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Psalter

Psalter

Psalm 1

1:1 Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen, noch tritt auf den Weg der Sünder, noch sitzt, da die Spötter sitzen,

1:2 sondern hat Lust zum Gesetz des HErrn und redet von seinem Gesetz Tag und Nacht.

1:3 Der ist wie ein Baum, gepflanzet an den Wasserbächen, der seine Frucht bringet zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht, und was er macht, das gerät wohl.

1:4 Aber so sind die Gottlosen nicht, sondern wie Spreu, die der Wind verstreuet.

1:5 Darum bleiben die Gottlosen nicht im Gerichte, noch die Sünder in der Gemeine der Gerechten.

1:6 Denn der HErr kennet den Weg der Gerechten, aber der Gottlosen Weg vergehet.
Vor Gott giebt es keine Mittelklassen, sondern nur zwei Klassen von Menschen: Gottlose und Gerechte. jene bilden drei Stufen: Gottlose im engeren Sinne, ungöttliche Menschen, die kein Leben aus Gott haben, sondern nur von der Welt sind, dann Sünder, bei denen das innere Verderben nicht mehr verborgen, sondern herausgetreten ist in mehr oder minder groben Ausbrüchen, welche bis zur Leidenschaft, bis zum Laster erreifen; sie fallen von einer offenbaren Sünde in die andere, und werden zuletzt Spötter und Verräther alles Heiligen. So geht es mit ihnen immer tiefer herunter, bis sie sterben, und die Seele dann entblößt dasteht und schnell dann dem anheimfällt, dem sie innerlich angehört. Traurige Zukunft der Gottlosen! Ihnen ist nicht wohl, wie den Gerechten, sie bestehen in keinem göttlichen Gerichte, sie haben sich selbst ausgeschieden aus der Gemeinde Gottes, und die ganze Summe ihrer Grundsätze, Wünsche, Pläne und Hoffnungen wird zuletzt in ihrer Nichtigkeit offenbar. – Wie ganz anders die Gerechten, deren Lust es ist, Gottes geoffenbartes Wort zu lesen und zu lernen, zu hören und zu verstehen! Wie sie wachsen wie Bäume in der Gnade durch die beständigen Geisteszuflüsse von oben! Wie sie Früchte des Glaubens und der Treue, der Liebe und des Gehorsams und der Hoffnung des ewigen Lebens tragen! Wie ihre Werke in lange dauerndem Segen bleiben und ihnen nachfolgen in die Ewigkeit! Wie der Herr sich zu ihnen und ihrem Wege bekennt! – Herr, bewahre meine Worte vor der Gemeinschaft, vor den Rathschlägen und Spottreden der Gottlosen, ja, vor jeder Lust an der Sünde, und gieb mir Gnade, daß ich meine einzige Lust an Deinem Worte habe, darnach meinen Gang, meine Worte und Werke einrichte, täglich den einen oder andern Spruch in meinen Gedanken habe, damit aus- und eingehe, in Deiner heiligen Furcht wandle, davon gern rede und mich Deiner niemals schäme. Laß diesen ersten Psalm zeitlebens meine Lebensregel bleiben, und wenn ich davon weiche, führe mich zurück. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 2

2:1 Warum toben die Heiden, und die Leute reden so vergeblich?

2:2 Die Könige im Lande lehnen sich auf, und die Herren ratschlagen miteinander wider den HErrn und seinen Gesalbten:

2:3 Lasset uns zerreißen ihre Bande und von uns werfen ihre Seile!

2:4 Aber der im Himmel wohnet, lachet ihrer, und der HErr spottet ihrer.

2:5 Er wird einst mit ihnen reden in seinem Zorn, und mit seinem Grimm wird er sie schrecken.

2:6 Aber ich habe meinen König eingesetzt auf meinem heiligen Berg Zion.

2:7 Ich will von einer solchen Weise predigen, daß der HErr zu mir gesagt hat: Du bist mein Sohn, heute hab ich dich gezeuget.

2:8 Heische von mir, so will ich dir die Heiden zum Erbe geben und der Welt Ende zum Eigentum.

2:9 Du sollst sie mit einem eisernen Zepter zerschlagen; wie Töpfe sollst du sie zerschmeißen.

2:10 So laßt euch nun weisen, ihr Könige, und laßt euch züchtigen, ihr Richter auf Erden!

2:11 Dienet dem HErrn mit Furcht und freuet euch mit Zittern!

2:12 Küsset den Sohn, daß er nicht zürne und ihr umkommet auf dem Wege; denn sein Zorn wird bald anbrennen. Aber wohl allen, die auf ihn trauen!
Die Wahrheit dieser Worte hat besonders das Osterfest bewährt. Da hast Du freilich, ewiger und mächtiger Gott, Deinen Sohn zum Könige in Deiner Kirche auf Deinem heiligen Berge Zion eingesetzt, daß Er ihr Haupt, Regent und Beschützer sein soll. Laß Ihn nun auch in mir seine köstliche Regierung aufrichten, daß Er regiere meine Gedanken, damit ich beständig mit Dir umgehe, an Dich denke, mich Deiner Liebe erfreue, wo ich aus- und eingehe, arbeite und bin, mir Deine heilige Gegenwart vorstelle; - daß Er meine Zunge und Lippen regiere, damit nichts Unreines vorgebracht werde, sondern ich sie aufthue zu Deinem Lobe, zum Nutzen des Nächsten und meinem Beruf ein Genüge zu thun; - daß Er regiere mein Leben, meine Gänge, damit ich als ein Kind Gottes auf Dein Gebot und Deinen Willen sehe. O seliges Leben, wenn Jesus mein König ist! Unter Seiner Regierung ist mir wohl. Er bewahrt mich vor schweren Rückfällen, schenkt mir seinen heiligen Geist zum Führer und Tröster, der mich heilige, Welt und Sünde mir bitter mache. Andere Könige nehmen von ihren Unterthanen Geschenke und Gaben, lassen sich Schoß und Zoll zahlen; aber mein Jesus schenkt mir herrliche, himmlische und ewige Gaben hier in der Zeit und unaussprechliche Güter in der Ewigkeit. Er kleidet mich mit seiner Gerechtigkeit, wäscht mich von Sünden mit seinem Blut, und bringt mich endlich zum völligen Genuß seines Königreichs. Indessen giebt Er mir Kraft, wider die Sünde zu streiten. Darum toben die Völker, mein Fleisch und Blut widerstrebt dieser Regierung, die Welt lacht darüber; allein ich befinde mich wohl dabei. Mein Jesu, sei und bleibe heute und allezeit mein König, Licht und Leben, ich entsage allen Dingen ab und übergebe mich Dir mit ganzem Herzen und Willen. Lösch’ alle Sünden aus in mir, mein Herz mit Lieb’ und glauben zier’, und was sonst ist von Tugend mehr, das pflanz’ in mir zu Deiner Ehr’! Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 3

3:1 Ein Psalm Davids, da er floh vor seinem Sohn Absalom.

3:2 Ach, HErr, wie ist meiner Feinde so viel, und setzen sich so viele wider mich!

3:3 Viele sagen von meiner Seele: Sie hat keine Hilfe bei GOtt. Sela.

3:4 Aber du, HErr, bist der Schild für mich, und der mich zu Ehren setzet und mein Haupt aufrichtet.

3:5 Ich rufe an mit meiner Stimme den HErrn, so erhöret er mich von seinem heiligen Berge. Sela.

3:6 Ich liege und schlafe und erwache; denn der HErr hält mich.

3:7 Ich fürchte mich nicht vor viel Hunderttausenden, die sich umher wider mich legen.

3:8 Auf HErr, und hilf mir, mein GOtt; denn du schlägst alle meine Feinde auf den Backen und zerschmetterst der Gottlosen Zähne.

3:9 Bei dem HErrn findet man Hilfe und deinen Segen über dein Volk. Sela.

Psalm 4

4:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen auf Saitenspielen.

4:2 Erhöre mich, wenn ich rufe, GOtt meiner Gerechtigkeit, der du mich tröstest in Angst; sei mir gnädig und erhöre mein Gebet!

4:3 Liebe Herren, wie lange soll meine Ehre geschändet werden? Wie habt ihr das Eitle so lieb und die Lügen so gerne! Sela.

4:4 Erkennet doch daß der HErr seine Heiligen wunderlich führet! Der HErr höret, wenn ich ihn anrufe.

4:5 Zürnet ihr, sündiget nicht! Redet mit eurem Herzen auf eurem Lager und harret. Sela.

4:6 Opfert Gerechtigkeit und hoffet auf den HErrn.

4:7 Viele sagen: Wie sollt uns dieser weisen, was gut ist? Aber, HErr, erhebe über uns das Licht deines Antlitzes!

4:8 Du erfreuest mein Herz, ob jene gleich viel Wein und Korn haben.

4:9 Ich liege und schlafe ganz mit Frieden; denn allein du, HErr, hilfst mir, daß ich sicher wohne.
Wohl denen, die also sprechen können: „Ich liege und schlafe ganz in Frieden; denn allein Du, Herr, hilfst mir, daß ich sicher wohne.“ David hatte in seinem Leben viel zu schaffen mit seinen Feinden, er warnte sie vor Majestätschändung, Eitelkeit und Lügen, er ermahnte sie zur Erkenntniß der wunderlichen und doch so herrlichen Wege Gottes, zur Mäßigung, Sanftmuth und Gerechtigkeit: Alles umsonst, er richtete nichts damit aus, sie spotteten meistentheils seiner nur um so frecher und riefen: wie sollte uns dieser weisen, was gut ist? Da wendet er von ihnen sich weg zu seinem Gott und jauchzt: „Du erfreust mein Herz, ob jene gleich viel Wein und Korn haben; ich liege und schlafe ganz mit Frieden; denn allein Du, Herr, hilfst mir, daß ich sicher wohne.“ Er wußte aus Erfahrung, worin die rechte Freude besteht. – Gottes Gnade allein giebt uns Schutz und Schirm. Wer ihrer gewiß ist, läßt der Welt gern ihre Schätze, Freuden und Ehren, bekümmert sich um das Zeitliche niemals, und kein Feind ist im Stande, seine Ruhe zu stören. Aber freilich kommt Alles darauf an, daß wir in der Gnade fest stehen, und das ist nicht leicht. Manche geben sich ein heroisches Aussehen, und im Herzen wackelt doch Alles. Wenn man diese fragt: Hast du denn wirklich etwas Festes? so können sie weder Ja noch Nein sagen. Und dies ist das sicherste Zeichen, daß sie noch nichts Festes haben. Sie bauen in die Höhe, und haben noch keinen Grund gelegt: was Wunder, wenn dann Stöße kommen und das ganze Gerüste zusammenfällt? Und doch ist die Gnade Gottes etwas, das Jeder frei und umsonst haben kann. Gott schenkt sie jedem armen Sünder, aber auch nur Dem. Man muß zuerst innerlich zusammenbrechen, dann erst wird man von oben stark und kräftig. Die Naturkraft muß der Gnadenkraft Platz machen, und die falschen Stelzen dem Grund, außer dem kein anderer gelegt werden kann. Christus muß den Stärksten zum Schwächsten und den Reichsten zum Aermsten gemacht haben, dann wird Eisen und Erz an unser Schuhen sein, und unser Alter wird sein wie unsere Jugend. (5. Mos. 33,25.) Die festesten Gottesmänner sind nur in den Abgründen und in den Thränen stark geworden. Amen.(Friedrich Arndt)

Psalm 5

5:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen für das Erbe.

5:2 HErr, höre meine Worte, merke auf meine Rede!

5:3 Vernimm mein Schreien, mein König und mein GOtt; denn ich will vor dir beten.

5:4 HErr, frühe wollest du meine Stimme hören; frühe will ich mich zu dir schicken und drauf merken.
Frühe Morgens, frühe in deiner Jugend, sollst du dich zum Herrn schicken, täglich frühe dich zu ihm erheben. Du kommst ihm nie zu frühe, er ist schon vor dir aufgestanden, deine Stimme zu hören und sein Herz zu deinem Herzen zu neigen. Je früher und herzlicher du am Morgen gleich sein Antlitz suchest, desto herrlicher und kräftiger wird er dir als Sonne aufgehen und als Schild erscheinen, alle Nacht und Finsterniß aus deinem Gemüthe verbannen, dein Herz in Glauben und Liebe fruchtbar machen. Die Gärtner pflegen ihre Pflanzen und Gewächse der Morgensonne auszusetzen; so laß du in den Garten deines Herzens die Sonne der Gerechtigkeit, die dir täglich frühe aufgeht, wenn du sie frühe suchest, scheinen, und fasse ihre wohlthätigen, belebenden, erwärmenden und stärkenden Strahlen recht frühe in dein Herz auf. Die Sonne geht alle Tage auf ohne dein Bemühen; sie wandelt über dir und deinem Garten, ohne daß du sie halten oder führen müßtest. Nur dein Herz mußt du ihr öffnen, oder doch wenigstens nicht verschließen, es nicht bedecken, sondern mit offnem, sehnendem, schmachtendem Herzen dich ihren Einflüssen aussetzen; so wird sie dich erleuchten, beleben und entzünden. Was besonders erfreulich ist an dieser Seelen-Sonne, ist das: Sie geht nie unter, scheint zu allen Jahreszeiten gleich warm und helle; im Norden wie im Süden, im Winter wie im Sommer. Sie kennt keinen Untergang, auch keine Wolken; denn die steigen, wenn sie da sind, und dir die Sonne verbergen, nur aus deinem Moosgrunde auf. Wer sie nie aus dem Auge läßt, den verläßt sie auch nie. (Johannes Gossner)

5:5 Denn du bist nicht ein GOtt, dem gottlos Wesen gefällt; wer böse ist, bleibet nicht vor dir.

5:6 Die Ruhmredigen bestehen nicht vor deinen Augen; du bist feind allen Übeltätern.

5:7 Du bringest die Lügner um; der HErr hat Greuel an den Blutgierigen und Falschen.

5:8 Ich aber will in dein Haus gehen auf deine große Güte und anbeten gegen deinem heiligen Tempel in deiner Furcht.

5:9 HErr, leite mich in deiner Gerechtigkeit um meiner Feinde willen; richte deinen Weg vor mir her.

5:10 Denn in ihrem Munde ist nichts Gewisses, ihr Inwendiges ist Herzeleid, ihr Rachen ist ein offenes Grab, mit ihren Zungen heucheln sie.

5:11 Schuldige sie, GOtt, daß sie fallen von ihrem Vornehmen! Stoße sie aus um ihrer großen Übertretung willen; denn sie sind dir widerspenstig.

5:12 Laß sich freuen alle, die auf dich trauen; ewiglich laß sie rühmen, denn du beschirmest sie; fröhlich laß sein in dir, die deinen Namen lieben!

5:13 Denn du, HErr, segnest die Gerechten; du krönest sie mit Gnade wie mit einem Schilde.

Psalm 6

6:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen auf acht Saiten.

6:2 Ach, HErr, strafe mich nicht in deinem Zorn und züchtige mich nicht in deinem Grimm!

6:3 HErr, sei mir gnädig, denn ich bin schwach; heile mich, HErr, denn meine Gebeine sind erschrocken,

6:4 und meine Seele ist sehr erschrocken. Ach, du HErr, wie lange!

6:5 Wende dich, HErr, und errette meine Seele; hilf mir um deiner Güte willen!

6:6 Denn im Tode gedenkt man dein nicht; wer will dir in der Hölle danken?

6:7 Ich bin so müde vom Seufzen, ich schwemme mein Bette die ganze Nacht und netze mit meinen Tränen mein Lager.

6:8 Meine Gestalt ist verfallen vor Trauern und ist alt worden; denn ich allenthalben geängstet werde.

6:9 Weichet von mir, alle Übeltäter; denn der HErr höret mein Weinen,

6:10 der HErr höret mein Flehen, mein Gebet nimmt der HErr an.

6:11 Es müssen alle meine Feinde zuschanden werden und sehr erschrecken, sich zurückkehren und zuschanden werden plötzlich.
Dies ist der erste Bußpsalm Davids in der Reihe der sieben Bußpsalmen, (32. 38. 51. 102. 130. 143.) und enthält ein gar bewegliches Klaggebet um Abwendung des göttlichen Zorns. Mit diesem Psalm tröstete im Jahre 1541 Dr. Luther eine betrübte und angefochtene Person und sagte: „Ich, Dr. Luther, bin auch in solchen Anfechtungen gewesen, die meinen Leib gar verzehrten, daß ich nicht wohl Athem hatte und mich schier kein Mensch trösten konnte; denn wem ichs klagte, der sagte: „Ich weiß nichts von dieser Anfechtung,“ daß ich darauf sagte: Bin ich’s denn allein, der ich den Geist der Traurigkeit leiden muß? Aber ich war’s nicht allein. Siehe den König David an, der hat diese Anfechtung auch gehabt. Er sprach wohl ernstlich: „Ich aber sprach, da mirs wohl ging, ich werde nimmermehr darniederliegen.“ (Ps. 30,7.) Darnach aber sprach er: „Ach, Herr, strafe mich nicht in Deinem Zorn und züchtige mich nicht in Deinem Grimm.“ (Ps. 6,2.) Diesen Vers habe ich aus der Erfahrung gelernt: „Ich schwemme mein Bett die ganze Nacht und netze mit meinen Thränen mein Lager.“ (Ps. 6,7.) – Freude und Leid, beides gehört zusammen; wer das Eine will, muß auch das Andere haben. Darum stehen neben den Lob- und Dankpsalmen auch Buß- und Klagpsalmen und folgt auf den Sonntag Jubilate der Buß- und Bettag des Jahres. Mit der Genesung der Seele geht’s einmal nicht anders. Sünde und Gnade bleiben, so lange wir leben, die Angeln, um die sich unser Christenthum dreht. Beim Blick auf die Gnade daher lauter Dank, beim Blick auf unsere Sünde lauter Buße! Des Christen Leben daher ein immerwährendes Loben und sich Beugen! Auf das: Herr, sei mir gnädig! folgt immer das Bekenntniß: denn ich bin schwach. Die Noth allein macht Füße. Vollends die Seelen- und Sünden-Noth. Die Bußthränen sind das beste Vorbeugungsmittel vor der Hölle. Doch ist es nicht sowohl das weinende Auge, als das zerbrochene Herz, worauf Gott sieht. Um solches Herz bitte ich Dich; Herr, gieb, Herr erhalte es mir bis an mein Ende. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 7

7:1 Die Unschuld Davids, davon er sang dem HErrn von wegen der Worte des Mohren, des Jeminiten.

7:2 Auf dich, HErr, traue ich, mein GOtt! Hilf mir von allen meinen Verfolgern und errette mich,

7:3 daß sie nicht wie Löwen meine Seele erhaschen und zerreißen, weil kein Erretter da ist.

7:4 HErr, mein GOtt, hab ich solches getan, und ist Unrecht in meinen Händen;

7:5 hab ich Böses vergolten denen, so friedlich mit mir lebten, oder die, so mir ohne Ursache feind waren, beschädiget,

7:6 so verfolge mein Feind meine Seele und ergreife sie und trete mein Leben zu Boden und lege meine Ehre in den Staub. Sela.

7:7 auf, HErr, in deinem Zorn, erhebe dich über den Grimm meiner Feinde und hilf mir wieder in das Amt, das du mir befohlen hast,

7:8 daß sich die Leute wieder zu dir sammeln; und um derselben willen komm wieder empor.

7:9 Der HErr ist Richter über die Leute. Richte mich, HErr, nach meiner Gerechtigkeit und Frömmigkeit.

7:10 Laß der Gottlosen Bosheit ein Ende werden und fördere die Gerechten; denn du, gerechter GOtt, prüfest Herzen und Nieren.

7:11 Mein Schild ist bei GOtt, der den frommen Herzen hilft.

7:12 GOtt ist ein rechter Richter und ein GOtt, der täglich dräuet.

7:13 Will man sich nicht bekehren, so hat er sein Schwert gewetzt und seinen Bogen gespannet und zielet,

7:14 und hat drauf gelegt tödlich Geschoß; seine Pfeile hat er zugerichtet zu verderben.

7:15 Siehe, der hat Böses im Sinn, mit Unglück ist er schwanger; er wird aber einen Fehl gebären.

7:16 Er hat eine Grube gegraben und ausgeführt und ist in die Grube gefallen, die er gemacht hat.

7:17 Sein Unglück wird auf seinen Kopf kommen und sein Frevel auf seine Scheitel fallen.

7:18 Ich danke dem HErrn um seiner Gerechtigkeit willen und will loben den Namen des HErrn, des Allerhöchsten.

Psalm 8

8:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen auf der Githith.

8:2 HErr, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen, da man dir danket im Himmel!

8:3 dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge hast du eine Macht zugerichtet um deiner Feinde willen, daß du vertilgest den Feind und den Rachgierigen.

8:4 Denn ich werde sehen die Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitest.

8:5 Was ist der Mensch, daß du sein gedenkest; und des Menschen Kind, daß du dich sein annimmst?
Der Psalmist will durch diesen Vergleich die unendliche Güte Gottes besonders hervorheben. Es ist wunderbar, daß der Schöpfer des Himmels, dessen Herrlichkeit so unbeschreiblich groß ist, sich so tief herabläßt, den Menschen zu lieben und sich um ihn zu kümmern. Dieser große Gegensatz wird besonders dadurch deutlich, daß der Psalmist hier ein Wort gebraucht, das den Menschen in seiner Ohnmacht, Hinfälligkeit und Sterblichkeit bezeichnet. Fast alle Ausleger übersetzen das mit „gedenken“ wiedergegebene Wort mit „heimsuchen“. Es kann auch manchmal „sich erinnern“ bedeuten. In diesem Sinn könnte David sagen: „Wie wunderbar ist es, daß Gott an die Menschen denkt und sich ständig an sie erinnert.“ (Jean Calvin)

8:6 Du wirst ihn lassen eine kleine Zeit von GOtt verlassen sein. Aber mit Ehren und Schmuck wirst du ihn krönen.

8:7 Du wirst ihn zum Herrn machen über deiner Hände Werk; alles hast du unter seine Füße getan:

8:8 Schafe und Ochsen allzumal, dazu auch die wilden Tiere,

8:9 die Vögel unter dem Himmel und die Fische im Meer und was im Meer gehet.

8:10 HErr, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen!
Herr, wie sind Deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weislich geordnet! Du hast die Sterne erschaffen. Du hältst sie in ihren Bahnen. Seit Jahrtausenden wandeln sie ihren stillen Gang nach unwandelbaren Gesetzen. Noch ist keiner aus seiner Bahn geglitten, noch hat keiner seinen Weg verändert. Wie am ersten Morgen der Schöpfung, so gehen noch heute auf und nieder die Sterne. Wie ein Hirt seine Heerde, so weidet Jehovah das Heer derselbigen. Sie gehorchen alle dem Wink ihres einigen Meisters. Wo ist denn das starke Band, das die Welten in ihrem Umschwung hält? Deine Allweisheit, Unendlicher, hat gewoben das unsichtbare Band. – O meine Seele, lobe den Herrn! Gehe mit deinen Augen von Stern zu Stern, und erkenne es tief im Staube, wie groß Gott ist und wie klein du bist, wie Thorheit so oft deine Schritte bezeichnet, aber Weisheit die Bahnen der Sterne! Willst du Ihm nicht unwandelbar vertrauen? Der die Sterne hält, wird auch dich nicht fallen lassen! Der den Welten die Bahnen zeigt, wird auch deinen Weg durch’s Leben bahnen! Der das All regiert, wird auch deines Hauses sich erbarmen! Gott, heller und heller lese ich es in Deinen Sternen: Du bist die Liebe! – Freundlich ist der Sterne Schimmer. Wie hebt das dunkle Blau des Himmels ihren funkelnden Glanz! Von jedem Stern grüßt Seine Liebe uns. Wenn es hier unten dunkelt, dann wird es dort oben helle. Nur die Erde kennt Nacht: im Himmel ist es Licht. Wenn ich auf Erden nicht sehen kann, will ich aufwärts zu den Sternen meinen Blick erheben. Wie es schon jetzt am Himmel helle ist, wenn es auf Erden dunkel ist, so wird einst im Himmel alles Erdendunkel sich lichten. – O meine Seele, lobe den Herrn! Sein Licht ist dir aufgegangen! Die Irrlichter sind nur auf der Erde, also – am Himmel zünde dein Licht an! In Gott das höchste Licht zu erblicken, das lehret mich der Sternenhimmel. Die Erde ist dunkel, das menschliche Herz ist es auch. Die Erde wird von oben erleuchtet, das menschliche Herz wird es auch. Von oben muß kommen das Licht in die Seele, sonst bleibt sie ein dunkler Ort. Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichte! Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 9

9:1 Ein Psalm Davids von der schönen Jugend, vorzusingen.

9:2 Ich danke dem HErrn von ganzem Herzen und erzähle alle deine Wunder.

9:3 Ich freue mich und bin fröhlich in dir und lobe deinen Namen, du Allerhöchster,

9:4 daß du meine Feinde hinter sich getrieben hast; sie sind gefallen und umkommen vor dir.

9:5 Denn du führest mein Recht und Sache aus; du sitzest auf dem Stuhl ein rechter Richter.

9:6 Du schiltst die Heiden und bringest die Gottlosen um; ihren Namen vertilgest du immer und ewiglich.

9:7 Die Schwerter des Feindes haben ein Ende; die Städte hast du umgekehret; ihr Gedächtnis ist umkommen samt ihnen.

9:8 Der HErr aber bleibt ewiglich; er hat seinen Stuhl bereitet zum Gericht.

9:9 Und er wird den Erdboden recht richten und die Leute regieren rechtschaffen.

9:10 Und der HErr ist des Armen Schutz, ein Schutz in der Not.

9:11 Darum hoffen auf dich, die deinen Namen kennen; denn du verlässest nicht, die dich, HErr, suchen.

9:12 Lobet den HErrn, der zu Zion wohnet; verkündiget unter den Leuten sein Tun!

9:13 Denn er gedenkt und fragt nach ihrem Blut; er vergisset nicht des Schreiens der Armen.

9:14 HErr, sei mir gnädig; siehe an mein Elend unter den Feinden, der du mich erhebest aus den Toren des Todes,

9:15 auf daß ich erzähle all deinen Preis in den Toren der Tochter Zion, daß ich fröhlich sei über deine Hilfe.

9:16 Die Heiden sind versunken in der Grube, die sie zugerichtet hatten; ihr Fuß ist gefangen im Netz, das sie gestellet hatten.

9:17 So erkennet man, daß der HErr Recht schaffet. Der Gottlose ist verstrickt in dem Werk seiner Hände durchs Wort. Sela.

9:18 Ach, daß die Gottlosen müßten zur Hölle gekehret werden, alle Heiden, die GOttes vergessen!

9:19 Denn er wird des Armen nicht so ganz vergessen, und die Hoffnung der Elenden wird nicht verloren sein ewiglich.

9:20 HErr, stehe auf, daß Menschen nicht Überhand kriegen; laß alle Heiden vor dir gerichtet werden!

9:21 Gib ihnen, HErr, einen Meister, daß die Heiden erkennen daß sie Menschen sind. Sela.

Psalm 10

10:1 HErr, warum trittst du so ferne, verbirgest dich zur Zeit der Not?

10:2 Weil der Gottlose Übermut treibet, muß der Elende leiden. Sie hängen sich aneinander und erdenken böse Tücke.

10:3 Denn der Gottlose rühmet sich seines Mutwillens, und der Geizige segnet sich und lästert den HErrn.

10:4 Der Gottlose ist so stolz und zornig, daß er nach niemand fraget; in allen seinen Tücken hält er GOtt für nichts.

10:5 Er fähret fort mit seinem Tun immerdar; deine Gerichte sind ferne von ihm; er handelt trotzig mit allen seinen Feinden.

10:6 Er spricht in seinem Herzen: Ich werde nimmermehr daniederliegen; es wird für und für keine Not haben.

10:7 Sein Mund ist voll Fluchens, Falsches und Trugs; seine Zunge richtet Mühe und Arbeit an.

10:8 Er sitzt und lauert in den Höfen; er erwürget die Unschuldigen heimlich; seine Augen halten auf die Armen.

10:9 Er lauert im Verborgenen, wie ein Löwe in der Höhle; er lauert, daß er den Elenden erhasche, und erhaschet ihn, wenn er ihn in sein Netz zeucht.

10:10 Er zerschlägt und drücket nieder und stößt zu Boden den Armen mit Gewalt.

10:11 Er spricht in seinem Herzen: GOtt hat's vergessen; er hat sein Antlitz verborgen, er wird's nimmermehr sehen.

10:12 Stehe auf, HErr GOtt, erhebe deine Hand; vergiß der Elenden nicht!

10:13 Warum soll der Gottlose GOtt lästern und in seinem Herzen sprechen: Du fragst nicht danach?

10:14 Du siehest ja, denn du schauest das Elend und Jammer; es stehet in deinen Händen. Die Armen befehlen's dir; du bist der Waisen Helfer.

10:15 Zerbrich den Arm des Gottlosen und suche das Böse, so wird man sein gottlos Wesen nimmer finden.

10:16 Der HErr ist König immer und ewiglich; die Heiden müssen aus seinem Land umkommen.

10:17 Das Verlangen der Elenden hörest du, HErr; ihr Herz ist gewiß, daß dein Ohr drauf merket,

10:18 daß du Recht schaffest dem Waisen und Armen, daß der Mensch nicht mehr trotze auf Erden.
Habe Dank, Herr Jesu, für Deine große Liebe, welche Dich bewogen, Dich in’s Gericht stellen zu lassen an meiner Statt, und in allen Stücken mir gleich zu werden und alle Lagen zu theilen. Du bist der König Himmels und der Erde; sei nun auch der König meines Herzens. Du bist ein ewiger König: so ist auch Dein Reich ein ewiges, unvergängliches Reich. Mache mich zu einem treuen Unterthan in demselben, damit ich in Deinem Reich unter Dir lebe und Dir diene in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit. – Herr Jesu, Pilatus zeugt von Deiner Unschuld; eine Stunde vorher hatte Judas ein Zeugniß davon abgelegt, jetzt thut es gar der Richter selbst. So mußte Deine Unschuld offenbar werden, damit wir wüßten, ob Du um eigner oder um fremder Sünden willen littest. Gottlob, daß Du bezahlet, was Du nicht geraubt hast! Das war aber dem Satan unerträglich, daß Du solltest unschuldig sein; deßwegen feuerte er auf’s neue seine Werkzeuge an, Dich hart zu verklagen. Du schwiegest aber still wie ein Lamm, das verstummet vor seinem Scheerer. Herr Jesu, dies laß mich Dir im wahren Glauben nachthun. Wenn der Verkläger mir meine Sünden vorrückt, so laß mich in heiliger Stille meine Zuflucht zu Deiner Unschuld nehmen und mich weiter in keinen Wortwechsel mit ihm einlassen. In allen Leiden lehre mich die große Kunst, stille zu sein, damit ich mich nicht durch Entschuldigungen oder Klagen versündige; sei Du auch in diesem Stück mein Versöhner und Exempel. – Der Landpfleger verwunderte sich sehr über Dein Stillschweigen; o wenn er die tiefen Geheimnisse Deines heiligen Stillschweigens eingesehen hätte, wie würde sich der Heide dann erst verwundert haben! Darnach fragt er aber nicht. So macht’s die Welt noch. Wenn etwas Merkwürdiges im Reich der Natur oder Gnade geschieht, so verwundert sie sich wohl zuweilen sehr; das ist aber auch Alles. Daß es doch bei mir anders sei! Daß Du doch durch Alles Deinen Zweck an mir erreichest! Gieb Du mir ein solch aufmerksames und folgsames Herz, um der Verdienste Deiner Leiden willen. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 11

11:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen. Ich traue auf den HErrn. Wie saget ihr denn zu meiner Seele, sie soll fliegen wie ein Vogel auf eure Berge?

11:2 Denn siehe, die Gottlosen spannen den Bogen und legen ihre Pfeile auf die Sehne, damit heimlich zu schießen die Frommen.

11:3 Denn sie reißen den Grund um; was soll der Gerechte ausrichten?

11:4 Der HErr ist in seinem heiligen Tempel, des HErrn Stuhl ist im Himmel; seine Augen sehen drauf, seine Augenlider prüfen die Menschenkinder.

11:5 Der HErr prüfet den Gerechten; seine Seele hasset den Gottlosen und die gerne freveln.

11:6 Er wird regnen lassen über die Gottlosen Blitz, Feuer und Schwefel und wird ihnen ein Wetter zu Lohn geben.

11:7 Der HErr ist gerecht und hat Gerechtigkeit lieb, darum daß ihre Angesichte schauen auf das da recht ist.
Herr Jesu, tausend Dank sei Dir gesagt für alle vor Herodes übernommenen Leiden, in denen Du den 11. Psalm auch an Dir bewährt hast! Laß mich aus Deinem heiligen Verhalten Weisheit, Sanftmuth, Geduld und Stille lernen. Dein Verspotten, Dein Verhöhnen müsse meine Schuld versöhnen! Dein Herumführen von einer Obrigkeit zur andern befreie mich von der Obrigkeit der Finsterniß. Dein Stehen im Gericht helfe mir, daß ich im jüngsten Gericht bestehe und nicht zu Schanden werde. Deine Sanftmuth sei die Versöhnung meines rachgierigen Herzens. Dein weißes Kleid, mein unschuldiger Heiland, war wohl ein Bild Deiner Heiligkeit und Unschuld: diese sei mir eine vollkommene Decke meiner Schuld. Möchte ich so oft an Dein weißes Spottkleid gedenken, als ich ein weißes Hemd anziehe, und mir meine tägliche Kleidung dadurch geweihet sein! Dein weißes Kleid heilige mir auch mein weißes Sterbekleid; Dein Blut, Unschuld und Gerechtigkeit sei auch alsdann mein Schmuck und Ehrenkleid, daß ich sagen könne: In des Keltertreters Wunden hab’ ich meinen Schmuck gefunden. – Herr Jesu, alle Schmach, die Du vor Herodes erduldet, widerfährt Dir noch täglich, ob Du schon auf dem Thron der Herrlichkeit sitzest. Erfülle mein Herz mit einer heiligen Ehrfurcht vor Deiner Majestät, daß ich Dich ja nicht verunehre. Dein heiliger Geist verkläre Dich in meiner Seele in Deiner unaussprechlichen Würdigkeit, daß ich Dich über Alles hoch und theuer achte, und Dir zu dienen und im Staube zu Deinen Füßen anzubeten für meine größte Ehre halte, Dich auch in Deinen von der Welt verachteten Gliedern nicht kränke, sondern Dein Bild an ihnen ehre und sie stets höher achte als mich selbst. Wie Du bist zum Hohngelächter augestellt worden, so laß mich die Welt mit allen ihren Thorheiten verlachen. Lache Du mich an, mein Freund, und zeige mir Dein holdseliges Angesicht in meinem Leben, im Leiden und besonders im Sterben. O da sei mir nur nicht schrecklich, meine Zuflucht in der Noth, sondern stärke mich so kräftig durch die Erkenntniß Deiner Freundlichkeit, daß ich auch im Tode Dir entgegenlache und den Tod selbst verlachen kann: Alles um der Verdienste Deiner Leiden willen. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 12

12:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen auf acht Saiten.

12:2 Hilf, HErr, die Heiligen haben abgenommen, und der Gläubigen ist wenig unter den Menschenkindern.

12:3 Einer redet mit dem andern unnütze Dinge und heucheln und lehren aus uneinigem Herzen.

12:4 Der HErr wolle ausrotten alle Heuchelei und die Zunge, die da stolz redet,

12:5 die da sagen: Unsere Zunge soll überhand haben, uns gebührt zu reden; wer ist unser HErr?

12:6 Weil denn die Elenden verstöret werden und die Armen seufzen, will ich auf, spricht der HErr; ich will eine Hilfe schaffen, daß man getrost lehren soll.

12:7 Die Rede des HErrn ist lauter, wie durchläutert Silber im irdenen Tiegel, bewähret siebenmal.

12:8 Du, HErr, wollest sie bewahren und uns behüten vor diesem Geschlecht ewiglich.

12:9 Denn es wird allenthalben voll Gottloser, wo solche lose Leute unter den Menschen herrschen.
Wenn irgend Einer die Zunahme der Gottlosigkeit auf Erden erfuhr, so warst Du es, Herr Jesu. Eine neue Ungerechtigkeit wurde an Dir verübt durch die Zusammenstellung Deiner Person mit der des Barrabbas. Freilich stehst Du da an meiner Statt. Niemand kann mit Grund der Wahrheit ein Verbrechen auf Dich bringen, und Du mußt doch haften. Der Mörder kommt los, und Du bleibest im Gerichte stecken. O der Mörder und Aufrührer, der den Tod verdient hat, der sonderliche Bösewicht und Aufrührer, der den Tod verdient hat, der sonderliche Bösewicht vor andern, der bin ich. Nun darf mir vor keinem Steckenbleiben, in keiner Noth, im Tod und auch selbst im Gericht angst sein, Du hilfst mir durch Alles hindurch und heraus, wenn ich mich nur im rechten Glauben an Dich halte. Ja, Du sagst sogar, wer an Dich glaube, der komme gar nicht in’s Gericht. So Vieles hast Du hier erworben. Aber ob Du gleich ein so köstlicher Heiland von so unschätzbaren Verdiensten bist, so mag Dich doch fast Niemand haben. Die Hohenpriester, Schriftgelehrten und das ganze Volk sähen Dich gern aus dem Lande der Lebendigen vertilgt, rufen und schreien unablässig: Weg mit diesem! Pilatus weiß auch nicht, wozu er Dich brauchen soll, fragt daher das Volk: „Was soll ich denn machen mit Jesu?“ Ei nun, mein Heiland, mir bist Du ganz unentbehrlich, Du allerhöchstes Geschenk des Himmels; komm, komm her zu mir, ich kann und will Dich zu Allem brauchen, und Du bist mir von Deinem Vater zu Allem gemacht, wozu ich Dich nöthig habe, besonders zur Weisheit, zur Gerechtigkeit, zur Heiligung und zur Erlösung. Dazu will ich Dich denn auch gebrauchen, denn dazu habe ich Dich eben nöthig, und Du bist mir daher ganz recht. – Pilatus ergiebt Dich in den Willen des Volkes: Dein Vater übergiebt Dich mir, auch zu meinem Willen. Daß ich nur mit Dir handle nach dem durch Deinen Geist in mir gewirkten guten Willen, den Du aber immer mehr stärken und reinigen wollest. So werde ich Dich gläubig annehmen und recht gebrauchen zu meinem Hohenpriester, Propheten und König. Ich werde einst Rechenschaft geben müssen, wie ich Dich angewendet und mir zu nutze gemacht habe. Dein Steckenbleiben im Gericht gebe mir Freudigkeit, mich täglich selbst zu richten, den Richter aber getrost als meinen versöhnten Vater im Beten anzurufen. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 13

13:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen.

13:2 HErr, wie lange willst du mein so gar vergessen? Wie lange verbirgest du dein Antlitz vor mir?
O Herr, ich erkenne, daß dein Verbergen meine Vollendung wirken soll. Du verdeckst mir deine Schätze, damit ich mit mehr Inbrunst danach trachte. Du verbirgst die Perle, damit ich sie mit größerem Verlangen suche. Du verziehest mir zu helfen, damit ich lerne zu dir zu schreien. Du scheinst dein Ohr zu verschließen, damit ich lerne ausharren. (Anselm von Canterbury)

13:3 Wie lange soll ich sorgen in meiner Seele und mich ängsten in meinem Herzen täglich? Wie lange soll sich mein Feind über mich erheben?

13:4 Schaue doch und erhöre mich, HErr, mein GOtt! Erleuchte meine Augen, daß ich nicht im Tode entschlafe,

13:5 daß nicht mein Feind rühme, er sei mein mächtig worden, und meine Widersacher sich nicht freuen, daß ich niederliege.

13:6 Ich hoffe aber darauf, daß du so gnädig bist; mein Herz freuet sich, daß du so gerne hilfest. Ich will dem HErrn singen, daß er so wohl an mir tut.
Mußte nicht Jesus so jammern, als seine Leiden gar kein Ende nehmen wollten? Unschuldig warest Du, o Herr, und doch ließ Pilatus Dich nicht los, sondern begnügte sich damit, Wasser zu nehmen, seine Hände zu waschen und zu sprechen: Ich bin unschuldig an dem Blute dieses Gerechten; da denn das Volk mit lauter Stimme ruft: “Sein Blut komme über uns und über unsere Kinder!“ Ach mein Heiland, ich kann nicht sagen, daß ich unschuldig sei an Deinem Blute; nein, ich bin schuldig daran, meine Sünden haben es Dir im Oelgarten ausgepreßt, sie waren die Peitschen, die Dich bis auf’s Blut gegeißelt: die Henker, die Dich gequält; die Dornen, die Dich gestochen; das Marterzeug, das Dich gekreuzigt. Ich bin schuldig geworden an Deinem Blute, da ich meine Seele, welche Du bei der heiligen Taufe in demselben gewaschen, wieder durch muthwillige Sünden befleckt; ja, durch jede Unterlassungs- und Begehungssünde habe ich mich in Deinem Blute schuldig gemacht. Ach, mein Erbarmer, ich erkenne und bekenne meine Schuld, rufe aber mit bußfertigem und glaubensdurstigem Herzen: Dein Blut komme über mich, nicht zum Fluch, sondern zum Segen und zu meiner Reinigung. In Dein Blut muß ich meine nackte Seele verhüllen, darum komme Dein Blut über mich zu meinem Kleide. Mit Deinem blute muß ich meine häßliche Seele schmücken und zieren, darum komme Dein Blut über mich zu meinem Schmuck. Mit Deinem Blute muß ich meine hungrige und durstige Seele speisen, tränken und laben, darum komme es über mich zu meiner Sättigung und Erquickung. Dein Blut muß meine Wunden heilen als die beste Salbe in Gilead, so komme dasselbe über mich zu meinem Heilbalsam. Soll ich in Sünden Todter wieder zu dem geistlichen Leben, das aus Gott ist, gelangen, so muß Dein Blut mich beleben. Ja, soll ich ein Mitgenosse des frohen, ewigen Lebens werden, so muß ich es um Deines Blutes willen erbitten und erlangen. Kurz, Herr Jesu, Dein Blut komme über uns und über unsere Kinder zu dem Endzweck, wozu Du es vergossen. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 14

14:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen. Die Toren sprechen in ihrem Herzen: Es ist kein GOtt. Sie taugen nichts und sind ein Greuel mit ihrem Wesen. Da ist keiner, der Gutes tue.

14:2 Der HErr schauet vom Himmel auf der Menschen Kinder, daß er sehe, ob jemand klug sei und nach GOtt frage.

14:3 Aber sie sind alle abgewichen und allesamt untüchtig; da ist keiner, der Gutes tue, auch nicht einer.

14:4 Will denn der Übeltäter keiner das merken, die mein Volk fressen, daß sie sich nähren, aber den HErrn rufen sie nicht an?

14:5 Daselbst fürchten sie sich; aber GOtt ist bei dem Geschlecht der Gerechten.

14:6 Ihr schändet des Armen Rat; aber GOtt ist seine Zuversicht.

14:7 Ach, daß die Hilfe aus Zion über Israel käme, und der HErr sein gefangen Volk erlösete! So würde Jakob fröhlich sein und Israel sich freuen.

Psalm 15

15:1 Ein Psalm Davids. HErr, wer wird wohnen in deiner Hütte? Wer wird bleiben auf deinem heiligen Berge?

15:2 Wer ohne Wandel einhergehet und recht tut und redet die Wahrheit von Herzen;

15:3 wer mit seiner Zunge nicht verleumdet und seinem Nächsten kein Arges tut und seinen Nächsten nicht schmähet;

15:4 wer die Gottlosen nichts achtet, sondern ehret die Gottesfürchtigen; wer seinem Nächsten schwöret und hält es;

15:5 wer sein Geld nicht auf Wucher gibt und nimmt nicht Geschenke über den Unschuldigen: wer das tut, der wird wohl bleiben.
Ich gehe nun zu meiner Ruhestätte nach vollbrachter, mühsamer Tagesarbeit; ich höre auf mich zu bemühen, vergesse der Welt und lege alle meine Sorgen in Deinen Schooß. Bewahre mich und die Meinigen, Du nimmer schlafender Hüter und Wächter Israels, vor allem, was mir Schaden bringen könnte; halte ab alle, die nicht schlafen, bis sie Böses gethan. Behüte mich vor unruhigem Wachen, vor herzfressenden Sorgen, und vor gefährlichen Zufällen. Laß mich mit guten Gedanken einschlafen, unter Deinem mächtigen Schutz sicher liegen, und morgen mit einem fröhlichen Gemüthe, mit gesundem Leib und neuen Kräften mein Lager zu rechter Zeit verlassen, und Dir zu Ehren und meinem Nächsten zum Besten ferner dienen, so lange es Dir beliebt, damit ich allezeit wohne in Deiner Hütte und bleibe auf Deinem heiligen Berge.
Die Liebe, mit der ich meinem Nächsten verbunden bin, heißt mich auch für denselben bitten. Schone deren, o Gott, die Dich heute beleidigt haben, und denke an die in Gnaden, die noch nicht ernstlich an Dich denken in Buße und Besserung; erleuchte, die noch in Finsterniß wandeln, und deren Namen in Dein Buch geschrieben sind. Erbarme Dich derer, welche die Sonne in ihrem Zorn haben untergehen lassen; stärke, die in der Nacht noch arbeiten müssen; begleite die Reisenden; sei ein Vater aller Trostlosen, ein Arzt und Helfer der Kranken, die elender Nächte viele haben, und erleichtere die Stunden denen, die nicht schlafen können.
Und weil mein Leben einmal wird ein Ende nehmen, so laß mich auch am Ende dieses Tages an das Ende meines Lebens denken. Wann der letzte Abend meines Lebens kommt und mir die Sonne zum letztenmal untergeht, so fahre sie immer hin: bleib’ Du nur alsdann bei mir, Herr Jesu, Du Sonne der Gerechtigkeit; gehe in meinem Herzen nimmermehr unter, und nimm meine Seele zu Dir. Deine Heiligen werden wie die Sterne droben im Himmel leuchten: laß mich auch, wie das geringste Sternlein, ewig leuchten droben in Deines und meines Vaters Reich, und gieb mir aus Gnaden mein Kindertheil, was Du für mich verwahrt und hingelegt hast in dem Himmel. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 16

16:1 Ein gülden Kleinod Davids. Bewahre mich, GOtt; denn ich traue auf dich.

16:2 Ich habe gesagt zu dem HErrn: Du bist ja der HErr, ich muß um deinetwillen leiden.

16:3 Für die Heiligen, so auf Erden sind, und für die Herrlichen; an denen habe ich all mein Gefallen.

16:4 Aber jene, die einem andern nacheilen, werden groß Herzeleid haben. Ich will ihres Trankopfers mit dem Blut nicht opfern, noch ihren Namen in meinem Munde führen.

16:5 Der HErr aber ist mein Gut und mein Teil; du erhältst mein Erbteil.

16:6 Das Los ist mir gefallen aufs Liebliche; mir ist ein schön Erbteil worden.

16:7 Ich lobe den HErrn, der mir geraten hat; auch züchtigen mich meine Nieren des Nachts.

16:8 Ich habe den HErrn allezeit vor Augen; denn er ist mir zur Rechten, darum werde ich wohl bleiben.

16:9 Darum freuet sich mein Herz, und meine Ehre ist fröhlich, auch mein Fleisch wird sicher liegen.

16:10 Denn du wirst meine Seele nicht in der Hölle lassen und nicht zugeben, daß dein Heiliger verwese.

16:11 Du tust mir kund den Weg zum Leben; vor dir ist Freude die Fülle und lieblich Wesen zu deiner Rechten ewiglich.
Kommst Du, Herr Jesu, dem schwachen Thomas entgegen: so eile auch zu meinem Trost und zur Hülfe herbei, wenn mein Glaube schwach und wankend wird, damit ich allezeit den 16. Psalm beten kann. Hast Du Thomä Verlangen erfüllt, weil es seiner Seele heilsam und nothwendig war: ach, so gieb mir auch die himmlischen Gaben in reichem Maaß, Deinen heiligen Geist, ein frommes Herz, Abscheu vor allen Sünden, eine heilige, aufrichtige und beständige Liebe zu Dir, einen lebendigen, mein Herz und Leben heiligenden Glauben. Du weißt, daß ich ohne diese Gaben nicht in Deiner Gnade bleiben und auch nicht selig werden kann; darum laß Deine Liebe mich umfassen und erfreuen. Warest du willig, Deine Wunden dem Thomas nach Verlangen zu zeigen, so sollen auch dieselben mir in meinem ganzen Leben und zu allen Zeiten zu meiner Seele Erquickung dienen. Ich will daran gedenken in gesunden Tagen, und in Betrachtung derselben vor der Sünde fliehen, wie vor einer Schlange. Sollte ich Den mit Wissen noch betrüben wollen, der sich für mich hat blutig schlagen lassen? Ich will an Deine Wunden gedenken in meinen Angststunden, wenn das Sündenregister mich schreckt. Wenn mir der Satan die Seligkeit abspricht, so will ich im Glauben sprechen: diese Wunden sind auch für mich geschlagen, sein Blut ist das Lösegeld für alle meine Sünden. Mein Jesu, reiche mir auch Deine Wunden dar in der Stunde meines Todes, daß ich darein fliehe, mich Deiner Genugthuung tröste und um derselben willen Gnade erlange. Du wirst ja nicht zugeben, daß ich verwese, sondern mir kund thun den Weg zum Leben; vor Dir ist Freude die Fülle und liebliches Wesen zu Deiner Rechten ewiglich. Erschienest Du dem Thomas bald zum Troste und ließest ihn nicht länger als acht Tage in seinem Zweifel und in seiner Ungewißheit: ach, so verzeuch auch nicht, wenn ich mit Trübsal umgeben bin, wenn ich allerlei äußerliches oder innerliches Elend an meinem Leibe oder Gemüthe trage. Indessen laß meinen Glauben nicht aufhören, stärke und erhalte mich in Deiner gnade, und erfreue mich, wie Du Thomas erfreut hast. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 17

17:1 Ein Gebet Davids. HErr, erhöre die Gerechtigkeit, merke auf mein Geschrei, vernimm mein Gebet, das nicht aus falschem Munde gehet.

17:2 Sprich du in meiner Sache und schaue du aufs Recht!

17:3 Du prüfest mein Herz und besuchest es des Nachts und läuterst mich und findest nichts. Ich habe mir vorgesetzt, daß mein Mund nicht soll übertreten.

17:4 Ich bewahre mich in dem Wort deiner Lippen vor Menschenwerk auf dem Wege des Mörders.

17:5 Erhalte meinen Gang auf deinen Fußsteigen, daß meine Tritte nicht gleiten!

17:6 Ich rufe zu dir, daß du, GOtt, wollest mich erhören; neige deine Ohren zu mir, höre meine Rede!

17:7 Beweise deine wunderliche Güte, du Heiland derer, die dir vertrauen, wider die, so sich wider deine rechte Hand setzen.

17:8 Behüte mich wie einen Augapfel im Auge; beschirme mich unter dem Schatten deiner Flügel

17:9 vor den Gottlosen, die mich verstören, vor meinen Feinden, die um und um nach meiner Seele stehen.

17:10 Ihre Fetten halten zusammen; sie reden mit ihrem Munde stolz.

17:11 Wo wir gehen so umgeben sie uns; ihre Augen richten sie dahin, daß sie uns zur Erde stürzen,

17:12 gleichwie ein Löwe, der des Raubes begehrt, wie ein junger Löwe, der in der Höhle sitzt.

17:13 HErr, mache dich auf, überwältige ihn und demütige ihn; errette meine Seele von dem Gottlosen mit deinem Schwert,

17:14 von den Leuten deiner Hand, HErr, von den Leuten dieser Welt, welche ihr Teil haben in ihrem Leben, welchen du den Bauch füllest mit deinem Schatz, die da Kinder die Fülle haben und lassen ihr übriges ihren Jungen.

17:15 Ich aber will schauen dein Antlitz in Gerechtigkeit; ich will satt werden, wenn ich erwache nach deinem Bilde.
Ein Klagepsalm Davids, in großer Noth und Gefahr durch feindliche Bedrängniß! Er schildert ausführlich und beredt die gottlose Bosheit der Feinde, welche Gott laut zum Einschreiten auffordert, und hofft zum Schluß freudig auf das Heil des Herrn, - warum? Um seiner Gerechtigkeit willen, die so fern ist von aller Heuchelei, daß sie die schärfste Prüfung der in die verborgensten Tiefen des Herzens eindringenden göttlichen Allwissenheit nicht zu scheuen braucht. „Wie? Erkannte und fühlte denn David nicht seine Sünde?“ Allerdings, und tief genug, z.B. Ps. 143: „Gehe nicht ins Gericht mit Deinem Knechte, denn vor Dir ist kein Lebendiger gerecht.“ Er meint damit auch keine vollendete Heiligkeit, sondern nur das aufrichtige, sittliche Streben, die der Erfüllung des göttlichen Gesetzes eifrig nachtrachtende Grundrichtung des Gemüths, bei deren Vorhandensein Gott die mannichfachen Schwachheiten nach seiner Gnade verzeiht. Und in [b]dem[/b] Sinne müssen auch wir beten können: [b]Herr, erhöre die Gerechtigkeit.[/b] Diese Lebensgerechtigkeit sproßt aus der Vergebung der Sünden, welche das Aufgeben aller eignen Heiligkeit und Verdienstlichkeit zur Voraussetzung hat, aus der Glaubensgerechtigkeit, die Jesu Verdienst als das allein zur Seligkeit Unentbehrliche und Ausreichende ergreift, und ist so gewiß ein unterscheidendes Merkmal aller Erwählten, so gewiß eine unerläßliche Bedingung der göttlichen Hülfe, als der wahre Glaube durch und durch sittlichen Character trägt und denjenigen, welche Gott mit müßigen Gefühlen abfinden zu können wähnen, gleich von vorn herein das ernste Wort entgegenruft: „Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig.“ – Ach, Herr, das Gebet: „Erhöre die Gerechtigkeit“ erschreckt und erfreuet mich zugleich; es erschreckt mich, wenn ich an meine wirkliche Ungerechtigkeit gedenke, und doch erfreut es mich auch wieder, da die Gerechtigkeit Deines Sohnes für mich zu Dir ruft und schreit und Du das Herz ansiehst, das aufrichtig und ernst es mit Dir meint und gern gerecht und heilig sein möchte vor Deinen heiligen Augen, und den Mund in seinen Gebeten zum Dollmetscher seiner Arglosigkeit macht. Und so wage ich denn auch, ohne Beben zu sprechen: Herr, erhöre die Gerechtigkeit. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 18

18:1 Ein Psalm vorzusingen, Davids, des HErrn Knechts, welcher hat dem HErrn die Worte dieses Liedes geredet zur Zeit, da ihn der HErr errettet hatte von der Hand seiner Feinde und von der Hand Sauls,

18:2 und sprach: Herzlich lieb habe ich dich, HErr, meine Stärke,

18:3 HErr, mein Fels, meine Burg, mein Erretter, mein GOtt, mein Hort, auf den ich traue, mein Schild und Horn meines Heils, und mein Schutz!

18:4 Ich will den HErrn loben und anrufen, so werde ich von meinen Feinden erlöset.

18:5 Denn es umfingen mich des Todes Bande, und die Bäche Belials erschreckten mich;

18:6 der Höllen Bande umfingen mich, und des Todes Stricke überwältigten mich.

18:7 Wenn mir angst ist, so rufe ich den HErrn an und schreie zu meinem GOtt, so erhöret er meine Stimme von seinem Tempel, und mein Geschrei kommt vor ihn zu seinen Ohren.

18:8 Die Erde bebete und ward bewegt, und die Grundfesten der Berge regeten sich und bebeten, da er zornig war.

18:9 Dampf ging auf von seiner Nase und verzehrend Feuer von seinem Munde, daß es davon blitzete.

18:10 Er neigete den Himmel und fuhr herab, und Dunkel war unter seinen Füßen.

18:11 Und er fuhr auf dem Cherub und flog daher; er schwebete auf den Fittichen des Windes.

18:12 Sein Gezelt um ihn her war finster und schwarze dicke Wolken, darin er verborgen war.

18:13 Vom Glanz vor ihm trenneten sich die Wolken mit Hagel und Blitzen.

18:14 Und der HErr donnerte im Himmel, und der Höchste ließ seinen Donner aus mit Hagel und Blitzen.

18:15 Er schoß seine Strahlen und zerstreuete sie; er ließ sehr blitzen und schreckte sie.

18:16 Da sah man Wassergüsse, und des Erdbodens Grund ward aufgedeckt, HErr, von deinem Schelten, von dem Odem und Schnauben deiner Nase.

18:17 Er schickte aus von der Höhe und holete mich und zog mich aus großen Wassern.

18:18 Er errettete mich von meinen starken Feinden, von meinen Hassern, die mir zu mächtig waren,

18:19 Die mich überwältigten zur Zeit meines Unfalls; und der HErr ward meine Zuversicht.

18:20 Und er führete mich aus in den Raum, er riß mich heraus; denn er hatte Lust zu mir.

18:21 Der HErr tut wohl an mir nach meiner Gerechtigkeit; er vergilt mir nach der Reinigkeit meiner Hände.
Herr, Du großer und reicher Gott, ich weiß nicht, was ich von Dir bitten soll. Du allein weißt, was ich bedarf, und liebst mich mehr, als ich mich selbst zu lieben weiß. Ich wage es nicht, weder um Trübsale, noch um Tröstungen zu bitten; ich komme blos vor Dein Angesicht, ich öffne Dir mein Herz. Siehe meine Bedürfnisse, die ich nicht kenne; siehe und thue nach Deiner Barmherzigkeit. Schlage mich oder heile mich, lege mir eine Last auf oder erlöse mich davon, ich bete in allen Stücken Deinen Willen an, ohne ihn zu erkennen, ich schweige, ich opfere mich auf, ich gebe mich hin. Ich habe keinen Wunsch als den Wunsch, Deinen Willen zu erfüllen.
Du, o mein Gott, mein Vater, Du weißt, ob ich Dich lieb habe. Du weißt es, denn mir selbst ist der Grund meines Herzens verborgen. Aber ich will Dich lieben; ich fürchte Dich nicht genug zu lieben, und ich bitte Dich um Fülle der Liebe. Du siehest mein Verlangen und wirkst es in mir. O Gott, der Du mich so innig und so endlos liebst, siehe an nicht mich und meine Ungerechtigkeit, sondern was Du in mir liebst, und gieb mir Fülle der Liebe.
Was kann mir mangeln, wenn ich Dich habe? Nichts ist gut als Du, Herr. Nimm mir Alles, Ehre, Freude, Gesundheit und Leben; so lange Du selbst Dich meinem Herzen nicht entziehst, bin ich reich und habe Alles, und ist mir nichts verloren. Ich bin in Deiner Hand. Du leitest mich nach Deinem Rath, und nimmst mich endlich mit Ehren an. Wenn Deine Kraft in meiner Schwachheit mächtig ist, so kann mir nichts mangeln.
Gott, Du bist Herr der ganzen Natur; Alles gehorcht Deiner Stimme, Alles lebt durch Dich. Du bist meiner Seelen Seele, bist mir näher als ich mir selbst bin. Alles ist Dein; soll mein Herz es nicht auch sein? Du hast es gemacht und Du liebst es. Dir gehört es und nicht mir. Und Du willst auch mir gehören und mein sein. Nun, Herr, ich liebe Dich und habe kein anderes Gut, und will kein anderes haben. Ich begehre nicht außerordentliche Erkenntnisse, ich begehre nur Dich, und was mich zu Dir führen kann. Nach Dir dürstet meine Seele. Mache es mit mir, wie es Dir wohlgefällt; nur bleibe Du mein Trost und meines Herzens Theil. Amen. (Friedrich Arndt)

18:22 Denn ich halte die Wege des HErrn und bin nicht gottlos wider meinen GOtt.

18:23 Denn alle seine Rechte hab ich vor Augen und seine Gebote werfe ich nicht von mir,

18:24 sondern ich bin ohne Wandel vor ihm und hüte mich vor Sünden.

18:25 Darum vergilt mir der HErr nach meiner Gerechtigkeit, nach der Reinigkeit meiner Hände vor seinen Augen.

18:26 Beiden Heiligen bist du heilig und bei den Frommen bist du fromm

18:27 und bei den Reinen bist du rein und bei den Verkehrten bist du verkehrt.

18:28 Denn du hilfst dem elenden Volk und die hohen Augen niedrigest du.

18:29 Denn du erleuchtest meine Leuchte; der HErr, mein GOtt, macht meine Finsternis licht.

18:30 Denn mit dir kann ich Kriegsvolk zerschmeißen und mit meinem GOtt über die Mauern springen.

18:31 GOttes Wege sind ohne Wandel; die Reden des HErrn sind durchläutert. Er ist ein Schild allen, die ihm vertrauen.

18:32 Denn wo ist ein GOtt ohne dem HErrn? oder ein Hort ohne unsern GOtt?

18:33 GOtt rüstet mich mit Kraft und macht meine Wege ohne Wandel.

18:34 Er macht meine Füße gleich den Hirschen und stellet mich auf meine Höhe.

18:35 Er lehret meine Hand streiten und lehret meinen Arm einen ehernen Bogen spannen.

18:36 Und gibst mir den Schild deines Heils, und deine Rechte stärket mich; und wenn du mich demütigest, machst du mich groß.

18:37 Du machst unter mir Raum zu gehen, daß meine Knöchel nicht gleiten.

18:38 Ich will meinen Feinden nachjagen und sie ergreifen und nicht umkehren, bis ich sie umgebracht habe.

18:39 Ich will sie zerschmeißen, und sollen mir nicht widerstehen; sie müssen unter meine Füße fallen.

18:40 Du kannst mich rüsten mit Stärke zum Streit; du kannst unter mich werfen, die sich wider mich setzen:

18:41 Du gibst mir meine Feinde in die Flucht, daß ich meine Hasser verstöre.

18:42 Sie rufen, aber da ist kein Helfer; zum HErrn, aber er antwortet ihnen nicht.

18:43 Ich will sie zerstoßen wie Staub vor dem Winde; ich will sie wegräumen wie den Kot auf der Gasse.

18:44 Du hilfst mir von dem zänkischen Volk und machst mich ein Haupt unter den Heiden; ein Volk, das ich nicht kannte, dienet mir.

18:45 Es gehorchet mir mit gehorsamen Ohren; ja, den fremden Kindern hat's wider mich gefehlet.

18:46 Die fremden Kinder verschmachten und zappeln in ihren Banden:

18:47 Der HErr lebet, und gelobet sei mein Hort; und der GOtt meines Heils müsse erhaben werden,

18:48 der GOtt, der mir Rache gibt und zwinget die Völker unter mich,

18:49 der mich errettet von meinen Feinden und erhöhet mich aus denen, die sich wider mich setzen. Du hilfst mir von den Frevlern.

18:50 Darum will ich dir danken, HErr, unter den Heiden und deinem Namen lobsingen,

18:51 der seinem Könige groß Heil beweiset und wohltut seinem Gesalbten, David, und seinem Samen ewiglich.

Psalm 19

19:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen.

19:2 Die Himmel erzählen die Ehre GOttes, und die Feste verkündiget seiner Hände Werk.

19:3 Ein Tag sagt's dem andern, und eine Nacht tut's kund der andern.

19:4 Es ist keine Sprache noch Rede, da man nicht ihre Stimme höre.

19:5 Ihre Schnur gehet aus in alle Lande und ihre Rede an der Welt Ende; er hat der Sonne eine Hütte in denselben gemacht.

19:6 Und dieselbe gehet heraus, wie ein Bräutigam aus seiner Kammer, und freuet sich wie ein Held, zu laufen den Weg.

19:7 Sie gehet auf an einem Ende des Himmels und läuft um bis wieder an dasselbe Ende; und bleibt nichts vor ihrer Hitze verborgen.

19:8 Das Gesetz des HErrn ist ohne Wandel und erquicket die Seele. Das Zeugnis des HErrn ist gewiß und macht die Albernen weise.

19:9 Die Befehle des HErrn sind richtig und erfreuen das Herz. Die Gebote des HErrn sind lauter und erleuchten die Augen.

19:10 Die Furcht des HErrn ist rein und bleibt ewiglich. Die Rechte des HErrn sind wahrhaftig, allesamt gerecht.

19:11 Sie sind köstlicher denn Gold und viel feines Gold; sie sind süßer denn Honig und Honigseim.

19:12 Auch wird dein Knecht durch sie erinnert; und wer sie hält, der hat großen Lohn.

19:13 Wer kann merken, wie oft er fehlet? Verzeihe mir die verborgenen Fehle!

19:14 Bewahre auch deinen Knecht vor den Stolzen, daß sie nicht über mich herrschen; so werde ich ohne Wandel sein und unschuldig bleiben großer Missetat.

19:15 Laß dir wohlgefallen die Rede meines Mundes und das Gespräch meines Herzens vor dir, HErr, mein Hort und mein Erlöser!
Von drei Lauten und eindringlichen Stimmen redet David im verlesenen Psalm. Die erste Stimme, welche Gottes Ehre verkündigt, ist die Stimme der Natur, auf ihren Höhen und in ihren Tiefen, bei Nacht wie bei Tage, im Herbst und Winter wie im Frühling und Sommer. Die Himmelskörper sind Prediger aller Völker, und zwar solche, die auch alle Völker verstehen, gewaltige Zeugen von Gottes Allmacht, Weisheit und Güte. Die zweite Stimme, welche noch deutlicher die Ehre des Herrn, seinen Willen und seine Gnade offenbart, ist die Stimme des göttlichen Worts in der heiligen Schrift. Dieses Wort zeigt uns den geraden Pfad zum Himmelreich, und belehrt, schützt, tröstet und bessert wie keine menschliche Ermahnung und Bitte vermag. Wie reich sind wir schon, wenn wir diese beiden Stimmen hören! – Aber noch reicher sind wir durch die dritte Stimme, die wir selbst beim Bewußtsein unserer Sündhaftigkeit laut werden lassen, durch das Gebet: „Laß Dir wohlgefallen die Rede meines Mundes und das Gespräch meines Herzens vor Dir, Herr, mein Hort und mein Erlöser!“ Da wir dies große Privilegium besitzen, mit dem Herrn reden zu dürfen, könnten wir es da je unterlassen, uns zu Ihm zu erheben? Brauchen wir denn nicht täglich neues Oel in unsere Lampe? Ist Er nicht das höchste Gut, das wir verlangen können? Können wir leben, wenn wir nicht in Ihm leben und sind? Ist der Umgang mit Ihm nicht die beste Stärkung unter der Last des Lebens, das sicherste Losreißen von der Welt und die beste Vorbereitung auf den Tod? Hinauf denn, ihr Gedanken und Triebe, zu dem Quell alles Guten! Des Herrn Ohr ist Tag und Nacht jedem Geschrei jeder elenden Menschenseele auf dem ganzen Erdboden offen. Was wären wir, wenn wir nicht beten könnten und dürften? Höre mich denn auch jetzt, o Herr, da ich um Kraft zu beten bitte. Nimm mein Lob an, daß ich selbst im Lobe hohe Seligkeit empfinde, vergieb mir meine Sünden, schütze und bewahre mich durch Deine Obhut; Herr, nimm mich Dir aufs neue hin und sprich zu meinem Seufzen: Ehe sie rufen, will ich antworten. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 20

20:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen.

20:2 Der HErr erhöre dich in der Not; der Name des GOttes Jakobs schütze dich!

20:3 Er sende dir Hilfe vom Heiligtum und stärke dich aus Zion!

20:4 Er gedenke all deines Speisopfers, und dein Brandopfer müsse fett sein. Sela.

20:5 Er gebe dir, was dein Herz begehret, und erfülle alle deine Anschläge!

20:6 Wir rühmen, daß du uns hilfst; und im Namen unsers GOttes werfen wir Panier auf. Der HErr gewähre dir alle deine Bitte!

20:7 Nun merke ich, daß der HErr seinem Gesalbten hilft und erhöret ihn in seinem heiligen Himmel; seine rechte Hand hilft gewaltiglich.

20:8 Jene verlassen sich auf Wagen und Rosse; wir aber denken an den Namen des HErrn, unsers GOttes.

20:9 Sie sind niedergestürzt und gefallen; wir aber stehen aufgerichtet.

20:10 Hilf, HErr! Der König erhöre uns, wenn wir rufen!

Psalm 21

21:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen.

21:2 HErr, der König freuet sich in deiner Kraft, und wie sehr fröhlich ist er über deine Hilfe!

21:3 Du gibst ihm seines Herzens Wunsch und weigerst nicht, was sein Mund bittet. Sela.

21:4 Denn du überschüttest ihn mit gutem Segen; du setzest eine güldene Krone auf sein Haupt.

21:5 Er bittet dich ums Leben, so gibst du ihm langes Leben immer und ewiglich.

21:6 Er hat große Ehre an deiner Hilfe; du legest Lob und Schmuck auf ihn.

21:7 Denn du setzest ihn zum Segen ewiglich, du erfreuest ihn mit Freuden deines Antlitzes.

21:8 Denn der König hoffet auf den HErrn und wird durch die Güte des Höchsten festbleiben.

21:9 Deine Hand wird finden alle deine Feinde; deine Rechte wird finden, die dich hassen.

21:10 Du wirst sie machen wie einen Feuerofen, wenn du dreinsehen wirst; der HErr wird sie verschlingen in seinem Zorn; Feuer wird sie fressen.

21:11 Ihre Frucht wirst du umbringen vom Erdboden und ihren Samen von den Menschenkindern.

21:12 Denn sie gedachten dir Übels zu tun, und machten Anschläge, die sie; nicht konnten ausführen.

21:13 Denn du wirst sie zur Schulter machen; mit deiner Sehne wirst du gegen ihr Antlitz zielen.

21:14 HErr, erhebe dich in deiner Kraft, so wollen wir singen und loben deine Macht.

Psalm 22

22:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen, von der Hindin, die frühe gejagt wird.

22:2 Mein GOtt, mein GOtt, warum hast du mich verlassen? Ich heule, aber meine Hilfe ist ferne.

22:3 Mein GOtt, des Tages rufe ich, so antwortest du nicht; und des Nachts schweige ich auch nicht.

22:4 Aber du bist heilig, der du wohnest unter dem Lob Israels.

22:5 Unsere Väter hofften auf dich, und da sie hofften, halfest du ihnen aus.

22:6 Zu dir schrieen sie und wurden errettet; sie hofften auf dich und nicht zuschanden.

22:7 Ich aber bin ein Wurm und kein Mensch, ein Spott der Leute und Verachtung des Volks.

22:8 Alle, die mich sehen, spotten mein, sperren das Maul auf und schütteln den Kopf.

22:9 Er klage es dem HErrn, der helfe ihm aus und errette ihn, hat er Lust zu ihm!

22:10 Denn du hast mich aus meiner Mutter Leibe gezogen; du warest meine Zuversicht, da ich, noch an meiner Mutter Brüsten war.

22:11 Auf dich bin ich geworfen aus Mutterleibe; du bist mein GOtt von meiner Mutter Leib an.

22:12 Sei nicht ferne von mir, denn Angst ist nahe; denn es ist hie kein Helfer.

22:13 Große Farren haben mich umgeben, fette Ochsen haben mich umringet;

22:14 ihren Rachen sperren sie auf wider mich wie ein brüllender und reißender Löwe.

22:15 Ich bin ausgeschüttet wie Wasser; alle meine Gebeine haben sich zertrennet; mein Herz ist in meinem Leibe wie zerschmolzen Wachs.

22:16 Meine Kräfte sind vertrocknet wie ein Scherben, und meine Zunge klebet an meinem Gaumen; und du legest mich in des Todes Staub.

22:17 Denn Hunde haben mich umgeben, und der Bösen Rotte hat sich um mich gemacht; sie haben meine Hände und Füße durchgraben.

22:18 Ich möchte alle meine Beine zählen. Sie aber schauen und sehen ihre Lust an mir.

22:19 Sie teilen meine Kleider unter sich und werfen das Los um mein Gewand.

22:20 Aber du, HErr, sei nicht ferne; meine Stärke, eile, mir zu helfen!

22:21 Errette meine Seele vom Schwert, meine Einsame von den Hunden!

22:22 Hilf mir aus dem Rachen des Löwen und errette mich von den Einhörnern.

22:23 Ich will deinen Namen predigen meinen Brüdern, ich will dich in der Gemeine rühmen.

22:24 Rühmet den HErrn, die ihr ihn fürchtet; es ehre ihn aller Same Jakobs, und vor ihm scheue sich aller Same Israels!

22:25 Denn er hat nicht verachtet noch verschmähet das Elend des Armen und sein Antlitz vor ihm nicht verborgen, und da er zu ihm schrie hörete er's.

22:26 Dich will ich preisen in der großen Gemeine; ich will meine Gelübde bezahlen vor denen, die ihn fürchten.

22:27 Die Elenden sollen essen, daß sie satt werden, und die nach dem HErrn fragen, werden ihn preisen; euer Herz soll ewiglich leben.

22:28 Es werde gedacht aller Welt Ende, daß sie sich zum HErrn bekehren, und vor ihm anbeten alle Geschlechter der Heiden.

