Joh. 3.
Unsere Wiedergeburt.
Wärst du auch mit allen Pflichten eines Kronprinzen bekannt, so würde das dich doch nicht zu einem Kronprinzen machen können. Du musst in einer gewissen Stellung dich befinden, ehe du aus dieser Stellung heraus handeln kannst. Diese Naturordnung wird von allen Menschen in Bezug auf menschliche Dinge anerkannt; aber in göttlichen Dingen geschieht gerade das Gegenteil. Gottes Ordnung ist diese: Ich mache euch zu Kindern; wandelt wie die Kinder. Der Mensch aber sagt: Wenn ihr sucht wie Kinder zu wandeln, dann werdet ihr nach und nach zu Kindern werden. Aber bevor wir aus dem Reich der Finsternis herausgeholt sind, können wir keinen Schritt im Reich des Lichtes tun. Bevor wir eine Natur bekommen haben, welche fähig ist, dies Reich zu genießen, können wir nicht in dasselbe eingehen. Eine Natur aber kann nur durch die Geburt eingepflanzt werden; deshalb müssen wir von Neuem geboren werden. Wir wollen diesen Gegenstand näher betrachten.
Nikodemus, ein Oberster der Juden, kam zu Jesus mit folgenden Worten: „Wir wissen“ rc. Unser HErr antwortete ihm und sprach: „Es sei denn, dass ein Mensch von Neuem geboren werde“ rc.
Es ist ein großer Unterschied zwischen dem, was wir wissen, und dem, was wir sind, ein großer Unterschied zwischen unseren Gaben, unserem Wissen und unserem Verhältnis zu Gott. Nikodemus war ein Mann der Forschung, der durch äußere Beweise eine gewisse Überzeugung von dem, was Christus war, bekommen hatte, und dessen Gewissen nach etwas Tieferem und Besserem suchte, als er besaß. So kommt er mit seinem vorgeblichen Wissen: „Meister, wir wissen, dass du bist ein Lehrer von Gott gesandt; denn Niemand kann die Zeichen tun, die du tust, es sei denn Gott mit ihm“ (Joh. 3, 2). Der Herr Jesus, vor dem aller Menschen Gedanken offenbar waren, antwortete nicht auf die Worte, sondern auf das Bedürfnis des Nikodemus, und zeigte ihm, dass das Wissen ihn so wenig wie irgendeinen Menschen selig machen könne. Denn: „Es sei denn, dass ein Mensch von Neuem geboren werde, kann er das Reich Gottes nicht sehen.“
Wir hören in diesen Tagen in gewissen Kreisen viel davon reden, dass Christus ein vollkommener Mensch, ein vollkommenes Vorbild und ein vollkommener Lehrer sei. Auf alle diese Komplimente gibt der HErr hier die Antwort: Er ist nicht gekommen, um für die alte Natur - den alten, von Adam abstammenden Menschen - ein Lehrer zu sein, sondern zu suchen und selig zu machen (zu retten), was verloren ist, eine neue Natur zu schenken, und gerettete Menschen zu lehren. Die Politik aller derer, welche öffentlich oder im Geheimen die Gottheit Christi leugnen, besteht darin, dass sie seine Sittenlehre und sein Gott ähnliches Vorbild preisen. Sie heben damit wohlbekannte und teuer geachtete Wahrheiten hervor, als ob nun sie dieselben glaubten und verkündigten, während sie doch gleich beim Ausgang die unübersteigbaren Barrieren übersetzen, die zwischen ihrer Lehre und aller sittlichen Verbesserung der alten Natur sich erhebt. „Es sei denn, dass ein Mensch von Neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen.“
Andere hingegen finden wir, welche nicht nur Christum als Lehrer bekennen, sondern welche auch an seine Gottheit glauben, daran, dass Er sowohl Gott als Mensch ist. Es gibt in der Tat sehr Viele unter uns, welchen alle Grundwahrheiten der Heiligen Schrift bekannt sind; aber ein bloßes Wissen der Lehre, es sei noch so richtig, hat noch niemals ein Adamskind ins Reich Gottes versetzt. Die Menschen mögen gelernt haben, was die Rechtfertigung, die Heiligung und die Kindschaft Gottes bedeuten, sie mögen genau zwischen allen Glaubensbekenntnissen, allen Kirchen-Parteien zu unterscheiden wissen, der Theorie nach sehr rechtgläubig sein, auch eine Predigt wohl zu kritisieren verstehen - ja sie mögen auch sogar über die neue Geburt, ihre Notwendigkeit und ihren göttlichen Ursprung unterrichtet sein - und doch nicht im Stande sein zu sagen, als vor Gott: „Die wir blind waren, sind nun sehend geworden.“ Das höchste Maß theologischer Gelehrsamkeit hat noch nie einen Menschen selig gemacht. Das Glaubensbekenntnis oder der Glaube an ein Lehrsystem haben wohl das Christentum, aber noch nie einen Christen geschaffen. „Ihr müsst von Neuem geboren werden.“
Wieder Andere, deren Gewissen unruhig geworden ist, versuchen diese neue Geburt zu Stande zu bringen, indem sie an ihrer alten Natur herum beschneiden und putzen, daran herum erziehen und bessern in völliger Unwissenheit über die Bedeutung des Wortes: „Von Neuem geboren.“
Nikodemus wunderte sich, wie ein Mensch, wenn er alt sei, noch einmal auf die Welt kommen könne; was würde es auch nützen, selbst wenn es geschehen könnte; er würde immer nur Fleisch bleiben; denn unser HErr fährt fort zu sagen: „Was vom Fleisch geboren ist, das ist Fleisch“ (V. 6). Das Wasser kann nie höher steigen, als es fällt; Art lässt nicht von Art. Manche Leute meinen, wenn sie in anderen Verhältnissen wären, so könnten sie eher selig werden. Der Reiche meint, wenn er arm wäre, so hätte er vielleicht mehr Zeit; der Arme denkt, wenn er nur nicht so viel Sorgen hätte, so würde er eher an Gott denken können; aber die Schwierigkeit liegt nicht so sehr außer uns, als in uns.
