Gehalten am Sonntag, den 26. August 1877.
„Harre des Herrn; sei getrost und unverzagt und harre des Herrn.“
Ps. 27, 14. .
Engl. Üb.: „Warte des Herrn; sei guten Mutes und er wird dein Herz stärken; warte, sage ich, des Herrn.“
Des Christen Leben ist kein Kinderspiel. Alle, die auf die Pilgerschaft zur himmlischen Stadt gegangen sind, haben eine raue Straße gefunden, Sümpfe der Verzweiflung und Hügel der Beschwerde, Riesen zu bekämpfen und Versucher zu fliehen. Deshalb gibt es zwei Gefahren, deren Christen ausgesetzt sind; die eine ist, dass sie unter hartem Druck von dem Pfade abweichen, den sie verfolgen sollen, die andere ist, dass sie sich vor dem Misslingen fürchten und so in ihrem heiligen Laufe verzagten Herzens werden. Beide dieser Gefahren waren augenscheinlich dem David begegnet, und in diesem Texte veranlasst der Heilige Geist ihn, davon zu reden. „Denkt nicht“, scheint er zu sagen, „dass ihr im Irrtum seid, wenn ihr auf dem Glaubenswege bleibt; weicht nicht ab auf krumme Pfade der Klugheit, beginnt nicht auf einen Arm des Fleisches zu trauen, sondern harrt des Herrn“; und als wenn dies eine Pflicht wäre, die wir doppelt geneigt wären, zu versäumen, wiederholt er die Ermahnung und macht sie das zweite Mal noch ausdrücklicher: „Harre, sage ich, des Herrn.“ Haltet an mit eurem Glauben an Gott: beharrt im Wandeln nach seinem Willen; lasst nichts euch von eurer Lauterkeit ablenken, Lasst es nie von euch gesagt werden: „Ihr lieft fein. Wer hat euch aufgehalten, der Wahrheit nicht zu gehorchen?“ Und damit wir nicht verzagt werden, was die zweite Gefahr war, sagt der Psalmist: „Sei guten Muts und er wird dein Herz stärken.“ Es ist wirklich nichts da, weshalb du niedergedrückt sein solltest, es ist keine wirkliche Gefahr da, du bist sicher, so lange Gott lebt und Christus für dich bittet und der Geist Gottes in dir wohnt; deshalb sei nicht entmutigt und träume nicht einmal von Furcht. Sei nicht bange und ungläubig, sondern sei ein Mann; Harre des Herrn, sei guten Mutes und er wird dein Herz stärken.“ Der Gegenstand unserer heutigen Rede wird die Ermutigung derer sein, die in irgendwelchem Grade verzagt und niedergedrückt sind wegen der schwierigen Stellen des Weges oder des Widerstandes der Welt. Möge der göttliche Geist, dessen besonderes Geschäft es ist, der Tröster seines Volkes zu sein, nun das Freudenöl Allen geben, die da trauern, und Mut Allen, die da zittern.
Wir werden unseren Text in vier Teile einteilen. Zuerst, wir sollen Gottes warten; zweitens, der Mut soll aufrecht erhalten werden; drittens, das Warten auf Gott wird den Mut stärken; und viertens, die Erfahrung hat dies erprobt, denn David setzt sein eigenes Siegel zu dem Text, wenn er spricht: „Harre, sage ich, des Herrn.“ Als wollte er sagen: „Ich habe die Macht der Gemeinschaft mit Gott geprüft und erprobt, und gebe euch deshalb persönlich den Rat, dass ihr beständig des Herrn harrt und ihr werdet sehr gestärkt werden.
Zuerst denn, liebe Freunde, wir sollen Gottes warten, das Wort „warten“ ist so außerordentlich umfassend, dass ich ganz daran verzweifle, jede Schattierung seiner Bedeutung darzulegen. Das Mort „wandeln“ beschreibt beinahe das ganze christliche Leben und dies Wort „warten“ tut es auch; denn recht verstanden, ist harren ebenso wohl tätig als leidend, tatkräftig sowohl als geduldig, und zum Harren des Herrn bedarf es eben so viel heiligen Mutes, als zum Kriegen und Kämpfen mit seinen Feinden. Wir sollen auf den Herrn warten und dem Herrn aufwarten. 1) Was meinen wir mit dem „auf den Herrn warten, des Herrn warten?“ Ich sage zuerst, lasst uns auf den Herrn warten, wie der Bettler auf Almosen wartet an des reichen Mannes Tür. Wir sind sehr arm und dürftig, uns tut so Vieles Not, dass die ganze Welt uns nicht bieten kann, was wir brauchen. Nur in Gott ist die Abhilfe für die tiefe Armut unserer Seelen. Wir sind zu dieser Tür gegangen, Viele von uns, haben geklopft und gewartet und dabei sehr gnädige Antworten erhalten. Wenn Andere unter uns die Gnadentür noch nicht offen gesehen, lasst sie warten an den Türpfosten des Herrn, klopfen und auf sein Heil hoffen. Suchst du den Heiland und traust du ihm und hast du noch nicht den Frieden erhalten, der aus dem Glauben kommt? Dann fahre mit großer Dringlichkeit im Gebete fort und warte, daran gedenkend, dass der Segen es wert ist, auf ihn zu harren: er ist ein solcher Schatz, dass er des Wartens wert ist, er ist ein solcher Schatz, dass, wenn du ein ganzes Leben lang darauf zu warten hättest, ihn völlig zu erhalten, so würdest du wohl belohnt sein, wenn er käme. Warte, aber klopfe an während du wartest mit brünstigen Bitten und starkem Vertrauen, denn der Herr selber harrt darauf, dass er dir gnädig sei. Lass deinen Wunsch bis zur Angst steigen und lass den Klopfer an des Himmels Pforte niemals ruhen! Lass die Gnadentür wieder und wieder ertönen von deinen starken Schlägen daran. Der Herr ist denen freundlich, die auf ihn harren; er wird dir zu seiner Zeit antworten: es wird nie gesagt werden, dass Jemand leer von seiner Pforte hinweg gesandt sei. Er hat nicht im Verborgenen geredet an einem dunklen Ort der Erde, noch zu dem Samen Jakobs gesprochen: „Ihr sucht mein Angesicht vergeblich.“ Betet fort, glaubt fort, und so gewiss Gottes Verheißung wahr ist, wird er zu seiner Zeit euch ein Heil geben, dessen ihr euch bewusst seid, euer Haupt soll hoch über eure Feinde umher erhöht werden und ihr werdet euch freuen mit unaussprechlicher Freude und voller Herrlichkeit. Der Teufel heißt euch mit dem Gebete aufhören; er sagt euch, dass der geringe Glaube, den ihr habt, euch niemals erretten wird. Glaubt ihm nicht, steht fest, betet fort, glaubt fort, wartet fort; obgleich die Weissagung verzeucht, harrt ihrer; sie wird kommen; sie wird nicht ausbleiben. Der Herr gebe euch Gnade, in aller Demut zu warten, denn was seid ihr, als Bettler, und Bettler müssen nicht wählerisch fein; es ist gut, dass ein Mensch hoffe und ruhig warte auf das Heil Gottes, denn die auf ihn harren, sollen nicht zu Schanden werden. Das Kreuz zu umfassen, an dem Altar der Versöhnung unseres Herrn zu bleiben, das ist das Sicherste. Gläubig auf den Herrn zu warten, den allvermögenden Namen Jesu anzurufen, ist des Bittenden beste Stellung.
