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Philipper, Kapitel 4

Philipper, Kapitel 4

4:1 Also, meine lieben und ersehnten Brüder, meine Freude und meine Krone, besteht also in dem HERRN, ihr Lieben.

4:2 Die Evodia ermahne ich, und die Syntyche ermahne ich, daß sie eines Sinnes seien in dem HERRN.

4:3 Ja ich bitte auch dich, mein treuer Geselle, stehe ihnen bei, die samt mir für das Evangelium gekämpft haben, mit Klemens und meinen andern Gehilfen, welcher Namen sind in dem Buch des Lebens.

4:4 Freuet euch in dem HERRN allewege! Und abermals sage ich: Freuet euch!
Wer Andere zur Freude ermuntern will, muß selbst auch ein fröhliches Gemüth haben, und dieses hatte Paulus, da er den Brief an die Philipper schrieb. Er betete als abwesend mit Freuden für sie, und stand ihretwegen in einer guten Zuversicht, Kap. 1,4.5.6. Er war zu Rom als ein Gefangener: allein auch diesen schmählichen und beschwerlichen Zustand sahe er mit einem heiteren Gemüth an, und rühmte, daß er zur Förderung des Evangelii gerathen sei, V. 12.13.14. Es gab Leute, welche Christum aus Zank und nicht lauterlich (vermuthlich mit einiger Vermengung mit dem Judenthum) verkündigten, und dadurch seine Banden eine Trübsal zuwenden, und die Christen bereden wollten, Paulus habe Christum nicht gepredigt: allein der heitere Paulus schrieb: was ist ihm aber denn? Daß nur Christus verkündiget werde allerlei Weise, es geschehe aus böser Absicht, oder rechter Weise, so freue ich mich doch darin, und will mich auch freuen u.s.w., V. 15/18. Er dachte, indem er diesen Brief schrieb, an das Sterben, aber mit Heiterkeit, V. 20/25. Kap. 2,17.18. Er hatte bei seiner Armuth eine Beisteuer von den Philippern bekommen, darüber war er in einem sehr lautern Sinn sehr froh, und dünkte sich jetzt reich zu sein. Ich habe Alles, sagte er, und habe überflüssig, K. 4,0.18. Er hatte aber auch schon in Ansehung der Nahrung demüthigende Umstände, ja Hunger und Mangel erfahren: allein auch darüber führte er keine wehmüthige Klage, sondern sagte: ich habe gelernt, dieses und das Gegentheil zu ertragen, ich bin dazu eingeweiht, daß ich mich in alle Dinge und in alle Menschen schicken kann. Ich vermag Alles durch den, der mich mächtig macht, Christus, V. 11.12.13. Dieser heitere Paulus nun durfte und konnte an die Philipper unter Anderem schreiben: freuet euch in dem HErrn allewege, und abermal sage ich, damit ihr’s das erstemal nicht flüchtig überhöret: freuet euch. Die Philipper hatten zwar auch ihre Widersacher und Leiden, K. 1.28.29.30. Wenn sie aber dieselben so ansehen konnten, wie Paulus die seinigen; so konnten sie sich doch freuen. Ueberdieß verlangte Paulus nicht, daß sie sich über ihre äußerlichen Umstände freuen sollten, sondern schrieb: sie sollen sich in dem HErrn freuen. Freuen sollten sie sich also, daß sie Jesum zum HErrn haben, der ihretwegen Sich selbst geäußert und erniedrigt habe, und hernach verkläret und über Alles erhöhet worden sei, K. 2. Sie sollten sich freuen, daß sie, wie Paulus, in Ihm eine vollkommene Gerechtigkeit haben, und, weil Er nahe sei (K. 4.5.), bald das Kleinod der Herrlichkeit erlangen werden, K.3., und Gott alles Gute ferner in ihnen wirken, und Sein Werk in ihnen bis zur Vollendung fortführen werde, K.2,13. 1,6. Die Freude, wozu Paulus die Philipper ermunterte, konnte bei der Furcht und dem Zittern stattfinden, dessen er K. ,12. gedenkt, denn auch die Thränen, die Paulus unter dem Schreiben bei dem Anblick der Feinde des Kreuzes Christi vergoß, (K. ,18.), störten seine Freude nicht, welche er empfand, wenn er auf den HErrn sahe. Wenn die Welt fröhlich sein will, so hat sie Geld, Wein, Musiken, Buhlschaften und Anderes dazu nöthig, bleibt aber dabei innerlich leer, und verschuldet sich noch mehr. Die Freude im HErrn erfordert aber nichts Weiteres, als daß ein Christ seinen HErrn kenne, und in Ihm erfunden werde. Sie ist nur bei den Vollkommenen (Phil. 3,15.) allewege.(Magnus Friedrich Roos)


In diesen Tagen kehrt in manches Herz Freude ein und so ist es recht. Die Christenheit ist nicht dazu beisammen, damit wir weinen und uns mit dem quälen, was uns fehlt, sondern damit wir uns freuen. Aber die festlichen Zeiten erinnern uns daran, dass es bei uns nicht so steht, wie die Mahnung des Paulus uns haben möchte. Wir brauchen die Anregung durch die festlichen Tage, damit die Freude einigermaßen in uns erwache, und regen sie durch viele andere Dinge an, nicht nur durch den auf den Herrn gerichteten Blick. Darum geht die Freude, die die Festzeit hervorlockt, auch wieder weg und hat nur kurze Dauer. Nur das, was in Gott seinen Grund hat, bleibt. In dem, was Gott uns zeigt und für uns tut, ist uns der Grund einer Freude gegeben, die immer bei uns bleibt, unabhängig vom Kalender, unabhängig von unserer Lage, unabhängig sogar von dem, was sich in uns selbst als Not und Kampf anhäuft. Solange uns der Blick zum Herrn hinauf gegeben ist, fällt ein Lichtstrahl in unsere Seele hinein, der uns so innig und völlig froh macht, wie keine von der Natur uns gereichte Gabe es uns gewähren kann. Gott kennen, Gottes Eigentum sein, ihm gehören und in seinem Dienst stehen, wie soll ich ein solches Wort auf meine Lippen nehmen, ohne dass daraus ein Jubel wird? Solange ich sagen kann: Abba Vater, ist die Freude in mir daheim. Darum mahnt Paulus zu ihr und heißt sie die Pflicht der Christenheit. Denn wenn sie uns erlischt, sei es durch Schmerz der Reue oder im Getriebe unserer dienstfertigen Arbeitsamkeit, dann hat sich eine Wolke zwischen uns und Gott gelegt und der Mensch reckt und streckt sich in die Höhe, sei es mit klagend gegen den Himmel erhobenen Armen, sei es in der Größe seiner Verpflichtungen und unentbehrlichen Leistungen. Unser christlicher Beruf ist aber nicht der, zu zeigen, was ein Mensch vermag, auch nicht, wie jämmerlich ein Mensch ist, sondern sichtbar zu machen, wie hoch und tief Gottes Gnade ist, und zu dieser Pflicht gehört das frohe Herz.
Heile allen inneren Schaden, heilender, helfender Herr. Wenn uns Deine Hand berührt, dann jubeln wir. Spüre ich sie nicht, so ist mein Auge blind und der Glaube mir entschwunden. Dir wende ich mich zu und sage Dir Dank, dass Du uns, Deiner Kinder Schar, jene Freude gibst, die bei uns bleibt. Amen.(Adolf Schlatter)


Es gibt Christen, die meinen, sauer dreinsehen gehört zu ihrer Uniform, und wenn man dem alten Menschen seine verdrossene Stimmung noch für eine gute Tugend erklärt, dann läßt er seine Flügel hängen und glaubt, besonders fromm dabei zu sein! Dagegen erinnert der Apostel daran, daß die Freude am Herrn Jesus zum eisernen Bestand des gesunden Christentums gehört, und kommandiert seine Leute, dergleichen auch freien Lauf zu lassen. Mögt ihr noch so viel äußeren Anlaß zur Verstimmung haben - ihr habt mehr Anlaß zur Freude im Herrn Jesu! Stäubt eure Seelen ab und gebt euch solcher Freude hin. Nicht nur werdet ihr selbst durch solche Freude frei von krankhafter geistlicher Blutstockung. Ihr macht dem Herrn damit eine Ehrung in eurem Leben bereit und ihr kränkt durch solche Freude den Satan aufs empfindlichste. Die Welt aber wird sehr erstaunt aufmerken, wenn ihr so fröhliche Leute seid. Sie muß sich sagen:„Von nichts ist nichts! Freuen sich diese verachteten, verfolgten Leute, die gar keinen irdischen Anlaß zur Freude haben, dann müssen sie wahrlich einen inneren Schatz haben und ein heimliches Glück, das wir nicht begreifen.“ Das predigt manchmal besser als viele gesalbte Redereien.
Mein Freudenmeister, tritt in meine stille Stube und rühre meine Seele an, daß sie anfange, leise und froh zu klingen. Dann geh mit mir in die Arbeit und den Kummer draußen und laß mein Lied anschwellen zu deiner Ehre. Amen. (Samuel Keller)


