Zuletzt angesehen: Psalm 57

Psalm 57

Psalm 57

57:1 Ein gülden Kleinod Davids, vorzusingen, daß er nicht umkäme, da er vor Saul floh in die Höhle. Sei mir gnädig, Gott, sei mir gnädig! denn auf dich traut meine Seele, und unter dem Schatten deiner Flügel habe ich Zuflucht, bis daß das Unglück vorübergehe.

57:2 Ich rufe zu Gott, dem Allerhöchsten, zu Gott, der meines Jammers ein Ende macht.

57:3 Er sendet vom Himmel und hilft mir von der Schmähung des, der wider mich schnaubt. (Sela.) Gott sendet seine Güte und Treue.

57:4 Ich liege mit meiner Seele unter den Löwen; die Menschenkinder sind Flammen, ihre Zähne sind Spieße und Pfeile und ihre Zungen scharfe Schwerter.

57:5 Erhebe dich, Gott, über den Himmel, und deine Ehre über alle Welt.

57:6 Sie stellen meinem Gang Netze und drücken meine Seele nieder; sie graben vor mir eine Grube, und fallen selbst hinein. (Sela.)

57:7 Mein Herz ist bereit, Gott, mein Herz ist bereit, daß ich singe und lobe.
Jakobus sagt K. 5,18. leidet Jemand, der bete; ist Jemand gutes Muths, der singe Psalmen; und lehret dadurch, daß ein Jeder seine gottesdienstlichen Uebungen nach seinem Zustand einrichten soll. Als Jemand der Esrahite den 88. Psalm schrieb, der unter allen Psalmen, die nicht von Christo handeln, den traurigsten Inhalt hat, so war sein Herz nicht bereit zu singen und zu loben, sondern eine sehr tiefe Klage vor Gott auszuschütten. Auch Davids Herz war oft zu einem traurigen Ton gestimmt. Er rief aus der Tiefe, er klagte, weinte und heulte, wenn es ihm so zu Muth war, und verstellte sich vor Gott nicht. Als er aber einmal vor Saul in eine Höhle geflohen, und darin vor seiner Nachstellung beschirmt worden war, so sagte er: mein Herz ist bereit, Gott, mein Herz ist bereit, daß ich singe und lobe. Er ermunterte sich auch V. 9. noch weiter mit den Worten: wache auf meine Ehre (das ist meine Zunge), , wache auf, Psalter und Harfe, frühe will ich aufwachen und setzte V. 10. hinzu: HErr, ich will Dir danken unter den Völkern, ich will Dir lobsingen unter den Leuten. Wenn man den ganzen Psalter betrachtet, so kann man sagen, daß er einem Concert ähnlich sei, worin viele Stimmen und Töne sich hören lassen. Es sind darin das fröhliche Lob Gottes, und die tiefsten Klagen, auch viele gemäßigte Ausdrücke eines Bittenden und Dankenden enthalten. So weit nun die Andacht in dem Psalter ausgedehnt ist, so weit darf sich auch unser Geist ausbreiten, wenn er’s anders vermag. Ein trauriger Christ wird zuweilen noch trauriger, wenn er wahrnimmt, wie Andere in einer geistlichen Freude und vergnügten Heiterkeit reden und beten: er soll aber bedenken, daß auch in dem Psalter viele Ausdrücke eines traurigen Herzen vorkommen, und daß dieselben auch vom Heiligen Geist eingegeben worden seien, und noch jetzt Gott wohlgefallen. Deßwegen sollen aber auch fröhliche Christen die traurigen nicht verachten. Aufrichtigkeit ist Gott angenehm. Niemand nehme vor Gott eine erzwungene Form an, Niemand äffe Andere mit Gewalt nach. Jesus selbst freuete Sich einmal im Geist, und redete als ein Fröhlicher. aber am Oelberg war Er betrübt bi in den Tod, und verbarg Seine Betrübniß nicht, sondern redete als ein Trauriger, und geberdete Sich als ein Trauriger. Kein Christ wird, wenn er der Wirkung des Heiligen Geistes bei sich Raum gibt, immer fröhlich und immer traurig sein. Keiner wird sein Herz immer bereit finden, zu singen und zu loben: es wird aber auch keiner aufgelegt sein, immer zu ächzen und zu klagen. David sagte einmal, da er eine durstige Seele hatte, und sich in einem trockenen und dürren Lande aufhielt: das wäre meines Herzens Freude und Wonne, wenn ich Dich mit fröhlichem Herzen loben sollte, Ps. 63,6. Sein Herz war auch ein andermal fröhlich, und bereit, Gott zu singen und ihn zu loben. Dieses Alles aber wirkt und gibt der ewige Geist Gottes, der die Seele eines Gerechten in Seiner Gewalt und Bearbeitung hat, wie der Töpfer den Thon. Im Himmel ist zuweilen eine Stille, zuweilen eine feierliche und gemeinschaftliche Anbetung. Hier lassen sich diese, dort jene Schaaren hören. Es gibt auch da Musiken nach der himmlischen Art, wie Johannes in der Offenbarung gemeldet hat. Ich will singen und loben, wenn mein Herz dazu bereit ist, und bitten und klagen, wenn ich dazu aufgelegt bin.(Magnus Friedrich Roos)