22:29 Denn der HErr hat ein Reich, und er herrschet unter den Heiden.

22:30 Alle Fetten auf Erden werden essen und anbeten; vor ihm werden Kniee beugen alle, die im Staube liegen, und die, so kümmerlich leben.

22:31 Er wird einen Samen haben, der ihm dienet; vom HErrn wird man verkündigen zu Kindeskind.

22:32 Sie werden kommen und seine Gerechtigkeit predigen dem Volk, das geboren wird, daß er's tut.
“Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ Herr Jesu, was ist mir dieses Wort werth! Wärest Du in dem Stillschweigen gestorben, da Du die drei Stunden der Finsterniß beobachtetest, so hätte ich nicht gewußt, daß Du die Hölle für mich geschmeckt, und welch ein Trost wäre mir da entgangen! Aber Du redest wohl mit recht beklemmtem Herzen, das zeigt die Wiederholung Deiner Worte. Was Du bei dem Aussprechen derselben empfunden has, das erreicht kein Mensch in der Sterblichkeit. Ein jedes Wort in Deiner Jammerklage ist von der größten Wichtigkeit. Das schöne Glaubenswort mein setzest Du voran, und das versüßt mir Dein ganzes Klaggeschrei. lehre mich alle meine Gebete auch damit anfangen, und Dich und Deinen Vater dadurch gleichsam zu mir reißen. Du nennest aber an Deinem Kreuze nichts Dein, als nur Gott, das allerhöchste Gut. So arm Du freiwillig wurdest und Alles fahren ließest, so lässest Du Dir doch Deinen Gott nicht rauben. O laß mich fleißig in diese Glaubensschule gehen, Herr Jesu, und von Dir glauben lernen; aber Deinen verdienstlichen Glauben laß mir dabei zu Statten kommen. Der süße Vatername ist gegenwärtig nicht auf Deinen Lippen, Dein Vater hatte sich in einen Grausamen verwandelt gegen Dich, den Bürgen des menschlichen Geschlechts. Aber die Veränderung Deiner Sprache, da Du nicht Vater, sondern Gott sagtest, soll mich eben tiefer in das Geheimniß Deiner Verlassung führen: ach, gieb mir Kraft und Gnade dazu. Du sprichst gar bedenklich: warum hast Du mich verlassen? Du wußtest es wohl, warum; aber mir willst Du diese Frage in den Mund legen, ich soll fleißig mich um die Ursache bekümmern, welche Dich in solchen Jammerstand gesetzt. Ach, es ist meine Sünde! Darum mußt Du von Gott verlassen werden, damit ich ewig wieder mit dem höchsten Gute könnte vereinigt werden. Du sprichst: mich, Deinen gehorsamen Sohn. Ja, mein Erlöser, weil Du eben das Menschengeschlecht vom Fluch, Zorn, Tod und Hölle erlösen solltest und wolltest, deswegen steckst eben Du, und kein Anderer, in dieser Angstgrube. Ach, keine andere Kreatur wäre auch solches zu ertragen im Stande gewesen. Sei in Ewigkeit dafür gelobet, und laß mir die Sünde nun auch recht sündig und mich derselben recht gram werden. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 23

23:1 Ein Psalm Davids. Der HErr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.

23:2 Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.

23:3 Er erquicket meine Seele; er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.

23:4 Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.

23:5 Du bereitest vor mir einen Tisch gegen meine Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.

23:6 Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des HErrn immerdar.
Herr Jesu, Du großer Hirt der Schaafe, Du bist ja auch mein treuer Hirt, der mir verheißen hat: „Siehe, ich will mich meiner Heerde selbst annehmen und sie suchen, wie ein Hirt seine Schaafe sucht, wenn sie von seiner Heerde verirrt sind. (Ezech. 34,11.) Ich will selbst meine Schaafe weiden und ich will sie lagern. Ich will das Verlorne wiedersuchen und das Verirrte wiederbringen, und das Verwundete verbinden und des Schwachen warten, und was fett und stark ist, will ich behüten, und will ihrer pflegen, wie es recht ist.“ (34,15.16.) Darum trage ich das Vertrauen zu Dir, Du werdest es mir nicht mangeln lassen an allem, was mir nützlich und selig ist. ich danke Dir von Herzen, daß Du mich bis auf diese Stunde hast geweidet auf Deinen gesegneten Auen und geführt zu den frischen Wassern Deines Worts und heiligen Sacraments; und ich bereue nur, daß ich Deine Hirtenstimme nicht jederzeit gehört habe und Dir nicht immer nachgefolgt bin, in bösen wie in guten Tagen. Dennoch hast Du nicht nachgelassen, mir zuzurufen, daß ich von meinen Irrwegen zurückgehen sollte. O wie unbegreiflich groß ist Deine Langmuth, und wie nicht minder unbegreiflich groß meine Thorheit, daß ich meine eigne Wohlfahrt so wenig erkenne! Nun, ich will Dir durch den Beistand des heiligen Geistes folgen, wohin Du mich lockest. Ach, sei noch ferner mein Hirte, so wird mir nichts mangeln. Wer ist, der mir schaden könnte, so ich Dir, Herr Christe, anhänge? Bist Du für mich, in und bei mir, wer mag wider mich sein? Dein Stecken und Stab trösten mich. Der Stab Deines Wortes leitet mich, daß ich nicht strauchle. Dein heiliges Kreuz ist mein Wanderstab, daran halte ich mich fest. Dein mächtiger Arm kann den Kopf meiner Seelenfeinde zerschlagen. Tobe, Welt, und springe, ich stehe hier und singe in gar sichrer Ruh. Wer Jesum bei sich hat, kann sicher reisen, Er wird ihm schon den Weg zum Himmel weisen, wer Jesum bei sich hat, kann nicht verderben; wer Jesum bei sich hat, kann fröhlich sterben. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 24

24:1 Ein Psalm Davids. Die Erde ist des HErrn, und was drinnen ist, der Erdboden, und was drauf wohnet.

24:2 Denn er hat ihn an die Meere gegründet und an den Wassern bereitet.

24:3 Wer wird auf des HErrn Berg gehen? und wer wird stehen an seiner heiligen Stätte?

24:4 Der unschuldige Hände hat und reines Herzens ist; der nicht Lust hat zu loser Lehre und schwöret nicht fälschlich.

24:5 Der wird den Segen vom HErrn empfahen und Gerechtigkeit von dem GOtt seines Heils.

24:6 Das ist das Geschlecht, das nach ihm fraget, das da suchet dein Antlitz, Jakob. Sela.

24:7 Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, daß der König der Ehren einziehe!
Als Jesus in Jerusalem einzog, erhob sich in der ganzen Stadt die Frage: Wer ist der? Auch wir wollen durch das ganze folgende Jahr alle Stunden und Augenblicke fragen: Wer ist der, welcher in unserm Herzen will wohnen und uns erhalten zum ewigen Leben? Wer ist derselbige König der Ehren? Auch wir wollen mit Freuden die Antwort hören: Es ist der Herr Zebaoth, der große Himmelskönig, damit wir die Tore unserer Ohren und Herzen Ihm öffnen. Denn der Held von zwei Naturen muß eine hohe Tür haben, und weil er viel mitbringt, muß ihm ein weites, breites Tor geöffnet werden. Es gibt aber eine dreifache Zukunft Christi, einen dreifachen Advent: ein Kommen ins Fleisch, ein Kommen im Geiste und ein Kommen zum Gericht. Er kam, Er kommt, Er wird kommen: das sagt, der da war, der da ist und der da kommen wird. Er kam vor 1800 Jahren bei seiner Menschwerdung und Geburt in die Welt, und erschien damals im Fleische für die Menschen. Er kommt täglich und will täglich kommen in uns durch den Glauben und die Wiedergeburt, und wohnen und leben allezeit in unserm Herzen. Er wird endlich kommen am Tage seiner Offenbarung wider die Welt, um die Ungläubigen zu strafen und zu richten und die Gläubigen selig zu machen und zu belohnen. Die erste Ankunft hilft uns nichts und die dritte wird uns fürchterlich sein, wenn wir uns der zweiten nicht teilhaftig machen. Kommt Christus nicht in uns, so ist Er auch nicht für uns gekommen, und wird dereinst wider uns kommen. An seinem Kommen in uns ist daher Alles gelegen, wie das Lied sagt: „Wäre Christus tausendmal geboren und nicht in euch, so seid ihr ewiglich verloren!“ Da wir nun nicht wissen, wann die dritte Ankunft des Herrn eintreten wird, so sollen wir vor allem uns um seine zweite Ankunft in unsere Herzen bestreben. Wer wird bestehen vor Seinem Zorn, wenn er Ihn nicht selbst in sich wohnend hat? Wer Ihn nicht in sich hat, wird als Spreu ohne Kern zu leicht erfunden und ins Feuer geworfen. Wer Ihn nicht in sich hat, kann nicht sagen: Komm, komm, Herr Jesu! Oder er ruft Feuerflammen, daß sie ihn verzehren. - O Herr Jesu, komm denn in unser Herz, damit wir Dich einst mit Freuden können kommen sehen zum Gericht und zur Vergeltung. Komm! Ich will Dein geschworner Untertan bleiben, bleib Du mein geschworner König und Seligmacher, bestätige und erneuere meinem Herzen im neuen Kirchenjahre die alten Privilegien: so genügt mir zeitlich und ewiglich. (Friedrich Arndt)

24:8 Wer ist derselbe König der Ehren? Es ist der HErr, stark und mächtig, der HErr, mächtig im Streit.

24:9 Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, daß der König der Ehren einziehe!

24:10 Wer ist derselbe König der Ehren? Es ist der HErr Zebaoth, er ist der König der Ehren. Sela.
Sei willkommen, Herr Jesu Christe, der Du Dich durch Deine wunderbare Zukunft uns armen verlornen Menschen so nahe thust und Deine ewige Erlösung uns anbietest. Siehe, die Tochter Zion, eine jede gedemüthigte und glaubenshungrige Seele, soll Dich mit Freuden empfangen als ihren Bräutigam, und mein Herz soll Dir auch entgegengehen. Laß mich nur gerne meines Vaters, des alten Adams, Haus und Unart vergessen und an Dir Lust gewinnen. Komm herein, Du Gesegneter Deines himmlischen Vaters, stehe nicht draußen vor meines Herzens Thür. Ach, klopfe nicht vergeblich an mit Deinem Worte, sondern thue Dir selbst auf. Wecke mich mit den klugen Jungfrauen aus aller Sicherheit, Trägheit, Fleischeslust, Weltliebe und Eitelkeit auf, daß ich Dir munter und begierig entgegengehe, und mich mit Loths Weib nicht wieder nach meinen alten Sünden umsehe. O Herr Jesu, Du kommst ja so sanftmüthig und armselig zu mir, wie sollte ich denn nicht Lust zu Dir gewinnen! Du bist von Herzen demüthig, warum sollte ich mich schämen, Dir mein Elend zu klagen und mich aller Strafen schuldig zu geben? Bist Du doch dazu erschienen, unsere Sünden wegzunehmen. O so komm und hebe auf die Feindschaft, die zwischen Gott und mir ist durch den Fall, und versöhne mich in Buße wieder bei dem Vater. Komm in mein Herz, und bringe mit den Geist der Gnaden und des Gebets, der mich vertrete. Komm und schenke mir Deine ganze Erlösung, um welcher willen Du gekommen bist. Bist Du nicht unser König? O so beherrsche auch unsern Willen, daß wir Deinem sanften Stabe gern und treulich folgen, und Dein Scepter ein gerader Scepter in und über uns werde. Kommst Du nicht zu uns als ein Lehrer von Gott, der uns den rechten Weg lehren will? O so leuchte doch in unsere Herzen als ein helles Licht, daß wir Dir nachfolgen und nicht mehr in der Finsterniß unseres blinden Herzens dahingehen, sondern da Licht des Lebens haben. Willst Du nicht, Immanuel, zu uns kommen als unser Versöhner und Vertreter? Ach, komm, es ist Zeit, daß wir loswerden vom bösen Gewissen und eine Freudigkeit empfangen, durch Dich einzugehen zum Vater mit Gebet und Glauben, und Deine ewige Erlösung in der That zu genießen. Darum komm alsbald mit aller Deiner Kraft in mich. Siehe, mein Herz ist Dir offen, nimm es ganz ein, brauche mich, wie Du willst, laß mich Dir weiter nicht widerstreben.
Komm mit Deiner Gnadengegenwart zu mir, so werde ich vor Deiner Zukunft zum Gericht nicht erschrecken, sondern mein Haupt getrost emporheben und Dir entgegenkommen. Nun, mein Geist spricht: Komm, und Du antwortest mir auch in Gnaden: Ja, ich komme bald. Amen, ja so komm, Herr Jesu, alle Augenblicke, und bleibe bei mir ewiglich unverrückt. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 25

25:1 Ein Psalm Davids. Nach dir, HErr, verlanget mich.
Findest du den Heiland nicht in deiner Seele, fühlst du seine heilige Nähe nicht, so ruhe nicht, bis du ihn wieder findest. Suche nicht anderswo, außer ihm, Trost. Schande wäre es, wenn du den so leicht entbehren könntest, ohne den du nicht selig sein kannst; und Verbrechen wäre es, ihn missen und sich nach einem Andern umsehen. Werde daher nicht müde, ihn, wenn er sich dir zuweilen verbirgt, mit Treue, wie die Heiligen des A. B. , zu suchen. Er entzieht sich dir nicht, er hat sich nur verborgen, um deine Sehnsucht, dein Verlangen nach ihm zu vermehren. Wirst du müde, läßt du nach, ihn zu suchen, nach ihm dich zu sehnen, so beleidigst du ihn so, daß er sich noch weiter von dir entfernt, und du seine freundliche Gegenwart noch länger entbehren mußt. Wo ist dein Verlangen, wo die Sehnsucht nach ihm? Sieht dein inneres Auge stets nach ihm? Dürstet deine Seele immer nach ihm, nach dem lebendigen Gott? Bist du nicht mit einem bloßen Gedanken, oder einem kalten Begriffe von Gott und Christus zufrieden? Suchst du das Leben, die Kraft Gottes und Christi in deinem Herzen zu spüren? Trachtest du, dahin zu kommen, in die Stille und Ruhe des Gemüthes, in das Allerheiligste deiner Seele, um Gottes Angesicht zu schauen, so weit man es hier schauen kann? Dürste, sehne dich, verlange nach ihm wie David, wie Assaph, und du wirst den lebendigen Gott erfahren wie sie - und mehr noch. (Johannes Gossner)

25:2 Mein GOtt, ich hoffe auf dich. Laß mich nicht zuschanden werden, daß sich meine Feinde nicht freuen über mich!

25:3 Denn keiner wird zuschanden, der dein harret; aber zuschanden müssen sie werden, die losen Verächter.

25:4 HErr, zeige mir deine Wege und lehre mich deine Steige!

25:5 Leite mich in deiner Wahrheit und lehre mich; denn du bist der GOtt, der mir hilft; täglich harre ich dein.

25:6 Gedenke, HErr, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte, die von der Welt her gewesen ist.

25:7 Gedenke nicht der Sünden meiner Jugend und meiner Übertretung; gedenke aber mein nach deiner Barmherzigkeit um deiner Güte willen!

25:8 Der HErr ist gut und fromm, darum unterweiset er die Sünder auf dem Wege.

25:9 Er leitet die Elenden recht und lehret die Elenden seinen Weg.
Die Bereitschaft, sich leiten zu lassen, findet sich in keinem Menschen. Zuerst muß das Herz gedemütigt und gebeugt werden, weil es von Natur aus mit Hochmut und Stolz erfüllt ist. Gott demütigt zuerst, und dann reicht er freundlich seine Hand, um durch das ganze Leben zu führen! (Jean Calvin)

25:10 Die Wege des HErrn sind eitel Güte und Wahrheit denen, die seinen Bund und Zeugnis halten.

25:11 Um deines Namens willen, HErr, sei gnädig meiner Missetat, die da groß ist!

25:12 Wer ist der, der den HErrn fürchtet? Er wird ihn unterweisen den besten Weg.

25:13 Seine Seele wird im Guten wohnen, und sein Same wird das Land besitzen.

25:14 Das Geheimnis des HErrn ist unter denen, die ihn fürchten, und seinen Bund läßt er sie wissen.

25:15 Meine Augen sehen stets zu dem HErrn denn er wird meinen Fuß aus dem Netze ziehen.

25:16 Wende dich zu mir und sei mir gnädig; denn ich bin einsam und elend.

25:17 Die Angst meines Herzens ist groß; führe mich aus meinen Nöten!

25:18 Siehe an meinen Jammer und Elend und vergib mir alle meine Sünde!

25:19 Siehe, daß meiner Feinde so viel ist und hassen mich aus Frevel.

25:20 Bewahre meine Seele und errette mich; laß mich nicht zuschanden werden, denn ich traue auf dich.

25:21 Schlecht und recht, das behüte mich; denn ich harre dein.

25:22 GOtt, erlöse Israel aus aller, seiner Not!
Ein Angstpsalm! Wäre es ein Wunder, wenn er Jesu vor Augen geschwebt hätte in seiner großen Pein? Du wurdest gegeißelt, Herr Jesu; das sind wenige Worte, aber viele Schläge und große Schmerzen und eine unbeschreibliche Liebe, die Dich zur Uebernahme dieses schweren Leidens gebracht. Ach wie hast Du meine Fleischeslust und Zärtlichkeit so empfindlich büßen müssen! Durch das Blut, das unter Deiner Geißelung von Dir geflossen, hast Du mir die Vergebung aller, besonders auch meiner Fleischessünden erworben. – Nach der grausamen Geißelung wurde Dir ein alter Purpurmantel zum Spott umgehängt. Von einer Salbe und linderndem Oele hört man nichts; alle Erleichterung und Linderung Deiner Schmerzen mußt Du entbehren, und damit hast Du mir so manche Erleichterung und Linderung der leiblichen Schmerzen erworben. O ich komme zu Dir und bitte Dich um Deinen Purpur, meine nackte Seele, die sich mit vielen garstigen Sünden verschuldet hat, zu verhüllen. - Doch damit auch Dein holdes Angesicht mit Blut beflossen sei, so wurde Dein heiliges Haupt mit Dornen gekrönt, wo dann jede Dornspitze eine neue Wunde machte, und gleichsam ein Brünnlein grub, daraus ich meinen Glaubensdurst stillen kann. Wenn ein irdischer König gekrönt wird, da läuft Alles zu, man giebt viel Geld für ein kleines Fenster, daß man zusehen kann; aber aus Deiner Krönung macht Niemand etwas, und doch geschieht dieselbe der ganzen Welt zum Heil und Segen. O daß meine Seele Dich und Deinen Dornenschmuck recht hoch und theuer achten möchte! Denn mit Deiner Dornenkrone hast Du mir die Ehrenkrone jenes Lebens erworben. Möchten Deine Dornen lauter Röhren sein, in welchen das Blut aus Deinem Haupte in den Garten meiner Seele geleitet werde, daß ich ein fruchtbarer Garten sein möge, in welchem Du edle Früchte finden könnest. Deine Dornenkrone heilige mir alle Schmerzen meines Hauptes. Durch das Verdienst Deiner Dornenkrone kröne mich schon hier mit Gnade und Barmherzigkeit, und dort mit der ewigen Ehrenkrone. Herr Jesu, laß das Blut aus Deinem Haupte als ein göttliches Salböl für mich, als ein lebendiges Glied an Deinem Leibe, fließen, damit ich dadurch auch ein geistlicher Priester und König werde. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 26

26:1 Ein Psalm Davids. HErr, schaffe mir Recht, denn ich bin unschuldig. Ich hoffe auf den HErrn, darum werde ich nicht fallen.

26:2 Prüfe mich, HErr, und versuche mich; läutere meine Nieren und mein Herz!

26:3 Denn deine Güte ist vor meinen Augen, und ich wandele in deiner Wahrheit.

26:4 Ich sitze nicht bei den eiteln Leuten und habe nicht Gemeinschaft mit den Falschen.

26:5 Ich hasse die Versammlung der Boshaftigen und sitze nicht bei den Gottlosen.

26:6 Ich wasche meine Hände mit Unschuld und halte mich, HErr, zu deinem Altar,

26:7 da man höret die Stimme des Dankens und da man prediget alle deine Wunder.

26:8 HErr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnet.

26:9 Raffe meine Seele nicht hin mit den Sündern, noch mein Leben mit den Blutdürstigen,

26:10 welche mit bösen Tücken umgehen und nehmen gerne Geschenke.

26:11 Ich aber wandele unschuldig. Erlöse mich und sei mir gnädig!

26:12 Mein Fuß gehet richtig. Ich will dich loben, HErr, in den Versammlungen.
Wohl dem, der also mit David sprechen kann und auch durch seinen gotteshäuslichen Sinn ein Mann nach dem Herzen Gottes ist! Wer den Herrn lieb hat, der hat auch des Herrn Haus, Wort, Altar und Alles lieb, was Er zu seiner Ehre und zu unserm Heil angeordnet hat. Er dient zwar Gott alle Tage seines Lebens und an allen Orten; betet, lieset und betrachtet Gottes Wort, hat Gott vor Augen und im Herzen, und hütet sich, dass er an den Werktagen mit den Werken den nicht verläugne, den er an den Feiertagen mit der Gemeinde anbetet. Aber am Tage des Herrn zum Hause des Herrn zu gehen, zu hören und mit einzustimmen in die Stimme des Dankes, aufzumerken, auf das Wort göttlicher Predigt und Theil zu nehmen an dem Altar des neuen Bundes: das ist ihm doch eine besondere Freude und süße Pflicht, daran hat er auch einen besondern Segen, den der zu seinem Schaden entbehrt, der die Stätte des Hauses Gottes nicht achtet. Kirchen sind ja Dankhäuser, in denen so vieler Christen Mund von Gottes Lob erschallet, und Dankhäuser der göttlichen Wunder; Wunder werden gepredigt von den Kanzeln, am Taufstein und bei den Altären. Sie sind Wohnungen der Ehre Gottes, wo Er verheißen hat zu uns zu kommen mit seiner Gnade und uns zu segnen. Es weiß jeder aus Erfahrung, dass es ein anderes ist, die Predigt des Wortes Gottes zu hören, als für sich das Wort Gottes und eine Predigt über das Wort zu lesen. Es stehet nicht ohne Grund geschrieben: „Selig sind, die Gottes Wort hören; denn der Glaube kommt aus der Predigt.“ Darum lasset uns nicht verlassen unsere Versammlungen; lasset uns den Feiertag heiligen; lasset uns zum Hause Gottes kommen, mit Heilsbegierde Gottes Wort hören und unsere Liebe zum Hause Gottes vor allem durch Gehorsam gegen das Wort beweisen. Herr, hilf mir dazu und mache mir die Sonntage zu rechten Sonnen- und Lichttagen; dann werden auch die andern Tage im Glanz dieses Lichtes stehen und mich segnen. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 27

27:1 Ein Psalm Davids. Der HErr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollt ich mich fürchten? Der HErr ist meines Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen?

27:2 Darum, so die Bösen, meine Widersacher und Feinde, an mich wollen, mein Fleisch zu fressen, müssen sie anlaufen und fallen.

27:3 Wenn sich schon ein Heer wider mich legt, so fürchtet sich dennoch mein Herz nicht; Wenn sich Krieg wider mich erhebt, so verlasse ich mich auf ihn.

27:4 Eins bitte ich vom HErrn, das hätte ich gerne, daß ich im Hause des HErrn bleiben möge mein Leben lang, zu schauen die schönen GOttesdienste des HErrn und seinen Tempel zu besuchen.

27:5 Denn er deckt mich in seiner Hütte zur bösen Zeit, er verbirget mich heimlich in seinem Gezelt und erhöhet mich auf einem Felsen;

27:6 und wird nun erhöhen mein Haupt über meine Feinde, die um mich sind; so will ich in seiner Hütte Lob opfern, ich will singen und lobsagen dem HErrn.

27:7 HErr, höre meine Stimme, wenn ich rufe; sei mir gnädig und erhöre mich!

27:8 Mein Herz hält dir vor dein Wort: Ihr sollt mein Antlitz suchen. Darum suche ich auch, HErr, dein Antlitz.

27:9 Verbirg dein Antlitz nicht vor mir und verstoße nicht im Zorn deinen Knecht; denn du bist meine Hilfe. Laß mich nicht und tu nicht von mir die Hand ab, GOtt, mein Heil!

27:10 Denn mein Vater und meine Mutter verlassen mich; aber der HErr nimmt mich auf.

27:11 HErr weise mir deinen Weg und leite mich auf richtiger Bahn um meiner Feinde willen.

27:12 Gib mich nicht in den Willen meiner Feinde; denn es stehen falsche Zeugen wider mich und tun mir unrecht ohne Scheu.

27:13 Ich glaube aber doch, daß ich sehen werde das Gute des HErrn im Lande der Lebendigen.

27:14 Harre des HErrn! Sei getrost und unverzagt und harre des HErrn!
Daß ich mich so trösten darf, habe ich Deinen Leiden zu verdanken, Herr Jesu. Wie muß ich mich schämen vor der Liebe, die alle Schmach und Qual übernimmt, und sich so erbärmlich zurichten läßt, daß selbst Pilatus, als Du wieder vor ihn gebracht worden, Dich in größter Bewunderung dem Volke mit dem Aufruf vorstellt: “Sehet, welch ein Mensch!“ und es durch Deine Jammergestalt zum Mitleiden gegen Dich bewegen will. O laß doch Deinen heiligen Geist diese Worte mir immer in mein Herz hineinrufen: „Siehe, welch ein Mensch ist Jesus für dich geworden!“ Siehe, wie Er an deiner Stelle steht! Siehe, wie hoch Er dich geliebt hat! Aber Herr Jesu, Du weißt, wie ich so blind und untüchtig bin, Dich zu sehen, und wie meine Augen eher auf alle Kleinigkeiten fallen, als auf Dich. Darum erleuchte die Augen meines Gemüthes, und ziehe sie immer auf Dich und Deine Marter, Du Magnet der Liebe. – „Sehet, welch ein Mensch!“ Ja, Herr, ich will sehen; Du sollst mir allezeit vor Augen sein, Deine Martergestalt will ich mir tief in’s Herz drücken, damit sie meine Sünde strafe, mein Fleisch kreuzige, meine Seele heilige; Dein Bild, Du Schmerzensmann, soll mich überall begleiten, auf jedem Wege, damit ich richtig vor Dir wandle, in jeder Versuchung, damit dieser Anblick mich schütze, in jeder Noth, damit er mich tröste, durch diese Passionswochen, damit sie für mich reich gesegnet seien, durch meine ganze Lebenszeit, damit ich für den Himmel mich bereichten, in meiner Todesstunde, damit ich selig sterben möge. Du bist mein Licht und mein Heil, spreche ich jetzt auch mit David und mit viel mehr Grund als er, vor wem sollte ich mich fürchten? Du bist meines Lebens Kraft, vor wem sollte mir grauen? Wenn sich schon ein Heer von Seelenfeinden wider mich legte, Du deckest mich mit Deinem Verdienst und verbirgst mich in Deinen Wunden. Wenn alle Freunde, Vater und Mutter, mich verlassen sollten, Du kannst und wirst mich niemals verlassen. Herr Jesu, Dir leb’ ich; Herr Jesu, Dir sterb’ ich; Herr Jesu, Dein bin ich todt und lebendig. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 28

28:1 Ein Psalm Davids. Wenn ich rufe zur dir, HErr, mein Hort, so schweige mir nicht, auf daß nicht, wo du schweigest, ich gleich werde denen, die in die Hölle fahren.

28:2 Höre die Stimme meines Flehens, wenn ich zu dir schreie, wenn ich meine Hände aufhebe zu deinem heiligen Chor.

28:3 Zeuch mich nicht hin unter den Gottlosen und unter den Übeltätern, die freundlich reden mit ihrem Nächsten und haben Böses im Herzen.

28:4 Gib ihnen nach ihrer Tat und nach ihrem bösen Wesen; gib ihnen, nach den Werken ihrer Hände; vergilt ihnen, was sie verdienet haben!

28:5 Denn sie wollen nicht achten auf das Tun des HErrn noch auf die Werke seiner Hände; darum wird er sie zerbrechen und nicht bauen.

28:6 Gelobet sei der HErr; denn er hat erhöret die Stimme meines Flehens.

28:7 Der HErr ist meine Stärke und mein Schild; auf ihn hoffet mein Herz, und mir ist geholfen; und mein Herz ist fröhlich, und ich will ihm danken mit meinem Liede.

28:8 Der HErr ist ihre Stärke; er ist die Stärke, die seinem Gesalbten hilft.

28:9 Hilf deinem Volk und segne dein Erbe; und weide sie und erhöhe sie ewiglich!
Es irret mich nicht, mein Jesus, daß Du, der Heiland der Menschen, voll Blut und Wunden in Schmach eines Missethäters das schwere Kreuz nach Golgatha trägst, um an demselben zu sterben. Es irret mich nicht, daß Du so matt wirst und unter dieser Last beinahe erliegst. Es irret mich nicht, daß Du in Dein Eigenthum gekommen bist und die Deinen Dich nicht aufgenommen haben, sondern Dich durch den Kreuzestod auszurotten gedenken. Vielmehr sind das mir die deutlichsten Kennzeichen, daß Du mein Erlöser bist. Tausendmal sei Dir gedankt für die Uebernahme des schweren Kreuzes, mit welchem Du meine und aller Menschen Sündenlasten getragen. Nun, so trage nur meine Sünden hin an’s Kreuz und in’s Grab, trage sie aus den Augen und dem Andenken des Vaters hinweg, trage sie von meinem Herzen und Gewissen weg. Laß mich aber auch diese große Gnade, daß Du meine Sünden hinweggetragen, in einem völligen Glauben und nach der Absicht Deines treuen Herzens genießen. – Dein Weg geht den Gang des 28. Psalms, er geht zum Kreuz und vom Kreuz zum Himmel: ist für mich wohl ein angenehmerer Weg zu finden, als dieser? O mache mich willig und tüchtig, ihn zu gehen, Du Heerführer und Herzog meiner Seligkeit, und laß mich ja keinem andern nacheilen. Alle andern Wege führen stracks in die Hölle; aber Dir nachfolgen auf dem Leidenswege, das führt gerade in den Himmel. Laß mich Dir nachfolgen durch Deine Kraft, so gut ich kann; und ob ich schon mit meinem schwachen Kinderschritte Dich nicht völlig erreichen kann, so laß mich desto mehr meine Hände nach Dir ausstrecken, damit, wenn ich fallen will, Du mich sogleich mit Deiner stärkenden Helfershand ergreifen kannst. Sonst kostet’s viel, wenn man eine weite Reise macht, Dich hat’s wahrlich auch viel gekostet; Dein theures Blut und Leben, ja Alles hast Du daran gewagt. Da hast Du aber auch zugleich für mich die Reisekosten bezahlt; Nothdurft, Nahrung und Erquickung hast Du mir erworben; überfällt mich Mattigkeit, so darf ich mich auf Dich lehnen. So machst Du meine Leidensbahn zu einem Himmelsweg. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 29

29:1 Ein Psalm Davids. Bringet her dem HErrn, ihr Gewaltigen bringet her dem HErrn Ehre und Stärke!

29:2 Bringet dem HErrn Ehre seines Namens; betet an den HErrn in heiligem Schmuck!

29:3 Die Stimme des HErrn gehet auf den Wassern; der GOtt der Ehren donnert, der HErr auf großen Wassern.

29:4 Die Stimme des HErrn gehet mit Macht; die Stimme des HErrn gehet herrlich.

29:5 Die Stimme des HErrn zerbricht die Zedern; der HErr zerbricht die Zedern im Libanon

29:6 und machet sie löcken wie ein Kalb, Libanon und Sirion wie ein junges Einhorn.

29:7 Die Stimme des HErrn häuet wie Feuerflammen.

29:8 Die Stimme des HErrn erreget die Wüste; die Stimme des HErrn erreget die Wüste Kades.

29:9 Die Stimme des HErrn erreget die Hindinnen und entblößet die Wälder. Und in seinem Tempel wird ihm jedermann Ehre sagen.

29:10 Der HErr sitzt, eine Sintflut anzurichten. Und der HErr bleibt ein König in Ewigkeit.

29:11 Der HErr wird seinem Volk Kraft geben; der HErr wird sein Volk segnen mit Frieden.
Deine Stimme, o Herr, ist eine gewaltige Stimme. Sie geht durch die ganze Welt, und wer nur hören will, vernimmt die Offenbarungen Deiner Macht und Größe, Deiner Allgegenwart und Herrlichkeit. Sie geht durch die Natur bei Tag und Nacht, sie schallt aber noch lauter durch Dein geoffenbartes Wort im Reich der Gnade, insbesondere durch das Evangelium Jesu Christi, Deines lieben Sohnes, und bedenken wir das recht, so müssen wir wohl mit Luther beten.
„Lieber Gott, Du sprichst durch Deinen lieben Sohn die selig, so Dein Wort hören. Wie viel billiger wäre es, daß wir Dich, o ewiger, barmherziger Vater, ohne Unterlaß mit fröhlichem Herzen selig preiseten, Dir dankten und lobeten, daß Du Dich so freundlich, ja väterlich gegen uns arme Würmlein erzeigest, und mit uns von der größten und höchsten Sache, nämlich vom ewigen Leben und Seligkeit redest. Gleichwohl unterlässest Du nicht, uns freundlich zu locken durch Deinen Sohn, Dein Wort zu hören, da Er spricht: „Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren,“ als könntest Du unseres Gehörs nicht entbehren, und wir, wie wir Erde und Asche sind, nicht viel tausendmal mehr Deines seligen Worts bedürften. O wie unaussprechlich groß und wundersam ist Deine Güte und Geduld! Wiederum Ach und Weh über die Undankbarkeit und Staarblindheit derer, die Dein Wort nicht allein nicht hören wollen, sondern es auch muthwillig verachten, verfolgen und lästern!“
Nun, Herr, hier bin ich. Ich höre nicht blos die Stimme Deines Donners, sondern auch die süße Stimme Deiner Sünden vergebenden Gnade. O höre mich wieder. Antworte mir väterlich, so will ich Deiner süßen Rede wie ein Kind folgen. (Friedrich Arndt)

Psalm 30

30:1 Ein Psalm, zu singen von der Einweihung des Hauses Davids.

30:2 Ich preise dich, HErr, denn du hast mich erhöhet und lässest meine Feinde sich nicht über mich freuen.

30:3 HErr, mein GOtt, da ich schrie zu dir, machtest du mich gesund.

30:4 HErr, du hast meine Seele aus der Hölle geführet; du hast mich lebendig behalten, da die in die Hölle fuhren.

30:5 Ihr Heiligen, lobsinget dem HErrn; danket und preiset seine Heiligkeit!

30:6 Denn sein Zorn währet einen Augenblick, und er hat Lust zum Leben; den Abend lang währet das Weinen, aber des Morgens die Freude.

30:7 Ich aber sprach, da mir's wohl ging: Ich werde nimmermehr daniederliegen.

30:8 Denn, HErr, durch dein Wohlgefallen hast du meinen Berg stark gemacht. Aber da du dein Antlitz verbargest, erschrak ich.

30:9 Ich will, HErr, rufen zu dir; dem HErrn will ich flehen.

30:10 Was ist nütze an meinem Blut, wenn ich tot bin? Wird dir auch der Staub danken und deine Treue verkündigen?

30:11 HErr, höre und sei mir gnädig; HErr, sei mein Helfer!

30:12 Du hast mir meine Klage verwandelt in einen Reigen; du hast meinen Sack ausgezogen und mich mit Freuden gegürtet,

30:13 auf daß dir lobsinge meine Ehre und nicht stille werde. HErr, mein GOtt, ich will dir danken in Ewigkeit.
Das haben wohl alle Gläubige in ihrem Leben unzählige Male erfahren, daß den Abend lang das Weinen währet und des Morgens die Freude, und werden es noch eben so oft erfahren; denn unser Gott ist ein Gott, der da Lust hat zum Leben. Insbesondere haben es die erfahren, deren Herz voll so großer Bekümmerniß war, als Jesus gestorben war. Da finden wir auf allen Wegen und Stegen nur Weinende; Maria Magdalena stand weinend am Grabe, die andern Frauen sind nicht minder trostlos, die Jünger von Emmahus ziehen traurig ihrer Straße, die übrigen Jünger sitzen in großer Herzensangst bei verschlossenen Thüren. Wie bald aber sahen sie Ihn wieder, den sie verloren glaubten! Und als sie Ihn sahen, war ihre Freude so groß, daß sie vor Freuden nicht glaubten, daß Er es sei. Denn so ist es mit unserm Herzen; es wird der Glaube hienieden angefochten in Betrübniß und in Freude, und ist entweder der Mangel oder die Fülle zu groß, und des Trostes zu viel oder zu wenig. – David bricht darauf in den Lobgesang aus: „Du hast mir meine Wege verwandelt in einen Reigen, Du hast meinen Sack ausgezogen und mich mit Freuden gegürtet;“ aber ehe er das thut, sagt er: „Herr, höre und sei mir gnädig, Herr, sei mein Helfer!“ Dank und Bitte, Preisgesang und Hülfegeschrei stehen dicht bei einander. So ist’s hier auf Erden. Der Bedürfnisse, der Schwachheiten der Nöthe sind so viele, daß bei dem letzten Tone des Reigens der erste der Klage folgt. Aber dem David sollen wir’s ablernen, daß wir die Klage dann gar nicht durch viele Töne fortgehen lassen, sondern nach dem kurzen Seufzer gleich mit dem Triumphgeschrei einfallen und im Glauben den Herrn schon preisen für die Hülfe, als sei sie gekommen, noch ehe sie erschienen. Mein Gott, ich will nicht klagen, sondern lobsingen, lobsingen will ich immerdar Dir, meine Ehre; auf daß zu Deiner Ehre mein’ Ehre sich erhöb’, und nimmer stille wäre, bis daß ich Deine Lieb und ungezählte Schaar der großen Wunderdinge mit ew’ger Freude singe im goldnen Himmelssaal. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 31

31:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen.

31:2 HErr, auf dich traue ich. Laß mich nimmermehr zuschanden werden; errette mich durch deine Gerechtigkeit!

31:3 Neige deine Ohren zu mir, eilend hilf mir! Sei mir ein starker Fels und eine Burg, daß du mir helfest.

31:4 Denn du bist mein Fels und meine Burg, und um deines Namens willen wollest du mich leiten und führen.

31:5 Du wollest mich aus dem Netze ziehen, das sie mir gestellet haben; denn du bist meine Stärke.

31:6 In deine Hände befehle ich meinen Geist; du hast mich erlöset, HErr, du treuer GOtt.

31:7 Ich hasse, die da halten auf lose Lehre; ich hoffe aber auf den HErrn.

31:8 Ich freue mich und bin fröhlich über deiner Güte, daß du mein Elend ansiehest und erkennest meine Seele in der Not

31:9 und übergibst mich nicht in die Hände des Feindes; du stellest meine Füße auf weiten Raum.

31:10 HErr, sei mir gnädig, denn mir ist angst; meine Gestalt ist verfallen vor Trauern, dazu meine Seele und mein Bauch.

31:11 Denn mein Leben hat abgenommen vor Trübnis und meine Zeit vor Seufzen; meine Kraft ist verfallen vor meiner Missetat, und meine Gebeine sind verschmachtet.

31:12 Es gehet mir so übel, daß ich bin eine große Schmach worden meinen Nachbarn und eine Scheu meinen Verwandten; die mich sehen auf der Gasse, fliehen vor mir.

31:13 Mein ist vergessen im Herzen wie eines Toten; ich bin worden wie ein zerbrochen Gefäß.

31:14 Denn viele schelten mich übel, daß jedermann sich vor mir scheuet; sie ratschlagen miteinander über mich und denken mir das Leben zu nehmen.

31:15 Ich aber, HErr, hoffe auf dich und spreche: Du bist mein GOtt.

31:16 Meine Zeit stehet in deinen Händen. Errette mich von der Hand meiner Feinde und von denen, die mich verfolgen.

31:17 Laß leuchten dein Antlitz über deinen Knecht; hilf mir durch deine Güte!

31:18 HErr, laß mich nicht zuschanden werden; denn ich rufe dich an. Die Gottlosen müssen zuschanden und geschweiget werden in der Hölle.

31:19 Verstummen müssen falsche Mäuler, die da reden wider den Gerechten, steif, stolz und höhnisch.

31:20 Wie groß ist deine Güte, die du verborgen hast denen, die dich fürchten, und erzeigest denen, die vor den Leuten auf dich trauen.

31:21 Du verbirgest sie heimlich bei dir vor jedermanns Trotz; du verdeckest sie in der Hütte vor den zänkischen Zungen.

31:22 Gelobet sei der HErr, daß er hat eine wunderliche Güte mir bewiesen in einer festen Stadt!

31:23 Denn ich sprach in meinem Zagen: Ich bin von deinen Augen verstoßen; dennoch höretest du meines Flehens Stimme, da ich zu dir schrie.

31:24 Liebet den HErrn, alle seine Heiligen! Die Gläubigen behütet der HErr und vergilt reichlich dem, der Hochmut übet.

31:25 Seid getrost und unverzagt, alle, die ihr des HErrn harret!
Dein letztes Wort, Herr Jesu, war das des 31sten Psalms: “Vater, in Deine Hände befehle ich meinen Geist.“ Nun höre ich wieder den lieblichen Vaternamen von Dir, wie süß klingt er doch! Diese Benennung Deines Gottes ist ein deutliches Kennzeichen, daß Du allen seinen Willen vollbracht und recht vollkommen Gehorsam bewiesen hast, damit Du mit lauter Stimme und aller Freimütigkeit Vater sagen konntest. Ich könnte und dürfte Gott nie mit Freudigkeit Vater nennen, wenn ich mich nicht in Dein Verdienst einwickelte und in Deinen vollkommnen Gehorsam; denn ich bin in mir selbst ein gar böses, ausgeartetes, ungehorsames Kind. Wohl mir, daß ich Dich zu meinem Mittler habe, der mir bei meiner Schuld ganz unentbehrlich ist! – Dir lag im Sterben nichts an als Deine Seele: o daß auch mir im Leben und im Tode nichts so sehr anliegen möchte, als meine Seele, damit ich sie als eine Ausbeute davon bringe; daß ich doch mit Wahrheit wie David sagen könnte: ich trage meine Seele immer in meinen Händen! Schenke mir diese Klugheit der Gerechten, denn Seele verloren, Alles verloren. Herr Jesu, Du giebst Deine Seele als unser Haupt in die Hände des Vaters, und also mit derselben auch die Seelen Deiner Glieder. Wenn ich meinen unsterblichen Geist ansehe hier unter so vielen Gefahren, so wird es mir angst vor dem Durchkommen; betrachte ich ihn aber als mit Deinem Geiste vereinigt in den Händen des Vaters, so bin ich ganz getrost und meiner Seligkeit gewiß. – Du sprichst Dein letztes Wort mit einem lauten Geschrei aus: das mag wohl ein rechtes Siegesgeschrei heißen, denn das große Werk der Erlösung war glorreich vollbracht; aber auch ein Angstschrei, weil eben jetzt der Tod seinen unzerbrochenen Stachel mit ganzer Macht in Dein treues Herz schoß, den Du da erst zerbrechen mußtest. Ach, Herr Jesu, dieses Dein lautes, letztes Sieges- und Angstgeschrei komme mir kräftig zu Statten im Leben und im Sterben. Laß mich’s im Leben Dir fleißig nachsprechen, so wird mir’s nicht schaden, wenn ich auch in meinem Tode es nicht mehr sprechen könnte, denn Du hast es für mich gesprochen, es gilt mir wahrhaftig. Amen. (Friedrich Arndt)
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Abraham brachte seinen Sohn Gott zum Opfer dar, ein großes Werk, aber aus dem Glauben. Ich lobe den Bau desWerkes, aber ich sehe auf den Grund des Glaubens. Ich lobe die Frucht des guten Werkes, aber im Glauben erkenne ich die Wurzel. Denn wenn es Abraham ohne den rechten Glauben gethan, es hätte ihm nicht genützt, wie groß das Werk auch gewesen. Wiederum, wenn Abraham Glauben gehalten und auf den Befehl Gottes, ihm den Sohn zu opfern, zu sich selbst gesagt hätte: „Ich thue es nicht und glaube dennoch, weil mich Gott auch erlös't, wenn ich seine Befehle verachte;“ so würde der Glaube todt sein ohne Werke und gleichsam eine unfruchtbare und dürre Wurzel bleiben. Wie also? Wir müssen kein Werk dem Glauben vorziehen, so daß Jemand vor dem Glauben gut gehandelt haben sollte. Denn leer sind die Werke vor dem Glauben, obgleich sie den Menschen lobenswerth erscheinen. Sie scheinen mir wie große Kräfte und der schnellste Wagen ohne Weg. Niemand also halte seine Werke für gut ohne den Glauben; wo der Glaube nicht war, war auch das gute Werk nicht; denn gut mach das Werk die Absicht; die Absicht aber lenkt der Glaube. (Aurelius Augustinus)

Psalm 32

32:1 Eine Unterweisung Davids. Wohl dem, dem die Übertretungen vergeben sind, dem die Sünde bedecket ist!

32:2 Wohl dem Menschen, dem der HErr die Missetat nicht zurechnet, in des Geist kein Falsch ist!

32:3 Denn da ich's wollte verschweigen, verschmachteten meine Gebeine durch mein täglich Heulen.

32:4 Denn deine Hand war Tag und Nacht schwer auf mir, daß mein Saft vertrocknete, wie es im Sommer dürre wird. Sela.

32:5 Darum bekenne ich dir meine Sünde und verhehle meine Missetat nicht. Ich sprach: Ich will dem HErrn meine Übertretung bekennen. Da vergabest du mir die Missetat meiner Sünde. Sela.

32:6 Dafür werden dich alle Heiligen bitten zur rechten Zeit; darum, wenn große Wasserfluten kommen, werden sie nicht an dieselbigen gelangen.

32:7 Du bist mein Schirm; du wollest mich vor Angst behüten, daß ich errettet, ganz fröhlich rühmen könnte. Sela.

32:8 Ich will dich unterweisen und dir den Weg zeigen, den du wandeln sollst; ich will dich mit meinen Augen leiten.

32:9 Seid nicht wie Rosse und Mäuler, die nicht verständig sind, welchen man Zaum und Gebiß muß ins Maul legen, wenn sie nicht zu dir wollen.

32:10 Der Gottlose hat viel Plage; wer aber auf den HErrn hoffet, den wird die Güte umfahen.

32:11 Freuet euch des HErrn und seid fröhlich, ihr Gerechten, und rühmet, alle ihr Frommen!
Der Hahn verwies dem Petro seine Untreue am allerersten; er rief ihm mit seinem Geschrei gleichsam zu: Petre, du hast schwer gesündigt. Ein herrlicher Bußwecker! Sein Geschrei brachte Petrum zur Reue. Der andere Bußwecker war Christi Anblick. Sobald er Petrum ansah, rührte Er ihm das Herz. Petrus erinnerte sich Jesu Vorherverkündigung seiner dreimaligen Verleugnung; er ging hierauf in sich und kam zur Erkenntniß seiner Sünden. Er bekam von Jesu einen freundlichen An- und Gnadenblick. Daraus strahlte ihm eine große Liebe Jesu in's Herz. Diese wirkte von Stund an schmerzliche Reue und Buße; sein Herz zerschmolz ihm im Leibe wie Wachs; seine Gebeine hoben an zu zittern! die Thränen ergossen sich häufig in seinen Augen; die Hände rang und wand er ängstlich. Heiße Sonnenblicke ziehen gern Wasser und geben Regen: hier machen die Blicke der Sonne der Gerechtigkeit Petri Augen zu nassen Wolken; siehe, was für ein fruchtbarer Regen herausfällt! Milde Thränen, bittere Thränen, heiße Thränen vergießt er. Gerson sagt: Petrus sei in einen Winkel gegangen, und habe sich rein ausgeweint. Lyra will, so oft der Hahn gekrähet, habe Petrus eine Betstunde angestellt, und so lange stehend zu Gott geflehet, bis der Hahn zum andernmal gekrähet. Solche heftige und bittere Thränen sollen ihm auch Schrunden in’s Angesicht gemacht haben, daß man’s ihm Zeitlebens hat ansehen können.
Herr, ich habe gesündigt, wie Petrus; ich nehme auch, wie er, meine Zuflucht zu Deiner bis in den schmählichen Tod aushaltenden Treue; die müsse mir zu Statten kommen. Schenke mir aber nun auch ein bis in den Tod getreues Herz, und laß es meine größte Lust sein, eine Probe meiner Treue nach der andern gegen Dich abzulegen. Mit der Sorgfalt, mit welcher Du über Petrum wachtest, wollest Du, guter Hirt, auch über mich zu meiner gänzlichen Bekehrung wachen. Laß mich aber auch selbst über mein untreues Herz wachen, und mich vor der Gelegenheit zur Sünde hüten; denn ich sehe es wohl an Petro und habe es zu meinem großen Schaden schon oft selbst erfahren, daß es selten bei einer Sünde bleibt, und man immer tiefer hineinfällt. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 33

33:1 Freuet euch des HErrn, ihr Gerechten! Die Frommen sollen ihn schön preisen.

33:2 Danket dem HErrn mit Harfen und lobsinget ihm auf dem Psalter von zehn Saiten!

33:3 Singet ihm ein neues Lied; machet es gut auf Saitenspielen mit Schalle!

33:4 Denn des HErrn Wort ist wahrhaftig, und was er zusagt, das hält er gewiß.
Nicht bloß den Erzvätern und dem Volke Israel gab Gott Verheißungen; auch uns sind deren gegeben, Zusagen, die uns auf unserer Pilgerbahn allüberall begleiten und wie ein Gesänge in der Nacht, wo wir gehen und stehen, beschwichtigend und entzückend uns umtönen. Nichts Geringeres verheißt uns der Herr, als: „Wir werden nimmermehr umkommen. Niemand wird uns aus Jesu Händen reißen. Berge werden stürzen; aber nicht der Bund des Friedens. Hügel werden von ihrer Stelle weichen; aber seine Gnade weichet nimmer von uns. Der Same Gottes wird bei uns bleiben ewig, der Geist nicht mehr von uns genommen werden. Der Herr will uns bewahren, wie seinen Augapfel, Er will uns tragen, wie auf Adlers Flügeln. Der Arge soll uns nicht antasten, die Pforten der Hölle uns nicht überwältigen. Der Herr will bei uns sein im Feuer der Anfechtung, daß uns die Flamme nicht verbrenne. Über Vermögen sollen wir nicht versucht werden. Wenn Er eine Last uns auflegt, will Er auch selbst sie uns tragen helfen. Wir sollen zur rechten Stunde getröstet werden, wie Einen seine Mutter tröstet.“ Selbst auf das leibliche Dasein und alle äußerlichen Verhältnisse und Lagen, in denen wir uns befinden mögen, erstrecken sich die göttlichen Verheißungen: daß Er sein wolle der Armen Schutz, der Kranken Arzt, der Witwen Richter, der Waisen Vater und eine feurige Mauer um die Seinen her in jeder Gefahr. O wie erhebend und stärkend ist da die Gewißheit: Des Herrn Wort ist wahrhaftig, und was Er zusagt, das hält er gewiß! - Wohlan, so wollen wir uns denn mit diesen Gottes-Zusagen bekannt machen, wollen sie gleichsam als ein Amulett um den Hals tragen, und alle Pfosten und Wände unserer Häuser und Kammern damit bestreichen. Wie Sterne, die Tag und Nacht nicht untergehen, sollen sie über unserm Haupte strahlen. Mit David wollen wir sprechen: „Deine Zeugnisse, o Gott, sind mein ewiges Erbe.“ - Vor Allem wollen wir sie uns aneignen durch den Glauben! Gott ist getreu und kann sich selbst nicht leugnen. Fürwahr, wo seine Verheißungen die Sprossen an der Leiter bilden, auf der wir betend zu Gott emporsteigen: da werden wir uns auch nimmer ohne die begehrte Wohltat und Hülfe zurückkehren sehen. Der Arm des Herrn ist noch nicht verkürzt und seine Güte hat noch kein Ende. Er ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit, und was Er einst zu Martha sagte, das gilt uns Allen: „Ich sage dir, so du glauben würdest, du solltest die Herrlichkeit Gottes sehen.“ (Friedrich Arndt)

33:5 Er liebet Gerechtigkeit und Gericht. Die Erde ist voll der Güte des HErrn.

33:6 Der Himmel ist durchs Wort des HErrn gemacht und all sein Heer durch den Geist seines Mundes.

33:7 Er hält das Wasser im Meer zusammen wie in einem Schlauch und legt die Tiefe ins Verborgene.

33:8 Alle Welt fürchte den HErrn, und vor ihm scheue sich alles, was auf dem Erdboden wohnet!

33:9 Denn er spricht, so geschieht's; so er gebeut, so stehet's da.

33:10 Der HErr macht zunichte der Heiden Rat und wendet die Gedanken der Völker.

33:11 Aber der Rat des HErrn bleibet ewiglich, seines Herzens Gedanken für und für.

33:12 Wohl dem Volk, des der HErr ein GOtt ist, das Volk, das er zum Erbe erwählet hat!

33:13 Der HErr schauet vom Himmel und siehet aller Menschen Kinder.

33:14 Von seinem festen Thron siehet er auf alle, die auf Erden wohnen.

33:15 Er lenket ihnen allen das Herz, er merket auf alle ihre Werke.

33:16 Einem Könige hilft nicht seine große Macht; ein Riese wird nicht errettet durch seine große Kraft;

33:17 Rosse helfen auch nicht, und ihre große Stärke errettet nicht.

33:18 Siehe, des HErrn Auge siehet auf die, so ihn fürchten, die auf seine Güte hoffen,

33:19 daß er ihre Seele errette vom Tode und ernähre sie in der Teurung.

33:20 Unsere Seele harret auf den HErrn; er ist unsere Hilfe und Schild.

33:21 Denn unser Herz freuet sich sein, und wir trauen auf seinen heiligen Namen.

33:22 Deine Güte, HErr, sei über uns, wie wir auf dich hoffen.

Psalm 34

34:1 Ein Psalm Davids, da er seine Gebärde verstellete vor Abimelech, der ihn von sich trieb, und er wegging.

34:2 Ich will den HErrn loben allezeit; sein Lob soll immerdar in meinem Munde sein.

34:3 Meine Seele soll sich rühmen des HErrn, daß die Elenden hören und sich freuen.

34:4 Preiset mit mir den HErrn und laßt uns miteinander seinen Namen erhöhen!

34:5 Da ich den HErrn suchte, antwortete er mir und errettete mich aus aller meiner Furcht.

34:6 Welche ihn ansehen und anlaufen, deren Angesicht wird nicht zuschanden.

34:7 Da dieser Elende rief, hörete der HErr und half ihm aus allen seinen Nöten.

34:8 Der Engel des HErrn lagert sich um die her, so ihn fürchten, und hilft ihnen aus.

34:9 Schmecket und sehet, wie freundlich der HErr ist! Wohl dem, der auf ihn trauet!

34:10 Fürchtet den HErrn, ihr seine Heiligen; denn die ihn fürchten, haben keinen Mangel.

34:11 Die Reichen müssen darben und hungern; aber die den HErrn suchen, haben keinen Mangel an irgendeinem Gut.

34:12 Kommt her, Kinder, höret mir zu! Ich will euch die Furcht des HErrn lehren.

34:13 Wer ist, der gut Leben begehrt und gerne gute Tage hätte?

34:14 Behüte deine Zunge vor Bösem und deine Lippen, daß sie nicht falsch reden.

34:15 Laß vom Bösen und tue Gutes, suche Frieden und jage ihm nach.

34:16 Die Augen des HErrn sehen auf die Gerechten und seine Ohren auf ihr Schreien.

34:17 Das Antlitz aber des HErrn stehet über die, so Böses tun, daß er ihr Gedächtnis ausrotte von der Erde.

34:18 Wenn die (Gerechten) schreien, so höret der HErr und errettet sie aus all ihrer Not.

34:19 Der HErr ist nahe bei denen, die zerbrochenes Herzens sind, und hilft denen, die zerschlagen Gemüt haben.

34:20 Der Gerechte muß viel leiden; aber der HErr hilft ihm aus dem allem.

34:21 Er bewahret ihm alle seine Gebeine, daß deren nicht eins zerbrochen wird.

34:22 Den Gottlosen wird das Unglück töten, und die den Gerechten hassen, werden Schuld haben.

34:23 Der HErr erlöset die Seele seiner Knechte, und alle, die auf ihn trauen, werden keine Schuld haben.
Ein ungemein reicher Psalm! reich in seinen Verheißungen und Erfahrungen, reich in seinen Lehren und Ermahnungen! Insbesondere enthält er eine Anweisung über den rechten Weg zum Wohlleben und zu guten Tagen; und das ist es ja, was sich jeder wünscht; nur daß nicht Alle wissen, was gut oder wohl leben ist und was gute Tage sind, noch welcher Weg der rechte Weg dahin ist, und, wenn sie ihn wissen, denselben nicht einschlagen. David lehrt, daß es einen dreifachen Schritt oder Fortschritt gebe. Der erste Schritt heißt: „Behüte deine Zunge vor Bösem, und deine Lippen, daß sie nicht falsch reden.“ Es ist möglich, wenn wir Gott wahrhaft fürchten und sein nahes, Alles beobachtendes Auge schauen, unser tiefes Verderben bereuen und nach Vergebung und einem neuen Leben sehnlich verlangen. Der zweite Schritt heißt: „Laß vom Bösen und thue Gutes,“ d.h. bekehre dich gründlich zum Herrn und laß nicht ab mit Ansehen und Anlaufen, bis du Vergebung empfangen und dieser vergebenden Gnade versichert bist, indem du den Herrn glühender liebst und die Sünde glühender hassest als je. Der dritte Schritt heißt: „Suche Frieden und jage ihm nach,“ sowohl den Frieden mit Gott als mit den Menschen. Ach, der Mensch läßt so gerne nach; er versäumt leichte eine Gnade Gottes um die andere; er wird träge und sicher. Unvermerkt wächst dann eine bittere Wurzel auf, welche Unzufriedenheit anrichtet und auch viele Andere verunreinigt. Da muß Ernst, Wachsamkeit und Fleiß in der Heiligung angewandt werden. Zumal David eine so tröstliche Verheißung hinzufügt: „Die Augen des Herrn sehen auf die Gerechten und seine Ohren merken auf ihr Schreien und Bitten.“ Er hat die Gerechten unter seiner besondern Aufsicht, läßt sie keinen Augenblick aus seinen Augen, und giebt ihnen mehr und Besseres, als sie selbst bei ihrem Bitten verstanden haben. O was für unvergeßliche Erfahrungen dürfen sie schon davon machen in der Zeit, und was wird ihnen erst die Ewigkeit darüber für große und überraschende Aufschlüsse geben! Möchte denn auch ich so wohlleben, wie David, und gute Tage haben! Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 35

35:1 Ein Psalm Davids. HErr, hadere mit meinen Haderern; streite wider meine Bestreiter!

35:2 Ergreife den Schild und Waffen und mache dich auf, mir zu helfen!

35:3 Zücke den Spieß und schütze mich wider meine Verfolger! Sprich zu meiner Seele: Ich bin deine Hilfe.

35:4 Es müssen sich schämen und gehöhnet werden, die nach meiner Seele stehen; es müssen zurückkehren und zuschanden werden, die mir übelwollen.

35:5 Sie müssen werden wie Spreu vor dem Winde, und der Engel des HErrn stoße sie weg.

35:6 Ihr Weg müsse finster und schlüpfrig werden, und der Engel des HErrn verfolge sie.

35:7 Denn sie haben mir ohne Ursache gestellet ihre Netze, zu verderben, und haben ohne Ursache meiner Seele Gruben zugerichtet.

35:8 Er müsse unversehens überfallen werden, und sein Netz, das er gestellet hat, müsse ihn fahen und müsse drinnen überfallen werden.

35:9 Aber meine Seele müsse sich freuen des HErrn und fröhlich sein auf seine Hilfe.

35:10 Alle meine Gebeine müssen sagen: HErr, wer ist deinesgleichen? Der du den Elenden errettest von dem, der ihm zu stark ist, und den Elenden und Armen von seinen Räubern.

35:11 Es treten frevele Zeugen auf, die zeihen mich, des ich nicht schuldig bin.

35:12 Sie tun mir Arges um Gutes, mich in Herzeleid zu bringen.

35:13 Ich aber, wenn sie krank waren, zog einen Sack an, tat mir wehe mit Fasten und betete von Herzen stets.

35:14 Ich hielt mich, als wäre es mein Freund und Bruder; ich ging traurig wie einer, der Leid trägt über seine Mutter.

35:15 Sie aber freuen sich über meinen Schaden und rotten sich; es rotten sich die Hinkenden wider mich ohne meine Schuld; sie reißen und hören nicht auf.

35:16 Mit denen, die da heucheln und spotten um des Bauchs willen, beißen sie ihre Zähne zusammen über mich.

35:17 HErr, wie lange willst du zusehen? Errette doch meine Seele aus ihrem Getümmel und meine Einsame von den jungen Löwen.

35:18 Ich will dir danken in der großen Gemeine und unter viel Volks will ich dich rühmen.

35:19 Laß sich nicht über mich freuen, die mir unbillig feind sind, noch mit den Augen spotten, die mich ohne Ursache hassen.

35:20 Denn sie trachten, Schaden zu tun und suchen falsche Sachen wider die Stillen im Lande;

35:21 und sperren ihr Maul weit auf wider mich und sprechen: Da, da! das sehen wir gerne.

35:22 HErr, du siehest es, schweige nicht; HErr, sei nicht ferne von mir!

35:23 Erwecke dich und wache auf zu meinem Recht und zu meiner Sache, mein GOtt und HErr!

35:24 HErr, mein GOtt, richte mich nach deiner Gerechtigkeit, daß sie sich über mich nicht freuen.

35:25 Laß sie nicht sagen in ihrem Herzen: Da, da! das wollten wir. Laß sie nicht sagen: Wir haben ihn verschlungen.

35:26 Sie müssen sich schämen und zu Schanden werden, alle, die sich meines Übels freuen; sie müssen mit Schande und Scham gekleidet werden, die sich wider mich rühmen.

35:27 Rühmen und freuen müssen sich, die mir gönnen, daß ich recht behalte, und immer sagen: Der HErr müsse hoch gelobet sein, der seinem Knechte wohl will!

35:28 Und meine Zunge soll reden von deiner Gerechtigkeit und dich täglich preisen.

Psalm 36

36:1 Ein Psalm Davids, des HErrn Knechts, vorzusingen.

36:2 Es ist von Grund meines Herzens von der Gottlosen Wesen gesprochen, daß keine Gottesfurcht bei ihnen ist.

36:3 Sie schmücken sich untereinander selbst, daß sie ihre böse Sache fördern und andere verunglimpfen.

36:4 Alle ihre Lehre ist schädlich und erlogen; sie lassen sich auch nicht weisen, daß sie Gutes täten,

36:5 sondern sie trachten auf ihrem Lager nach Schaden und stehen fest auf dem bösen Wege und scheuen kein Arges.

36:6 HErr, deine Güte reicht, soweit der Himmel ist, und deine Wahrheit, soweit die Wolken gehen.

36:7 Deine Gerechtigkeit stehet wie die Berge GOttes und dein Recht wie große Tiefe. HErr, du hilfst Menschen und Vieh.

36:8 Wie teuer ist deine Güte, GOtt, daß Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel trauen!

36:9 Sie werden trunken von den reichen Gütern deines Hauses, und du tränkest sie mit Wollust als mit einem Strom.

36:10 Denn bei dir ist die lebendige Quelle, und in deinem Licht sehen wir das Licht.

36:11 Breite deine Güte über die, die dich kennen, und deine Gerechtigkeit über die Frommen.

36:12 Laß mich nicht von den Stolzen untertreten werden, und die Hand der Gottlosen stürze mich nicht,

36:13 sondern laß sie, die Übeltäter, daselbst fallen, daß sie verstoßen werden und nicht bleiben mögen.
Was das schöne Lied sagt: „Gieb dich zufrieden und sei stille in dem Gotte deines Lebens,“ das ruft sich der Sänger dieses Psalms, David, in die Seele in der Anfechtung, welche ihm aus dem Blicke auf die Größe und Tiefe des menschlichen Verderbens entstanden war. Und in der That ist das Loos der Gottesfürchtigen bei allem Haß der Welt, der ihnen entgegentritt, ein beneidenswerthes und herrliches. Denn wenn Gottes Güte bis in den Himmel reicht und seine Wahrheit und Treue bis in die Wolken geht, so ist Alles, und auch ihr Leben davon voll, und menschliche Augen vermögen ihre Größe gar nicht abzusehen. Wenn seine Gerechtigkeit steht wie herrliche, unermeßliche Berge Gottes und seine Gereichte wie große Meere sind, so sind sie ewigen Grundlagen des Rechts unerschütterlich und ihre Offenbarung augenscheinlich, und wer das glaubt, der kann auf der Flucht und in der Verbannung, in Noth und Tod das Lied von Stahl und Eisen singen, welches Johann der Großmüthige nach der Schlacht bei Mühlberg gesungen hat: „Wie’s Gott gefällt, gefällt’s mir auch.“ Wenn die Frommen trunken werden von den reichen Gütern des Hauses Gottes in der Ewigkeit und Er sie tränkt mit Wollust wie mit einem Strom, so labt und erquickt Er sie nicht tropfen-, sondern stromweise und läßt sie einen Vorgeschmack des ewigen Lebens kosten nach dem andern. Wenn bei Ihm die lebendige Quelle ist, so vermag die Bosheit der ganzen Welt nicht, ihnen das Leben zu entziehen, und sie genießen bei Ihm überschwängliche, unvergängliche Wonne. Sie erfahren es alle Tage, was Sättigung und Ueberfluß ist; ja, selbst ein Stücklein Brod und ein Trunk frischen Wassers ist ihnen, weil sie es mit fröhlich dankbarem Herzen und im Gefühl der Nähe Gottes genießen, ein Gastmahl, dem kein königliches Gastmahl zu vergleichen. Wenn endlich wir in seinem Lichte das Licht sehen, und aus seiner Offenbarung erkennen, was gut, heilig, selig ist und uns wahrhaft frommt, dann haben die Gottesfürchtigen Licht auf allen ihren Wegen und finden zuerst den Himmel, wo keine Nacht ist und sie keiner Leuchte und Sonne bedürfen, weil Gott sie selber erleuchten wird. Herr, mache mich denn selig in Dir, so bin ich selig, zeitlich und ewiglich. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 37

37:1 Ein Psalm Davids. Erzürne dich nicht über die Bösen; sei nicht neidisch über die Übeltäter!

37:2 Denn wie das Gras werden sie bald abgehauen und wie das grüne Kraut werden sie verwelken.

37:3 Hoffe auf den HErrn und tue Gutes; bleibe im Lande und nähre dich redlich.

37:4 Habe deine Lust am HErrn; der wird dir geben, was dein Herz wünschet.

37:5 Befiehl dem HErrn deine Wege und hoffe auf ihn; er wird's wohl machen

37:6 und wird deine Gerechtigkeit hervor bringen wie das Licht und dein Recht wie den Mittag.

37:7 Sei stille dem HErrn und warte auf ihn! Erzürne dich nicht über den, dem sein Mutwille glücklich fortgehet.

37:8 Stehe ab vom Zorn und laß den Grimm; erzürne dich nicht, daß du auch übel tust.

37:9 Denn die Bösen werden ausgerottet; die aber des HErrn harren, werden das Land erben.

37:10 Es ist noch um ein kleines, so ist der Gottlose nimmer; und wenn du nach seiner Stätte sehen wirst, wird er weg sein.

37:11 Aber die Elenden werden das Land erben und Lust haben in großem Frieden.

37:12 Der Gottlose dräuet dem Gerechten und beißet seine Zähne zusammen über ihn.

37:13 Aber der HErr lachet sein; denn er siehet, daß sein Tag kommt.

37:14 Die Gottlosen ziehen das Schwert aus und spannen ihren Bogen, daß sie fällen den Elenden und Armen und schlachten die Frommen.

37:15 Aber ihr Schwert wird in ihr Herz gehen, und ihr Bogen wird zerbrechen.

37:16 Das Wenige, das ein Gerechter hat, ist besser denn das große Gut vieler Gottlosen.

37:17 Denn der Gottlosen Arm wird zerbrechen; aber der HErr erhält die Gerechten.

37:18 Der HErr kennet die Tage der Frommen, und ihr Gut wird ewiglich bleiben.

37:19 Sie werden nicht zuschanden in der bösen Zeit, und in der Teurung werden sie genug haben.

37:20 Denn die Gottlosen werden umkommen, und die Feinde des HErrn, wenn sie gleich sind wie eine köstliche Aue, werden sie doch vergehen, wie der Rauch vergehet.

37:21 Der Gottlose borget und bezahlet nicht; der Gerechte aber ist barmherzig und milde.

37:22 Denn seine Gesegneten erben das Land; aber seine Verfluchten werden ausgerottet.

37:23 Von dem HErrn wird solches Mannes Gang gefördert und hat Lust an seinem Wege.

37:24 Fällt er, so wird er nicht weggeworfen; denn der HErr erhält ihn bei der Hand.

37:25 Ich bin jung gewesen und alt worden und habe noch nie gesehen den Gerechten verlassen oder seinen Samen nach Brot gehen.

37:26 Er ist allezeit barmherzig und leihet gerne; und sein Same wird gesegnet sein.

37:27 Laß vom Bösen und tue Gutes, und bleibe immerdar.

37:28 Denn der HErr hat das Recht lieb und verläßt seine Heiligen nicht; ewiglich werden sie bewahret; aber der Gottlosen Same wird ausgerottet.

37:29 Die Gerechten erben das Land und bleiben ewiglich drinnen.

37:30 Der Mund des Gerechten redet die Weisheit, und seine Zunge lehret das Recht.

37:31 Das Gesetz seines GOttes ist, in seinem Herzen, seine Tritte gleiten nicht.

37:32 Der Gottlose lauert auf den Gerechten und gedenkt ihn zu töten.

37:33 Aber der HErr läßt ihn nicht in seinen Händen und verdammt ihn nicht, wenn er verurteilt wird.

37:34 Harre auf den HErrn und halte seiner Weg, so wird er dich erhöhen, daß du das Land erbest; du wirst's sehen, daß die Gottlosen ausgerottet werden.

37:35 Ich habe gesehen einen Gottlosen, der war trotzig und breitete sich aus und grünete wie ein Lorbeerbaum.

37:36 Da man vorüberging, siehe, da war er dahin; ich fragte nach ihm, da ward er nirgend funden.

37:37 Bleibe fromm und halte dich recht, denn solchem wird's zuletzt wohlgehen.

37:38 Die Übertreter aber werden vertilget miteinander, und die Gottlosen werden zuletzt ausgerottet.
Wenn du vor Gott wandelst und fromm bist, dann laß dir gesagt sein, was Ps. 37, 37-38. für dich geschrieben steht: „Bleibe fromm und halte dich recht; denn solchen wird es zuletzt wohl gehen. Die Uebertreter aber werden vertilget mit einander und die Gottlosen werden zuletzt ausgerottet.“ - Wenn du mit ganzem Herzen an dem Herrn bist, daß du ihn fürchtest, wie er zu fürchten, ihn liebest, wie er zu lieben, auf ihn vertrauest, wie auf ihn zu vertrauen ist; wenn du dich recht hältst, daß du denkest, begehrest, redest, thust und wandelst, wie es vor ihm recht ist und sein Wort dich lehret: dann bleibe dabei. Denn solchen wird es wohl gehen. Zwar mußt du dich darauf gefaßt machen, daß die Uebertreter und Gottlosen dich nicht ungestört, ungeneckt, unverspottet und ungekränkt werden deinen Weg gehen lassen. Denn ihr Sinn ist, wie er Buch der Weish. 2, 12-16. beschrieben wird, wo sie sagen: „Lasset uns auf den Gerechten lauern; denn er macht uns viel Unlust, und setzt sich wider unser Thun, und schilt uns, daß wir wider das Gesetz sündigen, und ruft aus unser Wesen für Sünde. Er giebt vor, daß er Gott kenne, und rühmet sich Gottes Kind; straft, was wir im Herzen haben. Er ist uns nicht auch leidlich anzusehen, denn sein Leben reimt sich nichts mit den andern, und sein Wesen ist gar ein anderes. Er hält uns für untüchtig, und meidet unser Thun als einen Unflat; und giebt vor, wie es die Gerechten zuletzt gut haben werden; und rühmet, daß Gott sein Vater sei.“ - Zwar wirst du in der Welt Angst haben, Verfolgung erleiden und durch viel Trübsal ins Reich Gottes eingehen müssen. Aber laß es gehen, wie es geht; zuletzt wird es dir doch wohl gehen, so wohl gehen, daß dir die zeitliche und leichte Trübsal wie nichts erscheint gegen die ewige und über alle Maaße wichtige Herrlichkeit, die an dir wird offenbar werden. Diese gewisse göttliche Verheißung erwecke dich, fromm zu bleiben und dich recht zu halten. Dagegen schrecke dich die eben so gewisse göttliche Drohung, daß die Uebertreter miteinander vertilget und die Gottlosen zuletzt ausgerottet werden. Denn die Gottlosen bleiben nicht im Gericht, noch die Sünder in der Gemeine der Gerechten (Ps. 1, 15.). Und wenn ein Gerechter Böses thut, so wird's ihm nicht helfen, daß er fromm gewesen ist (Hesek. 33, 12.). Darum spricht der Herr Jesus Offenb. Joh. 22, 11. 12: „Wer fromm ist, der sei immerhin fromm, und wer heilig ist, der sei immerhin heilig. Und siehe ich komme bald, und mein Lohn mit mir, zu geben einem jeglichen, wie seine Werke sein werden.“ - Wer Ohren hat zu hören, der höre; und wer es lieset, der merke darauf. (Spitta)

37:39 Aber der HErr hilft den Gerechten; der ist ihre Stärke in der Not.