Ich hoffe, Viele in diesem Gotteshause heute Morgen sind von dieser Stufe auf eine andere hinübergegangen; sie warten als Lernende auf die Unterweisung. Der Jünger wartet zu seines Meisters Füßen und wann es dem Lehrer gefällt zu sprechen, so ist des Jüngers Ohr geöffnet.
Maria saß zu Jesu Füßen. Einige stehen in dem Haufen, horchen ein wenig und dann gehen sie weg, aber der wahre Jünger bleibt in der Schule und wartet zu hören, was sein Meister sprechen will. Wir beugen uns zu seinen Füßen mit diesem demütigen Entschluss, dass wir hören wollen, was immer er sagt, und was auch seine Lehre, Vorschrift oder Verheißung sein mag, so wollen wir sie mit Freuden in uns aufnehmen. Die Schüler der alten Philosophen pflegten in den Hainen von Atademia umherzuwandeln, bis die Weisen bereit waren, zu kommen und mit ihnen zu sprechen; und wenn einer der Weisen zu sprechen begann, so folgten die jungen Schüler seinen Schritten und singen begierig jedes seiner kostbaren Worte auf. Viel mehr noch sollten wir so sein gegen den Herrn Jesum; lasst uns ihm auf jeder Seite des offenbarten Buches folgen, jede Zeile der Schöpfung studieren und von ihm lernen in allen Schickungen seiner Vorsehung. Lasst uns das leiseste Flüstern seines Geistes auffangen und jedem göttlichen Antriebe folgen. „Warte, sage ich, auf den Herrn.“ Wenn ihr unterrichtete Jünger werden wollt, so muss das durch fleißiges, geduldiges, ausdauerndes Warten auf ihn geschehen, der die Quelle aller Erkenntnis und die Sonne alles Lichtes ist. Mögen wir nie unserem Herrn vorauslaufen durch vermessene Spekulationen und eitle Einbildungen, sondern warten, bis er spricht und zufrieden sein, in Unwissenheit zu bleiben, bis es ihm gefällt, den Schleier wegzuziehen.
Eine dritte Form dieses Wartens wird erscheinen unter dem Bilde eines Dieners, der seinem Herrn aufwartet. Ein wahrer Diener ist begierig zu wissen, was sein Herr von ihm wünscht, und wenn er es einmal weiß, freut er sich, es zu unternehmen und durchzuführen. In großen Häusern fragen gewisse Diener am Morgen den Herrn des Hauses: „Was sind Ihre Befehle für heute?“ Ahmt dies nach und wenn ihr am Morgen aufsteht, wartet eurem Herrn immer auf, uni zu wissen, was seine Befehle für den Tag sind. Sprecht: „Zeige mir, was du willst, das ich tun soll. Lehre mich deinen Weg, 0 Herr, leite mich auf ebener Bahn. Unterweise mich, was ich suchen und was ich meiden soll, denn mein Wille ist, deinen Willen in allen Dingen zu tun.“ Bemerkt, wie die Mägde ihre Herrin ansehen, wenn sie bei Tische aufwarten oder im Hause dienen; ein Wort ist genug und manchmal ist ein Blick oder eine Bewegung des Kopfes alle Anleitung, die nötig tut; so sollte es mit uns sein, wir sollten eifrig wünschen, den Willen des Herrn zu kennen und sorgfältig die Anzeichen davon beobachten. Wie die Augen der Magd auf die Hand der Herrin sehen, so sollten unsere Augen auf den Herrn unseren Gott warten. Wir, die wir die Diener des Herrn Jesus sind, sollten überall umherblicken, um zu sehen, was wir im Hause Gottes tun können. Guten Dienern braucht man nicht jede Kleinigkeit zu sagen, ihnen liegt ihres Herrn Wohl am Herzen und sie bemerken selbst, was getan werden sollte und sie tun es., dass wir stets warteten, um immer mehr für Jesum zu tun. Ich möchte meines Herrn Haus auf und nieder gehen, um zu sehen, was ich für seine kleinen Kinder tun kann, die zu pflegen meine Freude ist; welchem Teil seines Hauses Fegen und Reinigen Not tut, damit ich ruhig umhergehen kann; welcher Teil des Tisches mit Speise versehen werden muss, damit ich als sein Haushalter Neues und Altes hervorbringe; was für meinen Herrn an Denen getan werden kann, die draußen sind und was für Die, welche schon in seinem Hause sind. Euch wird es nie an Arbeit mangeln, wenn ihr von ganzem Herzen dem Herrn aufwartet. Wir tun übel, wenn wir träge dastehen und gen Himmel schauen, auf sein Kommen warten und dies zum Vorwand machen, wenig oder nichts zu tun, um Seelen zu gewinnen: das Weiseste ist, als Solche, die ihren Herrn erwarten, zu stehen, unsere Lenden gegürtet und unsere Lampen bereit. Ihr wisst, was die Orientalen unter dem Gürten der Lenden verstanden, sie nahmen ihre weiten, flatternden Gewänder zusammen, wenn sie arbeiten wollten, wie ein schwer arbeitender Mann unter uns seinen Rock auszieht und in Hemdsärmeln arbeitet. Steht wie die Arbeiter mit auf: gekrempelten Ärmeln - das heißt auf Deutsch: bereit zu jedem Werk, das euer Meister anweist. Ihr zogt die Livree des Herrn Jesu vor Jahren an, als ihr in seinem Namen getauft wurdet; tragt Sorge, sie fleckenlos zu erhalten, denn sie steht in Verbindung mit einem sündlosen Fürsten. Macht nie durch Ungehorsam die Livree zu einer Lüge, denn wenn ihr nicht seine Diener seid, warum solltet ihr dann seinen Rock tragen? Geliebte, „wer seinem Herrn aufwartet, wird geehrt werden.“ Lasst es uns nicht an Aufwarten fehlen lassen.