57:8 Wache auf, meine Ehre, wache auf, Psalter und Harfe! Mit der Frühe will ich aufwachen.

57:9 Herr, ich will dir danken unter den Völkern; ich will dir lobsingen unter den Leuten.

57:10 Denn deine Güte ist, soweit der Himmel ist, und deine Wahrheit, soweit die Wolken gehen.

57:11 Erhebe dich, Gott, über den Himmel, und deine Ehre über alle Welt.1) 2)
David sprach’s; ich spreche es ihm nach. Gerechter Gott, barmherziger Vater, welche Geduld, Gnade und Barmherzigkeit ist es doch, daß Du mich, der ich die Verdammniß tausendmal verdient hätte, bis heute in der Gnadenzeit noch gelassen hast. Ich habe Todsünden begangen, und lebe noch! Ich habe Dein strenges Gebot übertreten, und Dein Fluch ist nicht auf mich gefallen! Ich habe getrotzt wider Dich mit Herz und Hand und Mund, und Du hast mich nicht von Dir gestoßen! Ach heute, da ich Deine Stimme gehört habe: „So das geschieht am grünen Holz, was will am dürren werden,“ laß mein Herz nicht verstockt bleiben, sondern mich herzliche Thränen der Buße finden, solche Thränen, wie sie mein Heiland finden will, wenn er spricht: „Weinet nicht über mich, sondern über euch selbst und eure Kinder.“ O warum wollen doch diese Thränen so schwer aus dem Herzen und den Augen quillen? Warum stehe ich so bewegt an Krankenbetten und weine heiße Thränen an Todtenlagern und Gräbern, und finde doch so selten die Thränen in meiner größten Krankheit, die ich von den Vätern her ererbt, und bei dem Gedanken an den geistlichen Tod, den ich, armer Sünder, mir selbst bereitet habe? Warum andere Thränen so viel, warum Magdalenenthränen so wenige? Du zeigest, Herr, auf mein trotziges und verzagtes und an die Welt verkauftes Herz. Ach, das ist kalt und starr und will nicht brechen, ist felsenhaft und liebeleer. Du aber, o gnadenreicher Gott, hast einen Hammer, der Felsen zerschmeißt; darum bitte und flehe ich: zerschlage auch mein Herz, laß das Drohen Deines Gerichts mich schrecken, laß die Stunde, wo die Verdammten verzweifeln werden, mir heute schrecklich mahnend vor die Seele treten, und weil ich weiß aus Christi eignem Munde, daß Niemand zu Ihm kommt, es sei denn, daß ihn ziehe der Vater, so bitte ich Dich, barmherziger, allmächtiger Vater, ziehe mich auf Deines Sohnes Marterstraße. Siehe nicht auf meine Missethat, sondern um Seiner Gerechtigkeit willen erbarme Dich meiner. Siehe nicht auf meine Werke, sondern um Seines Verdienstes willen erbarme Dich meiner! Siehe nicht auf meine Irrwege, sondern um Seines Kreuzweges willen, den Er dort wandelt, erbarme Dich meiner! Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
bibel/at/19_psalter/psalm_57.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain