

Geben ist seliger als nehmen. Durch Geben bereichert man sich. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Da sehe einmal der natürliche Mensch zu, wie er das fertig bringt. Das bringt nur die Gnade fertig. „Wer sein Leben verliert, der wird es gewinnen.“ Wer nicht stehen bleibt bei dem, was er zu fordern hat, der reift heran zur Statur Christi, und was er an irdischem Genuss drangibt, das wird ihm reichlich mit Schätzen der oberen Welt vergolten, weil er in der Liebe lebt.

Vers 10: „Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. So ist nun die Liebe des Gesetzes Erfüllung.“ Die Liebe kann dem Nächsten an den Augen absehen, was er gerne möchte, aber sie tut ihm damit nur dann Gutes, wenn sie es im Geiste Gottes tut. Wer im Geiste liebt kann auch widerstehen wo auf fleischlichem Boden Ansprüche an ihn gemacht werden. Die Liebe ist die Zusammenfassung des Gesetzes. Das ganze Gesetz kann zusammen gefasst werden in den Doppelton: Liebe zu Gott und Liebe zu dem Nächsten.

Dieser ganze Abschnitt, wie schliesslich alle Gebote des Neuen Testaments, wurzelt in der Stellung, die uns das sechste Kapitel des Römerbriefes gezeichnet hat, in der Stellung von Mitgekreuzigten. Das wahre Kind Gottes ist der Welt gekreuzigt und die Welt ist ihm gekreuzigt. Mit Christus Gekreuzigte haben nichts mehr zu suchen in dieser Welt, sie haben dem wahren und lebendigen Gott an anderen zu dienen, in Seinem Volke, im engeren und weiterem Kreise.

Überall soll man in uns Gekreuzigte finden, die nichts mehr vom Leben erwarten. Sie haben mit dem Leben abgeschlossen, fürchten sich vor nichts mehr, nehmen aber um so dankbarer an, was Gott ihnen an Erquickung und Liebe schenkt, alles auf Geistesboden. Und nun eine weitere Ermahnung. Der Apostel erinnert an den Ernst der Zeit. Alle Ermahnungen gewinnen ein doppeltes Gewicht in ernster Stunde. Und wir leben gegenwärtig in einer sehr ernsten Zeit. Da ist keine Zeit zum Schlafen, zum Einnicken, zur Trägheit.

XL. Wachet, Wartet!

Vers 11+12: „Und weil wir solches wissen, nämlich die Zeit, dass die Stunde da ist, aufzustehen vom Schlaf, weil unser Heil jetzt näher liegt, denn da wir gläubig wurden. Die Nacht ist vorgerückt, der Tag aber nahe herbei gekommen: so lasset uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts.“ Die Stunde ist gekommen aufzuwachen. Das wissen die Krieger und machen sich bereit, auf den ersten Ruf ihren Mann zu stellen.

„Es ist jetzt unser Heil näher, denn da wir gläubig wurden.“ sagt der Apostel. Offenbar hat er den Herrn zu seinen Lebzeiten erwartet und das Jahr für Jahr in bestimmterer Weise. Unser Heil ist näher in dem Masse, indem wir älter werden, wir sind ihm näher gekommen. Ist aber auch die Erwartung der Wiederkunft Christi nicht in der Weise in Erfüllung gegangen, wie die ersten Christen dachten, so gilt dich das apostolische Wort. Wir rücken mit unserem Glaubensleben dem Herrn uns Seinem Kommen immer näher. Je tiefer wir in das Glaubensleben eingehen, umso näher rückt uns das Heil. Je tiefer wir in die Heiligung eindringen, umso mehr naht die endliche Erlösung. Sobald die Gemeinde Gottes vollendet ist, nimmt sie der Herr hinauf. Die Zeit von der, der Apostel hier redet, ist die Zeit während der Abwesenheit Jesu, die Zeit der Finsternis. Die Zeit der Entwicklung der Gemeinde ist vorgerückt. Schon der Apostel betrachtete sie als vorgerückt, um wie viel mehr müssen wir sie nach 19 Jahrhunderten für vorgerückt halten! Sie rückt immer mehr vor und es wird dunkel hier unten dunkler und heller.

Das Licht des Evangeliums leuchtet immer heller in der dunklen Nacht und je dunkler es wird, umso mehr soll unser Wandel Licht verbreiten in der Nacht des Abfalls des Unglaubens, des Mordens und Stehlens. Aber darum dürfen wir auch nichts mehr zu tun haben mit den Werken der Finsternis, darum müssen wir Lichtswaffen anziehen, auf dass das Licht durchbreche in das Dunkel unserer Stimmungen, Entschliessungen und Gemütsbewegungen. Es muss je länger wie mehr alles vom Licht durchleuchtet sein. Wir müssen so wandeln, dass man uns den Puls fühlen kann, dass wir nichts heimliches tun, wobei wir anderen nicht frei ins Auge blicken können.

Vers 13: „Lasset uns ehrbar wandeln als am Tage, nicht in Fressen und Saufen, nicht in Unzucht, nicht in Hader oder Neid. Sondern ziehet an den Herrn Jesus Christus.“

„Wandelt am Tage,“ nicht in Hader und Neid, nicht mit irgend jemand im Streit. Gegen solch böse Dinge, wie der Apostel sie hier aufzählt, in gröberer und feinerer Weise, sind wir nur gedeckt, wenn wir den Herrn Jesus Christus anziehen, unseren Waffenrock. Das ist der neue Mensch. Der alte Mensch, das sind wir in unserer Natur; der neue Mensch, das ist der Herr Jesus Christus, der Unbefleckte, der sich mitteilt durch Deinen Geist.

„So lebe nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir,“ hat der Apostel gesagt. Und Christus lebt in uns, soweit wir im Glauben wandeln und soweit wir dem Fleische keinen Vorschub leisten. Widersteht dem Fleische und seinen Begierden, entzieht ihm die Nahrung. Wir dürfen unseren Leib pflegen in der rechten Weise, dürfen Rücksicht nehmen auf unseren Leib in der Zucht Gottes, fleischlich aber, dürfen wir ihn nicht pflegen. Das Fleisch muss im Tode gehalten, muss unfruchtbar werden. Wenn wir im Geiste wandeln, so kann sich das Fleisch nicht geltend machen. Dann regiert uns die Geistesmacht und diese Geistesmacht ist vor allem ein Leben der Liebe, des Glaubens, der Hoffnung und des Gehorsams.