Luther, Martin - Bedenken über den Abendmahlsstreit

Ende Januar 1535

Auf des Bucers Meinung, so Magister Philipps von Kassel hat bracht, ist das mein Gutdunken. Erstlich, weil darin vermeldet, daß die Prädicanten wollen und sollen der Apologia oder Confession gemäß lehren, kann und weiß ich solche Concordia nicht ausschlahen fur meine Person.

Zum andern, weil sie deutlich bekennen, daß Christus Leib wahrhaftig und wesentlich im Abendmahl im Brod gereicht, empfangen und geessen werde rcx.; wo ihr Herz stehet, wie die Wort lauten: weiß ich auf dießmal die Wort nicht zu strafen.

Zum dritten, nu aber diese Sache vom Anfang daher weit und tief gerissen ist, daß bei den Unsern noch zur Zeit schwerlich gegläubt wird, daß es jene so lauter meinen, als die Wort da stehen, und die Beisorge noch gar stark ist, daß ihrer etliche unserm Namen und Glauben fast feind sein: sehe ich fur nutz und gut an, daß man die Concordia nicht so plotzlich schließe, damit jene nicht ubereilet, und bei den Unsern nicht eine Zwietracht sich errege. Denn sie gehoren auch zur Sachen, die nicht meine oder Jemands alleine ist; sondern, wo man aus den vorgesetzten Worten begonst freundlicher gegen ander zu handeln, wurde sichs mit der Zeit wohl ereigen, ob ihre Meinung rein und recht wäre, oder etwas dahinten hätten, damit solche Concordia hernach ärger Discordia mocht werden.

So kunnten indeß die Unsern den Argwohn oder Grollen sänften, darnach endlich fallen lassen; und wenn sich alsdenn das trube Wasser auf beiden Theilen gesetzt, kunnte man eine rechte beständige Einigkeit beschließen, die mit Aller Bewilligung ohn Argwohn aus rechtem Grunde von Allen wurde williglich und ungenothigt angenommen, welchs ohn weiter Unterredung und Erkenntniß nicht wohl oder leichtlich geschehen kann.

Quelle: Dr. Martin Luther's sämmtliche Werke, Bd. 55