Wieder Andere rufen die Religion herbei, um dem Fleisch aufzuhelfen - aber aller Anstrengungen ungeachtet, bleibt es doch nur frommes Fleisch. Wir reden von dem Naturreich und dem Pflanzenreich auf natürlichem Gebiet; wollten wir nun aus letzterem eine Rose nehmen und dieselbe veredeln und ziehen, so würden wir zwar alle möglichen Arten Rosen hervorbringen können; aber niemals im Stande sein, sie in ein anderes Reich, etwa ins Tierreich, zu versetzen. Oder wenn ich eine Nessel von der nächsten Hecke nähme und pflanzte sie in meinen Garten oder Treibhaus, und triebe und begösse sie, so könnte ich vielleicht viele schöne Nesseln erzielen; aber ich würde niemals Äpfel von ihnen ernten können; Nessel bleibt Nessel. Wir können nicht Trauben ernten von den Dornen, oder Feigen von den Disteln.
Von Natur ist der Mensch im Reich des ersten Adams: Bildung, Verfeinerung oder Religiosität kann keinen einzigen Menschen ins Reich Gottes versetzen. Halten wir einmal Umschau bei uns; worauf ist doch das religiöse Treiben der Menge unseres Volkes heutiges Tages gerichtet? Ist es nicht darauf gerichtet, dem Fleisch eine Erziehung zu geben, damit es nach dem Tod das Reich Gottes ererben möge? Dies ist keine bloße Vermutung - dies ist die traurige Wahrnehmung aller gottseligen Leute, wes Standes sie sind. Die Mehrzahl unserer hervorragenden Männer, und seien sie Meister in Israel, wie Nikodemus, wissen nichts von der Kraft der Wahrheit, welche an der Tür des Himmelreichs steht. Sie sehen ihre Seelenrettung an das Ende eines langen Prozesses der Selbstverbesserung, während Gott dieselbe an den Anfang stellt, und alles Andere, was zu seiner Verherrlichung dient, aus ihr folgen lässt.
Ehe ich in das Reich Gottes eingehen kann, muss ich eine Natur empfangen, welche im Stande ist, dies Reich zu würdigen, zu erkennen, in ihm zu leben und seiner froh zu werden. Vergeblich fragst du einen Blinden nach der Farbe. Er hat nicht einmal eine Idee von ihr, denn er hat nicht die Fähigkeit, sie zu erkennen. Du kannst ihm über Farbenmischung Unterricht geben; er kann dies behalten und dem Wissen nach verstehen; aber sehen kann er mit alle dem keine Farbe.
Es ist daher von der größten Wichtigkeit: - nicht dass du dir über die Lehre, die Aussprüche Christi, die Beweise des Christentums Rechenschaft geben kannst - selbst nicht, dass du weißt, dass Christus Gottes Sohn, dass Er der Welt Heiland, ja dass Er fähig und bereit ist, dich selig zu machen. - Du kannst dies Alles dem Verstand nach wissen und doch verloren gehen, - sondern dass du dich fragst, ob du von Neuem geboren bist, ob du eine neue, eine göttliche Natur empfangen hast, ob du ein Erbe Gottes bist, ob du in Christo oder noch in Adam bist?
Ehe ich das Reich Gottes sehen kann, muss mir eine Natur eingepflanzt werden, welche diesem Reich angehört. Dies ist etwas mehr als zu wissen, dass mir meine Sünden vergeben sind oder dass ich gerecht gesprochen bin. Es handelt sich hier um die Fähigkeit, um die Zubereitung, die göttliche Natur zu genießen durch eine ihr ähnliche Natur. Welch furchtbarer Gedanke, dass so viele christlich erzogene Menschen dennoch verloren gehen, dass eine Art der Verdammnis alle verlorenen Adamskinder aufnehmen wird, sie seien wes Standes und Berufes sie auch wollen.
Leser, denke nach! Denke einen Augenblick darüber nach, ob der Herr Jesus die Wahrheit oder eine Lüge gesagt hat, wenn Er sagt: „Ihr müsst von Neuem geboren werden.“ So müssen also Alle, welche nicht von Neuem geboren sind, sie seien noch so moralisch, so religiös, so wohltätig, so fein gebildet, denen zugesellt werden, welche die Welt als den Auswurf der Menschen betrachtet. Es gibt nur zwei Orte: den Himmel und die Hölle. Furchtbare Wahrheit - Scheinfromme, ja Priester Gottes, welche sich anmaßten, zwischen den Menschen und Gott zu stehen, mit Mördern und Dieben - Professoren und Lehrer der Theologie, mit den Atheisten und Spöttern zusammen geworfen. So war es in den Tagen Noahs und so wird es wieder sein. Die Hölle ist eine Wirklichkeit, die ewige Strafe ist eine Wirklichkeit - Christi Worte sind wahr, was auch die Menschen dazu sagen mögen. stehe still, wer du auch seist - hoch oder niedrig, reich oder arm, gelehrt oder ungelehrt, gebildet oder ungebildet, fromm oder gottlos - stehe still und besinne dich, beantworte dir die Frage: „Bin ich von Neuem geboren,“ habe ich ein neues Leben empfangen, ein Leben aus dem Heiligen Geist durch die Wahrheit Gottes, geboren nicht aus dem Fleisch, sondern aus dem Wasser (dem Wort Eph. 5, 26) und aus dem Geist. Bin ich zweimal geboren? Einmal in das natürliche Leben und von Neuem in das Reich Gottes? Mein Freund, ohne diese neue Geburt wäre es besser für dich, du wärst niemals geboren; aber nun, wo du auch seist und wie du auch seist, bist du überzeugt von der Notwendigkeit dieser neuen Geburt, so wende dich zu Jesu, so wirst du leben; glaube an Ihn, so wirst du selig werden; nimm Gott bei seinem Wort; Er sagt: Ihr müsst von Neuem geboren werden; aber dasselbe Kapitel sagt auch: „Wie Moses in der Wüste eine Schlange erhöht hat, also muss des Menschen Sohn erhöht werden, auf dass Alle, die an Ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ Was Gott fordert, das gibt Er auch.