37:40 Und der HErr wird ihnen beistehen und wird sie erretten; er wird sie von den Gottlosen erretten und ihnen helfen; denn sie trauen auf ihn.
Was David vom Gerechten und Gottlosen im Psalm bezeugt, das sehe ich an Dir erfüllt, o Jesu, dem verrätherischen Judas gegenüber. O wie ist mir’s oft so angst vor meinem falschen Judasherzen! Von Natur habe ich ein solches, ach leider ja, Herr Jesu. Aber ach, daß ich es nur nicht behalte, daß Du es nur gründlich veränderst, alle Tücke daraus vertreibest und es Deinem treuen, aufrichtigen, redlichen Herzen gleichförmig machest! O ich bitte Dich diesen Augenblick darum, daß Du diese große Gnade an mir beweisest. Prüfe es, erforsche mein Herz, und siehe, ob ich auf bösem, betrüglichem Wege bin, und leite mich auf richtigem Wege. Schaffe ein ganz neues, reines Herz in mir, daß ich Dich in aufrichtiger Liebe an mein Herz drücke und Dir ewig treu bleibe. Und wenn meine Glaubensaugen zu blöde sind, Dich zu finden und zu erkennen: so werde ich Dich an Deiner lieblichen Hirtenstimme erkennen. Und wenn ich Dich gefunden habe, und meine Glaubenshände zu schwach sind, Dich fest zu halten: so halte Du mich desto fester, daß wir doch ja ungeschieden bleiben. Ich brauche Dich gar zu nothwendig zu allem, wozu Du mir von Gott gemacht bist, besonders auch zu meinem vollkommnen Arzte. O ich bin viel verwundeter als des Hohenpriesters Knecht; dem fehlte es blos an einem Ohr, mir fehlt’s überall, mir fehlt’s im Herzen, im Verstande, im Willen, im Gewissen, im Gedächtniß, es fehlt mir überall nach Leib und Seele. Du kannst rechte Proben eines vollkommnen Arztes an mir ablegen. Meine Wunden stinken und eitern vor meiner Thorheit; sie sind ohne Dich unheilbar; es ist keine Salbe in Gilead ohne Dein Blut, und kein Arzt außer dir, der mir helfen könnte. Du aber bist ja ein Meister zu helfen. Dein Vermögen und starke Kraft ist so groß, daß es nicht an Einem fehlen kann, und Du willst es auch so gerne thun, das weiß ich. Nun, so heile mich, o Heil der Seelen, wo ich krank und traurig bin; nimm die Schmerzen, die mich quälen, und den ganzen Schaden hin, den mir Adams Fall gebracht und ich selber mir gemacht. Wird, o Arzt, Dein Blut mich netzen, wird sich all’ mein Jammer setzen. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 38

38:1 Ein Psalm Davids zum Gedächtnis.

38:2 HErr, strafe mich nicht in deinem Zorn und züchtige mich nicht in deinem Grimm!

38:3 Denn deine Pfeile stecken in mir, und deine Hand drücket mich.

38:4 Es ist nichts Gesundes an meinem Leibe vor deinem Dräuen, und ist kein Friede in meinen Gebeinen vor meiner Sünde.

38:5 Denn meine Sünden gehen über mein Haupt, wie eine schwere Last sind sie mir zu schwer worden.

38:6 Meine Wunden stinken und eitern vor meiner Torheit.

38:7 Ich gehe krumm und sehr gebückt; den ganzen Tag gehe ich traurig.

38:8 Denn meine Lenden verdorren ganz, und ist nichts Gesundes an meinem Leibe.

38:9 Es ist mit mir gar anders und bin sehr zerstoßen. Ich heule vor Unruhe meines Herzens.

38:10 HErr, vor dir ist alle meine Begierde und mein Seufzen ist dir nicht verborgen.

38:11 Mein Herz bebet, meine Kraft hat mich verlassen, und das Licht meiner Augen ist nicht bei mir.

38:12 Meine Lieben und Freunde stehen gegen mich und scheuen meine Plage, und meine Nächsten treten ferne.

38:13 Und die mir nach der Seele stehen, stellen mir; und die mir übel wollen, reden, wie sie Schaden tun wollen, und gehen mit eitel Listen um.

38:14 Ich aber muß sein wie ein Tauber und nicht hören, und wie ein Stummer, der seinen Mund nicht auftut.

38:15 Und muß sein wie einer, der nicht höret und der keine Widerrede in seinem Munde hat.

38:16 Aber ich harre, HErr, auf dich; du, HErr, mein GOtt, wirst erhören.

38:17 Denn ich denke, daß sie ja sich nicht über mich freuen. Wenn mein Fuß wankete; würden sie sich hoch rühmen wider mich.

38:18 Denn ich bin zu Leiden gemacht, und mein Schmerz ist immer vor mir.

38:19 Denn ich zeige meine Missetat an und sorge für meine Sünde.

38:20 Aber meine Feinde leben und sind mächtig; die mich unbillig hassen, sind groß.

38:21 Und die mir Arges tun um Gutes, setzen sich wider mich, darum daß ich ob dem Guten halte.

38:22 Verlaß mich nicht, HErr, mein GOtt; sei nicht ferne von mir!

38:23 Eile mir beizustehen, HErr, meine Hilfe!
Voll tiefer Beschämung, Allheiliger, mein Vater und mein Gott, erscheine ich heute Abend vor Dir. Heilig ist Dein Name, Deine Gebote sind rein und unsträflich; was bin ich, Elender, daß ich mich Deinem Angesicht nahen, daß ich zu Dir mein Herz erheben soll? Nicht sagen, nicht bekennen kann mein bebender Mund meine Schwachheit, meine Sünde; unrein ist meine Gesinnung, von der Welt und ihren Lüsten meine ganze Seele befangen; voll Schmach und Unheiligkeit ist mein Leben, nur von Sünden erfüllt; wie ein Sclave bin ich gefesselt von allen Reizen und Lockungen der Welt. Ach, wo soll ich Ruhe finden für mein Gewissen? Wie kann ich noch wagen, zu Dir zu flehen? Wie oft, wie ernst, wie treu ermahntest Du mich, zu verleugnen die irdischen Lüste und züchtig und gottselig zu leben! Wie bestraftest Du mich durch die Zerrüttung meines ganzen Daseins, durch Schmach und Kummer, durch Schwäche und Krankheit! Ach ja, die Strafe folgte oft meiner Sünde auf dem Fuße nach, aber ich vergaß im thörichtsten Leichtsinn Deine Hand; ich wußte tausend Entschuldigungen, ich verhüllte in den Schein schuldloser Freude, erlaubter Schwachheit meine Vergehungen, mein heidnisches Leben; zu schwermüthig, zu hart, zu streng dünkten mich Deine Ermahnungen und Warnungen. Und doch, erbarmender Vater, erbarmender Heiland, mit welcher Langmuth und Gnade trägst Du Dein entartetes, mit Sünde und Schande beflecktes Kind! Ach ja, himmlische Liebe, mein Jesus, mein Freund, mein Gott, Dein Herz ist ja noch offen für mich; bin ich auch erfüllt mit Sünde und Missethat, unwerth Deines geringsten Aufsehens auf mich, so hast Du ja Dich auch der Heiden angenommen. So erbarme, erbarme Dich Deines schwachen Kindes; reinige, heilige mein Leben. Ich kann nicht überwinden, vergebens sind meine Entschließungen, der Sünde zu entsagen; aber Du kannst helfen und retten, Du kannst auch das Irdische in Himmlisches wandeln. Zu den Wunden, die Dir für mich geschlagen, zu Deiner Liebe, die für mich gelitten, flieht mein elendes, untreues, armes Herz. O Heiland voller Erbarmung, verwirf mich nicht vor Deinem Angesicht, nimm Deinen heiligen Geist nicht von mir. Reinige, heilige, errette mich, Herr; laß mich nicht, laß mich nicht! Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 39

39:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen, für Jeduthun.

39:2 Ich habe mir vorgesetzt, ich will mich hüten, daß ich nicht sündige mit meiner Zunge. Ich will meinen Mund zäumen, weil ich muß den Gottlosen so vor mir sehen.

39:3 Ich bin verstummet und still und schweige der Freuden und muß mein Leid in mich fressen.

39:4 Mein Herz ist entbrannt in meinem Leibe, und wenn ich dran gedenke, werde ich entzündet; ich rede mit meiner Zunge.

39:5 Aber, HErr, lehre doch mich, daß es ein Ende mit mir haben muß, und mein Leben ein Ziel hat und ich davon muß.

39:6 Siehe, meine Tage sind einer Hand breit bei dir, und mein Leben ist wie nichts vor dir. Wie gar nichts sind alle Menschen, die doch so sicher leben! Sela.

39:7 Sie gehen daher wie ein Schemen und machen ihnen viel vergeblicher Unruhe; sie sammeln und wissen nicht, wer es kriegen wird.

39:8 Nun, HErr, wes soll ich mich trösten? Ich hoffe auf dich.

39:9 Errette mich von aller meiner Sünde und laß mich nicht den Narren ein Spott werden.

39:10 Ich will schweigen und meinen Mund nicht auftun; du wirst's wohlmachen.

39:11 Wende deine Plage von mir; denn ich bin verschmachtet von der Strafe deiner Hand.

39:12 Wenn du einen züchtigest um der Sünde willen, so wird seine Schöne verzehret wie von Motten. Ach, wie gar nichts sind doch alle Menschen! Sela.

39:13 Höre mein Gebet, HErr, und vernimm mein Schreien und schweige nicht über meinen Tränen; denn ich bin beides, dein Pilgrim und dein Bürger, wie alle meine Väter.

39:14 Laß ab von mir, daß ich mich erquicke, ehe denn ich hinfahre und nicht mehr hie sei.
Deine Pilger sind wir, o Gott! Du willst es, und hast es also geordnet, daß die Dinge um uns her sich in unaufhörlichem Wechsel bewegen, daß auch in unserm Innern Gefühle, Gedanken und Entwürfe vorüberrauschen, und daß der Tod, die größte aller Veränderungen, die Reihe derselben beschließe. Aber Du hast uns nicht dem Gefühl dieser Vergänglichkeit, nicht der niederschlagenden Trauer, nicht der Verachtung des Lebens, die daraus hervorgehen müßten, überlassen. Offenbart hast Du uns das ewig Bestehende, nämlich Dich selbst und die Rathschlüsse Deiner Liebe und Weisheit. Berufen hast Du uns zu einem Streben, das Jugend und Alter, Zeit und Ewigkeit verbindet, und das, weil es auf die Aehnlichkeit mit Dir, dem unendlich Vollkommenen, gerichtet ist, auch niemals aufhören kann. und empfangen soll uns dereinst, wenn wir hier nach Heiligung rangen, die Gemeinschaft mit Dir, heiliger Vater, und Deine ewige Stadt, die auf einem unwandelbaren Grunde erbauet ist. So sind wir denn auch Deine Bürger, sind es schon jetzt, sobald wir das Unvergängliche, wie Du uns dazu aufforderst, ergreifen. Gieb denn, o Gott, daß wir stets Dich vor Augen haben, Dich, den Unvergänglichen, wenn Alles verschwindet, Dich, den Unwandelbaren, wenn die Bewegung der irdischen Dinge uns fortreißt. Gieb, daß wir jagen nach dem vorgesteckten Ziel, nach dem Kleinode, welches uns vorhält Deine himmlische Berufung in Christo Jesu. Und stärke uns Pilger, wenn wir ermüden, durch das Vorgefühl unsers Bürgerrechts in Deiner herrlichen Stadt, wo der Baum des Lebens ewig grünet und unvergängliche Früchte trägt. (Friedrich Arndt)

Psalm 40

40:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen.

40:2 Ich harrete des HErrn; und er neigete sich zu mir und hörete mein Schreien

40:3 und zog mich aus der grausamen Grube und aus dem Schlamm und stellete meine Füße auf einen Fels, daß ich gewiß treten kann;

40:4 und hat mir ein neu Lied in meinen Mund gegeben, zu loben unsern GOtt. Das werden viele sehen und den HErrn fürchten und auf ihn hoffen.

40:5 Wohl dem, der seine Hoffnung setzt auf den HErrn und sich nicht wendet zu den Hoffärtigen, und die mit Lügen umgehen.

40:6 HErr, mein GOtt, groß sind deine Wunder und deine Gedanken, die du an uns beweisest. Dir ist nichts gleich. Ich will sie verkündigen und davon sagen, wiewohl sie nicht zu zählen sind.

40:7 Opfer und Speisopfer gefallen dir nicht; aber die Ohren hast du mir aufgetan. Du willst weder Brandopfer noch Sündopfer.

40:8 Da sprach ich: Siehe, ich komme; im Buch ist von mir geschrieben.

40:9 Deinen Willen, mein GOtt, tu ich gerne und dein Gesetz hab ich in meinem Herzen.
DURch diesen Willen und gehorsam des sons Gottes (spricht die Epistel an die Ebreer) sind wir alle geheiliget. Darumb sollen wir zum höchsten jm dafur dancken / das er uns solchs durch sein Wort verkündiget und schencket / und dazu fur seine Kirche so hertzlich bittet.
Und sollen auch mit jm bitten / das uns Gott bey solcher seiner güte und trew erhalten / und Werckzeug oder gefesse der gnaden und barmhertzigkeit sein lassen wolle / Amen. (Caspar Cruciger)

40:10 Ich will predigen die Gerechtigkeit in der großen Gemeine; siehe, ich will mir meinen Mund nicht stopfen lassen, HErr, das weißest du.
Herr Gott, himmlischer Vater, wir danken Deiner Gnade, daß Du uns Deinen Sohn gesandt hast und ihn gesetzet zum König der Gerechtigkeit, und zu unserm Heiland und Erlöser, der uns aus dem Reiche der Finsterniß errette und uns Gerechtigkeit, Heil und Seligkeit verleihe, und daß Er gekommen ist und Deinen Willen gethan, Dein Gesetz in seinem Herzen gehabt hat, um an unserer Statt alle Gerechtigkeit zu erfüllen.
Wir bitten Dich aber auch: erleuchte uns in seiner Erkenntniß und stärke uns im rechten, wahren christlichen Glauben, daß wir Ihn für unsern König und Seligmacher halten, annehmen und loben, und mit unseren Gaben und Kräften, mit allem, was wir von Dir Gutes haben und vermögen, Ihm unterthan sein und dienen mögen, und Er seine Wohnung unter uns und in uns habe, und wir allezeit in seinem Reiche und in seinem Gehorsam und Dienste bleiben. Neige der Fürsten und Gewaltigen Herz und Willen, daß sie dem König aller Könige und Herrn der Herrlichkeit aufthun ihre Pforten und Thore, laß Ihn einziehen in alle Lande, Städte und Kirchen, daß Er seine Herberge bei ihnen habe und mit seinem Wort und Geiste regiere und herrsche. Steure dagegen und wehre allen denen, die Christo die Pforten zuschließen und Ihm den Eingang verweigern oder Ihn gar vertreiben und von sich stoßen, dagegen dem Antichrist, falschen Lehrern und Schwärmern Thore und Thüren weit aufthun. Mache ihr böses Vornehmen und ihre Anschläge zu nichte. Beweise Deine Macht und Barmherzigkeit insbesondere an den armen Menschen, die noch in den Banden des Aberglaubens und in der Trostlosigkeit des Unglaubens, in Abgötterei und allerlei gottlosem Wesen unf falscher Lehre gefangen sind, daß Christus auch zu ihnen komme und sein Reich des Lichts, der Wahrheit und Gerechtigkeit bei ihnen aufrichte, und Du, ewiger Vater, sammt demselben Deiinem ewigen Sohne und dem heiligen Geiste überall mit Lob und Preis und Anbetung Deines heiligen Namens gerühmet und geehret werdest. Amen. (Friedrich Arndt)

40:11 Deine Gerechtigkeit verberge ich nicht in meinem Herzen; von deiner Wahrheit und von deinem Heil rede ich; ich verhehle deine Güte und Treue nicht vor der großen Gemeine.

40:12 Du aber, HErr, wollest deine Barmherzigkeit von mir nicht wenden; laß deine Güte und Treue allewege mich behüten!

40:13 Denn es hat mich umgeben Leiden ohne Zahl; es haben mich meine Sünden ergriffen, daß ich nicht sehen kann; ihrer ist mehr denn Haare auf meinem Haupt, und mein Herz hat mich verlassen.

40:14 Laß dir's gefallen, HErr, daß du mich errettest; eile, HErr, mir zu helfen!

40:15 Schämen müssen sich und zuschanden werden, die mir nach meiner Seele stehen, daß sie die umbringen; zurück müssen sie fallen und zuschanden werden, die mir Übels gönnen.

40:16 Sie müssen in ihrer Schande erschrecken, die über mich schreien: Da, da!

40:17 Es müssen sich freuen und fröhlich sein alle, die nach dir fragen; und die dein Heil lieben, müssen sagen allewege: Der HErr sei hochgelobt!

40:18 Denn ich bin arm und elend; der HErr aber sorget für mich. Du bist mein Helfer und Erretter; mein GOtt, verzeuch nicht!

Psalm 41

41:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen.

41:2 Wohl dem, der sich des Dürftigen annimmt! Den wird der HErr erretten zur bösen Zeit.

41:3 Der HErr wird ihn bewahren und beim Leben erhalten und ihm lassen wohlgehen auf Erden und nicht geben in seiner Feinde Willen.

41:4 Der HErr wird ihn erquicken auf seinem Siechbette; du hilfst ihm von aller seiner Krankheit.

41:5 Ich sprach: HErr, sei mir gnädig, heile meine Seele; denn ich habe an dir gesündiget.

41:6 Meine Feinde reden Arges wider mich: Wann wird er sterben und sein Name vergehen?

41:7 Sie kommen, daß sie schauen, und meinen's doch nicht von Herzen, sondern suchen etwas, daß sie lästern mögen, gehen hin und tragen's aus.

41:8 Alle, die mich hassen, raunen miteinander wider mich und denken Böses über mich.

41:9 Sie haben ein Bubenstück über mich beschlossen: Wenn er liegt, soll er nicht wieder aufstehen!

41:10 Auch mein Freund, dem ich mich vertrauete, der mein Brot aß, tritt mich unter die Füße.

41:11 Du aber, HErr, sei mir gnädig und hilf mir auf, so will ich sie bezahlen.

41:12 Dabei merke ich, daß du Gefallen an mir hast, daß mein Feind über mich nicht jauchzen wird.

41:13 Mich aber erhältst du um meiner Frömmigkeit willen und stellest mich vor dein Angesicht ewiglich.

41:14 Gelobt sei der HErr, der GOtt Israels, von nun an bis in Ewigkeit! Amen, Amen.

Psalm 42

42:1 Eine Unterweisung der Kinder Korah, vorzusingen.

42:2 Wie der Hirsch schreiet nach frischem Wasser, so schreiet meine Seele, GOtt, zu dir.

42:3 Meine Seele dürstet nach GOtt, nach dem lebendigen GOtt. Wann werde ich dahin kommen, daß ich GOttes Angesicht schaue?

42:4 Meine Tränen sind meine Speise Tag und Nacht, weil man täglich zu mir sagt: Wo ist nun dein GOtt?

42:5 Wenn ich denn des inne werde, so schütte ich mein Herz heraus bei mir selbst; denn ich wollte gerne hingehen mit dem Haufen und mit ihnen wallen zum Hause GOttes mit Frohlocken und Danken unter dem Haufen, die da feiern.

42:6 Was betrübest du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf GOtt; denn ich werde ihm noch danken, daß er mir hilft mit seinem Angesicht.

42:7 Mein GOtt, betrübt ist meine Seele in mir; darum gedenke ich an dich im Lande am Jordan und Hermonim, auf dem kleinen Berg.

42:8 Deine Fluten rauschen daher, daß hie eine Tiefe und da eine Tiefe brausen; alle deine Wasserwogen und Wellen gehen über mich.

42:9 Der HErr hat des Tages verheißen seine Güte, und des Nachts singe ich ihm und bete zu GOtt meines Lebens.

42:10 Ich sage zu GOtt, meinem Fels: Warum hast du mein vergessen? Warum muß ich so traurig gehen, wenn mein Feind mich dränget?

42:11 Es ist als ein Mord in meinen Beinen, daß mich meine Feinde schmähen, wenn sie täglich zu mir sagen: Wo ist nun dein GOtt?

42:12 Was betrübest du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf GOtt; denn ich werde ihm noch danken, daß er meines Angesichts Hilfe und mein GOtt ist.
Herr Jesu, richte die Augen meines Herzens in dieser Abendstunde und allezeit auf Dein innerliches Leiden, das Du im Garten Gethsemane unter so unaussprechlichen Aengsten über meine Sünde ausgestanden hast. Laß doch Deine blutigen Schweißtropfen, die Du daselbst vergossen, so kräftig in meine Seele fließen, daß sie mir sowohl im ganzen Leben einen Eindruck Deiner ewigen Liebe, als auch vornämlich im Sterben alle nöthige Kraft geben, Dir getreu zu bleiben bis in den Tod. Vereinige mich mit Dir im Glauben, und nimm meinen Willen in den Deinigen ein, damit ich mich Deinem himmlischen Vater in Dir opfere und willig in alles Leiden mit Dir neige und ergebe, was Du über mich beschlossen hast. Laß Dein Blut mich durchdringen zur wahren Reinigung von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes. Und wie Du zu Deinem Vater so demüthig auf Deinen Knieen flehetest, also wirf mich durch Deines Geistes Kraft tief vor Dir nieder von aller meiner Hoffahrt und Eigenwilligkeit. Mache mich Dir ganz und gar überlassen, daß nicht mein, sondern Dein Wille an mir vollbracht werde. Hilf mir wachen und beten, daß ich nicht in Anfechtung falle, und muntre mich immer von neuem auf, wenn ich mit den Jüngern sicher werden möchte. Mache nur meinen Geist willig, wenn je das Fleisch schwach wird. Und sollte mir in meinen Nöthen oder in der letzten Todesstunde der Angstschweiß ausbrechen, so mache Du mich Dir dennoch getreu bis in den Tod. O getreuer Heiland, sie Du bei mir in allen Anfechtungen, wie Dich der Engel in Deiner Schwachheit stärkte. Ach, bitte für mich allezeit als mein getreuer Hoherpriester, der Du mit starkem Geschrei und Thränen Dich selbst dem Vater für mich geopfert hast. Denn Du bist und bleibst ja barmherzig, und hast Mitleiden mit meiner Schwachheit, weil Du versuchet bist allenthalten, obwohl ohne Sünde. Darum hilf mir auf durch Deine Angst und Noth in allem meinem Elend, das mir jetzt oder künftig begegnen möchte. Lehre mich aber im Wachen und Beten bleiben, und laß mich nicht schläfrig werden im Kampf; sondern wecke mich allezeit auf und weise mich wiederum zurechte, damit ich nicht in Anfechtung falle, sondern endlich gewinne und den Sieg behalte: Alles kraft Deiner bittern Angst und großen Schmerzen! Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 43

43:1 Richte mich, GOtt, und führe meine Sache wider das unheilige Volk und errette mich von den falschen und bösen Leuten.

43:2 Denn du bist der GOtt meiner Stärke; warum verstößest du mich? Warum lässest du mich so traurig gehen, wenn mich mein Feind dränget?

43:3 Sende dein Licht und deine Wahrheit, daß sie mich leiten und bringen zu deinem heiligen Berg und zu deiner Wohnung,

43:4 daß ich hineingehe zum Altar GOttes, zu dem GOtt, der meine Freude und Wonne ist, und dir, GOtt; auf der Harfe danke, mein GOtt!

43:5 Was betrübest du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf GOtt; denn ich werde ihm noch danken, daß er meines Angesichts Hilfe und mein GOtt ist.
Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 44

44:1 Eine Unterweisung der Kinder Korah, vorzusingen,

44:2 GOtt, wir haben mit unsern Ohren gehöret, unsere Väter haben uns erzählet, was du getan hast zu ihren Zeiten vor alters.

44:3 Du hast mit deiner Hand die Heiden vertrieben, aber sie hast du eingesetzt; du hast die Völker verderbet, aber sie hast du ausgebreitet.

44:4 Denn sie haben das Land nicht eingenommen durch ihr Schwert, und ihr Arm half ihnen nicht, sondern deine Rechte, dein Arm und das Licht deines Angesichts; denn du hattest Wohlgefallen an ihnen.

44:5 GOtt, du bist derselbe mein König, der du Jakob Hilfe verheißest.

44:6 Durch dich wollen wir unsere Feinde zerstoßen; in deinem Namen wollen wir untertreten, die sich wider uns setzen.

44:7 Denn ich verlasse mich nicht auf meinen Bogen, und mein Schwert kann mir nicht helfen,

44:8 sondern du hilfst uns von unsern Feinden und machest zuschanden, die uns hassen.

44:9 Wir wollen täglich rühmen von GOtt und deinem Namen danken ewiglich. Sela.

44:10 Warum verstößest du uns denn nun und lässest uns zuschanden werden und zeuchst nicht aus unter unserm Heer?

44:11 Du lässest uns fliehen vor unserm Feinde, daß uns berauben, die uns hassen.

44:12 Du lässest uns auffressen wie Schafe und zerstreuest uns unter die Heiden.

44:13 Du verkaufest dein Volk umsonst und nimmst nichts drum.

44:14 Du machst uns zur Schmach unsern Nachbarn, zum Spott und Hohn denen, die um uns her sind.

44:15 Du machst uns zum Beispiel unter den Heiden, und daß die Völker das Haupt über uns schütteln.

44:16 Täglich ist meine Schmach vor mir, und mein Antlitz ist voller Schande,

44:17 daß ich die Schänder und Lästerer hören und die Feinde und Rachgierigen sehen muß.

44:18 Dies alles ist über uns kommen, und haben doch dein nicht vergessen, noch untreulich in deinem Bunde gehandelt;

44:19 unser Herz ist nicht abgefallen, noch unser Gang gewichen von deinem Wege,

44:20 daß du uns so zerschlägest unter den Drachen und bedeckest uns mit Finsternis.

44:21 Wenn wir des Namens unsers GOttes vergessen hätten und unsere Hände aufgehoben zum fremden GOtt,

44:22 das möchte GOtt wohl finden; nun kennet er ja unsers Herzens Grund.

44:23 Denn wir werden ja um deinetwillen täglich erwürget und sind geachtet wie Schlachtschafe.

44:24 Erwecke dich, HErr, warum schläfst du? Wache auf und verstoße uns nicht so gar!

44:25 Warum verbirgest du dein Antlitz, vergissest unsers Elends und Dranges?

44:26 Denn unsere Seele ist gebeuget zur Erde; unser Bauch klebet am Erdboden.

44:27 Mache dich auf, hilf uns und erlöse uns um deiner Güte willen!
Heiliger und gerechter Gott, wie viel Elend und Drangsal muß nicht Dein armes Häuflein hier auf dieser Welt erfahren! Du lässest Deine und ihre Feinde über sie den Meister spielen, sie aber in manchen Schimpf und Schaden kommen. Was aber das Empfindlichste für unsere Seele ist, so stellst Du dich selbst oft gegen uns, als hättest Du Dein Angesicht vor uns verborgen, als wolltest du nicht achten unseres Elendes, ja uns selbst gar verstoßen. Dies Kreuz drückt uns manchmal zu Boden und läßt uns schreien: Ach, Herr, wie lange willst Du dem großen Jammer so zusehen, als ob Du eingeschlafen und gestorben wärest? Freilich müssen wir bekennen, dass wir nur all zu oft mit unserm Gang von Deinem Wege gewichen und Deinen Bund nicht immer so treu gehalten haben, als wir dazu verpflichtet und verbunden sind. Doch haben wir Dein ja nicht vergessen, Du bist und bleibst doch allein unser Gott und König, der Du hast alle Gnade und Hilfe Deinem Volk verheißen und schon von Anbeginn der Welt viel tausendmal erwiesen. So zeige es denn jetzt auch in Deiner, manchmal so ermatteten, kleinen Heerde. Mache Dich auf, und laß uns Deine reiche Güte und Barmherzigkeit genießen, um des theuern Lösegeldes willen, Deines lieben Sohnes Jesu Christi. Entzünde die schwachen Funken unseres Glaubens je länger je mehr durch Deinen heiligen Geist, gieß hinzu Dein Oel, barmherziger Samariter, und breite Dein Panier über uns aus, dass kein Sturmwind unsere Flamme auslösche. Und wenn das Licht unseres Lebens anfängt matter und matter zu brennen, dann laß das inwendige Licht Deines Trostes in unserer Seele immer heller aufleuchten, und führe uns durch das finstere Todesthal mit dem erquickenden und erfreulichen Sonnenglanz Deiner Gnade, dass wir wie Flammen des Herrn mögen leuchten in unseres Vaters Reich. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 45

45:1 Ein Brautlied und Unterweisung der Kinder Korah von den Rosen, vorzusingen.

45:2 Mein Herz dichtet ein feines Lied ich will singen von einem Könige; meine Zunge ist ein Griffel eines guten Schreibers.

45:3 Du bist der Schönste unter den Menschenkindern; holdselig sind deine Lippen; darum segnet dich GOtt ewiglich.

45:4 Gürte dein Schwert an deine Seite, du Held, und schmücke dich schön!

45:5 Es müsse dir gelingen, in deinem Schmuck. Zeuch einher der Wahrheit zu gut, und die Elenden bei Recht zu behalten, so wird deine rechte Hand Wunder beweisen.

45:6 Scharf sind deine Pfeile, daß die Völker vor dir niederfallen mitten unter den Feinden des Königs.

45:7 dein Stuhl bleibt immer und ewig; das Zepter deines Reichs ist ein gerades Zepter.

45:8 Du liebest Gerechtigkeit und hassest gottlos Wesen; darum hat dich, GOtt, dein GOtt gesalbet mit Freudenöle, mehr denn deine Gesellen.

45:9 Deine Kleider sind eitel Myrrhen, Aloe und Kezia, wenn du aus den elfenbeinernen Palästen dahertrittst in deiner schönen Pracht.

45:10 In deinem Schmuck gehen der Könige Töchter; die Braut stehet zu deiner Rechten in eitel köstlichem Golde.

45:11 Höre, Tochter, schaue drauf und neige deine Ohren; vergiß deines Volks und deines Vaters Haus,

45:12 so wird der König Lust an deiner Schöne haben; denn er ist dein HErr, und sollst ihn anbeten.

45:13 Die Tochter Zor wird mit Geschenk da sein, die Reichen im Volk werden vor dir flehen.

45:14 Des Königs Tochter ist ganz herrlich inwendig; sie ist mit güldenen Stücken gekleidet.

45:15 Man führet sie in gestickten Kleidern zum König; und ihre Gespielen, die Jungfrauen, die ihr nachgehen, führet man zu dir.

45:16 Man führet sie mit Freuden und Wonne, und gehen in des Königs Palast.

45:17 Anstatt deiner Väter wirst du Kinder kriegen; die wirst du zu Fürsten setzen in aller Welt.

45:18 Ich will deines Namens gedenken von Kind zu Kindeskind; darum werden dir danken die Völker immer und ewiglich.
Dieser Psalm heißt ein Brautlied, und wird darin nicht allein die Herrlichkeit des himmlischen Bräutigams, sondern auch der Braut Ehre, Würde und Glück auf’s prächtigste zuvor gesagt. Er ist der Schönste unter den Menschenkindern, der Inbegriff alles Edlen, Hohen und Trefflichen, der Brau, d.h. seiner Gemeinde Ruhe und Leben, der sie zum vollkommenen Glück führt; der hoch erhöhete Held, welcher durch Seinen Tod Sünde und Tod überwunden und sich geschmückt hat mit Gerechtigkeit und Gericht. So gelingt Ihm Beides, in seinem himmlischen Waffenschmuck der Wahrheit seines Wortes den Sieg zu verschaffen über allen Lug und Trug der Welt und des Teufels, seine armen, bedrängten Gläubigen zu retten, und alle seine Feinde zu Boden zu werfen; so daß es nimmer und nirgends ein so heilig Regiment giebt, denn seines, das darum auch ein beständig und ewig Regiment ist und sein muß. Dadurch ist alle Traurigkeit in Freude, alles Weinen in Lachen verkehret, und die Braut nimmt fortan Theil an der Ehre ihres Bräutigams. Sie vergißt über Ihn Alles, sie hat nur Augen und Ohren für Ihn, Sein Schmuck ist ihr Schmuck, aus Seiner Gerechtigkeit sind die Kleider gewirkt, die sie trägt, Sein purpurrothes Blut ist das köstlichste Gold, darin sie glänzt. Sie ist sein Werk und sein Bild; darum hat Er Lust an ihrer Schöne, darum soll sie stehen zu seiner Rechten; denn alles, was Sein ist, das ist ihr, seine Ehre ihre Ehre, sein ewiger Ruhm auch ihr Ruhm. O Du Schönster unter den Menschenkindern, gelobet seist Du mit Harfen- und Saitenspiel! Kommst Du auf’s neue zu Deiner Braut? Ach, Deine Braut verlanget nach Dir und sehnet sich nach Deinem Sieg. Gürte Dein Schwerdt und schmücke Dich schön. Deine Hand möge Wunder beweisen unter meinen Feinden; errette mich durch Dein Blut, o Held, und Deine herrliche Macht. Kleide mich wie Deine Braut in das köstliche Gold Deiner Gerechtigkeit. Führe mich zu Dir mit Freude und Wonne und laß mich einst zu Deiner Rechten stehen, in goldene Stücke gekleidet. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 46

46:1 Ein Lied der Kinder Korah von der Jugend, vorzusingen.

46:2 GOtt ist unsere Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben.

46:3 Darum fürchten wir uns nicht, wenngleich die Welt unterginge und die Berge mitten ins Meer sänken,

46:4 wenngleich das Meer wütete und wallete und von seinem Ungestüm die Berge einfielen. Sela.

46:5 Dennoch soll die Stadt GOttes fein lustig bleiben mit ihren Brünnlein, da die heiligen Wohnungen des Höchsten sind.

46:6 GOtt ist bei ihr drinnen, darum wird sie wohl bleiben; GOtt hilft ihr frühe.

46:7 Die Heiden müssen verzagen und die Königreiche fallen; das Erdreich muß vergehen, wenn er sich hören läßt.

46:8 Der HErr Zebaoth ist mit uns, der GOtt Jakobs ist unser Schutz. Sela.

46:9 Kommt her und schauet die Werke des HErrn, der auf Erden solch Zerstören anrichtet,

46:10 der den Kriegen steuert in aller Welt, der Bogen zerbricht, Spieße zerschlägt und Wagen mit Feuer verbrennt.

46:11 Seid stille und erkennet, daß ich GOtt bin! Ich will Ehre einlegen unter den Heiden, ich will Ehre einlegen auf Erden.
Das ist eine Verpflichtung, die wir zu erfüllen haben. Das gilt für unsere Worte: Wir sollen nicht gegen das souveräne Handeln Gottes Einspruch erheben oder über seine Vorsehung und Fürsorge klagen. Wir sollen uns nicht selbst rechtfertigen. Das gilt aber auch für unser Handeln: Wir sollen ja nicht gegen Gott arbeiten, sondern unseren Lebenswandel bescheiden unter dem Willen Gottes führen. Wir sollen still sein in unseren Herzen, indem wir uns in allen Lagen gelassen dem Willen Gottes unterwerfen. Der Grund dafür liegt in der Göttlichkeit Gottes. Er ist Gott! Das ist wahrhaftig Grund genug, vor ihm zu schweigen, sich still und demütig ihm zu unterwerfen. (Jonathan Edwards)

46:12 Der HErr Zebaoth ist mit uns, der GOtt Jakobs ist unser Schutz. Sela.
So könnte auch die Ueberschrift über Deinem Kreuze lauten, mein Heiland; denn dies Wort ist überschwänglich erfüllt in Deinem Todesleiden. Es ist gewiß nicht von ungefähr geschehen, daß Pilatus Dir eine so gar schöne Ueberschrift oben zu Deinem Haupte auf Dein Kreuz geheftet hat; daher er sie auch auf Verlangen der Juden nicht ändern durfte. Voran steht Deins süßer, Dein schönster Jesus-Name: an diesem kann die Seele sich laben, denn er ist ihr eine ausgeschüttete Salbe, sie kann sich nicht satt daran lesen, nicht satt davon hören und reden. Wie dieser Dein Name, so ist wahrhaftig auch Dein Ruhm bis an der Welt Ende. Du heißest und bist Jesus. Und wie Dein Name über Deinem Haupte am Kreuze steht, so steht nun auch mein Name über meinem Haupte im Himmel im Buche des Lebens, ja auf Deiner hohenpriesterlichen Brust und in Deinem treuen Herzen. Mein Heiland, wenn ich Dich am Kreuze erblicke, so erwäge ich auch Deinen Namen in meinem Herzen. – Doch Deine Ueberschrift bezeugt nicht nur, daß Du Jesus bist, sondern auch, woher Du bist: Jesus von Nazareth, nämlich der Marien Sohn, unser Bruder, unser Fleisch und Bein. Endlich sagt sie, daß Du ein König seiest. Die Welt sieht hier nichts Königliches an Dir; aber der Glaube merkt wohl, wie Du an Deinem Kreuze mitten unter Deinen Feinden herrschest. Sei auch mein König, halte über Deinem Eigenthum, herrsche in meinem Herzen mitten unter Deinen Feinden. Mein König, mein Herr und mein Gott, zu Deiner rothen Blutfahne habe ich schon in meiner Taufe geschworen, diesen Eid erneure ich auch jetzt unter Deinem Kreuze. Ich huldige Dir, als meinem rechtmäßigen Herrn, ja, als meinem Herrn. Du hast ein dreifaches Recht an mich, nämlich das Schöpfungsrecht, das Erlösungsrecht und das Erbrecht, und ich habe auch ein dreifaches Recht an Dich: Du bist mein Schöpfer, Erlöser und mein Erbherr. Nun sagt man sonst, eine dreifache Schnur reißt nicht leicht; darum halte mich nun an dieser dreifachen Schnur, die kein Feind zerreißen kann, und kann ich Dich nicht festhalten, desto fester halte Du mich. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 47

47:1 Ein Psalm, vorzusingen, der Kinder Korah.

47:2 Frohlocket mit Händen, alle Völker, und jauchzet GOtt mit fröhlichem Schall!

47:3 Denn der HErr, der Allerhöchste, ist erschrecklich, ein großer König auf dem ganzen Erdboden.

47:4 Er wird die Völker unter uns zwingen und die Leute unter unsere Füße.

47:5 Er erwählet uns zum Erbteil, die Herrlichkeit Jakobs, den er liebet. Sela.

47:6 GOtt fähret auf mit Jauchzen und der HErr mit heller Posaune.

47:7 Lobsinget, lobsinget GOtt; lobsinget, lobsinget unserm Könige!

47:8 Denn GOtt ist König auf dem ganzen Erdboden; lobsinget ihm klüglich!

47:9 GOtt ist König über die Heiden; GOtt sitzt auf seinem heiligen Stuhl.

47:10 Die Fürsten unter den Völkern sind versammelt zu einem Volk dem GOtt Abrahams; denn GOtt ist sehr erhöhet bei den Schilden auf Erden.

Psalm 48

48:1 Ein Psalmlied der Kinder Korah.

48:2 Groß ist der HErr und hoch berühmt in der Stadt unsers GOttes, auf seinem heiligen Berge.

48:3 Der Berg Zion ist wie ein schön Zweiglein, des sich das ganze Land tröstet; an der Seite gegen Mitternacht liegt die Stadt des großen Königs.

48:4 GOtt ist in ihren Palästen bekannt, daß er der Schutz sei.

48:5 Denn siehe, Könige sind versammelt und miteinander vorübergezogen.

48:6 Sie haben sich verwundert, da sie solches sahen; sie haben sich entsetzt und sind gestürzt.

48:7 Zittern ist sie daselbst angekommen, Angst wie eine Gebärerin.

48:8 Du zerbrichst Schiffe im Meer durch den Ostwind.

48:9 Wie wir gehöret haben, so sehen wir's an der Stadt des HErrn Zebaoth, an der Stadt unsers GOttes; GOtt erhält dieselbige ewiglich. Sela.

48:10 GOtt, wir warten deiner Güte in deinem Tempel.

48:11 GOtt, wie dein Name, so ist auch dein Ruhm, bis an der Welt Ende; deine Rechte ist voll Gerechtigkeit.

48:12 Es freue sich der Berg Zion, und die Töchter Judas seien fröhlich um deiner Rechte willen.

48:13 Macht euch um Zion und umfahet sie; zählet ihre Türme!

48:14 Leget Fleiß an ihre Mauern und erhöhet ihre Paläste, auf daß man davon verkündige bei den Nachkommen,

48:15 daß dieser GOtt sei unser GOtt immer und ewiglich. Er führet uns wie die Jugend.
Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen; lobe den Herrn und vergiß nicht, was Er dir Gutes gethan hat.
O Du ewiger und starker Gott, wie unerforschlich ist Deine Weisheit, wie groß ist Deine Gnade und Liebe, wie überschwänglich ist Deine Barmherzigkeit und Langmuth, wie unbegreiflich ist Deine Allmacht und Güte, die Du an mir erwiesen hast! Ja, Herr, ich erkenne meine Niedrigkeit und Unwürdigkeit vor Dir; ich bin Nichts und Du bist Alles; ich bin unverständig und sündig, Du bist weise und gnädig; ich bin ungehorsam und arm, Du bist geduldig und freigebig; ach, ich bin zu gering aller Wohlthat, die Du an mir gethan hast. Wunderbar sind Deine Werke und wahrhaftig sind Deine Verheißungen; gerecht sind Deine Strafen und gnädig Deine Züchtigungen; treu bist Du in Deinen Zusagen, und Deine Liebe ist über Alles, denn sie ist höher als der Himmel und tiefer als das Meer. Ich bin Dein Geschöpf und Dein Kind, Du bist mein Schöpfer und Vater; ich bin Dein Diener und Schuldner, und Du bist mein Herr und Wohlthäter; von Dir habe ich Alles, und ohne Dich bin ich nichts. Darum sei gelobet, mein Gott, himmlischer Vater, daß Du mich an’s Licht gerufen und zu Deinem Ebenbilde gemacht und mir eine vernünftige Seele gegeben hast; sei gepriesen, daß Du mich in dem Schooß der Kirche Christi hast lassen geboren werden, daß Du Dich auch meiner erbarmet und mir Deinen Sohn geschenkt und Ihn auch für mich zu einem Fürsprecher und Erlöser, Heiland und Mittler gemacht hast. O wie erfreulich ist sein Evangelium, wie tröstlich sind seine Zusagen, wie köstlich ist seine Erlösung, wie kräftig ist sein Leiden und Sterben! Auch ich bin versöhnet und erlöset und durch den Glauben eingegangen in das Himmelreich, und Dein heiliger Geist, o Gott, dieser Tröster in aller Noth, schafft in mir das Wollen und Vollbringen und macht mich geschickt zum ewigen Leben. Er ruft mich, Er hilft mir und kräftigt mich durch seine Gemeinschaft. O sei gelobet in Ewigkeit, daß Du mich armen, verderbten Menschen aus meinem Elende gerissen, durch das Wort des Evangeliums mich berufen, meine finstere Seele erleuchtet, meine kranke Seele geheilt, meine verlornen Kräfte erneuert und mich also zu einem neuen Menschen gemacht hast, zu einem Erben des ewigen Lebens.
Mein Gott, wie viel bin ich Dir schuldig, wie hast Du mich von meiner Kindheit an bis auf diesen Tag mächtig erhalten, väterlich versorget, wunderbar geführet! Aus mancher Noth hast Du mich errettet, vor manchem Unglück behütet, in manchem Kummer getröstet. Als ich krank war, hast Du mich genesen lassen; als ich irrte, hast Du mir zurecht geholfen; als ich sündigte, hast Du Geduld mit mir gehabt; meine Buße hast Du angenommen, mein Gebet erhört, meine Arbeit gesegnet. Immerdar hast Du mir mein täglich Brod bescheert, mich ernähret und erfreut, und im Alter wirst Du Dich meiner auch annehmen. Habe Dank für alle Gaben Deiner Güte; für Freunde und Geliebte, die Du mir gegeben; für den Stand, den Du mir angewiesen; für jedes Gute, das Du durch mich geschehen ließest.
Wie viel Menschen sind in dieser Stunde hier und anderswo arm und elend, verlassen und tief betrübt! Wie sehr hast Du mich ihnen vorgezogen, liebreicher Vater, und womit habe ich Deine Liebe verdient? O laß Dein Angesicht über Allen leuchten, die Dich in ihrer Noth anrufen; und segne sie nach Deiner Güte; mich aber laß allezeit erkennen, wie Du zu rühmen und zu loben bist, und meine Seele möge nicht müde werden, Dich zu preisen und Dir zu danken, Dich, Gott, Vater, Sohn und heiliger Geist. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 49

49:1 Ein Psalm der Kinder Korah, vorzusingen.

49:2 Höret zu, alle Völker; merket auf, alle, die in dieser Zeit leben,

49:3 beide gemein Mann und Herren, beide reich und arm miteinander.

49:4 Mein Mund soll von Weisheit reden und mein Herz von Verstand sagen.

49:5 Wir wollen einen guten Spruch hören und ein fein Gedicht auf der Harfe spielen.

49:6 Warum sollt ich mich fürchten in bösen Tagen, wenn mich die Missetat meiner Übertreter umgibt?

49:7 Die sich verlassen auf ihr Gut und trotzen auf ihren großen Reichtum.

49:8 Kann doch ein Bruder niemand erlösen noch GOtt jemand versöhnen;

49:9 denn es kostet zu viel, ihre Seele zu erlösen, daß er's muß lassen anstehen ewiglich,

49:10 ob er auch gleich lange lebet und die Grube nicht siehet.

49:11 Denn man wird sehen, daß solche Weisen doch sterben, sowohl als die Toren und Narren umkommen, und müssen ihr Gut andern lassen.

49:12 Das ist ihr Herz, daß ihre Häuser währen immerdar, ihre Wohnungen bleiben für und für und haben große Ehre auf Erden.

49:13 Dennoch können sie nicht bleiben in solcher Würde, sondern müssen davon wie ein Vieh.

49:14 Dies ihr Tun ist eitel Torheit; noch loben's ihre Nachkommen mit ihrem Munde Sela.

49:15 Sie liegen in der Hölle wie Schafe, der Tod naget sie; aber die Frommen werden gar bald über sie herrschen, und ihr Trotz muß vergehen, in der Hölle müssen sie bleiben.

49:16 Aber GOtt wird meine Seele erlösen aus der Hölle Gewalt; denn er hat mich angenommen. Sela.

49:17 Laß dich's nicht irren, ob einer reich wird, ob die Herrlichkeit seines Hauses groß wird.

49:18 Denn er wird nichts in seinem Sterben mitnehmen, und seine Herrlichkeit wird ihm nicht nachfahren.

49:19 sondern er tröstet sich dieses guten Lebens und preiset es, wenn einer nach guten Tagen trachtet.

49:20 So fahren sie ihren Vätern nach und sehen das Licht nimmermehr.

49:21 Kurz, wenn ein Mensch in der Würde ist und hat keinen Verstand, so fähret er davon wie ein Vieh.
Ich danke Dir von Herzen, getreuer Gott, daß Du mich nicht nur im allgemeinen hast die wahre Weisheit und Verstand aus Deinem Wort vernehmen, sondern auch insonderheit mein Herz darüber hast belehren lassen, worin es den rechten Grund seiner Glückseligkeit für immer suchen und finden solle. Ach, wie thut dies Wort meinem Herzen doch so wohl, wohler als der angenehmste Harfenklang! Nun habe ich keine Ursach mich zu fürchten, auch mitten in der bösen Zeit. Kann ich mir schon in meiner Noth mit irdischen und menschlichen Kräften und Gütern nicht helfen, so weiß ich doch mich nun zu trösten, weiß, woher ich meine Erlösung erwarten soll. Seitdem Du mich in Christo hast zu Gnaden in Deine Kind- und Erbschaft auf- und angenommen, halte ich mich im Glauben versichert, Du werdest meine Seele nimmermehr in die Gewalt des Satans und der Hölle verfallen, geschweige darin verderben lassen. Das ist mir Trost genug, wenn ich mich gleich von der Welt und ihrem Wesen nicht das Geringste zu trösten habe. Ach bewahre mich doch, gnädiger Gott und Vater, davor, daß ich mit den Kindern der Welt mein Vertrauen nicht setze auf ihren vergänglichen Reichthum, Ehre und Gewalt, da das Alles nur eine kleine Zeit währt und nichts dient zur Seligkeit. Wenn ich es thäte, wie würde ich einst vor Deinem Richterstuhl bestehen können? Ich hätte nichts für mich, und keiner meiner Brüder und Mitmenschen würde mir, wie heilig, weise, geschickt, reich und gewaltig er auch wäre, etwas helfen können, weil Seelen zu erlösen und Deine strenge Gerechtigkeit zu befriedigen weit unendlich mehr erfordert als aller Menschen Kraft und Vermögen ausrichten kann. So erhalte denn mein Herz bei dem Einigen, daß ich in Christo, Deinem Sohne, möge meine Erlösung und Seligkeit suchen und finden, zu meinem Heile genießen, vor dem Nagen des ewigen Todes bewahrt und zur wahren Würde der Kinder Gottes in jenem Leben möge geführt werden. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 50

50:1 Ein Psalm Assaphs. GOtt der HErr, der Mächtige, redet und ruft der Welt von Aufgang der Sonne bis zum Niedergang.

50:2 Aus Zion bricht an der schöne Glanz GOttes.

50:3 Unser GOtt kommt und schweiget nicht. Fressend Feuer gehet vor ihm her und um ihn her ein groß Wetter.

50:4 Er ruft Himmel und Erde, daß er sein Volk richte.

50:5 Versammelt mir meine Heiligen, die den Bund mehr achten denn Opfer.

50:6 Und die Himmel werden seine Gerechtigkeit verkündigen; denn GOtt ist Richter. Sela.

50:7 Höre, mein Volk, laß mich reden, Israel; laß mich unter dir zeugen: Ich, GOtt, bin dein GOtt.

50:8 Deines Opfers halben strafe ich dich nicht; sind doch deine Brandopfer sonst immer vor mir.

50:9 Ich will nicht von deinem Hause Farren nehmen, noch Böcke aus deinen Ställen;

50:10 denn alle Tiere im Walde sind mein und Vieh auf den Bergen, da sie bei tausend gehen.

50:11 Ich kenne alles Gevögel auf den Bergen, und allerlei Tier auf dem Felde ist vor mir.

50:12 Wo mich hungerte, wollt ich dir nicht davon sagen; denn der Erdboden ist mein und alles, was drinnen ist.

50:13 Meinest du, daß ich Ochsenfleisch essen wolle, oder Bocksblut trinken?

50:14 Opfere GOtt Dank und bezahle dem Höchsten deine Gelübde!

50:15 Und rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, so sollst du mich preisen.
DAs ist tröstlich / das Gott / denen / so sein Wort hören und annemen / verheisset / das er sie gewislich erhören wil / so sie In in jrer not anruffen / und inen aushelffen.
Und solch anruffen / als seine rechte ehre und Gottesdienst / derhalben von jnen foddert / das sie seine hülff erfaren / und dafur in preisen und dancken mügen. (Caspar Cruciger)

50:16 Aber zum Gottlosen spricht GOtt: Was verkündigest du meine Rechte und nimmst meinen Bund in deinen Mund,

50:17 so du doch Zucht hassest und wirfst meine Worte hinter dich?

50:18 Wenn du einen Dieb siehest, so läufst du mit ihm und hast Gemeinschaft mit den Ehebrechern.

50:19 Dein Maul lässest du Böses reden, und deine Zunge treibet Falschheit.

50:20 Du sitzest und redest wider deinen Bruder, deiner Mutter Sohn verleumdest du.

50:21 Das tust du, und ich schweige. Da meinest du, ich werde sein gleich wie du. Aber ich will dich strafen und will dir's unter Augen stellen.

50:22 Merket doch das, die ihr GOttes vergesset, daß ich nicht einmal hinreiße, und sei kein Retter mehr da.

50:23 Wer Dank opfert, der preiset mich; und da ist der Weg, daß ich ihm zeige das Heil GOttes.
Ein Psalm des Leviten Assaph, welcher unter David ein Sangmeister und Liederdichter war, dessen Gesänge beim Gottesdienst neben den Gesängen Davids gesungen wurden; ein ernstes, gewaltiges Zeugniß im höchsten prophetischen Tone gegen den Mißbrauch des unter David so herrlich wiederhergestellten äußern Gottesdienstes. Eine Anbetung Gottes ohne Herzensänderung, Opfer ohne Erneuerung des Lebenswandels sind Heuchelei und ein Gräuel in Gottes Augen. Welch einen Eindruck mußte es machen, wenn diese Bußermahnung beim Gottesdienst von Israel gesungen wurde! Um die Einweihung des Heiligthums dem Volke recht fühlbar zu machen, erscheint in dem Liede der Herr selbst mit allen den glänzenden und schreckenden Offenbarungen seiner Herrlichkeit wie einst auf Sinai, indem Er Himmel und Erde zu Zeugen ruft (V. 1-6); zeigt dann, wie der wahre Gottesdienst Geistes- und Herzenssache sei, und deckt die herrschenden Irrthümer in Bezug auf die erste (V. 8-15) und zweite Tafel des Gesetzes auf (V. 16-21). Endlich straft Er diejenigen, welche das Gesetz Gottes beständig im Munde führen, und dabei es im Verhalten gegen den Nächsten frevelhaft verletzten. – Nun, Herr, Du kennst mein Herz und weißt, wie es zu Dir steht. Bewahre mich nur vor jeder bewußten und unbewußten Heuchelei, wie vor aller Sicherheit; den Aufrichtigen allein willst Du es gelingen lassen. Mache mich denn aufrichtig und wahr bei meinem Beten und Singen, Loben und Danken, Kirchen- und Abendmahlgeben. O welch ein schöner Glanz ist mir aus Zion angebrochen in Deinem seligmachenden Evangelio! Die Strahlen der Sonne können ja die Welt nicht so hell erleuchten, erwärmen und beleben, als Dein heilbringendes Wort mein finsteres, kaltes und todtes Herz in Licht, Glut und Lebe bringen kann. Mache mich denn Deinem Worte immer aufmerksamer und gehorsamer. Siehe, ich opfre mich Dir von neuem zu Dank für Deine Gnade ganz und gar, in Buße, Glauben, Gehorsam und Gebet. Gieb mir Deinen heiligen Geist, der mich Dir recht nach Deinem Willen zu dienen lehre. Es ist ja die Bet- und Bittwoche des Jahres: o laß mich recht beten und bitten. Bitten ist ja kein Unrecht; es ist vielmehr ein Gnadenrecht, das Du mir eingeräumt hast; o hilf es mir gebrauchen und üben. Ich lasse Dich nicht, Du segnest mich denn. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 51

51:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen,

51:2 da der Prophet Nathan zu ihm kam, als er war zu Bathseba eingegangen.

51:3 GOtt, sei mir gnädig nach deiner Güte und tilge meine Sünden nach deiner großen Barmherzigkeit!

51:4 Wasche mich wohl von meiner Missetat und reinige mich von meiner Sünde!

51:5 Denn ich erkenne meine Missetat, und meine Sünde ist immer vor mir.

51:6 An dir allein hab ich gesündiget und übel vor dir getan, auf daß du recht behaltest in deinen Worten und rein bleibest, wenn du gerichtet wirst.

51:7 Siehe, ich bin aus sündlichem Samen gezeuget, und meine Mutter hat mich in Sünden empfangen.

51:8 Siehe, du hast Lust zur Wahrheit, die im Verborgenen liegt; du lässest mich wissen die heimliche Weisheit.

51:9 Entsündige mich mit Ysopen, daß ich rein werde; wasche mich, daß ich schneeweiß werde.

51:10 Laß mich hören Freude und Wonne, daß die Gebeine fröhlich werden, die du zerschlagen hast.

51:11 Verbirg dein Antlitz von meinen Sünden und tilge alle meine Missetat.

51:12 Schaffe in mir, GOtt, ein rein Herz und gib mir einen neuen, gewissen Geist.

51:13 Verwirf mich nicht von deinem Angesichte und nimm deinen Heiligen Geist nicht von mir.

51:14 Tröste mich wieder mit deiner Hilfe, und der freudige Geist enthalte mich.

51:15 Denn ich will die Übertreter deine Wege lehren, daß sich die Sünder zu dir bekehren.

51:16 Errette mich von den Blutschulden, GOtt, der du mein GOtt und Heiland bist, daß meine Zunge deine Gerechtigkeit rühme.

51:17 HErr, tue meine Lippen auf, daß mein Mund deinen Ruhm verkündige!

51:18 Denn du hast nicht Lust zum Opfer, ich wollte dir's sonst wohl geben; und Brandopfer gefallen dir nicht.

51:19 Die Opfer, die GOtt gefallen, sind ein geängsteter Geist; ein geängstet und zerschlagen Herz wirst du, GOtt, nicht verachten.

51:20 Tue wohl an Zion nach deiner Gnade; baue die Mauern zu Jerusalem!

51:21 Dann werden dir gefallen die Opfer der Gerechtigkeit, die Brandopfer und ganzen Opfer; dann wird man Farren auf deinem Altar opfern.
Gott, Du Heiliger, Du Gerechter, der Du wohnest in einem Licht, zu welchem Niemand kommen kann, dem selbst die Engel mit verhülltem Antlitz dienen, der Du richtest und richten wirst den Kreis des Erdbodens, zu geben einem Jeglichen nach seinen Werken, Herr, strafe uns nicht in Deinem Zorn, züchtige uns nicht in Deinem Grimme, sei uns gnädig, denn wir sind schwach; leite uns, denn unsere Seele ist sehr erschrocken! Gehe nicht in’s Gericht mit Deinen Knechten; denn vor Dir ist kein Lebendiger gerecht! Was sollte aus uns werden, wenn Du unsere Sünden heimsuchen wolltest, wie sie es verdienen, mit zeitlichen und ewigen Strafen? Ach, dann könnte es ja in der Zeit nichts als Leiden, in der Ewigkeit nichts als Verdammniß für uns geben! O erscheine uns nicht, gekleidet in Feuer, wie Du einst auf den Sinai herabkamst, gehüllt in Dunkel, Finsterniß und Ungewitter; erscheine uns nicht, wie einst den Propheten, als ein Sturmwind, der die Felsen zerriß und die Erde erschütterte; nein, sondern Deine Gegenwart gehe an uns vorüber wie ein gelindes, sanfte Säuseln, und Dein Geist gebe uns die Zuversicht, daß wir Dir nachrufen können: Herr, Herr Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue, der Du bewahrest Gnade an tausend Glied und vergiebst Missethat, Uebertretung und Sünde. Ach, wir haben es ja aufgegeben, uns selbst zu rechtfertigen; wir sehen ja, wohin wir blicken, in uns und außer uns nichts als Sünde und Vergehungen; wir wissen ja, daß Du auf Erden nichts findest, was Dir wohlgefallen könnte. Aber Einen Ort giebt es dennoch auf Erden, auf den Du nicht herabschauen kannst, ohne von Gnade und Erbarmen gerührt zu werden. Es ist der, wo Dein Sohn sein großes Opfer für uns dargebracht, wo Er sein Blut verströmt hat, das noch immerfort um Vergebung für unsre Sünden bittet. O wenn Du beschließest, was unserer Kirche, unserem Volke widerfahren soll, wenn Du die Schicksale unseres häuslichen Lebens bestimmst, wenn Du dereinst unser Loos die Ewigkeit hindurch feststellen wirst: dann, Herr, dann siehe nicht auf unsere Sünden; dann richte Deinen Blick auf das Verdienst Deines Sohnes; dann gedenke, daß Er für uns gestorben ist; dann, Sohn Gottes, bitte für uns und nimm Dich derer an, für die Du Dein Leben hingegeben hast. Wir begehren nicht blos Deines Geistes Trost für unsere zerschlagenen Herzen; wir begehren auch Deines Geistes Kraft, unsere Herzen umzuwandeln und zu heiligen. In unserer Kirche herrsche ein unverfälschter Glaube, der durch Liebe thätig sei, und die Gemüther in Eintracht verbinde! Unter unserm Volke herrsche Zucht, Ordnung, Gehorsam, treue Anhänglichkeit für den König! Jedes Haus werde Dir zu einem Tempel geweiht! Der Fromme werde immer vollkommner; der Sünder bessere sich; der Leidende werde getröstet; das mit Kummer und Sorge beladene Herz erleichtert! Gieb uns allen, wenn unsere Stunde gekommen ist, ein sanftes, seliges Ende; und nimm uns auf unter die Zahl der Deinen, daß wir in Deinem höhern Heiligthum Dich loben und preisen mögen in alle Ewigkeit! Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)
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Ein Jeder der Gläubigen gestehe: Ich bin heilig. Dieses zu sagen ist keine Anmaßung, sondern Zeichen der Dankbarkeit. Wenn du sagst, daß du aus dir selbst heilig bist, so ist es Anmaßung; wenn du aber als ein Gläubiger in Christo und als ein Glied Christi dich nicht heilig nennen willst: so bist zu undankbar. Indem der Apostel die Anmaßung straft, sagt er nicht: „Du hast nicht;“ sondern er sagt: „Was hast du, daß du nicht empfangen hast? (Aurelius Augustinus)

Psalm 52

52:1 Eine Unterweisung Davids, vorzusingen,

52:2 da Doeg, der Edomiter, kam und sagte Saul an und sprach: David ist in Ahimelechs Haus kommen.

52:3 Was trotzest du denn, du Tyrann, daß du kannst Schaden tun, so doch GOttes Güte noch täglich währet?

52:4 Deine Zunge trachtet nach Schaden und schneidet mit Lügen wie ein scharf Schermesser.

52:5 Du redest lieber Böses denn Gutes und falsch denn recht. Sela.

52:6 Du redest gern alles, was zu Verderben dienet, mit falscher Zunge.

52:7 Darum wird dich GOtt auch ganz und gar zerstören und zerschlagen und aus der Hütte reißen und aus dem Lande der Lebendigen ausrotten. Sela.

52:8 Und die Gerechten werden's sehen und sich fürchten und werden sein lachen:

52:9 Siehe, das ist der Mann, der GOtt nicht für seinen Trost hielt, sondern verließ sich auf seinen großen Reichtum und war mächtig, Schaden zutun.

52:10 Ich aber werde bleiben wie ein grüner Ölbaum im Hause GOttes, verlasse mich auf GOttes Güte immer und ewiglich.

52:11 Ich danke dir ewiglich, denn du kannst's wohl machen; und will harren auf deinen Namen, denn deine Heiligen haben Freude dran.
Ja, Deine Heiligen haben ihre Freude an Deinem heiligen Namen, Freude daran, daß Du Alles wohlmachst in ihrem Leben, in Freude und Leid, im Kreuz und in guten Tagen, Freude an ihrer Gnadenwahl, daß Du ihren Namen im Himmel angeschrieben hast, daß Dein Wort ihr süßer Trost ist, Dein Tisch mit den reichen Gütern Deines Hauses ihre Seele vergnügt, und daß Deine Treue und Wahrheit bleibet ewiglich. Und doch will das arme Herz manchmal in allzu große Traurigkeit versinken! Manchmal sind wir so stark, daß wir wohl mit Petro in den Tod gehen; manchmal wieder so kleinmüthig, daß wir mit Elias ausrufen: „Es ist genug, Herr, so nimm nun meine Seele von mir.“ Zuweilen brennt Glaube und Liebe wie eine Flamme des Herrn, bald glimmt beides wie ein kleines Fünklein unter der Asche. Ach, Herr, verstoß uns nicht um unserer Schwachheit willen, zerbrich nicht das zerstoßene Rohr, lösch nicht aus den glimmenden Docht. Bewahre uns vor der sündlichen Weltfreude, daß wir unser Vergnügen nicht suchen in den eitlen Geschöpfen und in einer Lust, die kaum einen Augenblick währt und nie so rein ist, dass sie nicht sollte das Gewissen verletzen, sondern laß das unsere einzige Freude sein, daß wir mit bewegter Seele sprechen: „Herr, wenn wir nur Dich haben, so fragen wir nichts nach Himmel und Erde.“ Gieb, daß wir uns stärken in Dir. Laß uns immer wachsen an Erkenntniß, damit wir nicht Kinder bleiben am Verstande, sondern hinankommen zu einem vollkommenen Maaß des Alters Christi. Laß uns stark werden im Glauben und Dir, unserm Bundesgott, fest anhangen in Lieb und Leid, daß nichts in der ganzen Welt so mächtig sei, uns von Deiner Liebe zu scheiden. Mache uns stark in der Hoffnung, auch in den äußern Verlegenheiten, stark in der Geduld und kindlichen Gelassenheit in Deinem allerheiligsten Willen. Sei unsere Stärke und bleibe bei uns an dem Abend dieser Welt, und laß auch uns bleiben wie grüne Oelbäume in Deinem Hause ewiglich. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 53

53:1 Eine Unterweisung Davids, im Chor umeinander vorzusingen.

53:2 Die Toren sprechen in ihrem Herzen: Es ist kein GOtt. Sie taugen nichts und sind ein Greuel worden in ihrem bösen Wesen. Da ist keiner, der Gutes tut.

53:3 GOtt schauet vom Himmel auf der Menschen Kinder, daß er sehe, ob jemand klug sei, der nach GOtt frage.

53:4 Aber sie sind alle abgefallen und allesamt untüchtig. Da ist keiner, der Gutes tue, auch nicht einer.

53:5 Wollen denn die Übeltäter ihnen nicht sagen lassen, die mein Volk fressen, daß sie sich nähren? GOtt rufen sie nicht an.

53:6 Da fürchten sie sich aber, da nicht zu fürchten ist; denn GOtt zerstreuet die Gebeine der Treiber. Du machst sie zuschanden; denn GOtt verschmähet sie.

53:7 Ach, daß die Hilfe aus Zion über Israel käme, und GOtt sein gefangen Volk erlösete! So würde sich Jakob freuen und Israel fröhlich sein.
Herr Gott, der Du nicht fern bist von einem Jeglichen unter uns, in dem wir leben, weben und sind, dessen Hülfe aus Zion über uns gekommen ist und der sein gefangenes Volk durch Christum Jesum erlöset hat, welcher ein Trost ist mir’s, zu denken, daß Alles, sowohl in mir als außer mir, Dein Werk ist und Du allezeit bei mir und in mir bist! Wenn ich Böses thue, bist Du in mir, indem Du mich des Bösen, das ich thue, zeihest, mir Leid erweckest über das Gute, das ich verlasse, und mir eine Barmherzigkeit zeigest, die mir die Hand bietet. Wenn ich das Gute thue, so bist Du es, der in mir das Verlangen dazu erweckt und es in mir und mit mir thut: Du bist es, der Du das Gute liebst und das Böse hassest in meinem Herzen, der Du geduldig bist, betest, den Nächsten erbauest, Werke der Liebe übest; ich thue alle diese dinge, aber ich thue sie durch Dich; Du machest sie mich thun, Du legest sie in mich. – Du bist denn, und mein Herz freuet sich, es denken zu können, ohne Aufhören wirkend in meinem innersten Wesen; Du arbeitest darin, ungesehen, wie ein Bergmann, der am Erz in den Eingeweiden der Erde arbeitet; Du thust Alles, und die Welt siehet Dich nicht; daher schreibt sie Dir nichts zu. Ich selbst war auf Irrwegen, und suchte Dich durch eitle Bemühungen weit von mir, und dachte nicht daran, Dich im Grunde meines Herzens zu finden, wo Du nicht aufhörtest zu sein. Herr, Du bist uns näher, als wir uns selbst sind. – O Gott, Du bist so groß und so vertraulich zugleich, so über die Himmel erhaben und so der Niedrigkeit Deiner Kreatur angemessen, so unermeßlich frei und so inwendigst in dem Grunde meines Herzens eingeschlossen, so schrecklich und so liebenswürdig, so eifrig und so freundlich: o möchte ich Dich doch immer eifriger in dem tiefen Grunde meines Herzens suchen, und dieses ein Heiligthum werden, wo Du im Geist und in der Wahrheit willst angebetet sein! Ich will die Augen gegen alle die äußern Gegenstände, die nur Eitelkeit und Jammer sind, geschlossen halten, und in dem Innersten meines Herzens eine innige Vertraulichkeit mit Dir suchen durch Jesum Christum, Deinen Sohn; da will ich trunken werden von dem heiligen Geiste, wie die Apostel, und wie sie erwählen, ein Spott der Welt zu sein. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 54

54:1 Eine Unterweisung Davids, vorzusingen auf Saitenspielen,

54:2 da die von Siph kamen und sprachen zu Saul: David hat sich bei uns verborgen.

54:3 Hilf mir, GOtt, durch deinen Namen und schaffe mir Recht durch deine Gewalt.

54:4 GOtt, erhöre mein Gebet; vernimm die Rede meines Mundes!

54:5 Denn Stolze setzen sich wider mich, und Trotzige stehen mir nach meiner Seele und haben GOtt nicht vor Augen. Sela.

54:6 Siehe, GOtt stehet mir bei; der HErr erhält meine Seele.

54:7 Er wird die Bosheit meinen Feinden bezahlen. Zerstöre sie durch deine Treue!

54:8 So will ich dir ein Freudenopfer tun und deinem Namen, HErr, danken, daß er so tröstlich ist.

54:9 Denn du errettest mich aus aller meiner Not, daß mein Auge an meinen Feinden Lust siehet.

Psalm 55

55:1 Eine Unterweisung Davids, vorzusingen auf Saitenspielen.

55:2 GOtt, höre mein Gebet und verbirg dich nicht vor meinem Flehen.

55:3 Merke auf mich und erhöre mich, wie ich so kläglich zage und heule,

55:4 daß der Feind so schreiet, und der Gottlose dränget; denn sie wollen mir einen Tück beweisen und sind mir heftig gram.

55:5 Mein Herz ängstet sich in meinem Leibe, und des Todes Furcht ist auf mich gefallen.

55:6 Furcht und Zittern ist mich ankommen, und Grauen hat mich überfallen.

55:7 Ich sprach: O, hätte ich Flügel wie Tauben, daß ich flöge und etwa bliebe!

55:8 Siehe, so wollt ich mich ferne weg machen und in der Wüste bleiben. Sela.

55:9 Ich wollt eilen, daß ich entrönne vor dem Sturmwind und Wetter.

55:10 Mache ihre Zunge uneins, HErr, und laß sie untergehen; denn ich sehe Frevel und Hader in der Stadt.

55:11 Solches gehet Tag und Nacht um und um in ihren Mauern; es ist Mühe und Arbeit drinnen.

55:12 Schadentun regieret drinnen, Lügen und Trügen läßt nicht von ihrer Gasse.

55:13 Wenn mich doch mein Feind schändete, wollt ich's leiden, und wenn mir mein Hasser pochte, wollt ich mich vor ihm verbergen;

55:14 du aber bist mein Geselle, mein Pfleger und mein Verwandter,

55:15 die wir freundlich miteinander waren unter uns; wir wandelten im Hause GOttes zu Haufen.

55:16 Der Tod übereile sie, und müssen lebendig in die Hölle fahren; denn es ist eitel Bosheit unter ihrem Haufen.

55:17 Ich aber will zu GOtt rufen, und der HErr wird mir helfen.

55:18 Des Abends, Morgens und Mittags will ich klagen und heulen, so wird er meine Stimme hören.

55:19 Er erlöset meine Seele von denen, die an mich wollen, und schaffet ihr Ruhe; denn ihrer ist viel wider mich.

55:20 GOtt wird hören und sie demütigen, der allwege bleibt. Sela. Denn sie werden nicht anders und fürchten GOtt nicht.

55:21 Denn sie legen ihre Hände an seine Friedsamen und entheiligen seinen Bund.

55:22 Ihr Mund ist glätter denn Butter und haben doch Krieg im Sinn; ihre Worte sind gelinder denn Öl und sind doch bloße Schwerter.

55:23 Wirf dein Anliegen auf den HErrn! Der wird dich versorgen und wird den Gerechten nicht ewiglich in Unruhe lassen.

55:24 Aber, GOtt, du wirst sie hinunterstoßen in die tiefe Grube. Die Blutgierigen und Falschen werden ihr Leben nicht zur Hälfte bringen. Ich aber hoffe auf dich.

Psalm 56

56:1 Ein gülden Kleinod Davids von der stummen Taube unter den Fremden, da ihn die Philister griffen zu Gath.

56:2 GOtt, sei mir gnädig, denn Menschen wollen mich versenken; täglich streiten sie und ängsten mich.