Mitunter hat der Diener in gänzlicher Untätigkeit zu verharren, und dies ist nicht immer nach dem Geschmack energischer Gemüter. Ich denke, um Jericho 6 Tage lang herum zu gehen und nichts zu tun, muss den Kriegern sehr unangenehm gewesen sein, die zu fechten wünschten. Sie hätten sagen können: „Warum sollen wir und die ganze Menge um die Mauern herumgehen und nichts tun?“ Die Kriegsleute waren ungeduldig und sehnten sich gegen den Feind zu gehen. Es wird erzählt, dass Wellington bei Waterloo die Garden zurückgehalten, bis die Schlacht weit vorgeschritten, und es muss von ihrer Seite viel Mut dazu gehört haben, sollte ich meinen, ruhig zu bleiben, während die Geschütze donnerten und die Schlacht wütete und die Kugeln um sie der flogen. Sie dürfen sich nicht rühren, bis der Oberbefehlshaber die Order gibt: „Nun, Garden, auf sie!“ Dann werden sie reines Feld machen und den Feind vernichten. Sie dienten ihrem Land ebenso sehr durch Stillliegen, bis die Zeit kam, wie durch Vorwärtsbringen, als endlich der Befehl gegeben ward. Wartet also auf euren Herrn in aller Art von Dienst und Geduld, denn dies ist, was er von euch will.
Eine andere Form dieses Wartens kann mit dem Warten eines Reisenden auf die Anordnungen seines Führers verglichen werden oder mit dem Warten eines Seemanns auf den Lotsen, der sein Schiff in Obhut nehmen soll. Wir sollen auf Gottes Anweisungen warten in der ganzen Reise unseres Lebens; er ist am Ruder und seine Hand hat unseren Lauf zu steuern. Ich fürchte, einige Christen lassen es sehr an diesem Warten auf Gottes Führung fehlen, und doch schärfen die Vorbilder und Beispiele des Alten Testaments diese Pflicht sehr ein.
Das Vorbild soll Israel in der Wüste sein. Es war ein gerader Weg nach Kanaan und ich denke, man hätte nicht viele Tage gebraucht, um von Gosen nach Jerusalem zu wandern. Sie durften indes diesen Weg nicht nehmen, sondern mussten ihrem Führer folgen. Nachdem sie ein Jahr lang in der Wüste umhergezogen, hätten sie schnell das Land erreichen können, denn sie waren in der Tat seinen Grenzen sehr nahe; aber nein, sie, mussten gehen, wo die bekannte Säule, welche Gottes Gegenwart anzeigte, sie hinleitete. Wenn sie ein Jahr lang stehen blieb, so durften die Zelte nicht bewegt werden; wenn sie früh am Morgen sich erhob, wieder und wieder und wieder, eine ganze Reihe ermüdender Marschtage hindurch, durfte Israel nicht wagen zu ruhen, unter dem Schatten der Wolkensäule mussten sie bei Tage bleiben und ihr Licht musste bei Nacht ihre Leuchte sein. Überall mussten sie auf das himmlische Signal warten und nie ihren eigenen Pfad wählen. Beobachtet ihr die Wolke, meine Brüder? Wartet ihr auf des Herrn Führung? Sagt ihr beständig: „Ich bitte dich, zeige mir deinen Weg?“ Befehlt ihr euren eigenen Weg dem Herrn? Wenn nicht, wie wenig habt ihr das rechte Verhalten und Vorrecht des Volkes Gottes gelernt. Ich nehme ein Beispiel aus Davids eignem Leben. Wenn ihr das 14. Kap. im 1. Buch der Chronik beachtet habt, so habt ihr gelesen, dass David, von den Philistern bedroht, Gott fragte und sprach: „Soll ich hinauf ziehen?“ und er bekam zur Antwort: „Ziehe hinauf, ich habe sie in deine Hände gegeben.“ Ermutigt durch diese Antwort, ging er aus zum Angriff und schlug sie alle daselbst, und zertrennte sie „wie sich das Wasser zertrennt.“ Die Philister versammelten sich wieder im Tale und David hätte sich sicher fühlen können, wenn er sie überfiele. Was für weitere Anweisungen konnte er nötig haben? Galt nicht die frühere Antwort noch, nun dieselben Umstände wiederkehrten? Aber nein, der Mann Gottes fühlte sich nicht sicher, bis er die neue Sache wieder vor den Herrn gebracht hatte und es wird berichtet: „Und David fragte abermals Gott.“ Dies Mal war die Antwort sehr verschieden; vielleicht zu seinem eigenen Erstaunen erhielt David Befehl, nicht hinter den Philistern herzuziehen, sondern sich von ihnen wegzuwenden und an sie heranzukommen gegenüber den Maulbeerbäumen. Wenn er dann das Rauschen oben auf den Maulbeerbäumen hören würde, sollte er zum Streit herausfahren, aber nicht vorher. Er folgte den neuen Anweisungen und schlug wiederum das Heer der Philister. Bruder, warte oft auf den Herrn. Obgleich du weise warst in der letzten verwickelten Sache, so magst du ein Tor sein in der nächsten sehr einfachen Angelegenheit; in der Tat, gerade bei den einfachen Dingen machen wir unsere großen Versehen im Leben, wie Israel bei den Gibeoniten; als sie mit alten geflickten Schuhen und schimmligem Brote kamen, hätte ein halbes Auge genügen können, ihre List zu durchschauen, aber Israel handelte voreilig, aß Brot mit ihnen, machte einen Bund mit ihnen und fragte den Herrn nicht. Nicht so David, er war niemals langsam im Suchen der göttlichen Leitung. Ich bewundere das, was so gelegentlich in der Rede Ahimelechs, des Priesters zu Nob, herauskommt. Als Saul ihn beschuldigt, den Herrn für David gefragt zu haben, erwiderte Abimelech: „Habe ich denn heute erst angefangen, Gott für ihn zu fragen?“ als wollte er sagen: „Er ist ein alter Besucher der Höfe des Herrn, er hat Gott viele Male schon gefragt. Mich anzuklagen, weil ich den Herrn für ihn gefragt, als hätte ich Empörung angestiftet, ist ungerecht, denn ich tat nur für David, was ich schon oft für ihn getan.“ Daher kam es, dass David sich so weise benahm, weil er nicht seinem eigenen Urteil folgte, sondern auf den Herrn wartete. Es war ein Fall, wo er gegen Nabal in der Hitze seines Zorns vorschritt, wo er im eigenen Geiste ging und nicht unter himmlischen Einflüssen, und hätte der Herr nicht ein kluges Weib gesandt, seinen Pfad zu kreuzen, so würde er an dem Tage Blut vergossen haben und es wäre ihm ein Kummer im Herzen gewesen sein Leben lang. O, dass wir aufrichtiger von dem Herrn Unterweisung suchten über unseren Lebenspfad, dann würde er seine Verheißung an uns erfüllen: „Deine Ohren werden hören das Wort hinter dir sagen also her: Das ist der Weg, den selbigen geht.“