Die Einpflanzung dieser neuen Natur vollzieht sich nicht durch einen Entwicklungsprozess, sondern sie wird durch einen Akt des Glaubens empfangen. Diese neue Natur hebt nicht das Bestehen der alten Natur auf, vermischt und vereinigt sich nicht mit ihr, verbessert dieselbe nicht, sondern „gelüstet“ wider dieselbe in dem Gläubigen, streitet wider dieselbe, ist ihr ganz und gar entgegen. Aber wie geschieht ihre Einpflanzung? Leser, dies ist von der größten Wichtigkeit für dich. Hast du die neue Geburt aus deinen eigenen Gefühlen und Empfindungen, aus irgendwelchen menschlichen Ordnungen oder menschlichem Zutun zu erwarten? Ein Irrtum an dieser Stelle ist verhängnisvoll. „Ihr müsst von Neuem geboren werden.“ - Aber wie?
Der HErr beantwortet diese Frage, und nennt uns drei Dinge, welche für die neue Geburt von göttlicher, unerlässlicher Notwendigkeit sind:
1) Das Wasser (Vers 5).
2) Der Geist (V. 5 u. 6).
3) Der ans Kreuz erhöhte Menschensohn (V. 14).
„Es sei denn, dass Jemand geboren werde aus dem Wasser und Geist, so kann er nicht ins Reich Gottes kommen.“
Dies kann sich in keiner Weise auf das Wasser der Taufe beziehen oder auf die Anwendung von Wasser überhaupt dem Buchstaben nach auf den äußeren Menschen, denn das würde nur seinen Leib waschen, aber Den inneren Menschen unberührt lassen. Einige möchten die Stelle so lesen: „Es sei denn, dass Jemand aus der Taufe geboren werde;“ aber diese Lehre würde die alttestamentlichen Heiligen ausschließen, denn sie wurden nicht getauft. Die Beschneidung konnte Niemand selig machen; „denn das ist keine Beschneidung, die auswendig am Fleisch geschieht…, sondern das ist eine Beschneidung, die im Geist und nicht im Buchstaben geschieht“ (Röm. 2, 88.29). Äußere Veränderung kann dem Menschen nichts nützen. Er mag noch so viel Soda und Seife nehmen, um seine Sündenflecken abzuwaschen, sie werden doch bleiben. Eben so wenig wird irgendwelche Erziehung und Reformation der alten Natur es dahin bringen können, Fleisch in Geist zu verwandeln. „Was vom Fleisch geboren ist, das ist Fleisch,“ mag es nun ehrbares oder unehrbares, frommes oder gottloses Fleisch sein - es ist Fleisch.
Einige haben dies eingesehen und verstehen nun die Stelle dahin, dass das „Wasser“ den Geist bedeute; Andere, dass dasselbe das Blut bedeute. Aber „drei sind, die da zeugen auf Erden: der Geist, das Wasser und das Blut.“ Demnach kann also das Wasser nicht das Wirken des Geistes und eben so wenig die Reinigung des Blutes bedeuten, denn alsdann hätten wir nur zwei Zeugen, den Geist und das Blut, und das Wasser stände für beides. Wir können die Frage nur so lösen, indem wir uns klar machen, was Nikodemus sich wohl darunter dachte, als Christus von Wasser sprach. Er, ein Meister in Israel, kannte ein Becken, in welchem ein jeder Priester, ehe er in das Heilige gehen konnte, sich waschen musste; denn kein ungewaschener Fuß betrat je das Heiligtum. Er, ein Meister in Israel, kannte das Buch Ezechiel und die dem Volk Israel gegebene Verheißung, welche ihrer Erfüllung entgegensah: „Dann will ich rein Wasser über euch sprengen, dass ihr rein werdet von aller eurer Unreinigkeit, und von allen euren Götzen will ich euch reinigen. Und ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben Und ich will meinen Geist in euch geben, und will solche Leute aus euch machen, die in meinen Geboten wandeln, und meine Rechte halten, dass sie danach tun“ (Ezech. 36, 25-27).
Ein Lehrer in Israel sollte nach dem Gegenbild von Tempel und Altar ausschauen, nach dem wahren Wasser der Reinigung, welches auf die Unreinen gesprengt werden sollte. Er sollte vertraut sein mit dem 119. Psalm, welcher eine bestimmte Erklärung darüber enthält, welches dies Wasser ist: (V. 9) „Womit wird ein Jüngling seinen Weg rein erhalten? (Nach dem Grundtext.) So er sich hält nach deinen Worten.“
Das Wasser, von dem Christus hier spricht, welches in dem Alten Testament vorgebildet war, ist das Wort Gottes, die Verkörperung, die Offenbarung der Gedanken Gottes.