Laßt uns Gott bitten, daß er uns zunehmen lasse in dieser Freude, welche der Apostel uns so dringend empfiehlt! Diese Freude ist ja auch als die einzige wahre Quelle der Sanftmuth und Milde hier aufgeführt. Wenn wir übeler Laune sind, ungeduldig und rauh, wenn sich Schroffheit in Ton und Verhalten bei uns findet, so haben wir den Grund daovn meistens darin zu suchen, daß uns der innere Friede mangelt. Durch eine List des Herzens schreibt man den Sünden und dem bösen Verhalten Anderer, oder sogar einem vorgeblichen Eifer für die Ehre Gottes Das zu, was nur die Frucht inneren Unbehagens ist. Darum sollen wir trachten, zu wachsen im Glauben und in der Treue, welches die Quellen der geistlichen FReude sind. Da, wo Freude und Zufriedenheit im Herzen wohnen, wird sich sicherlich auch die Sanftmuth finden. Was kann man nicht Alles von einem Menschen erhalten, welcher glücklich ist? Will man bei einem Fürsten um eine Gnade bitten, so wählt man dazu, als unserm Vorhaben, uns ihm zu nahen, günstig, einen Tag, wo irgend ein glückliches Ereigniß sein Herz erfreut; man scheint vorauszusetzen, daß ein glücklicher Mensch kein harter und strenger Mensch sein könne. Nun, laßt uns suchen, durch tägliche Erneuerung unsers Glaubens alle unsere Tage zu solchen Tagen zu machen, wo wir uns auf's Neue unserer Versöhnung mit Gott freuen, zu Tagen, da wir tiefer in jenes Reich eindringen, welches ist „Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist.“ Indem wir dadurch je mehr und mehr glücklich und freudig im Herrn uns fühlen, werden sich auch die Früchte dieser Freude, „Barmherzigkeit, Gütigkeit, Demuth, Sanftmuth und Geduld“ in unserm Innern entwickeln. (Auguste Rochat)


Mit welcher Mühe und Anstrengung jagen so viele Menschen der Freude nach! Wie viel Aufwand, Arbeit und Sorge, wenn sie sich eine frohe Stunde bereiten wollen! Und kommt der mühsam erworbene, der theuer erkaufte Tag rauschenden Vergnügens, welche Leere bei aller Pracht, wie viel Langeweile bei aller Zerstreuung, wie viel Verdruß bei aller Freundlichkeit! Und wie schnell dorren jeder Weltfreude die Wurzeln ab! Sitzt doch der Wurm der Vergänglichkeit in dem blüthenreichen Kelche. Ja, alles Fleisch ist wie Heu, und alle Herrlichkeit der Menschen ist wie des Grafes Blume; das Gras ist verdorret, die Blume ist abgefallen.
Wahre Freude hat ihre Wurzel in Gott geschlagen, und keine Zeit und kein Tod kann daran rühren. Einer ist's, der allein das Herz fröhlich und selig machen kann: das ist unser Herr und Heiland. Ach, wer wollte sich über ihn nicht freuen, über ihn, in welchem erschienen ist die Freundlichkeit und Leutseligkeit unseres Gottes, in welchem wohnte die Fülle der Gottheit leibhaftig und welcher war das allerlieblichste und huldreichste Bild der Gottheit, an welchem Menschen und Engel ihre Lust sahen, das Bild der lautersten Wahrheit, der fleckenlosesten Heiligkeit, der süßesten Liebe, der holdseligsten Güte, der unüberwindlichen Kraft und Stärke!
Die Freude über ihn, den Erlöser von Sünde und Tod, den Herzog unserer Seligkeit, sie verwelkt nicht mit der Jugend, hängt nicht ab vom Wechsel des Glücks, vergeht nicht mit der Welt und ihrer Lust, sondern sie erquickt uns auch in bösen Tagen, labt noch im letzten Stündlein und folgt uns in die Ewigkeit, weil sie aus der Ewigkeit stammt. Ihr ist's vergönnt, vom mühseligen Erdenleben aus einen Blick in den Himmel zu werfen, von der unsichern Gegenwart aus in eine gewisse Zukunft voll Seligkeit schauen zu dürfen. Stephanus sieht um sich ein wüthendes Volk, welches Steine aufhebt, um ihn zu tödten, und sein Herz ist doch freudig, denn er sieht den Himmel offen und Jesum stehen zur Rechten Gottes. Paulus sieht finstere Kerkerwände und verschlossene Thüren, fühlt die Ketten und Banden an Händen und Füßen, und sein Herz ist doch freudenhell, denn er sieht auch jenseits den Herrn Jesum Christum und Kronen in seiner Hand.
Die Freude im Herrn ist ein Vorschmack der ewigen Himmelsfreude, die größer sein wird, als daß sie gemessen, überflüssiger, als daß sie gezählt, unendlicher, als daß ihr Ziel gesetzt, und köstlicher, als daß sie könne geschätzt werden. Dort werden wir lieben ohne Maaß, schauen ohne Verdruß und uns erfreuen ohne Ende. Welt, ich lasse dir deine Freude, wie sehr sie auch prange, wie weit sie auch leuchte, wie laut sie auch rufe, wie hoch sie sich auch rühme! (Christian Wilhelm Spieker)

4:5 Eure Lindigkeit lasset kund sein allen Menschen! der HERR ist nahe!
Der Herr ist nahe! So spricht die letzte Advents-Epistel! So ruft uns der heutige Tag zu! Er heißt in der Kirche der Tag Adam's und Eva's, um uns nochmals lebhaft daran zu erinnern, wer wir sind ohne Christum, Kinder Adam's und Eva's, Kinder der Sünde und des Todes, und dann in uns die Sehnsucht nach dem Erlöser von Sünde und Tod immer flammender zu machen. Er heißt der heilige Abend, weil er ja die Nacht einleitet, in welcher das Wunder aller Wunder geschah und Gott geoffenbart wurde im Fleische. Der Abend wird in unser Häusern gefeiert durch den Weihnachtsbaum, welcher den Stammbaum Christi darstellen soll durch Grünes mit Schäfchen in demselben, welches die Hirten auf Bethlehems Fluren vergegenwärtigt! Durch Aepfel daran und oft Adam und Eva darunter, was wieder an den Sündenfall und den Verlust des Paradieses erinnert, aber auch an das Wort: „Heut schließt Er wieder auf die Thür zum schönen Paradeis; der Cherub steht nicht mehr dafür: Gott sei Lob, Ehr' und Preis!“ Der Weihnachtsbaum ist geziert mit brennenden Lichtern; denn der Herr spricht wieder in dem Reiche der Natur, wie der Gnade, in dem Werk der Schöpfung, wie der Erlösung: „Es werde Licht!“ Alle Zeichen, alle Worte, alle Geschenke des heutigen Tages verkündigen Eins: „Der Herr ist nahe! Siehe, ich stehe vor der Thür und klopfe an: so jemand wird die Thür aufthun, zu dem werde Ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten, und er mit mir.“ - Mit dieser Botschaft schließt der Advent, und faßt damit alle frommen Gedanken und Empfindungen, von denen unsere Herzen in der heiligen Advent- und Weihnachtszeit erfüllt sein sollen, in Einen Brennpunkt zusammen. Denn ist der Herr nahe: so dürfen wir uns freuen, mit Ihm kommt ja der Heiland der Sünder, der Helfer in aller Noth, der ewige Erlöser. Ist Er nahe: so müssen wir unsere Lindigkeit kund werden lassen allen Menschen, unser Herz muß vom milden Sanftmuthsöle überfließen und Liebe bereiten unsere höchte Erquickung sein. Ist Er nahe: so können wir nicht mehr sorgen, der Glaube an Ihn ist das Grab der Sorge; wir bringen alle Sorgen zu Gott im Gebete, denn der seines eignen Sohnes nicht hat verschonet um unsertwillen, wie sollte Er uns mit Ihm nicht Alles schenken? Ist Er nahe: so bleibt nur Ein Wunsch uns übrig, daß sein Friede unsere Herzen und Sinnen erfülle und bewahre; Er ist der Friedensfürst; Er spricht: Friede sei mit euch, und was Er spricht, das geschieht; was Er gebeut, das steht da. Komm denn, Herr Jesu, komm, heiliger Christ, unsere Herzene stehen Dir offen und warten Dein mit unaussprechlichem Verlangen! (Johann Michael Hahn)


Ist der Herr nahe - einerlei, ob man an seine nahe Wiederkunft denkt oder an seine tägliche dauernde Gegenwart -, dann muß ein solch nahes Licht, darüber sich unser Herz freuet, einen Widerschein auf unser Gesicht werfen. Aber nicht nur leuchtende Augen und singende Lippen will diese Freude schaffen, sondern auch Freundlichkeit im Umgang und milde, zum Helfen und Geben geöffnete Hände. Können die Knechte, die jeden Augenblick bereit sind, mit Jauchzen dem nahenden Herrn die Türen weit aufzutun, sich noch zanken und streiten? Oder denken wir an Kinder, die dicht vor der Weihnachtsbescherung stehen; dürfen sie sich balgen und schlagen? Wir suchten als Kinder am Nachmittag vor der Bescherung unsere alten Spielsachen durch, um sie, bevor wir die neuen empfingen, den Kindern unserer armen Waschfrau zu bringen. Wir waren ja so gewiß, daß wir was Besseres bekämen, daß wir die alten Sachen wegschenken konnten. Wenn du Jesus geschenkt bekommst, was könntest du vorher nicht alles weggeben? Weil er uns große Freude macht, sollten wir nicht vorher schon unsere Lindigkeit kundsein lassen allen Menschen, deren wir habhaft werden. Vorher? Ach, er hat uns ja schon längst vorher so reich gemacht durch seine Liebe!
Herr Jesus, du bist unser Geschenk! Rühre unsere Herzen, daß wir nicht anders können, als andern armen Menschen, die dich nicht kennen, mit beiden Händen Freundlichkeit hintragen und Liebe erweisen, soviel als möglich. Amen. (Samuel Keller)