56:3 Meine Feinde versenken mich täglich; denn viele streiten wider mich stolziglich.

56:4 Wenn ich mich fürchte, hoffe ich auf dich.

56:5 Ich will GOttes Wort rühmen; auf GOtt will ich hoffen und mich nicht fürchten; was sollte mir Fleisch tun?

56:6 Täglich fechten sie meine Worte an; all ihre Gedanken sind, daß sie mir übel tun.

56:7 Sie halten zuhauf und lauern und haben acht auf meine Fersen, wie sie meine Seele erhaschen.

56:8 Was sie Böses tun, das ist schon vergeben. GOtt, stoße solche Leute ohne alle Gnade hinunter!

56:9 Zähle meine Flucht, fasse meine Tränen in deinen Sack! Ohne Zweifel, du zählest sie.

56:10 Dann werden sich meine Feinde müssen zurückkehren, wenn ich rufe; so werde ich inne, daß du mein GOtt bist.

56:11 Ich will rühmen GOttes Wort, ich will rühmen des HErrn Wort.

56:12 Auf GOtt hoffe ich und fürchte mich nicht; was können mir die Menschen tun?

56:13 Ich habe dir, GOtt, gelobet, daß ich dir danken will.

56:14 Denn du hast meine Seele vom Tode errettet, meine Füße vom Gleiten, daß ich wandeln mag vor GOtt im Licht der Lebendigen.
Jesus trägt sein Kreuz hinaus nach Golgatha; die Feinde scheinen zu siegen; sie streiten und ängstigen Ihn, wie die Philister den David, als er den gedachten Psalm sang, - und doch war auch dieser Todesgang ein Siegesgang und ein Liebesgang für meine Sündenschritte. O laß sie alle dadurch versöhnet sein, und heilige zugleich auch alle meine Gänge. Herr Jesu, wenn ich zum Thore hinausgehe, frische Luft zu genießen, so laß mich in wahrer Buße und Glauben an Deine Hinausführung gedenken. Wenn ich wieder zurückkehre, so laß mich bedenken, daß Du nicht wieder hast umkehren können, sondern draußen vor der Stadt Dein theures Leben hast lassen müssen. Ja, laß alle meine Gänge aus der Stadt und in die Stadt in Deinem süßen und seligen Andenken und zu Deiner Ehre geschehen; sonst sind sie sündlich. Da Du Deinem Tode entgegengehest mit dem schweren Kreuz auf Deinem Rücken, wie sollte ich’s doch anders begehren? Genug, daß ich mich nicht mit der Last meiner Sünden schleppen darf, die Du weggetragen hast. Nun laß mich aus herzlicher Dankbarkeit für diese Deine Liebe mein übriges Kreuz Dir willig und geduldig nachtragen. Laß dies meinen täglichen Vorsatz sein: „Ich will, dieweil ich lebe noch, das Kreuz Dir willig tragen nach. O Heiland, mache mich dazu bereit, es dient mir ja zum Besten allezeit.“ Und wenn wieder Dein Kreuz mir zu schwer werden will und das Herz matt wird und die Kniee wanken in den Trübsalen, die Du sendest, und wenn mir die Füße wund werden in den Dornen, durch welche Du mich führest, o dann stärke die müden Hände und erquicke die strauchelnden Kniee und sprich zu dem verzagten Herzen: „Sei getrost und fürchte dich nicht.“ Dann heiße es in mir: Frisch, frisch hinauf, mein Geist und Herz, auf Jesu Dornenwegen! Bekrieget mich hier Leid und Schmerz, auf Siegen folget Segen. Nur fröhlich aufgefaßt die leichte Liebeslast! Das Leiden dieser kurzen Zeit ist doch nicht werth der Herrlichkeit.“ Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 57

57:1 Ein gülden Kleinod Davids, vorzusingen, daß er nicht umkäme, da er vor Saul floh in die Höhle.

57:2 Sei mir gnädig, GOtt, sei mir gnädig! Denn auf dich trauet meine Seele und unter dem Schatten deiner Flügel habe ich Zuflucht, bis daß das Unglück vorübergehe.

57:3 Ich rufe zu GOtt, dem Allerhöchsten, zu GOtt, der meines Jammers ein Ende macht.

57:4 Er sendet vom Himmel und hilft mir von der Schmach meines Versenkers. Sela. GOtt sendet seine Güte und Treue.

57:5 Ich liege mit meiner Seele unter den Löwen. Die Menschenkinder sind Flammen; ihre Zähne sind Spieße und Pfeile und ihre Zungen scharfe Schwerter.

57:6 Erhebe dich, GOtt, über den Himmel und deine Ehre über alle Welt!

57:7 Sie stellen meinem Gange Netze und drücken meine Seele nieder; sie graben vor mir eine Grube und fallen selbst drein. Sela.

57:8 Mein Herz ist bereit, GOtt, mein Herz ist bereit, daß ich singe und lobe.

57:9 Wach auf, meine Ehre, wach auf, Psalter und Harfe! Frühe will ich aufwachen.

57:10 HErr, ich will dir danken unter den Völkern, ich will dir lobsingen unter den Leuten.

57:11 Denn deine Güte ist, soweit der Himmel ist, und deine Wahrheit, soweit die Wolken gehen.

57:12 Erhebe dich, GOtt, über den Himmel und deine Ehre über alle Welt!
David sprach’s; ich spreche es ihm nach. Gerechter Gott, barmherziger Vater, welche Geduld, Gnade und Barmherzigkeit ist es doch, daß Du mich, der ich die Verdammniß tausendmal verdient hätte, bis heute in der Gnadenzeit noch gelassen hast. Ich habe Todsünden begangen, und lebe noch! Ich habe Dein strenges Gebot übertreten, und Dein Fluch ist nicht auf mich gefallen! Ich habe getrotzt wider Dich mit Herz und Hand und Mund, und Du hast mich nicht von Dir gestoßen! Ach heute, da ich Deine Stimme gehört habe: „So das geschieht am grünen Holz, was will am dürren werden,“ laß mein Herz nicht verstockt bleiben, sondern mich herzliche Thränen der Buße finden, solche Thränen, wie sie mein Heiland finden will, wenn er spricht: „Weinet nicht über mich, sondern über euch selbst und eure Kinder.“ O warum wollen doch diese Thränen so schwer aus dem Herzen und den Augen quillen? Warum stehe ich so bewegt an Krankenbetten und weine heiße Thränen an Todtenlagern und Gräbern, und finde doch so selten die Thränen in meiner größten Krankheit, die ich von den Vätern her ererbt, und bei dem Gedanken an den geistlichen Tod, den ich, armer Sünder, mir selbst bereitet habe? Warum andere Thränen so viel, warum Magdalenenthränen so wenige? Du zeigest, Herr, auf mein trotziges und verzagtes und an die Welt verkauftes Herz. Ach, das ist kalt und starr und will nicht brechen, ist felsenhaft und liebeleer. Du aber, o gnadenreicher Gott, hast einen Hammer, der Felsen zerschmeißt; darum bitte und flehe ich: zerschlage auch mein Herz, laß das Drohen Deines Gerichts mich schrecken, laß die Stunde, wo die Verdammten verzweifeln werden, mir heute schrecklich mahnend vor die Seele treten, und weil ich weiß aus Christi eignem Munde, daß Niemand zu Ihm kommt, es sei denn, daß ihn ziehe der Vater, so bitte ich Dich, barmherziger, allmächtiger Vater, ziehe mich auf Deines Sohnes Marterstraße. Siehe nicht auf meine Missethat, sondern um Seiner Gerechtigkeit willen erbarme Dich meiner. Siehe nicht auf meine Werke, sondern um Seines Verdienstes willen erbarme Dich meiner! Siehe nicht auf meine Irrwege, sondern um Seines Kreuzweges willen, den Er dort wandelt, erbarme Dich meiner! Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 58

58:1 Ein gülden Kleinod Davids, vorzusingen, daß er nicht umkäme.

58:2 Seid ihr denn stumm, daß ihr nicht reden wollt, was recht ist; und richten, was gleich ist, ihr Menschenkinder?

58:3 Ja, mutwillig tut ihr unrecht im Lande und gehet stracks durch mit euren Händen zu freveln.

58:4 Die Gottlosen sind verkehrt von Mutterleibe an; die Lügner irren von Mutterleib an.

58:5 Ihr Wüten ist gleich wie das Wüten einer Schlange, wie eine taube Otter, die ihr Ohr zustopft,

58:6 daß sie nicht höre die Stimme des Zauberers, des Beschwörers, der wohl beschwören kann.

58:7 GOtt, zerbrich ihre Zähne in ihrem Maul; zerstoße, HErr, die Backenzähne der jungen Löwen!

58:8 Sie werden zergehen wie Wasser, das dahinfleußt. Sie zielen mit ihren Pfeilen, aber dieselben zerbrechen.

58:9 Sie vergehen, wie eine Schnecke verschmachtet; wie eine unzeitige Geburt eines Weibes sehen sie die Sonne nicht.

58:10 Ehe eure Dornen reif werden am Dornstrauche, wird sie ein Zorn so frisch wegreißen.

58:11 Der Gerechte wird sich freuen, wenn er solche Rache siehet, und wird seine Füße baden in des Gottlosen Blut,

58:12 daß die Leute werden sagen: Der Gerechte wird sein ja genießen; es ist ja noch GOtt Richter auf Erden.

Psalm 59

59:1 Ein gülden Kleinod Davids, daß er nicht umkäme, da Saul hinsandte und ließ sein Haus bewahren, daß er ihn tötete.

59:2 Errette mich, mein GOtt, von meinen Feinden und schütze mich vor denen, so sich wider mich setzen!

59:3 Errette mich von den Übeltätern und hilf mir von den Blutgierigen!

59:4 Denn siehe, HErr, sie lauern auf meine Seele; die Starken sammeln sich wider mich ohne meine Schuld und Missetat.

59:5 Sie laufen ohne meine Schuld und bereiten sich. Erwache und begegne mir und siehe drein!

59:6 Du, HErr, GOtt Zebaoth, GOtt Israels, wache auf und suche heim alle Heiden; sei der keinem gnädig, die so verwegene Übeltäter sind! Sela.

59:7 Des Abends laß sie wiederum auch heulen wie die Hunde und in der Stadt umherlaufen.

59:8 Siehe, sie plaudern miteinander; Schwerter sind in ihren Lippen: Wer sollt es hören?

59:9 Aber du, HErr, wirst ihrer lachen und aller Heiden spotten.

59:10 Vor ihrer Macht halt ich mich zu dir; denn GOtt ist mein Schutz.

59:11 GOtt erzeigt mir reichlich seine Güte; GOtt läßt mich meine Lust sehen an meinen Feinden.

59:12 Erwürge sie nicht, daß es mein Volk nicht vergesse; zerstreue sie aber mit deiner Macht, HErr, unser Schild, und stoße sie hinunter!

59:13 Ihre Lehre ist eitel Sünde, und verharren in ihrer Hoffart und predigen eitel Fluchen und Widersprechen.

59:14 Vertilge sie ohne alle Gnade! Vertilge sie, daß sie nichts seien und inne werden, daß GOtt Herrscher sei in Jakob, in aller Welt. Sela.

59:15 Des Abends laß sie wiederum auch heulen wie die Hunde und in der Stadt umherlaufen.

59:16 Laß sie hin und herlaufen um Speise und murren, wenn sie nicht satt werden.

59:17 Ich aber will von deiner Macht singen und des Morgens rühmen deine Güte; denn du bist mein Schutz und Zuflucht in meiner Not.

59:18 Ich will dir, mein Hort, lobsingen; denn du, GOtt, bist mein Schutz und mein gnädiger GOtt.

Psalm 60

60:1 Ein gülden Kleinod Davids, vorzusingen, von einem güldenen Rosenspan zu lehren,

60:2 da er gestritten hatte mit den Syrern zu Mesopotamien und mit den Syrern von Zoba; da Joab umkehrete und schlug der Edomiter im Salztal zwölftausend.

60:3 GOtt, der du uns verstoßen und zerstreuet hast und zornig warest, tröste uns wieder!

60:4 Der du die Erde bewegt und zerrissen hast, heile ihre Brüche, die so zerschellet ist.

60:5 Denn du hast deinem Volk ein Hartes erzeigt; du hast uns einen Trunk Weins gegeben, daß wir taumelten.

60:6 Du hast aber doch ein Zeichen gegeben denen, die dich fürchten, welches sie aufwarfen und sie sicher machte. Sela.

60:7 Auf daß deine Lieben erledigt werden, so hilf nun mit deiner Rechten und erhöre uns!

60:8 GOtt redet in seinem Heiligtum, des bin ich froh, und will teilen Sichem und abmessen das Tal Suchoth.

60:9 Gilead ist mein, mein ist Manasse, Ephraim ist die Macht meines Haupts, Juda ist mein Fürst,

60:10 Moab ist mein Waschtöpfen, meinen Schuh strecke ich über Edom, Philistäa jauchzet zu mir.

60:11 Wer will mich führen in eine feste Stadt? Wer geleitet mich bis nach Edom?

60:12 Wirst du es nicht tun, GOtt, der du uns verstößest und zeuchst nicht aus, GOtt, auf unser Heer?

60:13 Schaff uns Beistand in der Not; denn Menschenhilfe ist kein nütze.

60:14 Mit GOtt wollen wir Taten tun. Er wird unsere Feinde untertreten.
Ja, mit Gott können wir Thaten thun! rechte Heldenthaten, daß alle Welt sehen und gestehen muß, unser Vertrauen ist bei Ihm unendlich besser als bei Menschen angelegt gewesen! Auf eignes Vermögen kommt es dabei gar nicht an. Ruft Er uns an irgend ein Werk, in irgend einen Dienst, so giebt Er uns, was wir dazu bedürfen, Verstand und Kraft; denn Alles ist Sein im Himmel und auf Erden, und was Sein ist, soll unser werden. Wie verkehrt ist es daher auch, wenn wir gegen irgend ein Gebot, möge es auch noch so Großes fordern, das Mindeste einwenden, da es blos darauf ankommt, wie wir es auffassen, ob im Sinne des Werk- oder des Gnadenbundes! Wie verkehrt, wenn wir Ihm unsere Ohnmacht entgegenhalten oder gar in der Forderung eine Beeinträchtigung der Rechtfertigung allein durch den Glauben wittern! Die Forderungen und Ermahnungen Gottes in der heiligen Schrift sind eben so geeignet, unsern Geist zu erquicken, als die eigentlichen Verheißungen. Es kommt dabei nur auf das hörende Ohr und das sehende Auge an, welche beide der Herr macht. Also getrost Gebote her, und wenn es hieße: „Ihr sollt vollkommen sein, gleich wie euer Vater im Himmel vollkommen ist.“ Theile Du das Meer! Mögen spitzfindige Leute es denn erläutern, wie der Herr dem Menschen das zuschreibt, was Er doch selber thut, oder was für einen Antheil der Mensch an dem Werke hat, oder nicht hat, das Gott durch ihn ausrichtete: wir wollen indeß Glauben lernen und im Glauben darreichen die Tugend. Dann dürfen wir auch mit Paulus sprechen: „Ich vermag Alles durch den, der mich mächtig macht, Christus,“ und mit dem Liede: „Ich darf Alles tragen, ich darf Alles wagen, will Du bist mein Pfand. Ewig bei mir bleibe, meine Noth vertreibe, führ’ mich bei der Hand.“ Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 61

61:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen auf einem Saitenspiel.

61:2 Höre, GOtt, mein Geschrei und merke auf mein Gebet!

61:3 Hienieden auf Erden rufe ich zu dir, wenn mein Herz in Angst ist, du wollest mich führen auf einen hohen Felsen.

61:4 Denn du bist meine Zuversicht, ein starker Turm vor meinen Feinden.

61:5 Ich will wohnen in deiner Hütte ewiglich und trauen unter deinen Fittichen. Sela.

61:6 Denn du, GOtt, hörest meine Gelübde; du belohnest die wohl, die deinen Namen fürchten.

61:7 Du gibst einem Könige langes Leben, daß seine Jahre währen immer für und für,

61:8 daß er immer sitzen bleibet vor GOtt. Erzeige ihm Güte und Treue, die ihn behüten.

61:9 So will ich deinem Namen lobsingen ewiglich, daß ich meine Gelübde bezahle täglich.

Psalm 62

62:1 Ein Psalm Davids für Jeduthun, vorzusingen.

62:2 Meine Seele ist stille zu GOtt, der mir hilft.

62:3 Denn er ist mein Hort, meine Hilfe, mein Schutz, daß mich kein Fall stürzen wird, wie groß er ist.

62:4 Wie lange stellet ihr alle einem nach, daß ihr ihn erwürget, als eine hangende Wand und zerrissene Mauer?

62:5 Sie denken nur, wie sie ihn dämpfen, fleißigen sich der Lüge, geben gute Worte, aber im Herzen fluchen sie. Sela.

62:6 Aber meine Seele harret nur auf GOtt; denn er ist meine Hoffnung.

62:7 Er ist mein Hort, meine Hilfe und mein Schutz, daß ich nicht fallen werde.

62:8 Bei GOtt ist mein Heil, meine Ehre, der Fels meiner Stärke; meine Zuversicht ist auf GOtt.

62:9 Hoffet auf ihn allezeit, lieben Leute, schüttet euer Herz vor ihm aus! GOtt ist unsere Zuversicht. Sela.

62:10 Aber Menschen sind doch ja nichts, große Leute fehlen auch; sie wägen weniger denn nichts, soviel ihrer ist.

62:11 Verlasset euch nicht auf Unrecht und Frevel; haltet euch nicht zu solchem, das nichts ist. Fällt euch Reichtum zu, so hänget das Herz nicht dran.

62:12 GOtt hat ein Wort geredet, das habe ich etlichemal gehöret, daß GOtt allein mächtig ist.

62:13 Und du, HErr, bist gnädig und bezahlest einem jeglichen, wie er's verdienet.
Christe, Du Lamm Gottes, der Du trägst die Sünde der Welt, erbarme Dich unser, und gieb uns Deinen Frieden. Amen.
Gott, man lobet Dich in der Stille zu Zion: ach, so mache denn auch mein Herz durch Deinen sanften heiligen Geist in der Wahrheit stille zu Deinem Lobe. Meine Seele singet Dir, und meine Lippen preisen Deinen heiligen Namen, daß Du mich, nach Deiner ewigen Erbarmung, diese große und stille Woche hast erleben lassen, in welcher Du Deinen eingebornen Sohn für die ganze Welt, und auch für mich elenden Sünder insonderheit, in so unzählige Marter Leibes und der Seele bis zum Tode am Kreuze dahingegeben. Nun so müsse mir denn in dieser großen Woche auf’s neue groß werden meine ewige Erlösung, die mir durch diesen Deinen einigen Sohn geworden ist. Herr Jesu, ach daß alle Welt vor Dir stille würde in dieser Woche, stille in den Häusern, stille auf den Straßen und Gassen, stille bei Tag und Nacht. Doch mache nur vor allem andern mein Herz, das unruhige Uebel, stille zu, in und vor Dir, Du stiller Jesus. Sammle mein zerstreutes Herz, daß ich deine Stimme mit hörenden Ohren höre, wenn Du mir insbesondere in mein Inneres rufest: „Mir hast du Arbeit gemacht mit deinen Sünden, und du hast mir Mühe gemacht mit deinen Missethaten; ich aber, ich tilge deine Uebertretung um meinetwillen, und gedenke deiner Sünde nicht.“ Ja, daß auf Deinen himmlischen Zuruf: „daran gedenke, Jakob; Israel, vergiß mein nicht!“ aus dem innersten Grunde meines neuen Herzens wiederschalle: Ich denke daran, lieber Herr Jesu, und will Dir dafür von heute an auf’s neue dankbar sein! Ich will Dein Leiden und Sterben nicht mißbrauchen; sondern mit allem Ernst verehren. Ich begehre, Deinem Kreuz unterthänig, gleichförmig und gehorsam zu werden, bis ich in der Wahrheit sagen kann: „Ich bin mit Christo gekreuzigt; ich bin mit Ihm gestorben, auf daß ich Gott lebe; ich lebe, aber nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir.“ So segne denn, erbarmender Heiland, Deines Leidens Anfang, Fortgang und Ausgang an mir Elenden. Segne den Anfang desselben zu einem gründlichen Anfang des ersten und völligen Glaubens mit wahrhaftigem Herzen an Deinen Namen. Segne den Fortgang Deiner Leiden zur Gründung in der Erkenntniß des Geheimnisses Deines Kreuzes, zur Einwurzelung in der Liebe und zur willigen Einsenkung in die Gemeinschaft Deines Todes. Segne den Ausgang Deiner Leiden an mir durch die Geduld in der Hoffnung, daß ich Dir stille bleibe unter allen Widerwärtigkeiten, Deinem Willen mich ganz in meinen äußeren und inneren Umständen aufopfere, und so aushalte durch Großes und Kleines, durch Böses und Gutes bis an’s Ende, daß ich mich dann ewiglich bei Dir in Deiner Herrlichkeit erfreuen könne, um Deines allertheuersten Verdienstes willen. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 63

63:1 Ein Psalm Davids, da er war in der Wüste.

63:2 GOtt, du bist mein GOtt; frühe wache ich zu dir. Es dürstet meine Seele nach dir, mein Fleisch verlanget nach dir, in einem trockenen und dürren Lande, da kein Wasser ist.

63:3 Daselbst sehe ich nach dir in deinem Heiligtum, wollte gerne schauen deine Macht und Ehre.

63:4 Denn deine Güte ist besser denn Leben. Meine Lippen preisen dich.

63:5 Daselbst wollte ich dich gerne loben mein Leben lang und meine Hände in deinem Namen aufheben.

63:6 Das wäre meines Herzens Freude und Wonne, wenn ich dich mit fröhlichem Munde loben sollte.

63:7 Wenn ich mich zu Bette lege, so denke ich an dich; wenn ich erwache, so rede ich von dir.

63:8 Denn du bist mein Helfer, und unter dem Schatten deiner Flügel rühme ich.

63:9 Meine Seele hanget dir an; deine rechte Hand erhält mich.

63:10 Sie aber stehen nach meiner Seele, mich zu überfallen; sie werden unter die Erde hinunterfahren.

63:11 Sie werden ins Schwert fallen und den Füchsen zuteil werden.

63:12 Aber der König freuet sich in GOtt. Wer bei ihm schwöret, wird gerühmet werden; denn die Lügenmäuler sollen verstopft werden.
Der 63. Psalm ist köstliches Bekenntniß eines nach Gott und seiner Gnade schmachtenden und seine Erquickung in der innerlichen Gemeinschaft mit Ihm findenden Herzens, das in seinen Händen auch sein äußerliches Schicksal wohl aufgehoben weiß; verbunden mit der Erinnerung an die gesegneten Stunden in seinem Heiligthum und an die Verheißungen, die ihm zu Theil geworden. Und ist das nicht Adventstimmung? Soll uns jetzt nicht auch das Bewußtsein durchdringen, daß die Gemeinschaft mit Gott in jeder Lage ein sicheres Unterpfand des Heils ist, und daraus ein inneres Suchen und Sehnen nach solcher Gemeinschaft entstehe? – Nach der Ueberschrift hat den Psalm David gedichtet, als er war in der Wüste Juda, auf der Flucht vor Absalom. Jahrelang war jene Einöde an der westlichen Seite des todten Meeres Davids Zuflucht gewesen in den Zeiten, wo Saul ihn verfolgte. Nachdem er einmal die Krone trug, hatte er wohl nicht daran gedacht, daß er sie noch einmal würde betreten müssen. Dennoch aber hatte er sie abermals betreten als flüchtiger König. Eine traurige Lage! Die Krone war ihm vom Haupt gerissen, der leibliche Sohn selbst ein Empörer, vor seiner Seele stand eine trübe Gegenwart, eine ungewisse Zukunft, ringsumher öde Wüste, - dennoch ist sein Herz gesättigt und sein Mund bricht in Loblieder aus; er ist voll Hoffnung und Wehmuth, voll Sehnsucht und Gewißheit zugleich. Sein ganzer Sinn ist: nichts soll mir den seligen Genuß Gottes hindern, obgleich mich verlangt nach feierlichem Gemeinschafts-Gottesdienst (V. 2-6); ich hange auch hier Tag und Nacht an meinem Gott und Helfer (V. 7-9), der meine tückischen Feinde wiedervergeltend so stürzen wird, wie sie mich stürzen möchten (V. 10-12). Ist das nicht Adventslage? – Der Psalm soll ein Leibpsalm des seligen M. Schade in Berlin zu Speners Zeit gewesen sein, den er täglich mit solcher Brünstigkeit gebetet und sich zugeeignet, daß es nicht ohne innige Bewegung anzuhören gewesen. – Gieb mir denn auch solche Adventstimmung je mehr und mehr, daß ich an Dich denke, wenn ich mich zu Bette lege, und, wenn ich erwache, noch von Dir rede. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 64

64:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen.

64:2 Höre, GOtt, meine Stimme in meiner Klage; behüte mein Leben vor dem grausamen Feinde!

64:3 Verbirg mich vor der Sammlung der Bösen, vor dem Haufen der Übeltäter,

64:4 welche ihre Zunge schärfen wie ein Schwert, die mit ihren giftigen Worten zielen wie mit Pfeilen,

64:5 daß sie heimlich schießen den Frommen; plötzlich schießen sie auf ihn ohne alle Scheu.

64:6 Sie sind kühn mit ihren bösen Anschlägen und sagen, wie sie Stricke legen wollen, und sprechen: Wer kann sie sehen?

64:7 Sie erdichten Schalkheit und halten's heimlich, sind verschlagen und haben geschwinde Ränke.

64:8 Aber GOtt wird sie plötzlich schießen, daß ihnen wehe tun wird.

64:9 Ihre eigene Zunge wird sie fällen, daß ihrer spotten wird, wer sie siehet.

64:10 Und alle Menschen, die es sehen, werden sagen: Das hat GOtt getan, und merken, daß es sein Werk sei.

64:11 Die Gerechten werden sich des HErrn freuen und auf ihn trauen und alle frommen Herzen werden sich des rühmen.
Gott regiert die ganze Welt, und es geschieht in ihr nichts ohne seinen wohlgefälligen oder zulassenden Willen; doch ist seine Hand nicht bei allen seinen Werken in gleichem Grade offenbar. Wenn eines Gottlosen Seele in die Hölle fährt, so sieht es Niemand, und die Sterblichen dürfen sich gewöhnlich nicht einmal erkühnen zu sagen: Gott habe sie in die Hölle verschlossen. Auch werden viele in der Welt gestraft: weil aber ihre Sünden und der Zusammenhang der Strafe mit denselben nicht genug bekannt sind, so kann man Gottes dabei bewiesene Gerechtigkeit nicht mit klarer Einsicht preisen. Es giebt aber auch Fälle, wo man es kann, wo, wie bei den Leuten im 64. Psalm, der Zusammenhang zwischen Strafe und Sünde auf der Hand liegt. Es geht Gericht und Vergeltung durch die Geschichte, und die Weltgeschichte ist oft ein Weltgericht. Da sehen wir große und kleine Tyrannen oft wieder in die Hände harter und unbarmherziger Menschen fallen; sehen Blutgierige und Falsche ihr Leben nicht bis auf die Hälfte bringen; sehen Ausschweifende und Ehebrecher an ihren Leibern und durch die bitterste Armuth gestraft; sehen unrecht Gut nicht gedeihen und nicht bis an den dritten Erben kommen. Gott misst wieder mit dem Maaße, mit dem der Mensch gemessen hat, und ist ein eifriger Gott, der da heimsucht der Väter Missethat an den Kindern bis in’s dritte und vierte Glied, die Ihn hassen, wenn nämlich der Haß Gottes, den die Väter ausgeübt haben, von den Kindern fortgesetzt wird. Uebrigens muß man warten können, wenn man es sehen will, und dabei an das höchste Recht Gottes gedenken, nach welchem es Ihm freisteht, die Gottlosen heimlich oder öffentlich, in dieser oder nu in jener Welt zu strafen. Schrecklich aber ist’s, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen; denn unser Gott ist ein verzehrendes Feuer. Darum will ich Gnade suchen und haben, und durch dieselbe Ihm dienen, Ihm zu Gefallen, mit Zucht und Furcht. Führe mich denn allezeit, o Gott, auf ebener Bahn, und erhalte mein Herz bei dem Einigen, dass ich Dich fürchte. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 65

65:1 Ein Psalm Davids, zum Lied vorzusingen.

65:2 GOtt, man lobet dich in der Stille zu Zion und dir bezahlt man Gelübde.

65:3 Du erhörest Gebet, darum kommt alles Fleisch zu dir.

65:4 Unsere Missetat drücket uns hart; du wollest unsere Sünde vergeben.

65:5 Wohl dem, den du erwählest und zu dir lässest, daß er wohne in deinen Höfen! Der hat reichen Trost von deinem Hause, deinem heiligen Tempel.
Wer wohnt in den Höfen des Herrn? Die Erwählten, denen Jesus an das Herz gekommen ist; die seine Gnade zu ihm gezogen hat, die er täglich zu ihm läßt, die stets seine Nähe finden und seine Freundlichkeit kosten; die haben wahrlich reichen Trost von seinem Hause und heiligen Tempel. Denn wir sind selbst sein Haus und sein Tempel, sagt Paulus, (Hebr. 3, 6. 1 Cor. 3, 16.), wenn wir in ihm bleiben und im lebendigen Glauben und in brünstiger Liebe verharren. Wie kann es uns an Trost fehlen, wenn er in uns wie in seinem Hause wohnt? Wer sollte sich nicht nach diesen Höfen des Herrn sehnen, die so voll Reichthum der Gnade und des Trostes sind? wer nicht mit aller Treue darin bleiben, wenn ihn die Gnade darein versetzt hat? Wer einmal geschmecket hat, wie freundlich der Herr ist, wer seine Nähe einmal erfahren hat, o, der bleibe doch in ihm, der suche doch keinen Trost mehr außer ihm. Denn, so bald er dieses versucht, und ihm der Herr nicht allein genug ist, wird er aus den Höfen des Herrn wieder hinaus gewiesen. Der reiche Trost, der nur im Hause, in der Nähe des Herrn fließt, nur in seinem heiligen Tempel, im Umgange mit ihm, genossen wird, verliert sich, vertrocknet bald außer den Höfen des Herrn, und man wird dann elend, blind, jämmerlich und bloß, wähnend, man sei reich, stark und habe gar satt. (Off. 3, 17.) (Johannes Gossner)

65:6 Erhöre uns nach der wunderlichen Gerechtigkeit, GOtt, unser Heil, der du bist Zuversicht aller auf Erden und ferne am Meer;

65:7 der die Berge fest setzt in seiner Kraft und gerüstet ist mit Macht;

65:8 der du stillest das Brausen des Meers, das Brausen seiner Wellen, und das Toben der Völker,

65:9 daß sich entsetzen, die an denselben Enden wohnen, vor deinen Zeichen. Du machst fröhlich, was da webet, beide des Morgens und Abends.

65:10 Du suchest das Land heim und wässerst es und machest es sehr reich. GOttes Brünnlein hat Wassers die Fülle. Du lässest ihr Getreide wohlgeraten, denn also bauest du das Land.

65:11 Du tränkest seine Furchen und feuchtest sein Gepflügtes; mit Regen machst du es weich und segnest sein Gewächs.

65:12 Du krönest das Jahr mit deinem Gut und deine Fußtapfen triefen von Fett.

65:13 Die Wohnungen in der Wüste sind auch fett, daß sie triefen, und die Hügel sind umher lustig.

65:14 Die Anger sind voll Schafe, und die Auen stehen dick mit Korn, daß man jauchzet und singet.
Ewiger, unveränderlicher Gott, der Du nie alterst und wechselst, sondern bliebst, wie Du bist, zu Dir blicken wir empor aus dem Unbestand der Erde. Umgeben von Bildern des Dahinwelkens und Absterbens, vergegenwärtigt sich uns der ernste Gedanke, dass auch wir einst hinsinken werden zu einer langen Ruhe, aus welcher kein irdischer Morgen uns wieder erwecken wird. Rings um uns her wohnt in den herbstlichen Fluren der Odem des Todes. Alles erinnert uns jetzt an die Stunde, wo unsere Lebenskraft erlöschen wird, und wir von Allem, was uns hienieden lieb und theuer ist, scheiden müssen. Aber mitten unter den welkenden Fluren fühlen wir unsere Christenwürde, vom Grabe erhebt sich unser Blick über die vergängliche Erde zu Dir, der unserem Geiste ein höheres Ziel gesteckt hat. Der Gerechte ist dem fruchtvollen Baume gleich, und seine Blätter verwelken nicht; seiner wartet nicht Vernichtung und Auflösung; sein besseres Theil bleibt, lebt fort und schwingt sich auf in eine bessere Welt.
Preis sei Dir für diese selige, durch die Auferweckung Deines Sohnes so herrlich bestätigte Hoffnung! Sie belebe uns mit heiligem Eifer für das Bleibende und Ewige; sie lehre uns jeden Tag weise auskaufen und wohl anwenden; sie waffne uns im Kampfe mit der Welt und Sünde, und flöße uns Frieden und Trost in das Herz unter den Bürden der Zeit! Nur der Gerechte ist im Tode getrost, nur ihm winkt jenseits des Grabes das Morgenroth der Vollendung; nur ihm folgen seine Werke zum Segen nach. Dieser Gedanke schwebe stets vor unsrer Seele, und lehre uns die höhere himmlische Weisheit, die nur nach Dem trachtet, was ewig bleibt und ewigen Frieden beut. Diesem Ziele wollen wir, gestärkt durch Deine Kraft, stets nachstreben und unsere Sorgfalt auf solche Güter richten, die der Sturm des Todes nicht verwehen und der Strom der Zeit nicht entführen kann! Dann nahe sich, früher oder später, die letzte Stunde unsers Erdenlebens, sie wird uns nicht unbereitet treffen; wir werden vielmehr voll gläubigen Vertrauens auf Jesum, den Urheber unserer seligen Unsterblichkeit, durch die dunkle Pforte des Todes eingehen in das Land des Lichts und der ewigen Freude. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 66

66:1 Ein Psalmlied, vorzusingen. Jauchzet GOtt, alle Lande!

66:2 Lobsinget zu Ehren seinem Namen; rühmet ihn herrlich!

66:3 Sprechet zu GOtt: Wie wunderlich sind deine Werke! Es wird deinen Feinden fehlen vor deiner großen Macht.

66:4 Alles Land bete dich an und lobsinge dir, lobsinge deinem Namen. Sela.

66:5 Kommt her und sehet an die Werke GOttes, der so wunderlich ist mit seinem Tun unter den Menschenkindern.

66:6 Er verwandelt das Meer ins Trockne, daß man zu Fuß über das Wasser gehet; des freuen wir uns in ihm.

66:7 Er herrschet mit seiner Gewalt ewiglich; seine Augen schauen auf die Völker. Die Abtrünnigen werden sich nicht erhöhen können. Sela.

66:8 Lobet, ihr Völker, unsern GOtt; lasset seinen Ruhm weit erschallen,

66:9 der unsere Seelen im Leben behält und läßt unsere Füße nicht gleiten.

66:10 Denn, GOtt, du hast uns versucht und geläutert, wie das Silber geläutert wird.

66:11 Du hast uns lassen in den Turm werfen; du hast auf unsere Lenden eine Last gelegt;

66:12 du hast Menschen lassen über unser Haupt fahren; wir sind in Feuer und Wasser kommen; aber du hast uns ausgeführt und erquicket.

66:13 Darum will ich mit Brandopfern gehen in dein Haus und dir meine Gelübde bezahlen,

66:14 wie ich meine Lippen habe aufgetan und mein Mund geredet hat in meiner Not.

66:15 Ich will dir feiste Brandopfer tun von gebrannten Widdern; ich will opfern Rinder mit Böcken. Sela.

66:16 Kommt her, höret zu, alle, die ihr GOtt fürchtet; ich will erzählen, was er an meiner Seele getan hat.

66:17 Zu ihm rief ich mit meinem Munde und preisete ihn mit meiner Zunge.

66:18 Wo ich Unrechts vorhätte in meinem Herzen, so würde der HErr nicht hören.

66:19 Darum erhöret mich GOtt und merket auf mein Flehen.

66:20 Gelobt sei GOtt, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet.
Wie lieblich ist die Jahreszeit, in welche wir durch Deine Gnade, Herr und Vater unseres Lebens, zurückkehren. Durch Thäler und Höhen beginnt der Odem des Lebens und der Freude zu wehen. Schön ist die Erde, ein unermeßlicher Schauplatz täglich sich erneuernder Wunder. Der Himmel, der im milden Sternenlicht über uns glänzt, verkündigt Deine Ehre, o Herr; die Vögel, die ihr Lied wieder hören lassen; das Würmchen, das im Grase wie ein Edelstein funkelt; die Blume, die mit lieblichen Farben und süßen Wohlgerüchen prangt; alle mannigfaltigen Reize, die jetzt die Natur zu schmücken beginnen, sind lauter unwiderlegliche Zeugen Deiner Macht und Liebe, Du aller Wesen Vater und Freund! Verherrlicht, in ihrer ganzen Fülle anerkannt und verehrt sei überall Deine unaussprechliche Größe!
Auch unsere Seele erhebe Dich, Schöpfer des Frühlings! Du erneuerst die Gestalt der Erde, die brausenden Stürme des Winters verstummen auf Dein Geheiß, durch Dich erwachen die Fluren vom Todesschlafe und kleiden sich, neu belebt, mit jugendlicher Anmuth und Fülle. Denn Du hältst die Sonne in ihrer Bahn und die Erde in ihrem Kreislaufe, daß, so lange sie stehet, nicht aufhöre der Wechsel der Saatzeit und der Erndte, des Frostes und der Hitze, des Tages und der Nacht. Dir sein Anbetung und Ehre! Zu Dir erhob sich in der Morgenstunde dankvoll unser Herz; mit dem Gedanken an Dich wollen wir auch den heutigen Tag enden; ja, der Gedanke an Dich sei unsere selige Beschäftigung, so lange wir hienieden noch leben. Stärke, o Herr, unser Herz, daß die seligen Gefühle des Dankes, der Liebe, des Vertrauens nie in uns erkalten. Denn Du hast uns ja nicht für diese vergängliche Erde geschaffen, sondern willst uns durch Jesum Christum, Deinen Sohn, unsern Erlöser, mit ewigen Gütern und Freuden beseligen. Gieb uns Deinen Geist, daß auch wir hienieden blühen und reifen für die Gefilde ewigen Friedens, zu denen Du Deine Treuen dereinst erheben willst. Jetzt umfang uns die Ruhe der Nacht, und der Schlummer schließe unsere Augen. Dir, treuer Vater, übergeben wir uns, und liegen und schlafen ganz im Frieden; denn Du, Herr, behältst unsere Seele im Leben und lässest unsere Füße nicht gleiten, Du verwirfst unser Gebet nicht und wendest Deine Güte nicht von uns. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 67

67:1 Ein Psalmlied, vorzusingen auf Saitenspielen.

67:2 GOtt sei uns gnädig und segne uns; er lasse uns sein Antlitz leuchten, Sela,

67:3 daß wir auf Erden erkennen seinen Weg, unter allen Heiden sein Heil.

67:4 Es danken dir; GOtt, die Völker; es danken dir alle Völker.

67:5 Die Völker freuen sich und jauchzen, daß du die Leute recht richtest und regierest die Leute auf Erden. Sela.

67:6 Es danken dir, GOtt, die Völker; es danken dir alle Völker.

67:7 Das Land gibt sein Gewächs. Es segne uns GOtt, unser GOtt!

67:8 Es segne uns GOtt, und alle Welt fürchte ihn!

Psalm 68

68:1 Ein Psalmlied Davids, vorzusingen.

68:2 Es stehe GOtt auf, daß seine Feinde zerstreuet werden, und die ihn hassen, vor ihm fliehen.

68:3 Vertreibe sie, wie der Rauch vertrieben wird; wie das Wachs zerschmilzt vom Feuer, so müssen umkommen die Gottlosen vor GOtt.

68:4 Die Gerechten aber müssen sich freuen und fröhlich sein vor GOtt und von Herzen sich freuen.

68:5 Singet GOtt, lobsinget seinem Namen! Machet Bahn dem, der da sanft herfährt! Er heißt HErr; und freuet euch vor ihm,

68:6 der ein Vater ist der Waisen und ein Richter der Witwen. Er ist GOtt in seiner heiligen Wohnung,

68:7 ein GOtt, der den Einsamen das Haus voll Kinder gibt, der die Gefangenen ausführet zu rechter Zeit und läßt die Abtrünnigen bleiben in der Dürre.

68:8 GOtt, da du vor deinem Volk herzogest, da du einhergingest in der Wüste, Sela,

68:9 da bebete die Erde, und die Himmel troffen vor diesem GOtt in Sinai, vor dem GOtt, der Israels GOtt ist.

68:10 Nun aber gibst du, GOtt, einen gnädigen Regen, und dein Erbe, das dürre ist, erquickest du,

68:11 daß deine Tiere drinnen wohnen können. GOtt, du labest die Elenden mit deinen Gütern.

68:12 Der HErr gibt das Wort mit großen Scharen Evangelisten.

68:13 Die Könige der Heerscharen sind untereinander Freunde, und die Hausehre teilet den Raub aus.

68:14 Wenn ihr zu Felde lieget, so glänzet es als der Tauben Flügel, die wie Silber und Gold schimmern.

68:15 Wenn der Allmächtige hin und wieder unter ihnen Könige setzet, so wird es helle, wo es dunkel ist.

68:16 Der Berg GOttes ist ein fruchtbarer Berg, ein groß und fruchtbar Gebirge.

68:17 Was hüpfet ihr großen Gebirge? GOtt hat Lust, auf diesem Berge zu wohnen, und der HErr bleibt auch immer daselbst.

68:18 Der Wagen GOttes ist viel tausendmal tausend; der HErr ist unter ihnen im heiligen Sinai.

68:19 Du bist in die Höhe gefahren und hast das Gefängnis gefangen; du hast Gaben empfangen für die Menschen, auch die Abtrünnigen, daß GOtt der HErr dennoch daselbst bleiben wird.

68:20 Gelobet sei der HErr täglich! GOtt legt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch. Sela.

68:21 Wir haben einen GOtt, der da hilft, und den HErrn HErrn, der vom Tode errettet.

68:22 Aber GOtt wird den Kopf seiner Feinde zerschmeißen samt ihrem Haarschädel, die da fortfahren in ihrer Sünde.

68:23 Doch spricht der HErr: Ich will unter den Fetten etliche holen; aus der Tiefe des Meers will ich etliche holen.

68:24 Darum wird dein Fuß in der Feinde Blut gefärbet werden, und deine Hunde werden es lecken.

68:25 Man siehet, GOtt, wie du einherzeuchst, wie du, mein GOtt und König, einherzeuchst im Heiligtum.

68:26 Die Sänger gehen vorher, danach die Spielleute unter den Mägden, die da pauken.

68:27 Lobet GOtt den HErrn in den Versammlungen für den Brunn Israels.

68:28 Da herrschet unter ihnen der kleine Benjamin, die Fürsten Judas mit ihren Haufen, die Fürsten Sebulons, die Fürsten Naphthalis.

68:29 Dein GOtt hat dein Reich aufgerichtet. Dasselbe wollest du, GOtt, uns stärken; denn es ist dein Werk.

68:30 Um deines Tempels willen zu Jerusalem werden dir die Könige Geschenke zuführen.

68:31 Schilt das Tier im Rohr, die Rotte der Ochsen unter ihren Kälbern, die da zertreten um Geldes willen. Er zerstreuet die Völker, die da gerne kriegen.

68:32 Die Fürsten aus Ägypten werden kommen, Mohrenland wird seine Hände ausstrecken zu GOtt.

68:33 Ihr Königreiche auf Erden, singet GOtt, lobsinget dem HErrn, Sela,

68:34 dem, der da fährt im Himmel allenthalben von Anbeginn. Siehe, er wird seinem Donner Kraft geben.

68:35 Gebt GOtt die Macht! Seine Herrlichkeit ist in Israel und seine Macht in den Wolken.

68:36 GOtt ist wundersam in seinem Heiligtum. Er ist GOtt Israels; er wird dem Volk Macht und Kraft geben. Gelobt sei GOtt!
Ein ungemein lebendiges, bilderreiches Siegeslied, gesungen, als nach beendigtem Kriege die Bundeslade auf den Berg Zion zurückgebracht wurde. Es schließt sich frei an ältere Lieder, besonders an das der Debora Richt. 5. an. Mit den uralten Worten Mosis preist es V. 2-7 die heilige Siegesmacht Gottes, dann V. 8-15 die Erweisungen derselben in den alten Zeiten des Volks, V. 16-19 den Berg Zion, auf welchem der Herr und Gott Israels, mächtig und herrlich wie einst auf dem Sinai, Wohnung genommen, nachdem Er seine Feinde gedemüthigt hat, V. 20-24 die Hoffnungen, welche Israel bei einem solchen Gotte auch für die Zukunft haben darf. V. 25-28 folgt dann eine Beschreibung des Triumphzuges, der mit der Bundeslade den Berg hinaufgeht, und V. 29-35 schließt der Psalm mit herrlichen Aussichten auf den endlosen Sieg über alle Feinde des Gottesreichs, auf die Bekehrung aller Heiden zu diesem herrlichen Gottes Israels, und mit der Ermahnung an alle Völker der Erde, Ihm zu huldigen. Der 19te Vers: „Du bist in die Höhe gefahren und hast das Gefängniß gefangen, Du hast Gaben empfangen für die Menschen“ wird Eph. 4,8-10 auf Christum bezogen, und mit vollem Recht. Das Herabsteigen Gottes zum Besten seiner Gemeinde und die reiche Gabenspendung an dieselbe, wovon hier die Rede ist, war ein Vorspiel und Unterpfand der Erscheinung Gottes in Christo und des ganzen Reichthums seiner Güter und Gaben, der in Ihm seiner Kirche zu Theil wurde: „Du hast die von Dir erworbenen Gaben nun in Deiner Erhöhung mit völliger Macht empfangen und eingenommen und theilst sie unter die Menschen wirklich aus.“ Köstliche Gewißheit! Ist Jesus für uns gen Himmel gefahren, so ist unsere Höllenfahrt gewendet. Hat Er das Gefängniß gefangen geführt, und sind wir von Sünde, Tod, Teufel und Hölle erlöset, so sind wir recht frei, weil uns d er Sohn frei gemacht hat, und können jubeln: Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg? Seitdem Jesus für die Menschen Gaben empfangen hat, haben wir sie auch zu genießen. Er das Haupt, wir die Glieder. Wären wir zuvor einer von den Abtrünnigen gewesen, Er spricht: „Komm wieder zu mir, bei mir sollst du Ruhe finden für deine Seele.“ So komm denn, es ist Alles bereitet! Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 69

69:1 Ein Psalm Davids von den Rosen, vorzusingen.

69:2 GOtt, hilf mir; denn das Wasser gehet mir bis an die Seele.

69:3 Ich versinke in tiefem Schlamm, da kein Grund ist; ich bin im tiefen Wasser, und die Flut will mich ersäufen.

69:4 Ich habe mich müde geschrieen, mein Hals ist heisch; das Gesicht vergehet mir, daß ich so lange muß harren auf meinen GOtt.

69:5 Die mich ohne Ursache hassen, der ist mehr, denn ich Haare auf dem Haupt habe. Die mir unbillig feind sind und mich verderben, sind mächtig. Ich muß bezahlen, das ich nicht geraubt habe.

69:6 GOtt, du weißest meine Torheit, und meine Schulden sind dir nicht verborgen.

69:7 Laß nicht zuschanden werden an mir, die dein harren, HErr, HErr Zebaoth! Laß nicht schamrot werden an mir, die dich suchen, GOtt Israels!

69:8 Denn um deinetwillen trage ich Schmach, mein Angesicht ist voller Schande.

69:9 Ich bin fremd worden meinen Brüdern und unbekannt meiner Mutter Kindern.

69:10 Denn ich eifere mich schier zu Tod um dein Haus; und die Schmach derer, die dich schmähen, fallen auf mich.

69:11 Und ich weine und faste bitterlich; und man spottet mein dazu.

69:12 Ich hab einen Sack angezogen; aber sie treiben das Gespött draus.

69:13 Die im Tor sitzen, waschen von mir, und in den Zechen singet man von mir.

69:14 Ich aber bete, HErr, zu dir zur angenehmen Zeit. GOtt, durch deine große Güte, erhöre mich mit deiner treuen Hilfe!

69:15 Errette mich aus dem Kot, daß ich nicht versinke, daß ich errettet werde von meinen Hassern und aus dem tiefen Wasser,

69:16 daß mich die Wasserflut nicht ersäufe und die Tiefe nicht verschlinge und das Loch der Grube nicht über mir zusammengehe.

69:17 Erhöre mich, HErr, denn deine Güte ist tröstlich; wende dich zu mir nach deiner großen Barmherzigkeit

69:18 und verbirg dein Angesicht nicht vor deinem Knechte; denn mir ist angst; erhöre mich eilend!

69:19 Mache dich zu meiner Seele und erlöse sie; erlöse mich um meiner Feinde willen!

69:20 Du weißest meine Schmach, Schande und Scham; meine Widersacher sind alle vor dir.

69:21 Die Schmach bricht mir mein Herz und kränket mich. Ich warte, ob es jemand jammerte, aber da ist niemand; und auf Tröster, aber ich finde keine.

69:22 Und sie geben mir Galle zu essen und Essig zu trinken in meinem großen Durst.

69:23 Ihr Tisch müsse vor ihnen zum Strick werden, zur Vergeltung und zu einer Falle!

69:24 Ihre Augen müssen finster werden, daß sie nicht sehen; und ihre Lenden laß immer wanken!

69:25 Geuß deine Ungnade auf sie, und dein grimmiger Zorn ergreife sie!

69:26 Ihre Wohnung müsse wüste werden, und sei niemand, der in ihren Hütten wohne!

69:27 Denn sie verfolgen, den du geschlagen hast, und rühmen, daß du die Deinen übel schlagest.

69:28 Laß sie in eine Sünde über die andere fallen, daß sie nicht kommen zu deiner Gerechtigkeit.

69:29 Tilge sie aus dem Buch der Lebendigen, daß sie mit den Gerechten nicht angeschrieben werden.

69:30 Ich aber bin elend, und mir ist wehe. GOtt, deine Hilfe schütze mich!

69:31 Ich will den Namen GOttes loben mit einem Liede und will ihn hoch ehren mit Dank.

69:32 Das wird dem HErrn baß gefallen denn ein Farr, der Hörner und Klauen hat.

69:33 Die Elenden sehen und freuen sich; und die GOtt suchen, denen wird das Herz leben.

69:34 Denn der HErr höret die Armen und verachtet seine Gefangenen nicht.

69:35 Es lobe ihn Himmel, Erde und Meer und alles, was sich drinnen reget.

69:36 Denn GOtt wird Zion helfen und die Städte Judas bauen, daß man daselbst wohne und sie besitze.

69:37 Und der Same seiner Knechte wird sie ererben, und die seinen Namen lieben, werden drinnen bleiben.

Psalm 70

70:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen zum Gedächtnis.

70:2 Eile, GOtt, mich zu erretten, HErr, mir zu helfen!

70:3 Es müssen sich schämen und zuschanden werden, die nach meiner Seele stehen; sie müssen zurückkehren und gehöhnet werden, die mir übels wünschen,

70:4 daß sie müssen wiederum zu Schanden werden, die da über mich schreien: Da, da!

70:5 Freuen und fröhlich müssen sein an dir, die nach dir fragen; und die dein Heil lieben, immer sagen: Hochgelobt sei GOtt!

70:6 Ich aber bin elend und arm. GOtt, eile zu mir, denn du bist mein Helfer und Erretter; mein GOtt, verzeuch nicht!

Psalm 71

71:1 HErr, ich traue auf dich; laß mich nimmermehr zuschanden werden!

71:2 Errette mich durch deine Gerechtigkeit und hilf mir aus; neige deine Ohren zu mir und hilf mir!

71:3 Sei mir ein starker Hort, dahin ich immer fliehen möge, der du zugesagt hast, mir zu helfen; denn du bist mein Fels und meine Burg.

71:4 Mein GOtt, hilf mir aus der Hand des Gottlosen, aus der Hand des Ungerechten und Tyrannen.

71:5 Denn du bist meine Zuversicht, HErr HErr, meine Hoffnung von meiner Jugend an.

71:6 Auf dich habe ich mich verlassen von Mutterleibe an; du hast mich aus meiner Mutter Leibe gezogen. Mein Ruhm ist immer von dir.

71:7 Ich bin vor vielen wie ein Wunder; aber du bist meine starke Zuversicht.

71:8 Laß meinen Mund deines Ruhmes und deines Preises voll sein täglich.

71:9 Verwirf mich nicht in meinem Alter; verlaß mich nicht, wenn ich schwach werde.

71:10 Denn meine Feinde reden wider mich, und die auf meine Seele halten, beraten sich miteinander

71:11 und sprechen: GOtt hat ihn verlassen; jaget nach und ergreifet ihn, denn da ist kein Erretter!

71:12 GOtt, sei nicht ferne von mir; mein GOtt, eile mir zu helfen!

71:13 Schämen müssen sich und umkommen, die meiner Seele wider sind; mit Schande und Hohn müssen sie überschüttet werden, die mein Unglück suchen.

71:14 Ich aber will immer harren und will immer deines Ruhmes mehr machen.

71:15 Mein Mund soll verkündigen deine Gerechtigkeit, täglich dein Heil, die ich nicht alle zählen kann.

71:16 Ich gehe einher in der Kraft des HErrn HErrn; ich preise deine Gerechtigkeit allein.

71:17 GOtt, du hast mich von Jugend auf gelehret; darum verkündige ich deine Wunder.

71:18 Auch verlaß mich nicht, GOtt, im Alter, wenn ich grau werde, bis ich deinen Arm verkündige Kindeskindern und deine Kraft allen, die noch kommen sollen.

71:19 GOtt, deine Gerechtigkeit ist hoch, der du große Dinge tust. GOtt, wer ist dir gleich?

71:20 Denn du lässest mich erfahren viel und große Angst und machst mich wieder lebendig und holest mich wieder aus der Tiefe der Erde herauf.

71:21 Du machst mich sehr groß und tröstest mich wieder.

71:22 So danke ich auch dir mit Psalterspiel für deine Treue, mein GOtt; ich lobsinge dir auf der Harfe, du Heiliger in Israel.

71:23 Meine Lippen und meine Seele, die du erlöset hast, sind fröhlich und lobsingen dir.

71:24 Auch dichtet meine Zunge täglich von deiner Gerechtigkeit. Denn schämen müssen sich und zuschanden werden, die mein Unglück suchen.
Ist das nicht der wesentliche Inhalt der Bitte des bußfertigen Schächers? Wie beschämt er mich mit seiner Buße und mit seinem Glauben nach allen Stücken desselben! Wie hell ist seiner Erkenntniß von Dir, Herr Jesu, wie gewiß sein Beifall, wie zuversichtlich sein Vertrauen auf Dich! Und Du lässest ihn nicht nur keine Fehlbitte thun, sondern antwortest ihm so, wie er es gewiß nicht erwartete; denn Du versprichst ihm viel mehr, als er von Dir gebeten. Wer Dein Herz noch nicht kennt, der mag nur auf Golgatha gehen und auf Dein Verhalten gegen Sünder Achtung geben, und auf Deine so süßen Worte. So oft Du Deinen Mund öffnest, so oft schüttest Du gleichsam Dein Herz mit den Worten aus. Wie froh bist Du, wenn Dich ein armer Sünder um etwas bittet! Wie wartest Du gleichsam mit Verlangen darauf, damit Du nur Deine Willigkeit ihm zu helfen beweisen kannst! Wie bittet man doch nie zu viel von Dir! Du giebst immer noch mehr; denn Dein Herz ist eine unerschöpfliche Segensquelle. Und weil oft einer schüchternen Seele Deine Antwort zu köstlich für sie dünkt: so bekräftigst Du ihr die theuersten Verheißungen mit einem Eidschwur und mit einem doppelten Wahrlich. - Je größer die Noth, je mehr eilest Du mit Deiner Hülfe. Der Schächer hatte wenig Zeit zu leben, da er Dich um Dein Andenken in Deinem Reiche bat; darum eilest Du, die Verheißung an ihm zu erfüllen: „Ich will Dich nicht verlassen noch versäumen;“ Du versäumest ihn keinen Augenblick, sondern nimmst diesen Sünder als eine Kreuzesbeute mit in’s Paradies. Ach, da sehe ich wohl, daß Du Dich nicht nur der Sünder nicht geschämt hast auf der Welt, sondern daß Du Dich ihrer auch im Himmel nicht schämest, ja, mit ihnen prangest als mit einer Siegesbeute. Du magst ohne errettete Sünder nicht im Himmel sein, auch nicht einmal hineingehen, ohne einen mitzunehmen; so sehr liebst Du ihre Gesellschaft. – Herr, ich bin auch ein Sünder, ein großer, todeswürdiger Sünder; ich muß auch schreien: „Herr, gedenke an mich;“ o erbarme Dich denn auch über mich und sei mir armen Sünder gnädig jetzt im Leben und dereinst in meinem Sterben. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 72

72:1 Des Salomo. GOtt, gib dein Gericht dem Könige und deine Gerechtigkeit des Königs Sohne,

72:2 daß er dein Volk bringe zur Gerechtigkeit und deine Elenden rette.

72:3 Laß die Berge den Frieden bringen unter das Volk und die Hügel die Gerechtigkeit.

72:4 Er wird das elende Volk bei Recht erhalten und den Armen helfen und die Lästerer zerschmeißen.

72:5 Man wird dich fürchten, solange die Sonne und der Mond währet, von Kind zu Kindeskindern.

72:6 Er wird herabfahren, wie der Regen auf das Fell, wie die Tropfen, die das Land feuchten.

72:7 Zu seinen Zeiten wird blühen der Gerechte und großer Friede, bis daß der Mond nimmer sei.

72:8 Er wird herrschen von einem Meer bis ans andere und von dem Wasser an bis zur Welt Ende.

72:9 Vor ihm werden sich neigen die in der Wüste; und seine Feinde werden Staub lecken.

72:10 Die Könige am Meer und in den Inseln werden Geschenke bringen; die Könige aus Reicharabien und Seba werden Gaben zuführen.

72:11 Alle Könige werden ihn anbeten, alle Heiden werden ihm dienen.

72:12 Denn er wird den Armen erretten, der da schreiet, und den Elenden, der keinen Helfer hat.

72:13 Er wird gnädig sein den Geringen und Armen, und den Seelen der Armen wird er helfen.

72:14 Er wird ihre Seele aus dem Trug und Frevel erlösen, und ihr Blut wird teuer geachtet werden vor ihm.

72:15 Er wird leben, und man wird ihm vom Gold aus Reicharabien geben. Und man wird immerdar vor ihm beten, täglich wird man ihn loben.

72:16 Auf Erden, oben auf den Bergen, wird das Getreide dick stehen; seine Frucht wird beben wie Libanon und wird grünen in den Städten wie Gras auf Erden.

72:17 Sein Name wird ewiglich bleiben; solange die Sonne währet, wird sein Name auf die Nachkommen reichen, und werden durch denselben gesegnet sein; alle Heiden werden ihn preisen.

72:18 Gelobet sei GOtt der HErr, der GOtt Israels, der alleine Wunder tut;

72:19 und gelobet sei sein herrlicher Name ewiglich; und alle Lande müssen seiner Ehre voll werden! Amen, Amen.

72:20 Ein Ende haben die Gebete Davids, des Sohns Isais.

Psalm 73

73:1 Ein Psalm Assaphs. Israel hat dennoch GOtt zum Trost, wer nur reines Herzens ist.

73:2 Ich aber hätte schier gestrauchelt mit meinen Füßen, mein Tritt hätte beinahe geglitten.

73:3 Denn es verdroß mich auf die Ruhmredigen, da ich sah, daß es den Gottlosen so wohl ging.

73:4 Denn sie sind in keiner Fahr des Todes, sondern stehen fest wie ein Palast.

73:5 Sie sind nicht in Unglück wie andere Leute und werden nicht wie andere Menschen geplagt.

73:6 Darum muß ihr Trotzen köstlich Ding sein, und ihr Frevel muß wohlgetan heißen.

73:7 Ihre Person brüstet sich wie ein fetter Wanst; sie tun, was sie nur gedenken.

73:8 Sie vernichten alles und reden übel davon, und reden und lästern hoch her.

73:9 Was sie reden, das muß vom Himmel herab geredet sein; was sie sagen, das muß gelten auf Erden.

73:10 Darum fällt ihnen ihr Pöbel zu und laufen ihnen zu mit Haufen wie Wasser

73:11 und sprechen: Was sollte GOtt nach jenen fragen? Was sollte der Höchste ihrer achten?

73:12 Siehe, das sind die Gottlosen; die sind glückselig in der Welt und werden reich.

73:13 Soll's denn umsonst sein, daß mein Herz unsträflich lebt und ich meine Hände in Unschuld wasche

73:14 und bin geplagt täglich, und meine Strafe ist alle Morgen da?

73:15 Ich hätte auch schier so gesagt wie sie; aber siehe, damit hätte ich verdammt alle deine Kinder, die je gewesen sind.

73:16 Ich gedacht ihm nach, daß ich's begreifen möchte; aber es war mir zu schwer

73:17 bis daß ich ging in das Heiligtum GOttes und merkte auf ihr Ende.

73:18 Aber du setzest sie aufs Schlüpfrige und stürzest sie zu Boden.

73:19 Wie werden sie so plötzlich zunichte! Sie gehen unter und nehmen ein Ende mit Schrecken.

73:20 Wie ein Traum, wenn einer erwachet, so machst du, HErr, ihr Bild in der Stadt verschmähet.

73:21 Aber es tut mir wehe im Herzen und sticht mich in meinen Nieren,

73:22 daß ich muß ein Narr sein und nichts wissen und muß wie ein Tier sein vor dir.

73:23 Dennoch bleibe ich stets an dir; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand,

73:24 du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich endlich mit Ehren an.

73:25 Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde.

73:26 Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet, so bist du doch, GOtt, allezeit meines Herzens Trost und mein Teil.

73:27 Denn, siehe, die von dir weichen, werden umkommen; du bringest um alle, die wider dich huren.

73:28 Aber das ist meine Freude, daß ich mich zu GOtt halte und meine Zuversicht setze auf den HErrn HErrn, daß ich verkündige all dein Tun.

Psalm 74

74:1 Eine Unterweisung Assaphs. GOtt, warum verstößest du uns so gar und bist so grimmig zornig über die Schafe deiner Weide?

74:2 Gedenk an deine Gemeine, die du vor alters erworben und dir zum Erbteil erlöset hast, an den Berg Zion, da du auf wohnest.

74:3 Tritt auf sie mit Füßen und stoße sie gar zu Boden. Der Feind hat alles verderbet im Heiligtum.

74:4 Deine Widerwärtigen brüllen in deinen Häusern und setzen ihre Götzen drein.

74:5 Man siehet die Äxte oben her blicken, wie man in einen Wald hauet,

74:6 und zerhauen alle seine Tafelwerke mit Beil und Barten.

74:7 Sie verbrennen dein Heiligtum, sie entweihen die Wohnung deines Namens zu Boden.

74:8 Sie sprechen in ihrem Herzen: Laßt uns sie plündern! Sie verbrennen alle Häuser GOttes im Lande.

74:9 Unsere Zeichen sehen wir nicht, und kein Prophet predigt mehr, und kein Lehrer lehret uns mehr.

74:10 Ach, GOtt, wie lange soll der Widerwärtige schmähen und der Feind deinen Namen so gar verlästern?

74:11 Warum wendest du deine Hand ab und deine Rechte von deinem Schoß so gar?

74:12 Aber GOtt ist mein König von alters her, der alle Hilfe tut, so auf Erden geschieht.

74:13 Du zertrennest das Meer durch deine Kraft und zerbrichst die Köpfe der Drachen im Wasser.

74:14 Du zerschlägst die Köpfe der Walfische und gibst sie zur Speise dem Volk in der Einöde.

74:15 Du lässest quellen Brunnen und Bäche; du lässest versiegen starke Ströme.

74:16 Tag und Nacht ist dein; du machest, daß beide Sonn und Gestirn ihren gewissen Lauf haben.

74:17 Du setzest einem jeglichen Lande seine Grenze; Sommer und Winter machest du.

74:18 So gedenke doch des, daß der Feind den HErrn schmähet, und ein töricht Volk lästert deinen Namen.

74:19 Du wollest nicht dem Tier geben die Seele deiner Turteltaube und deiner elenden Tiere nicht so gar vergessen.

74:20 Gedenk an den Bund; denn das Land ist allenthalben jämmerlich verheeret, und die Häuser sind zerrissen.

74:21 Laß den Geringen nicht mit Schanden davongehen, denn die Armen und Elenden rühmen deinen Namen.

74:22 Mache dich auf, GOtt, und führe aus deine Sache; gedenk an die Schmach, die dir täglich von den Toren widerfähret.

74:23 Vergiß nicht des Geschreies deiner Feinde; das Toben deiner Widerwärtigen wird je länger je größer.
Ein rechter Klag- und Trostpsalm! Das Heiligthum mit seinem wunderbaren Bau- und Bildwerk ist zertrümmert, alle Gottesstätten im Lande sind verbrannt, alle Spuren der Gegenwart Gottes unter seinem Volke sind verschwunden; auch kein Prophet ist da, der verkündigt, wann des Elends Ende komme. Da läßt der Psalmist zu seinem Troste alle alten Erweisungen göttlicher Allmacht über menschliche Bedrückung aus der Geschichte, ja, die Denkmale göttlicher Allmacht aus der Natur vor seinem innern Auge vorübergehen. So aufgerichtet, wagt er zu flehen, daß die schüchterne Turteltaube von dem Gott, welcher der Gott der Dulder und der Armen ist, nicht den Gewaltthätigen Preis gegeben werde; ja, von Hoffnung neu belebt ruft er sogar den Arm des Ewigen noch einmal zum Angriff auf. Es zeigt mithin dieser Psalm, wie die Gemeinde des Herrn und der einzelne Gläube sich in Zeiten zu verhalten hat, wo Alles verloren zu sein scheint, wo ein gänzlicher Ruin eingebrochen ist. Namentlich giebt er uns Anleitung, wie wir in solchen verzweifelten Umständen es uns zu vergegenwärtigen haben, daß es sich nicht um unsere, sondern um Gottes Sache und Ehre handelt. – Herr, ich will von Assaph lernen, in Zeiten großer Drangsal und Heimsuchung mich ebenfalls steif und fest an Deinen Gnadenbund zu halten. Nichts ist so mächtig, daß es ohne Deinen Willen mich sollte aus diesem Bunde herauswerfen. Was Du mir einmal in der Taufe versprochen und zugesagt hast, daß Du wollest mein gnädiger Gott und Vater, und ich solle Dein liebes Kind und Erbe aller Deiner Herrlichkeit und Seligkeit sein, das kannst Du niemals wieder zurücknehmen. Meine Untreue kann Deine Treue nicht aufheben. Es ist mir unverwehrt, Dir zu sagen und zu klagen, was mir von der Welt wird angethan, und Dein Brauch ist es nicht, daß Du ließest die Deinigen beschämt und unerhört von dannen ziehen. Ist es doch die Sache des Herrn, und das Amt unseres Gottes. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 75

75:1 Ein Psalm und Lied Assaphs, daß er nicht umkäme, vorzusingen.

75:2 Wir danken dir, GOtt, wir danken dir und verkündigen deine Wunder, daß dein Name so nahe ist.

75:3 Denn zu seiner Zeit so werde ich recht richten.

75:4 Das Land zittert und alle, die drinnen wohnen; aber ich halte seine Säulen fest. Sela.

75:5 Ich sprach zu den Ruhmredigen: Rühmet nicht so! und zu den Gottlosen: Pochet nicht auf Gewalt!

75:6 Pochet nicht so hoch auf eure Gewalt, redet nicht halsstarrig,

75:7 es habe keine Not, weder von Aufgang noch von Niedergang, noch von dem Gebirge in der Wüste.

75:8 Denn GOtt ist Richter, der diesen niedriget und jenen erhöhet.

75:9 Denn der HErr hat einen Becher in der Hand und mit starkem Wein voll eingeschenkt und schenkt aus demselben; aber die Gottlosen müssen alle trinken und die Hefen aussaufen.

75:10 Ich aber will verkündigen ewiglich und lobsingen dem GOtt Jakobs.

75:11 Und will alle Gewalt der Gottlosen zerbrechen, daß die Gewalt des Gerechten erhöhet werde.
In diesem Psalm preist Gottes Volk den Herrn, seines Heils gewiß; denn Er hat verheißen, zum Gericht zu erscheinen und mit der Allmacht, die Er bei der Schöpfung bewiesen, die wankende Erde zu befestigen. Sich stützend auf diese Verheißung Gottes wendet sich Israel an seine übermüthigen Feinde und ermahnt sie, ihren Stolz fahren zu lassen, da es die Hoffnung seiner Errettung nicht auf seine irdischen Umgebungen gründe, sondern auf Gott in der Höhe, der eben jetzt zum Gericht sich anschickt über die vermeintlichen Sieger. Zum Schlusse spricht das Volk den Vorsatz aus, den Herrn beständig zu preisen für das Heil, dessen es im Glauben gewiß geworden, und die freudige Zuversicht, daß es im Herrn über die Bosheit triumphiren werde. – Gleich zuversichtlich ist die Ermahnung, welche König Hiskias zu seiner Zeit an das Volk richtete: „Seid getrost und frisch, fürchtet euch nicht, und zaget nicht vor dem Könige von Assur, noch vor allem dem Haufen, der bei ihm ist, denn es ist ein Größerer mit uns, als mit ihm. Mit ihm ist ein fleischlicher Arm, mit uns aber ist der Herr, unser Gott, daß Er uns helfe und führe unsern Streit.“ (2. Chron. 32,7.8.) Es ergeht im 75. Psalm daher die Ermahnung an die Kirche aller Zeiten, durch gleichen Glauben gleichen Heiles theilhaftig zu werden. – Hilf mir denn zu solchem Glauben, o Herr, Du kennst meinen Schwach- und Kleinglauben. Wohl weiß ich’s, daß Dein Name: „barmherzig, gnädig, geduldig und von großer Güte und Treue“ eine Wahrheit ist, und doch stelle ich sie oft in Abrede. Ich weiß, daß Du nur auf die gelegene Zeit wartest, dann muß auch eine ganze Welt voll Tumult und Unruhe sich zur Ruhe begeben und den Frevlern wird ein Taumelkelch gereicht, der von ihnen bis auf die giftigen Hefen muß getrunken werden, - und doch wird mir dies Warten so schwer. Ich weiß, daß wenigstens am Ende die Gerechten siegen müssen, - und doch kämpfe ich als ein Ueberwundener und Geschlagener. O hilf mir, auf Dich trotzen und mich Deiner rühmen: dann ist mir geholfen immer und ewiglich. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 76

76:1 Ein Psalmlied Assaphs, auf Saitenspiel vorzusingen.

76:2 GOtt ist in Juda bekannt, in Israel ist sein Name herrlich.

76:3 Zu Salem ist sein Gezelt und seine Wohnung zu Zion.

76:4 Daselbst zerbricht er die Pfeile des Bogens, Schild, Schwert und Streit. Sela.

76:5 Du bist herrlicher und mächtiger denn die Raubeberge.

76:6 Die Stolzen müssen beraubet werden und entschlafen, und alle Krieger müssen die Hände lassen sinken.

76:7 Von deinem Schelten, GOtt Jakobs, sinkt in Schlaf beide Roß und Wagen.

76:8 Du bist erschrecklich. Wer kann vor dir stehen, wenn du zürnest?

76:9 Wenn du das Urteil lässest hören vom Himmel, so erschrickt das Erdreich und wird still,

76:10 wenn GOtt sich aufmacht, zu richten, daß er helfe allen Elenden auf Erden. Sela.

76:11 Wenn Menschen wider dich wüten, so legest du Ehre ein; und wenn sie noch mehr wüten, bist du auch noch gerüstet.