Lasst uns die Schrift hierüber fragen:
„Als die da wiederum geboren sind nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen des Wortes Gottes, das da ewiglich bleibt. Denn alles Fleisch ist wie Gras“ (1. Pet. 1, 23). In unserem Text sind „Fleisch und „Geist“ einander gegenüber gestellt, während hier das „Wort“ dem Fleisch gegenüber steht. „Der Same ist das Wort Gottes“ (Luk. 8, 11). „Die Gerechtigkeit aus dem Glauben spricht also….. das Wort ist dir nahe“ (Röm. 10, 6-8). „Er hat uns gezeugt aus dem Wort der Wahrheit“ (Jak. 1, 18). „Ihr seid rein durch das Wort, welches ich zu euch geredet habe“ (Joh. 15, 3).
Alle diese Stellen beweisen, dass das „Wort“ auch an andern Stellen der Heiligen Schrift, welche von der neuen Geburt handeln, gerade so gebraucht wird, wie Christus von dem „Wasser“ zu Nikodemus redet; aber wir haben noch einen ganz bestimmten Beweis Eph. 5, 26: „Auf dass Er sie (die Gemeinde) heiligte und hat sie gereinigt mit dem Wasserbad durch das Wort.“ Wir sehen also, dass zufolge Alttestamentlicher Vorbilder, Neutestamentlicher Analogie und auf Grund direkter Schrift Aussprüche des alten sowohl als des neuen Testaments das Wasser bei der neuen Geburt das „Wort Gottes“ ist.
Und das ist sehr wichtig. Wie geschieht aber nun die Wiedergeburt durch das Wort? Wasser reinigt durch Ausscheidung fremder Stoffe. Wasser und Unreinigkeit können nicht neben einander bestehen; das Wasser reinigt durch Entfernung der Unreinigkeit. Das Wort Gottes wirkt nicht so, dass es „das Fleisch“ unterweist, sondern indem es alle Gedanken aus dem Fleisch entfernt und Gottes Gedanken an deren Stelle setzt.
Wo das Wort Gottes hinkommt, da wird es Licht (Ps. 119, 130). Der Mensch wurde dadurch ins Verderben gestürzt, dass er dem Satan Gehör gab; er wird dadurch gerettet, dass er Gott Gehör gibt.
Der Mensch befindet sich von Natur in einem Chaos; er kann dem Auge Gottes nicht begegnen und nicht wohlgefallen - er ist ohne Gestalt und Schöne - Finsternis lagert über ihm. Wenn daher Gott anfängt, ihn umzuschaffen (denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christo Jesu zu guten Werken; Eph. 2, 10), so spricht Er: „Es werde Licht!“ und es ward Licht, und zwar geschieht dies, indem sein Wort kommt.
„Ich meine doch,“ sagt Einer, „wenn ich mir Mühe gebe, ein gutes Leben zu führen, so kann man nicht mehr verlangen, außerdem vertraue ich auf die Barmherzigkeit Gottes.“ Ja, das ist deine menschliche Meinung aber unsere Gedanken sind böse, und das Wort Gottes muss das Amt des Wassers übernehmen, unsere Meinungen zu entfernen und abzuwaschen. Es sagt mir zuerst, dass ich verloren, verderbt, schuldig, gerichtet bin.
Aber es tut mehr als das: das Wort Gottes setzt Gottes Gedanken an die Stelle meiner Gedanken es lässt Gott für mich denken, reden, handeln und macht mich passiv, denn ich kann doch nichts Besseres tun.
„Hört, so wird eure Seele leben“ (Jes. 55, 3). Das Leben hängt an seinen Worten. Wenn der Mensch selig werden möchte, so fängt er an zu reden, zu beten. Gott sagt: „Höre.“ Gott bittet dich, mit Ihm dich versühnen zu lassen; sollten wir nicht dieser Bitte vor Allem Gehör geben, ehe wir anfangen zu reden, zu beten? Er bittet die Menschen durch uns (2. Kor. 6, 20), seine Bitte ist so leicht erfüllt. Er sagt: „Willst du meinen Sohn haben?“ Und es gibt nur eine Antwort: „Ja“ oder „Nein.“ Indem wir so das Wort Gottes hören und verstehen, empfangen wir ein neues Leben von Gott, in welchem Gottes Gedanken mahnen und die Herrschaft führen in Wort und Werk. Lasst uns nun die Wirksamkeit des Heiligen Geistes bei der Wiedergeburt betrachten.
Wir müssen aus dem Geist geboren werden nicht aus dem Geist ohne das Wort, noch aus dem Wort ohne den Geist - nicht zwei Geburten - sondern die eine göttliche, neue Geburt sollen wir empfangen. Wir werden sehen, dass Wort und Geist das lebendige Wasser sind. Joh. 7, 38: „Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von des Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen. Dies sagte Er aber von dem Geist, welchen empfangen sollten, die an Ihn glaubten.“ Dies erfüllte sich zu Pfingsten, als Ströme lebendigen Wassers (lies Petri Predigt mit ihren vielen alttestamentlichen Beziehungen) über Tausende sich ergossen, so dass sie selig wurden, denn der Geist Gottes machte die Worte Gottes in den Herzen lebendig (daher lebendiges Wasser). Das Wort ist das Wasser, aber es ist tot ohne den Geist, - der Geist und das Wort sind lebendiges Wasser. Abermals sagte unser HErr Joh. 6, 63: „Die Worte, die ich zu euch rede, sind Geist und sind Leben.“ Eine bloße sogenannte sittliche Überredungskunst kann keinen Menschen selig machen. Das Wort wirkt nur insoweit, als der Geist Gottes dasselbe begleitet. Es ist das Werkzeug, aber der Geist ist die belebende Kraft.