Der Herr ist nahe; Er wird bald kommen, und dann „wird Er Ruhe geben Denen, die Trübsal leiden um Seinetwillen; mit Trübsal aber auch vergelten Denen, die uns Trübsal anlegen.“ (2 Thess. 1, 6. 7.) Welch' ein Beweggrund, mit Sanftmuth die Verachtung, Beschimpfung und übele Behandlung Seitens der Feinde der Wahrheit zu ertragen! Laßt uns Geduld üben noch eine kleine Zeit, und wir werden außer ihrem Bereich sein, eingegangen zu der Ruhe, die dem Volke Gottes vorhanden ist. Wir besitzen ja durch Gottes Gnade das gute Theil; das können sie uns nicht rauben. Ihr Theil dagegen ist so böse, und ihr Reich ist so kurz und wird so elendiglich endigen! Ach! laßt uns sie bedauern; laßt uns um Gnade für sie bitten und uns nicht gegen sie aufregen lassen!
Der Herr ist nahe! Bald wird Er kommen und den flüchtigen Schauplatz dieser Welt für uns verschwinden lassen; bald werden im Lichte des Tages der Ewigkeit alle Dinge dieses Lebens die Wesenheit, welche sie in unsern Augen noch haben, verlieren und uns nur als Schatten erscheinen, welche schnell vorüber eilen. Dann werden wir so manche Dinge, denen wir oft nur zu große Wichtigkeit beilegten, und welche unsere Ungeduld und übele Laune erregten, in ihrem wahren Nichts erblicken. Möchten wir sie auch jetzt schon so ansehen! Unsere Stellung sei fortwährend die eines Abscheidenden! Das ist die wahre, welche uns geziemt; denn wir wissen nicht, zu welcher Stunde der Herr kommen wird. Wenn dieser Gedanke uns beseelt, dann werden die sichtbaren Dinge wenig mehr im Stande sein, uns zu bewegen uns einzunehmen. (Auguste Rochat)


Diese Ermahnung richtet der Heilige Geist, wie diesen ganzen köstlichen Brief (nach Phil. 1, 1.) „an alle Heiligen in Christo Jesu.“ Sie richtet sich an Diejenigen, deren natürlicher Charakter heftig und reizbar ist, damit sie ihn durch die Gnade Gottes bekämpfen und „anziehen herzinniges Erbarmen, Freundlichkeit, Demuth, Sanftmuth, Geduld.“ (Col. 3, 12.) Sie richtet sich aber ebenso an Die, welche von Natur eine sanfte Gemüthsart besitzen, damit sie dieselbe dadurch heiligen lassen, daß sie ihren Grund und ihre Stütze in der Liebe und Kraft des Herrn erhalte, und so „die Geduld ihr Werk vollkömmlich treibe“ (Jac. 1, 4.). Die Lindigkeit ist Christen jeden Standes und jeder Stellung geboten, den Eltern, daß sie ihre Kinder nicht zum Zorn reizen (Eph. 6,4.), den Herren, daß sie das Dräuen lassen (Eph. 6, 9.), den Dienstboten, daß sie nicht widerbellen (Tit. 2, 10.), sondern mit Geduld selbst Unrecht leiden. (1 Petri 2, 20 ff.) Sie ist jedem Alter anbefohlen. Der Jugend zunächst, in deren Heißblütigkeit das Herz sich oft gegen Vorschriften und gegen ein Joch, welches ihm Schranken setzt, auflehnt: „Ermahne die Jüngeren,“ heißt es Tit. 2, 6, „daß sie gemäßigt seien.“ Sie richtet sich aber ebenso an das Alter, an jene Lebenszeit, wo die Gebrechlichkeit so leicht übele Laune und Verdrießlichkeit hervorruft, welche zu bestreiten die Schrift auffordert: „Ermahne die Alten, daß sie gesund seien, wie im Glauben, so auch in der Liebe und in der Geduld.“ (Tit. 2, 2.)
Die Lindigkeit oder Sanftmuth, welche der Apostel uns empfiehlt, muß wahr und nicht erkünstelt sein; eine Lindigkeit, die aus einem Herzen kommt, in welchem Gott durch Seinen Geist als dessen süße Früchte (Gal. 5, 22.) „Geduld, Freundlichkeit, Sanftmuth, Gütigkeit und Milde“ gewirkt hat. Ohne das wird sie nicht Stand halten und wird nicht in allem und „allen Menschen“ sich kund thun, wie ein Wohlgeruch, der sich ringsumher verbreitet, ohne doch etwas scheinen zu wollen. Wenn die Lindigkeit eine erkünstelte ist, dann wird sie der Welt anstößig sein, indem sie bald den falschen Schein entdeckt und ihn als Heuchelei verwirft. (Auguste Rochat)

4:6 Sorget nichts! sondern in allen Dingen lasset eure Bitten im Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kund werden.
Manche Jünger Jesu bereiten sich viele Sorgen dadurch, dass sie oft leben, als lebte der Heiland nicht mehr. Sie zerarbeiten sich in mancherlei Sorgen, als ob sie in ihrer Schwachheit eine halbe Welt regieren müssten. Ohne den Herrn zu fragen und ehe sie von Ihm Winke und Weisungen erhalten haben, handeln sie. Erst wenn Schwierigkeiten und unliebsame Verwicklungen sich erheben, ja, erst wenn die Sache schief geht, fangen sie an, ihr Anliegen vor den Gnadenthron zu bringen und ernstlich zu beten. Der Herr soll nun dreinsehen und gutmachen, was sie schlecht und verkehrt gemacht haben. O meine Teuren, Beten ist schwer, Sorgen ist leicht! Du darfst dich nur gehen lassen, so liegst du schon tief in den Sorgen drin; willst du aber nicht sorgen, sondern beten, so kostet dich das einen herben Kampf. Ach, wie kleingläubig und hart sind wir doch oft! Lasset uns dem Herrn die Ehre geben! Er soll wahrhaftig unser Gott sein. Wie viele bange Stunden und schlaflose Nächte könnten wir uns ersparen, wenn wir den Herrn sorgen ließen und Ihm nicht voranlaufen wollten. Er wird sich dir als Vater erweisen, und du bleibst ein fröhliches Kind. Und wenn Er dich in der Geduld übt, kommst du doch weiter mit Beten als mit Sorgen. Fehltritte sind bald getan, und die kosten nicht selten viel Geld und verursachen Herzweh. Der Herr macht freilich manches wieder gut, aber schöner und richtiger wäre es doch, wenn wir Ihm gänzlich vertrauten. Ehre Ihn mit kindlichem Glauben, so krönt er dich mit Gnade und wunderbarer Hilfe. (Markus Hauser)


Wie eine klebrige Klette hängt sich die Sorge an unsere Seele, und sie ist so zäh, daß wir sie kaum loskriegen. Aber der Apostel nennt ein gutes Mittel, um den bösen Gast wegzubringen. Sie kann es nämlich nicht vertragen, wenn man Gott dankt für das, was er bei ihren früheren Besuchen an uns getan hat. Sie hatte uns alles mögliche davon vorgeredet, wie schlimm es uns gehen werde, und Gott hat es so ganz anders gemacht. Darum bleibt ihr heute das Wort im Halse stecken, wenn wir, statt angstvoll auf sie zu hören, Gott Dank sagen. Dann sind wir sie bald los und haben es anstatt mit ihr nur noch mit Gott zu tun. Wer seine Bitten, anstatt an Menschen zu richten, in den Briefumschlag des Gebets steckt und durch den Eilboten gläubigen Flehens zu Gott schickt, der wird bald solche Antwort bekommen, daß er nichts als danken kann. Wo aber freudiger Dank herrscht, da ist kein Raum für die häßliche Sorge. Und Gotteskinder, die nach dem Vorhergehenden gelernt haben, sich an ihrem Heilande zu freuen, sind keine geduldige Gesellschaft für das Nörgeln und Übertreiben der Sorge. Es bleibt da der Sorge nichts übrig, als das Feld zu räumen. Je schneller man sie los ist, desto wohler ist einem zumute und desto freier ist unser Umgang mit Gott.
Nun, lieber Vater, wir wollen dir alles an dein Herz legen; wir wollen besser bitten und fleißiger danken lernen. Nimm uns dafür und dadurch die Sorge von der Seele. Du bist es wert, daß man dir vertraut. Amen. (Samuel Keller)


Wollen wir hier einmal das Sorgen in ganz besonderem Sinn verstehen: Sorge um das geistliche Wachstum oder die Bekehrung anderer. Was hat mehr Aussicht auf Erfolg: Sorge oder Fürbitte? Sorge macht uns müde und traurig und im Zusammensein mit jenen, die sie uns verursacht, befangen und bedrückt. Fürbitte erleichtert uns selbst das Herz und stimmt uns freudig und macht uns für den Verkehr mit jenen vertrauensvoll und entgegenkommend. Sollten wir, die wir so echt für sie gebetet haben, nicht selbst an unser Gebet glauben? Damit glauben wir aber auch an das Gute in den Menschen, für die wir beteten, sonst wäre ja alle Hoffnung erloschen! Beten für sie können wir nicht, ohne sie lieb zu haben und ihnen mit priesterlichem Herzen zu nahen. Man kommt aber erst recht aus der Sorge um andere Menschen heraus, wenn man treulich für sie gebetet und gefleht hat. Dann wird zu seiner Zeit auch die Danksagung kommen. Sie gehört zu den schönsten Augenblicken auf Erden, wenn sie am Tage der Erhörung unserer Fürbitten aufsteigt. Was wird die Ewigkeit von der Frucht unserer Fürbitte erst offenbaren, und wie viel Freude wird dann über unserem Haupt sein!
Knüpfe du, Herr Jesus, das heilige, unsichtbare Band, damit wir so an andere Herzen gebunden sind, daß wir ohne an sie zu denken, nicht im Gebetskämmerlein sein können. Segne unser Beten und hilf uns besser beten. Amen. (Samuel Keller)