76:12 Gelobet und haltet dem HErrn eurem GOtt, alle, die ihr um ihn her seid; bringet Geschenke dem Schrecklichen,

76:13 der den Fürsten den Mut nimmt und schrecklich ist unter den Königen auf Erden.
Es ist dieses Loblied auf die Errettung Jerusalems aus Feindes Hand wohl bald nach derselben gedichtet worden, wie Ps. 75 vor derselben. Der Herr, der unter Israel durch seine Thaten sich verherrlicht, und zu Zion seine Wohnung aufgeschlagen, hat dort die Macht des Welteroberers gebrochen. Er ist mächtiger als die raub- und eroberungssüchtigen Weltreiche: dies zeigt die durch seine Allmacht bewirkte Niederlage der mächtigen Feinde, die durch sein Gericht bewirkte Ruhe der wildempörten Erde. Darum fordert zum Schlusse der Sänger die Gläubigen auf, Gott zu danken, und die Heidenvölker, Ihm durch Gaben ihre Huldigung darzubringen. – Was liegt in diesem Psalm doch für ein Trost für alle Kinder Gottes, da es einmal als eine ewige Wahrheit fest steht, daß alles, was in der Welt eine Hand oder einen Fuß regt, die Gottlosen wie die Frommen, auf gleiche Weise Gott dienen müssen, freiwillig die Einen, unfreiwillig die Andern, und der ewige und selbstständige Gott aus allem Wüthen der Menschen sich nur eine Ehrenkrone verfertigt. O welchen starken Schutzherrn hat doch die Kirche und in derselben jedes wahre Glied an Gott und seinem Heiland! Wie manche feurige Pfeile hat Er schon zerbrochen! Wie manches Schwerdt hat Er schon stumpf gemacht! Er kann eherne Thüren zerschlagen und eiserne Riegel zerbrechen. (Jes. 45,2.) Was ist deshalb billiger, als daß du, liebe Seele, diesem deinem starken Gott dich in seinen Schutz kindlich ergebest mit herzlichem Vertrauen und eifrigem Gebet? Er ist ja dein Licht: vor wem wolltest du dich fürchten? Er deines Lebens Kraft: vor wem sollte dir grauen? Unter Seinen Schirmen bist du vor den Stürmen aller Feinde frei, laß den Satan wittern, laß die Welt erschüttern, dir steht Jesus bei. Ob es itzt gleich kracht und blitzt, obgleich Sünd’ und Hölle schrecken, Jesus will dich decken. Das Toben der Feinde, das dich zuweilen angst und bange macht, dient, Gott desto herrlicher zu machen, wovon der Nutzen dein eigen, die Ehre aber des Herrn deines Gottes ist. David sagt: Ich danke Dir, daß Du mich gedemüthigt hast, auf daß ich Deine Rechte lerne. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 77

77:1 Ein Psalm Assaphs für Jeduthun, vorzusingen.

77:2 Ich schreie mit meiner Stimme zu GOtt; zu GOtt schreie ich, und er erhöret mich.

77:3 In der Zeit meiner Not suche ich den HErrn; meine Hand ist des Nachts ausgereckt und läßt nicht ab; denn meine Seele will sich nicht trösten lassen.

77:4 Wenn ich betrübt bin, so denke ich an GOtt; wenn mein Herz in Ängsten ist; so rede ich. Sela.

77:5 Meine Augen hältst du, daß sie wachen; ich bin so ohnmächtig, daß ich nicht reden kann.

77:6 Ich denke der alten Zeit, der vorigen Jahre.

77:7 Ich denke des Nachts an mein Saitenspiel und rede mit meinem Herzen; mein Geist muß forschen.

77:8 Wird denn der HErr ewiglich verstoßen und keine Gnade mehr erzeigen?

77:9 Ist's denn ganz und gar aus mit seiner Güte? und hat die Verheißung ein Ende?

77:10 Hat denn GOtt vergessen, gnädig zu sein, und seine Barmherzigkeit vor Zorn verschlossen? Sela.

77:11 Aber doch sprach ich: Ich muß das leiden; die rechte Hand des Höchsten kann alles ändern.

77:12 Darum gedenk ich an die Taten des HErrn; ja, ich gedenke an deine vorigen Wunder

77:13 und rede von allen deinen Werken und sage von deinem Tun.

77:14 GOtt dein Weg ist heilig. Wo ist so ein mächtiger GOtt, als du, GOtt, bist?

77:15 Du bist der GOtt, der Wunder tut; du hast deine Macht beweiset unter den Völkern.

77:16 Du hast dein Volk erlöset gewaltiglich, die Kinder Jakobs und Josephs. Sela.

77:17 Die Wasser sahen dich, GOtt; die Wasser sahen dich und ängsteten sich, und die Tiefen tobeten.

77:18 Die dicken Wolken gossen Wasser; die Wolken donnerten, und die Strahlen führen daher.

77:19 Es donnerte im Himmel; deine Blitze leuchteten auf dem Erdboden; das Erdreich regte sich und bebete davon.

77:20 Dein Weg war im Meer und dein Pfad in großen Wassern, und man spürete doch deinen Fuß nicht.

77:21 Du führetest dein Volk wie eine Herde Schafe durch Mose und Aaron.
Ein wehmuthsvolles Klagelied mit Tröstung durch die großen Thaten Gottes vor Alters! In tiefem Schmerze schreit die Gemeinde des Herrn zu Ihm um Hülfe, und die Erinnerung an das, was der Herr früher an ihr gethan, gereicht nicht nur Milderung dieses Schmerzes, sondern dient vielmehr dazu, ihn zu steigern, und verleitet sie zu Zweifeln an der Fortdauer ihrer Erwählung. V. 2-10. Aber bald erhebt sich kräftig der Glaube und führt zur Ergebung, indem er sich der Thatsachen als sicherer Unterpfänder des Heils bemächtigt, in denen früher der Zweifel Nahrung gesucht hatte, namentlich der Erlösung aus Aegypten und der Durchführung durch’s rothe Meer. V. 11-12. – Wie gut ist es doch, durch gute Gedanken über die bösen zu siegen, und eben deßhalb sich einen Vorrath heiliger Gedanken zu sammeln und aufzubewahren, um sie gegen sich selbst in Stunden der Zweifel und der Anfechtungen zur Anwendung zu bringen! Es muß ja Gott angenehmer sein, wenn von uns ein Tag im Hallelujah des Herzens zugebracht wird, als das beständige Klagen, Seufzen und furchtsame Schreien über Noth, die man oft selbst verschuldet hat. Der Wohlthaten und der Langmuth Gottes ist ja eine solche Summe, dass man sie nicht zählen kann; aber das wird ein Theil des ewigen Lebens sein, und dass dort unser Lob dafür ohne Sünde sein wird. Ach, aus guten Gedanken entstehen gute Triebe und Entschließungen, und aus diesen entstehen gute Handlungen! – Wache daher täglich über deine Gedanken, mein Herz, und züchtige, heilige, berichtige sie durch Gottes Wort. Fällt dir ein böser Gedanke ein, so sinne bald auf einen guten Gedanken und verscheuche jenen auf alle Weise. Denke insbesondere an die großen Thaten, Führungen und Fügungen Gottes in der heiligen Geschichte, die wie nichts anderes den Glauben stärken und jede Bangigkeit heben für Gegenwart und Zukunft. Das Gute und Göttliche hat einmal eine Macht, die alles Böse und blos Menschliche überwindet. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 78

78:1 Eine Unterweisung Assaphs. Höre, mein Volk, mein Gesetz; neiget eure Ohren zu der Rede meines Mundes!

78:2 Ich will meinen Mund auftun zu Sprüchen und alte Geschichte aussprechen,

78:3 die wir gehöret haben und wissen und unsere Väter uns erzählet haben,

78:4 daß wir's nicht verhalten sollen ihren Kindern, die hernach kommen, und verkündigen den Ruhm des HErrn und seine Macht und Wunder, die er getan hat.

78:5 Er richtete ein Zeugnis auf in Jakob und gab ein Gesetz in Israel, das er unsern Vätern gebot, zu lehren ihre Kinder,

78:6 auf daß die Nachkommen lerneten und die Kinder, die noch sollten geboren werden, wenn sie aufkämen, daß sie es auch ihren Kindern verkündigten,

78:7 daß sie setzten auf GOtt ihre Hoffnung und nicht vergäßen der Taten GOttes und seine Gebote hielten,

78:8 und nicht würden wie ihre Väter, eine abtrünnige und ungehorsame Art, welchen ihr Herz nicht fest war, und ihr Geist nicht treulich hielt an GOtt;

78:9 wie die Kinder Ephraim, so geharnischt den Bogen führeten, abfielen zur Zeit des Streits.

78:10 Sie hielten den Bund GOttes nicht und wollten nicht in seinem Gesetz wandeln,

78:11 und vergaßen seiner Taten und seiner Wunder, die er ihnen erzeiget hatte.

78:12 Vor ihren Vätern tat er Wunder in Ägyptenland, im Felde Zoan.

78:13 Er zerteilete das Meer und ließ sie durchhin gehen; und stellete das Wasser wie eine Mauer.

78:14 Er leitete sie des Tages mit einer Wolke und des Nachts mit einem hellen Feuer.

78:15 Er riß die Felsen in der Wüste und tränkete sie mit Wasser die Fülle;

78:16 und ließ Bäche aus dem Felsen fließen, daß sie hinabflossen wie Wasserströme.

78:17 Noch sündigten sie weiter wider ihn und erzürneten den höchsten in der Wüste;

78:18 und versuchten GOtt in ihrem Herzen, daß sie Speise forderten für ihre Seelen;

78:19 und redeten wider GOtt und sprachen: Ja, GOtt sollte wohl können einen Tisch bereiten in der Wüste!

78:20 Siehe, er hat wohl den Felsen geschlagen, daß Wasser flossen und Bäche sich ergossen; aber wie kann er Brot geben und seinem Volk Fleisch verschaffen?

78:21 Da nun das der HErr hörete, entbrannte er, und Feuer ging an in Jakob und Zorn kam über Israel,

78:22 daß sie nicht glaubeten an GOtt und hoffeten nicht auf seine Hilfe.

78:23 Und er gebot den Wolken droben und tat auf die Türen des Himmels;

78:24 und ließ das Man auf sie regnen, zu essen, und gab ihnen Himmelbrot.

78:25 Sie aßen Engelbrot; er sandte ihnen Speise die Fülle.

78:26 Er ließ weben den Ostwind unter dem Himmel und erregte durch seine Stärke den Südwind.

78:27 Und ließ Fleisch auf sie regnen wie Staub und Vögel wie Sand am Meer;

78:28 und ließ sie fallen unter ihr Lager allenthalben, da sie wohneten.

78:29 Da aßen sie und wurden allzu satt; er ließ sie ihre Lust büßen.

78:30 Da sie nun ihre Lust gebüßet hatten und sie noch davon aßen,

78:31 da kam der Zorn GOttes über sie und erwürgete die Vornehmsten unter ihnen und schlug danieder die Besten in Israel.

78:32 Aber über das alles sündigten sie noch mehr und glaubten nicht an seine Wunder.

78:33 Darum ließ er sie dahinsterben, daß sie nichts erlangeten, und mußten ihr Leben lang geplaget sein.

78:34 Wenn er sie erwürgete, suchten sie ihn und kehreten sich frühe zu GOtt

78:35 und gedachten, daß GOtt ihr Hort ist und GOtt der Höchste ihr Erlöser ist,

78:36 und heuchelten ihm mit ihrem Munde und logen ihm mit ihrer Zunge.

78:37 Aber ihr Herz war nicht fest an ihm und hielten nicht treulich an seinem Bunde.

78:38 Er aber war barmherzig und vergab die Missetat und vertilgte sie nicht; und wendete oft seinen Zorn ab und ließ nicht seinen ganzen Zorn gehen.

78:39 Denn er gedachte, daß sie Fleisch sind, ein Wind, der dahinfähret und nicht wiederkommt.

78:40 Sie erzürneten ihn gar oft in der Wüste und entrüsteten ihn in der Einöde.

78:41 Sie versuchten GOtt immer wieder und meisterten den Heiligen in Israel.

78:42 Sie dachten nicht an seine Hand des Tages, da er sie erlösete von den Feinden,

78:43 wie er denn seine Zeichen in Ägypten getan hatte und seine Wunder im Lande Zoan,

78:44 da er ihr Wasser in Blut wandelte, daß sie ihre Bäche nicht trinken konnten;

78:45 da er Ungeziefer unter sie schickte, die sie fraßen, und Kröten, die sie verderbeten,

78:46 und gab ihr Gewächs den Raupen und ihre Saat den Heuschrecken;

78:47 da er ihre Weinstöcke mit Hagel schlug und ihre Maulbeerbäume mit Schloßen;

78:48 da er ihr Vieh schlug mit Hagel und ihre Herden mit Strahlen;

78:49 da er böse Engel unter sie sandte in seinem grimmigen Zorn und ließ sie toben und wüten und Leid tun;

78:50 da er seinen Zorn ließ fortgehen und ihre Seelen vor dem Tode nicht verschonete und ließ ihr Vieh an der Pestilenz sterben;

78:51 da er alle Erstgeburt in Ägypten schlug, die ersten Erben in den Hütten Hams.

78:52 Und ließ sein Volk ausziehen wie Schafe und führete sie wie eine Herde in der Wüste.

78:53 Und er leitete sie sicher, daß sie sich nicht fürchteten; aber ihre Feinde bedeckte das Meer.

78:54 Und brachte sie in seine heilige Grenze, zu diesem Berge, den seine Rechte erworben hat.

78:55 Und vor ihnen her die Völker und ließ ihnen das Erbe austeilen und ließ in jener Hütten die Stämme Israels wohnen.

78:56 Aber sie versuchten und erzürneten GOtt, den Höchsten, und hielten seine Zeugnisse nicht;

78:57 und fielen zurück und verachteten alles, wie ihre Väter, und hielten nicht, gleichwie ein loser Bogen;

78:58 und erzürneten ihn mit ihren Höhen und reizeten ihn mit ihren Götzen.

78:59 Und da das GOtt hörete, entbrannte er und verwarf Israel sehr,

78:60 daß er Seine Wohnung zu Silo ließ fahren, die Hütte, da er unter Menschen wohnete;

78:61 und gab ihre Macht ins Gefängnis und ihre Herrlichkeit in die Hand des Feindes;

78:62 und übergab sein Volk ins Schwert und entbrannte über sein Erbe.

78:63 Ihre junge Mannschaft fraß das Feuer, und ihre Jungfrauen mußten ungefreiet bleiben.

78:64 Ihre Priester fielen durchs Schwert, und waren keine Witwen, die da weinen sollten.

78:65 Und der HErr erwachte wie ein Schlafender, wie ein Starker jauchzet, der vom Wein kommt,

78:66 und schlug seine Feinde von hinten und hängete ihnen eine ewige Schande an.

78:67 Und verwarf die Hütte Josephs und erwählte nicht den Stamm Ephraim,

78:68 sondern erwählete den Stamm Juda, den Berg Zion, welchen er liebte.

78:69 Und bauete sein Heiligtum hoch, wie ein Land, das ewiglich fest stehen soll.

78:70 Und erwählete seinen Knecht David und nahm ihn von den Schafställen;

78:71 von den säugenden Schafen holte er ihn, daß er sein Volk Jakob weiden sollte und sein Erbe Israel.

78:72 Und er weidete sie auch mit aller Treue und regierte sie mit allem Fleiß.

Psalm 79

79:1 Ein Psalm Assaphs. HErr, es sind Heiden in dein Erbe gefallen, die haben deinen heiligen Tempel verunreiniget und aus Jerusalem Steinhaufen gemacht.

79:2 Sie haben die Leichname deiner Knechte den Vögeln unter dem Himmel zu fressen gegeben und das Fleisch deiner Heiligen den Tieren im Lande.

79:3 Sie haben Blut vergossen um Jerusalem her wie Wasser; und war niemand, der begrub.

79:4 Wir sind unsern Nachbarn eine Schmach worden, ein Spott und Hohn denen, die um uns sind.

79:5 HErr, wie lange willst du so gar zürnen und deinen Eifer wie Feuer brennen lassen?

79:6 Schütte deinen Grimm auf die Heiden, die dich nicht kennen, und auf die Königreiche, die deinen Namen nicht anrufen.

79:7 Denn sie haben Jakob aufgefressen und seine Häuser verwüstet.

79:8 Gedenke nicht unserer vorigen Missetat; erbarm dich unser bald, denn wir sind fast dünne worden.

79:9 Hilf du uns, GOtt, unser Helfer, um deines Namens Ehre willen; errette uns und vergib uns unsere Sünde um deines Namens willen!

79:10 Warum lässest du die Heiden sagen: Wo ist nun ihr GOtt? Laß unter den Heiden vor unsern Augen kund werden die Rache des Bluts deiner Knechte, das vergossen ist.

79:11 Laß vor dich kommen das Seufzen der Gefangenen; nach deinem großen Arm behalte die Kinder des Todes.

79:12 Und vergilt unsern Nachbarn siebenfältig in ihren Busen ihre Schmach, damit sie dich, HErr, geschmähet haben.

79:13 Wir aber, dein Volk und Schafe deiner Weide, danken dir ewiglich und verkündigen deinen Ruhm für und für.

Psalm 80

80:1 Ein Psalm Assaphs von den Spanrosen, vorzusingen.

80:2 Du Hirte Israels, höre, der du Joseph hütest wie der Schafe; erscheine, der du sitzest über Cherubim!

80:3 Erwecke deine Gewalt, der du vor Ephraim, Benjamin und Manasse bist, und komm uns zu Hilfe!

80:4 GOtt, tröste uns und laß leuchten dein Antlitz, so genesen wir.

80:5 HErr, GOtt Zebaoth, wie lange willst du zürnen über dem Gebet deines Volks?

80:6 Du speisest sie mit Tränenbrot und tränkest sie mit großem Maß voll Tränen.

80:7 Du setzest uns unsern Nachbarn zum Zank, und unsere Feinde spotten unser.

80:8 GOtt Zebaoth, tröste uns! Laß leuchten dein Antlitz, so genesen wir.

80:9 Du hast einen Weinstock aus Ägypten geholet und hast vertrieben die Heiden und denselben gepflanzet.

80:10 Du hast vor ihm die Bahn gemacht und hast ihn lassen einwurzeln, daß er das Land erfüllet hat.

80:11 Berge sind mit seinem Schatten bedeckt und mit seinen Reben die Zedern GOttes.

80:12 Du hast sein Gewächs ausgebreitet bis ans Meer und seine Zweige bis ans Wasser.

80:13 Warum hast du denn seinen Zaun zerbrochen, daß ihn zerreißet alles, das vorübergehet?

80:14 Es haben ihn zerwühlet die wilden Säue, und die wilden Tiere haben ihn verderbet.

80:15 GOtt Zebaoth, wende dich doch, schaue vom Himmel und siehe an und suche heim diesen Weinstock

80:16 und halt ihn im Bau, den deine Rechte gepflanzet hat, und den du dir festiglich erwählet hast.

80:17 Siehe drein und schilt, daß des Brennens und Reißens ein Ende werde!

80:18 Deine Hand schütze das Volk deiner Rechten und die Leute, die du dir festiglich erwählet hast,

80:19 so wollen wir nicht von dir weichen. Laß uns leben, so wollen wir deinen Namen anrufen.

80:20 HErr, GOtt Zebaoth, tröste uns! Laß dein Antlitz leuchten, so genesen wir.
Ein Klagepsalm aus einer Zeit, wo es mit Israel noch nicht bis zum Aeußersten gekommen war, wo jedoch vielfach verschiedene heidnische Völker das Land zerrütten. Der Sänger des schönen Liedes ruft V. 2-4 die alten Zeiten wieder zurück, wo der Herr wie ein Hirte vor seinem Volke herzog, wenn es in die Schlacht ging, wo hinter der Lade zunächst die drei Söhne der Rahel, die drei Stämme Ephraim, Manasse und Benjamin, folgten, wo der Ruf Mosis, so oft die Lade aufbrach, ertönte: „Herr, stehe auf, laß Deine Feinde zerstreuet werden, und die Dich hassen, flüchtig werden vor Dir,“ und der Segen Arons erschallte: „Laß Dein Antlitz über und leuchten.“ Nun in der Gegenwart aber sind Thränen des Volks Speise und Trank, und abwechselnd geräth es in die Gewalt der Nachbarn und Feinde. (V. 5-8.). Und doch hat Gott selbst diesen edlen Weinstock wunderbar gepflanzt und sich ausbreiten lassen, warum muß er jetzt von wilden Thieren unterwühlt werden? (V. 9-15.). Wie Unkraut wird er behandelt, kann auch Der, der ihn pflanzte, geduldig zusehen? (V. 16 bis 20.) Es ist nicht möglich. Auch die traurigsten Zeiten können doch so traurig nicht sein, daß nicht der Glaube die Hoffnung festhalten dürfte und müßte, daß ein Gewächs, welches Gott mit so vieler Sorgfalt gepflanzt hat, Ihm am Herzen liegen werde. Ein Volk, das sich Gott erzogen hat, kann Er zwar in vielfache Trübsal gerathen lassen; aber sobald das Ziel seiner Züchtigung erreicht ist, hilft Er ihm auch wieder. In jedem Augenblick kann alle Finsterniß, wie dicht und schwer sie sei, ein Ende nehmen, und können alle Wunden genesen, sobald es nur dem Herrn gefällt, den Glanz Seines Antlitzes aufgehen zu lassen. Wen der Herr anblickt, den beglückt Er. Dreimal wiederholt der Psalm die Bitte: „Laß Dein Antlitz leuchten, so genesen wir“; - so viel ist der Gemeinde des Herrn an diesem Stück gelegen. Und in der That, wenn Gottes Gnade als ein Licht in unser Herz scheint, so erquickt und erfreut sich Leib und Seele daran, und es wiederholt sich die Jacobs-Erfahrung: „Ich habe den Herrn von Angesicht gesehen, und meine Seele ist genesen.“ Laß auch mich, o Herr, in dieser Erfahrung stehen, bleiben und wachsen, so ist mir wohl, und ich kann loben und danken. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 81

81:1 Auf der Githith vorzusingen: Assaph.

81:2 Singet fröhlich GOtt, der unsere Stärke ist; jauchzet dem GOtt Jakobs!

81:3 Nehmet die Psalmen und gebet her die Pauken, liebliche Harfen mit Psalter.

81:4 Blaset im Neumonden die Posaunen, in unserm Fest der Laubrüste.

81:5 Denn solches ist eine Weise in Israel und ein Recht des GOttes Jakobs.

81:6 Solches hat er zum Zeugnis gesetzt unter Joseph, da sie aus Ägyptenland zogen, und fremde Sprache gehöret hatten,

81:7 da ich ihre Schulter von der Last entlediget hatte, und ihre Hände der Töpfe los wurden.

81:8 Da du mich in der Not anriefest, half ich dir aus; und erhörete dich, da dich das Wetter überfiel, und versuchte dich am Haderwasser. Sela.

81:9 Höre, mein Volk, ich will unter dir zeugen; Israel, du sollst mich hören,

81:10 daß unter dir kein anderer GOtt sei, und du keinen fremden GOtt anbetest.

81:11 Ich bin der HErr, dein GOtt, der dich aus Ägyptenland geführet hat. Tue deinen Mund weit auf, laß mich ihn füllen!

81:12 Aber mein Volk gehorcht nicht meiner Stimme, und Israel will mein nicht.

81:13 So hab ich sie gelassen in ihres Herzens Dünkel, daß sie wandeln nach ihrem Rat.

81:14 Wollte mein Volk mir gehorsam sein und Israel auf meinem Wege gehen,

81:15 so wollte ich ihre Feinde bald dämpfen und meine Hand über ihre Widerwärtigen wenden;

81:16 und die den HErrn hassen, müßten an ihm fehlen; ihre Zeit aber würde ewiglich währen.

81:17 Und ich würde sie mit dem besten Weizen speisen und mit Honig aus dem Felsen sättigen.
Ein Osterfestlied, das zugleich eine Predigt Gottes an sein Volk enthält! (Luther hat übersetzt: in unserm Feste der Laubrüst; aber V. 6. weist auf Ostern.) Der Sänger hebt fröhlich an mit der Ermahnung, nach Gottes Befehl mit liebreicher Musik und Psalmen das Passahfest zu begehen. Die Sabbathe, die Neumonde und die drei jährlichen Feste Israels, Ostern, Pfingsten und Laubhütten, waren lauter Dank- und Freudentage, theils um der Wohlthaten willen im Reiche der Natur, theils um der Wohlthaten willen in Israels Geschichte. Warum zu Ostern insbesondere fröhliche Psalmen unter dem dumpfen Schall der Pauke, der hellen Harfe und der Laute? Es ist das Fest der Erlösung Israels aus großer Noth und tiefem Elende durch seinen Gott und Herrn. Ostern war Israels Geburts- und Lebensfest. Da hat sich der Herr seinem Volke geoffenbart und ihm seinen Namen kund gethan. Da hat Er in der Wüste durch seine Wunderwerke sich an ihnen bewährt. Dafür verlangt Er aber auch als ein Recht, das Er fordern kann, daß Israel Ihm allein diene und der Welt ihre erdichteten Götter überlasse, daß Er allein ihm genug sei und sie bei keinem Andern weiter Hülfe suchen sollten. Leider entsprach Israel der Forderung Gottes nicht und stürzte sich dadurch ins Elend. Gott ließ es dahin gehen, damit es aus Erfahrung lernte, was es ohne einen solchen Gott ist. O daß es endlich zum Gehorsam des Herrn zurückkehrte! Gott selber ladet dazu ein durch die lieblichsten Verheißungen; Er wollte die Seinigen nähren und wehren, und nicht allein ihr Kriegsmann sein, der für sie stritte, sondern auch ihr Ackermann, also daß denen, so Ihn fürchten und Ihm vertrauen, nichts mangeln solle, was zu diesem Leben von nöthen sei. – Auch wir sind erlöst worden durch eine noch größere Erlösung, und noch größere Wunder hat der Herr an uns gethan: haben wir dem Herrn dafür gedankt durch unsern Gehorsam? oder muß Er auch über uns klagen: Israel will meiner nicht? O daß wir auf seine Bitte zur Umkehr hörten, damit Er uns wieder höre! daß wir Gott nicht länger aus dem Wege gingen, wir gehen damit nur unserm Glück aus dem Wege! Herr, Du bist allein Gott, keinen andern wollen wir anbeten, fürchten und lieben. Mache uns in Deinem Dienst immer gehorsamer, damit wir einst das große Erlösungsfest des ewigen Lebens erreichen. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 82

82:1 Ein Psalm Assaphs. GOtt stehet in der Gemeine GOttes und ist Richter unter den Göttern.

82:2 Wie lange wollt ihr unrecht richten und die Person der Gottlosen vorziehen? Sela.

82:3 Schaffet Recht dem Armen und dem Waisen und helfet dem Elenden und Dürftigen zum Recht!

82:4 den Geringen und Armen und erlöset ihn aus der Gottlosen Gewalt!

82:5 Aber sie lassen ihnen nicht sagen und achten's nicht; sie gehen immer hin im Finstern; darum müssen alle Grundfesten des Landes fallen.

82:6 Ich habe wohl gesagt: Ihr seid Götter und allzumal Kinder des Höchsten;

82:7 aber ihr werdet sterben wie Menschen und wie ein Tyrann zugrunde gehen.

82:8 GOtt, mache dich auf und richte das Land; denn du bist Erbherr über alle Heiden.

Psalm 83

83:1 Ein Psalmlied Assaphs.

83:2 GOtt, schweige doch nicht also und sei doch nicht so stille; GOtt, halte doch nicht so inne!

83:3 Denn siehe, deine Feinde toben, und die dich hassen, richten den Kopf auf.

83:4 Sie machen listige Anschläge wider dein Volk und ratschlagen wider deine Verborgenen.

83:5 Wohl her! sprechen sie, laßt uns sie ausrotten, daß sie kein Volk seien, daß des Namens Israel nicht mehr gedacht werde!

83:6 Denn sie haben sich miteinander vereiniget und einen Bund wider dich gemacht:

83:7 die Hütten der Edomiter und Ismaeliter, der Moabiter und Hagariter,

83:8 der Gebaliter, Ammoniter und Amalekiter, die Philister, samt denen zu Tyrus;

83:9 Assur hat sich auch zu ihnen geschlagen und helfen den Kindern Lot. Sela.

83:10 Tu ihnen wie den Midianitern, wie Sissera, wie Jabin am Bach Kison,

83:11 die vertilget wurden bei Endor und wurden zu Kot auf Erden.

83:12 Mache ihre Fürsten wie Oreb und Seeb, alle ihre Obersten wie Sebah und Zalmuna,

83:13 die da sagen: Wir wollen die Häuser GOttes einnehmen.

83:14 GOtt, mache sie wie einen Wirbel, wie Stoppeln vor dem Winde!

83:15 Wie ein Feuer den Wald verbrennet, und wie eine Flamme, die Berge anzündet,

83:16 also verfolge sie mit deinem Wetter und erschrecke sie mit deinem Ungewitter.

83:17 Mache ihr Angesicht voll Schande, daß sie nach deinem Namen fragen müssen.

83:18 Schämen müssen sie sich und erschrecken immer mehr und mehr und zuschanden werden und umkommen.

83:19 So werden sie erkennen, daß du mit deinem Namen heißest HErr alleine und der Höchste in aller Welt.

Psalm 84

84:1 Ein Psalm der Kinder Korah, auf der Githith vorzusingen.

84:2 Wie lieblich sind deine Wohnungen, HErr Zebaoth!

84:3 Meine Seele verlanget und sehnet sich nach den Vorhöfen des HErrn; mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen GOtt.
Wer in den Vorhöfen des Herrn gewesen ist, seine Nähe gekostet und aus seiner Fülle getrunken hat, der fühlt diesen Durst unaufhörlich, dem ist es außer ihm überall zu trocken und zu dürre. Wer das Heiligthum des Herrn, das er sich in gläubigen Seelen erbauet, geschaut, und seine Macht und Ehre, die er da offenbaret und mittheilet Jedem, der sich ihm da nahet, der liegt immer vor der Thüre desselben, um, so bald es ihm geöffnet wird, einzugehen und die Macht und Ehre des Herrn in seinem Heiligthume zu schauen. Sieht es nicht herrlich aus in diesem Heiligthume? Sieht es nicht erbärmlich aus außer diesem Heiligthume? Da, in den Vorhöfen, im Heiligthume des Herrn, fühlt man sich daheim; außer ihm wie in der Wüste, wie in der Fremde. Mit heißer Sehnsucht sucht man es und fühlt sich selig, so oft man es findet. Warum sind Viele so trocken, kalt und leer? weil sie nicht suchen das Heiligthum des Herrn, weil sie sich nicht sehnen nach seinen Vorhöfen, weil sie nicht liegen vor seiner Thüre, nicht warten, nicht harren seiner Gnade; darum wird ihnen nicht aufgethan, darum kommen sie nicht hinein, und schauen nicht seine Macht und Ehre. O kommet doch und verweilet nicht länger im Lande, da kein Wasser ist. (Johannes Gossner)

84:4 Denn der Vogel hat ein Haus funden und die Schwalbe ihr Nest, da sie Junge hecken, nämlich deine Altäre, HErr Zebaoth, mein König und mein GOtt!

84:5 Wohl denen, die in deinem Hause wohnen; die loben dich immerdar. Sela.

84:6 Wohl den Menschen, die dich für ihre Stärke halten und von Herzen dir nach wandeln,

84:7 die durch das Jammertal gehen und machen daselbst Brunnen. Und die Lehrer werden mit viel Segen geschmückt.

84:8 Sie erhalten einen Sieg nach dem andern, daß man sehen muß, der rechte GOtt sei zu Zion.

84:9 HErr, GOtt Zebaoth, höre mein Gebet; vernimm es, GOtt Jakobs! Sela.

84:10 GOtt, unser Schild, schaue doch; siehe an das Reich deines Gesalbten!

84:11 Denn ein Tag in deinen Vorhöfen ist besser denn sonst tausend. Ich will lieber der Tür hüten in meines GOttes Hause, denn lange wohnen in der Gottlosen Hütten.

84:12 Denn GOtt der HErr ist Sonne und Schild, der HErr gibt Gnade und Ehre; er wird kein Gutes mangeln lassen den Frommen.

84:13 HErr Zebaoth, wohl dem Menschen, der sich auf dich verläßt!
Lob und Dank sei Dir gesagt, o Du ewiger und allmächtiger Gott, daß Du mich diese Tage, welche zur Ehre der Sendung des heiligen Geistes gewidmet sind, in Friede und Ruhe hast überleben lassen. O was ist es für eine große und unaussprechliche Wohlthat, daß Du mich nicht allein im Schooß Deiner christlichen Kirche hast lassen geboren werden, sondern daß Du mich auch bis auf diese Stunde in derselben gnädiglich erhalten hast. Insonderheit aber erkenne ich Deine väterliche Güte und Barmherzigkeit, daß Du mich diese Tage mit dem himmlischen Troste Deines heiligen und allein seligmachenden Wortes erquickt, und daß Du mir die gnadenreiche Sendung Deines heiligen Geistes hast verkündigen lassen, welcher das göttliche Licht ist, das unsere Seelen heiligen, erleuchten und auf den rechten Weg zum Himmel führen kann. Für diesen Deinen heiligen Geist, den Du im Namen Deines lieben Sohnes Jesu Christi gesandt hast, sei Dir ewiger Dank gesagt. Vergieb mir aber auch, gnädiger, barmherziger Vater, daß meine Pfingstandacht mit eiteln Gedanken, unnöthigen Sorgen und anderer Unruhe des Gemüthes vermischt gewesen sit. Ach, ich bekenne Dir mit bußfertigem, zerknirschtem Herzen, daß ich diese Tage nicht also zugebracht, wie es die Dankbarkeit für ein so großes Geschenk und der schuldige Gehorsam gegen Deine göttliche Majestät erfordert hätten
O Gott, heiliger Geist, Du Tröster in aller Noth, Dir sei Lob und Dank für Dein gnadenreiches Kommen am ersten christlichen Pfingstfeste, und für alle Segnungen, die mit Dir über die Apostel und über die ganze Christenheit ausgegossen worden sind. Ach, kehre Du auch in mein und aller Menschen Herzen, damit wir recht zu Dir bekehret und durch Dein himmlisches Licht erleuchtet werden. Entzünde in mir die göttliche Liebe, und mache meine Zunge feurig, damit sie tüchtig werde, von Deiner unaussprechlichen Liebe Tag und Nacht zu reden und Deine Wunder zu verkündigen; lösche dagegen die Liebe der Welt in meinem Herzen aus, damit ich mich von ihrer Eitelkeit gänzlich befreie und die thörichten Lüste des Fleisches meide, welche wider die Seele streiten. Lösche aus in mir allen Hochmuth, allen Geiz und die Begierde zu zeitlichem Reichthum; laß mich aber mit brünstiger Liebe und himmlischem Verlangen Dich allein, als das ewige und unendliche Gut, mit herzlichen Seufzern und stetem Gebet suchen. Lösche aus in mir allen Haß und Neid gegen meinen Nächsten, und entzünde in mir die wahre christliche Liebe, daß ich mich befleißige, alle Menschen ohne Unterschied zu lieben und ihnen nach allen Kräften und Vermögen Gutes zu thun. O Du Geist der Weisheit und des Verstandes, lehre mich die rechte Weisheit von oben, daß ich in meinem ganzen Lebe vorsichtiglich wandle und in keine Sünde willige, damit Du, als ein reiner Geist, nicht wiederum aus meinem Herzen vertrieben werdest. Wie bin ich doch glücklich zu preisen, daß ich in einem noch höheren Sinne, als die Kinder Korah im 84sten Psalm, im Besitze des höchsten aller Güter, des Wohnens im Hause des Herrn, der Gemeinschaft mit Dir bin; daß ich darum auf Dich mein Vertrauen setzen kann, mein Elend zuletzt in lauter Heil sich verwandelt und das Ende meines Weges Loben und Danken ist! Laß mich die bevorstehende Nacht in Deiner Liebe einschlafen und in derselben auch wieder erwachen. O Du heilige und hochgelobte Dreieinigkeit, Gott Vater, Sohn und heiliger Geist, schütze mich in der Finsterniß der Nacht an Leib und Seele, Hab und Gut, und erbarme Dich aller Menschen, welche Du in der Wahrheit erhalten, oder sofern sie dieselbe noch nicht erkannt haben, durch Deine himmlische Erleuchtung bekehren und auf den Weg des Lebens führen wollest, der Du lebest und regierest von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)
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Gottes Haus, Gottes Wohnungen und Vorhöfe sind nicht nur im Himmel unter den vollendeten Gerechten und Engeln, sondern auch hier unten in den gläubigen und begnadigten Seelen, in unserm Allerinnersten des Herzens. Wenn wir da hinein kehren und drinnen bleiben, so sind wir in seinem Hause und in seinen Wohnungen des Friedens; denn wir finden ihn und in ihm den Himmel, wandeln in ihm, wie im Himmel. Finden wir ihn nicht allemal gleich, warten wir aber seiner, und harren wir auf seine Gegenwart, so stehen wir in den Vorhöfen des Herrn, und wenn es da auch manchmal schwer wird auszuhalten, wegen Dürre und Trockenheit, so ist's doch besser als in den Hütten der Gottlosen sich zerstreuen und dem Vergnügen der Sinne und der Welt nachlaufen. Denn wenn wir in seinen Vorhöfen, im Warten auf ihn, verharren, so kommt er gewiß und führt uns bald ein in seine Wohnungen; dann ist alle Mühe des Stunden-, Tage- und Jahrelangen Harrens in einem Augenblick reichlich ersetzt; man lobt den Herrn und singt mit David: Wie lieblich rc. (Johannes Gossner)

Psalm 85

85:1 Ein Psalm der Kinder Korah, vorzusingen.

85:2 HErr, der du bist vormals gnädig gewesen deinem Lande und hast die Gefangenen Jakobs erlöset;

85:3 der du die Missetat vormals vergeben hast deinem Volk und alle ihre Sünde bedecket, Sela;

85:4 der du vormals hast all deinen Zorn aufgehoben und dich gewendet von dem Grimm deines Zorns;

85:5 tröste uns, GOtt, unser Heiland, und laß ab von deiner Ungnade über uns!

85:6 Willst du denn ewiglich über uns zürnen und deinen Zorn gehen lassen immer für und für?

85:7 Willst du uns denn nicht wieder erquicken, daß sich dein Volk über dir freuen möge?

85:8 HErr, erzeige uns deine Gnade und hilf uns!

85:9 Ach, daß ich hören sollte, das GOtt der HErr redet, daß er Frieden zusagte seinem Volk und seinen Heiligen, auf daß sie nicht auf eine Torheit geraten!

85:10 Doch ist ja seine Hilfe nahe denen, die ihn fürchten, daß in unserm Lande Ehre wohne;

85:11 daß Güte und Treue einander begegnen, Gerechtigkeit und Friede sich küssen;

85:12 daß Treue auf der Erde wachse, und Gerechtigkeit vom Himmel schaue;

85:13 daß uns auch der HErr Gutes tue, damit unser Land sein Gewächs gebe;

85:14 daß Gerechtigkeit dennoch vor ihm bleibe und im Schwange gehe.
Ein Klage- und Trostpsalm zugleich! Er zeigt uns, was es für ein großer Vortheil ist, wenn wir uns mit den Beispielen der heiligen Schrift recht bekannt machen und daraus einen Schatz und Vorrath solcher Geschichten sammeln, in denen Gott ehemals seine Gnade und Barmherzigkeit erwiesen hat an den Seinigen. Sie gereichen nicht nur Gott zu Ehren, sondern auch uns selbst zu Nutzen. Durch sie wird die Allmacht, Weisheit und Barmherzigkeit Gottes, die Er vormals erwiesen hat, in frischem Gedächtniß erhalten und verehrt; wir aber können unser Herz daraus in seiner Hoffnung und seinem Vertrauen zu Gott stärken, daß es den Schluß machen lernt: wenn Gott ehemals so gnädig und so herrlich sich hat erwiesen gegen die Seinigen, so kann und wird Er’s auch noch jetzt thun. Denn Er bleibt ja, wie Er ist. Bei Ihm ist keine Veränderung. Seine Hand ist inzwischen nicht zu kurz geworden, daß Er nicht noch helfen könnte, und seine Ohren sind unterdeß nicht dicke worden, daß Er nicht hören sollte. In welche Umstände wir dann auch kommen mögen, so wird es uns, wenn wir anders glauben, daß das wahr ist, was in Gottes Wort steht, niemals an Beispielen solcher Leute fehlen, die vielleicht in eben solchen oder noch größeren Verlegenheiten als wir gesteckt haben, von Gott aber auf eine augenscheinliche Weise dennoch sind herausgerissen und erhalten worden. Wenn wir diese stummen und doch so beredten Prediger mit Aufmerksamkeit anhören, so werden sie gewiß unserm Glauben mehr Stärke und Kraft geben, als der allerbeste menschliche Zuspruch. Daher auch Jesus Matth. 16,9. seine Jünger, als es ihnen an Brod gebrach, an das Wunderwerk, welches Er nicht lange vorher gethan, gemahnt hat. Ja, das giebt im Gebet den allerkräftigsten Beweggrund, Gott um Hülfe anzurufen. Darum hat sich desselben auch die Kirche Gottes zu allen Zeiten bedient, und in ihr bis auf diesen Tag viele fromme Herzen. Besonders ist es wirksam, wenn uns unsere Sündennoth ängstigt. Die alten Beispiele begnadigter Sünder können noch bis auf diese Stunde den besten Muth machen, den erzürnten Gott zum Erbarmen und Schonen zu bewegen.
O barmherziger und getreuer Vater, der Du von Anbeginn Dich Deines Volks so gnädig angenommen hast und, ob es Dich gleich oft erzürnt, doch immer wieder Deiner ewigen Gnade eingedenk gewesen bist, siehe, dessen erinnern wir uns billig, Dir zum Preise und zur Stärkung unserer Zuversicht. Zu solcher Zuversicht berufen wir uns denn auf Deine theure Gnade, und bitten Dich demüthig, Du wollest uns derselben auch jetzt noch täglich und reichlich genießen lassen. Wir können doch ohne Deine Gnade nicht eine Stunde froh sein. Siehe, unsere Herzen sehnen sich nach der seligen Botschaft Deines Friedens, die lasse uns doch fort und fort hören und versiegle sie durch Deinen Geist in unseren Herzen. Wir wollen uns alsdann nicht bange sein lassen, wie es uns weiter gehen möchte in der Welt; Güte und Treue, Gerechtigkeit und Friede sammt allem andern Segen wird zu unseren Hütten und Herzen sich nahen, und unseres Lebens Mühseligkeit so lange versüßen, bis wir in Kraft der uns geschenkten Gerechtigkeit zum ewigen Frieden gelangen, um unseres Friedensfürsten Jesu Christi willen. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 86

86:1 Ein Gebet Davids. HErr, neige deine Ohren und erhöre mich; denn ich bin elend und arm.

86:2 Bewahre meine Seele; denn ich bin heilig. Hilf du, mein GOtt, deinem Knechte, der sich verläßt auf dich!

86:3 HErr, sei mir gnädig; denn ich rufe täglich zu dir.

86:4 Erfreue die Seele deines Knechts; denn nach dir, HErr, verlanget mich.

86:5 Denn du, HErr, bist gut und gnädig, von großer Güte allen, die dich anrufen.

86:6 Vernimm, HErr, mein Gebet und merke auf die Stimme meines Flehens.

86:7 In der Not rufe ich dich an; du wollest mich erhören.

86:8 HErr, es ist dir keiner gleich unter den Göttern und ist niemand, der tun kann wie du.

86:9 Alle Heiden, die du gemacht hast, werden kommen und vor dir anbeten, HErr, und deinen Namen ehren,

86:10 daß du so groß bist und Wunder tust und alleine GOtt bist.

86:11 Weise mir, HErr, deinen Weg, daß ich wandele in deiner Wahrheit; erhalte mein Herz bei dem Einigen, daß ich deinen Namen fürchte!

86:12 Ich danke dir, HErr, mein GOtt, von ganzem Herzen und ehre deinen Namen ewiglich.

86:13 Denn deine Güte ist groß über mich, und hast meine Seele errettet aus der tiefen Hölle.

86:14 GOtt, es setzen sich die Stolzen wider mich, und der Haufe der Tyrannen stehet mir nach meiner Seele und haben dich nicht vor Augen.

86:15 Du aber, HErr GOtt, bist barmherzig und gnädig, geduldig und von großer Güte und Treue.

86:16 Wende dich zu mir, sei mir gnädig; stärke deinen Knecht mit deiner Macht und hilf dem Sohn deiner Magd!

86:17 Tu ein Zeichen an mir, daß mir's wohlgehe, daß es sehen, die mich hassen, und sich schämen müssen, daß du mir beistehest, HErr, und tröstest mich.
Herr, mein Gott, der Du bist barmherzig und gnädig, geduldig und von großer Güte und Treue, ich danke Dir von Herzen mit David und ehre Deinen Namen ewiglich; denn Deine Güte ist bisher reich und groß an mir armen Sünder gewesen, und Deine Barmherzigkeit hat noch kein Ende. Wie oft hätte ich meiner Sünden halber in die unterste Hölle verfallen können; Du aber hast mich durch Deine mächtige Gnade herausgerissen! Wie oft bin ich von außen durch andere Menschen angefochten und bedrängt worden; Du aber hast’s nicht zugegeben, daß sie mir haben schaden können! Hättest Du mit mir nach meinen Sünden handeln wollen, so hätten mich sowohl geistliche als leibliche Feinde längst verschlungen und aufgerieben. Aber Du hast in der That gezeigt, dass Du gern vergiebst Allen, die Dich anrufen. Doch nun höre mich, getreuer Gott, denn ich bin ja arm und elend genug. Ich rufe von ganzem Herzen, ach, merke auf die Stimme meines Flehens. Ich rufe, wie alle diese Abende: Erhalte mein Herz bei dem Einigen, dass ich Deinen Namen fürchte. Habe ich dieses Einige und werde dabei durch Deine Kraft und Gnade erhalten, so habe ich Alles. Die Furcht Deines Namens ist ja das einige Nothwendige zur Seligkeit und der einige Grund wahrer Weisheit und Frömmigkeit. Bewahre deswegen meine Seele und den innern Menschen durch diese Deine göttliche Furcht, dass ich nichts wider Deinen heiligen Willen denke, rede und thue, sondern dass ich Alles denke, rede und thue als vor Deinen heiligen Augen und Deinem Angesichte; dass auch mein inneres Auge allein auf Dich gerichtet und gewandt sei also, dass ich alle meine Worte und Werke in Deiner Furcht zuvor wohl bedenke, und in allen Dingen Deine göttliche Weisheit, Allmacht und Hülfe zuvor demüthig anrufe; dass ich mich auch durch kein zeitlich Ding, Ehre, Reichthum, weltliche Lust oder Menschenfurcht von Deiner göttlichen Furcht lasse abwenden; denn wer hier in diesem Leben Deiner Furcht sich recht ergeben, findet auch nach dieser Zeit durch sie stete Seligkeit. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 87

87:1 Ein Psalmlied der Kinder Korah. Sie ist fest gegründet auf den heiligen Bergen.

87:2 Der HErr liebet die Tore Zions über alle Wohnungen Jakobs.

87:3 Herrliche Dinge werden in dir geprediget, du Stadt GOttes. Sela.

87:4 Ich will predigen lassen Rahab und Babel, daß sie mich kennen sollen. Siehe, die Philister und Tyrer samt den Mohren werden daselbst geboren.

87:5 Man wird zu Zion sagen, daß allerlei Leute drinnen geboren werden, und daß er, der Höchste, sie baue.

87:6 Der HErr wird predigen lassen in allerlei Sprachen, daß deren etliche auch daselbst geboren werden. Sela.

87:7 Und die Sänger, wie am Reigen, werden alle in dir singen, eins ums andere.
O Vater aller Barmherzigkeit, der Du Dir eine heilige Gemeinde auf Erden durch Dein Wort und heiligen Geist sammelst und erhältst, und in Deinem Zion, der geistlichen Geburtsstätte und Heimath aller Völker, herrliche Dinge predigen lässest in allerlei Sprachen, ich bitte Dich, Du wollest Deine kleine Heerde, die Dein Wort durch Deine Gnade angenommen, ehret und befördert, bei der rechten, erkannten, reinen und seligmachenden Lehre, auch bei rechtem Gebrauch der hochwürdigen Sakramente stets und fest erhalten, wider die Pforten der Hölle, wider alles Wüthen und Toben des Teufels, wider alle Bosheit und Verfolgung der argen Welt. Erhalte Dein Schifflein sammt Deinen Christen mitten auf dem ungestümen Meere unter allen Wellen und Wasserwogen, daß es nicht sinke und untergehe. Laß Deine Kirche fest unbeweglich stehen auf dem Grundfels, darauf sie erbauet ist. O Gott Zebaoth, schaue vom Himmel, und siehe an, und suche heim Deinen Weinstock, und halte ihn im Bau, den Deine Rechte gepflanzt hat, und den Du Dir festiglich erwählet hast, auf daß sein Gewächs ausgebreitet und seine Zweige groß werden. Nimm uns, Deine Schafe, in Deinen Schutz, daß uns Niemand aus Deiner Hand reiße. Laß Dein liebes Wort, das helle, unwandelbare Licht, das uns jetzt schient, nicht unterdrückt oder ausgelöscht werden, sondern thue Hülfe durch Deinen ausgestreckten Arm, und erhalte Deine Kirche und Gemeinde unter so vielen Anstößen, auf daß Du unter uns hier auf Erden habest ein Volk, das Dich erkenne, ehre, anbete und Deinem heiligen Namen diene. Ach, Herr, schone Deines Volkes, und laß Dein Erbtheil nicht zu Schanden werden; laß uns nicht entgelten unsere Sünde, der Du die Missethat vormals vergeben hast Deinem Volk und alle ihre Sünde bedecket; der Du dich vormals gewendet von dem Grimm Deines Zornes, tröste uns, Gott, unser Heiland, und laß ab von Deiner Ungnade über uns. Beschütze Deine arme Christenheit, welche sich auf Dich allein verläßt, und sonst keinen Schutz hat. Höre unser Gebet, Herr, und vernimm unser Schreien, und schweige nicht über unsere Thränen; denn wir sind Deine Pilger und Bürger in Christo Jesu, unserm Herrn. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 88

88:1 Ein Psalmlied der Kinder Korah, vorzusingen, von der Schwachheit der Elenden. Eine Unterweisung Hemans, des Esrahiten.

88:2 HErr GOtt, mein Heiland, ich schreie Tag und Nacht vor dir.

88:3 Laß mein Gebet vor dich kommen; neige deine Ohren zu meinem Geschrei!

88:4 Denn meine Seele ist voll Jammers, und mein Leben ist nahe bei der Hölle.

88:5 Ich bin geachtet gleich denen, die zur Hölle fahren; ich bin wie ein Mann, der keine Hilfe hat.

88:6 Ich liege unter den Toten verlassen, wie die Erschlagenen, die im Grabe liegen, deren du nicht mehr gedenkest, und sie von deiner Hand abgesondert sind.

88:7 Du hast mich in die Grube hinuntergelegt, in die Finsternis und in die Tiefe.

88:8 Dein Grimm drücket mich, und drängest mich mit allen deinen Fluten. Sela.

88:9 Meine Freunde hast du ferne von mir getan; du hast mich ihnen zum Greuel gemacht. Ich liege gefangen und kann nicht auskommen.

88:10 Meine Gestalt ist jämmerlich vor Elend. HErr, ich rufe dich an täglich; ich breite meine Hände aus zu dir.

88:11 Wirst du denn unter den Toten Wunder tun, oder werden die Verstorbenen aufstehen und dir danken? Sela.

88:12 Wird man in Gräbern erzählen deine Güte und deine Treue im Verderben?

88:13 Mögen denn deine Wunder in Finsternis erkannt werden, oder deine Gerechtigkeit im Lande, da man nichts gedenket?

88:14 Aber ich schreie zu dir, HErr, und mein Gebet kommt frühe vor dich,

88:15 Warum verstößest du, HErr, meine Seele und verbirgest dein Antlitz vor mir?

88:16 Ich bin elend und ohnmächtig, daß ich so verstoßen bin, und leide dein Schrecken, daß ich schier verzage.

88:17 Dein Grimm gehet über mich, dein Schrecken drücket mich.

88:18 Sie umgeben mich täglich wie Wasser und umringen mich miteinander.

88:19 Du machest, daß meine Freunde und Nächsten und meine Verwandten sich ferne von mir tun um solches Elendes willen.
Gnädiger, liebreicher Vater, Du hast mir befohlen zu beten, und Dein lieber Sohn hat es mich gelehret, Dein heiliger Geist erinnert mich oft im Herzen des Gebets. Ich weiß, daß alle vollkommnen Gaben von Dir, dem Vater des Lichts, kommen müssen, und daß kein wahres, beständiges Gut, keine Hülfe und kein wahrer Trost ohne Gebet erlangt werden könne. Dennoch bin ich so lässig und träge zum Gebet, und rechne mehr auf meine Arbeit und Klugheit, als auf Deine Hülfe und Gnade. Ach, vergieb mir solche Sicherheit und Thorheit und Verachtung Deiner hohen Verheißung. Wende von mir die Strafe, die Du den Verächtern Deiner Gnade drohest, und gieb mir den Geist der Gnade und des Gebets. Laß mich Deine tröstliche Verheißung bedenken, daß selig werden soll, wer Deinen Namen anrufet, daß Du antworten willst, wenn wir zu Dir reden, daß Du nahe bist brünstiger Andacht, daß mein Gebet Dir angenehm sei und gehe nicht vor mir vorüber. Erwecke in mir einen heiligen Durst nach Deiner Gnade, und laß mich Deine Herrlichkeit im Glauben sehen, wenn mein eignes Elend mich niederbeugt und meine Augen mit Thränen füllet. – Ach, Herr, der Du die Herzen kennest und prüfest, Du weißt, wie unbeständig menschliche Gemüther sind, viel beweglicher als die Welle von dem Winde. O befestige Du meine Seele und nimm von mir den zerstreuten Sinn, daß ich nicht durch mancherlei Gedanken hin und her beweget werde, daß ich Dich ohne Hinderniß anschaue und in himmlischer Stille mit Dir vereinigt bleibe. Führe mich in die Abgeschiedenheit, wo ich die Welt vergesse und Du Dich mir offenbarest. Erneue Herz, Sinn und Gemüth und nimm weg durch Deine Gnade alles, was Deine Liebe hindert, jegliche Reizung des sündlichen Willens und stolzen Unglaubens. Laß meine Brust eine Wohnung Deines heiligen Geistes sein, daß ich Dich anrufe, Dich lobe und Dir danke und ein Zeugniß meiner Kindschaft empfange. Laß mich mit Dir immer völliger vereinigt werden und mache mich zu einem lebendigen Gliede der Gemeinde im Himmel und auf Erden, die Deinen Willen thut und Dich mit gläubiger Zuversicht der Erhörung im Namen Jesu Christi anruft. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 89

89:1 Eine Unterweisung Ethans, des Esrahiten.

89:2 Ich will singen von der Gnade des HErrn ewiglich und seine Wahrheit verkündigen mit meinem Munde für und für,

89:3 und sage also: Daß eine ewige Gnade wird aufgehen, und du wirst deine Wahrheit treulich halten im Himmel.

89:4 Ich habe einen Bund gemacht mit meinem Auserwählten, ich habe David, meinem Knechte, geschworen:

89:5 Ich will dir ewiglich Samen verschaffen und deinen Stuhl bauen für und für. Sela.

89:6 Und die Himmel werden, HErr, deine Wunder preisen und deine Wahrheit in der Gemeine der Heiligen.

89:7 Denn wer mag in den Wolken dem HErrn gleich gelten und gleich sein unter den Kindern der Götter dem HErrn?

89:8 GOtt ist fast mächtig in der Sammlung der Heiligen und wunderbarlich über alle, die um ihn sind.

89:9 HErr, GOtt, Zebaoth, wer ist wie du, ein mächtiger GOtt? Und deine Wahrheit ist um dich her.

89:10 Du herrschest über das ungestüme Meer; du stillest seine Wellen, wenn sie sich erheben.

89:11 Du schlägst Rahab zu Tode; du zerstreuest deine Feinde mit deinem starken Arm.

89:12 Himmel und Erde ist dein; du hast gegründet den Erdboden, und was drinnen ist.

89:13 Mitternacht und Mittag hast du geschaffen; Thabor und Hermon jauchzen in deinem Namen.

89:14 Du hast einen gewaltigen Arm; stark ist deine Hand und hoch ist deine Rechte.

89:15 Gerechtigkeit und Gericht ist deines Stuhls Festung; Gnade und Wahrheit sind vor deinem Angesichte.

89:16 Wohl dem Volk, das jauchzen kann! HErr, sie werden im Licht deines Antlitzes wandeln.

89:17 Sie werden über deinem Namen täglich fröhlich sein und in deiner Gerechtigkeit herrlich sein.

89:18 Denn du bist der Ruhm ihrer Stärke und durch deine Gnade wirst du unser Horn erhöhen.

89:19 Denn der HErr ist unser Schild, und der Heilige in Israel ist unser König.
Liebster Herr Jesu, ich habe Dich am Anfange dieser stillen und großen Woche um ein stilles Herz gebeten; nun bitte ich Dich auch am Schlusse derselben bei Deinem Grabe: gieb mir Gnade, daß ich meine Seele setzen und stillen könne. Dein Tod am Kreuze hat Alles unter Deinen Freunden und Feinden stille gemacht, was zuvor voll Unruhe war. Alle, die dabei waren, fühlten Deine Macht in Deinem Tode, Du Kraft des Höchsten. Deine Feinde sind erschreckt und bestürzt, das lärmende Volk wendet wieder um; Maria, Deine Mutter, durch deren Seele bei Deinem Kreuze das scharfe Schwerdt drang, und Deine Jünger und die übrigen heiligen Seelen sind stille den Sabbath über nach dem Gesetz. Nun, so heilige auch mir Deinen Todestag und den Tag Deines Begräbnisses zu einem Tage heiliger Stille. Wenn mir das Wort von Deinem Kreuz, welches ich diese Woche über gehört, in meine Seele gedrungen, mein Gemüth ergriffen und mich im Gefühl meiner Mitschuld heilsam beunruhigt hat: so gieb mir Gnade, die Du auch mir durch Dein heiliges Leiden erworben hast. Laß mir aber, O Herr, die Schätze des Heils, die in dem Geheimniß Deines Kreuzes verborgen liegen, nicht von neuem vergeblich in dieser Woche so reichlich gezeigt worden sein, sondern laß mich in stillem Geist des Glaubens dieselben ergreifen und genießen, dadurch mein Herz zu brünstiger Liebe gegen Dich entzünden und mich zu heiligem Wandel in Deiner Nachfolge antreiben, so daß mir diese erneute Erinnerung Deines Leidens reichlich gesegnet sei in Zeit und Ewigkeit. Du bleibst mein Herr, ich lebe oder leide, sterbe oder liebe als ein Todter begraben in der Erde. Ach, laß mich mit Dir, dem gekreuzigten, begrabenen, und nun in alle Ewigkeit lebenden Heiland und Haupt der Gemeinde, die in Christo Jesu ist, in meinem Leben so bekannt werden, daß es im Leben, Leiden und Sterben als von Dir versiegelt, fest im innersten Grunde meiner Seele bleibe: Mein Freund ist mein, und ich bin sein. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

89:20 Dazumal redetest du im Gesichte zu deinem Heiligen und sprachest: Ich habe einen Held erwecket, der helfen soll; ich habe erhöhet einen Auserwählten aus dem Volk;

89:21 ich habe funden meinen Knecht David, ich habe ihn gesalbet mit meinem heiligen Öle.

89:22 Meine Hand soll ihn erhalten, und mein Arm soll ihn stärken.

89:23 Die Feinde sollen ihn nicht überwältigen, und die Ungerechten sollen ihn nicht dämpfen,

89:24 sondern ich will seine Widersacher schlagen vor ihm her, und die ihn hassen, will ich plagen.

89:25 Aber meine Wahrheit und Gnade soll bei ihm sein, und sein Horn soll in meinem Namen erhaben werden.

89:26 Ich will seine Hand ins Meer stellen und seine Rechte in die Wasser.

89:27 Er wird mich nennen also: Du bist mein Vater, mein GOtt und Hort, der mir hilft.

89:28 Und ich will ihn zum ersten Sohn machen, allerhöchst unter den Königen auf Erden.

89:29 Ich will ihm ewiglich behalten meine Gnade, und mein Bund soll ihm fest bleiben.

89:30 Ich will ihm ewiglich Samen geben und seinen Stuhl, solange der Himmel währet, erhalten.

89:31 Wo aber seine Kinder mein Gesetz verlassen und in meinen Rechten nicht wandeln,

89:32 so sie meine Ordnungen entheiligen und meine Gebote nicht halten,

89:33 will ich ihre Sünde mit der Rute heimsuchen und ihre Missetat mit Plagen.

89:34 Aber meine Gnade will ich nicht von ihm wenden und meine Wahrheit nicht lassen fehlen.

89:35 Ich will meinen Bund nicht entheiligen und nicht ändern, was aus meinem Munde gegangen ist.

89:36 Ich habe einst geschworen bei meiner Heiligkeit: Ich will David nicht lügen.

89:37 Sein Same soll ewig sein und sein Stuhl vor mir wie die Sonne;

89:38 wie der Mond soll er ewiglich erhalten sein und gleichwie der Zeuge in den Wolken gewiß sein. Sela.

89:39 Aber nun verstößest du und verwirfest und zürnest mit deinem Gesalbten.

89:40 Du verstörest den Bund deines Knechtes und trittst seine Krone zu Boden.

89:41 Du zerreißest alle seine Mauern und lässest seine Festen zerbrechen.

89:42 Es rauben ihn alle, die vorübergehen; er ist seinen Nachbarn ein Spott worden.

89:43 Du erhöhest die Rechte seiner Widerwärtigen und erfreuest alle seine Feinde.

89:44 Auch hast du die Kraft seines Schwerts weggenommen und lässest ihn nicht siegen im Streit.

89:45 Du zerstörest seine Reinigkeit und wirfest seinen Stuhl zu Boden.

89:46 Du verkürzest die Zeit seiner Jugend und bedeckest ihn mit Hohn. Sela.

89:47 HErr, wie lange willst du dich so gar verbergen und deinen Grimm wie Feuer brennen lassen?

89:48 Gedenke, wie kurz mein Leben ist! Warum willst du alle Menschen umsonst geschaffen haben?

89:49 Wo ist jemand, der da lebet und den Tod nicht sehe, der seine Seele errette aus der Hölle Hand? Sela.

89:50 HErr, wo ist deine vorige Gnade, die du David geschworen hast in deiner Wahrheit?

89:51 Gedenke, HErr, an die Schmach deiner Knechte, die ich trage in meinem Schoß von so vielen Völkern allen,

89:52 damit dich, HErr, deine Feinde schmähen, damit sie schmähen die Fußtapfen deines Gesalbten.

89:53 Gelobet sei der HErr ewiglich! Amen, Amen.

Psalm 90

90:1 Ein Gebet Moses, des Mannes GOttes.

90:2 HErr GOtt, du bist unsere Zuflucht für und für. Ehe denn die Berge worden und die Erde und die Welt geschaffen worden, bist du, GOtt, von Ewigkeit zu Ewigkeit,

90:3 der du die Menschen lässest sterben und sprichst: Kommt wieder, Menschenkinder!

90:4 Denn tausend Jahre sind vor dir wie der Tag, der gestern vergangen ist, und wie eine Nachtwache.

90:5 Du lässest sie dahinfahren wie einen Strom, und sind wie ein Schlaf, gleichwie ein Gras, das doch bald welk wird,

90:6 das da frühe blühet und bald welk wird und des Abends abgehauen wird und verdorret.

90:7 Das macht dein Zorn, daß wir so vergehen, und dein Grimm, daß wir so plötzlich dahin müssen.

90:8 Denn unsere Missetat stellest du vor dich, unsere unerkannte Sünde ins Licht vor deinem Angesichte.

90:9 Darum fahren alle unsere Tage dahin durch deinen Zorn; wir bringen unsere Jahre zu wie ein Geschwätz.

90:10 Unser Leben währet siebenzig Jahre, und wenn's hoch kommt, so sind's achtzig Jahre; und wenn's köstlich gewesen ist, so ist's Mühe und Arbeit gewesen; denn es fähret schnell dahin, als flögen wir davon.

90:11 Wer glaubt es aber, daß du so sehr zürnest? und wer fürchtet sich vor solchem deinem Grimm?

90:12 Lehre uns bedenken, daß wir sterben müssen, auf daß wir klug werden.

90:13 HErr, kehre dich doch wieder zu uns und sei deinen Knechten gnädig!

90:14 Fülle uns frühe mit deiner Gnade, so wollen wir rühmen und fröhlich sein unser Leben lang.

90:15 Erfreue uns nun wieder, nachdem du uns so lange plagest, nachdem wir so lange Unglück leiden.

90:16 Zeige deinen Knechten deine Werke und deine Ehre ihren Kindern!

90:17 Und der HErr, unser GOtt, sei uns freundlich und fördere das Werk unserer Hände bei uns; ja das Werk unserer Hände wolle er fördern!
Es war auf dem Zuge in der Wüste, während das ganze Volk, täglich zu hunderten, umherstarb, daß Moses diesen Schwanengesang sang über die Kürze und Vergänglichkeit des menschlichen Lebens, so wie über seine Mühsal und Plage, den Grund davon in der Menschen Sünde und in Gottes Zorn fand, und Gott anflehete, Er möge der langen Plage ein Ziel setzen und sich wieder in Gnaden Israel zukehren. Er vergleicht das Leben bald mit einem gestrigen Tage und einer Nachtwache, bald mit einem früh blühenden und schnell verwelkenden Grase, bald mit einem Schlafe, bald mit einem Vogelfluge durch die Luft, bald mit einem Geschwätz, das in kurzer Zeit ausgeredet und vergessen ist. Moses hat Recht. Nichts ist vergänglicher als die Lebenszeit. Kaum geboren, werden wir schon allüberall an das Sterben gemahnt; die Jahre schrumpfen, je älter wir werden, zu Tagen und zu Stunden zusammen, und täglich bewährt sich das herrliche Lied, unter den christlichen Nachbildungen unseres Psalmes die schönste: Wie fleucht dahin der Menschen Zeit, wie eilet man zur Ewigkeit, wie Wenige denken an die Stund von Herzensgrund, wie schweigt hiervon der träge Mund! Wie viele unserer Lebensjahre sind schon verflossen, und wie nahe liegt die Betrachtung, ob wir sie gut ob übel angewandt haben! Wie dringend ist die Pflicht, daß wir uns angelegen sein lassen, die gegenwärtigen Tage wohl anzulegen und auf’s künftige so hinaus zu denken, wie wir dieselben selig enden mögen. Auch das laufende Jahr eilt seinem Ende zu, noch wenige Stunden, und wir stehen an seiner Bahre. Wird der Herr von demselben über uns sprechen: Man hat dich gewogen und zu leicht gefunden; haue ihn ab, was hindert er das Land? O laß die letzten Tage des Jahres Bußtage sein! Ende gut, Alles gut. Wer mag vor Gott bestehen, wenn Er will Sünde zurechnen? So viele Tage das Jahr zählt, so viele Ankläger erheben sich gegen uns vor Gottes Gericht. Gottlob, daß wohl das Jahr zu Ende geht, aber nicht Gottes Wohlthaten, daß seine Barmherzigkeit kein Ende hat, und wir nicht so viel Sünde heute und morgen vor den Heiland bringen können, als Er uns vergeben kann, daß sein Blut am Ende des Jahres noch nicht die Kraft verloren hat, die es beim Anfange desselben hatte! So fleh’ ich denn auch über dieses Jahr: Mein Gott, ich bitt’ durch Christi Blut, mach’s nur mit meinem Ende gut. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 91

91:1 Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt,

91:2 der spricht zu dem HErrn: Meine Zuversicht und meine Burg, mein GOtt, auf den ich hoffe!

91:3 Denn er errettet mich vom Strick des Jägers und von der schädlichen Pestilenz.

91:4 Er wird dich mit seinen Fittichen decken, und deine Zuversicht wird sein unter seinen Flügeln. Seine Wahrheit ist Schirm und Schild,

91:5 daß du nicht erschrecken müssest vor dem Grauen des Nachts, vor den Pfeilen, die des Tages fliegen,

91:6 vor der Pestilenz, die im Finstern schleicht, vor der Seuche, die im Mittag verderbet.

91:7 Ob tausend fallen zu deiner Seite und zehntausend zu deiner Rechten, so wird es doch dich nicht treffen.

91:8 Ja, du wirst mit deinen Augen deine Lust sehen und schauen, wie es den Gottlosen vergolten wird.

91:9 Denn der HErr ist deine Zuversicht, der Höchste ist deine Zuflucht.

91:10 Es wird dir kein Übels begegnen, und keine Plage wird zu deiner Hütte sich nahen.

91:11 Denn er hat seinen Engeln befohlen über dir, daß sie dich behüten auf allen deinen Wegen,

91:12 daß sie dich auf den Händen tragen und du deinen Fuß nicht an einen Stein stößest.

91:13 Auf den Löwen und Ottern wirst du gehen und treten auf den jungen Löwen und Drachen.

91:14 Er begehrt mein, so will ich ihm aushelfen; er kennet meinen Namen, darum will ich ihn schützen;

91:15 er rufet mich an, so will ich ihn erhören. Ich bin bei ihm in der Not; ich will ihn herausreißen und zu Ehren machen.
Es ist mir besser, in der Not sein, Herr, wenn du nur bei mir bist, als ohne dich zu herrschen, ohne dich Feste zu feiern, ohne dich geehrt zu werden. Es ist besser, in der Not von deinen Armen umfangen zu sein, besser, dich im glühenden Ofen der Trübsal bei mir zu haben, als selbst im Himmel zu sein ohne dich. Wenn ich dich nur habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde. Im Schmelztiegel wird das Gold erprobt, und in der Anfechtung der Not bewährt sich der Gerechte. (Bernhard von Clairvaux)

91:16 Ich will ihn sättigen mit langem Leben und ihm zeigen mein Heil.
Wie soll ich dem Herrn vergelten alle seine Liebe und Treue, die Er an mir gethan? Der Herr hat Großes an mir gethan, deß bin ich fröhlich. Also. o Du dreieiniger Gott, Vater, Sohn und heiliger Geist, spricht meine in Deiner Gnade sich freuende Seele, da ich nun abermals unter Deinem Schutz und Beistand ein Jahr glücklich zurückgelegt habe. Ach, Gott, wie theuer ist Deine Güte, daß Menschenkinder unter dem Schatten Deiner Flügel trauen! Sie werden trunken von den reichen Gütern Deines Hauses; Du tränkest sie mit Wonne, wie mit einem Strom; denn bei Dir ist die lebendige Quelle, und in Deinem Lichte sehen wir das Licht. Mein Gott, der Tage im Jahre sind viel, aber der Wohlthaten noch viel mehr; Stunden und Minuten im Jahre kann man zählen, aber Deine Wohlthaten, die Du mir erwiesen, sind unzählig. Ich danke Dir, daß Du mir dieses Jahr Dein heilig Wort gegeben, und darin mir den Weg zum Himmel und zu meinem ewigen Heile gewiesen hast. Ach, versiegele dasselbe in meinem Herzen, und gieb mir Deinen heiligen Geist, daß ich mein Leben darnach einrichten möge. Ich danke Dir, daß Du mich in Deinem heiligen Mahle mit Deinem heiligen Leib und Blut hast gespeiset und getränkt. Ach, laß es mir zur dauernden Glaubensstärkung und Lebensheiligung gedeihen. Ich danke Dir, daß Du mir oft die Sünde vergeben und die verdienten Strafen abgewendet hast. Ach, gieb Kraft, daß ich mich im neuen Jahre davor hüte und sie nicht wieder vorsätzlich begehe. Ich danke Dir, daß Du meinen Beruf gesegnet, mir Nahrung und Kleidung bescheert, mir Gesundheit verliehen, und Unglück abgewendet, mein Kreuz erleichtert, in meinem Elend mich in Gnaden angesehen hast. Du hast mich behütet wie einen Augapfel im Auge. Du hast in Noth mich erhört und mein Gebet durch die Wolken vor Deinen Thron lassen dringen. Du hast in meiner Trübsal mir Hülfe gesendet vom Heiligthum, und mich gestärkt aus Zion. Du hast Deinen Segen über mich ausgeschüttet, Du hast Dein Angesicht nicht vor mir verborgen, da ich zu Dir schrie. Du liebreicher Vater hast mich, Dein Kind, an Deiner Hand geführt; Du mächtiger König hast mich, Deinen Unterthan, wider meine Feinde beschützt; Du getreuer Hirt, hast mich, Dein Schäflein, auf grüner Aue geweidet. Deine Weisheit hat mich das ganze Jahr hindurch geleitet, Deine Liebe hat mich bedeckt, Deine Hülfe hat mich erfreut, Deine Gnade hat mich erhalten, Deine Allmacht hat mir jederzeit ausgeholfen, Deine milde Vaterhand hat mir Alles gegeben, was ich bedurfte, Dein allsehendes Auge hat Acht auf mich gehabt und meinen Aus- und Eingang behütet, daß mir kein Uebel begegnete. Hast Du mich auch zuweilen erfahren lassen viele und große Angst, so hast Du mich doch wieder lebendig gemacht. Hatte ich auch zuweilen viele Bekümmernisse in meinem Herzen, so haben doch Deine Tröstungen meine Seele ergötzt. War mir oftmals Gefahr und Noth nahe, so war auch Deine Hülfe nahe, und Dein Engel hat mich behütet auf allen meinen Wegen.
Ach, mein Gott, verzeihe mir aus Gnaden alle Sünden, die ich in diesem Jahre gethan habe. Ach, strafe mich deswegen nicht in diesem neuen Jahr, sondern verzeihe sie mir um Jesu willen. Herr, gedenke nicht der Sünden meiner Jugend und meiner Uebertretung, gedenke aber meiner nach Deiner Barmherzigkeit um Deiner Güte willen.
Herr, Herr, so beschließe ich denn das Jahr mit Danken, Loben und Beten, und flehe Dich demüthig an: bleibe auch mein Schutz und gnädiger Gott in dem neuen Jahre, halte Deine Hand über mich, und laß mich Deinem Schutz, Deiner Liebe und Gnade fernerhin befohlen sein. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 92

92:1 Ein Psalmlied auf den Sabbattag.