Ich habe noch das Wort „warten“ nicht erschöpft; denn wir sollten auf Gott warten, wie ein Kind auf seine Eltern wartet. Unsere Kinder können selten beschuldigt werden, dass sie geringe Erwartungen von uns hegen. Sie haben beinahe zahllose Wünsche und Bedürfnisse und sie erwarten immer, dass ihre Eltern bereit sind, sie zu erfüllen, in welchem Vertrauen sie, wie ich nicht zweifle, stark durch vergangene Erfahrung befestigt sind. Kein kleines Kind denkt daran, für sich selbst zu sorgen, oder seinen Weg im Leben selbst zu bestimmen. Ihr könnt den kleinen Kopf nicht dahin bringen, an die Speise für morgen zu denken; ihr könnt das kleine Herz nicht zwingen, sich um den nächsten Anzug zu quälen. Auf alle erhobenen Zweifel erwidern die kleinen Lippen: „Mein Vater weiß, was ich nötig habe und ich bin gewiss, er wird es mir geben.“ Dies ist das glückliche, ruhige Leben eines liebenden Kindes und so sollte es mit uns sein. Es ist meines Vaters Geschäft, für mich zu sorgen: sein Name ist Jehova-Jireh. Es ist meines Vaters Geschäft, mich zu bewahren; er hat seinen Engeln Auftrag gegeben, mich zu behüten in allen meinen Wegen. Es ist meines Vaters Geschäft, meine Zukunft zu bestimmen; ich kann nicht einmal in den morgenden Tag hinein sehen, meine Augen sind trübe, aber mein Vater weiß Alles, was sein soll und ist bereit für Alles, was geschieht, deshalb will ich auf ihn warten, keine Fragen aufwerfen und große Gnaden erwarten. Selig sind die, welche so im Warten erfunden werden.
Und dann kann ich vielleicht noch Eins hinzufügen, wir sollten auf den Herrn warten, wie ein Hofmann auf einen Fürsten wartet. Wer am Hofe ist und in Gunst zu steigen sucht, wartet auf seinen Fürsten mit dem Wunsche, in dem königlichen Dienste angestellt zu werden, damit er seinen loyalen Eifer zeigen könne. Er rechnet jede Anstellung am Hofe als eine große Ehre; er erzählt es seinen Freunden und sie betrachten es als einen Gegenstand der Beglückwünschung, dass er diese oder jene Arbeit für den König zu tun hat. Er freut sich, die Ehre und Würde seines fürstlichen Hofes zu vergrößern, denn er hat selber Anteil daran. Brüder, wie sorgfältig sollten ihr und ich versuchen, die Ehre unseres Herrn Jesus zu verkünden unter den Menschenkindern, denn hat er uns nicht zu Königen und Priestern gemacht und sollten wir nicht seinen herrlichen Namen für immer erheben? Wir sollten unseres Herrn Jesu Namen berühmt machen bis an der Welt Ende; unsere tägliche Unterhaltung, unser Wandel, unser Betragen im Privat- und öffentlichen Leben sollte alles darauf abzielen, unseres Herrn Ehre unter den Menschenkindern zu vermehren. Wir müssen zu Allem und jedem für Jesus bereit sein und dafür halten, dass wir durch Schmach geehrt werden, wenn wir ihm Ehre bringen. Sir Walter Raleigh war weise in seiner Art, als er seinen reich gestickten Mantel abnahm, ihn über eine schmutzige Stelle zu breiten, damit die Füße der Königin Elisabeth nicht nass würden; der Hofmann wusste seinen eigenen Weg zu ebnen, indem er für seine Königin sorgte; so lasst uns, aus selbstlosen Gründen, aus reiner Ehrfurcht für unseren Herrn, willig sein, der Straße gleich gemacht zu werden, wenn Jesus dadurch geehrt werden kann. Lasst uns das Beste, was wir haben, für unseren Herrn hingeben, selbst unseren guten Namen, der uns lieb ist wie unser Leben selbst, wenn wir dadurch dem heiligen und gesegneten Namen unseres Herrn Ehre bringen können. Von nun an leben wir dem Herrn und sterben dem Herrn. Wir wollen auf den Herrn warten und seinen Weg halten und möge seine Gnade uns täglich fähig machen, zu sprechen: „Ich warte auf den Herrn, meine Seele wartet, und auf sein Wort hoffe ich.“
Zweitens, der Mut soll aufrecht erhalten werden. „Sei guten Mutes.“ Es sollten keine Feiglinge sein, die unserem guten Herrn und Meister folgen. Seid guten Mutes, die ihr auf den Herrn wartet. Habt den Mut der Hoffnung in Betreff eures Glaubens an Christum. Ihr beginnt gerade, eurer Einige, an Jesum zu glauben und ihr seid bange, dass er euch verstoßen wird oder fürchtet, dass ihr nicht volle Errettung von der Sünde erhalten werdet. Ich habe euch schon gesagt, dass ihr fortfahren müsst, an der Gnadentür anzuklopfen; tut es, aber seid guten Muts, denn diese Tür wird sich euch gewiss öffnen. Wer da bittet, der empfängt, wer sucht, der findet und wer anklopft, dem wird aufgetan. Nimm dir ein Herz, armer Ermattender, der Herr hat ein huldreiches Auge für trauernde Seelen; er ist sehr gut gegen die, welche ihn suchen. Obgleich du wie die arme zitternde „Barmherzigkeit“ bist, die draußen vor der Türe des Dolmetschers ohnmächtig ward, so gedenkt der Herr doch deiner und spricht: „Komm herein, du Gesegneter des Herrn, warum willst du draußen stehen?“ Er gibt nicht zu, dass die umkommen, die demütig auf ihn warten; das Licht seines Angesichts soll dein werden. Sei guten Muts, o Suchender!