Weil der HErr nahe ist, und bald Alles richten wird, soll ein Christ die Bösen nicht streng richten, ihnen nichts Böses anwünschen, und sich nicht selber rächen. Man kann ja das Gericht des HErrn erwarten. Ein Jeder warte nur bis zu seinem nahen Tod; denn nach demselben wird ihn die Bosheit der Menschen nicht mehr ärgern und anfechten, und die Zeit bis zu der wirklichen Zukunft des HErrn für ihn unvermerkt verstreichen. So lange aber dieses Leben währt, ist es eines Christen Schuldigkeit, seine Lindigkeit allen Menschen kund werden zu lassen, V. 5. Auch soll er im Glauben an den HErrn, der nahe ist, nichts sorgen, oder sein Herz nicht mit kümmerlichen Gedanken quälen, wozu die Armuth, die Sterblichkeit der Angehörigen, und der Haß der Welt, und insonderheit der Gewaltigen in der Welt eine Veranlassung geben können. Paulus war zu Rom als ein Gefangener. Sein Leben stand in Gefahr, auch litt er, weil sein Handel sehr lang währte, und er sich selbst verkösten mußte, Mangel. Welch’ eine reiche Materie zum Sorgen, wenn er nicht geglaubt und gebetet hätte! Aber indem er den Brief an die Philipper mit einem sehr heitern Herzen schrieb, versicherte ihn der Geist Gottes, daß er dießmal nicht sterben werde, ob er schon dazu willig gewesen wäre, Phil. 1,22-25. Was aber den Mangel anbelangt, so hatte er gelernt, sich genügen zu lassen, und ihn zu ertragen, Phil. 4,11.12. Uebrigens hatte er ohne Zweifel wegen desselben auch zu Gott gefleht, und alsdann wurde er höchlich erfreut, als die Philipper, ohne daß er bei ihnen gebettelt hätte, durch die herzlenkende Kraft Gottes wieder wacker wurden, für ihn zu sorgen, und ihm durch den Epaphroditus eine Beisteuer zuschickten, wie sie schon vorher einmal gethan hatten, Phil. 4,10-18. Auf gleiche Weise sollen glaubige Christen, anstatt der Sorgen in allen Dingen ihre Bitten im Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kund werden lassen. Wer den Sorgen nachhängt, behält sein Anliegen bei sich selbst, denkt ihm ängstlich nach und quält sich vergebens. Wer sich aber damit helfen will, daß er nur Menschen um Hülfe bittet, kann noch mehr betrübt werden, wenn sie ihn vergeblich bitten lassen; welches Gott zuweilen deßwegen geschehen läßt, damit man lerne, sich zuvörderst bei Ihm zu melden. Lasset also, ihr Christen, euer Bitten im Gebet und Flehen vor Gott kund werden. Er kann trösten, helfen, und wenn Er Menschen als Werkzeuge brauchen will, die Herzen derselben lenken. Das Beten selber macht schon eine Erleichterung, wenn es im Glauben geschieht. Vergesset aber dabei die Danksagung nicht. Danket Gott, ehe euch in dem gegenwärtigen Anliegen geholfen wird; denn ihr genießet doch auch bei demselben schon viel Gutes, und auch das Recht zu beten, das ihr in Christo Jesu habt, ist einer Danksagung werth. Harret alsdann eine Zeit lang, wie denn das Harren im Psalter den Betenden oft empfohlen wird. Paulus mußte auch harren, bis ihm die Philipper etwas schickten; denn die Zeit litt es vorher nicht, V. 10. Bald kann aber der Harrende sagen: da dieser Elende rief, hörete der HErr, und half ihm aus seinen Nöthen. (Magnus Friedrich Roos)


Wie glücklich würde der Gläubige sein, wenn er sein ganzes Glück kennte, und es sich recht anzueignen wüßte! Welcher tiefe Frieden sollte nicht unausgesetzt Den durchdringen, der es sich selbst sagen kann: Mein Loos ruht in den Händen des Gottes, der Alles vermag, der sich niemals täuscht, und der verheißen hat, daß Er mir alles will zum Besten dienen lassen! Ach, es fehlt uns nur am Glauben, um fortwährend in Gott eines unaussprechlichen und herrlichen Friedens zu genießen! Laßt uns doch wenigstens uns schämen, daß wir noch so wenig Glauben haben! Laßt uns den Herrn bitten, zu verhüten, daß wir Ihn nicht noch länger durch unsere Unruhe, unsere Sorgen, unser Mißtrauen und unsere Unzufriedenheit beleidigen!
Wir bedürfen genau genommen nur eines Dinges, daß Gott nämlich unsere Herzen zu Seiner Liebe richte, und so unsern Beruf und unsere Erwählung fest mache. Damit können wir gewiß sein, daß Alles für uns gut gehen werde. Es ist wahrlich nicht das Schlimmste für uns, in einer Welt uns zu befinden, welche voll Jammer und Elend aller Art ist, und daß auch wir davon unser Theil zu tragen haben. Mit einem Herzen, welches im Glauben wohl befestigt, sich beständig auf den Herrn stützt und Ihn wahrhaft liebt, können wir im Frieden und getrosten Muthes alle Engpässe und schwierigen Wege, welchen wir auf unserer Wanderschaft zur Ewigkeit begegnen, überwinden. Mit Glauben und Aufrichtigkeit des Herzens kann man Alles aushalten, weil man Alles hoffen kann; und man kann Alles hoffen, weil Gott Alles verheißen hat. Unser größtes Uebel ist demnach unser Mangel an Glauben, oder daß wir nicht mit ganzem Herzen allein auf den Herrn uns verlassen. Das ist weit mehr als alle äußeren Umstände der Grund, daß der Friede so oft getrübt und die Seele in Unruhe und Mißmuth versetzt wird. Jene Umstände können wir nicht ändern; Eines aber kann die Gnade Gottes ändern, und damit gewinnt Alles für uns eine andre Gestalt: unser ungläubiges Herz. (Auguste Rochat)


Weil der HErr nahe ist, soll man seine Lindigkeit kund werden lassen allen Menschen, folglich den Eifer über das Böse, das von den Menschen geschieht, sich nicht zum Richten und Verdammen hinreißen lassen, aber auch der Empfindung des Unrechts, das man selber leiden muß, nicht so weit nachhängen, daß man dächte, es sei keine Gerechtigkeit, welche dem Unschuldigen helfe und das Recht an’s Licht bringe, und man sei deßwegen gezwungen, selber Rache auszuüben. Aber nein: der HErr ist nahe, und wird bald den Erdboden richten mit Gerechtigkeit, und einem Jeden, der Unrecht gethan hat, seine Bosheit vergelten, dem Unschuldigen aber, der unterdrückt worden ist, helfen. Paulus sagt ferner: sorget nichts; warum? Weil man beten darf. Wenn man so etwas haben sollte, das man nicht hat, oder etwas thun, das vielen Bedenklichkeiten unterworfen ist, so soll man seine Bitte im Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kund werden lassen, und sich nicht mit Sorgen und Bedenklichkeiten verzehren. Wenn man sorgt, so wird man finster und schwach, und macht viele Fehler, aus welchen eine neue Unlust entsteht, wenn man aber mit Bitten und Danksagen betet, so wirft man sein Anliegen auf den HErrn, bleibt heiter, und erfährt bei der Erhörung des Gebets die gnädige Vorsorge des himmlischen Vaters, dessen Rath wunderbar ist, der aber Alles herrlich hinaus führt.
Als der HErr Jesus nach Seiner Auferstehung den Apostel Petrus Joh. 21. dreimal gefragt hatte: Simon Johanna, hast du Mich lieb? und Petrus solches bejahet hatte, so rückte der HErr mit der Weissagung von dem Kreuzestod heraus, welchen Petrus leiden sollte, indem Er Joh. 21,18. sagte: wenn du alt wirst, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein Anderer wird dich gürten, und führen, wo du nicht hin willst. Ein Anderer hätte sich entsetzt, und den Leuten, die ihn umbringen würden, zum Voraus in seinem Herzen Böses gewünscht, und überdieß gesorgt, wo er die Geisteskräfte zur Erduldung eines langsamen und schmerzlichen Todes hernehmen werde: allein die Liebe zu Jesu, welche auf den Glauben gebaut war, erhob die Seele des Petrus über das Entsetzen, über den Grimm und über alle Sorgen. Als hernach Petrus den Johannes sah, und seinetwegen fragte: HErr, was soll aber dieser? so antwortete Jesus: so Ich will, daß er bleibe, bis Ich komme, was geht es dich an? Folge du Mir nach. Hier hätte auch Johannes sorgen können, weil ihm der HErr Jesus seine künftigen Schicksale und den Ausgang seines Lebens nicht deutlich voraussagte, sondern ihm nur das Bleiben in der argen Welt, bis zu einer gewissen Zukunft des HErrn, die er erleben werde, weissagte. Allein die Seele des Johannes blieb ruhig, weil er wußte, daß sein Bleiben und sein Abschied aus der Welt, und Alles, was ihm dabei begegnen werde, von dem Willen seines HErrn abhange, der ihn lieb habe, folglich nichts Schädliches über ihn verhängen werde.
Ist unter den zukünftigen Dingen etwas, das ein ernstliches Bedenken und eine fleißige Bereitschaft erfordert, so ist es die Zukunft des HErrn. Man ängstet sich oft über zukünftige Dinge, die nicht kommen, und hofft künftige Begebenheiten, die nicht erfolgen: aber die Zukunft des HErrn ist gewiß und wichtig. Weil wir nun darauf warten sollen, so sollen wir, wie Petrus 2 Petr. 3,14. schreibt, vor Ihm unbefleckt und unsträflich im Frieden erfunden werden. (Magnus Friedrich Roos)