92:2 Das ist ein köstlich Ding, dem HErrn danken und lobsingen deinem Namen, du Höchster,

92:3 des Morgens deine Gnade und des Nachts deine Wahrheit verkündigen,

92:4 auf den zehn Saiten und Psalter, mit Spielen auf der Harfe.

92:5 Denn, HErr, du lässest mich fröhlich singen von deinen Werken, und ich rühme die Geschäfte deiner Hände.

92:6 HErr, wie sind deine Werke so groß! Deine Gedanken sind so sehr tief.

92:7 Ein Törichter glaubt das nicht, und ein Narr achtet solches nicht.

92:8 Die Gottlosen grünen wie das Gras, und die Übeltäter blühen alle, bis sie vertilget werden immer und ewiglich.

92:9 Aber du, HErr, bist der Höchste und bleibest ewiglich.

92:10 Denn siehe, deine Feinde, HErr, siehe, deine Feinde werden umkommen; und alle Übeltäter müssen zerstreuet werden.

92:11 Aber mein Horn wird erhöhet werden wie eines Einhorns, und werde gesalbet mit frischem Öle.

92:12 Und mein Auge wird seine Lust sehen an meinen Feinden; und mein Ohr wird seine Lust hören an den Boshaftigen, die sich wider mich setzen.

92:13 Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum; er wird wachsen wie eine Zeder auf Libanon.

92:14 Die gepflanzt sind in dem Hause des HErrn, werden in den Vorhöfen unsers GOttes grünen.

92:15 Und wenn sie gleich alt werden, werden sie dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein,

92:16 daß sie verkündigen, daß der HErr so fromm ist, mein Hort, und ist kein Unrecht an ihm.
Dieser Psalm war zum gottesdienstlichen Gebrauch am Sabbath bestimmt, wie Ps. 81 zum Gebrauch beim Pascha. Es erklärt die Gemeinde V. 2-5 ihre Bereitwilligkeit zum Lobe Gottes, und preist dann zuerst im Allgemeinen, darauf im Besonderen Gottes Größe in der Vernichtung des Bösen; denn nicht minder groß, wie die Erschaffung von Himmel und Erde, ist die Erhaltung der Kirche inmitten der bösen Welt. Zum Schluß schildert der Psalm dem gegenüber das Heil der Gerechten. Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum,, der das ganze Jahr hindurch, in der Kälte des Winters wie in der Sonnengluth, sein grünes Laubdach behält! er wird wachsen wir eine Ceder auf Libanon, die ihr Alter nicht nach Jahren, sondern nach Jahrhunderten zählt. Die gepflanzt sind in dem Hause des Herrn, werden in den Vorhöfen unseres Gottes grünen, d.h. in seiner beseligenden Gemeinschaft und aus derselben ihren Lebenssaft ziehen. Selbst im hohen Alter, und wenn alle andern geistigen Vermögen schwinden, werden sie dazu frisch und kräftig sein, die Rechtschaffenheit und Treue des Herrn zu verkündigen, bis sie endlich versetzt werden in das Paradies des Himmels, wo sie erst recht erkennen, wie Gott ihr Hort mit ihnen Alles wohl gemacht hat. Ist das nicht große Seligkeit? Und diese ist unser eigen, wenn wir im Glauben stehen; dem Glauben wird die Gerechtigkeit Christi zugerechnet; wer diese hat, der ist gerecht. Während der Gottlosen Flor und beste Glückseligkeit nur wie das Grünen und Blühen des Grases ist, das frühe blühet, aber allzubald abgehauen und welk wird, ist die des Gerechten wie das Blühen und Grünen des Palm- und Cedernbaumes. Wünsche jenes Glück dir also nicht: es ist von kurzer Dauer, das deine ist besser. Vermehre es durch heilige Sabbathfeier, durch tägliche Betrachtungen der großen Thaten Gottes und durch Lobgesang; laß dich aber auch durch den bösen Tag nicht verstimmen und lerne, dem Herrn allezeit und für Alles Dank zu sagen. Genießest du doch täglich leiblich und geistlich das Gnadenbrod. Wohn Gott doch unter dem Lobe Israels, und alle, die in seinem Hause wohnen, loben Ihn immerdar. Es ist ein köstlich Ding, dem Herrn danken und lobsingen Deinem Namen, Du Höchster. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 93

93:1 Der HErr ist König und herrlich geschmückt; der HErr ist geschmückt und hat ein Reich angefangen, soweit die Welt ist, und zugerichtet, daß es bleiben soll.

93:2 Von dem an stehet dein Stuhl fest; du bist ewig.

93:3 HErr, die Wasserströme erheben sich, die Wasserströme erheben ihr Brausen, die Wasserströme heben empor die Wellen.

93:4 Die Wasserwogen im Meer sind groß und brausen greulich; der HErr aber ist noch größer in der Höhe.

93:5 Dein Wort ist eine rechte Lehre. Heiligkeit ist die Zierde deines Hauses ewiglich.
Der Psalm besingt die Siegesmacht unseres himmlischen Königs. Wir mögen Ihn ansehen, wie wir wollen, es ist Alles herrlich an Ihm. Betrachten wir Ihn nach seiner Gottheit: Licht ist sein Kleid. Betrachten wir Ihn nach seiner Menschheit: so besteht dieselbe aus der allerreinsten Unschuld, mit welcher sein In- und Auswendiges nicht nur überzogen, sondern ganz durchwirkt ist. Sehen wir seine Gaben an, mit welchen Er nach seiner Menschheit geziert und ausgerüstet ist, so sind sie so schön, daß auch Salomo sich dagegen mit aller seiner Herrlichkeit muß schämen. Ein solcher ist ein König vor allen Königen der ganzen Welt. Ach, daß wir Ihm denn im heiligen Schmuck auch nur allezeit begegnen möchten! – So herrlich Er selbst ist, so herrlich ist auch sein Reich. Irdische Thronen und Herrschaften können wohl umgekehrt und die Stühle der weltlichen Fürsten wohl über den Haufen gestoßen werden: wer wollte sich aber an den Stuhl unseres himmlischen Ehrenkönigs wagen? Am Tage des Gerichts werden wir beschämt gestehen müssen: was habe ich mir doch des Reiches Christi halber oft für unnöthige Sorgen gemacht, als ob es fallen würde! Wenn tausend Welten sich Ihm hätten widersetzen wollen, so hätten sie an Ihm wohl müssen zu Schanden werden! Mag daher die Macht dieser Welt immerhin einherbrausen gleich dem ungestümen Meere; herrlicher und mächtiger als das Meer mit seinen tobenden Wellen ist der Herr in der Höhe. – Er hat es ja selber gesagt in seinem Worte, daß sein Reich unumstößlich ist, und des Herrn Verheißungen sind zuverlässig: Er wird sein Haus schützen immerdar. Dies Wort soll dir gewisser sein, und ob das Herz spräch’ lauter Nein, so laß doch dir nicht grauen. Nach diesem Worte, als einer unumstößlichen Richtschnur, regiert Christus die Welt; nach diesem Worte wird Er sie einst auch richten und vernichten. – Aber freilich ist Er ein heiliger König, und darum auch Heiligkeit die Zierde seines Hauses ewiglich; Jerusalem eine heilige Stadt, der Tempel ein heiliges Haus, die dargebrachten Opfer und Tugenden heilige Gaben. Ich will daher meiner Seele keine Ruhe lassen, bis sie eine heilige und gerechte Dienerin ihres Herrn geworden ist. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)
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ALle andere lere / ausser Gottes wort / die uns wollen leren / wie wir sollen selig werden / und Gott dienen / sind eitel Teufels lere / und machen das wir imer in unglauben und zweifel bleiben / und nimermehr können der sachen gewis werden / sonderlich in anfechtung und not / das uns unser Sünde vergeben sind / und einen gnedigen Vater im Himel haben. Allein aus Gottes wort / welchs uns prediget / busse und vergebung der sünden / im namen Christi / werden wir der sachen so gewis / das wir auch in alle unsern nöten on unterlas können anruffen den Vater im namen Christi.
Da komen wir denn wider zur heiligkeit / das ist / zum bilde Gottes / welchs S. Paulus heisset / gerechtigkeit und ware (nicht heuchlische) heiligkeit / wie auch Zacharias im Benedictus singet.
Solche heiligkeit und gerechtigkeit oder bilde Gottes / welchs wir mit dem glauben in Christo wider finden / ist ein schöne zierde / fur Gott dem Vater / im hause des HERrn / das ist / in der heiligen Christlichen Kirchen / da Gott sein eigen Bilde sihet in Christo / an uns seinen lieben Kindern / welches Bilde er on zweifel anlachet / und höret gerne was wir von im bitten.
Da sihe aber nu zu / das du nicht unter Christus namen ein Unflat seiest / im hause des HERRN. (Johannes Bugenhagen)

Psalm 94

94:1 HErr GOtt, des die Rache ist, GOtt, des die Rache ist, erscheine!

94:2 Erhebe dich, du Richter der Welt; vergilt den Hoffärtigen, was sie verdienen!

94:3 HErr, wie lange sollen die Gottlosen, wie lange sollen die Gottlosen prahlen

94:4 und so trotziglich reden, und alle Übeltäter sich so rühmen?

94:5 HErr, sie zerschlagen dein Volk und plagen dein Erbe.

94:6 Witwen und Fremdlinge erwürgen sie und töten die Waisen

94:7 und sagen: Der HErr siehet's nicht und der GOtt Jakobs achtet's nicht.

94:8 Merket doch, ihr Narren unter dem Volk, und ihr Toren, wann wollt ihr klug werden?

94:9 Der das Ohr gepflanzet hat, sollte der nicht hören? Der das Auge gemacht hat, sollte der nicht sehen?

94:10 Der die Heiden züchtiget, sollte der nicht strafen? der die Menschen lehret, was sie wissen.

94:11 Aber der HErr weiß die Gedanken der Menschen, daß sie eitel sind.

94:12 Wohl dem, den du, HErr, züchtigest und lehrest ihn durch dein Gesetz,

94:13 daß er Geduld habe, wenn's übel gehet, bis dem Gottlosen die Grube bereitet werde.

94:14 Denn der HErr wird sein Volk nicht verstoßen noch sein Erbe verlassen.

94:15 Denn Recht muß doch Recht bleiben, und dem werden alle frommen Herzen zufallen.

94:16 Wer stehet bei mir wider die Boshaftigen? Wer tritt zu mir wider die Übeltäter?

94:17 Wo der HErr mir nicht hülfe, so läge meine Seele schier in der Stille.

94:18 Ich sprach: Mein Fuß hat gestrauchelt; aber deine Gnade, HErr, hielt mich.

94:19 Ich hatte viel Bekümmernisse in meinem Herzen; aber deine Tröstungen ergötzeten meine Seele.

94:20 Du wirst ja nimmer eins mit dem schädlichen Stuhl, der das Gesetz übel deutet.

94:21 Sie rüsten sich wider die Seele des Gerechten und verdammen unschuldig Blut.

94:22 Aber der HErr ist mein Schutz; mein GOtt ist der Hort meiner Zuversicht.

94:23 Und er wird ihnen ihr Unrecht vergelten und wird sie um ihre Bosheit vertilgen; der HErr, unser GOtt, wird sie vertilgen.
Ein Klage- und Bittpsalm, in Zeiten gesungen, wo die Heidenvölker das Volk Gottes mit Schmach überhäuften und in seinem Lande Unrecht übten. Der Sänger klagt sehr über die Hoffärtigen und Gottlosen, welche trotzig reden, himmelschreiende Gewalt üben und dabei sagen: der Herr sieht’s nicht, der Gott Jacobs achtet’s nicht. Er selber bekennt zugleich, auch sein Fuß habe gestrauchelt, die Gnade des Herrn aber habe ihn gehalten, und häuft dann einen Trost über den andern zur Stärkung der Verzagten in ähnlichen Lagen und Versuchungen. Er preist V. 12. 13. den selig, den der Herr züchtigt, weil solche Züchtigung aus Liebe hervorgeht und zu unserm Besten gereicht. Anfechtung lehre auf’s Wort merken, und mit dem könne man sich schon aufrecht halten, bis den Gottlosen, die uns plagen, die Grube bereitet werde. Augustinus sagt: „Gott verschiebe Etlicher Strafen bis nach diesem Leben, auf daß wir gewiß sein mögen, daß ein höllisches Feuer sei, worin die Gottlosen einst mit allerlei Pein und Marter sollen gestraft werden; hingegen halte Er darum in dieser Welt bisweilen mit seiner Gnade und Belohnung an sich, auf daß wir gewiß schließen mögen, daß ein ewiges Leben sei, worin den Gläubigen Alles wird eingebracht werden.“ Er trotzt V. 14. 15., daß der Herr sich sein Erbe und Eigenthum, seine theuer erworbenen Gläubigen, nimmer werde nehmen lassen, und wie Er selber lauter Recht und Gerechtigkeit sei, auch ihnen zuletzt jedesmal Recht schaffen. Er richtet sich V. 16-19 durch die reichen Erfahrungen der göttlichen Erquickungen und Durchhülfen auf, welche er und alle Gläubigen in ihrem bisherigen Leben schon oft gemacht haben, und bestätigt damit Pauli Aussage: Haben wir des Leidens Christi viel, so werden wir auch reichlich getröstet durch Christum. Er schildert den Widerspruch des göttlichen Richterstuhls mit dem weltlichen: was auch möglich sei in der Welt, das sei unmöglich, daß Gott jemals könnte eins werden mit den Gottlosen oder es mit ihnen halten und ihre Lehren und Thaten billigen, oder ihre Bosheit ihnen immer hingehen lassen. Jene graben sich zuletzt nur ihre eigne Grube. Luther sagt dazu: „Wer nun solches glaubt und von Gott gelehret ist, der kann geduldig sein, die Gottlosen toben lassen, und auf’s Ende schauen und der Zeit harren.“ Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 95

95:1 Kommt herzu, laßt uns dem HErrn frohlocken und jauchzen dem Hort unsers Heils!

95:2 Lasset uns mit Danken vor sein Angesicht kommen und mit Psalmen ihm jauchzen!

95:3 Denn der HErr ist ein großer GOtt und ein großer König über alle Götter.

95:4 Denn in seiner Hand ist, was die Erde bringet; und die Höhen der Berge sind auch sein.

95:5 Denn sein ist das Meer, und er hat's gemacht; und seine Hände haben das Trockne bereitet.

95:6 Kommt, laßt uns anbeten und knieen und niederfallen vor dem HErrn, der uns gemacht hat!

95:7 Denn er ist unser GOtt, und wir das Volk seiner Weide und Schafe seiner Hand. Heute, so ihr seine Stimme höret,

95:8 so verstocket euer Herz nicht, wie zu Meriba geschah, wie zu Massa in der Wüste,

95:9 da mich eure Väter versuchten, fühleten und sahen mein Werk,

95:10 daß ich vierzig Jahre Mühe hatte mit diesem Volk und sprach: Es sind Leute, deren Herz immer den Irrweg will, und die meine Wege nicht lernen wollen;

95:11 daß ich schwur in meinem Zorn: Sie sollen nicht zu meiner Ruhe kommen!
Ein schönes Festlied, dessen sich, namentlich des sechsten Verses, die römische und auch die englische Kirche zur Einleitung ihrer Gottesdienste bedient. Es beginnt mit der Aufforderung zum fröhlichen Lobe Gottes: Er ist preiswürdig über alle Gegenstände der Anbetung, die sonst auf Preis Anspruch machen. Es muß Ihn Israel vor allen preisen, denn Er hat Israel zu seinem Volk gemacht und als ein treuer Hirt geweidet. Und auch was wir von Natur und Gnade sind und haben, das haben wir Ihm zu danken. Da bleibt’s nun eine ausgemachte Sache: das Werk seiner Hände kann und will Gott nimmermehr lassen. Endlich schließt unser Festlied mit der Ermunterung: Möchten sie an dem dem Herrn geweiheten Tage auf’s neue seiner Stimme Gehör geben! Möchten sie sich ein Beispiel nehmen an den Vätern, die nach so vielen Wohlthaten doch sich verstockten, dafür aber auch ausgeschlossen wurden von der Ruhe Gottes! – Mit Israel hatte Gott ehedem 40 Jahre Mühe genug gehabt; mit manchem Christen währt es noch länger. So wenig achtet man heut zu Tage die rufende Stimme Gottes, daß, ob Er schon täglich ruft und beide Arme ausstreckt, die Meisten doch weder hören noch folgen wollen. Indessen läuft das Heute zu Ende und die Zeit der Gnade verstreicht. Das Herz wird je länger je mehr von der Welt bezaubert, so daß endlich die Stimme Gottes nicht mehr durchdringt und der Herr in seinem Zorn ein unwiderrufliches Urtheil fällt. Ach, es ist gar zu gefährlich, die Gnadenzeit zu versäumen und mit der Buße es auf die Zornzeit ankommen zu lassen. Ach, Herr, laß mich alle Tage, laß mich heute Buße thun. Laß mich meine Belehrung keinen Augenblick aufschieben. Laß mich Dir heute meine Herzensthür öffnen, weil ich nicht weiß, ob es morgen noch Zeit ist. Ich will hören und will durch Deine Gnade ferner hören, so wollest Du mir dann auch in Gnaden helfen zu der hochgewünschten Ruhe, darin ich ewig jauchzen und frohlocken kann, für alle Deine Liebe und Treue, die Du an mir erwiesen hast. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 96

96:1 Singet dem HErrn ein neues Lied; singet dem HErrn, alle Welt!

96:2 Singet dem HErrn und lobet seinen Namen; prediget einen Tag am andern sein Heil!

96:3 Erzählet unter den Heiden seine Ehre, unter allen Völkern seine Wunder!

96:4 Denn der HErr ist groß und hoch zu loben, wunderbarlich über alle Götter.

96:5 Denn alle Götter der Völker sind Götzen; aber der HErr hat den Himmel gemacht.

96:6 Es stehet herrlich und prächtig vor ihm und gehet gewaltiglich und löblich zu in seinem Heiligtum.

96:7 Ihr Völker, bringet her dem HErrn, bringet her dem HErrn Ehre und Macht!

96:8 Bringet her dem HErrn die Ehre seinem Namen; bringet Geschenke und kommt in seine Vorhöfe!

96:9 Betet an den HErrn in heiligem Schmuck; es fürchte ihn alle Welt!

96:10 Sagt unter den Heiden, daß der HErr König sei und habe sein Reich, soweit die Welt ist, bereitet, daß es bleiben soll, und richtet die Völker recht

96:11 Himmel freue sich, und Erde sei fröhlich; das Meer brause, und was drinnen ist;

96:12 das Feld sei fröhlich und alles, was drauf ist; und lasset rühmen alle Bäume im Walde

96:13 vor dem HErrn; denn er kommt, denn er kommt, zu richten das Erdreich. Er wird den Erdboden richten mit Gerechtigkeit und die Völker mit seiner Wahrheit.
Es dünkt Manchem in diesem Weltgetümmel, es regiere der Zufall oder die Willkühr oder gar Niemand. Die heilige Schrift aber belehrt uns im obigen Psalm, daß der Herr König ist, daß diese Wahrheit einen Theil des neuen Liedes ausmacht, das man sonderlich in der Zeit des neuen Testamentes singen soll, das man aber erst recht singen wird an dem großen, schönen Neujahrstag, der anbrechen soll und wird, wann alles Bewegliche, das gemacht ist, Platz wird gemacht haben dem unbeweglichen Reiche, das da kommt. Jesus Christus also ist der Herr, und fürwahr kein bloßer Titular-König, sondern wahrhaftig und wirklich regierender König des Himmels und der Erde, dessen Regierung wir freilich jetzt nur erst stückweise übersehen können, die dereinst aber nach der Ausführung und Vollendung des ewigen Rathschlusses Gottes Allen entgegenleuchten wird wie die helle Sonne. Er, Er herrscht mit einer Macht und Energie, womit Er sich alle Dinge unterthänig machen kann: alle Macht der Hölle ist wie ein Strohhalm dagegen, und alle Macht und Herrlichkeit dieses Fleisches wie eine Grasblume. Er herrscht mit einer Gerechtigkeit, die durch die große Geschichte unseres Geschlechts, wie in dem Gewissen der Einzelnen oft augenscheinlich an den Tag tritt. Gott weiß es, was schon längst aus uns Allen geworden wäre, wenn diese geheime Macht der regierenden Gerechtigkeit unsers Herrn nicht von Zeit zu Zeit aus dem Dunkel hervorträte, und den Uebermüthigen nicht zeigte, daß sie noch einen Meister über sich haben und daß die heiligen Gesetze seiner Weltordnung nicht ungestraft verhöhnt und übertreten werden können. Er herrscht hohepriesterlich, das ist, versöhnend, barmherzig wartend, bis Er alle feindseligen Gegensätze auflösen oder wegräumen, sich unterwerfen oder auf ewig unschädlich machen kann; und dieses barmherzige Warten ist die Rettung schon vieler tausend Seelen geworden und wird es noch werden, bis diese rettende Wartezeit abgelaufen sein wird. Deine Geduld, Herr, ist auch meine Seligkeit! Dir will ich auch ferner allein meine Wege befehlen, und keinen Schritt thun ohne Dich und wider Dich: Du wirst Alles wohl machen. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 97

97:1 Der HErr ist König; des freue sich das Erdreich, und seien fröhlich die Inseln, soviel ihrer ist.

97:2 Wolken und Dunkel ist um ihn her. Gerechtigkeit und Gericht ist seines Stuhles Festung:

97:3 Feuer gehet vor ihm her und zündet an umher seine Feinde.

97:4 Seine Blitze leuchten auf den Erdboden; das Erdreich siehet und erschrickt.

97:5 Berge zerschmelzen wie Wachs vor dem HErrn, vor dem Herrscher des ganzen Erdbodens.

97:6 Die Himmel verkündigen seine Gerechtigkeit, und alle Völker sehen seine Ehre.

97:7 Schämen müssen sich alle, die den Bildern dienen und sich der Götzen rühmen. Betet ihn an, alle Götter!

97:8 Zion höret es und ist froh; und die Töchter Judas sind fröhlich, HErr über deinem Regiment.

97:9 Denn du, HErr, bist der Höchste in allen Landen; du bist sehr erhöhet über alle Götter.

97:10 Die ihr den HErrn liebet, hasset das Arge! Der HErr bewahret die Seelen seiner Heiligen; von der Gottlosen Hand wird er sie erretten.

97:11 Dem Gerechten muß das Licht immer wieder aufgehen und Freude den frommen Herzen.

97:12 Ihr Gerechten, freuet euch des HErrn; und danket ihm und preiset seine Heiligkeit!
Luther sagt von diesem Psalm: „Dieser Psalm ist eine Weissagung vom Reiche Christi; und ist immer die Meinung, daß Er solch Reich anrichtet und erhält durch’s Evangelium, damit donnert und blitzet Er, und verbrennet seine Feinde, und zerschmelzet Berge u.s.w., d.i. er demüthiget alle Heiligkeit, Weisheit, Gewalt und was groß ist, daß sie allein durch Ihn müssen heilig, weise, groß und mächtig werden, und sonst nicht. Mit diesen Feinden und Bergen gehen unter auch der Juden Reich und Gottesdienst und alles, was nicht Christus ist. Denn Er soll’s allein sein, und alles Andere nichts.“ Die Ankunft des Herrn als Richters der Erde in furchtbarer Majestät wird hier wie Psalm 18 beschrieben; alle Völker sehen seine Ehre, den Götzendienern das Gericht zur Beschämung, aber Zion gereicht es zur herzlichen Freude. Alles Böse wird aufgehoben, der Fürst dieser Welt gerichtet und der Sieg Christi über die ungläubige Welt gefeiert. – Freue dich denn über dies Freudenreich deines Königs, meine Seele, und vergiß nie, was du in seinem Reiche von Ihm, deinem Haupt und Heiland, zu erwarten hast! Kein weltlicher Fürst kann seinen Unterthanen versprechen, daß er ihre Seelen bewahren wolle; er kann nicht einmal ihren Leib und ihr Hab und Gut, geschweige ihre Seelen, über welche er keine Gewalt hat, schützen. Christus aber verspricht es, und was Er zusagt, hält Er gewiß. Und darum bleibt es wahr, womit der Psalm schließt: „Den Gerechten wird das Licht gesäet und Freude den frommen Herzen.“ Christus hat für sie so viel Trost, Segen, Friede, Freude und Seligkeit bereitet, als alle Ackersleute der Welt vermögen Samen auszustreuen. Aber wie der Same Zeit haben will zum Wachsen und nicht eher aufgeht, bis seine Zeit kommt, so geht es auch mit der Freude und verheißenen Herrlichkeit der Reichsgenossen Jesu Christi; sie ist denselben schon bereitet, aber meist noch verborgen, bricht aber endlich desto reichlicher hervor zu ihrem ewigen Vergnügen. Kein Acker kann alsdann so voller Aehren stehen, als eine solche Seele Segen zu genießen hat. Der Himmel selbst kann mit so vielen Sternen nicht besäet sein, als sich an einem solchen Reichsgenossen Christi wird Herrlichkeit sehen lassen. Deß tröste dich, meine Seele, und preise dafür ewig deines Jesu Freundlichkeit! Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 98

98:1 Ein Psalm. Singet dem HErrn ein neues Lied; denn er tut Wunder. Er sieget mit seiner Rechten und mit seinem heiligen Arm.

98:2 Der HErr läßt sein Heil verkündigen, vor den Völkern läßt er seine Gerechtigkeit offenbaren.

98:3 Er gedenket an seine Gnade und Wahrheit dem Hause Israel. Aller Welt Enden sehen das Heil unsers GOttes.

98:4 Jauchzet dem HErrn, alle Welt; singet, rühmet und lobet!

98:5 Lobet den HErrn mit Harfen, mit Harfen und mit Psalmen;

98:6 mit Trommeten und Posaunen jauchzet vor dem HErrn, dem Könige!

98:7 Das Meer brause, und was drinnen ist, der Erdboden, und die drauf wohnen.

98:8 Die Wasserströme frohlocken, und alle Berge seien fröhlich

98:9 vor dem HErrn; denn er kommt, das Erdreich zu richten. Er wird den Erdboden richten mit Gerechtigkeit und die Völker mit Recht.
Mit diesem Psalm beginnt in der Kirche der Gottesdienst am heutigen Tage, weshalb er auch Cantate, d.h. singet heißt. Er ist der einzige Psalm, welcher bloß: ein Psalm ohne Beisatz überschrieben ist, was, da er der lyrische Begleiter des mehr prophetisch gehaltenen vorhergehenden 97. Psalms ist, andeuten soll, daß er der Psalm im Psalm ist. Er zerfällt in drei Strophen; in der ersten V. 1-3 wird nach einer kurzen Aufforderung, den Herrn zu preisen, der Gegenstand des Preises angegeben; der Herr hat sein Volk auf wunderbare Weise gelöst; die zweite Strophe V. 4-6 zeigt, wie der Preis beschaffen sein soll: alle Mittel, die überhaupt zu Gebote stehen, sollen dazu benutzt werden; die dritte Strophe V. 7-9 sagt, von wem der Preis ausgehen soll: von der ganzen Erde. Mithin ein rechtes Cantate! – Singet dem Herrn ein neues Lied, nicht mehr das alte Lied des Gesetzes, das nur schreckt, flucht und verdammt, sondern das neue Lied des Evangeliums von der fröhlichen Botschaft der Gnade Gottes in Christo Jesu. Warum? Denn Er thut Wunder. Die Versöhnung mit Gott, die Ueberwindung des Todes, des Teufels und der Hölle, die Erlösung des menschlichen Geschlechts, die Wiederherstellung der vor Gott gültigen Gerechtigkeit und ewigen Seligkeit sind ja recht eigentliche Wunder über alle Wunder. Er sieget mit seiner Rechten und mit seinem heiligen Arm Der heilige Arm Gottes, durch den Er die Erlösung der Welt, die Wiederaufrichtung seines Reichs vollbringt, ist die in Christo vom Himmel herniederreichende Kraft des Höchsten, oder so zu sagen Christus selbst, wie Jes. 52,10 lehrt. Tröstlicher Ausspruch! Wir dürfen also nie verzagen, wenn uns auch überall nichts als Schwäche und Ohnmacht entgegentritt oder der Zweifel, ob uns auch Gott zu solcher reichen Gnade in Christo bei unserer Unwürdigkeit wolle kommen lassen, oder ob wir jemals über unsere Sünde werden den Sieg erhalten. Der Herr läßt sein Heil verkündigen, vor den Völkern läßt Er seine Gerechtigkeit, die Jedem das Seine giebt, denn Er hat ihm Heil verheißen, also seine Treue offenbaren; Er gedenkt an seine Gnade und Wahrheit dem Hause Israel, aller Welt Ende sehen das Heil unseres Gottes. O wie hat Gott das so reichlich gethan in den 4 großen und 12 kleinen Propheten, in Jesaias mit seinem Heilsbrunnen, in Jeremias mit seinem neuen Bunde, in Ezechiel mit seinem theuern Gotteseid, in Daniel mit seiner messianischen Offenbarung, in Hoseas mit seinem Seelenbräutigam, in Joel mit seiner Geistesausgießung, in Amos mit seinem süßen evangelischen Freudenwein, in Obadia mit seinem Heiligthum auf Zion, in Jona mit seinem Wallfischbauch, in Micha mit seiner Trostpredigt, in Nahm mit seinem Frieden, in Habakuk mit seinem Glauben, in Zephania mit seinen freundlichen Lippen, in Haggai mit seinem Heidentrost, in Zacharias mit seinem Zionskönig, in Maleachi mit seiner Sonne der Gerechtigkeit! Vollends im neuen Testament von Johannes dem Täufer an bis zur Offenbarung St. Johannis, in den Aposteln, von denen jeder sagen kann: ich habe euch nichts verhalten vom Rathe Gottes zu eurer Seligkeit. Darum gilt die Aufforderung: Jauchzet dem Herrn alle Welt, singet, rühmet und lobet! Lobet den Herrn mit Harfen und mit Psalmen, indem ihr eure Menschenstimmen mit dem Saitenklang vereiniget; mit Trompeten und Posaunen jauchzet vor dem Herrn, dem Könige! Und giebt’s nicht immer einen starken Trompeten- und Posaunenschall, so sehet doch wenigstens zu, daß es an einem schwachen Harfen- und Cymbelspiel nicht fehle. Und wenn auch dies nicht allezeit wollte von Statten gehen, so rufet Gott desto eifriger um den Geist der Gnade und des Gebets an: bläset dieser Gnadenwind ins Herz, so wird’s bald stärker tönen. O der Herr ist’s werth, daß Alles Ihm lobsinge. Es dröhne denn das Meer und seine Fülle, der Erdkreis und die auf ihm wohnen; die Ströme mögen klatschen in die Hände und alle Berge jubeln als Stimmen frohlockender Huldigung vor dem Herrn, denn Er kommt, den Erdkreis zu richten und ihn aus einer Stätte des Jammers durch sein gerechtes Regiment in eine Stätte des Heils und der Freude zu verwandeln; Er wird den Erdboden richten mit Gerechtigkeit und die Völker mit Recht und die ganze Welt wird sich dann ihrer endlichen Erneuerung durch das Kommen des Herrn freuen. So lobe denn auch mein Mund und meine Zunge, und mein Thun und Lassen allewege den Herrn! Hallelujah. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 99

99:1 Der HErr ist König, darum toben die Völker; er sitzet auf Cherubim, darum reget sich die Welt.

99:2 Der HErr ist groß zu Zion und hoch über alle Völker.

99:3 Man danke deinem großen und wunderbarlichen Namen, der da heilig ist.

99:4 Im Reich dieses Königs hat man das Recht lieb. Du gibst Frömmigkeit; du schaffest Gericht und Gerechtigkeit in Jakob.

99:5 Erhebet den HErrn, unsern GOtt, betet an zu seinem Fußschemel; denn er ist heilig.

99:6 Mose und Aaron unter seinen Priestern und Samuel unter denen, die seinen Namen anrufen; sie riefen an den HErrn, und er erhörete sie.

99:7 Er redete mit ihnen durch eine Wolkensäule. Sie hielten seine Zeugnisse und Gebote, die er ihnen gab.

99:8 HErr, du bist unser GOtt, du erhöretest sie; du, GOtt, vergabest ihnen und straftest ihr Tun:

99:9 Erhöhet den HErrn, unsern GOtt, und betet an zu seinem heiligen Berge; denn der HErr, unser GOtt, ist heilig:
Ein ermahnender Psalm, dessen Sinn unstreitig der ist: Unter dem Druck der gegenwärtigen traurigen Zeit denket an die Zukunft, wo, wie wir aus Seiner untrüglichen Verheißung wissen, der Herr nicht blos seinem Bundesvolke, sondern allen Heiden in Gnade und Gericht sich offenbaren wird; durch diese Aussicht gestärkt, thut schon jetzt, was nach den Zeugnissen der heiligen Geschichte euch allein den Segen des Herrn bringen kann; rufet Ihn unablässig an in der Noth, so wird Er euch erhören. So machte es Moses 2. Mose 32, und betete so gewaltig für das Volk, daß Gott gleichsam gebunden sagen mußte: Laß mich, und endlich von seinem Zorn ließ. So machte es Aron und trat mit dem heiligen Rauchwerk und mit seinem Gebet mit solcher Kraft zwischen Todte und Lebendige ein, daß die Plage, welche bereits 14,700 Israeliten getödtet hatte, sofort aufhörte. So machte es Samuel und betete mit seinem Gebet die Philister zu Boden und erlösete Israel von zwanzigjähriger Bedrängniß. Das sind denkwürdige Exempel, die uns insbesondere in der Exaudiwoche, in der Rüstzeit auf Pfingsten, billig sollten zu einem heißeifrigen Gebet ermuntern. Und sind wir auch keine Propheten, wie jene Männer, besitzen wir auch keine außerordentliche Gebetsgabe, so ist doch gewiß, daß bei Gott kein Ansehen der Person gilt, Er siehet das Herz an, seine Augen schauen allein nach dem Glauben. Je mehr wir uns demüthigen und erniedrigen und uns des heiligen Geistes bedürftig fühlen, desto mehr will Gott unser Gebet sich wohlgefallen lassen, und uns die Gabe aller Gaben geben. Er hört gern die Elenden, die sich unwürdig achten seiner Erhörung. Diese großen Heiligen sind ja auch Sünder gewesen, und mußten auch um Vergebung ihrer Sünden bitten, und Gott vergab ihnen auch. Der Herr ist nahe allen denen, die Ihn anrufen, die Ihn mit Ernst anrufen. Wir sind ja überdies nicht blos Sünder, sondern in Christo auch Kinder Gottes, und als solche berechtigt, mit unserm Vater frei und freudig uns zu besprechen und auf Seine Treue uns zu verlassen. Und wenn Er uns leibliche Gaben auch wohl ohne unser Gebet giebt, die geistlichen Güter giebt Er uns nur durch’s Gebet. Herr, hilf uns denn, daß wir nicht um Steine, sondern um Brod bitten, und nicht um Schlangen, sondern um Fische, um Deinen heiligen Geist, daß Er zu uns komme, bei uns bleibe und in uns wohne ewiglich. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 100

100:1 Ein Dankpsalm. Jauchzet dem HErrn, alle Welt!

100:2 Dienet dem HErrn mit Freuden; kommt vor sein Angesicht mit Frohlocken!

100:3 Erkennet, daß der HErr GOtt ist! Er hat uns gemacht, und nicht wir selbst zu seinem Volk und zu Schafen seiner Weide.

100:4 Gehet zu seinen Toren ein mit Danken, zu seinen Vorhöfen mit Loben; danket ihm, lobet seinen Namen!

100:5 Denn der HErr ist freundlich, und seine Gnade währet ewig und seine Wahrheit für und für.
Komm, meine Seele, wir wollen anbeten und knien und niederfallen vor dem Herrn, der dich gemacht hat; denn Er ist unser Gott, und wir das Volk seiner Weide und Schafe seiner Heerde. Ich erscheine jetzt vor Deinem Angesicht, o Vater der Barmherzigkeit, und begehre Deine Gnade und Deinen Schirm für diese Nacht und allezeit. Vergieb mir zuvörderst alle meine Sünde, damit ich Dich den ganzen Tag und die Zeit meines Lebens beleidigt, es sei mit leichtfertigen Worten, eitlen Gedanken, lieblosen Werken oder sonst womit geschehen. Ich bereue von Herzen alle meine Sünden und Fehler, und kehre mit dem abtrünnigen Israel wieder zu Dir. Gedenke diesen Abend meiner, mein Gott, im besten, und laß mich nimmermehr vergessen all’ des Guten, das ich von Dir empfangen. Vergiß, gütiger Vater, was geschehen, und hilf, daß ich fortan vor Dir wandle und fromm sei. leite mich stets in Deinem Rath, daß meine Füße nicht gleiten noch straucheln, mein Herz nicht wanke, sondern in die Fußtapfen Jesu Christi, Deines Sohnes, trete, Dir gehorsam zu sein bis an’s Ende. Erfülle meine Seele mit herzlicher Liebe zu Dir, bewahre meinen Geist in kindlicher Furcht und Verehrung Deines heiligen Namens und Gesetzes, und das Hauptwerk meines ganzen Lebens sei, Dir zu dienen und Deine Ehre zu verwahren. Lehre mich, o Herr, meine Tage zählen und bedenken, daß es ein Ende mit mir haben wird, mein Leben ein Ziel hat und ich davon muß. Laß Deine Engel diese Nacht eine Wagenburg um mich schlagen, besuche mein ganzes Haus und laß mich und alle, die darin sind, Barmherzigkeit finden vor Deinen Augen. In Deine Hände, Jesu, befehle ich meine Seele und meinen Leib, Du hast mich erlöset mit Deinem theuern Blute. Segne und heilige meinen Schlaf wie Deines Knechtes Jacob, und hilf, daß ich mit meinem Geiste stets zu Dir wache, Dein zu bleiben im Wachen und Schlafen, im Leben und Sterben. So schlaf ich ein in Gottes Namen, ganz mit Frieden; denn Du allein, Herr, hilfst mir, daß ich sicher wohne. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 101

101:1 Ein Psalm Davids. Von Gnade und Recht will ich singen und dir, HErr, lobsagen.

101:2 Ich handle vorsichtig und redlich bei denen, die mir zugehören, und wandle treulich in meinem Hause.

101:3 Ich nehme mir keine böse Sache vor. Ich hasse den Übertreter und lasse ihn nicht bei mir bleiben.

101:4 Ein verkehret Herz muß von mir weichen; den Bösen leide ich nicht.

101:5 Der seinen Nächsten heimlich verleumdet, den vertilge ich. Ich mag des nicht, der stolze Gebärden und hohen Mut hat.

101:6 Meine Augen sehen nach den Treuen im Lande, daß sie bei mir wohnen, und habe gerne fromme Diener.

101:7 Falsche Leute halte ich nicht in meinem Hause; die Lügner gedeihen nicht bei mir.

101:8 Frühe vertilge ich alle Gottlosen im Lande, daß ich alle Übeltäter ausrotte aus der Stadt des HErrn.

Psalm 102

102:1 Ein Gebet des Elenden, so er betrübt ist und seine Klage vor dem HErrn ausschüttet.

102:2 HErr, höre mein Gebet und laß mein Schreien zu dir kommen!

102:3 Verbirg dein Antlitz nicht vor mir in der Not; neige deine Ohren zu mir; wenn ich dich anrufe, so erhöre mich bald!

102:4 Denn meine Tage sind vergangen wie ein Rauch, und meine Gebeine sind verbrannt wie ein Brand.

102:5 Mein Herz ist geschlagen und verdorret wie Gras, daß ich auch vergesse, mein Brot zu essen.

102:6 Mein Gebein klebt an meinem Fleisch vor Heulen und Seufzen.

102:7 Ich bin gleich wie eine Rohrdommel in der Wüste; ich bin gleich wie ein Käuzlein in den verstörten Stätten.

102:8 Ich wache und bin wie ein einsamer Vogel auf dem Dache.

102:9 Täglich schmähen mich meine Feinde; und die mich spotten, schwören bei mir.

102:10 Denn ich esse Asche wie Brot und mische meinen Trank mit Weinen

102:11 vor deinem Dräuen und Zorn, daß du mich aufgehoben und zu Boden gestoßen hast.

102:12 Meine Tage sind dahin wie ein Schatten; und ich verdorre wie Gras.

102:13 Du aber, HErr, bleibest ewiglich und dein Gedächtnis für und für.

102:14 Du wollest dich aufmachen und über Zion erbarmen; denn es ist Zeit, daß du ihr gnädig seiest, und die Stunde ist kommen.

102:15 Denn deine Knechte wollten gerne, daß sie gebauet würde, und sähen gerne, daß ihre Steine und Kalk zugerichtet würden;

102:16 daß die Heiden den Namen des HErrn fürchten und alle Könige auf Erden deine Ehre;

102:17 daß der HErr Zion bauet und erscheinet in seiner Ehre.

102:18 Er wendet sich zum Gebet der Verlassenen und verschmähet ihr Gebet nicht.

102:19 Das werde geschrieben auf die Nachkommen; und das Volk, das geschaffen soll werden, wird den HErrn loben.

102:20 Denn er schauet von seiner heiligen Höhe, und der HErr siehet vom Himmel auf Erden,

102:21 daß er das Seufzen des Gefangenen höre und losmache die Kinder des Todes,

102:22 auf daß sie zu Zion predigen den Namen des HErrn und sein Lob zu Jerusalem,

102:23 wenn die Völker zusammenkommen und die Königreiche, dem HErrn zu dienen.

102:24 Er demütiget auf dem Wege meine Kraft; er verkürzet meine Tage.

102:25 Ich sage: Mein GOtt, nimm mich nicht weg in der Hälfte meiner Tage! Deine Jahre währen für und für.

102:26 Du hast vorhin die Erde gegründet, und die Himmel sind deiner Hände Werk.

102:27 Sie werden vergehen, aber du bleibest. Sie werden alle veralten wie ein Gewand; sie werden verwandelt wie ein Kleid, wenn du sie verwandeln wirst.

102:28 Du aber bleibest, wie du bist, und deine Jahre nehmen kein Ende.

102:29 Die Kinder deiner Knechte werden bleiben, und ihr Same wird vor dir gedeihen.
Das konnte David von allen seinen Tagen bekennen, daß sie wie ein Rauch vergangen waren. So wenig man einen aufgeflogenen Rauch wieder sammeln und eine Spur davon finden kann, so wenig kann man die vergangenen Tage zurückrufen. Aber David empfand auch, daß unter den mancherlei Demüthigungen seine Kräfte abnahmen und seine Tage verkürzt wurden. Bei dem Zunehmen der Jahre werden die Kräfte schwächer, und bei der Verkürzung unserer Lebenstage sinken wir endlich ganz kraftlos hin. Jetzt sind die kürzesten Tage im Jahre; aber der kürzeste wie der längste Tag im Jahre haben ihre Gleichheit darin, daß man an beiden viel Gutes unterlassen und viel Böses ausüben kann. Wie oft sind die kurzen Tage im Jahre gerade diejenigen, wo sich die Menschen am meisten den Sünden der Wollust, der Ueppigkeit, des heimlichen Betrugs und so mancher Werke der Finsterniß überlassen, weil sie sie für weniger schändlich halten, da sie nicht von der Sonne erleuchtet und von Menschen gesehen werden. Ach, es ist keine Finsterniß, wo Gott ist. Er siehet uns immer in seinem Lichte. Und wie jetzt auf eine Reihe kurzer Tage doch wieder längere Tage folgen, so wird auch einst ein Licht des großen, letzten Tages alles entdecken, was im Finstern verborgen war. Selig, wer sich alsdann vor diesem Lichte nicht fürchten, sondern sich darauf freuen darf! – Gott sei Lob und Dank, daß Er uns Jer. 33,20-26 an den Bund erinnert, den Er mit Tag und Nacht gemacht hat, und daraus den Schluß zieht: so lange dieser Bund dauert, wolle Er auch seinen Gnadenbund halten. Es kann sein, das in der Erfüllung seiner Verheißungen uns zuweilen ein Tag zu kurz und einer zu lang wird; aber das hebt Seine Treue nicht auf. Er wird Sein Licht nicht ganz von uns nehmen und nicht uns uns selbst überlassen. Wir werden auch noch einmal fest werden, und das geschieht durch Gnade. Darauf bauen wir alle unsere Hoffnung, daß wir einmal, wenn es keine langen und kurzen Tage, sondern nur einen Tag geben wird, in dem keine Nacht ist, zum Anschauen des hellen Angesichts Gottes gelangen werden. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 103

103:1 Ein Psalm Davids. Lobe den HErrn, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen!

103:2 Lobe den HErrn, meine Seele, und vergiß nicht, was er dir Gutes getan hat,

103:3 der dir alle deine Sünden vergibt und heilet alle deine Gebrechen,

103:4 der dein Leben vom Verderben erlöset, der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit,

103:5 der deinen Mund fröhlich machet, und du wieder jung wirst wie ein Adler.

103:6 Der HErr schaffet Gerechtigkeit und Gericht allen, die Unrecht leiden.

103:7 Er hat seine Wege Mose wissen lassen, die Kinder Israel sein Tun.

103:8 Barmherzig und gnädig ist der HErr, geduldig und von großer Güte.

103:9 Er wird nicht immer hadern, noch ewiglich Zorn halten.

103:10 Er handelt nicht mit uns nach unsern Sünden und vergilt uns nicht nach unserer Missetat.

103:11 Denn so hoch der Himmel über der Erde ist, läßt er seine Gnade walten über die, so ihn fürchten.

103:12 So ferne der Morgen ist vom Abend, lässet er unsere Übertretung von uns sein.

103:13 Wie sich ein Vater über Kinder erbarmet, so erbarmet sich der HErr über die, so ihn fürchten.

103:14 Denn er kennet, was für ein Gemächte wir sind; er gedenket daran, daß wir Staub sind.

103:15 Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras; er blühet wie eine Blume auf dem Felde.

103:16 Wenn der Wind darüber geht, so ist sie nimmer da, und ihre Stätte kennet sie nicht mehr.

103:17 Die Gnade aber des HErrn währet von Ewigkeit zu Ewigkeit über die, so ihn fürchten, und seine Gerechtigkeit auf Kindeskind

103:18 bei denen, die seinen Bund halten und gedenken an seine Gebote, daß sie danach tun.

103:19 Der HErr hat seinen Stuhl im Himmel bereitet, und sein Reich herrschet über alles.

103:20 Lobet den HErrn, ihr seine Engel, ihr starken Helden, die ihr seinen Befehl ausrichtet, daß man höre die Stimme seines Worts.

103:21 Lobet den HErrn, alle seine Heerscharen, seine Diener, die ihr seinen Willen tut!

103:22 Lobet den HErrn, alle seine Werke, an allen Orten seiner Herrschaft! Lobe den HErrn, meine Seele!
Mit diesem Davidischen Lobgesange schließe ich billig diese Buß- und Betwoche des Jahres. Mein Herz ist von Natur gar träge und verdrossen zum Lobe Gottes und zum Danke für die von Ihm empfangenen Wohlthaten. Darum ist gewiß eine Aufmunterung nöthig, mich selbst also anzureden: Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist, Seinen heiligen Namen! Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiß nicht, was Er dir Gutes gethan hat! Nicht genug ist’s, mit dem Munde Gott zu loben und mit den Lippen Ihn zu ehren; sondern die Seele muß selbst in Lob und Dank Gottes übergehen, alle ihre Kräfte und alle Blutstopfen müssen mit dem Preise des Herrn beschäftigt sein. Es fordert ja Gott für alle Seine Wohlthaten nichts mehr, als nur einen Dank. Das müßte demnach eine verfluchte Creatur sein, die sich dessen weigerte. Die Wohlthaten Gottes sind freilich unzählbar; aber die größten sind doch die, welche David im obigen Psalm anführt, und an welche mich namentlich diese Bußwoche erinnert. An ihrer Spitze steht die Vergebung der Sünden: wer kann sie in ihrer erquicklichen, tröstlichen Kraft gebührend genug beschreiben? Darauf folgt die Heilung unserer Gebrechen: ach, Seele und Leib haben tausend Gebrechen, der Herr aber ist unser Arzt, der sie alle durch sein Macht- und Gnadenwort heilt! Daran reiht sich die Erlösung vom Verderben, in welches Sünde und Teufel uns stürzt, und von welchem kein Mensch uns erretten kann: Er hat uns die Augen geöffnet, daß wir es sahen und erschraken, Er hat uns auf allen Seiten mit Seiner Gnade gekrönt wie mit einem Schilde und Seine Barmherzigkeit uns zu einem Walle und einer Mauer gesetzt, daß uns der Sünde und des Satans List und Macht nichts hat schaden können. Endlich hat Er uns nach dem Schmerz der Reue auch den Mund wieder fröhlich gemacht und die Kräfte unseres Geistes und Leibes erneuert durch die reichen Mittheilungen Seiner göttlichen Gnade. Darum Hallelujah! Wer recht danken kann, kann auch recht genießen. Dein Lob soll immerdar in meinem Munde sein. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 104

104:1 Lobe den HErrn, meine Seele! HErr, mein GOtt, du bist sehr herrlich; du bist schön und prächtig geschmückt.

104:2 Licht ist dein Kleid, das du anhast. Du breitest aus den Himmel wie einen Teppich;

104:3 du wölbest es oben mit Wasser; du fährest auf den Wolken wie auf einem Wagen und gehest auf den Fittichen des Windes

104:4 der du machest deine Engel zu Winden und deine Diener zu Feuerflammen;

104:5 der du das Erdreich gründest auf seinen Boden, daß es bleibt immer und ewiglich.

104:6 Mit der Tiefe deckest du es wie mit einem Kleid, und Wasser stehen über den Bergen.

104:7 Aber von deinem Schelten fliehen sie, von deinem Donner fahren sie dahin.

104:8 Die Berge gehen hoch hervor, und die Breiten setzen sich herunter zum Ort, den du ihnen gegründet hast.

104:9 Du hast eine Grenze gesetzt, darüber kommen sie nicht, und müssen nicht wiederum das Erdreich bedecken.

104:10 Du lässest Brunnen quellen in den Gründen, daß die Wasser zwischen den Bergen hinfließen,

104:11 daß alle Tiere auf dem Felde trinken und das Wild seinen Durst lösche.

104:12 An denselben sitzen die Vögel des Himmels und singen unter den Zweigen.

104:13 Du feuchtest die Berge von oben her; du machest das Land voll Früchte, die du schaffest.

104:14 Du lässest Gras wachsen für das Vieh und Saat zu Nutz den Menschen, daß du Brot aus der Erde bringest,

104:15 und daß der Wein erfreue des Menschen Herz und seine Gestalt schön werde von Öl, und das Brot des Menschen Herz stärke;

104:16 daß die Bäume des HErrn voll Safts stehen, die Zedern Libanons, die er gepflanzet hat.

104:17 Daselbst nisten die Vögel, und die Reiher wohnen auf den Tannen.

104:18 Die hohen Berge sind der Gemsen Zuflucht und die Steinklüfte der Kaninchen.

104:19 Du machest den Mond, das Jahr danach zu teilen; die Sonne weiß ihren Niedergang.

104:20 Du machest Finsternis, daß Nacht wird; da regen sich alle wilden Tiere,

104:21 die jungen Löwen, die da brüllen nach dem Raub und ihre Speise suchen von GOtt.

104:22 Wenn aber die Sonne aufgehet, heben sie sich davon und legen sich in ihre Löcher.

104:23 So gehet denn der Mensch aus an seine Arbeit und an sein Ackerwerk bis an den Abend.

104:24 HErr, wie sind deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weislich geordnet und die Erde ist voll deiner Güter.

104:25 Das Meer, das so groß und weit ist, da wimmelt's ohne Zahl, beide große und kleine Tiere.

104:26 Daselbst gehen die Schiffe; da sind Walfische, die du gemacht hast, daß sie drinnen scherzen.

104:27 Es wartet alles auf dich, daß du ihnen Speise gebest zu seiner Zeit.

104:28 Wenn du ihnen gibst, so sammeln sie; wenn du deine Hand auftust, so werden sie mit Gut gesättiget.

104:29 Verbirgest du dein Angesicht, so erschrecken sie; du nimmst weg ihren Odem, so vergehen sie und werden wieder zu Staub.

104:30 Du lässest aus deinen Odem, so werden sie geschaffen, und verneuerst die Gestalt der Erde.

104:31 Die Ehre des HErrn ist ewig; der HErr hat Wohlgefallen an seinen Werken.

104:32 Er schauet die Erde an, so bebet sie; er rühret die Berge an, so rauchen sie.

104:33 Ich will dem HErrn singen mein Leben lang und meinen GOtt loben, solange ich bin.

104:34 Meine Rede müsse ihm wohlgefallen. Ich freue mich des HErrn.

104:35 Der Sünder müsse ein Ende werden auf Erden, und die Gottlosen nicht mehr sein! Lobe den HErrn, meine Seele! Halleluja!
Ein köstlicher Psalm! Wie der 103. Psalm das Lob Gottes aus den Wundern der Gnade, der 105. das Lob Gottes aus den Wundern der Geschichte enthält, so besingt der 104. Psalm das Lob Gottes aus den Wundern der Natur. Während die alten Griechen und die ungläubigen Naturforscher die Natur außer und ohne Gott beklügeln oder sie uns sich dabei vergöttern, sieht die Bibel in Allem Gottes Hand, erhebt vom Werk zum Werkmeister, vom Körper zur Seele, von der Gabe zum Geber, und schließt zuletzt mit dem erhabensten aller Wünsche, mit dem Blick auf die erneuerte Erde. In diesem Psalm gehen die sechs Tagwerke der Schöpfung Gottes an uns vorüber, zuerst die Schöpfung des Lichts V. 1; dann die der Himmelsveste V. 2-4; darauf die Scheidung von Land und Wasser und die Entstehung der Pflanzenwelt V. 5-18; hiernach die Lichter am Himmel, Sonne, Mond und Sterne V. 19-24; nun die lebendigen Geschöpfe des Wassers und der Luft V. 25. 26, endlich am sechsten Tage die Landthiere und die Menschen V. 27-30. Den Schluß bildet die Ehre und Freude des Herrn an seinen Werken, am Ende der Tage wieder wie ursprünglich am siebenten Tage nach vollbrachter Weltschöpfung, ein freudiger Vorblick auf das, was Gott noch künftig mit der Erde vorhat V. 31-35. Hier kommt das Hallelujah zum ersten Male im Psalmbuch vor, und wenn das, was David vorausgesehen, in freudige Erfüllung gehen wird, so wird im Himmel und auf Erden das Hallelujah und Lob Gottes in vollen Schwang kommen. Das ist ja der würdigste Zweck des ganzen Daseins, eines solchen Gottes Ehre zu singen und Ihn besonders durch Heiligung zu verherrlichen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 105

105:1 Danket dem HErrn und prediget seinen Namen; verkündiget sein Tun unter den Völkern;

105:2 singet von ihm und lobet ihn; redet von allen seinen Wundern;

105:3 rühmet seinen heiligen Namen; es freue sich das Herz derer, die den HErrn suchen!

105:4 Fraget nach dem HErrn und nach seiner Macht; suchet sein Antlitz allewege!

105:5 Gedenket seiner Wunderwerke, die er getan hat, seiner Wunder und seines Worts,

105:6 ihr, der Same Abrahams, seines Knechts, ihr Kinder Jakobs, seine Auserwählten!

105:7 Er ist der HErr, unser GOtt; er richtet in aller Welt.

105:8 Er gedenket ewiglich an seinen Bund, des Worts, das er verheißen hat auf viel tausend für und für

105:9 den er gemacht hat mit Abraham, und des Eides mit Isaak,

105:10 und stellete dasselbige Jakob zu einem Recht und Israel zum ewigen Bunde

105:11 und sprach: Dir will ich das Land Kanaan geben, das Los eures Erbes,

105:12 da sie wenig und geringe waren und Fremdlinge drinnen.

105:13 Und sie zogen von Volk zu Volk, von einem Königreiche zum andern Volk.

105:14 Er ließ keinen Menschen ihnen Schaden tun und strafte Könige um ihretwillen.

105:15 Tastet meine Gesalbten nicht an und tut meinen Propheten kein Leid!

105:16 Und er ließ eine Teurung ins Land kommen und entzog allen Vorrat des Brots.

105:17 Er sandte einen Mann vor ihnen hin; Joseph ward zum Knechte verkauft.

105:18 Sie zwangen seine Füße im Stock, sein Leib mußte in Eisen liegen,

105:19 bis daß sein Wort kam und die Rede des Herrn ihn durchläuterte.

105:20 Da sandte der König hin und ließ ihn losgeben, der Herr über Völker hieß ihn auslassen.

105:21 Er setzte ihn zum Herrn über sein Haus, zum Herrscher über alle seine Güter,

105:22 daß er seine Fürsten unterweisete nach seiner Weise und seine Ältesten Weisheit lehrete.

105:23 Und Israel zog nach Ägypten, und Jakob ward ein Fremdling im Lande Hams.

105:24 Und er ließ sein Volk sehr wachsen und machte sie mächtiger denn ihre Feinde.

105:25 Er verkehrete jener Herz, daß sie seinem Volk gram wurden und dachten seine Knechte mit List zu dämpfen.

105:26 Er sandte seinen Knecht Mose, Aaron, den er hatte erwählet.

105:27 Dieselben taten seine Zeichen unter ihnen und seine Wunder im Lande Hams.

105:28 Er ließ Finsternis kommen und machte es finster; und waren nicht ungehorsam seinen Worten.

105:29 Er verwandelte ihre Wasser in Blut und tötete ihre Fische.

105:30 Ihr Land wimmelte Kröten heraus in den Kammern ihrer Könige.

105:31 Er sprach, da kam Ungeziefer, Läuse, in allen ihren Grenzen.

105:32 Er gab ihnen Hagel zum Regen, Feuerflammen in ihrem Lande;

105:33 und schlug ihre Weinstöcke und Feigenbäume und zerbrach die Bäume in ihren Grenzen.

105:34 Er sprach, da kamen Heuschrecken und Käfer ohne Zahl.

105:35 Und sie fraßen alles Gras in ihrem Lande und fraßen die Früchte auf ihrem Felde.

105:36 Und schlug alle Erstgeburt in Ägypten, alle ihre ersten Erben.

105:37 Und führete sie aus mit Silber und Golde; und war kein Gebrechlicher unter ihren Stämmen.

105:38 Ägypten ward froh, daß sie auszogen; denn ihre Furcht war auf sie gefallen.

105:39 Er breitete eine Wolke aus zur Decke und ein Feuer des Nachts zu leuchten.

105:40 Sie baten, da ließ er Wachteln kommen; und er sättigte sie mit Himmelbrot.

105:41 Er öffnete den Felsen, da flossen Wasser aus, daß Bäche liefen in der dürren Wüste.

105:42 Denn er gedachte an sein heiliges Wort, Abraham, seinem Knechte, geredet.

105:43 Also führete er sein Volk aus mit Freuden und seine Auserwählten mit Wonne

105:44 und gab ihnen die Länder der Heiden, daß sie die Güter der Völker einnahmen

105:45 auf daß sie halten sollten seine Rechte und seine Gesetze bewahren. Halleluja!

Psalm 106

106:1 Halleluja! Danket dem HErrn; denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich.

106:2 Wer kann die großen Taten des HErrn ausreden und alle seine löblichen Werke preisen?

106:3 Wohl denen, die das Gebot halten und tun immerdar recht!

106:4 HErr, gedenke mein nach der Gnade, die du deinem Volk verheißen hast; beweise uns deine Hilfe,

106:5 daß wir sehen mögen die Wohlfahrt deiner Auserwählten und uns freuen, daß es deinem Volk wohlgehet, und uns rühmen mit deinem Erbteil.

106:6 Wir haben gesündiget samt unsern Vätern; wir haben mißgehandelt und sind gottlos gewesen.

106:7 Unsere Väter in Ägypten wollten deine Wunder nicht verstehen; sie gedachten nicht an deine große Güte und waren ungehorsam am Meer, nämlich am Schilfmeer.

106:8 Er half ihnen aber um seines Namens willen, daß er seine Macht beweisete.

106:9 Und er schalt das Schilfmeer, da ward's trocken; und führete sie durch die Tiefe wie in einer Wüste;

106:10 und half ihnen von der Hand des, der, sie hassete, und erlösete sie von der Hand des Feindes.

106:11 Und die Wasser ersäuften ihre Widersacher, daß nicht einer überblieb.

106:12 Da glaubten sie an seine Worte und sangen sein Lob.

106:13 Aber sie vergaßen bald seiner Werke; sie warteten nicht seines Rats.

106:14 Und sie wurden lüstern in der Wüste und versuchten GOtt in der Einöde.

106:15 Er aber gab ihnen ihre Bitte und sandte ihnen genug, bis ihnen davor ekelte.

106:16 Und sie empörten sich wider Mose im Lager, wider Aaron, den Heiligen des HErrn.

106:17 Die Erde tat sich auf und verschlang Dathan und deckte zu die Rotte Abirams.

106:18 Und Feuer ward unter ihrer Rotte angezündet; die Flamme verbrannte die Gottlosen.

106:19 Sie machten ein Kalb in Horeb und beteten an das gegossene Bild;

106:20 und verwandelten ihre Ehre in ein Gleichnis eines Ochsen, der Gras isset.

106:21 Sie vergaßen GOttes, ihres Heilandes, der so große Dinge in Ägypten getan hatte,

106:22 Wunder im Lande Hams und schreckliche Werke am Schilfmeer.

106:23 Und er sprach, er wollte sie vertilgen, wo nicht Mose, sein Auserwählter, den Riß aufgehalten hätte, seinen Grimm abzuwenden, auf daß er sie nicht gar verderbete.

106:24 Und sie verachteten das liebe Land; sie glaubten seinem Wort nicht

106:25 und murreten in ihren Hütten; sie gehorchten der Stimme des HErrn nicht.

106:26 Und er hub auf seine Hand wider sie, daß er sie niederschlüge in der Wüste

106:27 und würfe ihren Samen unter die Heiden und streuete sie in die Länder.

106:28 Und sie hingen sich an den Baal Peor und aßen von den Opfern der toten Götzen

106:29 und erzürneten ihn mit ihrem Tun; da riß auch die Plage unter sie.

106:30 Da trat zu Pinehas und schlichtete die Sache; da ward der Plage gesteuert,

106:31 und ward ihm gerechnet zur Gerechtigkeit für und für ewiglich.

106:32 Und sie erzürneten ihn am Haderwasser; und sie zerplagten den Mose übel.

106:33 Denn sie betrübten ihm sein Herz, daß ihm etliche Worte entfuhren.

106:34 Auch vertilgten sie die Völker nicht, wie sie doch der HErr geheißen hatte,

106:35 sondern sie mengeten sich unter die Heiden und lernten derselben Werke

106:36 und dieneten ihren Götzen, die gerieten ihnen zum Ärgernis.

106:37 Und sie opferten ihre Söhne und ihre Töchter den Teufeln

106:38 und vergossen unschuldig Blut, das Blut ihrer Söhne und ihrer Töchter, die sie opferten den Götzen Kanaans, daß das Land mit Blutschulden befleckt ward;

106:39 und verunreinigten sich mit ihren Werken und hureten mit ihrem Tun.

106:40 Da ergrimmete der Zorn des HErrn über sein Volk und gewann einen Greuel an seinem Erbe

106:41 und gab sie in die Hand der Heiden, daß über sie herrscheten, die ihnen gram waren.

106:42 Und ihre Feinde ängsteten sie; und wurden gedemütiget unter ihre Hände.

106:43 Er errettete sie oftmals; aber sie erzürneten ihn mit ihrem Vornehmen und wurden wenig um ihrer Missetat willen.

106:44 Und er sah ihre Not an, da er ihre Klage hörete,

106:45 und gedachte an seinen Bund, mit ihnen gemacht. Und reuete ihn nach seiner großen Güte

106:46 und ließ sie zur Barmherzigkeit kommen vor allen, die sie gefangen hatten.

106:47 Hilf uns, HErr, unser GOtt, und bringe uns zusammen aus den Heiden, daß wir danken deinem heiligen Namen und rühmen dein Lob!

106:48 Gelobet sei der HErr, der GOtt Israels, von Ewigkeit zu Ewigkeit, und alles Volk spreche: Amen, Halleluja!

Psalm 107

107:1 Danket dem HErrn; denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich.

107:2 Saget, die ihr erlöset seid durch den HErrn, die er aus der Not erlöset hat

107:3 und die er aus den Ländern zusammengebracht hat vom Aufgang, vom Niedergang, von Mitternacht und vom Meer;

107:4 die irregingen in der Wüste, in ungebahntem Wege, und fanden keine Stadt, da sie wohnen konnten,

107:5 hungrig und durstig und ihre Seele verschmachtet;

107:6 und sie zum HErrn riefen in ihrer Not, und er sie errettete aus ihren Ängsten

107:7 und führete sie einen richtigen Weg, daß sie gingen zur Stadt, da sie wohnen konnten:

107:8 die sollen dem HErrn danken um seine Güte und um seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut,

107:9 daß er sättiget die durstige Seele und füllet die hungrige Seele mit Gutem.

107:10 Die da sitzen mußten in Finsternis und Dunkel, gefangen im Zwang und Eisen,

107:11 darum daß sie GOttes Geboten ungehorsam gewesen waren und das Gesetz des Höchsten geschändet hatten;

107:12 darum mußte ihr Herz mit Unglück geplagt werden, daß sie dalagen, und ihnen niemand half;

107:13 und sie zum HErrn riefen in ihrer Not, und er ihnen half aus ihren Ängsten

107:14 und sie aus der Finsternis und Dunkel führete und ihre Bande zerriß:

107:15 die sollen dem HErrn danken um seine Güte und um seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut,

107:16 daß er zerbricht eherne Türen und zerschlägt eiserne Riegel.

107:17 Die Narren, so geplaget waren um ihrer Übertretung willen und um ihrer Sünde willen,

107:18 daß ihnen ekelte vor aller Speise und wurden todkrank;

107:19 und sie zum HErrn riefen in ihrer Not, und er ihnen half aus ihren Ängsten;

107:20 er sandte sein Wort und machte sie gesund und errettete sie, daß sie nicht starben:

107:21 die sollen dem HErrn danken um seine Güte und um seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut,

107:22 und Dank opfern und erzählen seine Werke mit Freuden.

107:23 Die mit Schiffen auf dem Meer fuhren und trieben ihren Handel in großen Wassern;

107:24 die des HErrn Werke erfahren haben und seine Wunder im Meer,

107:25 wenn er sprach und einen Sturmwind erregte, der die Wellen erhub,

107:26 und sie gen Himmel fuhren und in den Abgrund fuhren, daß ihre Seele vor Angst verzagte,

107:27 daß sie taumelten und wankten wie ein Trunkener und wußten keinen Rat mehr;

107:28 und sie zum HErrn schrieen in ihrer Not, und er sie aus ihren Ängsten führete

107:29 und stillete das Ungewitter, daß die Wellen sich legten,

107:30 und sie froh wurden, daß es stille worden war, und er sie zu Lande brachte nach ihrem Wunsch:

107:31 die sollen dem HErrn danken um seine Güte und um seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut,

107:32 und ihn bei der Gemeine preisen und bei den Alten rühmen.

107:33 Die, welchen ihre Bäche vertrocknet und die Wasserquellen versieget waren,

107:34 daß ein fruchtbar Land nichts trug um der Bosheit willen derer, die drinnen wohneten;

107:35 und er das Trockne wiederum wasserreich machte und im dürren Lande Wasserquellen;

107:36 und die Hungrigen dahin gesetzt hat, daß sie eine Stadt zurichteten, da sie wohnen könnten,

107:37 und Acker besäen und Weinberge pflanzen möchten und die jährlichen Früchte kriegten;

107:38 und er sie segnete, daß sie sich fast mehreten, und ihnen viel Viehes gab;

107:39 die, welch niedergedrückt und geschwächt waren von dem Bösen, der sie gezwungen und gedrungen hatte,

107:40 da Verachtung auf die Fürsten geschüttet war, daß alles irrig und wüste stund;

107:41 und er den Armen schützte vor Elend und sein Geschlecht wie eine Herde mehrete.

107:42 Solches werden die Frommen sehen und sich freuen; und aller Bosheit wird das Maul gestopft werden.

107:43 Wer ist weise und behält dies? So werden sie merken, wieviel Wohltat der HErr erzeiget.

Psalm 108

108:1 Ein Psalmlied Davids.

108:2 GOtt, es ist mein rechter Ernst; ich will singen und dichten, meine Ehre auch.

108:3 Wohlauf, Psalter und Harfen! Ich will früh auf sein.

108:4 Ich will dir danken, HErr, unter den Völkern, ich will dir lobsingen unter den Leuten.

108:5 Denn deine Gnade reicht, soweit der Himmel ist, und deine Wahrheit, soweit die Wolken gehen.

108:6 Erhebe dich, GOtt, über den Himmel und deine Ehre über alle Lande,

108:7 auf daß deine lieben Freunde erlediget werden. Hilf mit deiner Rechten und erhöre mich!

108:8 GOtt redet in seinem Heiligtum; des bin ich froh und will Sichem teilen und das Tal Suchoth abmessen.

108:9 Gilead ist mein, Manasse ist auch mein und Ephraim ist die Macht meines Haupts, Juda ist mein Fürst,

108:10 Moab ist mein Waschtöpfen; ich will meinen Schuh über Edom strecken; über die Philister will ich jauchzen.

108:11 Wer will mich führen in eine feste Stadt? Wer wird mich leiten nach Edom?

108:12 Wirst du es nicht tun, GOtt, der du uns verstößest und zeuchst nicht aus, GOtt, mit unserm Heer?

108:13 Schaffe uns Beistand in der Not, denn Menschenhilfe ist kein nütze.

108:14 Mit GOtt wollen wir Taten tun. Er wird unsere Feinde untertreten.

Psalm 109

109:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen. GOtt, mein Ruhm, schweige nicht!

109:2 Denn sie haben ihr gottloses und falsches Maul wider mich aufgetan und reden wider mich mit falscher Zunge.
Eure Seele möge leben und wachsam sein zu Gott hin. Gott hat nämlich eine Zeit für seine Verheißungen festgelegt und eine Zeit, in der sich die Verheißungen erfüllen sollen. Die Zeit der Verheißungen war die Zeit der Propheten bis zu Johannes dem Täufer. Von Johannes an bis zum Ende ist die Zeit der Erfüllung dessen, was verheißen ist. Getreu ist Gott, der sich zu unserem Schuldner machte, nicht dadurch, dass er etwas von uns empfangen, sondern dadurch, dass er uns so Großes verheißen hat. Nicht genug war ihm die Verheißung, er wollte sich auch durch die Schrift binden und mit uns gleichsam einen Schuldschein seiner Verheißungen aufstellen, damit, wenn er anfinge einzulösen, was er verheißen hat, wir in der Schrift die Reihenfolge des Einlösens ablesen könnten. Die Zeit der Prophetie war die Zeit der Voraussage, wie wir schon oft gesagt haben, die Zeit der Verheißungen.Verheißen hat er das ewige Heil und das selige Leben mit den Engeln ohne Ende, das unverwelkliche Erbe, die ewige Herrlichkeit, die Schönheit seiner Gegenwart, sein Heiligtum im Himmel und nach der Auferstehung der Toten keine Todesfurcht mehr. Das ist gleichsam seine endgültige Verheißung, auf die all unser Streben zielt. Wenn wir dorthin gelangen, suchen wir nichts anderes mehr. Wie man aber zu diesem Endzustand kommt, auch das verschweigt er nicht bei seiner Verheißung und Vorherverkündigung. Er hat den Menschen Vergöttlichung verheißen, den Sterblichen Unsterblichkeit, den Sündern Rechtfertigung, den Verworfenen Verherrlichung. Was immer er verheißen hat, das hat er Unwürdigen verheißen, damit es nicht scheint, als ob den Werken Lohn verheißen würde, sondern Gnade sollte - wie der Name sagt - umsonst gegeben werden. Auch wenn einer gerecht lebt, insofern ein Mensch überhaupt gerecht zu leben imstande ist, so ist das nicht menschliches Verdienst, sondern göttliches Geschenk. Keiner lebt nämlich gerecht, außer er wird gerechtfertigt, d.h. zu einem Gerechten gemacht. Durch den aber wird der Mensch gerecht, der niemals ungerecht sein kann. Wie nämlich eine Leuchte nicht durch sich selbst angezündet wird, so kann auch die menschliche Seele sich nicht selber Licht schenken, sondern sie ruft zu Gott: „Du gibst meiner Leuchte Licht, o Herr!“ (Ps 17,29). (Aurelius Augustinus)

109:3 Und sie reden giftig wider mich allenthalben und streiten wider mich ohne Ursache.

109:4 Dafür, daß ich sie liebe, sind sie wider mich; ich aber bete.

109:5 Sie beweisen mir Böses um Gutes und Haß um Liebe.

109:6 Setze Gottlose über ihn; und der Satan müsse stehen zu seiner Rechten!

109:7 Wer sich denselben lehren läßt, des Leben müsse gottlos sein, und sein Gebet müsse Sünde sein.