Seid auch guten Mutes, ihr, die ihr ihn kürzlich gefunden habt. Seid kühn in Bekennen eures Glaubens. Bedenkt, dass das Vertrauen, was ihr auf Jesum setzt, sich rechtfertigen lässt und gegen alle Kommenden verteidigt werden kann, darum verbergt es nicht. Ich hasse es, einen Christen handeln zu sehen, wie eine Ratte hinter dem Getäfel, die hervorguckt, wenn alles still ist, um zu sehen, ob auch Jemand da. ist, so dass sie ihre Krumen erwischen kann, aber wenn ein halber Ton eines Fußes irgendwo ist, so huscht sie fort und verbirgt sich in ihrem Loche. Nein, wenn ihr Christo angehört, bekennt es. Weshalb solltet ihr euch dessen schämen? Die Wahrheit zu glauben, sollte ein Mann deshalb erröten? Der unendlichen Reinheit und Heiligkeit zu folgen, die in Jesu Christo Mensch geworden ist, ist etwas darin, dessen wir uns zu schämen hätten? Nein, lasst uns lieber unsere Farben vor den Augen aller Men den tragen und unser Banner hoch in jeder Gesellschaft erheben, denn es ist eher eine Ursache zum Rühmen, als zum Erröten, dass wir auf des Herrn Seite sind. Es ist das Beste an uns, es ist die größte Gnade, die wir je empfangen haben, warum sollten wir sie verbergen? Wartet auf den Herrn, seid guten Mutes, und bekennt euren Glauben vor Menschen, ihr, die ihr kürzlich zu Jesu gebracht seid.
Dann geht weiter. Seid guten Muts, in dem Bemühen, den Glauben weiter auszubreiten, den ihr empfangen habt. Wenn ihr geht, mit Andern von dem großen Heil zu reden, das ihr empfangen habt, seid nicht bange. Wenn es euch ein neues Wert ist, so werdet ihr wohl zittern, aber tut es dennoch und bittet den Herrn, euch größere Zuversicht im Verkünden seiner Gnade zu geben. Wenn ihr mit Ungläubigen redet, seid guten Muts, ob ihr sie auch eine Zeitlang nicht zum Glauben bringen könnt. Wenn ihr mit denen sprecht, welche gegen die Wahrheit erbittert sind, seid guten Muts; welchen Schaden können sie euch tun, der dem Schaden gliche, den ihr leiden würdet, wenn ihr Feiglinge wäret? Seid guten Muts und unternehmt Großes für Christum; erwartet nicht eine Niederlage, sondern wagt Alles für ihn.
Tut etwas mehr, als ihr fähig seid zu tun, und erwartet, dass Kraft, über eure eigene hinaus, euch gegeben werde und sie wird gewiss kommen. „Warte des Herrn, sei guten Muts und er wird dein Herz stärken.“ Seid also guten Muts in der Tätigkeit für die Förderung der Sache des Erlösers.
Seid guten Muts, wenn ihr für Andere betet. Wartet des Herrn in Betreff eurer Kinder, seid guten Muts und erwartet, sie errettet zu sehen. Wartet des Herrn in Betreff eurer Diener, eurer Brüder und Schwestern, eurer Nachbarn; seid guten Muts in Betreff ihrer, glaubt, dass Gott Gebet erhört und dass eure Fürbitte Denen Segen bringen wird, für die ihr betet. Fürbitte hat großen Einfluss bei Gott; es ist nichts Vergebliches, auf den Herrn zu harren für die Seelen Anderer. Tausende, jetzt im Himmel, verdanken ihre Bekehrung den Gebeten der Heiligen, deshalb betet mit viel Mut. Hört niemals auf, zu beten und wenn ihr betet, tut es nicht, als sprächet ihr zu einem Tyrannen, der widerwillig hörte oder zu einem vergesslichen Gott, der nicht antwortete, sondern wartet auf ihn mit ruhiger Zuversicht und ihr sollt nicht leer hinweggehen.
Seid guten Muts auch, wenn ihr Opfer bringt für die Sache Christi. Wenn ihr eine Stelle verliert, weil ihr ehrlich seid, seid guten Muts, ihr werdet auf die Länge nicht verlieren. Verachten dich Einige, weil du ein Christ bist? Sei guten Muts, ihre Meinung ist sehr wenig wert und in dem Urteil von Engeln und guten Menschen stehst du sehr hoch. Bist du wie Moses, als er die Schätze Ägyptens ausschlug mit allen Ehren eines Hofes? Sei guten Muts, der Herr wird dir, schon in diesem Leben, eine Belohnung geben und in der künftigen Welt ewiges Leben. Wenn es dahin kommen sollte, dass du alles, was du hast, um Christi willen verlierst, sei guten Muts, denn wer sein Leben verliert um Christi willen, der wird es finden, und wer arm wird um der Sache Christi willen, der soll ewig reich sein. Seid guten Muts!