Gott machte ein großes Abendmahl und lud Viele dazu (Luk. 14, 16). Keiner kam, und „Keiner von denen, welche geladen sind, wird mein Abendmahl schmecken,“ so lautet nun der Ausspruch Gottes. Die Einladung allein tut es nicht. Wir predigen: Kommt, denn es ist Alles bereit, das Mahl ist aufgetragen, die „Tür steht offen.“ Es ist noch Raum da; aber auf die bloße Einladung hin ist noch Niemand gekommen. Es hat Jemand gesagt: „Gott muss die Stühle sowohl wie die Tafel besetzen.“ Fünf Joch Ochsen oder ein Stück Land sind dem natürlichen Menschen lieber, als das reiche Mahl Gottes. Ohne Christum hätten wir kein Mahl ohne die Wirksamkeit des Heiligen Geistes, der sie herzubringt, hätten wir keine Gäste.
Ihr müsst aus dem Geist geboren werden. Gleiches bringt Gleiches hervor. „Das was vom Fleisch geboren wird,“ ist nicht nur dem Fleisch ähnlich, sondern ist „Fleisch,“ und „was vom Geist geboren ist,“ ist nicht nur dem Geist ähnlich, sondern ist „Geist.“
Das ist etwas ganz Verschiedenes von der Lehre, nach welcher „das Fleisch“ Vergebung erlangt, um dann von dem Geist gelehrt, gezähmt, durchdrungen und geheiligt zu werden. Es handelt sich vielmehr darum, dass der Mensch, das Ich, die ganze mit voller Verantwortlichkeit begabte Persönlichkeit, von „Neuem geboren werde“ durch die in ihr zur Wirkung gelangenden Gedanken Gottes, wodurch der Sinn und das Wesen Gottes ihr durch den Geist mitgeteilt werden, so dass dies nun des Menschen Leben ausmacht, während vorhin „das Fleisch“ sein Leben ausmachte. Kein Christ darf länger im Fleisch seine Stellung haben. Ach, dass wir noch so vielfach im Fleisch wandeln denn obschon „wir nicht im Fleisch sind,“ so ist doch leider das Fleisch noch in uns.
Ein Gleichnis wird uns dies veranschaulichen: Ein Boot hat eine Fahrt auf dem salzigen Meer gemacht, es hat manchen Sturm bestanden, und hat viel Wasser geschöpft; aber es gleitet nun dahin auf dem Süßwasser des Flusses. In dem Salzwasser ist es nicht länger aber das Salzwasser ist in ihm. Aus Adam ist der Christ für immer heraus und in Christum hineinversetzt; aber der alte Adam ist noch in ihm und der muss getötet und ausgetrieben werden. Der Christ hat nun die Kraft, die Stellung, die Neigung empfangen, sich selbst zu richten - er kennt sich selbst. Auf diesem Punkt angekommen, rief Paulus aus: „Ich weiß, dass in mir, d. i. in meinem Fleisch, wohnt nichts Gutes.“ Er ist nicht eine doppelte Person; aber er hat in der einen Person - und das wird so bis zu seinem Ende bleiben - zwei Naturen, welche einander gerade entgegengesetzt sind, welche wider einander streiten. Er erkennt jetzt, wie das Fleisch immerdar „gelüstet“ wider den „Geist;“ aber auch der Geist wider das „Fleisch,“ so dass er nicht wandelt, wie er zu wandeln pflegte; dass diese wider einander sind, und darum nimmer Freunde werden können, ja dass er einen Feind in sich hat, dem er niemals trauen, mit dem er niemals spielen darf, gegen den er beten, wachen, kämpfen, den er töten muss.
Christus ist nun sein Leben. Er ist nun „teilhaftig geworden der göttlichen Natur,“ „von Gott geboren, ein Erbe Gottes,“ und zwar gilt dies von einem Jeden, der von Gott geboren ist, er sei Jude oder Heide, denn Gott verfährt hier freimächtig.“ Ihre Verbindung mit Abraham gab den Juden eine Stellung dem Fleisch nach, aber etwas Neues ist nötig für die Juden sowohl als für die Heiden, und es ist für Beide gleich frei.
Leser, streite niemals mit dem königlichen Vorrecht der Gnade Gottes. Lies Röm. 9, so wirst du einsehen, dass wenn wir nicht Gott unumschränkt sein lassen, wir keine Hoffnung des Heils haben, denn wir sind Alle gleichermaßen „schon gerichtet.“ Gelobt sei seine Gnade, welche nun allen Völkern unter dem Himmel erschienen ist!
Es bleibt uns noch zu betrachten:
Hierinnen steht unser Leben. Wenn Christus sagt: „Ihr müsst von Neuem geboren werden,“ so steht diesem Muss hier ein anderes Muss zur Seite: „Wie Moses in der Wüste die Schlange erhöht hat, also muss des Menschen Sohn erhöht werden, auf dass Alle, die an Ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ Gott sagt: „Ihr müsst,“ aber Er sagt auch: „Ich muss.“ Euer natürliches Leben ist verwirkt; ihr seid unter dem Gericht. Der erhöhte Menschensohn ist die Antwort darauf. Damit ist nun dem Teufel, der des Todes Gewalt hatte, die Macht genommen; denn Christus hat ihm am Kreuz den Kopf zertreten (Heb. 2, 14). Aber Christus ist nun auferstanden, und kann Allen, die an Ihn glauben, sein Leben mitteilen, denn Er hat allen Forderungen Gottes Genüge getan. Die neue Geburt ist die Mitteilung eines neuen Lebens. Christus ist das Leben, seitdem Er aus dem Gericht über die Sünde genommen ist; vor seinem Tod konnte der Fleisch gewordene Christus nicht unser Leben sein, denn das Gericht über unser altes Leben führt in den Tod.