4:7 Und der Friede Gottes, welcher höher ist denn alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christo Jesu!
Keine Sorge, aber ganz Gebet. Keine Angst, aber viel freudige Gemeinschaft mit Gott. Tragt eure Wünsche dem Herrn eures Lebens, dem Hüter eurer Seele, vor. Geht zu Ihm mit zwei Teilen Gebet und einem Teil Preis und Lob. Betet nicht voll Zweifel, sondern voll Dank. Bedenkt, daß eure Bitten schon gewährt sind, und dankt deshalb Gott für Seine Gnade. Er gibt euch Gnade, gebt Ihm Dank. Verberget nichts. Gestattet keinem Wunsche, schwärend in eurem Busen zu liegen; „lasst eure Bitten kund werden.“ Lauft nicht zu Menschen. Geht nur zu eurem Gott, dem Vater Jesu, der euch in Ihm liebt.
Dies wird euch Gottes Frieden bringen. Ihr werdet nicht im stande sein, den Frieden zu verstehen, den ihr genießen werdet. Er wird euch in Seine unendliche Umarmung einschließen. Herzen und Sinne sollen durch Christum Jesum in ein Meer der Ruhe versenkt werden. Es komme Leben oder Tod, Armut, Schmerz, Verleumdung, ihr sollt in Jesu wohnen, hoch über jedem rauhen Winde und jeder dunklen Wolke. Wollt ihr nicht diesem teuren Gebot gehorchen?
Ja, Herr, ich glaube Dir; aber, ich bitte Dich, hilf meinem Unglauben. (Charles Haddon Spurgeon)


Gott ist ein Gott des Friedens; Er ist der Fürst und die Quelle des Friedens. „Meinen Frieden gebe ich euch, meinen Frieden lasse ich euch“, sagt Er Seinen Jüngern, und wiederum: „Solches habe ich zu euch geredet, auf dass ihr in Mir Frieden habt.“ Als Auferstandener trat Er mit dem Friedensgruß in Seiner Jünger Mitte. So wurden sie des Friedens Gottes teilhaftig. Gegen uns hat Jesus dieselbe Gesinnung; auch wir sollen in Ihm Frieden haben. .,Glaubet an Gott und glaubet an Mich!„ ruft Er auch uns zu, und eben dadurch haben wir Frieden. Trachtest du nach diesem Glück, willst du es jetzt genießen? Nun, so beschäftige dich nicht länger mit deiner Schwachheit und mit deiner Sünde, - wirf dich auf Jesus, erfasse und ergreife Ihn. Er allein kann dir Herz und Sinne bewahren. Wage es auf Seine Gnade hin. Jesus ist dein Friede. Er soll dein einziger Gedanke, dein einziges Ziel sein. Wenn wir auf uns blicken, auf unsere Unvollkommenheit oder auch auf unsere geistliche oder körperliche Schwäche, so entsinnt uns der Mut, und wir kommen in Jammer und Not. Wenn wir aber Jesus anschauen und Ihm trauen, Ihn festhalten und in Ihn uns bergen, so bleiben wir im Frieden Gottes, und wir ruhen in diesem Frieden, so sehr es auch stürmen mag um uns herum. In allem Veränderlichen bleibt Jesus unveränderlich! Von unserem Verhältnis zu dem gekreuzigten und auferstandenen Christus hängt unser Friede ab und unser Heil. (Markus Hauser)


Die Vernunft kennt nur einen Frieden der Tatsachen des irdischen Lebens. Wenn sie ein Rechenexempel machen kann und sich ausrechnen, daß ringsum lauter Aussichten auf Frieden sind, dann gibt sie die Erlaubnis, von Frieden zu reden. Aber sie versteht nichts von dem Frieden Gottes. Sie meint, erst müßte alles Übel aufhören - wir wissen, daß wir Gottes Frieden spüren können mitten im Leide. Ja, wir haben es erfahren, daß der Friede schon da war und nahm Herz und Sinn in seine Obhut, so daß wir ganz stille wurden mitten im Schmerz, und dann führte derselbe Friede uns heraus aus der Not. Gott hatte ihn geschickt, uns zuerst still zu machen, und sobald ihm das gelang, uns herauszuführen den lichten Weg zur Höhe der Errettung. Darum ist das Ruhen in Gott, das Sichumfangenwissen von seinen Armen, wie eine starke Schildwache vor der Herzenstür, daß keine Beunruhigung uns erschrecken dürfe. Das will erlebt sein, und wenn es da ist, mit heller Freude und heißer, dankbarer Liebe genossen sein: Du bereitest den Tisch im Angesicht meiner Feinde, du schenkst mir voll ein!
Herr Jesu, meine Freude, ich danke dir für jede solche wunderbare Stunde, die du mir in meinem Arbeitsleben auf Erden schon geschenkt hast, und bitte dich, gib sie mir heute abend noch zum Zeichen, daß zwischen uns alles in Ordnung ist, alles! Amen. (Samuel Keller)


Kein Schwung meiner Denkkraft hebt mich zu einer Höhe empor, auf der ich begreifen und ermessen könnte, was der Friede Gottes ist. In staunender Ehrfurcht neigt sich unser Denkvermögen vor der Tatsache, daß Gott für uns ist und alles wegtut, was uns von ihm trennt. Daß sich gegen unser Verhalten Gottes Grimm und Abscheu richtet, das begreifen wir. Daß aus dem, was wir sind und tun, Verlassenheit von Gott entsteht, das ist ein vernünftiges Urteil, das als Maßstab das Gesetz handhabt, das mit heller Deutlichkeit unser ganzes inneres Leben beherrscht. Daß aber zwischen Gott und mir kein Zwist besteht, daß ich nicht fürchten muß, ich stoße auf seinen Widerstand, daß ich vielmehr weiß, daß er aus meiner Schuld und meiner Not den Grund seiner Hilfe macht, das begreift niemand; denn das ist die schöpferische Tat dessen, der sich erbarmt, weil er sich erbarmen will. Damit ist uns der Wächter gegeben, der unser Herz und die aus ihm sprudelnde Menge von Gedanken in seine sichere Hut nimmt. Wer kann es hüten, das schwankende Herz, das so leicht einem Stoß erliegt, und die wirbelnden Gedanken, die von unserer Leidenschaft gepeitscht finster werden? Der Hüter ist zur Stelle und schläft und schlummert nicht. Daß Gott Frieden mit uns hält, das ist unseres Herzens Schutz.
Hüter, wir fragen oft: will die Nacht nicht schwinden? Ich bitte dich, halte allen Unglauben von mir fern, der mir verbirgt, daß dein Friede die Hut über mich hat. Weil dein Werk größer ist als unser Wissen und unser Verstehen, murren unsere Gedanken und haben Lust, sich aufzulehnen. Aber dein Friede ist unerschütterlich. Zu ihm flüchte ich mich und berge mich in seine mich bewachende Hut. Amen. (Adolf Schlatter)