Noch einmal, wenn ihr berufen werdet, großes leiden zu ertragen, scharfe Pein, häufige Krankheit; wenn das Geschäft schlecht geht, wenn die Reichtümer Flügel nehmen und davon fliegen, wenn Freunde euch verlassen und Feinde euch umgeben, seid guten Muts, denn der Gott, auf den ihr harrt, wird euch nicht verlassen. Lasst es nie gesagt werden, dass ein Streiter des Kreuzes am Tage der Schlacht bange ward. Tragt eures Vaters Willen, froh, eines solchen Vaters Willen zu tragen. Wenn die Gnade uns nicht in Stand setzen kann, Alles zu erdulden, was die Natur auf uns häufen kann, was ist die Gnade wert? Jetzt ist die Zeit, mein lieber Bruder, in den Fluten des Unglücks zu sehen, ob dein Glaube wirklicher Glaube ist oder nicht. Bloßer Sonnenscheinglaube ist nicht des Habens wert; wir brauchen einen, der den schrecklichsten Sturm überleben kann, der je den Himmel bewölkte. Harre des Herrn, sei guten Muts, obgleich Herz und Fleisch euch fehlt. Obgleich die Augen trüb werden und das Tageslicht ganz ausgeschlossen, obgleich das Gehör schwach wird und die Töchter des Gesanges verstummen, obgleich alle Türen der Sinne verschlossen werden, ob auch die Träger des Leibes wankend werden und die Hüter des Hauses zittern, ja, ob auch der Tod diesen schwachen Leib zerstört, doch ist keine Ursache zur Furcht da, sondern wir können mit dem sterbenden Jakob ausrufen: „Herr, ich warte auf, dein Heil.“ Lasst euer Herz sich nicht bekümmern, harrt des Herrn und der Mut wird sich beleben.
Unser dritter Punkt ist, dass das Warten auf Gott den Mut aufrecht hält. Geliebte, wenn ihr je beginnt, matt in den guten Wegen Gottes zu werden, wartet auf ihn mit doppeltem Ernst. Ihr habt von dem berühmten Riesen gehört, den Herkules nicht töten konnte, weil die Erde seine Mutter war, und jedes Mal, wenn Herkules ihn niederwarf, erhielt er neue Stärke durch die Berührung seiner Mutter und stand frisch zum Kampf auf. Wir sind gleicher Natur, und jedes Mal, wenn wir zu unserem Gott getrieben werden, obgleich auf ihn geworfen, weil wir besiegt sind, werden wir wiederum stark und unseres Gegners Versuch ist vereitelt. Unser Feind wird uns nie verderben, wenn er uns nicht von der Liebe Gottes scheidet, die in Christo Jesu ist, und das ist unmöglich. Warten auf den Herrn ist der Weg, unsere Stärke zu erneuern, bis wir mit Adlers Flügeln aufsteigen und die Welt drunten lassen.
Zuerst wird unser Herz gestärkt durch das Harren auf Gott, weil wir eine geheimnisvolle Kraft empfangen dadurch, dass der ewige Geist in unsere Seelen hineinkommt. Niemand kann dies erklären, aber Viele von uns wissen, was es ist. Wir wissen nicht, wie der Heilige Geist wirkt, aber wir fühlen, dass wir nach dem Gebet oft sehr erquickt sind und wieder Grund unter unseren Füßen haben. Wir sind vor dem Herrn matt und müde und verzagt gekommen, und (Schande über uns, wir müssen hinzufügen) bereit, das aufzugeben, umzukehren und davon zu laufen. Wir haben uns nicht lange Gott genaht, so fühlen wir unseren Geist wieder belebt. Obgleich unser Nahen meist nur ein Seufzen war, doch warteten wir des Herrn und die Kraft des Ewigen kam in unser Inneres. Wie wunderbar strömen die geheimen Quellen der Allmacht in die schwache Seele ein und füllen sie mit Kraft. Die Salbung des Heiligen Geistes hat uns vor Freude jauchzen lassen, wir sind so fröhlich im Herrn gewesen, dass wir unsere Freude nicht haben zurückhalten können. Er, der uns gemacht hat, legte zum zweiten Mal seine Hand ans Werk und hat uns die Freude seines Heils wiederum gegeben, unsere Leerheit voll gemacht, unsere Schwachheit hinweggenommen und herrlich in uns triumphiert. Die arme Harfe, auf welcher lange gespielt war, konnte zuletzt nicht mehr Musik hervorbringen, wenn ihres Eigentümers Hand sie rührte; vergeblich glitten des Sängers Finger die Saiten entlang, je stärker sie angeschlagen wurden, desto gellender waren die Misstöne. Die Harfe ward aus der Halle weggebracht in ein stilles Zimmer und da kam Der, welcher sie gemacht, um nach ihr zu sehen. Er kannte ihre Einrichtung und verstand es, sie zu stimmen. Er legte hier und da eine neue Saite ein und brachte die übrigen zurecht, und das nächste Mal, als der Harfner seine Finger auf die Saiten letzte, strömte die reine Musik heraus und überflutete den Palast mit Melodie. Wo Misston die Luft mit bösen Geistern erfüllte, war alles unverändert und es schien, als wenn Engel mit silbernen Flügeln aus jeder Saite hervorkämen. Ja, geh du zu deinem Gott, arme Seele, wenn du in Unordnung geraten bist: harre des Herrn und er wird dein Herz durch seine geheimnisvolle Macht stärken.