109:8 Seiner Tage müssen wenig werden, und sein Amt müsse ein anderer empfangen.

109:9 Seine Kinder müssen Waisen werden und sein Weib eine Witwe.

109:10 Seine Kinder müssen in der Irre gehen und betteln und suchen, als die verdorben sind.

109:11 Es müsse der Wucherer aussaugen alles, was er hat; und Fremde müssen seine Güter rauben.

109:12 Und niemand müsse ihm Gutes tun, und niemand erbarme sich seiner Waisen.

109:13 Seine Nachkommen müssen ausgerottet werden; ihr Name müsse im andern Glied vertilget werden.

109:14 Seiner Väter Missetat müsse gedacht werden vor dem HErrn, und seiner Mutter Sünde müsse nicht ausgetilget werden.

109:15 Der HErr müsse sie nimmer aus den Augen lassen, und ihr Gedächtnis müsse ausgerottet werden auf Erden,

109:16 darum daß er so gar keine Barmherzigkeit hatte, sondern verfolgte den Elenden und Armen und den Betrübten, daß er ihn tötete.

109:17 Und er wollte den Fluch haben, der wird ihm auch kommen; er wollte des Segens nicht, so wird er auch ferne von ihm bleiben.

109:18 Und zog an den Fluch wie sein Hemd; und ist in sein Inwendiges gegangen wie Wasser und wie Öl in seine Gebeine.

109:19 So werde er ihm wie ein Kleid, das er anhabe, und wie ein Gürtel, da er sich allewege mit gürte.

109:20 So geschehe denen vorn HErrn, die mir wider sind, und reden Böses wider meine Seele.

109:21 Aber du, HErr HErr, sei du mit mir um deines Namens willen; denn deine Gnade ist mein Trost; errette mich!

109:22 Denn ich bin arm und elend; mein Herz ist erschlagen in mir.

109:23 Ich fahre dahin wie ein Schatten, der vertrieben wird, und werde verjaget wie die Heuschrecken.

109:24 Meine Kniee sind schwach von Fasten; und mein Fleisch ist mager und hat kein Fett.

109:25 Und ich muß ihr Spott sein; wenn sie mich sehen, schütteln sie ihren Kopf.

109:26 Stehe mir bei, HErr, mein GOtt; hilf mir nach deiner Gnade,

109:27 daß sie inne werden, daß dies sei deine Hand, daß du, HErr, solches tust.

109:28 Fluchen sie, so segne du. Setzen sie sich wider mich, so müssen sie zuschanden werden; aber dein Knecht müsse sich freuen.

109:29 Meine Widersacher müssen mit Schmach angezogen werden und mit ihrer Schande bekleidet werden wie mit einem Rock.

109:30 Ich will dem HErrn sehr danken mit meinem Munde und ihn rühmen unter vielen;

109:31 denn er stehet dem Armen zur Rechten, daß er ihm helfe von denen, die sein Leben verurteilen.

Psalm 110

110:1 Ein Psalm Davids. Der HErr sprach zu meinem HErrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße lege.

110:2 Der HErr wird das Zepter deines Reichs senden aus Zion. Herrsche unter deinen Feinden!

110:3 Nach deinem Sieg wird dir dein Volk williglich opfern in heiligem, Schmuck. Deine Kinder werden dir geboren wie der Tau aus der Morgenröte.

110:4 Der HErr hat geschworen, und wird ihn nicht gereuen; Du bist ein Priester ewiglich nach der Weise Melchisedechs.

110:5 Der HErr zu deiner Rechten wird zerschmeißen die Könige zur Zeit seines Zorns.

110:6 Er wird richten unter den Heiden; er wird große Schlacht tun; er wird zerschmeißen das Haupt über große Lande.

110:7 Er wird trinken vom Bach auf dem Wege; darum wird er das Haupt emporheben.
Luther nannte diesen Psalm den rechten, hohen Hauptpsalm von unserm lieben Herrn Jesu Christo. Jesus selbst giebt ihm das Zeugniß, daß er im heiligen Geiste gesungen sei, und er wird im neuen Testament häufiger angeführt oder klingt durch, als irgend eine andere Stelle des alten Testaments. (Die alte Kirche sang diesen Psalm an allen Festtagen, Weihnachten, Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten. Cassiodor nennt ihn die Sonne unseres Glaubens, einen Spiegel des himmlischen Geheimnisses, eine Rüstkammer der h. Schrift. Er ist kurz in Worten, aber groß durch das Gewicht seiner Gedanken, weßhalb Chrysostomus sagt, daß wir viele Augen haben müssen, ihn recht zu lesen und genau zu verstehen.) David besingt in demselben den Sieg des Messias als eines priesterlichen Königs, der beide Gewalten, die des Priesters und des Königs, in sich vereinigt. Er sieht Ihn zur Rechten des Herrn, als Genossen der Macht und Herrschaft des Allmächtigen, der darum mit seinen Feinden leichtes Spiel haben wird. Er erblickt zugleich ein heiliges Volk Ihm von oben geschenkt, das sich dem Herrn willig opfert, dem der Sieg nicht fehlen kann. Er schaut zuletzt Gott den Herrn, wie Er zur Rechten seines Gesalbten kämpft und alle Widerstrebenden überwindet, wie der Gesalbte Gottes weithin unter den Heiden seine Siege verbreitet, und ohne Rast und Aufenthalt kämpft und sein Haupt kühn erhebt, gleich dem rechten Helden, der unverwöhnt und ohne sich aufhalten zu lassen, vom Bache am Wege trinkt. – Was hier David prophetischen Geistes schaut, ist vom Himmelfahrtstage an erfüllt worden und erfüllt sich fortwährend bis ans Ende der Tage. Wir haben in Christo einen solchen König, der der Herr zu Gottes Rechten, und also ewig, allmächtig, allwissend, allgegenwärtig, gerecht und heilig, zugleich aber von großer Güte und Treue ist; und zugleich einen Hohenpriester in Ewigkeit, auf dessen vollgültiges Opfer, kräftige Fürbitte und reichen Segen wir im Glauben uns allezeit verlassen dürfen. Mangelt’s uns je an irgend einer Gabe: der Vater weiset uns mit höchster Betheuerung selbst zu seinem Sohne, dem Segensmann, der Alles in Händen hat und uns immer mehr Licht, Gnade, Kraft und Heil kann mittheilen aus seiner unendlichen Gottesfülle. Mögen wir nur Sein rechtes Volk sein und bleiben immerdar! Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 111

111:1 Halleluja! Segen. Ich danke dem HErrn von ganzem Herzen im Rat der Frommen und in der Gemeine.

111:2 Groß sind die Werke des HErrn; wer ihrer achtet, der hat eitel Lust daran.

111:3 Was er ordnet, das ist löblich und herrlich, und seine Gerechtigkeit bleibet ewiglich.

111:4 Er hat ein Gedächtnis gestiftet seiner Wunder, der gnädige und barmherzige HErr.

111:5 Er gibt Speise denen, so ihn fürchten; er gedenket ewiglich an seinen Bund.

111:6 Er läßt verkündigen seine gewaltigen Taten seinem Volk, daß er ihnen gebe das Erbe der Heiden.

111:7 Die Werke seiner Hände sind Wahrheit und Recht; alle seine Gebote sind rechtschaffen.

111:8 Sie werden erhalten immer und ewiglich und geschehen treulich und redlich.

111:9 Er sendet eine Erlösung seinem Volk; er verheißet, daß sein Bund ewiglich bleiben soll. Heilig und hehr ist sein Name.

111:10 Die Furcht des HErrn ist der Weisheit Anfang; das ist eine feine Klugheit; wer danach tut, des Lob bleibet ewiglich.
Dieser Psalm preist den Herrn wegen seiner großen Werke, namentlich der Erlösung aus Aegypten V. 9. der Speisung in der Wüste V. 5, der Einsetzung Israels in das Erbe der Heiden V. 6, also der großen leuchtenden Grundwohlthaten, die Er seinem Volke erwiesen und die für dasselbe ähnliche Bedeutung hatten, wie für die Gemeinde des neuen Bundes die Thatsachen der Erlösung durch Christum. Mit dem ersten Worte desselben beginnt daher auch das feierliche Hallelujah oder Lobgesang der alten Israeliten, welches sie jedesmal beim Genuß des Osterlamms zu singen pflegten, und zwar Psalm 111 und 112 vor dem Becher der Danksagung und die sechs folgenden nach dem Trinken dieses Bechers. Im Hebräischen fängt überdies jede Hälfte eines Verses mit einem Buchstaben des Alphabets an, und erhebt Psalm 111 mehr die Gnade Gottes, Ps. 112 mehr die Seligkeit seiner ächten Bundeskinder. Der Zweck ist, wie der Schluß zeigt, dem allen Eifer im Wandel in den Geboten Gottes lähmenden Kleinmuthe zu begegnen, zu welchem die traurige Lage des Volks Gottes so leicht verleitete. Die großen Thatsachen der Vergangenheit sind Grund zu neuen Hoffnungen für die Zukunft, thatsächliche Weissagungen und Bürgschaften, daß das Elend der Gegenwart nur ein vorübergehendes sein kann. Die Gottesfurcht ist der Ausgang für alle wahre Weisheit, so daß es kein Forschen über himmlische oder irdische Dinge giebt, das nicht durch Gottesfurcht auf den rechten Weg geleitet würde; nicht weniger ist aber auch Gottesfurcht als die wahre Quelle aller Lebensweisheit zu betrachten. Die Furcht des Herrn lehrt wachen und beten, mißtrauisch sein gegen sich selber, die bösen Gelegenheiten fliehen, und auf ebener Straße bleiben. Sie heißt eine feine Klugheit, weil sie die feinen Regungen des heiligen Geistes spürt und das Gewissen wieder wach werden läßt. Was wollen wir mehr, wenn wir uns bewußt sind, daß wir unter seinen Augen wandeln? Auf diesem Wege allein wird das Herz fest und hat auch das Gebet seine Kraft: Gott weiß, was die Gottesfürchtigen begehren, und hört ihr Schreien, und hilft ihnen. Wie viel Segen liegt in der Furcht des Herrn, wie viel Pein in der Furcht vor dieser Furcht! Eine einzige überhörte Gottesstimme raubt uns den Himmel. Erhalte uns denn, o Herr, bei dem Einen, daß wir Deinen Namen fürchten: dann können wir Dir auch Hallelujah singen für und für. Amen. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 112

112:1 Halleluja! Wohl dem, der den HErrn fürchtet, der große Lust hat zu seinen Geboten!

112:2 Des Same wird gewaltig sein auf Erden; das Geschlecht der Frommen wird gesegnet sein.

112:3 Reichtum und die Fülle wird in ihrem Hause sein, und ihre Gerechtigkeit bleibet ewiglich.

112:4 Den Frommen gehet das Licht auf in der Finsternis von dem Gnädigen, Barmherzigen und Gerechten.

112:5 Wohl dem, der barmherzig ist und gerne leihet und richtet seine Sachen aus, daß er niemand unrecht tue!

112:6 Denn er wird ewiglich bleiben; des Gerechten wird nimmermehr vergessen.

112:7 Wenn eine Plage kommen will, so fürchtet er sich nicht; sein Herz hoffet unverzagt auf den HErrn.

112:8 Sein Herz ist getrost und fürchtet sich nicht, bis er seine Lust an seinen Feinden siehet.

112:9 Er streuet aus und gibt den Armen; seine Gerechtigkeit bleibet ewiglich; sein Horn wird erhöhet mit Ehren.

112:10 Der Gottlose wird's sehen, und wird ihn verdrießen; seine Zähne wird er zusammenbeißen und vergehen. Denn was die Gottlosen gerne wollten, das ist verloren.
Wie hat der Herr dich doch je und je geliebet, meine Seele, und sich mit dir verlobet in Ewigkeit, und wie hast du Grund, Ihn zu fürchten, zu lieben und Lust zu haben zu Seinen Geboten! Er nennt dich in der Schrift seinen Augapfel, seine liebe Seele, seinen Schatz und Eigenthum, seine Braut, seine Turteltaube, seine Herrlichkeit. Groß war Jakobs Liebe gegen Rahel, vierzehn Jahre diente er um sie; Jesus diente um seine Rahel, die christliche Kirche, drei und dreißig Jahre. O welch eine elende Wahl! Der Schönste unter den Menschenkindern vermählt sich mit der Abscheulichsten, der Reichste mit der Allerärmsten, der Unsterbliche mit einer Sterblichen, der Fürst des Lebens mit dem Kinde des Todes, der Allerheiligste mit der Unreinsten, der Schöpfer mit der Kreatur. O Wunder über Wunder! Wie hat der Herr die Leute so lieb! – Christi Liebe gegen dich kann ich nicht aussprechen. Wenn schon das Meer zu Dinte, der Himmel zu Papier, alle Bäume im Walde zu Federn, alle Engel zu Schreibern, und alle Thiere in der Welt zu lauter Zungen würden: dies Alles würde zu wenig sein. Ach, wer doch voll Gegenliebe sein könnte, wie Jesus lauter Liebe ist! Was aber macht’s, daß du nichts von seiner Liebesflamme empfindest? Dein erkaltetes Herz. Nasses Stroh nimmt kein Feuer an. Jesus und die Welt können nicht beisammen wohnen. So jemand die Welt lieb hat, in dem ist nicht die Liebe des Vaters. Wie häßlich ist die Welt, wie schön wie holdselig, wie liebreich hingegen Jesus! Lege zusammen die Herrlichkeit der ganzen Welt: dieses Alles wird gegen Christum geringer sein, als ein Tropfen des Regens gegen das große Meer. Stoß denn die Welt zu deinem Herzenshause hinaus, und laß Jesum allein den werthesten Liebhaber deiner Seele sein. Die Welt giebt dir keine Gegenliebe, sie ist falsch, ihr Herz ist nicht mit dir; Jesus aber liebt dich bis ans Ende. Ich liebe Dich, mein Jesu, liebe mich. Du reichst mir ein liebebrennendes Herz, hier hast Du meines wiederum; ist es nicht recht feurig, entzünde es. Habe ich das Kleid Deiner Gerechtigkeit, Herr Jesu, dann darf ich allewege mich so trösten. So gering und zufällig Deine Kleidertheilung war, so wichtig ist sie doch; denn sie drückt gleichsam ein Siegel auf die Wahrheit des göttlichen Worts, in welchem von Dir und dieser Kleidervertheilung eben so geweissagt ist, wie ich’s nun erfüllt sehe, sie drückt ein Siegel auf die Wahrheit Deiner Person und Deines Amtes, daß Du nämlich eben derselbe verheißene Messias bist, von welchem das Alles verkündigt worden; sie stärkt folglich meinen Glauben an Dich, meinen Heiland, ich danke Dir deswegen von Herzen, daß Du auch dieses hast geschehen lassen. Deine leiblichen Kleider will ich gern Deinen Feinden lassen; aber, o Erbarmer, ich brauche ein tägliches Kleid zur Bedeckung meiner geistlichen Blöße, und das muß Dein Blut, Deine Gerechtigkeit und Unschuld sein, denn kein anderes kann meine Seele anziehen; Du kannst ja keine Flecken leiden, und das Kleid meiner eignen Gerechtigkeit ist gar ein befleckter Rock, und ist so durchlöchert, daß meine Blöße überall durchscheint. Ich brauche aber auch ein Ehrenkleid, darin ich im Tode vor Deinem Vater und allen heiligen Engeln erscheinen kann, und meine Schande und Blöße nicht offenbar werde. Wo könnte ich aber ein reineres und vollkommneres Kleid bekommen, als Dein Blut und Deine Gerechtigkeit? Das soll und muß mein Schmuck und Ehrenkleid sein, darin ich auch im Gerichte bestehen, und wohl bestehen kann. Und wenn endlich die Hochzeit des Lammes angehet, wenn ich als Deine Braut an Deiner Tafel sitzen und Dir, dem Schönsten unter den Menschenkindern, an Pracht ähnlich sein soll: wenn meine Pracht sogar die Pracht meiner ersten Eltern im Stande der Unschuld übertreffen soll: Herr Jesu, wo werde ich da ein Kleid bekommen? Auf der Welt nicht, denn diese hat nichts für Jesu Bräute: bei den Himmelsbürgern auch nicht, denn sie tragen selbst ein von Dir geschenktes Kleid. Also, Herr Jesu, muß und soll und will ich auch mein Hochzeitkleid bei Dir holen, das Kleid Deiner Unschuld und Gerechtigkeit; und das wirst Du mir nicht versagen, ich ginge ja sonst ewig verloren. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 113

113:1 Halleluja! Lobet, ihr Knechte des HErrn, lobet den Namen des HErrn!

113:2 Gelobet sei des HErrn Name von nun an bis in Ewigkeit!

113:3 Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei gelobet der Name des HErrn!

113:4 Der HErr ist hoch über alle Heiden; seine Ehre gehet, soweit der Himmel ist.

113:5 Wer ist, wie der HErr, unser GOtt? Der sich so hoch gesetzt hat

113:6 und auf das Niedrige siehet im Himmel und auf Erden;

113:7 der den Geringen aufrichtet aus dem Staube und erhöhet den Armen aus dem Kot,

113:8 daß er ihn setze neben die Fürsten, neben die Fürsten seines Volks;

113:9 der die Unfruchtbare im Hause wohnen macht, daß sie eine fröhliche Kindermutter wird. Halleluja!
Dieser Psalm enthält eine allgemeine Aufforderung zum Lobe Gottes, hergenommen theils von der Hoheit Gottes, theils von seiner Herablassung zu den Niedrigen und Geringen. Und in der That, denken wir an Gottes Größe, und himmelhohe Herrlichkeit, mit der Er das Größte und Erhabenste im Himmel und auf Erden, Engel, Könige und Kaiser unendlich übertrifft und nichts außer Ihm da ist, welches mit ihm verglichen werden könnte, und wir sagen müssen: Wenn die Welt oder auch ein einzelnes Geschöpf noch viel tausendmal vortrefflicher würde, so wäre doch der Unterschied zwischen Gott und diesem Geschöpf noch eben so unermesslich groß als vorher, - so können wir nicht anders, wir müssen den Allerhöchsten loben und anbeten und seinem Namen danken, dass Er so tröstlich ist. Ja, Herr, gelobet und gebenedeiet sei Dein herrlicher Name von nun an bis in Ewigkeit! Es ist Dir zwar Niemand gleich an Majestät und Herrlichkeit; dennoch übersiehst und verachtest Du uns nicht, sondern läßt Dich gnädig herab in unsere Tiefe und Dürftigkeit, und wohnest, wie in der Höhe und im Heiligthum, so bei denen, die demüthigen und zerschlagenen Herzens sind. Mit Recht schreibt Luther: „Weil Gott der Allerhöchste und nichts über Ihm ist, mag Er nicht über sich sehen, mag auch nicht neben sich sehen; dieweil ihm Niemand gleich ist, muß Er nothwendig in sich selbst und unter sich sehen. Und je tiefer Jemand unter Ihm ist, je besser Er ihn sieht.“ So verschmähe denn auch mich nicht in meinem Elende und meiner Sünde, bewahre mich vor Stolz und Ueberhebung, laß mich nicht stecken im Schmutz der Sünden, befreie mich vielmehr daraus und laß mich Dich mit aller Kindlichkeit ansehen und anlaufen als meinen Vater, der mein Elend ansieht und meine Seele erkennt in der Noth, ja der mich endlich selbst aus der Niedrigkeit erhöhen wird, dass ich Dich dann erst recht als den Allerhöchsten anbeten und preisen werde. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 114

114:1 Da Israel aus Ägypten zog, das Haus Jakob aus dem fremden Volk,

114:2 da ward Juda sein Heiligtum, Israel seine Herrschaft.

114:3 Das Meer sah und floh; der Jordan wandte sich zurück;

114:4 die Berge hüpfeten wie die Lämmer, die Hügel wie die jungen Schafe.

114:5 Was war dir, du Meer, daß du flohest, und du Jordan, daß du dich zurückwandtest;

114:6 ihr Berge, daß ihr hüpfetet wie die Lämmer, ihr Hügel, wie die jungen Schafe?

114:7 Vor dem HErrn bebete die Erde, vor dem GOtt Jakobs,

114:8 der den Fels wandelte in Wassersee und die Steine in Wasserbrunnen.

Psalm 115

115:1 Nicht uns, HErr, nicht uns, sondern deinem Namen gib Ehre um deine Gnade und Wahrheit!

115:2 Warum sollen die Heiden sagen: Wo ist nun ihr GOtt?

115:3 Aber unser GOtt ist im Himmel; er kann schaffen, was er will.

115:4 Jener Götzen aber sind Silber und Gold, von Menschenhänden gemacht.

115:5 Sie haben Mäuler und reden nicht; sie haben Augen und sehen nicht;

115:6 sie haben Ohren und hören nicht; sie haben Nasen und riechen nicht;

115:7 sie haben Hände und greifen nicht; Füße haben sie und gehen nicht und reden nicht durch ihren Hals.

115:8 Die solche machen, sind gleich also, und alle, die auf sie hoffen.

115:9 Aber Israel hoffe auf den HErrn; der ist ihre Hilfe und Schild.

115:10 Das Haus Aaron hoffe auf den HErrn; der ist ihre Hilfe und Schild.

115:11 Die den HErrn fürchten, hoffen auch auf den HErrn; der ist ihre Hilfe und Schild.

115:12 Der HErr denket an uns und segnet uns. Er segnet das Haus Israel; er segnet das Haus Aaron;

115:13 er segnet, die den HErrn fürchten, beide Kleine und Große.

115:14 Der HErr segne euch je mehr und mehr, euch und eure Kinder!

115:15 Ihr seid die Gesegneten des HErrn, der Himmel und Erde gemacht hat.

115:16 Der Himmel allenthalben ist des HErrn; aber die Erde hat er den Menschenkindern gegeben.

115:17 Die Toten werden dich, HErr, nicht loben, noch die hinunterfahren in die Stille,

115:18 sondern wir loben den HErrn von nun an bis in Ewigkeit. Halleluja!
Ein Lehrpsalm, in welchem der Gott Israels, der im Himmel ist und der Alles thut, was Er will, und die Götzen der Heiden, Silber und Gold, Werk der Menschenhände, gegenübergestellt und die Nichtigkeit und Ohnmacht der letzteren und ihrer Diener geschildert wird; daran schließt sich die Aufforderung an Israel, auf den Herrn seinen Gott zu vertrauen, und die Zuversicht, dass Er das Volk segnen werde, Er, der die Erde den Menschen gegeben hat und nicht zulassen kann, dass sein Volk von der Erde ausgerottet und Ihm also der Preis desselben entzogen werde. Im Grabe ist’s stille, die Todten, welche darin liegen, regen und rühren sich nicht mehr (V. 17.); darum müssen die Lebenden um so angelegentlicher Gottes Ruhm verkündigen. Nicht als ob der Tod der Gläubigen nicht auch ein Lob Gottes wäre; auch nicht, als ob die Seelen der Verstorbenen Gott den Herrn gar nicht mehr lobten, oder als ob sie gleichsam schliefen, und gleichsam, als wären sie todt, die Zeit der Auferstehung erwarteten, wo sie gleichsam wieder erwachen, mit dem Leibe vereinigt werden und alsdann ihre vorigen Verrichtungen wieder abwarten werden, wie das irriger Weise manchmal geglaubt worden ist. Das Alles meint der Psalmist nicht, wenn er sagt: „Die Todten werden Dich, Herr, nicht loben, noch die hinunterfahren in die Stille,“ sondern er redet nur von den todten Leibern im Grabe, und setzt darum hinzu: „sondern wir loben den Herrn von nun an bis in Ewigkeit.“ Wie wir alle Tage nur Wohlthaten Gottes zu sehen und zu genießen bekommen, so wollen wir auch alle Tage das Lob des Herrn anstimmen und ausbreiten. Ob unser Lob Gottes ernst und aufrichtig sei, erkennt man nur an seiner Beständigkeit. Dann ist es Vorspiel des himmlischen Hallelujah und gegenseitige Anfrischung des Himmels und der Erde zu solchem Engelgeschäft. Sei denn unser ganzes Dankopfer, Dir gegeben, der du lebest und regierest in Ewigkeit! Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 116

116:1 Das ist mir lieb, daß der HErr meine Stimme und mein Flehen höret,

116:2 daß er sein Ohr zu mir neiget; darum will ich mein Leben lang ihn anrufen.

116:3 Stricke des Todes hatten mich umfangen, und Angst der Hölle hatte mich getroffen; ich kam in Jammer und Not.

116:4 Aber ich rief an den Namen des HErrn: O HErr, errette meine Seele!

116:5 Der HErr ist gnädig und gerecht, und unser GOtt ist barmherzig.

116:6 Der HErr behütet die Einfältigen. Wenn ich unterliege, so hilft er mir.

116:7 Sei nun wieder zufrieden, meine Seele; denn der HErr tut dir Gutes.

116:8 Denn du hast meine Seele aus dem Tode gerissen, mein Auge von den Tränen, meinen Fuß vom Gleiten.

116:9 Ich will wandeln vor dem HErrn im Lande der Lebendigen.

116:10 Ich glaube, darum rede ich. Ich werde aber sehr geplagt.

116:11 Ich sprach in meinem Zagen: Alle Menschen sind Lügner.

116:12 Wie soll ich dem HErrn vergelten alle seine Wohltat, die er an mir tut?

116:13 Ich will den heilsamen Kelch nehmen und des HErrn Namen predigen.

116:14 Ich will meine Gelübde dem HErrn bezahlen vor all seinem Volk.

116:15 Der Tod seiner Heiligen ist wert gehalten vor dem HErrn.

116:16 O HErr, ich bin dein Knecht; ich bin dein Knecht, deiner Magd Sohn. Du hast meine Bande zerrissen.

116:17 Dir will ich Dank opfern und des HErrn Namen predigen.

116:18 Ich will meine Gelübde dem HErrn bezahlen vor all seinem Volk,

116:19 in den Höfen am Hause des HErrn, in dir, Jerusalem. Halleluja!
“Sei nun wieder zufrieden, meine Seele:“ so redet David seine Seele an, um sie wieder in die Stille und Ruhe zu bringen, nachdem er in großer Angst und Unruhe gewesen war. Nicht aber ist es David allein gewesen, dessen Herz bald durch dieses, bald durch jenes beunruhigt wurde, sondern es ist dies das Loos aller menschlichen herzen, auch aller frommen und christlichen Herzen. Ach, mein Gott, wie wird nicht unsere arme Seel beunruhigt, jetzt durch Amts- und Berufsgeschäfte, jetzt durch den Umgang mit andern Menschen und in der täglichen Gesellschaft, jetzt durch die mancherlei unvorhergesehenen Widerwärtigkeiten, die uns im Leben treffen, jetzt durch die bösen aufsteigenden Lüste und Begierden unseres sündlichen Herzens! Wie nöthig ist’s uns da, unserer Seele zuzusprechen, um in die Ruhe wieder einzukehren! – David brachte sein Herz zur Ruhe durch die Erinnerung an die göttlichen Wohlthaten, er setzte hinzu: “denn der Herr thut dir Gutes. Du hast meine Seele aus dem Tode gerissen, mein Auge vor den Thränen, meinen Fuß vom Gleiten.“ Dies sind ja wohl hohe und große Wohlthaten des lieben Gottes, die Er seinen Kindern schon hier in der Zeit vielfach widerfahren läßt. Dafür danke eine fromme Seele ihrem Gott mit David und gelobt: „Ich will wandeln vor dem Herrn im Lande der Lebendigen. So muß es sein. Das Leben, das du gleichsam auf’s neue durch die Erlösung und Auferstehung Jesu Christi erhalten hast, mußt du von nun an emsiger zu dem Dienste und Wohlgefallen Gottes anwenden. Wandeln mußt du vor dem Herrn, daß du Ihn stets vor Augen hast und dich in allem deinem Thun und Lassen nur einzig und allein nach Seinem Wink und Willen richtest, wie es Gott von Abraham gefordert, und das alles im Lande der Lebendigen, so lange du noch hier auf Erden zu leben hast.“ Dazu gieb mir Freudigkeit und Kraft, o Herr; dann kann ich getrost sein und fest glauben, daß Du immer ein wachendes Auge auf mich haben und mich bis ans Ende behüten, regieren, trösten, führen, beschützen und bewahren wirst. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 117

117:1 Lobet den HErrn, alle Heiden; preiset ihn, alle Völker!

117:2 Denn seine Gnade und Wahrheit waltet über uns in Ewigkeit. Halleluja!

Psalm 118

118:1 Danket dem HErrn; denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich.

118:2 Es sage nun Israel: Seine Güte währet ewiglich.

118:3 Es sage nun das Haus Aaron: Seine Güte währet ewiglich.

118:4 Es sagen nun, die den HErrn fürchten: Seine Güte währet ewiglich.

118:5 In der Angst rief ich den HErrn an, und der HErr erhörete mich und tröstete mich.

118:6 Der HErr ist mit mir, darum fürchte ich mich nicht; was können mir Menschen tun?

118:7 Der HErr ist mit mir, mir zu helfen; und ich will meine Lust sehen an meinen Feinden.

118:8 Es ist gut auf den HErrn vertrauen und sich nicht verlassen auf Menschen.

118:9 Es ist gut auf den HErrn vertrauen und sich nicht verlassen auf Fürsten.

118:10 Alle Heiden umgeben mich; aber im Namen des HErrn will ich sie zerhauen.

118:11 Sie umgeben mich allenthalben; aber im Namen des HErrn will ich sie zerhauen.

118:12 Sie umgeben mich wie Bienen, sie dämpfen wie ein Feuer in Dornen; aber im Namen des HErrn will ich sie zerhauen.

118:13 Man stößet mich, daß ich fallen soll; aber der HErr hilft mir.

118:14 Der HErr ist meine Macht und mein Psalm und ist mein Heil.

118:15 Man singt mit Freuden vom Sieg in den Hütten der Gerechten. Die Rechte des HErrn behält den Sieg;

118:16 die Rechte des HErrn ist erhöhet; die Rechte des HErrn behält den Sieg.

118:17 Ich werde nicht sterben, sondern leben und des HErrn Werk verkündigen.

118:18 Der HErr züchtiget mich wohl, aber er gibt mich dem Tode nicht.

118:19 Tut mir auf die Tore der Gerechtigkeit, daß ich dahin eingehe und dem HErrn danke.

118:20 Das ist das Tor des HErrn; die Gerechten werden dahin eingehen.

118:21 Ich danke dir, daß du mich demütigest und hilfst mir.

118:22 Der Stein, den die Bauleute verworfen, ist zum Eckstein worden.

118:23 Das ist vom HErrn geschehen und ist ein Wunder vor unsern Augen.

118:24 Dies ist der Tag, den der HErr macht; laßt uns freuen und fröhlich drinnen sein!

118:25 O HErr, hilf, o HErr, laß wohlgelingen!

118:26 Gelobet sei, der da kommt im Namen des HErrn! Wir segnen euch, die ihr vom Hause des HErrn seid.

118:27 Der HErr ist GOtt, der uns erleuchtet. Schmücket das Fest mit Maien bis an die Hörner des Altars;

118:28 Du bist mein GOtt, und ich danke dir; mein GOtt, ich will dich preisen.

118:29 Danket dem HErrn; denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich.
Ein schwungreicher Festpsalm, am Pascha- und Laubhüttenfeste in Israel gesungen, das voll ist von Dank für seine Errettung und auf’s neue Muth gefaßt hat, alle Gefahren und Kämpfe, die ihm verordnet sind, im Namen des Herrn zu bestehen. Da, seitdem Christus seine Kirche gegründet, das leibliche Israel in das geistige übergegangen und der Verheißungen und Vorrechte des alten Gottesvolks theilhaftig geworden ist, so hat Christi Kirche das Recht, auch diese hier ausgesprochene Zuversicht sich anzueignen und in die erhabenen Worte dieses Psalms einzustimmen. Luther hat sich denselben zum besondern Trost zugeeignet, den 17ten Vers daraus in seiner Studirstube aufgehangen, und schreibt: „Das ist mein Psalm, den ich lieb habe. Wiewohl der ganze Psalter und die heilige Schrift gar mir auch lieb ist, als die mein einiger Trost im Leben ist, so bin ich doch sonderlich an diesen Psalm gerathen, daß er muß mein heißen und sein, denn er sich auch redlich um mich gar oft verdienet und mir aus manchen großen Nöthen geholfen hat, da mir sonst weder Kaiser, Könige, Weise, Kluge, Heilige hätten helfen mögen.“ Und auch ich trete, o treuer himmlischer Vater, hiemit in die Gemeinschaft aller Gott lobenden Seelen und danke Dir nicht weniger als alle Deine Auserwählten für Deine ewigwährende Güte. Du bist und bleibst allezeit meine einzige Stärke, mein Psalm und mein Heil; absonderlich mein ewiges Heil; denn dieses zu erwerben, hast Du auch mir zu gut Deinen Sohn in die Welt gesandt, der nach vollbrachtem blutigen Angst- und Todeskampf den Sieg über meine geistlichen Feinde, Sünde, Tod, Teufel und Hölle erstritten und seine Gotteskraft zu meinem und aller Menschen Heil so herrlich erwiesen hat; dieses mir zuzueignen, hast Du Deinen heiligen Geist ausgegossen, die Kirche gegründet, Wort und Sacramente eingesetzt, und treibest Dein Werk fort bis an das Ende der Tage. Davon singet man mit Freuden in den Hütten der Gerechten, und ich sollte Deines Lobes vergessen? Nein, Dich will und muß ich preisen in Ewigkeit, für Dich Alles gern leiden und zu Deiner Herrlichkeit eingehen. Erhalte mich durch Deinen Freudengeist nur immerzu in solchem Glauben und Vertrauen, und gieb, daß ich allezeit bereit bin, wenn Dein Sohn kommen wird zum Gericht, Ihm mein Hosianna anzustimmen: Gelobet sei, der da kommt im Namen des Herrn! Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 119

119:1 Wohl denen, die ohne Wandel leben, die im Gesetz des HErrn wandeln!

119:2 Wohl denen, die seine Zeugnisse halten, die ihn von ganzem Herzen suchen!

119:3 Denn welche auf seinen Wegen wandeln, die tun kein Übels.

119:4 Du hast geboten, fleißig zu halten deine Befehle.

119:5 O daß mein Leben deine Rechte mit ganzem Ernst hielte!

119:6 Wenn ich schaue allein auf deine Gebote, so werde ich nicht zuschanden.

119:7 Ich danke dir von rechtem Herzen, daß du mich lehrest die Rechte deiner Gerechtigkeit.

119:8 Deine Rechte will ich halten; verlaß mich nimmermehr!

119:9 Wie wird ein Jüngling seinen Weg unsträflich gehen? Wenn er sich hält nach deinen Worten.
GEne. viii. spricht Gott also / Das tichten des menschlichen herzen / ist böse von jugent auff. Wie kan man nu dem wehren? Anders nicht / denn wie hie im Psalm stehet / wenn man sich helt nach Gottes wort.
Gottes wort aber ist die gantze heilige Schrifft / die weiset uns auff Jhesum Christu / und saget. In Im / und in keinem andern / ist Heil / ist auch kein ander Name / den Menschen gegeben / darinnen wir sollen selig werden. (Johannes Bugenhagen)

119:10 Ich suche dich von ganzem Herzen; laß mich nicht fehlen deiner Gebote!

119:11 Ich behalte dein Wort in meinem Herzen, auf daß ich nicht wider dich sündige.

119:12 Gelobet seiest du, HErr! Lehre mich deine Rechte!

119:13 Ich will mit meinen Lippen erzählen alle Rechte deines Mundes.

119:14 Ich freue mich des Weges deiner Zeugnisse als über allerlei Reichtum.

119:15 Ich rede, was du befohlen hast, und schaue auf deine Wege.

119:16 Ich habe Lust zu deinen Rechten und vergesse deine Worte nicht.

119:17 Tu wohl deinem Knechte, daß ich lebe und dein Wort halte.

119:18 Öffne mir die Augen, daß ich sehe die Wunder an deinem Gesetze.

119:19 Ich bin ein Gast auf Erden; verbirg deine Gebote nicht vor mir!

119:20 Meine Seele ist zermalmet vor Verlangen nach deinen Rechten allezeit.

119:21 Du schiltst die Stolzen; verflucht sind, die deiner Gebote fehlen.

119:22 Wende von mir Schmach und Verachtung; denn ich halte deine Zeugnisse.

119:23 Es sitzen auch die Fürsten und reden wider mich; aber dein Knecht redet von deinen Rechten.

119:24 Ich habe Lust zu deinen Zeugnissen; die sind meine Ratsleute.

119:25 Meine Seele liegt im Staube; erquicke mich nach deinem Wort!

119:26 Ich erzähle meine Wege, und du erhörest mich; lehre mich deine Rechte!

119:27 Unterweise mich den Weg deiner Befehle, so will ich reden von deinen Wundern.

119:28 Ich gräme mich, daß mir das Herz verschmachtet; stärke mich nach deinem Wort!

119:29 Wende von mir den falschen Weg und gönne mir dein Gesetz.

119:30 Ich habe den Weg der Wahrheit erwählet; deine Rechte hab ich vor mich gestellet.

119:31 ich hange an deinen Zeugnissen; HErr, laß mich nicht zuschanden werden!

119:32 Wenn du mein Herz tröstest, so laufe ich den Weg deiner Gebote.

119:33 Zeige mir, HErr, den Weg deiner Rechte, daß ich sie bewahre bis ans Ende.

119:34 Unterweise mich, daß ich bewahre dein Gesetz und halte es von ganzem Herzen.

119:35 Führe mich auf dem Steige deiner Gebote; denn ich habe Lust dazu.

119:36 Neige mein Herz zu deinen Zeugnissen und nicht zum Geiz.

119:37 Wende meine Augen ab, daß sie nicht sehen nach unnützer Lehre, sondern erquicke mich auf deinem Wege.

119:38 Laß deinen Knecht dein Gebot festiglich für dein Wort halten, daß ich dich fürchte!

119:39 Wende von mir die Schmach, die ich scheue; denn deine Rechte sind lieblich.

119:40 Siehe, ich begehre deiner Befehle; erquicke mich mit deiner Gerechtigkeit!

119:41 HErr, laß mir deine Gnade widerfahren, deine Hilfe nach deinem Wort,

119:42 daß ich antworten möge meinem Lästerer; denn ich verlasse mich auf dein Wort.

119:43 Und nimm ja nicht von meinem Munde das Wort der Wahrheit; denn ich hoffe auf deine Rechte.

119:44 Ich will dein Gesetz halten allewege, immer und ewiglich.

119:45 Und ich wandle fröhlich; denn ich suche deine Befehle.

119:46 Ich rede von deinen Zeugnissen vor Königen und schäme mich nicht;

119:47 und habe Lust an deinen Geboten, und sind mir lieb;

119:48 und hebe meine Hände auf zu deinen Geboten, die mir lieb sind, und rede von deinen Rechten.

119:49 Gedenke deinem Knechte an dein Wort, auf welches du mich lässest hoffen:

119:50 Das ist mein Trost in meinem Elende; denn dein Wort erquicket mich.

119:51 Die Stolzen haben ihren Spott an mir; dennoch weiche ich nicht von deinem Gesetz.

119:52 HErr, wenn ich gedenke, wie du von der Welt her gerichtet hast, so werde ich getröstet.

119:53 Ich bin entbrannt über die Gottlosen, die dein Gesetz verlassen.

119:54 Deine Rechte sind mein Lied in dem Hause meiner Wallfahrt.

119:55 HErr, ich gedenke des Nachts an deinen Namen und halte dein Gesetz.

119:56 Das ist mein Schatz, daß ich deine Befehle halte.

119:57 Ich habe gesagt, HErr, das soll mein Erbe sein, daß ich deine Wege halte.

119:58 Ich flehe vor deinem Angesichte von ganzem Herzen; sei mir gnädig nach deinem Wort!

119:59 Ich betrachte meine Wege und kehre meine Füße zu deinen Zeugnissen.

119:60 Ich eile und säume mich nicht, zu halten deine Gebote.

119:61 Der Gottlosen Rotte beraubet mich; aber ich vergesse deines Gesetzes nicht.

119:62 Zur Mitternacht stehe ich auf, dir zu danken für die Rechte deiner Gerechtigkeit.

119:63 Ich halte mich zu denen, die dich fürchten und deine Befehle halten.

119:64 HErr, die Erde ist voll deiner Güte; lehre mich deine Rechte!

119:65 Du tust Gutes deinem Knechte, HErr, nach deinem Wort.

119:66 Lehre mich heilsame Sitten und Erkenntnis; denn ich glaube deinen Geboten.

119:67 Ehe ich gedemütiget ward, irrete ich; nun aber halte ich dein Wort.

119:68 Du bist gütig und freundlich; lehre mich deine Rechte!

119:69 Die Stolzen erdichten Lügen über mich; ich aber halte von ganzem Herzen deine Befehle.

119:70 Ihr Herz ist dick wie Schmeer; ich aber habe Lust an deinem Gesetz.

119:71 Es ist mir lieb, daß du mich gedemütiget hast, daß ich deine Rechte lerne.

119:72 Das Gesetz deines Mundes ist mir lieber denn viel tausend Stück Gold und Silber.

119:73 Deine Hand hat mich gemacht und bereitet; unterweise mich, daß ich deine Gebote lerne.

119:74 Die dich fürchten, sehen mich und freuen sich; denn ich hoffe auf dein Wort.

119:75 HErr, ich weiß, daß deine Gerichte recht sind und hast mich treulich gedemütiget.

119:76 Deine Gnade müsse mein Trost sein, wie du deinem Knechte zugesagt hast.

119:77 Laß mir deine Barmherzigkeit widerfahren, daß ich lebe; denn ich habe Lust zu deinem Gesetz.

119:78 Ach, daß die Stolzen müßten zuschanden werden, die mich mit Lügen niederdrücken! Ich aber rede von deinem Befehl.

119:79 Ach, daß sich müßten zu mir halten, die dich fürchten und deine Zeugnisse kennen!

119:80 Mein Herz bleibe rechtschaffen in deinen Rechten, daß ich nicht zuschanden werde.

119:81 Meine Seele verlanget nach deinem Heil; ich hoffe auf dein Wort.

119:82 Meine Augen sehnen sich nach deinem Wort und sagen: Wann tröstest du mich?

119:83 Denn ich bin wie eine Haut im Rauch; deiner Rechte vergesse ich nicht.

119:84 Wie lange soll dein Knecht warten? Wann willst du Gericht halten über meine Verfolger?

119:85 Die Stolzen graben mir Gruben, die nicht sind nach deinem Gesetz.

119:86 Deine Gebote sind eitel Wahrheit. Sie verfolgen mich mit Lügen; hilf mir!

119:87 Sie haben mich schier umgebracht auf Erden; ich aber verlasse deine Befehle nicht.

119:88 Erquicke mich durch deine Gnade, daß ich halte die Zeugnisse deines Mundes.

119:89 HErr, dein Wort bleibt ewiglich, soweit der Himmel ist;

119:90 deine Wahrheit währet für und für. Du hast die Erde zugerichtet, und sie bleibt stehen.

119:91 Es bleibet täglich nach deinem Wort; denn es muß dir alles dienen.

119:92 Wo dein Gesetz nicht mein Trost gewesen wäre, so wäre ich vergangen in meinem Elende.

119:93 Ich will deine Befehle nimmermehr vergessen; denn du erquickest mich damit.

119:94 Ich bin dein, hilf mir; denn ich suche deine Befehle.

119:95 Die Gottlosen warten auf mich, daß sie mich umbringen; ich aber merke auf deine Zeugnisse.

119:96 Ich habe alles Dinges ein Ende gesehen; aber dein Gebot währet.

119:97 Wie habe ich dein Gesetz so lieb! Täglich rede ich davon.

119:98 Du machst mich mit deinem Gebot weiser, denn meine Feinde sind; denn es ist ewiglich mein Schatz.

119:99 Ich bin gelehrter denn alle meine Lehrer; denn deine Zeugnisse sind meine Rede.

119:100 Ich bin klüger denn die Alten; denn ich halte deine Befehle.

119:101 Ich wehre meinem Fuß alle bösen Wege, daß ich dein Wort halte.

119:102 Ich weiche nicht von deinen Rechten; denn du lehrest mich.

119:103 Dein Wort ist meinem Munde süßer denn Honig.

119:104 Dein Wort macht mich klug; darum hasse ich alle falschen Wege,

119:105 Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege.

119:106 Ich schwöre und will's halten, daß ich die Rechte deiner Gerechtigkeit halten will.

119:107 Ich bin sehr gedemütiget; HErr, erquicke mich nach deinem Wort!

119:108 Laß dir gefallen, HErr, das willige Opfer meines Mundes und lehre mich deine Rechte.

119:109 Ich trage meine Seele immer in meinen Händen und ich vergesse deines Gesetzes nicht.

119:110 Die Gottlosen legen mir Stricke; ich aber irre nicht von deinem Befehl.

119:111 Deine Zeugnisse sind mein ewiges Erbe; denn sie sind meines Herzens Wonne.

119:112 Ich neige mein Herz, zu tun nach deinen Rechten immer und ewiglich.

119:113 Ich hasse die Flattergeister und liebe dein Gesetz.

119:114 Du bist mein Schirm und Schild; ich hoffe auf dein Wort.

119:115 Weichet von mir, ihr Boshaftigen; ich will halten die Gebote meines GOttes.

119:116 Erhalte mich durch dein Wort, daß ich lebe, und laß mich nicht zuschanden werden über meiner Hoffnung.

119:117 Stärke mich, daß ich genese, so will ich stets meine Lust haben an deinen Rechten.

119:118 Du zertrittst alle, die deiner Rechte fehlen; denn ihre Trügerei ist eitel Lüge.

119:119 Du wirfst alle Gottlosen auf Erden weg wie Schlacken; darum liebe ich deine Zeugnisse.

119:120 Ich fürchte mich vor dir, daß mir die Haut schauert, und entsetze mich vor deinen Rechten.

119:121 Ich halte über dem Recht und Gerechtigkeit; übergib mich nicht denen, die mir wollen Gewalt tun!

119:122 Vertritt du deinen Knecht und tröste ihn, daß mir die Stolzen nicht Gewalt tun.

119:123 Meine Augen sehnen sich nach deinem Heil und nach dem Wort deiner Gerechtigkeit.

119:124 Handle mit deinem Knechte nach deiner Gnade und lehre mich deine Rechte!

119:125 Ich bin dein Knecht; unterweise mich, daß ich erkenne deine Zeugnisse!

119:126 Es ist Zeit, daß der HErr dazu tue; sie haben dein Gesetz zerrissen.

119:127 Darum liebe ich dein Gebot über Gold und über fein Gold.

119:128 Darum halte ich stracks alle deine Befehle; ich hasse allen falschen Weg.

119:129 Deine Zeugnisse sind wunderbarlich; darum hält sie meine Seele.

119:130 Wenn dein Wort offenbar wird, so erfreuet es und macht klug die Einfältigen.

119:131 Ich tue meinen Mund auf und begehre deine Gebote; denn mich verlanget danach.

119:132 Wende dich zu mir und sei mir gnädig, wie du pflegst zu tun denen, die deinen Namen lieben.

119:133 Laß meinen Gang gewiß sein in deinem Wort und laß kein Unrecht über mich herrschen!

119:134 Erlöse mich von der Menschen Frevel, so will ich halten deine Befehle.

119:135 Laß dein Antlitz leuchten über deinen Knecht und lehre mich deine Rechte!

119:136 Meine Augen fließen mit Wasser, daß man dein Gesetz nicht hält.

119:137 HErr, du bist gerecht und dein Wort ist recht.

119:138 Du hast die Zeugnisse deiner Gerechtigkeit und die Wahrheit hart geboten.

119:139 Ich habe mich schier zu Tode geeifert, daß meine Widersacher deiner Worte vergessen.

119:140 Dein Wort ist wohl geläutert, und dein Knecht hat es lieb.

119:141 Ich bin gering und verachtet, ich vergesse aber nicht deines Befehls.

119:142 Deine Gerechtigkeit ist eine ewige Gerechtigkeit, und dein Gesetz ist Wahrheit.

119:143 Angst und Not haben mich getroffen; ich habe aber Lust an deinen Geboten.

119:144 Die Gerechtigkeit deiner Zeugnisse ist ewig; unterweise mich, so lebe ich.

119:145 Ich rufe von ganzem Herzen; erhöre mich, HErr, daß ich deine Rechte halte!

119:146 Ich rufe zu dir; hilf mir, daß ich deine Zeugnisse halte!

119:147 Ich komme frühe und schreie; auf dein Wort hoffe ich.

119:148 Ich wache frühe auf, daß ich rede von deinem Wort.

119:149 Höre meine Stimme nach deiner Gnade; HErr, erquicke mich nach deinen Rechten!

119:150 Meine boshaftigen Verfolger wollen mir zu und sind ferne von deinem Gesetz.

119:151 HErr, du bist nahe, und deine Gebote sind eitel Wahrheit.

119:152 Zuvor weiß ich aber, daß du deine Zeugnisse ewiglich gegründet hast.

119:153 Siehe mein Elend und errette mich; hilf mir aus, denn ich vergesse deines Gesetzes nicht.

119:154 Führe meine Sache und erlöse mich; erquicke mich durch dein Wort!

119:155 Das Heil ist ferne von den Gottlosen; denn sie achten deine Rechte nicht.

119:156 HErr, deine Barmherzigkeit ist groß; erquicke mich nach deinen Rechten!

119:157 Meiner Verfolger und Widersacher ist viel; ich weiche aber nicht von deinen Zeugnissen.

119:158 Ich sehe die Verächter, und tut mir wehe, daß sie dein Wort nicht halten.

119:159 Siehe, ich liebe deine Befehle; HErr, erquicke mich nach deiner Gnade!

119:160 Dein Wort ist nichts denn Wahrheit; alle Rechte deiner Gerechtigkeit währen ewiglich.

119:161 Die Fürsten verfolgen mich ohne Ursache und mein Herz fürchtet sich vor deinen Worten.

119:162 ich freue mich über dein Wort wie einer, der eine große Beute kriegt.

119:163 Lügen bin ich gram und habe Greuel daran; aber dein Gesetz habe ich lieb.

119:164 Ich lobe dich des Tages siebenmal um der Rechte willen deiner Gerechtigkeit.

119:165 Großen Frieden haben, die dein Gesetz lieben, und werden nicht straucheln.

119:166 HErr, ich warte auf dein Heil und tue nach deinen Geboten.

119:167 Meine Seele hält deine Zeugnisse und liebet sie fast.

119:168 Ich halte deine Befehle und deine Zeugnisse; denn alle meine Wege sind vor dir.

119:169 HErr, laß meine Klage vor, dich kommen; unterweise mich nach deinem Wort!

119:170 Laß mein Flehen vor dich kommen; errette mich nach deinem Wort!

119:171 Meine Lippen sollen toben, wenn du mich deine Rechte lehrest.

119:172 Meine Zunge soll ihr Gespräch haben von deinem Wort; denn alle deine Gebote sind recht.

119:173 Laß mir deine Hand beistehen; denn ich habe erwählet deine Befehle.

119:174 HErr, mich verlanget nach deinem Heil und habe Lust an deinem Gesetz.

119:175 Laß meine Seele leben, daß sie dich lobe, und deine Rechte mir helfen.

119:176 Ich bin wie ein verirret und verloren Schaf; suche deinen Knecht; denn ich vergesse deiner Gebote nicht.

Psalm 120

120:1 Ein Lied im höhern Chor. Ich rufe zu dem HErrn in meiner Not, und er erhöret mich.

120:2 HErr, errette meine Seele von den Lügenmäulern und von den falschen Zungen!

120:3 Was kann dir die falsche Zunge tun? und was kann sie ausrichten?

120:4 Sie ist wie scharfe Pfeile eines Starken, wie Feuer in Wacholdern.

120:5 Wehe mir, daß ich ein Fremdling bin unter Mesech! Ich muß wohnen unter den Hütten Kedars.

120:6 Es wird meiner Seele lange, zu wohnen bei denen, die den Frieden hassen.

120:7 Ich halte Frieden; aber wenn ich rede, so fahen sie Krieg an.
Beide Psalmen (120 und 122) ergänzen sich gegenseitig, der 120. schildert unsern Nothstand hienieden, wo wir Fremdlinge und Pilger sind, fern vom Vaterlande, unter streitsüchtigen und gehässigen Menschen, der 122. giebt den Trost der Wallfahrer: daß es ja nach Jerusalem gehe, der prächtig gebauten Friedensstadt mit ihren Festen und Versammlungen. Wir Christen haben aber ein doppeltes Jerusalem, ein irdisches und ein himmlisches; beides ist unser Trost und unsre Erquickung. Jenes ist die Kirche Christi, gegründet auf den Fels des Heils, Jesum Christum, unsern Herrn, fest und unzerstörbar und mit viel herrlicheren Vorrechten und Gütern ausgestattet, als das alttestamentliche Jerusalem; denn unsere Bundeslade ist das Evangelium, unser Gnadenstuhl das Kreuz Christi, unser Tempel das Reich Gottes, durch Erde und Himmel verbreitet. Sie ist die Pflanzstätte aller wahren Freuden und Tugenden; kein Uebel kann so gefährlich, kein Schmerz so empfindlich, keine Anfechung so groß sein, wofür dieser Berg des Herrn nicht heilsame Kräuter darreichen sollte. Von ihr gilt im höchsten Sinne das Wort Ps. 87: „Herrliche Dinge werden von dir gesagt, Stadt gottes“ und Ps. 84: „Wie lieblich sind Deine Wohnungen, Herr Zebaoth! Meine Seele sehnet sich nach Deinen Vorhöfen.“ In ihren Mauern ist der wahre Friede und das bleibende Glück, es geht wohl ihren Bewohnern und kommt nichts als Segen über alle ihre Freunde. Und doch ist auch sie nur Vorbild des zweiten, des himmlischen Jerusalems, des Jerusalems da droben, die unser Aller Mutter ist, mit ihren ewigen Friedenshütten. Wer ist nicht entzückt, wenn er an sie gedenkt und an ihre Schönheit und Heiligkeit, an ihre Sicherheit und Lust, an ihre Pracht und Beständigkeit? Herr, erhalte uns auf dem schmalen Wege zu diesem Ziele; stärke, was schwach; verwahre, was gering; richte auf, was träge und matt ist; gönne uns vor allem den geistlichen Frieden mit Dir und hilf uns widerstehen allen Versuchungen der Welt, bis wir am Ziel sind und in Dein himmlisches Jerusalem eingehen mit Freuden. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 121

121:1 Ein Lied im höhern Chor. Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, von welchen mir Hilfe kommt.

121:2 Meine Hilfe kommt vom HErrn, der Himmel und Erde gemacht hat.

121:3 Er wird deinen Fuß nicht gleiten lassen; und der dich behütet, schläft nicht.

121:4 Siehe, der Hüter Israels schläft noch schlummert nicht.

121:5 Der HErr behütet dich; der HErr ist dein Schatten über deiner rechten Hand,

121:6 daß dich des Tages die Sonne nicht steche, noch der Mond des Nachts.

121:7 Der HErr behüte dich vor allem Übel; er behüte deine Seele!

121:8 Der HErr behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit!
Hochgelobter Heiland! Du ließest Dich heute einen Jesum nennen und versprachst damit Dein Volk selig zu machen von ihren Sünden. Herr, Dir sei Dank, daß Du diesen Deinen heilsvollen Namen auch das vergangene Jahr an uns bewiesen hast. Sei nun auch ferner unser lebendiger Jesus, unser Heiland in der That und Wahrheit. Erlöse uns vor allen Dingen von unsern Sünden, als dem ärgsten und gefährlichsten Schaden. Siehe, unser Herz sehnet sich nach Deiner neuen Schöpfung, darin Du Alles neu machen willst. so schaffe in uns einen neuen, gewissen Geist, damit das Alte alles vergehe, das uns geplagt und beunruhigt, auch Dich an Deinem Segen gehindert hat. Erneure mit diesem Wechsel des Jahres Dein Gedächtniß in uns, daß Du nun von neuem uns vor Augen gemalet werdest durch den Glauben, den Gott selber wirket. Werde uns, was Dein Name mit sich bringet, lauter Heil und Seligkeit. Schenke uns zum neuen Jahre neue Gerechtigkeit, neue Heiligkeit, neue Weisheit, neue Erlösung. Laß uns mit ganz neuem Sinn und Ernst dieses Jahr anfangen, und nicht in dem alten Sauerteig der Sünden und bösen Gewohnheiten. Ach, daß wir nun Alle ein Herz erfleheten, daß Dich kindlich fürchtete, herzlich liebete, brünstig anriefe und treulich kämpfte! Werde uns Alles in Allem, denn in Dir liegt Alles, was wir bedürfen, du allerkostbarste Neujahrsgabe. Werde unserer Obrigkeit das rechte Gesetzbuch in Deinem heiligen Namen, der da ist Gottes Wort; sei ihr gerades Scepter, daß Dein Wille nur durch sie geschehe, und ihr Schirm und Schutz, Lohn und Kron. Sei Du allen Lehrern das wahrhaftige Licht, das allen Menschen vorleuchte, und die Irrigen zurechtweise, die Unwissenden lehre, die Schwachen stärke, die Traurigen tröste. Allen Gemeinden werde mit Deinem heiligen Namen ein Tempel, darein sie in Einigkeit des Geistes versammelt werden zur gemeinsamen Besserung. Dein Name sei und bleibe der Armen Schatz, der Kranken Heilung, der Elenden Zuflucht, der Verlassenen Rath und Trost, der Wittwen Versorger, der Waisen Vater, ja Allen Alles. Denn Du kannst uns im Tode erwecken und in Schwachheit neue Kraft geben, den Zorn in Liebe und den Fluch in Segen verwandeln. Ja, lehre Du uns selbst Dein Wohlgefallen, und ohne Dich laß uns nichts reden, thun oder denken. Wir empfehlen uns Dir ganz und gar mit Allem, was wir sind und haben, auf ewig. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 122

122:1 Ein Lied Davids im höhern Chor. Ich freue mich des, das mir geredet ist, daß wir werden ins Haus des HErrn gehen,

122:2 und daß unsere Füße werden stehen in deinen Toren, Jerusalem.

122:3 ist gebauet, daß es eine Stadt sei, da man zusammenkommen soll,

122:4 da die Stämme hinaufgehen sollen, nämlich die Stämme des HErrn, zu predigen dem Volk Israel, zu danken dem Namen des HErrn.

122:5 Denn daselbst sitzen die Stühle zum Gericht, die Stühle des Hauses David.

122:6 Wünschet Jerusalem Glück! Es müsse wohlgehen denen, die dich lieben!

122:7 Es müsse Friede sein inwendig in deinen Mauern und Glück in deinen Palästen!

122:8 Um meiner Brüder und Freunde willen will ich dir Frieden wünschen.

122:9 Um des Hauses willen des HErrn, unsers GOttes, will ich dein Bestes suchen.

Psalm 123

123:1 Ein Lied im höhern Chor. Ich hebe meine Augen auf zu dir, der du im Himmel sitzest.

123:2 Siehe, wie die Augen der Knechte auf die Hände ihrer Herren sehen, wie die Augen der Magd auf die Hände ihrer Frauen, also sehen unsere Augen auf den HErrn, unsern GOtt, bis er uns gnädig werde.

123:3 Sei uns gnädig, HErr, sei uns gnädig; denn wir sind sehr voll Verachtung.

123:4 Sehr voll ist unsere Seele der Stolzen Spott und der Hoffärtigen Verachtung.
Diese beiden Psalme (123 und 125) sind Wallfahrtslieder im höheren Chor. Als das Jammerlied, welches die gefangenen Juden an den Wassern von Babylon sangen, verstummt war und sie auszogen aus dem Lande ihrer Knechtschaft, sollen sie auf dem Wege gen Zion diese Pilgerlieder gesungen haben; sie sollen sie ferner auf ihren jährlichen Festzügen begleitet haben nach der Davidsstadt. Jedenfalls sind’s Lieder, mit welchen man sich Trost und Freude auf Pilgerwegen in’s Herz singen kann. Sie verkürzen uns des Weges Länge, sie ebnen uns den Weg, sie machen ihn lieblich und breiter, sie rücken uns unser Ziel näher vor Augen. Wir sind, wenn auch Fremdlinge und Pilgrimme, doch zugleich des Herrn Knechte und Mägde, nicht blos seine Leibeigenen, sondern auch seine Herz- und Seeleigenen. Wohl uns, wenn wir, wie die Knechte und Mägde, auf Seine Hand allezeit sehen; auf diese Hand, die uns winkt und weiset, die uns leitet, lenkt und regiert, die uns schützt und schirmt, die uns aber auch straft und züchtigt, wenn’s Noth thut, und uns dadurch heilt und segnet! Ach, diese Hand hat sich am Kreuze für uns durchbohren lassen; diese Hand zerreißt unsere Sündenbande und macht uns von uns selbst, von der Welt und der Sünde los; diese Hand hat uns in der Taufe gesegnet, am Nachtmahlstische gespeiset und will uns noch aus dem Tode erretten und gegen die Schrecken des letzten Gerichts uns sicher stellen. Habe Dank, Herr, Herr, daß wir uns allezeit des Besten zu Dir versehen können und es von allen Gläubigen gilt: Sie sehen hinauf, der Vater herab, an Treu und Lieb’ geht ihnen nichts ab, bis sie zusammen kommen. Laß uns denn auch ferner nicht und ziehe Deine Hand nicht von uns ab, sondern trage auch inskünftige Sorge, daß, wenn gleich die Menschen oder der Satan sich wider uns setzen, sie doch an uns zu Schanden und wir aus ihren Zähnen errettet werden. Du wirst es thun; denn unsere Hülfe stehet doch nur einzig und allein in Deinem Namen, Herr, der Du Himmel und Erde gemacht hast. Amen.(Friedrich Arndt)

Psalm 124

124:1 Ein Lied Davids im höhern Chor. Wo der HErr nicht bei uns wäre, so sage Israel,

124:2 wo der HErr nicht bei uns wäre, wenn die Menschen sich wider uns setzen,

124:3 so verschlängen sie uns lebendig, wenn ihr Zorn über uns ergrimmete,

124:4 so ersäufte uns Wasser, Ströme gingen über unsere Seele;

124:5 es gingen Wasser allzu hoch über unsere Seele.

124:6 Gelobet sei der HErr, daß er uns nicht gibt zum Raube in ihre Zähne!

124:7 Unsere Seele ist entronnen wie ein Vogel dem Stricke des Voglers. Der Strick ist zerrissen, und wir sind los.

124:8 Unsere Hilfe stehet im Namen des HErrn, der Himmel und Erde gemacht hat.
So steht es auch mit mir: ohne Dich, o Herr, bin ich verloren und mache es wie Petrus im Vorhofe des Hohenpriesters. Während Du die Mißhandlungen und Verspottungen übernahmst, wurdest Du in eben der Zeit von ihm verleugnet, welches Dir gewiß tiefe Wunden in Dein treues, zartes Herz geschnitten, zumal Du ihn so nachdrücklich gewarnt und zum Wachen und Beten ermahnt hattest. O wie oft habe ich auch Dir dieses Leiden zugefügt! Mein Herz ist gar zu geneigt, sich Deiner zu schämen, und gar zu abgeneigt, Dich vor den Menschen zu bekennen, wenn auch schon keine Gefahr vorhanden ist. Wie oft habe ich in leichtsinniger Gesellschaft, wenn ich darauf angesehen wurde, ob ich auch Einer der Deinen sei, aus erbärmlicher Menschenfurcht Böses gut und Gutes böse geheißen, und durch dieses schmachvolle, feige Betragen erklärt: Ich kenne Ihn nicht, ich bin Sein Jünger nicht! O wie muß Dir meine Untreue, die ich unzählige mal an Dir begangen, so nahe gegangen sein! Ich darf mich mit Petro nicht einmal vergleichen, denn ich war noch nie in solcher Gefahr wie er, und doch habe ich mich oft gescheut, Deiner auch nur mit einem Wort zu gedenken, wo ich besorgte, ich würde scheel darüber angesehen werden. Es drohte mir kein blutdürstiges Gericht, kein offener Kerker, kein aufgerichtetes Kreuz, kein angezündeter Scheiterhaufen, kein bewaffneter Henker, wie einst jenen Blutzeugen, welche in dem Angesicht dieser Schrecknisse dennoch Deinen Namen bekannten. Ach, Herr, ich wollte auch nicht die leichteste Schmach für Dich erdulden, der Du für mich Dich hast anspeien und verhöhnen lassen, der Du für mich die blutige Geißel erduldet und die Dornenkrone getragen, der Du für mich alle Noth und Höllenstrafe meiner Sünde auf Dich genommen hast und in die Marter Deines Kreuzes gegangen bist. Ach, Herr, Herr, verwirf mich nicht von Deinem Angesicht! entziehe mir armen Sünder Dein Mitleiden nicht! Sei mir gnädig nach Deiner Güte, und tilge meine Sünde nach Deiner großen Barmherzigkeit! Herr, höre! Herr, erhöre! Herr, vergieb! Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 125

125:1 Ein Lied im höhern Chor. Die auf den HErrn hoffen, die werden nicht fallen, sondern ewiglich bleiben wie der Berg Zion.

125:2 Um Jerusalem her sind Berge; und der HErr ist um sein Volk her von nun an bis in Ewigkeit.

125:3 Denn der Gottlosen Zepter wird nicht bleiben über dem Häuflein der Gerechten, auf daß die Gerechten ihre Hand nicht ausstrecken zur Ungerechtigkeit.

125:4 HErr, tu wohl den guten und frommen Herzen!

125:5 Die aber abweichen auf ihre krummen Wege, wird der HErr wegtreiben mit den Übeltätern. Aber Friede sei über Israel!
Ein merkwürdiger Triumpfwagen fährt durch die Zeiten hin. Christus sitzt darauf, mit Dornen gekrönt und mit Schmach beladen, mit Geißeln zerschlagen, mit Blut bespritzt. In der Linken trägt er das Kreuz, in der Rechten die beiden Testamente. Freudig und rüstig haben sich die Apostel in das Joch gespannt, um den Zug zu bewegen; ihnen voraus schreiten die Patriarchen und Propheten. Zu beiden Seiten des Wagens gehen große Schaaren der Märtyrer, und neben ihnen die Lehrer der Kirche mit aufgeschlagenen Bibeln. Als Gefolge erblickt man eine unzählige Menge Menschen beiderlei Geschlechts aus verschiedenen Ständen und Völkern, Juden und Heiden, Reiche und Arme, Gelehrte und Ungebildete. Sie alle jubeln und klatschen vor Freude in die Hände. Rings um den Zug aber stehen große Haufen von Feinden, Kaiser und Könige, Fürsten, Weise und Große dieser Welt mit Völkern von allen Zungen, mit Sclaven und Freien, Männern und Frauen; und unter gewaltiger Anstrengung stürmen sie auf die Schaar der Frommen ein. Allein mit ihrer Macht ist nichts gethan. Die Götzenbilder stürzen und werden zertreten; das Kreuz Christi siegt und führt das Gefängniß gefangen.
Verherrlichter Jesus, verherrliche Dich an unsern Herzen und erfülle an uns das Wort des frommen Sängers: „Die auf den Herrn hoffen, werden nicht fallen, sondern ewiglich bleiben, wie der Berg Zion.“ Laß uns nicht entfallen von des rechten Glaubens Trost. Sei um uns und Dein armes Häuflein selbst eine feurige Mauer, schütze uns wider alle Anläufe der Feinde, führe uns von Sieg zu Sieg, und bewahre uns vor Mißtrauen und Ungeduld; ja, mache uns durch Deinen Geist Dir immer gefälliger, und dann thue wohl an Zion nach Deiner Gnade; Friede, Glück und Segen sei über Deinem Israel von nun an bis in Ewigkeit. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 126

126:1 Ein Lied im höhern Chor. Wenn der HErr die Gefangenen Zions erlösen wird, so werden wir sein wie die Träumenden.

126:2 Dann wird unser Mund voll Lachens und unsere Zunge voll Rühmens sein. Da wird man sagen unter den Heiden: Der HErr hat Großes an ihnen getan.

126:3 Der HErr hat Großes an uns getan; des sind wir fröhlich.

126:4 HErr, wende unser Gefängnis, wie du die Wasser gegen Mittag trocknest!

126:5 Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten.

126:6 Sie gehen hin und weinen und tragen edlen Samen und kommen mit Freuden und bringen ihre Garben.
Köstlicher Psalm! Du hast es mir möglich gemacht, Herr Jesu, ihn mir zuzueignen; denn Du hast mich erlöset und mein Gefängniß gewendet durch dein versöhnendes Lieben und Leiden, Schweigen und Bekennen, Verlästert- und Beleidigtwerden und das Alles erdulden um der Ehre Deines Vaters und der Seelenrettung der Menschen willen. Gräßlicher Widerspruch! Du verherrlichst durch all’ Dein Thun und Leiden den Vater, und sollst Gott gelästert haben! Das mußte aber freilich so gehen, weil Du an meiner Stelle standest. Ich bin ein Gotteslästerer, Herr Jesu; mir gehören die Mißhandlungen, die Du erleidest: ich sollte als ein solcher verspeiet, geschlagen und zum Tode verdammt werden; Du aber fängst den Speichel und die Faustschläge auf, damit mein Angesicht glänzen kann in ewiger Klarheit. Du wirst verspottet, und ich soll von Deinem Vater und allen heiligen Engeln als Deine Braut geehret werden. Du lässest Dein Angesicht verdecken; aber Deine Braut, Herr Jesu, kennt Dich auch unter Deiner Decke, sie schauet durch den Vorhang Deiner Niedrigkeit hindurch, und da findet sie lauter Herrlichkeit, die ihr Auge und Herz auf Dich ziehet. Dein Bekenntniß, Du seiest Gottes Sohn, ist für die Deinen ein so fester Grund ihres Glaubens, daß sie auch nicht einen Augenblick an Dir irre werden. Laß nur Dein prophetisches Amt verspotten, sie wissen doch, daß Du ein wahrhafter Prophet bist, der Amen und wahrhaftige Zeuge. Das können Deine Gläubigen an Deinem verspeieten Angesicht lesen. Weil Du alle die Beschimpfungen vorher verkündigt hast, welche Dir hier begegnen, das stärket den Glauben. Nun, mein Heiland, so wie Du am verhöhntesten, so bist Du mir am schönsten! Dein Verspotten, Dein Verspeien laß zu Ehren mir gedeihen. Tausend, tausend Mal sei Dir, liebster Jesu, Dank dafür! ich will nun auch gern wie Du mit Thränen hienieden säen, denn ich weiß: durch Dich werde ich einst mit Freuden erndten und kommen und eine Garben bringen. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 127

127:1 Ein Lied Salomos im höhern Chor. Wo der HErr nicht das Haus bauet, so arbeiten umsonst, die dran bauen. Wo der HErr nicht die Stadt behütet, so wachet der Wächter umsonst.

127:2 Es ist umsonst, daß ihr frühe aufstehet und hernach lange sitzet und esset euer Brot mit Sorgen; denn seinen Freunden gibt er's schlafend.

127:3 Siehe, Kinder sind eine Gabe des HErrn, und Leibesfrucht ist ein Geschenk.

127:4 Wie die Pfeile in der Hand eines Starken, also geraten die jungen Knaben.

127:5 Wohl dem, der seinen Köcher derselben voll hat! Sie werden nicht zuschanden, wenn sie mit ihren Feinden handeln im Tor.

Psalm 128

128:1 Ein Lied im höhern Chor. Wohl dem, der den HErrn fürchtet und auf seinen Wegen gehet!

128:2 Du wirst dich nähren deiner Hände Arbeit; wohl dir, du hast's gut!

128:3 Dein Weib wird sein wie ein fruchtbarer Weinstock um dein Haus herum, deine Kinder wie die Ölzweige um deinen Tisch her.

128:4 Siehe, also wird gesegnet der Mann, der den HErrn fürchtet.

128:5 Der HErr wird dich segnen aus Zion, daß du sehest das Glück Jerusalems dein Leben lang

128:6 und sehest deiner Kinder Kinder. Friede über Israel!

Psalm 129

129:1 Ein Lied im höhern Chor. Sie haben mich oft gedränget von meiner Jugend auf, so sage Israel;

129:2 sie haben mich oft gedränget von meiner Jugend auf; aber sie haben mich nicht übermocht.

129:3 Die Pflüger haben auf meinem Rücken geackert und ihre Furchen lang gezogen.

129:4 Der HErr, der gerecht ist, hat der Gottlosen Seile abgehauen.

129:5 Ach; daß müßten zuschanden werden und zurückkehren alle, die Zion gram sind!