Siehe, wie ordentlich und fein St. Paulus einen Christen lehret. Zum ersten soll er durch den Glauben in Gott fröhlich sein, danach den Menschen gelinde und gütig. So er aber spräche: Wie kann ich?, antwortet er: „Der HERR ist nahe.“ Wie aber, wenn ich verfolgt würde und jedermann mich beraubte? Spricht er: Sorge nicht, bitte Gott, und laß ihn sorgen. Ja, ich werde dieweil müde und wüste? Nicht, der Friede Gottes wird dich verwahren. Davon lasset uns nun sehen.
Dieser Friede Gottes ist nicht zu verstehen von dem Frieden, damit Gott bei sich selbst stille und zufrieden ist; sondern den er uns gibt ins Herz, daß wir zufrieden sind. Gleichwie das Wort Gottes heißt, das wir aus ihm reden, hören und glauben. Es ist Gottes Gabe, darum heißet's sein Friede, auch darum, daß er mit Gott Frieden mache, ob wir bei den Menschen Unfrieden haben.
Derselbige Friede überschwebet alle Sinne, Vernunft und Verständnis. Das mußt du nicht also verstehen, daß ihn niemand fühlen noch empfinden möge; denn sollen wir mit Gott Frieden haben, so müssen wir's je fühlen im Herzen und im Gewissen. Wie könnte sonst unser Herz und Sinn bewahret werden durch ihn? Sondern also sollst du es verstehen: Wenn Trübsal und Widerwärtigkeit kommt über die, so nicht wissen mit Gbet zu Gott zu fliehen und sorgfältig sind, so fahren sie zu und suchen auch Frieden, aber nur den, den die Vernunft begreift und erlangt. Die Vernunft aber weiß von keinem Frieden, denn von dem, wenn das Übel aufhört. Dieser Friede schwebet nicht über alle Vernunft, sondern ist ihr gemäß. Darum toben und streben sie auch der Vernunft nach, bis daß sie denselbigen Frieden durch Abtun des Übels erlangen, es sei mit Gewalt oder mit List. Also wer eine Wunde hat, der versteht und sucht die Gesundheit. Aber die an Gott sich freuen, lassen sich begnügen, daß sie mit Gott Frieden haben, bleiben männlich in Trübsal, begehren nicht den Frieden, den die Vernunft stimmt, nämlich des Übels Aufhören; sondern stehen fest und warten der inwendigen Stärke durch den Glauben, fragen nichts danach, ob das Übel kurz, lang, zeitlich oder ewig sei und bleibe, denken und sorgen auch nicht, wie das Ende werden wolle, lassen Gott walten immerhin, wollen nicht wissen, wann, wie, wo und durch welchen. Darum tut ihnen auch Gott wieder die Gnade, und schafft ihrem Übel ein solch Ende, mit so großem Vorteil, daß kein Mensch hätte können denken und wünschen.
Siehe, das heißt der Friede des Kreuzes, der Friede Gottes, der Friede des Gewissens, der christliche Friede, der macht, daß der Mensch auch auswendig stille und mit jedermann zufrieden ist, und niemanden beunruhigt. Denn das begreift noch tut keine Vernunft, daß ein Mensch unter dem Kreuze Lust, unter dem Unfrieden Frieden haben. Es ist ein Gottes Werk, das niemand bekannt ist, denn dem, der es erfahren hat; davon auch droben gesagt ist, an dem andern Sonntag in der Epistel: Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben.“ Das er da Frieden im Glauben“,das nennt er hier „Frieden Gottes“.
So zeiget St. Paulus damit an, daß wer sich in Gott freuen und lindiglich leben will, dem wird der Teufel ein Kreuz auftreiben, daß er ihn von der Meinung ja und wende sein Hrz um. Darum müsse er dagegen gerüstet sein, daß er seinen Frieden dahin stelle, da ihn der Teufel nicht erlangen kann, nämlich in Gott, und muß nicht denken, wie er des loswerde, daß der Teufel auf ihn treibt; sondern muß ihn lassen seinen Mutwillen üben, so lange, bis Gott selbst komme und mach's ein Ende. So wird sein Herz, Sinn und Meinung bewahret und erhalten im Frieden. Denn auch die Geduld nicht möchte die Länge bestehen, wo das herz nicht über sich selbst im höheren Frieden bestünde, und ließe sich begnügen, daß es mit Gott Friede hat.
Herz und Sinn soll hier nicht verstanden werden von natürlichem Willen und Verständnis, sondern wie sie Paulus selbst deutet, Herz und Sinn in Christo Jesu, das ist, den Willen und Verstand, den man in Christo, und von Christo und unter Christo hat und führt. Das ist der Glaube und Liebe mit allem ihrem Wesen. wie der gesinnet und geneigt ist mit Herz und Sinn, zu tun Gott und dem Nächsten, was und mehr denn er kann. Solchen Sinn und Herz sucht der Teufel mit Furcht und Schrecken, Tod und allem Unglück abzuwenden, und Menschendinge aufzurichten, daß der Mensch Trost und Hilfe bei sich selbst sucht; so ist er denn schon von Gott auf seine eigene Sorge gefallen.
So ist nun diese Epistel aufs allerkürzeste ein Unterricht eines christlichen Lebens gegen Gott und die Menschen, nämlich, daß er lasse Gott ihm allerlei sein, und er sei auch also allen Menschen einerlei; daß er den Menschen ein solcher sei, welcherlei Gott ihm ist: empfange von Gott und gebe den Menschen; das ist Summa Summarum, Glaube und Liebe. (Martin Luther)


Friede heißt nach der Schriftsprache ein gesicherter Wohlstand. In diesem Verstand rief der Heiland Seinen Jüngern zu: Friede sei mit euch; wie denn dieses ein gewöhnlicher israelitischer Gruß war. Wenn mein Wohlstand in Ansehung meines Nächsten gesichert ist, und durch keine Feindseligkeit von ihm gestört wird: so habe ich Frieden mit meinem Nächsten. Unaussprechlich wichtiger aber ist der Friede mit Gott, welcher eine Folge der Rechtfertigung oder der Gnade ist. röm. 5,1. Wenn mir nämlich Gott um Christi willen, an den ich glaube, gnädig ist, und alle meine Sünden vergeben hat, so habe ich Frieden in Ansehung Seiner. Meine ewige Wohlfahrt ist in Ansehung Seiner gesichert, weil Sein Zorn, welcher Leib und Seele verderbet, nicht mehr auf mir liegt. Weil ich aber durch den Glauben auch in Ihm bin, oder in Seiner Gemeinschaft stehe, so habe ich Frieden in Ihm. Joh. 16,33. Meine Wohlfahrt ist nämlich gesichert, weil ich durch den Glauben in Ihm erfunden werde. Weil ich mir aber dessen bewußt sein soll; so sagt das Wort Gottes auch, daß der Friede Gottes in dem Herzen regieren (Kol. 3,15.), oder das Herz und die Sinnen bewahren solle, und darin besteht die innerliche Zufriedenheit und Seelenruhe, deren Gegentheil nach Jes. 57,20.21. bei den Gottlosen zu finden ist. Das Evangelium, durch welches mir Gott dieses Alles verkündigt und anbietet, ja mir dazu verhilft, heißt ein Evangelium des Friedens, Eph. 6,15., und der Weg, worauf ich bei dem Glauben an das Evangelium wandle, ein Weg des Friedens. Luk. 1,79. Der Friede Gottes besteht also darin, wenn mein Wohlstand, Glück und Heil von Gottes wegen gesichert und in Seiner Liebe gegründet ist. Dieser Friede aber ist höher als alle Vernunft, denn welche Vernunft kann die Liebe Gottes übersehen und ergründen? Welche Vernunft kann die Erlösung Jesu Christi genugsam schätzen, durch welche wir einen Zugang zu der Liebe Gottes bekommen haben? Und wer kann begreifen, wie groß, wie fest, wie herrlich das Heil sei, welches durch Christum auf die Liebe Gottes gebauet ist? Man bedenke die Fragen: wer will beschuldigen? wer will verdammen? wer will uns scheiden? die Röm. 8,33.34.35. stehen. Welche Vernunft kann auch die Seelenruhe in deutliche Gedanken fassen, und mit klaren Worten beschreiben, welche der Friede Gottes erweckt? Empfinden kann man sie, und diese Empfindung reicht viel weiter als die Vernunft. Dieser Friede Gottes aber soll der Glaubigen Herzen und Sinnen in Christo Jesu bewahren. Die Herzen könnten nämlich lüstern werden, und die Sinnen oder Verstandeskräfte eitle Bilder und Anschläge erdenken. Wenn ich aber den Frieden Gottes habe: was soll mein Herz begehren? Und was soll mein Verstand ausdenken, das besser wäre als derselbe? Ich bleibe alsdann in Christo Jesu, durch den ich den Frieden habe und genieße. Hier ist aber Wachen und Beten nöthig, daß man nicht aus dieser Festung entfalle. Der Friede Gottes will mein Herz und meine Sinnen bewahren und umzäunen: ich soll aber auch mein Herz und meine Sinnen von Ihm umzäunen lassen; denn wenn ich in der Lüsternheit durchbreche und thue, was mich gelüstet, so wird meine Seele aus dem Frieden vertrieben, oder ist wie ein Garten ohne Zaun, wie eine Stadt ohne Mauer. Eilends soll ich also reumüthig unter der Bekenntniß meiner Vergehungen und unter Flehen um Vergebung zu dem Frieden Gottes wieder zurückkehren, und meine Ausschweifung mir dazu dienen lassen, daß ich mein Herz und meine Sinnen in’s Künftige sorgfältiger von demselben umschließen lasse. (Magnus Friedrich Roos)

4:8 Weiter, liebe Brüder, was wahrhaftig ist, was ehrbar, was gerecht, was keusch, was lieblich, was wohllautet, ist etwa eine Tugend, ist etwa ein Lob, dem denket nach!

4:9 Welches ihr auch gelernt und empfangen und gehört und gesehen habt an mir, das tut; so wird der Gott des Friedens mit euch sein.
Es ist gut, wenn ein Mann so genau nachgeahmt werden kann, wie Paulus es konnte. O, daß wir Gnade hätten, ihn diesen und alle Tage nachzuahmen.
Sollten wir durch göttliche Gnade das in Ausübung bringen, was Paulus uns lehrt, so können wir die uns vorliegende Verheißung beanspruchen; und was für eine Verheißung ist es! Gott, der Frieden liebt, Frieden macht und Frieden atmet, wird mit uns sein. „Friede sei mit euch“ ist ein lieblicher Segen; aber weit mehr ist es, wenn der Gott des Friedens mit uns ist. Dann haben wir die Quelle sowohl wie die Ströme, die Sonne sowohl wie ihre Strahlen. Wenn der Gott des Friedens mit uns ist, so werden wir den Frieden Gottes genießen, der höher ist denn alle Vernunft, auch wenn äußere Umstände Störung drohen sollten. Wenn Menschen sich streiten, werden wir sicher Friedensstifter sein, wenn der Stifter des Friedens mit uns ist.
Der Weg der Wahrheit ist es, auf dem wirklicher Friede gefunden wird. Wenn wir den Glauben aufgeben oder den Pfad der Gerechtigkeit verlassen in der Meinung, Frieden zu fördern, so begehen wir einen großen Irrtum. Zuerst rein, dann friedlich, ist die Ordnung der Weisheit und der Erfahrung. Laßt uns an Pauli Richtschnur festhalten, dann werden wir den Gott des Friedens mit uns haben, wie Er mit dem Apostel war. (Charles Haddon Spurgeon)

4:10 Ich bin aber höchlich erfreut in dem HERRN, daß ihr wieder wacker geworden seid, für mich zu sorgen; wiewohl ihr allewege gesorgt habt, aber die Zeit hat's nicht wollen leiden.