Außerdem hat das Warten auf Gott eine Wirkung auf die Seele, welche in dem natürlichen Lauf der Dinge hilft, unseren Mut zu stärken; denn das Warten auf Gott lässt die Menschen klein werden und die Welt und alle ihre Angelegenheiten zusammenschrumpfen, bis wir ihre wirkliche Geringfügigkeit sehen. Der arme David saß und ärgerte sich über die Gottlosen, als er ihr Wohlergehen sah, während er den ganzen Tag geplagt und jeden Morgen gezüchtigt ward. Töricht und unwissend klagte er über den Herrn und zweifelte an seiner Gerechtigkeit, „bis dass ich“, sprach er, „ging ins Heiligtum Gottes und merkte auf ihr Ende.“ Bringt eure großen Leiden vor den unendlichen Gott und sie werden so sehr zusammenschrumpfen, dass ihr sie nie mehr beachten werdet. Er hebt die Inseln auf wie kleine Dinge und vor ihm sind die Völker wie ein Tropfen am Eimer, und dieser große Gott wird euch lehren, irdische Dinge in demselben Lichte anzublicken, wie er, bis ihr, ob auch die ganze Welt gegen euch wäre, doch über ihre Wut lächeln würdet und, ob alle Teufel in der Hölle gegen euch aufständen, dennoch ihrem Zorn Trotz bieten würdet. Unsere schlimmsten Übel werden wir gänzlich verachten, wenn wir. lernen, sie mit dem Maße des Ewigen zu messen: so seht ihr, dass Warten auf Gott das Herz stärkt, indem es die Ursachen zur Furcht vermindert.
Und dann entflammt es das Herz mit Liebe. Nichts kann uns größeren Mut geben, als aufrichtige Anhänglichkeit an unseren Herrn und sein Werk. Der Mut ist stets reichlich da, wo die Liebe brünstig ist. Blickt auf die milden und sanften Geschöpfe der Tierwelt und seht, wie kühn sie werden, wenn sie Mutter sind und ihre Jungen zu verteidigen haben. Eine Henne kämpft für ihre Küchlein, obgleich sie zu anderen Seiten einer der schüchternsten Vögel ist. White in seinem Buche über Selborne erzählt von einer Rabenmutter, die ihre Jungen in einem Neste auf einem Baume hatte. Der Holzhauer begann diesen zu fällen, aber sie saß still; die Schläge der Axt erschütterten den Baum, aber sie rührte sich nicht, und als er fiel, war sie noch auf ihrem Neste. Die Liebe macht das schüchternste Geschöpf stark; und, o Geliebte, wenn ihr Christum liebt, werdet ihr aller Furcht trotzen und alle Gefahren, in die ihr euch für ihn wagt, für Freude rechnen. In diesem Sinne auch treibt die vollkommene Liebe die Furcht aus, sie hofft Alles, erträgt Alles und fährt fort, auf den Herrn zu warten. Um mehr Liebe zu haben, müssen wir beständig auf den Herrn warten und dies wird sehr die Stärke unseres Herzens erneuern.
Wiederum, Warten auf den Herrn erzeugt Frieden in der Seele, und wenn ein Mensch vollkommen ruhig im Inneren ist, so kümmert er sich wenig um Leiden oder Feinde. Es ist das Gewissen, was aus uns Allen Feiglinge macht, aber lasst dieses durch das versöhnende Blut Christi zur Ruhe gebracht sein, so könnt ihr lächeln, wenn Andere ihr Gift auf euch speien und gleich eurem teuren Meister könnt ihr ihren Sohn ohne Antwort darauf ertragen, denn es ist himmlische Stille in eurem Inneren. Ein Herz, das nicht in Frieden mit Gott ist, fürchtet sich sicherlich vor Menschen, aber wenn die Seele in froher Gelassenheit auf Gott wartet, so beugt sie sich nicht zur Furcht darnieder.
Und Geliebte, dieses Warten auf den Herrn bewirkt die Vermehrung unseres Mutes, weil es uns oft einen Blick auf die ewige Belohnung gewährt, und wenn jemand einen Schimmer von der Krone der Herrlichkeit sieht, so wird die Dornenfrone seine Schläfe nicht mehr drücken. Wer das schaut, was er sein wird an dem Tage, wo Christus wird offenbar werden, der trauert nicht über das, was er jetzt ist, wo er die Schmach Christi trägt. In der Tat, das Warten auf Gott lässt uns sehen, dass wir in Gemeinschaft mit Christo sind und dass die Last, welche wir tragen, ein Kreuz ist, dessen schwerstes Erbe er selber stets trägt: es lässt uns sehen, dass sein Herz voll zärtlichster Teilnahme für uns ist und so hilft es uns leiden ohne Klagen. Ist es nicht süß, zu singen:
„Soll ich vielleicht auch würdig sein,
Um deinetwillen Schmach zu leiden,
So lass mich keine Schmach noch Pein
Von deiner Liebe scheiden.“
So fließt das Harren auf Gott Kraft in den innersten Quellpunkt unserer Stärke.
Nun beende ich mit dem vierten Punkt, welcher ist: die Erfahrung beweist dieses. Ich bitte euch, eure Bibeln offen zu halten beim 27. Psalm und zu sehen, wie mein Text eine Zusammenfassung des ganzen Psalms ist. Alles Übrige kann mit den Zahlen einer Rechnung verglichen werden, und dieser Schlussvers ist die Summe des Ganzen - harren auf den Herrn ist der Pfad der Weisheit. Denn zuerst, in den Anfangsversen ist David von Feinden umgeben: er harrte des Herrn und der Herr ließ sie anlaufen und fallen. Nachher, als sie gegen ihn fochten, klagte er seinen Schmerz seinem Gott und Gott erhöhte sein Haupt über seine Feinde, bis er im Heiligtum dem Herrn Lob opfern konnte. Meine Brüder, tut dasselbe, wenn ihr angefochten werdet. Ihr seid nicht in einem Land, das dem wirklichen Kriege unterworfen ist, aber ihr habt viele Gegner, geistliche und andere. Ihr habt den Fürsten der Finsternis in Waffen gegen euch und ein paar böse Geister in der Luft. Harret des Herrn in diesem Streit und er wird euch Sieg geben. Eure Stärke ist, stille zu sein. Beunruhigt euch nicht. Überlasst ruhig allen Kampf ihm, der von Edom kommt mit rötlichen Kleidern von Bazra, und einher zieht in der Macht seiner Stärke, weil er seine und eure Feinde unter die Füße getreten hat. Harret des Herrn. Flieht in den Schatten seines Gezeltes, verbergt euch in dem Geheimnis seiner Hütte. Klimmt den Felsen hinan und bleibt da, und alle Gegner eurer Seele sollen zerschmettert werden.