Das „Weizenkorn“ muss sterben, ehe es Frucht bringen kann. Dies von den Toten errettete Leben Christi ist nun das neue Leben, welches dem Sünder gepredigt und auf seinen Glauben hin ihm eingepflanzt wird ein Leben, welches ebenso vollkommen, unbefleckt und unzerstörbar ist, wie das Leben Christi selbst, ein Leben, welches sich bereits siegreich erwiesen hat über das Kreuz der Schande über die Gewalt des Todes, welches in Kurzem die Sterblichkeit verschlingen wird.
Der Geist Gottes nimmt das Wort, das von dem erhöhten Christus zeugt, und macht es in unserm Herzen lebendig, so dass wir Ihn aufnehmen und unsere Seligkeit auf Ihn gründen können: dies ist die neue Geburt. Ein solches Leben wird lediglich dem Sünder angeboten - welch ein Trost! Kein Gerechter, kein Weiser dieser Welt, kein Reicher ist je als Solcher ins Reich Gottes eingegangen - sondern nur als ein gerecht gesprochener Sünder. Nur erlöste Sünder können das Lied des Himmelreichs singen nur diejenigen, welche mit all ihrer Schuld und Verlorenheit, all ihrem sündlichen Verderben und aufgewachten Gewissen sich zu den Füßen des Kreuzes geflüchtet und da den gekreuzigten Christus erblickt haben. Alle, welche in dies Reich eingegangen sind, sind „neue Kreaturen,“ das „beste Kleid, Ring und Schuhe“ sind ihnen angelegt und das gemästete Kalb ist geschlachtet worden. Welche Vollkommenheit ist doch in dem Wort Gottes! Das Wort sagt mir, dass ich von Neuem geboren werden muss, um das Reich Gottes zu sehen, und dasselbe Wort sagt mir auch, dass wenn ich nur ein schwaches Kindlein bin, die Ewigkeit mit dem HErrn mir doch so sicher ist, als wäre ich schon jetzt dort. Kein Hass der Teufel, keine Feindschaft der Welt, keine Macht des Fleisches kann mich zurückhalten. Wir haben das ewige Leben schon jetzt, wir haben den Keim des Himmels schon auf Erden, wir warten nicht erst dieses Lebens; denn „wer an den Sohn glaubt, hat das ewige Leben“ (V. 36).
Wir haben in Obigem versucht, kurz darzulegen, was es heißt: „Geboren zu werden aus dem Wasser und aus dem Geist.“ Lies 1 Joh. 5, 6-8: „Dieser ist es, der da kommt mit Wasser und Blut; nicht mit Wasser allein, sondern mit Wasser und Blut. Und der Geist ist es, der da zeugt, dass Geist Wahrheit ist. Denn Drei sind die da zeugen auf Erden: der Geist und das Wasser und das Blut, und diese Drei sind eins.“
Das Blut ist zur Sühne da, d. h. des Menschen Sohn ist ans Kreuz erhöht worden, und hat sein Leben gelassen für das unsere. „Dieser ist es, der da kommt mit Wasser und mit Blut“ (1. Joh. 5, 6).
Das Wasser ist zur Reinigung da, d. h. das Wort Gottes dringt mit Macht an unser Gewissen. „Christus kommt nicht mit Wasser allein“ (d. h. nicht als ein bloßer Lehrer des Worts), „sondern mit Wasser und Blut.“ Ganz gewiss kam Er als der große Lehrer, aber zugleich als das große Sühnopfer für unsere Sünde.
Der Geist ist es, der da zeugt, welchen Wert dies Blut in den Augen Gottes hat, und Er zeugt auch zugleich in unserm Geist, indem Er das Wort (das Wasser) in uns zur Anwendung bringt, und uns also gewiss reinigt. Er ist es, der in der neuen Kreatur neue Gedanken, Empfindungen und Vorsätze schafft und dieselben zum Ausdruck bringt; „und der Geist ist es, der da zeugt, weil der Geist Wahrheit ist.“
Diese Drei sind eins; treffen in einem Punkt zusammen und ihr Zeugnis dreht sich um das Eine: „Dass uns Gott das ewige Leben hat gegeben, und solches Leben ist in seinem Sohne. Wer den Sohn hat, hat das Leben“ (1. Joh. 5, 11. 12).
Alles was daher der Sünder bei dieser neuen Geburt zu tun hat, ist, dass er aussehe auf Christum am Kreuz, und wo anders findet er Ihn jetzt als in dem Wort? Er soll das glauben, was Gott von seinem Sohn sagt. Gott sagt: Ich habe dir Christum
gegeben (Joh. 3, 16), das glaube ich und danke Gott. Ich frage nicht danach, ob ich es fühle. Gott sagt es - nun eigne ich mir Christum zu und glaube seinem Wort, indem ich meinen Namen da hineinschreibe, wo Gott sein „Alle“ setzt. Mit diesem Wort Gottes empfangen wir des Geistes Zeugnis, das ist Gottes Zeugnis von seinem Sohn. Gott tut es Alles; wir glauben dem Wort.