4:11 Nicht sage ich das des Mangels halben; denn ich habe gelernt, worin ich bin, mir genügen zu lassen.
Diese Worte zeigen uns, dass Genügsamkeit dem Menschen nicht von Natur eigen ist. „Unkraut wächst schnell.“ Geiz, Missgunst und Unzufriedenheit schießen im Menschenherzen auf wie Disteln und Dornen im Acker. Wir brauchen keine Nesseln und Nachtschatten zu säen; sie kommen von selber auf, weil dies in der Natur des Erdreichs liegt. Und so brauchen wir die Menschen keine Unzufriedenheit zu lehren; sie beschweren sich schon genug ohne alle Anleitung dazu. Was aber die Erde Köstliches hervorbringt, muss gepflegt werden. Wollen wir Weizen ernten, so müssen wir pflügen und säen; wollen wir uns an Blumen erquicken, so ist ein Garten nötig und eines Gärtners sorgsame Arbeit. Nun ist aber die Genügsamkeit eine himmlische Blume, und wenn wir sie besitzen wollen, so bedarf sie der Pflege; sie wächst nicht von Natur in uns; nur die neue Natur allein kann sie erzeugen, und auch da noch müssen wir ganz besonders sorgfältig und wachsam sein, wenn wir die Gnade bewahren und pflegen wollen, die Gott in uns niedergelegt hat. Paulus spricht: „Ich habe gelernt … mir genügen zu lassen;“ das will so viel sagen als: es habe eine Zeit gegeben, wo er‘s noch nicht gekonnt habe. Es kostete ihm Mühe, in das Geheimnis dieser großen Wahrheit einzudringen. Gewiss hatte er manchmal gemeint, er hätte es gelernt; und es fehlte ihm doch noch daran. Und als er endlich so weit gekommen war, dass er sagen konnte: „Ich habe gelernt, bei welchem ich bin, mir genügen zu lassen,“ da war er ein alter, silbergelockter Greis, der am Rande des Grabes stand, ein armer Gefangener in Neros Kerkern zu Rom. Auch wir könnten uns gern darein finden, die Gebrechlichkeit eines Paulus zu ertragen und den kalten Kerker mit ihm zu teilen - wenn wir nur erst irgendwie uns selbst eine gute Stufe erworben hätten, wie er. Bildet euch nicht ein, ihr könntet genügsam sein, ohne es zu lernen, oder es zu lernen ohne Anleitung. Genügsamkeit ist keine Kunst, die sich von selber versteht, sondern eine Wissenschaft, die nach und nach erworben werden muss. Wir erfahren das zur Genüge. Lieber Bruder, unterdrücke dein Murren, wie natürlich es auch scheine, und fahre fort, ein fleißiger Schüler in der Hochschule der Genügsamkeit zu sein. Vor allem aber bete stets: „Lass mir an Deiner Gnade genügen!“ (Charles Spurgeon)

4:12 Ich kann niedrig sein und kann hoch sein; ich bin in allen Dingen und bei allen geschickt, beides, satt sein und hungern, beides, übrighaben und Mangel leiden.
Viele, welche können „niedrig sein,“ haben das „Hochsein“ noch nicht gelernt. Wenn sie auf die Zinne eines Turmes geführt werden, wird ihnen das Haupt schwindlig, und sie stehen in Gefahr, hinunter zu fallen. Der Christ verunehrt seinen Glauben gar viel öfter im Glück als im Unglück! Glück bringt Gefahr. Das Kreuz der Not ist für den Christen eine leichtere Heimsuchung, als der Läuterungstiegel des Wohlergehens. Ach, wie viel Vernachlässigung des Seelenheils, wie viel Armseligkeit an geistlichen Gütern ist nicht schon hervorgegangen sogar aus den Gnadenerweisungen und Wohltaten Gottes! Aber das muss nicht notwendig so sein, denn der Apostel sagt uns, dass er auch konnte hoch sein. Ward ihm viel geschenkt, so wusste er‘s zu gebrauchen. Überschwängliche Gnade hat ihn nur in den Stand gesetzt, unendliches Glück zu ertragen. Da sich sein Segel schwellte, befrachtete er sein Schiff mit schwerer Last und fuhr wohlbehalten dahin. Es bedarf übermenschlicher Kunst, den vollgefüllten Becher der irdischen Freude ruhig und sicher in der Hand zu tragen, aber Paulus hat diese Kunst verstanden, denn er bezeugt: „Ich bin in allen Dingen und bei allen geschickt, beides, satt sein und hungern.“
Es ist ein göttlicher Unterricht, wenn man lernt geschickt sein zum satt sein, denn die Kinder Israel wurden einst satt, aber da das Fleisch noch unter ihren Zähnen war, kam der Zorn Gottes über sie. Viele haben darum gebeten, dass es ihnen möchte geschenkt werden, ihres Herzens Gelüsten zu befriedigen. Volles Brot macht oft volles Blut, und das führt zum geistlichen Übermut. Wenn wir viele Gnadengaben der Vorsehung zu genießen haben, geschieht‘s oft, dass wir umso weniger in der göttlichen Gnade stehen und wenig Dank empfinden für die Wohltaten, die uns zuteil geworden sind. Wir sind satt und vergessen Gottes; gesättigt vom Irdischen, begnügen wir uns ohne den Himmel. Seid versichert, dass es schwerer ist, satt sein können, als hungrig sein können; so verzweifelt böse ist das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens und seine Neigung zum Stolz und zur Gottesvergessenheit. Habt acht, dass ihr in eurem Gebet eingedenk seid, Gott wolle euch lehren, dass ihr auch könnet „satt sein.“ (Charles Haddon Spurgeon)


Gewiß - aber doch ist man lieber hoch als niedrig. Wenn hohe Persönlichkeiten einen ehren, große Erfolge sich einstellen, viel Liebe einem zuteil wird, mancherlei Annehmlichkeiten dieser Welt den rauhen Arbeitspfad mit Blumen bestreuen, dann weitet sich die Brust, und man läuft seine Bahn wie ein Held. Ich will gar nichts von den Gefahren dabei sagen, die das wahre Gedeihen des inneren Lebens dann gerade bedrohen. Nur, daß einem wohler zumute ist und daß man freudiger arbeitet. Ist das nicht natürlich? Aber an kleinen Arbeiten mit täglichen Mißerfolgen, bei körperlichem Druck und Nichtachtung oder Feindschaft der Menschen - also wenn es niedrig hergeht - hängt sich da nicht leicht jene müde Ungeduld, jene schlaffmachende Verstimmung einem an, daß man sich für einen elenden, vom Herrn vernachlässigten Knecht hält. Wie frei muß Paulus von der Macht der Umstände geworden sein, bis daß er so etwas sagen kann! Hier liegt eitle Mahnung für jeden verborgen: wir sind dazu berufen, die Umstände zu beherrschen, nicht aber ihrem Einfluß zu erliegen. Mit günstigem Wind kann bald jeder segeln; aber gegen Wind, das kostet Mühe und Kraft.
Darum, Herr Jesus, will ich nicht murren, wenn mir Zeiten der geringen Dinge besondere Aufgaben. stellen. Mach mir meinen Kurs gegen die Gunst und gegen die Kraft des Zeitwindes dann besonders klar und stärke mir den Arm des Glaubens und schärfe mir den Blick auf dich. Amen. (Samuel Keller)

4:13 Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht, Christus. 1)
Wenn wir der Apostel große Taten betrachten, sind wir geneigt, sie als etwas Besonderes anzusehen, als ob sie durch ihre Kraft und Weisheit so Großes zustande gebracht hätten; aber was sagen sie uns? Als der Lahmgeborene vor der schönen Tür des Tempels so plötzlich springen konnte und das Volk voll Bewunderung dem Petrus und dem Johannes zulief, setzte Petrus ihnen auseinander, wie diese Heilung durchaus eine Lebenswirkung des gekreuzigten und auferstandenen Christus sei. - Paulus hat wunderbar Großes geleistet; aber was bezeugt er uns darüber? „Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht, Christus.“ Seines gewaltigen Erfolges einziges Geheimnis war Christi Kraft. Wenn wir das elfte Kapitel des Hebräerbriefes lesen, haben wir eine herrliche Reihe von Glaubenstaten vor uns, die alle ein Ausfluss göttlicher Fülle sind. Was in Jesu Weinberg gewachsen ist, ist alles aus dieser Lebenskraft geworden. Im Glauben haben sie die heiligen Menschen Gottes erfleht, und Großes haben sie von ihrem gütigen Herrn empfangen. Sollten wir nichts vermögen durch Gottes Gnade? O, Seine Fülle steht auch uns offen! Er gibt Gnade, im Leiden geduldig zu sein, Gnade, wenn Stürme uns umtoben, nicht verzagt zu werden - Gnade, diejenigen zu tragen, die uns sonst zuwider sind -, Gnade, nicht zu schelten, wenn wir gescholten werden -, Gnade, im Kampfe zu bestehen und den Sieg zu erlangen -, Gnade, Seelen für Ihn zu gewinnen. Ja, Seine Kraft erfüllt auch uns und macht uns stark! Seien wir nur nie lässig, ihn um Kräfte zum Wirken und Leiden zu bitten, beten wir ohne Unterlass! (Markus Hauser)