129:6 Ach, daß sie müßten sein wie das Gras auf den Dächern, welches verdorret, ehe man es ausrauft,

129:7 von welchem der Schnitter seine Hand nicht füllet, noch der Garbenbinder seinen Arm voll,

129:8 und die vorübergehen, nicht sprechen: Der Segen des HErrn sei über euch; wir segnen euch im Namen des HErrn!
Barmherziger Gott, ich preise Dich, daß ich diese Verheißung mir auch aneignen darf, daß Dein Volk, so oft unterlegen und gemißhandelt, doch immer wieder sich aufgerichtet hat und seine Feinde zuletzt hoffnungslos zu Grunde gehen. Was bin ich doch, Herr, daß Du mich bis hieher gebracht hast? In mir war keine Kraft und Würdigkeit, die Dich hätte bewegen können, mich vor Andern lieb zu haben. Deine freie Gnade hat mich in dem Schooß Deiner Kirche lassen geboren werde, und hier lässest Du mir Dein theures Wort verkündigen, hier erquickest Du mich mit himmlischen Gaben in Christo, und gönnest mir im Geist und in der Wahrheit Dir zu dienen. Das Alles hab’ ich Deiner Erbarmung zu danken, und durch sie allein bin ich, was ich bin. – Gedenke, Herr, an Deinen Bund und Deine gnädige Verheißung; Du kannst die Deinen nimmermehr vergessen, in Deine Hände hast Du sie gezeichnet. O laß sie durch die Liebe verbunden sein als ein Herz und eine Seele. Laß sie Dein Wort lieb haben und mit einem gottseligen Wandel einander ermuntern, daß sie ihr Licht lassen leuchten und ihre guten Werke zu Deines Namens Ehre gepriesen werden. Stärke unsere Brüder, die unter den Feinden der Wahrheit wohnen, daß sie durch keine Noth noch List sich lassen abwendig machen; schütze sie vor ihren Feinden, tröste sie in Traurigkeit, und hilf ihnen in aller Bedrängniß, daß sie beständig bleiben im Glauben, gottselig im Leben, geduldig in Trübsal, und unbesiegt bis in den Tod. – Führe, o Herr, bald die herrliche Zeit herbei, wo Deinem Zion Kinder sollen geboren werden, wie der Thau aus der Morgenröthe. Laß Babel fallen, laß die Fülle der Heiden eingehen und ganz Israel selig werden, daß Dein Name herrlich sei vom Aufgang bis zum Niedergang, und alle Welt ein Hirt und eine Heerde werde. Hat nun endlich Deine Kirche genug gestritten und geduldet, so führe ihren Kampf zum Siege aus! O wie herrlich wird die Versammlung Deiner Heiligen sein, wann wir Dich aus einem Munde werden loben in unaussprechlicher Freude! Bringe uns da zusammen, Herr Jesu, und laß uns Deine Herrlichkeit sehen, die Dir der Vater gegeben hat. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 130

130:1 Ein Lied im höhern Chor. Aus der Tiefe rufe ich, HErr, zu dir.

130:2 HErr, höre meine Stimme; laß deine Ohren merken auf die Stimme meines Flehens!

130:3 So du willst, HErr, Sünde zurechnen, HErr, wer wird bestehen?

130:4 Denn bei dir ist die Vergebung, daß man dich fürchte.

130:5 Ich harre des HErrn; meine Seele harret, und ich hoffe auf sein Wort.

130:6 Meine Seele wartet auf den HErrn von einer Morgenwache bis zur andern.

130:7 Israel hoffe auf den HErrn; denn bei dem HErrn ist die Gnade und viel Erlösung bei ihm;

130:8 und er wird Israel erlösen aus allen seinen Sünden.
Ach, lieber Vater, aus meiner Sündentiefe rufe auch ich jetzt zu Dir, höre mich armen Sünder, erhöre mein Geschrei, das ich zu Dir erhebe; ich will mein Herz vor Dir ausschütten und Dir bekennen, wie ich so schwer gesündigt und Dich so oft und sehr erzürnt habe. Ich bin durch Deine Gnade ein wenig zu mir selbst gekommen, habe mein sündliches Leben erforscht, und finde nichts bei mir als ein verfinstertes Herz voller Sünden, ein Gewissen, das die Anklage großer Missethaten beschwert und mich zu ernstlicher Buße dringend auffordert.
Ich weiß kein Laster, damit ich mich nicht auch befleckt finde, als mit Zorn, Hoffahrt, Unbeständigkeit, Unsauberkeit des Mundes, Lästerung und Schmähungen, Ungehorsam, ärgerlichen und bösen Sitten, Uebermuth, Betrug, Halsstarrigkeit, Nachlässigkeit im Guten; ich bin von Jugend auf nicht recht geneigt gewesen zu Einigkeit und Frieden; ich habe meinem Nächsten nicht willig und gern gedient; ich bin fertig gewesen, mit meiner Zunge zu reden, wozu ich wenig Grund gehabt habe, und geschickt, meinen Nächsten zu übervortheilen, freventlich zu richten; zänkisch, spöttisch, undankbar, lügenhaft; und daß ich’s gar heraussage, so finde ich mich, lieber Gott, aller Sünden schuldig und deswegen würdig der ewigen Verdammniß. Meine Sünde ist mir zur Sünde geworden, Deine Pfeile stecken in meinem Gewissen, und in meinem Herzen ist lauter Jammer und Noth.
Aber, Herr, Du sagst, Du wollest nicht den Tod des Sünders, sondern daß er Buße thue, sich bessere und lebe. Du sprichst, daß Dir auch kein Opfer besser gefalle, als ein zerknirschtes Herz. So nimm nun an, o Herr, mein armes, betrübtes und zerschlagenes Gewissen; erbarme Dich über mich armen Sünder um Deines lieben Sohnes willen, und wirf alle meine Sünden in die Tiefe des Meers, auf daß derselben in Deinem strengen Gericht nicht mehr gedacht werde, und gieb mir Gnade, daß ich mich hinfort davor möge hüten und nach Deinem Willen leben. Denn was hülfe mir alle Vergebung, wenn sie nicht auch eine Heilung von der Sünde wäre und einen Schrecken und Haß derselben bewirkte? Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 131

131:1 Ein Lied Davids im höhern Chor. HErr, mein Herz ist nicht hoffärtig, und meine Augen sind nicht stolz, und wandle nicht in großen Dingen, die mir zu hoch sind.

131:2 Wenn ich meine Seele nicht setzte und stillete, so ward meine Seele entwöhnet, wie einer von seiner Mutter entwöhnet wird.

131:3 Israel hoffe auf den HErrn von nun an bis in Ewigkeit!

Psalm 132

132:1 Ein Lied im höhern Chor. Gedenke, HErr, an David und an all sein Leiden,

132:2 der dem HErrn schwur und gelobte dem Mächtigen Jakobs:

132:3 Ich will nicht in die Hütte meines Hauses gehen, noch mich aufs Lager meines Bettes legen,

132:4 ich will meine Augen nicht schlafen lassen, noch meine Augenlider schlummern,

132:5 bis ich eine Stätte finde für den HErrn; zur Wohnung dem Mächtigen Jakobs.

132:6 Siehe, wir hören von ihr in Ephratha, wir haben sie funden auf dem Felde des Waldes.

132:7 Wir wollen in seine Wohnung gehen und anbeten vor seinem Fußschemel.

132:8 HErr, mache dich auf zu deiner Ruhe, du und die Lade deiner Macht!

132:9 Deine Priester laß sich kleiden mit Gerechtigkeit und deine Heiligen sich freuen.

132:10 Nimm nicht weg das Regiment deines Gesalbten um deines Knechts Davids willen.

132:11 Der HErr hat David einen wahren Eid geschworen, davon wird er sich nicht wenden: Ich will dir auf deinen Stuhl setzen die Frucht deines Leibes.

132:12 Werden deine Kinder meinen Bund halten und mein Zeugnis, das ich sie lehren werde, so sollen auch ihre Kinder auf deinem Stuhl sitzen ewiglich.

132:13 Denn der HErr hat Zion erwählet und hat Lust, daselbst zu wohnen.

132:14 Dies ist meine Ruhe ewiglich, hie will ich wohnen, denn es gefällt mir wohl.

132:15 Ich will ihre Speise segnen und ihren Armen Brots genug geben.

132:16 Ihre Priester will ich mit Heil kleiden, und ihre Heiligen sollen fröhlich sein.

132:17 Daselbst soll aufgehen das Horn Davids; ich habe meinem Gesalbten eine Leuchte zugerichtet.

132:18 Seine Feinde will ich mit Schanden kleiden; aber über ihm soll blühen seine Krone.
Himmlischer Vater, wir haben es gar wohl verdienet, daß Du uns strafest; aber strafe Du selbst uns, und nach deiner Gnade, und nicht nach Deinem Grimm. Es ist besser, in Deiner Hände Staupe uns geben, wie David auch hat; denn groß ist Deine Barmherzigkeit. Wir haben Dir gesündiget, und Deine Gebote nicht gehalten. Aber Du weißt es, allmächtiger Gott, daß wir dem Teufel, Pabst, Türken, nicht gesündigt haben, sie auch kein Recht noch Macht haben uns zu strafen; sondern Du kannst und magst ihrer brauchen, als Deiner grimmigen Ruthe wider uns, die wir an Dir gesündiget und alles Unglück verdient haben. Ja, lieber Gott, himmlischer Vater, wir haben keine Sünde wider sie gethan, darum sie Recht hätten uns zu strafen: sondern viel lieber wollten sie, daß wir sammt ihnen auf’s gräulichste wider Dich sündigten. Denn sie fragen darnach nicht, ob wir Dir ungehorsam wären, Dich lästerten, allerlei Abgötterei trieben, wie sie thun, mit falscher Lehre, Glauben und Lügen umgingen, Ehebruch, Unzucht, Mord, Diebstahl, Räuberei, Zauberei und alles Uebel wider Dich thäten; da fragten sie nicht nach. Sondern das ist unsere Sünde wider sie, daß wir Dich, Gott Vater, den rechten einigen Gott, und Deinen lieben Sohn, unsern Herrn Jesum Christum, und den heiligen Geist, einen ewigen Gott, predigen, glauben und bekennen; ja, das ist die Sünde, die wir wider sie thun. Aber wo wir Dich verleugneten, würde uns der Teufel, Welt, Pabst, Türke wohl zufrieden lassen, wie Dein lieber Sohn spricht: wäret ihr von der Welt, so hätte die Welt das ihre lieb.
Hier siehe nun drein, Du barmherziger Vater über uns und ernster Richter über unsere Feinde, und wenn sie uns verfolgen und schlagen, so verfolgen und schlagen sie Dich selber. Denn das Wort, so wir predigen, glauben und bekennen, ist Dein, nicht unser, alles Deines heiligen Geistes Werk in uns; der Teufel aber will solches nicht leiden, sondern an Deiner Statt unser Gott sein, und an Deines Wortes Statt Lügen in uns stiften. Ist’s nun Sünde, daß wir Dich den Vater und Deinen Sohn und den heiligen Geist für den rechten, einigen Gott halten, bekennen und rühmen, so bist Du selbst der Sünder, der Du solches in uns wirkest, heißest und haben willst. Darum so hassen, schlagen und strafen sie Dich selber, wenn sie uns um solcher Sache willen hassen, schlagen und strafen. Darum wache auf, lieber Herr Gott, und heilige Deinen Namen, den sie schänden, stärke Dein Reich, das sie in uns zerstören, und schaffe Deinen Willen, den sie in uns dämpfen wollen, und laß Dich nicht um unsrer Sünde willen also mit Füßen treten von denen, die nicht unsere Sünde in uns strafen, sondern Dein heiliges Wort, Namen und Werk in uns tilgen wollen, daß Du kein Gott sein sollest und kein Volk haben, das Dich predige, glaube und bekenne. Amen. (Martin Luther)

Psalm 133

133:1 Ein Lied Davids im höhern Chor. Siehe, wie fein und lieblich ist's, daß Brüder einträchtig beieinander wohnen!

133:2 Wie der köstliche Balsam ist, der vom Haupt Aarons herabfleußt in seinen ganzen Bart, der herabfleußt in sein Kleid,

133:3 wie der Tau, der von Hermon herabfällt auf die Berge Zion. Denn daselbst verheißt der HErr Segen und Leben immer und ewiglich.
Bei diesem holdseligen Liede von der holdseligsten aller Tugenden, von der Eintracht christlicher Brüder und Schwestern unter einander verkennt gewiß Keiner die Herrlichkeit derselben, und wie ihr nach der Verheißung Segen und Leben immer und ewiglich auf dem Fuße folgt. Allein der Weg zur Eintracht ist mit der Ahnung ihres Werths noch nicht gefunden, nicht betreten; und doch ist eben dies Finden und Wandeln die Hauptsache. Ich möchte gern in solcher lieblichen Eintracht leben mit denen, an welche Gott mich geknüpft hat; nichts lieber möchte ich als das; nur, wie fange ich’s an? – so fragt und seufzt die verlangende Seele. Höre die Antwort: Vergegenwärtige dir oft das Feinde und Liebliche, Schöne und Verschönernde der Eintracht und Friedensliebe; sodann: suche die Schuld der in deinem nächsten Kreise fehlenden oder nur mangelhaften Eintracht bei dir selbst nach; ferner: greife bei dir selbst das Uebel an der Wurzel an und übe dich in der Selbstverleugnung, und dann auch die Deinen mit dir; vergiß überdies nicht die günstigsten Augenblicke auszuwählen für Herstellung des unterbrochenen Friedens und Feststellung des friedfertigen Sinnes selbst; endlich: singe dir selbst oft und singe oft vor den Deinen und mit ihnen solche Lieder der Eintracht, wie der obige Psalm ist, singe vom Frieden, bete um Frieden. Wie man sich den Kummer aus dem Herzen wegsingen und wegbeten kann und den Muth hereinsingen und beten, so lassen sich auch Haß und Bitterkeit, Streit und Zank vertreiben, Eintracht aber und Friede herbeilocken durch Gesang und Gebet. O Du Gott des Friedens, wir schämen uns über unsere Lieblosigkeit und Unfriedfertigkeit gegen einander; wir bitten Dich, steure dem unseligen Störenfried, und mache uns fleißig, zu erhalten die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens, daß auch wir aus eigner Erfahrung sagen können; Siehe, wie fein und lieblich ist’s, wenn Brüder einträchtig bei einander wohnen! Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 134

134:1 Ein Lied im höhern Chor. Siehe, lobet den HErrn, alle Knechte des HErrn, die ihr stehet des Nachts im Hause des HErrn.

134:2 Hebet eure Hände auf im Heiligtum und lobet den HErrn!

134:3 Der HErr segne dich aus Zion, der Himmel und Erde gemacht hat!

Psalm 135

135:1 Halleluja! Lobet den Namen des HErrn, lobet, ihr Knechte des HErrn,

135:2 die ihr stehet im Hause des HErrn, in den Höfen des Hauses unsers GOttes!

135:3 Lobet den HErrn, denn der HErr ist freundlich; lobsinget seinem Namen, denn er ist lieblich.

135:4 Denn der HErr hat ihm Jakob erwählet, Israel zu seinem Eigentum.

135:5 Denn ich weiß, daß der HErr groß ist und unser HErr vor allen Göttern.

135:6 Alles, was er will, das tut er, im Himmel, auf Erden, im Meer und in allen Tiefen;

135:7 der die Wolken läßt aufgehen vom Ende der Erde, der die Blitze samt dem Regen macht, der den Wind aus heimlichen Örtern kommen läßt;

135:8 der die Erstgeburten schlug in Ägypten, beide der Menschen und des Viehes,

135:9 und ließ seine Zeichen und Wunder kommen über dich, Ägyptenland, über Pharao und alle seine Knechte;

135:10 der viel Völker schlug und tötete mächtige Könige,

135:11 der Amoriter König, und Og, den König zu Basan, und alle Königreiche in Kanaan;

135:12 und gab ihr Land zum Erbe, zum Erbe seinem Volk Israel.

135:13 HErr, dein Name währet ewiglich; dein Gedächtnis, HErr, währet für und für.

135:14 Denn der HErr wird sein Volk richten und seinen Knechten gnädig sein.

135:15 Der Heiden Götzen sind Silber und Gold, von Menschenhänden gemacht.

135:16 Sie haben Mäuler und reden nicht; sie haben Augen und sehen nicht;

135:17 sie haben Ohren und hören nicht; auch ist kein Odem in ihrem Munde.

135:18 Die solche machen, sind gleich also, alle, die auf solche hoffen.

135:19 Das Haus Israel lobe den HErrn. Lobet den HErrn, ihr vom Hause Aaron;

135:20 ihr vom Hause Levi, lobet den HErrn; die ihr den HErrn fürchtet, lobet den HErrn!

135:21 Gelobet sei der HErr aus Zion, der zu Jerusalem wohnet! Halleluja!
Wer Gott nicht lobt, der erkennt auch Gott nicht; denn es ist unmöglich, daß ein Mensch, welcher Gott erkennt, Ihn nicht auch von Grund seines Herzens loben sollte. Wer nur einen einzigen Blick in seine Güte und Barmherzigkeit thut, der wird sich des Lobes Gottes eben so wenig enthalten können, so wenig ein Brunnen unterlassen kann, seine Quellen von sich zu geben. Da nun Gott uns Menschen unter allen Geschöpfen die Sprache gegeben hat, daß wir Ihn mit derselben loben können, so müssen wir Ihn auch stets mit unserer Zunge loben; doch soll das auch vornämlich mit dem Herzen geschehen, denn wenn in dem Lobe Gottes das Herz nicht mit dem Munde übereinstimmt, so ist es Gott kein angenehmes Opfer unserer Lippen. Soll Gott dein Lob, das du Ihm bringest, angenehm sein, so mußt du aber auch fromm und gottesfürchtig zu sein dich befleißigen: es ist Ihm ja an deinem Lobe nichts gelegen, wenn es nicht aus aufrichtigem Herzen geschieht. Er bleibt in alle Ewigkeit ein lobwürdiger Gott, wenn Ihn schon kein einziges Geschöpf lobte: es stehen aber die Engel und Auserwählten vor Seinem allerhöchsten Thron und loben Ihn immerdar. Willst du nun nicht mit ihnen einstimmen, so gehet Seinem Lobe im mindesten nichts ab, sondern der Schade ist dein, indem du nicht unter die Seligen gehörst, die Ihn loben, sondern unter die Verdammten, die Ihm fluchen. David lobte: „Herr, thue meine Lippen auf, daß mein Mund Deinen Ruhm verkündige,“ – also mußt du auch Gott bitten, daß Er selbst dich lehren wolle, wie du Ihn loben sollst, weil du es von Natur nicht kannst. Herr, Du hast mich zu Deinem Lobe erschaffen, ich aber habe meinen Mund öfter zu eitlen Worten als zu Deinem Lobe gebraucht, und hätte verdient, daß Du mir längst den Gebrauch der Zunge genommen und mich stumm gemacht hättest. O vergieb mir meine Schuld und öffne mir meine Lippen, damit ich die übrige Zeit meines Lebens nicht ablasse, Dich mit Mund und Herz zu preisen; bis ich Dich in der Ewigkeit unter den Engeln vollkommener loben und preisen werde. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 136

136:1 Danket dem HErrn, denn er ist freundlich; denn seine Güte währet ewig.

136:2 Danket dem GOtt aller Götter; denn seine Güte währet ewiglich.

136:3 Danket dem HErrn aller Herren; denn seine Güte währet ewiglich.

136:4 Der große Wunder tut alleine; denn seine Güte währet ewiglich.

136:5 Der die Himmel ordentlich gemacht hat; denn seine Güte währet ewiglich.

136:6 Der die Erde auf Wasser ausgebreitet hat; denn seine Güte währet ewiglich.

136:7 Der große Lichter gemacht hat; denn seine Güte währet ewiglich;

136:8 die Sonne, dem Tage vorzustehen; denn seine Güte währet ewiglich;

136:9 den Mond und Sterne, der Nacht vorzustehen; denn seine Güte währet ewiglich.

136:10 Der Ägypten schlug an ihren Erstgeburten; denn seine Güte währet ewiglich;

136:11 und führete Israel heraus; denn seine Güte währet ewiglich;

136:12 durch mächtige Hand und ausgereckten Arm; denn seine Güte währet ewiglich.

136:13 Der das Schilfmeer teilete in zwei Teile; denn seine Güte währet ewiglich;

136:14 und ließ Israel hindurchgehen; denn seine Güte währet ewiglich.

136:15 Der Pharao und sein Heer ins Schilfmeer stieß; denn seine Güte währet ewiglich.

136:16 Der sein Volk führete durch die Wüste; denn seine Güte währet ewiglich.

136:17 Der große Könige schlug; denn seine Güte währet ewiglich;

136:18 und erwürgete mächtige Könige; denn seine Güte währet ewiglich;

136:19 Sihon, der Amoriter König; denn seine Güte währet ewiglich;

136:20 und Og, den König zu Basan; denn seine Güte währet ewiglich;

136:21 und gab ihr Land zum Erbe; denn seine Güte währet ewiglich;

136:22 zum Erbe seinem Knechte Israel; denn seine Güte währet ewiglich.

136:23 Denn er dachte an uns, da wir untergedrückt waren; denn seine Güte währet ewiglich;

136:24 und erlösete uns von unsern Feinden; denn seine Güte währet ewiglich.

136:25 Der allem Fleisch Speise gibt; denn seine Güte währet ewiglich.

136:26 Danket dem GOtt vom Himmel; denn seine Güte währet ewiglich.

Psalm 137

137:1 An den Wassern zu Babel saßen wir und weineten, wenn wir an Zion gedachten.

137:2 Unsere Harfen hingen wir an die Weiden, die drinnen sind.

137:3 Denn daselbst hießen uns singen, die uns gefangen hielten, und in unserm Heulen fröhlich sein: Lieber, singet uns ein Lied von Zion!

137:4 Wie sollten wir des HErrn Lied singen in fremden Landen?

137:5 Vergesse ich dein, Jerusalem, so werde meiner Rechten vergessen!

137:6 Meine Zunge müsse an meinem Gaumen kleben, wo ich dein nicht gedenke, wo ich nicht lasse Jerusalem meine höchste Freude sein.

137:7 HErr, gedenke der Kinder Edom am Tage Jerusalems, die da sagen: Rein ab, rein ab, bis auf ihren Boden!

137:8 Du verstörte Tochter Babel, wohl dem, der dir vergelte, wie du uns getan hast!

137:9 Wohl dem, der deine jungen Kinder nimmt und zerschmettert sie an den Stein!
Sitzen wir auch nicht, wie Israel um seiner Abgötterei willen, zur Strafe an Babels Flüssen in der Gefangenschaft, so ist doch Babels genug sowohl in der Welt außer uns als in der Welt unseres verderbten, fleischlichen Herzens, daß wir davor nicth eines recht fröhlichen Augenblicks genießen können. O wie quält uns unser Fleisch von innen, wie drückt und verhöhnt uns die Welt von außen! Was ist das für ein Babel, Wie schallt nicht immer fort das Edomslied: rein ab, rein ab, bis auf ihren Boden! Ginge es nach den Kindern dieser Welt, so würde längst nichts mehr von uns übrig sein. Wahrlich, wir leben in einer Welt, da wir mehr Ursach haben, in Traurigkeit zu weinen, als in eitler Freude zu lachen. Vor allem sind es unsere Sünden, unser Undank gegen Gottes Wohlthaten, die uns fortwährend anklebenden Schwachheiten, die Kaltsinnigkeit unseres Gebets, die Mattigkeit unseres Glaubens, unserer Geduld und Hoffnung, namentlich unsere vielfachen Untreuen, über die wir Blut weinen möchten. O bewahre uns nur, getreuer Gott, daß wir uns ja nicht verführen lassen, in das Weltlied Babels mit einzustimmen und Deiner, unseres Herrn, darüber zu vergessen; wir wollen uns eher lassen unsere Zungen an dem Gaumen kleben, als daß wir Deiner nicht gedenken sollten. Mache uns nur stark durch Deinen Geist, daß wir die fleischlichen Lüste und Begierden in uns als rechte Babelskinder und Feinde unserer Seelen bei Zeiten zerschmettern und also das Böse überwinden, auf daß wir unser Harfen dort in dem neuen Jerusalem wieder nehmen und Dir und dem Lamme, das für uns erwürget war, das neue Lied anstimmen dürfen: Heilig, heilig, heilig heißt Gott der Vater, Sohn und Geist. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 138

138:1 Davids. Ich danke dir von ganzem Herzen; vor den Göttern will ich dir lobsingen.

138:2 Ich will anbeten zu deinem heiligen Tempel und deinem Namen danken um deine Güte und Treue; denn du hast deinen Namen über alles herrlich gemacht durch dein Wort.

138:3 Wenn ich dich anrufe, so erhöre mich und gib meiner Seele große Kraft.

138:4 Es danken dir, HErr, alle Könige auf Erden, daß sie hören das Wort deines Mundes,

138:5 und singen auf den Wegen des HErrn, daß die Ehre des HErrn groß sei.

138:6 Denn der HErr ist hoch und siehet auf das Niedrige und kennet den Stolzen von ferne.

138:7 Wenn ich mitten in der Angst wandle, so erquickest du mich und streckest deine Hand über den Zorn meiner Feinde und hilfst mir mit deiner Rechten.

138:8 Der HErr wird's ein Ende machen um meinetwillen. HErr, deine Güte ist ewig. Das Werk deiner Hände wollest du nicht lassen!
„Psalm 138“, sagt Luther, „ist ein Dankpsalm insgemein für allerlei Hülfe von den Feinden, und wünschet, daß Christi Reich komme, und auch Könige sein sollen sein Wort und Lehre annehmen und dafür danken und rechten Gottesdienst thun und lernen, daß Christi Reich sei: hoch sitzen und den Niedrigen helfen, die in Noth und Angst stecken, trösten, die Sünder und Elenden erretten, und beschleußt mit Bitten, Gott wolle solches angefangene Reich und Werk nicht lassen, sondern vollbringen in Ewigkeit.“ Wie selig war David, da er die Gnadenführungen seines Gottes und dessen Heilswerk in seinem Herzen und Leben so recht im Lichte und Zusammenhange des ganzen, ewigen Erlösungsplans schaute, dessen einstige Offenbarung und Verherrlichung auf der ganzen Erde er hier im prophetischen Blicke wie schon vollendet sieht! Und wie viel seliger müssen wir sein, da wir sehen, was Könige und Propheten haben sehen wollen und nicht gesehen haben, und hören, was sie haben hören wollen und nicht gehört haben; wie vielmehr müssen wir unsere Seligkeit in die Worte dieses Psalms ausströmen! Der Psalm ist ein freudiger, im voraus dankender Blick des Einzelnen in dem allgemeinen Dank nach Vollendung des Heils Gottes auf Erden: Ich danke Dir von ganzem Herzen für die überschwängliche Größe der von Dir empfangenen Wohlthaten; vor den Göttern, d.h. vor allen, die sonst noch Götter heißen im Himmel und auf Erden, vor den Engeln und Gotteskindern, auch vor den Fürsten, ja, zum Trotze aller heidnischen, falschen Götzen, will ich Dir lobsingen und Dich, den einigen höchsten Gott bekennen. Ich will anbeten zu Deinem heiligen Tempel und Deinem Namen danken um Deine Güte und Treue, um Deine Güte und Huld, welche die Verheißung des Heils gab, und um Deine Wahrheit und Treue, welche sie in Christo erfüllt hat, denn Du hast herrlich gemacht über allen Deinen Namen, über alles, wodurch Du Dich bis dahin kund gegeben, Dein Wort, Deine Verheißung von Christo. Alles, was wir bisher und sonst von Gott wissen und kennen, wie wir Ihn nennen und preisen, kommt nicht gleich der über Alles gehenden, alle frühere Offenbarung von seiner und Erwartung auf unserer Seite übertreffenden Erfüllung des Verheißenen, der eigentlichen höchsten Verklärung seines Wortes und eben damit seines Namens. Preisen werden Dich, Herr, alle Könige der Erde, wenn sie hören die Worte Deines Mundes, und singen auf den Wegen des Herrn, die sie nach ihrer Bekehrung betreten und einschlagen, daß sie groß ist die Ehre des Herrn; denn erhaben ist der Herr, und siehet auf den Niedrigen, der seine Niedrigkeit fühlt, den alle Welt von Ihm vergessen glaubt, und erhöhet ihn, und kennet den Stolzen von ferne, von der fernen Himmelshöhe, in welchen der Stolze Gott hineinbannt, und stürzt ihn, so daß der Niedrige über ihn triumphiren kann, wie im Vorbilde David über Saul. Wenn ich wandle inmitten der Noth, so belebest Du mich, gegen den Zorn meiner Feinde streckst Du aus Deine Hand und errettest mich mit Deiner Rechten. Der Herr wird vollenden für mich; Herr, Deine Huld währet in Ewigkeit. Die Werke Deiner Hände wollest Du nicht lassen. Was Gott David verheißen, hat Er in Christo vollendet. Er kann keines seiner Werke liegen lassen, am wenigsten ein so herrlich begonnenes. So wahr Er Gott ist, muß Er es auch weiter noch herrlich zu Ende führen. Er ist ewig ein und derselbe. Das ist auch meine Zuversicht in Beziehung auf die Durchführung des Heils an meiner Seele und in meinem Leben. Amen.(Friedrich Arndt)

Psalm 139

139:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen. HErr, du erforschest mich und kennest mich.

139:2 Ich sitze oder stehe auf, so weißest du es: du verstehest meine Gedanken von ferne.

139:3 Ich gehe oder liege, so bist du um mich und siehest alle meine Wege.

139:4 Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, HErr, nicht alles wissest.

139:5 Du schaffest es, was ich vor oder hernach tue, und hältst deine Hand über mir.

139:6 Solche Erkenntnis ist mir zu wunderlich und zu hoch; ich kann's nicht begreifen.

139:7 Wo soll ich hingehen vor deinem Geist und wo soll ich hinfliehen vor deinem Angesicht?

139:8 Führe ich gen Himmel, so bist du da. Bettete ich mir in die Hölle, siehe, so bist du auch da.

139:9 Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer,

139:10 so würde mich doch deine Hand daselbst führen und deine Rechte mich halten.

139:11 Spräche ich: Finsternis möge mich decken, so muß die Nacht auch Licht um mich sein;

139:12 denn auch Finsternis nicht finster ist bei dir, und die Nacht leuchtet wie der Tag, Finsternis ist wie das Licht.

139:13 Denn du hast meine Nieren in deiner Gewalt, du warest über mir in Mutterleibe.

139:14 Ich danke dir darüber, daß ich wunderbarlich gemacht bin; wunderbarlich sind deine Werke, und das erkennet meine Seele wohl.

139:15 Es war dir mein Gebein nicht verhohlen, da ich im Verborgenen gemacht ward, da ich gebildet ward unten in der Erde.

139:16 Deine Augen sahen mich, da ich noch unbereitet war, und waren alle Tage auf dein Buch geschrieben, die noch werden sollten, und derselben keiner da war.

139:17 Aber wie köstlich sind vor mir, GOtt, deine Gedanken! Wie ist ihrer so eine große Summa!

139:18 Sollt ich sie zählen, so würde ihrer mehr sein denn des Sandes. Wenn ich aufwache, bin ich noch bei dir.

139:19 Ach, GOtt, daß du tötetest die Gottlosen, und die Blutgierigen von mir weichen müßten!

139:20 Denn sie reden von dir lästerlich, und deine Feinde erheben sich ohne Ursache.

139:21 Ich hasse ja, HErr, die dich hassen, und verdreußt mich auf sie, daß sie sich wider dich setzen.

139:22 Ich hasse sie in rechtem Ernst; darum sind sie mir feind.

139:23 Erforsche mich, GOtt, und erfahre mein Herz; prüfe mich und erfahre, wie ich's meine;

139:24 und siehe, ob ich auf bösem Wege bin, und leite mich auf ewigem Wege.
Gott, Du erfüllest mit Deiner heiligen Gegenwart Himmel und Erde. Wo sollen wir hingehen vor Deinem Geist? Lehre uns doch zu Dir beten in wahrem Glauben an Deine heilige und gnädige Gegenwart. Ach, wir bekennen vor Deinen heiligen Augen, daß wir nicht würdig gehandelt haben dem hohen Beruf und den großen Absichten, die Du mit uns hast. O Herr, wie haben wir nicht so zerstreut, so unachtsam, so abgewichen von Dir so manche Stunde zugebracht! Du hast Dich über uns erbarmt und uns aus vielen Banden gerissen, und Deine Gnade in Christo erfahren lassen. O daß wir uns Deiner Gunst hinfüro durch nichts weiter verlustig machten! Erneuere in uns den Glauben an Deine gnädige Gegenwart. Laß diese Deine Gegenwart einen beständigen Grund sein zum Frieden, zum Vertrauen, zum Muth auf unserm Pilgerwege. Hast Du Dich zu uns geneigt in Gnaden, o so neige uns doch auch zu Dir, daß wir Dich im Glauben mögen gegenwärtig sehen und gegenwärtig behalten in einem andächtigen und liebenden Herzen! O Herr, laß die Welt je länger je mehr aus unsern Sinnen und Gedanken verschinden, daß wir von allen nichtigen Dingen mögen absehen. Deine gnädige Gegenwart nehme unser ganzes Herz ein, daß wir mit Dir uns beschäftigen und Dich niemals vermissen mögen. Wir gewöhnen uns nicht genug an Dich: o mache uns doch andächtiger; laß unser Herz unverwandter bei Dir bleiben, daß die Gedanken an Deine Gegenwart und das Gespräch unseres Herzens mit Dir uns immerdar so begleiten, daß wir Deiner weder lebend noch sterbend vergessen können. – Bringe uns zum wahren Herzensgebet. lehre uns auf Deine Stimme lauschen und Deines Geistes Wirkungen Raum geben. Laß uns vor Dir als ein recht priesterliches Geschlecht wandeln. Gieb Gnade, daß wir unser Liebstes nirgend scheuen, sondern alles unsrige Dir gern zum Opfer bringen. O laß Alles verzehret und vernichtet werden in unsern Herzen, was nicht von Dir und von Deiner Gnade herrührt, daß endlich nichts in uns lebe, als Du allein. Ist doch unser Herz von Dir erkauft, berufen und erwählt, daß es dir sollte zum Tempel und Heiligthum werden. Nun komm, wir bringen Dir unser armes Herz zum Opfer. Komm und erfülle Dein Heiligthum, und laß ewig nichts Unreines hineinkommen. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 140

140:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen.

140:2 Errette mich, HErr, von den bösen Menschen; behüte mich vor den freveln Leuten,

140:3 die Böses gedenken in ihrem Herzen und täglich Krieg erregen.

140:4 Sie schärfen ihre Zunge wie eine Schlange; Otterngift ist unter ihren Lippen. Sela.

140:5 Bewahre mich, HErr, vor der Hand der Gottlosen; behüte mich vor den freveln Leuten, die meinen Gang gedenken umzustoßen.

140:6 Die Hoffärtigen legen mir Stricke und breiten mir Seile aus zum Netz und stellen mir Fallen an den Weg. Sela.

140:7 Ich aber sage zum HErrn: Du bist mein GOtt; HErr, vernimm die Stimme meines Flehens!

140:8 HErr HErr, meine starke Hilfe, du beschirmest mein Haupt zur Zeit des Streits.

140:9 HErr, laß dem Gottlosen seine Begierde nicht; stärke seinen Mutwillen nicht; sie möchten sich's erheben. Sela.

140:10 Das Unglück, davon meine Feinde ratschlagen, müsse auf ihren Kopf fallen.

140:11 Er wird Strahlen über sie schütten; er wird sie mit Feuer tief in die Erde schlagen, daß sie nimmer nicht aufstehen.

140:12 Ein böses Maul wird kein Glück haben auf Erden; ein frevelböser Mensch wird verjagt und gestürzt werden.

140:13 Denn ich weiß, daß der HErr wird des Elenden Sache und der Armen Recht ausführen.

140:14 Auch werden die Gerechten deinem Namen danken, und die Frommen werden vor deinem Angesichte bleiben.

Psalm 141

141:1 Ein Psalm Davids. HErr, ich rufe zu dir; eile zu mir, vernimm meine Stimme, wenn ich dich anrufe!

141:2 Mein Gebet müsse vor dir taugen wie ein Räuchopfer, mein Händeaufheben wie ein Abendopfer.
Das wahre Beten ist nicht eine künstlich abgefaßte Rede an Gott, nicht die sorgfältige Wiederholung glücklich erlernter Formeln oder gar das Spiel einer reichen Einbildungskraft; alles das sind Formen ohne Geist, dem Herrn ein Greuel. Er sieht aufs Herz. Dieses Herz in Liebe und kindlichem Vertrauen zu ihm erheben, es in seinen geheimsten Regungen und Wünschen ihm darlegen, ihm seine Sünden und all sein Elend ohne Rückhalt bekennen, allen Schmerz vor seinem Angesicht ausweinen, allen Kampf in seiner heiligen Gegenwart auskämpfen, ihm für alles danken, ihn in allem zu Rat ziehen und im Flehen nicht ablassen, bis er die ersehnte Gabe verleiht - das heißt beten. der einfältige, unverrückte Blick der Liebe auf den Herrn, dieser Blick, der selbst beim Menschen alles vermag, ist auch das Geheimnis des rechten Gebets. So versteht es David, der große Gebetsmann, und bringt im Gebet sein Herz als Morgen- und Abendopfer dem Herrn dar. Wer etwas von solchem Beten aus seliger Erfahrung kennt, der weiß, welch unvergleichlicher Segen es der Seele ist, wie es sie stillt und erquickt und nach den aufregendsten Eindrücken und stürmischen Empfindungen ihr Ruhe und Frieden wiedergibt. Wenn das Gemüt unter schwerem Weh zusammengepreßt ist, tut jede Mitteilung dem bekümmerten Herzen wohl, und müßte es seine Klagen an eine leblose Bildsäule richte, es würde ihm eine Erleichterung sein. Wie wohl wird ihm dann an treuen Freundes Seite! Hier aber tritt, im geheimnisvollen Leben der Gebetsgemeinschaft mit dem Herrn, er selbst, der treueste und weiseste Freund, dein Erlöser vor dich hin, von dem der Prophet spricht: „Er erlöste sie, darum daß er sie liebte und ihrer schonte; er nahm sie auf und trug sie alle Zeit von Alters her.“ (Jes. 63,9) (Hermann Heinrich Grafe)

141:3 HErr, behüte meinen Mund und bewahre meine Lippen!

141:4 Neige mein Herz nicht auf etwas Böses, ein gottlos Wesen zu führen mit den Übeltätern, daß ich nicht esse von dem, das ihnen geliebt.

141:5 Der Gerechte schlage mich freundlich und strafe mich; das wird mir so wohl tun als ein Balsam auf meinem Haupt. Denn ich bete stets, daß sie mir nicht Schaden tun.

141:6 Ihre Lehrer müssen gestürzt werden über einen Fels; so wird man denn meine Lehre hören, daß sie lieblich sei.

141:7 Unsere Gebeine sind zerstreuet bis zur Hölle, wie einer das Land zerreißt und zerwühlet.

141:8 Denn auf dich, HErr HErr, sehen meine Augen; ich traue auf dich; verstoße meine Seele nicht!

141:9 Bewahre mich vor dem Stricke, den sie mir gelegt haben, und vor der Falle der Übeltäter.
Es mag die Sünde, oder das Fleisch, oder die Welt - oder der Satan, oder alle diese Uebelthäter, Gottlosen und Stolzen dich anfechten, dir Stricke und Fallen legen, so kannst du, wenn du nur willst, dennoch bewahret bleiben, kannst herausgerissen und gerettet werden durch die Hand des Herrn. Aber du mußt auch in dieser Hand sein, und nicht mit deiner eignen Faust gegen diese gottlosen Feinde kämpfen. Du mußt dein Herz in die Hand nehmen, und es zu dem Heiland tragen, es in seine Hand legen, und darin liegen lassen, alle Tage, alle Stunden nachsehen (je öfter, je besser), ob es noch darinnen liege. Ist dein Herz, bist du in seiner Hand, fest und beständig; trägst du dein Herz immer wieder zu ihm und in seine Hand, so stehst du fest gegen alle Anläufe deiner Feinde, unüberwindlich in allen Versuchungen; und selbst der ärgste Feind, der Satan, kann deiner Seele nicht schaden, weil sie in der Hand des Herrn ist. Darum entziehe dich nur ihm nicht, reiß dich von Allem, nur von seiner Hand nicht los. Außer ihr bist du ein Spielball der Welt, des Teufels und des Fleisches, und kommst leicht wieder in alle alte Sachen hinein, die du längst verabscheuet hast; wirst von dem Feinde, den du längst besiegt zu haben glaubst, wieder überwunden, und ein Sklave deiner vorigen Sünden. In der Hand des Herrn aber bist du unantastbar. Sie hält dich auch eine verborgene, wunderbare Weise, auch wenn du zu unterliegen scheinst. Und wärest du schon in den Klauen des Satans, kannst Du die Hand des Herrn ergreifen, so reißt sie dich heraus und erlöset dich von aller Gewalt der Feinde und Sünden. (Johannes Gossner)

141:10 Die Gottlosen müssen in ihr eigen Netz fallen miteinander, ich aber immer vorübergehen.
Der Herr ist mit mir; darum fürchte ich mich nicht, was können mir Menschen thun? Also spreche ich mit David, liebreicher Gott, in dieser Abendstunde und sage Dir Dank, daß Du mich diesen Tag unter Deinem väterlichen Schutz und reichen Segen hast zurücklegen lassen. Herr, Deine Güte ist groß, und Deine Barmherzigkeit hat kein Ende. Ach, mein Gott, wie geschwind geht doch ein Tag dahin, wie ein Pfeil wird abgeschossen, so geschwind verfließen unsre Jahre. Darum lehre mich doch, daß es ein Ende mit mir haben muß, und mein Leben ein Ziel hat, und ich davon muß. Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi, daß ein Jeglicher empfahe, nach dem er gehandelt hat bei Leibes Leben, es sei Gutes oder Böses. Darum richte ich mich selbst und frage: Meine Seele, wie hast du heute den Tag hingebracht? Hast du auch etwas Gutes gedacht? Ist Gott heute mit dir vereinigt geblieben, oder hast du Ihn mit vorsätzlichen und wissentlichen Sünden von dir gestoßen? Mein Mund, was hast du heute geredet? Ist das Lob Gottes von dir ausgebreitet, die Wahrheit von dir bekannt, die Liebe des Nächsten von dir bezeugt worden, oder bist du mit thörichten, unwahren und lieblosen Worten übergeflossen? So seid ihr hingegangen, ihr Füße? Was habt ihr verrichtet und verübt, ihr Hände? Was habt ihr gehört, ihr Ohren? Ihr Augen, wonach habt ihr gesehen? Was ist heute dein Verlangen, Dichten und Trachten gewesen, mein Herz? – Ach, mein Gott, wenn ich auf alle diese Fragen antworten soll, wie werde ich bestehen? Herr, nimm weg mit dem entweichenden Tage meine Uebertretungen. Jesu, tilge meine Sünden mit Deinem heiligen Blut. Heiliger Geist, versichere mich der Vergebung aller meiner Sünden, ehe ich noch einschlafe, daß ich nicht, wenn diese Nacht die letzte sein sollte, verloren werde. – Bin ich also von meiner Schuld, dreieiniger Gott, freigesprochen, so schlafe ich mit Ruhe und hüte mich morgen mit größerem Fleiß vor Allem, was Dich betrüben kann. Mein Vater, Deine Liebe decke mich und die Meinigen. Mein Jesu, in Deinen Wunden ruhe ich sanft und wohl. O heiliger Geist, thue Du den letzten Seufzer in meinem Herzen, ehe ich einschlafe, mit welchem ich meinen Geist in die Hände Gottes empfehle. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 142

142:1 Eine Unterweisung Davids zu beten, da er in der Höhle war.

142:2 Ich schreie zum HErrn mit meiner Stimme; ich flehe dem HErrn mit meiner Stimme;

142:3 ich schütte meine Rede vor ihm aus und zeige an vor ihm meine Not.

142:4 Wenn mein Geist in Ängsten ist, so nimmst du dich meiner an. Sie legen mir Stricke auf dem Wege, da ich auf gehe.

142:5 Schaue zur Rechten, und siehe, da will mich niemand kennen. Ich kann nicht entfliehen; niemand nimmt sich meiner Seele an.

142:6 HErr, zu dir schreie ich und sage: Du bist meine Zuversicht, mein Teil im Lande der Lebendigen.

142:7 Merke auf meine Klage, denn ich werde sehr geplagt; errette mich von meinen Verfolgern, denn sie sind mir zu mächtig.

142:8 Führe meine Seele aus dem Kerker, daß ich danke deinem Namen. Die Gerechten werden sich zu mir sammeln, wenn du mir wohltust.
So konntest Du auch seufzen, Herr Jesu, als Du Dich binden ließest an meiner Statt, zur Erwerbung der so nöthigen, völligen und seligen Freiheit. O erreiche doch auch hierin Deinen Liebeszweck an mir. Du wirst noch manche Bande finden, Bande im Herzen, Bande der Finsterniß und Vorurtheile im Verstande, Bande der Eigenliebe und Widersetzlichkeit im Willen; von allen diesen Banden der Sünde in mir wirken; laß mir das Gefühl auch der kleinsten Fessel zur größten Last werden. Binde aber Du mich mit den Seilen Deiner Liebe, daß ich Dein Gefangener sei. Binde mein Herz an Dein Herz, meine Hand an Deine Hand, und führe mich immer wie ein kleines Kind, das nicht allein gehen kann, an dem Gängelbande Deiner Aufsicht, Liebe und Gnade, und laß mich ja keinen Schritt allein gehen. Dein von Dir gebundener Sclave zu sein, laß mich für meine größte Ehre und Freiheit halten. In allen Stücken und bei allen Schritten von Deiner Leitung und Führung abzuhangen, laß mir eine wahre Seligkeit sein. Nun, Herr Jesu, so fange denn an zu zerschmelzen, zu sengen und zu brennen in mir und an mir, was mir Ketten, Fesseln, Bande und Fäden sind, durch das Feuer Deiner Liebe.
Behüte mich, daß ich nie wieder in die Bande der Sünde mich verwickeln möge, sondern Dir ewiglich dafür verbunden bin. Glaube und Liebe wird das schönste Band sein, mich und Dich unauflöslich zu verbinden. Sollte es auch geschehen, daß ich wiederum um Deinetwillen Bande und Trübsal tragen müßte: so laß mich aus Deinen Banden Zuversicht gewinnen. Und endlich löse mich auch von dem Joch der Eitelkeit und bringe mich zur ewigen und himmlischen Freiheit. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 143

143:1 Ein Psalm Davids. HErr, erhöre mein Gebet; vernimm mein Flehen um deiner Wahrheit willen, erhöre mich um deiner Gerechtigkeit willen!

143:2 Und gehe nicht ins Gericht mit deinem Knechte; denn vor dir ist kein Lebendiger gerecht.

143:3 Denn der Feind verfolget meine Seele und zerschlägt mein Leben zu Boden; er legt mich ins Finstere, wie die Toten in der Welt.

143:4 Und mein Geist ist in mir geängstet; mein Herz ist mir in meinem Leibe verzehret.

143:5 Ich gedenke an die vorigen Zeiten; ich rede von allen deinen Taten und sage von den Werken deiner Hände.

143:6 Ich breite meine Hände aus zu dir; meine Seele dürstet nach dir wie ein dürres Land. Sela.

143:7 HErr, erhöre mich bald, mein Geist vergehet; verbirg dein Antlitz nicht von mir, daß ich nicht gleich werde denen, die in die Grube fahren.

143:8 Laß mich frühe hören deine Gnade; denn ich hoffe auf dich. Tu mir kund den Weg, darauf ich gehen soll; denn mich verlanget nach dir.

143:9 Errette mich, mein GOtt, von meinen Feinden; zu dir hab ich Zuflucht.

143:10 Lehre mich tun nach deinem Wohlgefallen, denn du bist mein GOtt; dein guter Geist führe mich auf ebener Bahn.

143:11 HErr, erquicke mich um deines Namens willen führe meine Seele aus der Not um deiner Gerechtigkeit willen;

143:12 und verstöre meine Feinde um deiner Güte willen und bringe um alle, die meine Seele ängsten; denn ich bin dein Knecht.
Herr Jesu, Du bekennest Dich für den Sohn Gottes vor dem Hohenpriester, bekennest dich so aufrichtig für das, was Du bist und zwar vor Deinen Feinde, die aus der schönen Blume Deines Bekenntnisses wie die Spinnen Gift saugten: laß auch mich nach Deinem Exempel und ohne Rückhalt aufrichtig bekennen, was ich bin. David that’s im 143. Psalm; laß mich ein gleiches Bekenntniß vor Dir ablegen. Ich darf ja nicht sorgen, daß mir etwas Uebles darauf begegne, wie Dir auf Dein Bekenntniß, vielmehr je offenherziger ich gegen Dich bin, meinen allergetreuesten Freund, desto mehr Hülfe, Gnade und Seligkeit habe ich mir von Dir zu versprechen. Ich bekenne es Dir denn, Herr Jesu, auch jetzt, was ich nach der Wahrheit bin, nämlich ein armer Sünder, der seinem Erbschaden nach durch und durch verdorben ist, von Natur keinen guten Funken in sich hat und keinen redlichen Blutstropfen; dem die Feindschaft gegen Dich angeerbt ist, der sich durch unzählige wirkliche Sünden entsetzlich verschuldet und die Hölle millionenmal verdient hat, der daher in einem solchen Jammer liegt, daraus ihm keine Kreatur im Himmel und auf Erden helfen kann; der einen allmächtigen Arzt braucht, welcher ihn aus dem Grunde heile, nämlich Dich, Herr Jesu, Du Sohn Gottes, Du ohne Maß gesalbter Christus. Ja, so verschuldet bin ich, o Herr, daß Niemand als Du die ungeheure Schuldensumme für mich bezahlen kann. Wüßte ich nun Dein Bekenntniß nicht, so müßte ich in meinem Jammer verzagen und ewig verderben. Da ich aber aus Deinem Wahrheitsmunde weiß, daß Du mein Hoherpriester, Prophet und König, ja, der Sohn Gottes bist, dessen Leiden und Thun von unendlichem Werthe für mich ist, so darf ich nicht verzagen. ja, mein Helfer, Du hast schon den Anfang gemacht, mir zu helfen, mich zu retten und zu heilen; Du wirst nun als ein guter Meister Dein Werk nicht liegen lassen, sondern mich in Deinen Händen unaussprechlich schön vollenden zu Deiner Ehre und meiner Seligkeit. Ja, wenn ich mich in Dir ansehe, so bin ich schon wirklich vollkommen gerecht, rein, heilig und selig. Da Du zum Tode verdammt worden, so habe ich in Dir und durch Dich das Leben, das ewige Leben. Hallelujah. (Friedrich Arndt)

Psalm 144

144:1 Ein Psalm Davids. Gelobet sei der HErr, mein Hort, der meine Hände lehret streiten und meine Fäuste kriegen,

144:2 meine Güte und meine Burg, mein Schutz und mein Erretter, mein Schild, auf den ich traue, der mein Volk unter mich zwinget.

144:3 HErr, was ist der Mensch, daß du dich sein so annimmst, und des Menschen Kind, daß du ihn so achtest?

144:4 Ist doch der Mensch gleichwie nichts; seine Zeit fähret dahin wie ein Schatten.

144:5 HErr, neige deine Himmel und fahre herab; taste die Berge an, daß sie rauchen!

144:6 Laß blitzen und zerstreue sie; schieße deine Strahlen und schrecke sie!

144:7 Sende deine Hand von der Höhe und erlöse mich und errette mich von großen Wassern, von der Hand der fremden Kinder,

144:8 welcher Lehre ist kein nütze, und ihre Werke sind falsch.

144:9 GOtt, ich will dir ein neues Lied singen; ich will dir spielen auf dem Psalter von zehn Saiten

144:10 der du den Königen Sieg gibst und erlösest deinen Knecht David vom mörderischen Schwert des Bösen.

144:11 Erlöse mich auch und errette mich von der Hand der fremden Kinder, welcher Lehre ist kein nütze, und ihre Werke sind falsch,

144:12 daß unsere Söhne aufwachsen in ihrer Jugend wie die Pflanzen und unsere Töchter wie die ausgehauenen Erker, gleichwie die Paläste,

144:13 und unsere Kammern voll seien, die herausgeben können einen Vorrat nach dem andern; daß unsere Schafe tragen tausend und hunderttausend auf unsern Dörfern;

144:14 daß unsere Ochsen viel erarbeiten; daß kein Schade, kein Verlust noch Klage auf unsern Gassen sei.

144:15 Wohl dem Volk, dem es also gehet! Aber wohl dem Volk, des der HErr ein GOtt ist!

Psalm 145

145:1 Ein Lob Davids. Ich will dich erhöhen, mein GOtt, du König, und deinen Namen loben immer und ewiglich.

145:2 Ich will dich täglich loben und deinen Namen rühmen immer und ewiglich.

145:3 Der HErr ist groß und sehr löblich, und seine Größe ist unaussprechlich.

145:4 Kindeskinder werden deine Werke preisen und von deiner Gewalt sagen.

145:5 Ich will reden von deiner herrlichen, schönen Pracht und von deinen Wundern,

145:6 daß man solle reden von deinen herrlichen Taten und daß man erzähle deine Herrlichkeit,

145:7 daß man preise deine große Güte und deine Gerechtigkeit rühme.

145:8 Gnädig und barmherzig ist der HErr, geduldig und von großer Güte.

145:9 Der HErr ist allen gütig und erbarmet sich aller seiner Werke.

145:10 Es sollen dir danken, HErr, alle deine Werke, und deine Heiligen dich loben

145:11 und die Ehre deines Königreichs rühmen und von deiner Gewalt reden,

145:12 daß den Menschenkindern deine Gewalt kund werde und die ehrliche Pracht deines Königreichs.

145:13 Dein Reich ist ein ewiges Reich, und deine Herrschaft währet für und für.

145:14 Der HErr erhält alle, die da fallen, und richtet auf alle, die niedergeschlagen sind.

145:15 Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen ihre Speise zu seiner Zeit.

145:16 Du tust deine Hand auf und erfüllest alles, was lebet, mit Wohlgefallen.

145:17 Der HErr ist gerecht in allen seinen Wegen und heilig in allen seinen Werken.

145:18 Der HErr ist nahe allen, die ihn anrufen, allen, die ihn mit Ernst anrufen.

145:19 Er tut, was die Gottesfürchtigen begehren, und höret ihr Schreien und hilft ihnen.

145:20 Der HErr behütet alle, die ihn lieben, und wird vertilgen alle Gottlosen.

145:21 Mein Mund soll des HErrn Lob sagen, und alles Fleisch lobe seinen heiligen Namen immer und ewiglich!
Auch der leiblichen Noth der Deinigen nimmst Du Dich an, o Herr Jesu, wie es der 145. Psalm lehrt und besingt. Das war immer Deiner Weise in Deinem Lehramte. Wenn Du einen Elenden vor Dir sahest, so hieß es zuerst: Sei getrost, deine Sünden sind dir vergeben; hernach halfest Du auch seinem leiblichen Elend ab. Damit bestätigtest Du Deine eignen Worte: „Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das Andere alles zufallen.“ So giebst Du denn auch am Kreuze Deiner betrübten Mutter einen andern Sohn an Johannes. Du hättest dies auch nach Deiner Auferstehung bestellen können; das schien aber Deiner Liebe gleichsam zu lange; Du wolltest die gute Maria gern auf der Stelle mit etwas erfreuen, und ihre Treue, daß sie unter Deinem Kreuze stand, gern sogleich vergelten, so gut Du es jetzt konntest. Da sehe ich wohl, daß es damit nicht gethan wäre, wenn ich Tag und Nacht nach irdischen Dingen rennen und laufen wollte; Deine segnende Hand kann mich in einer Stunde reich machen. Du darfst nur sprechen: siehe, das soll dein sein; so ist es mein. Aber ohne Dein Geben und Sprechen will ich auch nichts haben; Du wirst mir das Nöthige zu meiner Pflege nicht versagen. Lehre mich, mein Heiland, besonders auch in der Mittagsstunde, wo Du so liebreich für deine Mutter gesorgt, alle Gaben aus Deiner Hand empfangen und nehmen. Ach, Du einziger Erwerber alles Guten, wie oft hast Du mir schon in der Mittagsstunde den Tisch reichlich gedeckt, nicht nur zur Nothdurft, sondern auch zu meiner Erquickung; aber wie muß ich mich vor Dir schämen, daß ich über dem Essen Deiner so wenig gedenke. O vergieb mir diese Sünde und schenke mir die Gnade, daß ich jedesmal meinen Tisch gleichsam vor Deinem Kreuze decke, und in jedem Bissen, den ich genieße, deine Liebe schmecken möge. Laß mich daher auch deine Gaben mäßig gebrauchen, und nicht den Bauch zum Gott machen, wodurch ich ein Feind Deines gesegneten Kreuzes werden würde. Dein guter Geist lehre mich auch hierin thun nach Deinem Wohlgefallen. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 146

146:1 Halleluja! Lobe den HErrn, meine Seele!

146:2 Ich will den HErrn loben, so lange ich lebe, und meinem GOtt lobsingen, weil ich hie bin.

146:3 Verlasset euch nicht auf Fürsten; sie sind Menschen, die können ja nicht helfen.

146:4 Denn des Menschen Geist muß davon, und er muß wieder zu Erde werden; alsdann sind verloren alle seine Anschläge.

146:5 Wohl dem, des Hilfe der GOtt Jakobs ist, des Hoffnung auf dem HErrn, seinem GOtt, stehet,

146:6 der Himmel, Erde, Meer und alles, was drinnen ist, gemacht hat; der Glauben hält ewiglich;

146:7 der Recht schaffet denen, so Gewalt leiden; der die Hungrigen speiset. Der HErr löset die Gefangenen.

146:8 Der HErr macht die Blinden sehend. Der HErr richtet auf, die niedergeschlagen sind. Der HErr liebet die Gerechten.

146:9 Der HErr behütet Fremdlinge und Waisen und erhält die Witwen; und kehret zurück den Weg der Gottlosen.

146:10 Der HErr ist König ewiglich, dein GOtt, Zion, für und für. Halleluja!
Ja, Herr Jesu, Du bist König ewiglich, unser Gott für und für. Du allein hast uns wieder den Zugang zu Deinem und Deines Vaters Herzen erworben, daß wir mit Dir und Ihm recht kindlich umgehen mögen, - denn ohne Dich wäre uns Gott ein verzehrendes Feuer und wir könnten kein Vertrauen zu Ihm fassen; durch Dich aber, Herr Jesu, haben wir den Zugang zum Vater und zu aller durch Dich erworbenen Gnade. Ach, laß uns doch Dein großes Versöhnungswerk recht offenbar und unser Herz davon recht kräftig überzeugt werden, daß wir von Herzen glauben, wir seien durch Dich mit Gott vollkommen ausgesöhnet, und dein Vater habe nun über uns lauter Gedanken des Friedens. Dadurch wollest du die uns angeborne Feindschaft und alles daher entstehende Mißtrauen recht im Grunde heben, und uns kräftig reizen und locken, daß wir ungeachtet unserer Sünde dennoch mit allem unserem Elende zu Dir, unserem einzigen Sündentilger, und durch Dich zu dem lieben Vater kommen; denn Du hast ja die Scheidewand unserer Sünde abgethan und Alles aus dem Wege geräumt, was uns an der seligen Gemeinschaft mit Dir hindern will. Nun ist ja Dein und Deines Vaters Herz uns recht weit aufgethan und recht bereitwillig, uns auf- und anzunehmen und uns alle gläubigen Bitten zu gewähren. Nun erlaubst, ja gebietest Du uns gar, daß wir unser ganzes Herz vor Dir ausschütten und Dir Alles klagen, was wir auch dem vertrautesten Freude nicht sagen können. O ziehe mich nur besser zu Dir in Deine selige Gemeinschaft. Erhalte mich unverrückt an Dir, und laß mich in Dir gerecht und rein, in Dir voll Frieden, in Dir stille und ruhig, in Dir voll Liebe, Dir willig und von Herzen nachwandeln, in Dir stark und mächtig, auch recht treu und ernstlich Alles überwinden, daß mich nichts mehr in dem seligen Umgange mit Dir hindern oder den Frieden stören, viel weniger das Ziel verrücken könne. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 147

147:1 Lobet den HErrn; denn unsern GOtt loben, das ist ein köstlich Ding; solch Lob ist lieblich und schön.

147:2 Der HErr bauet Jerusalem und bringet zusammen die Verjagten in Israel.

147:3 Er heilet, die zerbrochenes Herzens sind, und verbindet ihre Schmerzen.

147:4 Er zählet die Sterne und nennet sie alle mit Namen.

147:5 Unser HErr ist groß und von großer Kraft; und ist unbegreiflich, wie er regieret.

147:6 Der HErr richtet auf die Elenden und stößet die Gottlosen zu Boden.

147:7 Singet umeinander dem HErrn mit Dank und lobet unsern GOtt mit Harfen,

147:8 der den Himmel mit Wolken bedeckt und gibt Regen auf Erden; der Gras auf Bergen wachsen läßt;

147:9 der dem Vieh sein Futter gibt, den jungen Raben, die ihn anrufen.

147:10 Er hat nicht Lust an der Stärke des Rosses noch Gefallen an jemandes Beinen.

147:11 Der HErr hat Gefallen an denen, die ihn fürchten, die auf seine Güte hoffen.

147:12 Preise, Jerusalem, den HErrn; lobe, Zion, deinen GOtt!

147:13 Denn er macht fest die Riegel deiner Tore und segnet deine Kinder drinnen.

147:14 Er schaffet deinen Grenzen Frieden und sättiget dich mit dem besten Weizen.

147:15 Er sendet seine Rede auf Erden; sein Wort läuft schnell.

147:16 Er gibt Schnee wie Wolle, er streuet Reif wie Asche.

147:17 Er wirft seine Schloßen wie Bissen; wer kann bleiben vor seinem Frost?

147:18 Er spricht, so zerschmilzt es; er läßt seinen Wind wehen, so tauet's auf.

147:19 Er zeiget Jakob sein Wort, Israel seine Sitten und Rechte.

147:20 So tut er keinen Heiden, noch läßt sie wissen seine Rechte. Halleluja!
Die vier letzten Psalme im Psalmbuch bilden ein Ganzes, sie fangen alle an und schließen mit Hallelujah, sie bewegen sich nur in einem freudigen Tone, ohne Hintergrund der Wehmuth, sie verbinden alle das Lob Gottes aus der Natur mit dem Preise seiner Gnade gegen sein Volk, sie beziehen sich alle auf ein großes Israel widerfahrnes Heil. Das Volk ist damals aus der Zerstreuung gesammelt V. 2., Jerusalem wieder erbauet, befestigt und gegen alle feindliche Anläufe gesichert V. 13. 14. Es ist also ein Tempelpsalm, bald nachdem Israel aus der babylonischen Gefangenschaft zurückgekehrt war und Jerusalem sich von neuem aus dem Staube erhoben hatte. Feurig und lieblich lobsingt er V. 1-6 Gottes Gnade, die an dem gebeugten Israel und seinen demüthigen Verehrern sich als die Gnade des Allmächtigen offenbart, rühmt darauf V. 7-11 Gottes väterliche Güte auch gegen die verlassensten seiner Geschöpfe und wie Ihm gerade die Geringen unter den Menschen lieb sind, endlich tröstet er V. 12-20 das neu auferstehende Jerusalem mit dieses Gottes Beistand und erquickt sich an dem Gedanken, daß eben dieser allmächtige König sich [b]dieses[/b] Volkes angenommen habe vor allen Völkern der Erde. – Nicht umsonst hat uns der h. Geist die Fürsorge und Regierung Gottes so oft vorhalten lassen, wie hier an den Sternen, Himmel, Wolken, Regen, Bergen, Vieh, Vögel, Schnee, Thau geschieht: wir sollen aus dem Allen den kräftigen Schluß machen, daß wir vielmehr Seiner allmächtigen, allweisen und getreuen Fürsorge und Regierung uns zu versehen haben. Mehr noch als Er die Sterne zählt und mit Namen nennt, zählt Er seiner Kinder Gedanken, Worte und Werke, ihren Eingang und Ausgang, ihre Seufzer und Thränen. Wie Er den Himmel mit Wolken bedeckt, so bedeckt Er auch zuweilen ihr Herz mit finstern Wolken des Kreuzes und der Traurigkeit, läßt aber doch das schmachtende Herz nicht ohne Erquickung. Wie Er für das Vieh und die Raben sorgt, so sorgt Er noch vielmehr für uns, die Er zum ewigen Leben berufen und erlöset hat. Wie Er durch einen warmen Wind Frost und Kälte ändert, so ändert Er auch gar leicht unser trostloses und kaltsinniges Herz durch seinen heiligen Geist, wärmt und erquickt es. Ach ja, stehe auf, Nordwind, und komm, Südwind, und wehe auch durch meinen Herzensgarten, daß seine Würze triefen. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 148

148:1 Halleluja! Lobet, ihr Himmel, den HErrn; lobet ihn in der Höhe!

148:2 Lobet ihn, alle seine Engel; lobet ihn, all sein Heer!

148:3 Lobet ihn, Sonne und Mond; lobet ihn, alle leuchtenden Sterne!

148:4 Lobet ihn, ihr Himmel allenthalben, und die Wasser, die oben am Himmel sind!

148:5 Die sollen loben den Namen des HErrn; denn er gebeut, so wird's geschaffen.

148:6 Er hält sie immer und ewiglich; er ordnet sie, daß sie nicht anders gehen müssen.

148:7 Lobet den HErrn auf Erden, ihr Walfische und alle Tiefen;

148:8 Feuer, Hagel, Schnee und Dampf, Sturmwinde, die sein Wort ausrichten;

148:9 Berge und alle Hügel, fruchtbare Bäume und alle Zedern;

148:10 Tier und alles Vieh, Gewürm und Vögel;

148:11 ihr Könige auf Erden und alle Leute, Fürsten und alle Richter auf Erden;

148:12 Jünglinge und Jungfrauen, Alte mit den Jungen

148:13 sollen loben den Namen des HErrn; denn sein Name allein ist hoch; sein Lob gehet, soweit Himmel und Erde ist.
S. Paulus saget / Rom. iii. Sie sind allzumal Sünder / und manglen des Rhumes / den sie an Gott haben sollen. Aber in Christo Jhesu / welcher ist der ware Messias / im Gesetz und Propheten verheissen / ists nu dahin komen / Das alle Leute / hohes und nidriges Stands / Könige / Fürsten / Richter / Alt / Jung / Jünglinge / Jungfrawen / Gott in aller not / im namen Christi / umb rat und hülff bitten und anruffen / auch fur alle seine wolthat / loben preisen und dancken / können / welchs jm ein lieber und angenemer Gottesdienst ist.
AUs solchen Jünglingen und Jungfrawen / die Gott fürchten / lieben / anruffen / dancken und loben / werden feine geschickte Leute / zu kirchen und welt Regiment tüchtig / auch gute Hausveter und Hausmütter / die nachmals ire Kinder auch zu Gottes ehre und furcht auffziehen. Also wird Gottes reich durchs Wort imerdar auff Erden gebawet und erhalten. (Johannes Bugenhagen)

148:14 Und er erhöhet das Horn seines Volks. Alle seine Heiligen sollen loben, die Kinder Israel, das Volk, das ihm dienet, Halleluja!
Herr Jesu, mein Heiland und Seligmacher, nachdem die liebe Sonne mit ihrem Glanz von uns gewichen ist, treten an ihrer Stelle so viel tausend helleuchtende liebliche Sterne auf, welche mir alle von Deiner unbegreiflichen großen Güte predigen. Denn die Himmel erzählen Deine Ehre und die Veste verkündigt Deiner Hände Werk. so stimme denn nun auch ich billig ein in den Preis Deiner Kreatur mit Lob und Dank für Deine überschwängliche Gnade, welche auch diesen Tag mein Himmel, meine Decke und mein Schutz gewesen ist. Denn von Rechtswegen hätten meine mannichfaltigen Sünden und Uebertretungen nichts denn eitel Strafe verdient. Die wollest Du mir aber um Deiner heiligen Wunden, Deines vergossenen Bluts und ganzen theuern Verdienstes willen gnädiglich vergeben, und mir diese Nacht eine friedliche Ruhe und sanften Schlaf verleihen. Ich lege mich schlafen, mein Herr Jesu, mit dem Leib in’s Bette, mit der Seele aber an Dein gnädiges Herz. Du bist bei mir auch in der Finsterniß der Nacht mit Deiner Macht und Gnade. Wolltest Du aber etwa diese Nacht mich aus der Welt abfordern, wie ich denn Deinen verborgenen Willen, zu meinem eignen Besten, nicht wissen kann: so wollest Du mich, erhöhter Heiland, gezeichnet mit Deinem Blut zum ewigen Leben einführen. Wo nicht, soll ich nach Deinem göttlichen Gefallen noch länger leben, so laß mich morgen durch Deine Gnade gesund und fröhlich wieder aufwachen und aufstehen, und Dich mit freudigem Herzen loben und preisen. Hilf, daß die höllischen Feinde, die Du selbst überwunden hast, in dieser Zeit und alle Zeit weder an mir, noch an den lieben Meinigen, noch an allen frommen Christen einige Macht und Gewalt finden mögen.
So segne mich denn nun, Gott Vater, der Du mir Leib und Seele gegeben, und mich bisher gnädig erhalten hast. Es segne mich Gottes Sohn, Christus Jesus, der meinen Leib und Seele durch sein Blut sich zum Eigenthum erkauft hat. Es segne mich Gott der heilige Geist, der meinen Leib und Seele durch sich selbst zum ewigen Leben versiegelt hat! Diesem dreieinigen Gott sei Lob, Preis und Dank in Ewigkeit. Amen. (Friedrich Arndt)

Psalm 149

149:1 Halleluja! Singet dem HErrn ein neues Lied! Die Gemeine der Heiligen soll ihn loben.

149:2 Israel freue sich des, der ihn gemacht hat; die Kinder Zion seien fröhlich, über ihrem Könige!

149:3 Sie sollen loben seinen Namen im Reigen, mit Pauken und Harfen sollen sie ihm spielen.

149:4 Denn der HErr hat Wohlgefallen an seinem Volk; er hilft den Elenden herrlich.

149:5 Die Heiligen sollen fröhlich sein und preisen und rühmen auf ihren Lagern.

149:6 Ihr Mund soll GOtt erhöhen, und sollen scharfe Schwerter in ihren Händen haben,

149:7 daß sie Rache üben unter den Heiden, Strafe unter den Völkern,

149:8 ihre Könige zu binden mit Ketten und ihre Edlen mit eisernen Fesseln,

149:9 daß sie ihnen tun das Recht, davon geschrieben ist. Solche Ehre werden alle seine Heiligen haben. Halleluja!

Psalm 150

150:1 Halleluja! Lobet den HErrn in seinem Heiligtum; lobet ihn in der Feste seiner Macht!

150:2 Lobet ihn in seinen Taten; lobet ihn in seiner großen Herrlichkeit!

150:3 Lobet ihn mit Posaunen; lobet ihn mit Psalter und Harfen!

150:4 Lobet ihn mit Pauken und Reigen; lobet ihn mit Saiten und Pfeifen!

150:5 Lobet ihn mit hellen Zimbeln; lobet ihn mit wohlklingenden Zimbeln!

150:6 Alles, was Odem hat, lobe den HErrn! Halleluja!
Wie Israel in diesen Psalmen Dich lobte, o Herr, für das große Heil, das ihm zu Theil geworden war, so preise ich Dich insbesondere dafür, daß Du Deinen Rathschluß von unserm Heil durch die Predigt des Wortes uns offenbaren wolltest. Von Natur sind wir Finsterniß, und sitzen am Ort der Schatten des Todes; Du aber vertreibst durch das helle Licht des Evangeliums jene Finsterniß. Mit dankbarem Herzen preise ich daher jene große Wohlthat, daß Du uns durch das Wort des Evangeliums den Schatz der Wohlthaten Deines Sohnes geoffenbaret hast. Ich war auf die Abwege der Irrthümer gerathen, als ein elendes und schwaches Schäflein; Du aber hast mich durch das Wort auf den Weg zurückgerufne. Ich war verdammt und verloren; Du aber bietest mir im Wort des Evangeliums die Wohlthaten Christi an; in den Wohlthaten Christi Deine Gnade; in Deiner Gnade die Vergebung der Sünden; in der Vergebung der Sünden die Gerechtigkeit; in der Gerechtigkeit das Leben und die ewige Seligkeit. Wer kann diese Deine herzliche Barmherzigkeit mit Worten würdig preisen? Was hätte es uns genützt, geboren zu werden, wenn Du uns nicht durch Christum befreit hättest, die wir durch die Sünde gefangen waren? Was hätte es uns genützt, erlöst zu werden, wenn Du uns nicht die unermeßliche Wohlthat der Erlösung durch das Wort verkündigt hättest? Du reckst Deine Hände den ganzen Tag zu uns aus; Du klopfst täglich an die Thür unseres Herzens, und rufst uns Alle durch Dein Wort zu Dir, gütigster Herr! Wie viele Millionen Menschen leben in der Blindheit und den Irrthümern des Heidenthums, denen kein solches Licht eines himmlischen Wortes erschienen ist, wie uns höchst Undankbaren Deine Güte gestattet hat! Ach wie oft verdienen wir durch unsre Geringschätzung und Undankbarkeit, daß Du den Leuchter des Wortes von uns wegnehmest; Du aber bist langmüthig, und übersiehest unsere Sünden, und bewahrst uns noch jene heiligste Beilage des Worts, den kostbarsten Schatz, aus unaussprechlicher Barmherzigkeit. Für diese Wohlthat sagen wir Dir ewiglich Dank, und bitten Dich demüthig, Du wollest uns denselben ferner erhalten. Amen. (Friedrich Arndt)

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