Leser, bist du von Neuem geboren? Du bist nicht mit dir zufrieden und Gott ist nicht mit dir zufrieden. Du bist nicht damit zufrieden, dass du den Wert des Blutes und Verdienstes Christi noch so wenig zu schätzen weißt; nun lass dir das genug sein, was Gott davon hält. Der Geist ist gekommen, uns den Wert dieses Blutes in Gottes Augen zu bezeugen der Glaube hält sich daran und sieht ab von sich selbst. Gott sagt: „Wenn ich das Blut sehe, will ich vorüber gehen.“
Wenn du dies Zeugnis des Geistes Gottes in dem Wort nicht glaubst, so machst du Ihn zum Lügner. Willst du nicht lieber sagen: „Auf dass Gott wahrhaftig sei, und alle Menschen Lügner“ - ich an der Spitze? Solange der Mensch das nicht zugibt, macht er Gott zum Lügner. „Wer Gott nicht glaubt, der macht Ihn zum Lügner, damit dass er nicht glaubt dem Zeugnis, das Gott gezeugt hat von seinem Sohne. Und dies ist das Zeugnis, dass uns Gott das ewige Leben hat gegeben, und solches Leben ist in seinem Sohne.“ Solange du dein eigenes Herz fragst und seine Gedanken und Meinungen, so lange hörst du auch einen Lügner; wende dich von ihm ab und nimm Gott bei seinem Wort nimm seinen Sohn, wie Er Ihn dir gegeben hat.
Leser, bist du von Neuem geboren? Es gab einen Augenblick, da schwebten die gebissenen Israeliten zwischen Leben und Tod der war ihnen zum Aufsehen und Leben gegeben. Du schwebst in derselben Gefahr; hast du aufgesehen auf Jesum, um zu leben? Gott kann nicht mehr tun, als Er getan hat, um dein Leben zu retten Er hat seines Sohnes nicht verschont.
Siehe nicht auf deine Wunden, deine Sünden, um so Frieden zu bekommen. Versuche es nicht länger mit Gebeten, mit äußerlichem Gottesdienst - mit Werken sie sind nur Salben auf deine Schäden, die nimmer heilen können, - sondern blicke von allem Andern hinweg auf die Schlange an dem Pfahl. Es handelt sich nicht darum, ob dein Glaube groß oder klein, schwach oder stark ist; es handelte sich nicht darum, ob die gebissenen Israeliten zu der Schlange kurz oder lang aufschauten ob sie aufschauten, darauf kam es an. Seht auf Ihn, so werdet ihr leben. Du hast nur einen kurzen, aber hinreichenden Augenblick Zeit.
Aber wie verbringen die Menschen diesen kurzen Augenblick? Sie jagen dem Gelde nach, der Augenlust, der Fleischeslust, dem hoffärtigen Wesen, sie machen sich vergängliche Kronen während das Gerichtsschwert über ihrem Haupte hängt und die Rettungstür noch eben offen steht.
Gott steht vor ihnen mit dem gewaltigen Wort der Wahrheit: „Ihr müsst von Neuem geboren werden“ und dein kostbaren Wort der Gnade: „Des Menschen Sohn muss erhöht werden,“ Er gab seinen Sohn dahin in den Tod. Welch ein heiliger Gott! Welch ein gerechter, wahrhaftiger Gott! Als der sündlose Christus unsere Sünde auf sich geladen hatte, da konnte Gott Ihn nicht frei ausgehen lassen. Meinst du, Er werde nach diesem furchtbaren Tag auf Golgatha dich frei ausgehen lassen? dort lesen wir das Gericht über die Sünde. Wie werden wir entrinnen können, so wir solche große Seligkeit nicht achten? Wir haben es hier nicht nur mit dem heiligen Gott als Richter zu tun; es war seine Liebe, welche den Plan des ganzen Erlösungswerks entwarf und hinausführte. Doppelt bitter wird der Zorneskelch dir sein, wenn du die Seligkeit eines solchen Gottes von dir stößt, der sich dir als Liebe zu erkennen gibt; denn damit ein jeder arme Sünder wiedergeboren werde, „hat Gott also die Welt geliebt, dass Er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass Alle, die an Ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben“ (Joh. 3, 16).
Nun gibt es aber viele Menschen, die sind von allem diesem überzeugt; überzeugt, dass sie verloren sind, dass sie einen Heiland nötig haben, nicht einen Lehrer, dass sie eine Natur nötig haben, welche Gottes froh werden kann auch davon, dass sie dieselbe nur durch die neue Geburt erlangen können aber sie wissen nicht, wie sie dazu kommen sollen. Gerade so ging es einem Mann, mit dem ich einst folgendes Gespräch hatte, als ich mit ihm nach einer Predigt zusammentraf.
„Ist Ihnen das Heil Gottes wohl schon recht nahe getreten?“ frug ich ihn.