Alles können, Mangel haben und Überfluss haben ohne Störung für das inwendige Leben, ohne Schwankung, die aus Gottes Wegen weicht, das ist herrliche Freiheit. Wen lockt sie nicht? Wir fürchten den Mangel, weil er mit seiner nagenden Pein unsere Kraft verzehrt, und wir fürchten den Überfluss, weil er unsere Phantasie aufregt, unsere Begehrlichkeit entzündet und uns mit Bedürfnissen belastet, die uns knechten. Eine Freiheit, wie Paulus sie hatte, gibt uns die königliche Haltung sowohl gegenüber unserem eigenen Leib als auch gegenüber den Menschen, von denen die Menge unserer Bedürfnisse uns abhängig macht. Auch andere haben nach dieser Freiheit gestrebt, aber auf anderem Wege als Paulus, dadurch nämlich dass sie ihren Leib misshandelten, um von den natürlichen Gründen des Lebens loszukommen. So kamen sie aber nicht in die Freiheit, die alles kann, nicht nur hungern, sondern auch satt sein und Überfluss haben. Sie haben darum ihren Gewinn mit einem schweren Verlust erkauft, da sie die Freiheit durch die Verkürzung des Lebens erstrebten. Paulus gewann seine Freiheit nicht durch eine Mönchsregel, an die er sich gewaltsam gewöhnt hätte, und nicht durch ein System, in das er sein Leben einzwängte. Der, von dem ihn kein Mangel losriss und kein Überfluss weglockte, war sein Herr, der in jeder Lage mit seiner allmächtigen Gnade bei ihm war. Weil Paulus am Christus das tiefste Verlangen seiner Seele stillte und von jenem Hunger, der im innersten Grunde unseres Wesens entspringt, frei geworden war, darum konnte er darben ohne Pein, und weil Christus in ihm eine Liebe erweckt hatte, die seine Seele völlig füllte, darum verwirrte und verdarb ihn kein Überfluss.
Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, von denen mir die Hilfe kommt. Aus erhobener Höhe kommt sie herunter zu mir, der ich ihrer bedarf, um von dem frei zu werden, was an mir zerrt und mich bedrückt. Sehe ich zu Dir empor, dann verliert das seine Kraft, was mich erschreckt und lockt, zieht und fesselt. Du, Herr, bist meine Stärke und mein Gut. Nach Dir verlangt meine Seele; denn Du machst uns frei. Amen. (Adolf Schlatter)

4:14 Doch ihr habt wohl getan, daß ihr euch meiner Trübsal angenommen habt.

4:15 Ihr aber von Philippi wisset, daß von Anfang des Evangeliums, da ich auszog aus Mazedonien, keine Gemeinde mit mir geteilt hat nach der Rechnung der Ausgabe und Einnahme als ihr allein.

4:16 Denn auch gen Thessalonich sandtet ihr zu meiner Notdurft einmal und darnach noch einmal.

4:17 Nicht, daß ich das Geschenk suche; sondern ich suche die Frucht, daß sie reichlich in eurer Rechnung sei.
Mit Geld haben die Philipper Paulus beschenkt. Er sah aber darin mehr als ein Geschenk, nämlich Frucht. Hätte er bei dem, was ihm die Philipper schickten, nur an das Geschenk gedacht, so hätte er nur auf die Menschen gesehen, die in dankbarer Liebe an ihn dachten. Unser Blick reicht freilich oft nur bis zum Menschen und bedenkt bloß, wie er sich zu uns stellt und sich freundlich an uns erinnert. So machen wir aber unsere Gemeinschaft oberflächlich. Sie bekommt dann Tiefe, wenn wir nicht vergessen, dass wir Menschen in der Gemeinschaft mit Gott leben und deshalb imstande sind, zu geben, weil wir empfangen haben. Hat der Mensch Liebe, so hat er sie, weil Gott sie ihm schenkt; dankt er, so tut er es, weil er Gottes Gaben bekommen hat und ihren Wert schätzt. Dadurch wird aus dem Geschenk die Frucht, die es nicht nur für den Empfänger, sondern auch für den Geber wertvoll macht. Auf die Frucht hat Paulus gehofft. Bleibt sie aus, so ist er betrübt; kommt sie zustande, so ist er hoch erfreut. Denn mit der Frucht kommt das zum richtigen Ziel, was Gott an uns tut. Sie ist der von Gott gewollte Abschluss der uns gewährten Gnade. Nun hat sie uns so erfasst, dass wir ihr folgen, und uns so bewegt, dass wir handeln. Nun sind wir wirklich geheilt und wirklich reich gemacht. Für den unfruchtbaren Baum, der vergeblich gepflegt wird, gibt es in Gottes Reich keinen Raum; er muss weg. Nur dadurch, dass das uns Gegebene fruchtbar wird, wird es für uns heilsam und unser Eigentum. Darum ist die Liebe auch für den, der sie übt, nicht nur für den, dem sie hilft, ein unentbehrlicher Gewinn, ein seliger Schritt, der uns vorwärts und aufwärts führt.
Alles, was Du, Vater, mir gewährst, hat die Kraft eines lebendigen Keims in sich, der zur Frucht ausreifen will. Fehlt die Frucht, so liegt das nicht an Deiner Gnade, sondern an meiner Eigensucht, die nicht treu werden mag. Darum komme ich als Dürstender zu Dir nach Deinem seligen Gebot: wer da dürstet, der komme zu mir und trinke. Trinken will ich aus dem Quell Deiner Liebe, damit das, was Du mir gabst, die reifen Früchte trage. Amen. (Adolf Schlatter)

4:18 Denn ich habe alles und habe überflüssig. Ich habe die Fülle, da ich empfing durch Epaphroditus, was von euch kam: ein süßer Geruch, ein angenehmes Opfer, Gott gefällig.

4:19 Mein Gott aber fülle aus alle eure Notdurft nach seinem Reichtum in der Herrlichkeit in Christo Jesu.
Der Gott des Paulus ist unser Gott, und will all unsre Notdurft erfüllen. Paulus war dessen gewiß in betreff der Philipper, und wir sind dessen gewiß in betreff unsrer selbst. Gott will es tun, denn es sieht Ihm gleich: Er liebt uns, Er freut sich uns zu segnen, und es wird Ihn verherrlichen, wenn Er es tut. Sein Mitleid, seine Macht, seine Liebe, seine Treue, alles wirkt zusammen, damit wir keinen Mangel leiden.
Was für einen Maßstab legt der Herr an: „Nach seinem Reichtum in der Herrlichkeit in Christo Jesu.“ Der Reichtum seiner Gnade ist groß, aber was sollen wir sagen von dem Reichtum seiner Herrlichkeit? Sein „Reichtum in der Herrlichkeit in Christo Jesu“, wer kann den Wert desselben schätzen? Nach diesem unmeßbaren Maße will Gott den unermesslichen Abgrund unsrer Notdurft füllen. Er macht den Herrn Jesum zum Behälter und zum Kanal seiner Fülle, und dann teilt Er uns seinen Reichtum der Liebe in ihrer höchsten Form mit. Halleluja!
Der Schreiber dieses weiß, was es heißt, in dem Werk des Herrn geprüft zu werden. Treue ist mit Zorn belohnt worden, und freigebige Helfer haben ihre Beiträge eingestellt; aber der, den sie zu unterdrücken suchten, ist keinen Pfennig ärmer deshalb gewesen, eher um so reicher; denn diese Verheißung hat sich als wahr erwiesen: „Mein Gott wird erfüllen alle eure Notdurft.“ Gottes Versorgung ist sicherer als die Bank von England. (Charles Haddon Spurgeon)

4:20 Gott aber, unserm Vater, sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

4:21 Grüßet alle Heiligen in Christo Jesu. Es grüßen euch die Brüder, die bei mir sind.

4:22 Es grüßen euch alle Heiligen, sonderlich aber die von des Kaisers Hause.

4:23 Die Gnade unsers HERRN Jesu Christi sei mit euch allen! Amen.2)
Die Philipper hatten dem Apostel eine Unterstützung durch Epaphroditus geschickt. Paulus erkennt ihre Liebe, spricht seine Freude darüber aus und seine Dankbarkeit, ja, sagt es ihnen mehr als einmal, daß sie Gutes an ihm gethan. Aber er freut sich nicht wie Irdischgesinnte der irdischen Gaben allein, auch nicht wie Kleinmüthige nach jeder sichtbaren Hülfe in ihrem Kleinglauben gierig sind; er hatte auf den Wegen des Herrn ein Anderes gelernt, nämlich: in den mißlichsten Zeiten und den drückendsten Lagen überall und in Allem sich genügen zu lassen. Fragst du: wie denn das? Calvin antwortet: „Denn die Heiligen wissen, daß es also Gott gefällt. Darum aber messen sie, was da genüget, nicht nach der Fülle der Dinge, sondern nach dem Willen des Herrn, den sie aus dem, was da ist, erkennen, dieweil sie überzeugt sind, daß ihre Sachen durch Seinen Willen und Seine Fürsorge regiert sind.“ Freilich ist solches Sichgenügenlassen eine schwere Kunst dem unruhigen, begehrlichen Sinne der Menschen, und stehet nur im kindlichen Glauben an den treuen, und gnädigen Herrn, der jeden Bissen Brodes als Gnadenbrod ansieht, der bei Christo gelernt hat, was der wahre Reichthum ist, was Hoheit und Niedrigkeit in Gottes Augen und die einzige Freude und Ehre der Seelen. Des Glaubens Güter machen die Seele reich; das sonst so unersättliche Begehren des Fleisches, der Sinne, des Herzens legt sich; man genießt das Irdische mit Dank, doch als zur Noth, am Wege, und bleibt nicht darinnen; höher strebt und lebt das Herz. In der Güter Fülle schwelgt man nicht; im Hunger verhungert man nicht; man begehrt weniger, und mit Wenigerem reicht man aus; man weiß von Mangel, und leidet doch nicht Mangel; man freut sich an den Brosamen, die von dem reichen Tische des Herrn herabfallen; ja, sollten auch die Brosamen eine Weile ausbleiben, man glaubt, wartet, harret, und harret nicht vergebens, denn der Herr ist nahe; man vermag das Alles durch den, der uns mächtig macht, Christus. Amen. Hallelujah! (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)

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