Danach lest den 7. und 8. Vers und ihr werdet David im Gebet sehen, und auch da gelang es ihm wohl, weil er im Gebet auf den Herrn wartete. Das Wesen des Gebets besteht darin, das Ohr Gottes zu erreichen. Ihr könnt ebenso wohl pfeifen als beten, wenn ihr nicht im Geist und in der Wahrheit betet; und der Geist und die Wahrheit muss in der Gemeinschaft mit Gott selber liegen. Wenn du auf eine Art gebetet hast und noch nicht erhalten das, warum du batest, gewiss, dann hast du noch nicht das Ohr Gottes erreicht. Geh' in das geheime Kämmerlein, komme nahe zu deinem Herrn und harre auf ihn in der Tat; dann wirst du großen Mut im Gebet haben, deine Stärke erneuern und siegreich zurückkommen.
Zunächst, David ist mit Dunkel umgeben gewesen. Er war bange, Gott würde ihn verlassen. Er hatte das Licht des Angesichtes Gottes verloren. Ich meine, ich höre jemanden sagen: „Was soll ich in solchem Falle tun?“ Harre des Herrn. Wenn er nicht lächelt, harre doch auf ihn. Das Lächeln seines Antlitzes ist lieblich, aber wenn du es verlierst, verbirg dich unter dem Schatten seiner Flügel. Wenn er nicht lächelt, so liebt er doch noch. „Ob er mich auch tötete“, sagte Hiob, „doch will ich ihm trauen.“ Selbst, wenn er ein zorniger Gott scheint, wirf dich zu seinen Füßen. Lass nichts dich von ihm hinweg treiben. Wenn er sein Schwert aufhebt zum Schlagen, je weiter weg, desto schwerer wird der Hieb fallen. Lauf geradezu in seine Arme, liebes Kind, wenn dein Vater dich schlagen will; dicht zu ihm, er kann dann nicht hart schlagen. Komm nahezu deines Vaters Herzen; ergreife seine Stärke und setze ihn, so zu sagen, gegen sich selber, rufe seine Liebe gegen seinen Zorn an und sprich: „Du hast geschworen, dass du nicht zornig über mich sein willst, auch nicht schelten: deshalb handle mild mit deinem Kinde.“ Wenn jemand im Dunkeln wandelt und kein Licht sieht, lass ihn noch trauen und auf den Herrn warten.
Im nächsten Verse finden wir David von Jedermann verlassen. Vater und Mutter hatten ihn verlassen, dennoch wartet er des Herrn und der Herr nimmt ihn auf. Nun, da du ganz allein bist, liebe Witwe, und der Mann deiner Liebe gegangen ist, harre des Herrn. Nun, da die Kinder eins nach dem anderen ins stille Grab getragen sind, harre des Herrn, er wird dir besser sein als 10 Söhne. Nun, junger Mann, du wirst hier in der großen Stadt umhergetrieben ohne Helfer, harre des Herrn und er wird dir deinen Weg zeigen. Ja, ihr Alle, die ihr entweder durch Verfolgung oder durch Todesfälle, einsam geworden seid, erinnert euch, dass der Herr „den Einsamen das Haus voller Kinder gibt.“ Wartet auf ihn und Alles wird gut werden.
Darauf finden wir David auf einem schwierigen Wege, so dass er betet: „Herr, weise mir deinen Weg und leite mich auf richtiger Bahn“; aber warten auf den Herrn ist dann das Richtige. Wenn du nicht weißt, was zu tun, harre des Herrn. Wenn der Weg nach dieser und nach jener Seite sich wendet und du nicht weißt, welches die richtige ist, knie nieder und bete; du wirst wissen, welchen Weg zu nehmen, wenn du von deinen Knien aufstehst, oder wenn du es nicht weißt, knie wiederum nieder. Der Wegweiser wird am besten im Gebet gesehen. Die Antwort wird dir aus der großen Herrlichkeit heraus werden, wenn du deinen Willen aufgegeben hast und gläubig die Leitung des Höchsten gesucht.
Zum Schlusse finden wir, dass David von seinen Feinden verleumdet war „es stehen falsche Zeugen wider mich, und tun mir unrecht ohne Scheu.“ Was denn? Harre stets auf den Herrn. „O, aber ich muss ihnen antworten.“ Ja, und dann wirst du das Schlechte schlimmer machen; deine Verleumder werden eine zweite Lüge schmieden, wenn du die erste beantwortet hast. „O, aber“, sagt Jemand, „ich könnte solche Beschuldigung tragen, wenn sie wahr wäre.“ Ah, aber dann solltest du sie nicht tragen, die Wahrheit eines üblen Gerüchtes sollte dich betrüben, aber wenn es nicht wahr ist, dann lass es dich nicht bekümmern. O, aber sie sagen - Was sagen sie? Lass sie es sagen. Es wird dir nicht schaden. Warte du auf den Herrn. Sie schelten dich, hüte dich, wieder zu schelten. Antworte nicht den heulenden Wölfen. Wenn Hunde bellen, lasst sie bellen, denn es ist ihre Natur; sie werden aufhören, wenn sie fertig sind; und somit allen unseren Gegnern, sie werden sich selber niederlegen, wenn ihr sie zufrieden lasst. Unsere Stärke ist, auf den Herrn zu harren, ihm davon zu sagen und es ihm zu überlassen, sich an das Gericht wenden? Ja, und einen Prozess bekommen, der nicht schnell zu Ende sein wird. Ans Gericht sich wenden und Plage ohne Ende auf euch bringen. In allen anderen Dingen, ausgenommen Verleumdung, tut ein Ding selbst, wenn ihr es getan haben wollt, aber hierin, wenn ihr gut verteidigt werden wollt, lasst Andere euch verteidigen. Der Schmutz reibt sich ab, wenn er trocken ist; seid tapfer geduldig. Harrt des Herrn, befehlt ihm alles und er wird euch hindurch bringen, bis zum triumphierenden Ende. Alles, was ihr zu eurer eigenen Rechtfertigung tun könnt, wird nur mehr Schaden tun. Die Hand davon, und überlasst es dem Höchsten.
So schließen wir, indem wir unseren Text wiederholen: „Warte des Herrn; sei guten Muts und er wird dein Herz stärken. Warte sage ich, des Herrn.“ Möge er euch mutig warten helfen um Christi willen. Amen.