„O ja,“ erwiderte er, „ich habe oft darüber nachgedacht.“
„Sind Sie denn ein seliger Mensch?“
„Das könnte ich nicht sagen ich bin gar nicht, wie ich sein möchte.“
„Das kann ich mir wohl denken, so geht es uns Allen mehr oder weniger. Haben Sie denn aber Frieden mit Gott?“
„Ich habe noch nie recht zum Gefühl des Friedens kommen können.“
„Mit sich selbst sollen Sie auch niemals zum Frieden kommen, das ist ganz recht; aber haben Sie Frieden mit Gott?“
„Um die Wahrheit zu sagen, so steht es nicht richtig mit mir.“
„Wie lange haben Sie denn schon über diese Dinge nachgedacht?“
„Sieben oder acht Jahre ist es her, da hörte ich im Norden Irlands eine Predigt über das Wort: 'Ihr müsst von Neuem geboren werden, und seit der Zeit ist es mein dringendes Verlangen, die Wirkung des Heiligen Geistes in mir zu verspüren.“
„Und Sie konnten es nicht?“ „Ich war nicht sicher.“
„Wie kann aber auch Jemand von uns je über das sicher sein, was in seinem Innern vorgeht, besonders da unser Feind so gern eine Lichtgestalt annimmt?“ „Was soll ich denn aber tun?“
„Sie wissen, es war der Herr Jesus, der gesagt hat: 'Ihr müsst von Neuem geboren werden.' 'Es sei denn, dass Jemand geboren werde aus dem Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen.' Aber obgleich der Herr Jesus selber der Lehrer war, konnte Nikodemus doch am Ende dieser Unterredung nicht verstehen, wie er selig werden könne, sondern sprach zu Ihm: 'Wie mag solches zugehen?'„ „Gerade so geht es mir.“
„Nun, was tat der HErr? Er zeigte ihm, wie man's mit Kindern zu machen pflegt, ein Bilderbuch, und zeigte ihm das Bild eines sterbenden Mannes, der von sich selbst hinweg zu einer Schlange an einem Pfahl aufblickt und dadurch am Leben bleibt, und sagt zu ihm: 'Wie Moses in der Wüste eine Schlange erhöht hat, also muss des Menschen Sohn erhöht werden, auf dass Alle, die an Ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.' Nun machen Sie es ebenso; sehen Sie Ihn an, so werden Sie Leben.“
„Das ist gerade, was ich zu tun versucht habe, und was mir nicht gelingen will. - Was heißt es denn, Jesum ansehen?“
„Ich kann Ihre Schwierigkeit wohl verstehen. Sie können Christum nicht mit leiblichen Augen sehen, Sie können Ihn nicht in einer Vision sehen - Sie können, wie Sie sagen, seine Nähe nicht fühlen - Sie können Ihren Glauben nicht fühlen.“
„Ja, so ist es, was soll ich aber tun?“
„Ich will Ihnen ein Gleichnis sagen: Sie haben eine jährliche Miete von sage 200 Mark zu bezahlen. Sie haben eine zahlreiche Familie zu ernähren, und da sie kürzlich krank und ohne Arbeit waren so sehen Sie sich außer Stande, sie zu bezahlen. Nun nehmen Sie an, ich erführe von Ihrer Not, käme zu Ihnen und sagte von Mitleid bewogen: 'Johann, ich höre, dass Ihre Miete fällig ist; ich weiß aber, dass Sie sehr schlechte Zeiten gehabt haben und nicht im Stande sind zu bezahlen; machen Sie sich nun darüber keine Sorge, bezahlen Sie Ihre übrigen Bedürfnisse mit dem, was Sie haben, und überlassen Sie mir die Miete.' Sie kennen mich und glauben mir, und gehen nun erleichtert nach Hause. Der Sonnabend kommt, Sie bringen Ihren Lohn mit nach Hause und sagen Ihrer Frau, sie könne ihn ganz für Nahrung und Kleidung ausgeben.“
„Aber Johann, wir müssen an die Miete denken.“ „O denke nur, ich traf einen Freund und er will die Miete für mich bezahlen.“
Der Zahltag naht heran, ein Nachbar kommt zu Ihnen und fragt: „Wie viel hast du zu deiner Miete?“ „Gar nichts.“
„Gar nichts, wieso?“
„Nein, denn ein Freund hat mir versprochen, er wolle die Miete diesmal für mich bezahlen, und ich verlasse mich auf ihn.“
„Bist du denn ganz ruhig dabei?“
„Ja, denn ich kenne ihn und vertraue ihm; er wird mich nicht täuschen.“
„Der Zahltag ist nun da, selbst Ihre Frau wird ängstlich und zweifelhaft; aber Sie halten sich an mein Wort. Und zur bestimmten Zeit trete ich ein und löse mein Wort und freue mich, dass trotz aller Zweifel Ihres Nachbars, aller Ängstlichkeit Ihrer Frau und ihres eigenen bangen Herzens, Sie sich auf mein Wort verlassen und die Miete von mir erwartet haben.“
So ist es gerade mit unserer Seligkeit. „Seht auf mich, so werdet ihr selig,“ sagt der HErr, das heißt: Verlasset euch auf mich, erwartet eure Seligkeit von mir. Christus hat am Kreuz der Gerechtigkeit Gottes Genüge getan. Er hat des Sünders Schuld bezahlt. Die Menschen wollen immer mit ihrem Almosengeben, mit ihrem Beten, mit ihrem sittlichen Leben etwas dazu beitragen. Aber damit wird Niemand selig. Gott sagt: „Seht auf mich, so werdet ihr selig;“ und dann könnt ihr all euer Geld und eure Gaben zur Ehre Gottes verwenden. Erst müssen wir selig sein, dann kommt die Heiligung nach, und dann können wir Gott den Dienst erweisen, der Ihm gefällt: „Die Waisen und Witwen in ihrer Trübsal besuchen und sich von der Welt unbefleckt erhalten.“ - Dieser reine und unbefleckte Gottesdienst ist das Leben eines seligen Menschen das aus der neuen Natur entspringt; die Werke, die Gott annimmt, führen uns nicht zu dem Kreuz hin, sondern gehen von dem Kreuz aus das Heilswerk aber hat Christus ganz allein getan. Nun siehe nicht länger in dich hinein, auf dein Gefühl, sondern siehe auf Ihn und auf das, was Er für dich getan hat, das ganz allein macht uns selig selbst nicht des Geistes Werk in uns wir werden nicht um des Glaubens willen selig, sondern durch den Glauben. „Seht auf mich aller Welt Enden, so werdet ihr selig.“